Man hatte ihn auf den Schlafplatz von Sumpex gelegt; ein übliches Strohbündel auf einem niedrigeren Felsen, der fast so groß wie Panflam war. Der Besiegte machte einen recht zerrütteten Eindruck mit seinen aus dem Kampf hervorgegangenen zahlreichen Schürfwunden. Hinter den anwesenden Pokémon rauschte der Wasserfall, der die Domäne von Sumpex vom restlichen Wetterfluss trennte. Sumpex hatte eine Einrichtung, wie man es von einem ehemaligen Erkunder hätte erwarten können. Zahlreiche schon leicht vergilbte Karten von Gebieten, die das Team Mystery noch nie zuvor von der Form her gesehen hat, schmückten die in aschgrau gehaltene Höhlenwand. Sogar ein Holzregal war vorhanden. Auf dem blitzten sorgfältig polierte Erkunder-Orden von verschiedensten Rängen, die ein erfolgreiches Erkundungsteam auszeichneten. Einige bestimmt schwer erworbene Trophäen wie Klauen eines Knackrack oder die Kugel eines Perlu gesellten sich dazu. Sonst hatte sich Sumpex in Sachen Einrichtung nicht besonders viel ausgetobt. Nur war als letztes Detail neben dem Bett der Eichenschrank, der der Größe des Generals glich. In ihm sollten sich all der Alkohol und andere Dinge, die sich das Lehmhüpfer-Pokémon gerne mit anderen teilte, befinden. Tatsächlich war er gerade daran am Hantieren gewesen, doch holte er statt wie von Reptain und Panflam erhofft allerlei Bandagen und anderes Zeug zum Verarzten her. Sumpex legte dem Ohnmächtigen behutsam einen kühlen Wickel, bestehend aus normaler Voltilamm-Wolle, auf den Kopf und ihn immer mehr in seiner Seitenlage fixierte, damit seine Atemwege frei blieben. Hätte der gefallene Kämpfer weiterhin auf dem Rücken gelegen, so wäre seine erschlaffte Zunge soweit nach hinten gefallen, dass eine Verhinderung des Lufteinstroms programmiert gewesen wäre.
Eine längere Zeit des Schweigens, die aber stetig durch das herabbrausende Wasser gestört wurde, verging. Wortlos warteten die zwei Mitglieder und Sumpex auf den General, der sofort nach dem Kampf gegen seinen Rivalen aufgrund dessen Ernstzustandes zur Gilde eilte, um medizinische Hilfe anzufordern. Weiter verging die Zeit ohne Worte. Nur mit sorgenvollen Blicken der beiden Kollegen des Erkunders, der wie reglos in seiner Position lag, wurde diese vertrieben. Sein Atem und Blutdruck waren stabil, dennoch musste unter jeglichen Umständen der Notarzt der Gilde, in dem Fall Palimpalim, konsultiert werden. Sie konnten endlich hastige Schritte gepaart mit einem leichten Klingeln vernehmen. Die drei Pokémon hörten, wie scheinbar jemand Schweres durch das Flusswasser lief und Sekunden später dieser Jemand durch den Wasserfall in das Zuhause Sumpex´ rein hastete, dicht gefolgt vom windspielartigen Pokémon, welches eine ärztlich aussehende Stofftasche durch dessen Psychokräfte mit sich führte.
„Tut mir Leid, dass es solange gedauert hat, aber Plaudagei ließ mich nur durch die Überzeugung des Generals gehen …“, keuchte Palimpalim mit halb vor Anstrengung aufgerissenen Augen und machte sich sofort daran, das verwundete Impergator zu untersuchen. Doch als sie Anstalten machte Impergators rechten Arm, von den Stoßwellen zerstört, hochzuheben, schlug sie der Erkunder mit leichtem Schwung seiner linken Hand weg, worauf Palimpalim, während sie ein bisschen vom Patienten wegschwebte, heftig erschrak und die Anwesenden allgemein erstaunt über seine schnelle Wiederkehr ins Bewusstsein dreinschauten.
„Lass … mich …das machen …!“, krächzte Impergator mit brüchiger Stimme und richtete sich sehr langsam unter Schmerzen, die sich durch seinen gesamten Körper zogen, auf. Trotz der Pein, die er wegen seines Armes erlitt, hob er dennoch mit starkem Zittern diesen so gut es ging hoch und hielt ihn der im Grunde wenig eingesetzten Ärztin hin, was sie aber selbstverständlich verschwieg, da ja keine Skepsis gegenüber solche Seltenheit an Einsätzen entstehen sollte. Trotzdem schien Palimpalim zu wissen, was sie tat, denn bei ihr sah es recht geübt bei der Abfolge ihrer Vorgehensweise aus. Für einen kurzen Moment leuchteten ihre Augen blassrosa auf und sie begutachtete mit ihnen den rechten Arm Impergators. Erschrocken musste sie den Anwesenden zum Leidwesen des Alligators mitteilen, dass sämtliche Knochen seines Unterarms gebrochen waren. Deshalb benutzte sie ihre und die von Sumpex bereitgelegten Bandagen und tränkte sie in eine mitgebrachte, sogenannte „Psy-Lösung“, worauf sie mehrfach um den Unterarm gewickelt wurden. Die Lösung soll mittels ihrer Psycho-Kraft die zersplitterten Knochen langsam zusammenfügen. Eine gebildete Schlaufe der Binden um die Schultern des Kämpfers sorgte dafür, dass Impergator seinen Arm in der erhobenen Position hielt und er ihn auch nicht so schnell bewegen konnte. Er selbst, noch immer gebeutelt durch den Kampf, sah mit leicht trübem Blick dabei zu, aber immer das Gesicht verziehend, wenn der Verband um seinen Arm festgemacht wurde. Palimpalim ermahnte ihn, keine Kämpfe mehr zu veranstalten, zumindest für die nächsten acht Wochen nicht.
„Acht Wochen?!“, brauste der besiegte Kampfkoloss mit Entsetzen auf. Er wollte wider Ermahnung wild mit beiden Armen herum gestikulieren, doch hielt ihn die Ärztin mittels Psychokräfte zurück, weshalb er aufgrund seiner Kraftlosigkeit erstarrte.
„Hör lieber auf das, was dir Doktoren verschreiben!“, unterstützte der General die Ärztin, der mit verschränkten Armen an der Höhlenwand lehnte. Er musterte argwöhnischen Blickes seinen Rivalen, schüttelte aber den Kopf und warf die Frage nun in den Raum: „Weshalb eigentlich?“
Für einen Moment verstanden alle Pokémon nicht, worauf das Impergator mit der Frage hinaus wollte. Er räusperte sich dementsprechend ein weiteres Mal: „Weshalb habt ihr, die Mitglieder von Team Mystery, Sumpex überhaupt aufsuchen wollen? Euren Gesichtern nach hattet ihr nicht erwartet, dass ich ebenfalls anwesend war. Ihr wolltet doch was von Sumpex, oder irre ich mich?“
Weil er damit gemeint war, richtete sich der Freund des Armeeführers auf und war nun ebenfalls am Anliegen des Erkundungsteams interessiert. Reptain berichtete, natürlich mit der Ausnahme vom Eintreffen Kyurems in gut einem Jahr, vom nächsten Erkundungsziel, dem Lawinenberg, und von dem Wunsch nach Informationen über den Ort, welche sich das Team bei Sumpex erhofften. Nachdem der Anführer geendet hatte, warfen sich der Höchstoffizier und sein leidenschaftlicher Trinkfreund vielsagende Blicke zu. Auf Nicken Sumpex´ hin, der ohnehin kaum ein Wort sprach, gab das Impergator die Antwort frei: „Wir können, so leid es uns auch tut, keine Informationen geben!“ Noch während Panflam und Reptain aus allen Wolken fielen, wobei der Anführer dem Schimpansen einen triumphierenden Blick über Xatus Fehlschlag zuwerfen wollte, fuhr er fort: „Ihr müsst wissen, Sumpex und ich waren früher, noch bevor ich in den Kriegsdienst eintrat, ein weit bekanntes Erkundungsteam, so wie ihr heute. Die vielen Karten dort hinten an der Wand sind Zeugnisse von unserem damaligen Erkundergeschick. Jedoch: Von allen Orten, die wir je im Leben als Erkunder erforschen wollten, schafften wir es bei einem Ort nicht mal im Ansatz. Dieser ist euer gesuchter Lawinenberg. Wir hörten vom Pokémon, welches dort laut der Legende als einer der sieben Wächter leben soll, und waren sofort Feuer und Flamme, dieses zu treffen. Und das obwohl wir beide Wasserpokémon waren.“ Er lachte kurz rau auf, fuhr aber im selben ernsten Tonfall fort. Das Team, Palimpalim, die weiterhin Impergators Körper auf weitere Wunden untersuchte, und auch Sumpex, der aber bestätigend kontinuierlich nickte, hingen an seine Lippen. Endlich kamen die drei Erkunder wieder dazu, ihre eigentliche Mission in Angriff zu nehmen. Panflam zitterte vor Aufregung. „Jedenfalls: Wir wussten zum damaligen Zeitpunkt nur, dass der Berg sich nördlich von der trockenen Zone aufhielt, in einem Gebiet, welches sich nicht mal von einer Wunderkarte erfassen lässt. Wir dachten, es wäre nur die schon damals häufig bezwungene Nordwüste, die es zu beschreiten gab, zu bezwingen, bevor man zum Berg kommt. Doch wie sehr wir uns irrten. Es gibt tatsächlich einen Teil der Wüste, der sich in der unkartographierbaren Zone befindet: Die Schädelwüste.“
Bei dem Namen horchten Impergator und Palimpalim auf, Reptain setzte einen ernsten Blick auf und Panflam bebte förmlich vor Spannung und Aufregung. Sumpex starrte seinen alten Erkundungskollegen an, als wolle er bezwecken, dass jetzt die Teammitglieder alles erfahren könnten. Dieser Bitte folgte dieser auch: „Die Schädelwüste trägt ihren Namen zurecht. Nachdem, was Sumpex und ich sahen, erkannten wir, dass eben diese Wüste ohne die genaueste Vorbereitung nahezu unmöglich zu durchstreifen ist. Wir sahen manche Gerippe von Erkundern, die vor uns da waren - ziemlich vertrocknet, einige sogar schon längst eins mit dem Sand. Ein noch furchtbarerer Beiname für die Wüste ist „Das heiße Grab“. Nur mit Hilfe eines in der gesamten Trockenzone lebenden Nomadenstammes konnten wir diesem Grab entfliehen. Doch wir erfuhren von dem Stamm, dass man, wenn man dennoch auf eine wundersame Art und Weise die Schädelwüste lebend bestehen sollte , ein weiteres Grab vor sich hat. „Das kalte Grab“ – Die Firntundra. Die Ebene des ewigen Winters. Wo einem Pokémon Temperaturen bis zu sechzig Grad in der Wüste erwarten, so erwartet dieses in der Tundra Temperaturen bis zu minus 20 Grad und vielleicht sogar darunter. Dazu kommt noch, dass zwischen den beiden so gegensätzlichen Gebieten noch der sogenannte „Schlangen–Grad“ befindet. Worum es sich aber handelt, hatte man uns nicht mehr gesagt. Doch die Erlebnisse, die wir in der Wüste erlebt hatten, reichten uns, um dem eigentlichen Erkundungsziel den Rücken zu wenden. Die Kunde, dass gerade Sumpex und ich im Grunde gekniffen hatten, löste eine große Angstwelle bei den Pokémon vor dem Lawinenberg aus.. Ich habe jedenfalls nach uns von keinem Erkundungsteam gehört, welches ebenfalls den Kampf gegen die Hitze und gegen die Kälte antrat.“
Reptain hörte mit ernstem Blick der Auskunft des Impergators zu. Er fühlte sich in seiner Ahnung, dass der Weg zum Lawinenberg kein leichter wird, bestätigt. Dennoch kam ihn der Schweiß auf der Stirn, als er von den zwei berüchtigten Gräbern vernommen hatte. Panflam hingegen rutschte nervös auf dem Boden hin und her. Selbst Impergator, von dem sich jetzt Palimpalim mit guter Gewissheit über seine Gesundheit abwandte, machte einen eingeschüchterten Eindruck. Der General starrte den Anführer des Teams nachdenklich an. Dann fragte er mit Ungläubigkeit in seiner Stimme: „Ihr wollt tatsächlich zum Lawinenberg trotz der Gefahren?“ Er wartete auf die Antwort, die Reptain zuerst nicht herausgab. Er war in seinem üblichen Schneidersitz in sich gekehrt. Er dachte einerseits an die vom Offizier beschriebene Unmöglichkeit, beiden Naturgewalten zu trotzen. Anderseits dachte er an das vielseitige Vertrauen. Von Laschoking. Von Mew. Von Viridium. Von allen in das Geheimnis eingeweihten Pokémon. Sein Herz pochte wie wild. Trotz seines Zweifels über den Erfolg des Kampfes gegen die Natur wusste der Anführer, was er zu sagen brauchte: „Natürlich wollen wir das!“
Die Worte schienen als besonderen Nebeneffekt im ganzen Raum widerzuhallen. Während sie in den Ohren der beiden Ex-Erkunder und von der Ärztin, deren Unterkörper, der wie blaues Papier – ein ziemlicher Kontrast zu ihrem rundlichen, ballonförmigen Kopf - im windstillen Raum hin und her schwang, auf Entsetzen, Überraschung und auch Ungläubigkeit stießen, so bereiteten sie den Teamkollegen Reptains ein bewusstes Lächeln über den Mut ihres ersten Mannes. Panflam hatte zwar noch immer Hemmungen, den Kampf aufzunehmen, doch pflichtete er Reptain bei. Wie im Widerspruch zum Veto Palimpalims stand auch der Kampfkoloss, der sich mittlerweile vom Felsen aus aufrichtete, auf Reptains Seite. Eine längere Zeit lang standen sich die drei Pokémon der Vernunft gegenüber. Prüfend warf jetzt Sumpex einen Blick auf das Team, welches in trotziger und entschlossener Formation vor ihm stand - den Wasserfall als Ausgang der Höhle hinter sich als Kulisse, welches diesen Eindruck verstärkte. Schließlich lachte er rau auf und meinte mit einem Schulterpatscher auf dem Rücken seines großen Freundes: „Ah, solchen Mut lobe ich mir! Also gut, ich denke, dass ihr so einiges vorzubereiten habt. Team Mystery, auch wenn wir uns fast nicht kennen, so habt ihr dennoch meinen Segen zu gehen!“
„Auch wenn ich diverse Vernunftappelle an euch habe, so kann ich euch nicht daran hindern. Meinen habt ihr auch!“, pflichtete jetzt der General bei.
„Ich …öhm … was soll ich sagen? An mir soll es auch nicht liegen …“, stammelte Palimpalim noch sichtlich bestürzt über den Entschluss des Teams. „Doch solange ihr, besonders Impergator mit seinem Arm, keine waghalsigen Aktionen wagt, so soll es trotz Risiko auch nicht an mir liegen.“
Reptain grinste. Panflam versuchte, überzeugend voller Zuversicht zu wirken. Impergator rieb seinen in Bandagen fest eingewickelten Arm. Noch heute würde das Team loslegen.
Die Vorbereitungen zu treffen war alles andere als leicht. Schließlich galt es gleich zwei mächtigen Naturgewalten zu trotzen, die auch noch im besonderen Maße ausgeprägt waren; nämlich Hitze und Kälte. Noch während die Erkunder alles zusammensuchten, was sie in ihrer Basis auffinden konnten, diskutierten sie über die weiteren Vorgehensweisen. Trotz guten Vorrats kann man ohne das nötige Knowhow schnell in der Wüste vergehen. Es dauerte gewiss nicht lange, bis sich das Trio erneut in einer ratlosen Situation befand, bis Panflam wieder den Vorschlag brachte, Xatu aufzusuchen, was bei Reptain auf wenig Begeisterung stieß.
„Oh, Morgenstern. lichtbringendes Himmelsgestirn. Zeig mir die Gabe! Zeige mir die Bestimmung der drei tapferen Recken!“. Xatus tiefe, rauchige Stimme schallte durch sein verschlossenes Zelt. Er hielt vor seiner Kristallkugel die Flügel ausgebreitet und murmelte verschiedene Metaphern zu ihr. Der Anführer des Teams konnte es nie so richtig ausstehen, in der stickigen von den Duftkerzen verunstalteten Luft zu sitzen. Lieber hätte er draußen gewartet; doch Panflam zuliebe harrte er aus. Es war das erste Mal, dass sie das Totem bei seiner Arbeit sahen, denn sonst hatte man ihn noch stets in die Kugel starrend vor wenigen Tagen aufgefunden. Plötzlich riss der selbsternannte Hellseher seine schmalen, gelblichen Augen auf und taumelte ein bisschen zurück, worauf das Team zuerst geschockt reagierte. Doch schnell fasste er sich wieder und gab ohne Umschweife seine erlebte Vision preis: „Bereitet euch nicht länger vor! Geht sofort in Richtung der Schädelwüste.“ Reptain hatte mit so einer Antwort bereits gerechnet und sprang willkürlich auf und sprach Xatu offen ins Gesicht: „Willst du uns verscheißern?“ Seine beiden Freunde waren über seine Wortwahl geschockt; so eine Wortwahl benutzte ihr Vorgesetzter nur, wenn er besonders wütend war. Tatsächlich hatte der Anführer es satt, dass Xatu dauernd in Rätseln sprach und dann alle drei noch in den Tod zu schicken versuchte. „Du willst also, dass wir einfach blindlings in zwei vermeintlich tödliche Gebiete gehen, ohne Vorbereitung?“
„Ich sagte auch, dass ihr nur die Sachen nehmen, die ihr jetzt mit euch führt und sofort gehen sollt.“
„Was genau hat dir deine Vision gezeigt, Xatu? WAS?“, wollte Reptain wissen und wollte sich schon aufgebracht die Kugel selbst schnappen, damit er auch mal sehen konnte, was Xatu in ihr sah. Die beiden Teamkollegen reagierten entsetzt über den erstmaligen Aussetzer ihres Freundes und versuchten ihn an seinen Schatzbeutel, den er um seinen Körper hängen hatte, packend aufzuhalten. Xatu hingegen ließ aus Schock seine Augen rosa leuchten, worauf das Team Mystery selbst von einem solchen Licht umgeben war.
Im Bruchteil einer Sekunde strahlte dem Team gleißendes Sonnenlicht entgegen, weshalb es vorerst durch die stark veränderten Lcihtverhältnisse seine Augen zukneifen musste. Impergator und Reptain spürten es auf einmal unter ihren Füßen brennen, obwohl sie eigentlich vorher auf kaltem Erdboden standen. Erst jetzt realisierten sie, dass sie weit weg von Schatzstadt waren, denn das, was sie überall sehen konnten, war Sand. Trostlos wirkender Sand, der sich wie ein platter Boden bis zum Horizont erstreckte, wobei ein paar kleinere Hügel doch zu erkennen waren. Sie konnten es sich nicht erklären, doch auf irgendeine Art und Weise waren sie inmitten einer Wüste gelandet; der Trockenwüste. „Was zum …?“, wollte Reptain sprachlos wissen. Doch Panflam knirschte mit seinen Zähnen: „Durch deine Aktion … hat Xatu vor lauter Schreck versehentlich seine Teleportkräfte eingesetzt.“
„Du meinst, er hat uns …?“
„Ja hat er!“, brauste der Schimpanse auf und fiel seinen Freund an, worauf beide in den Sand landeten. Zornig schüttelte der flammende Primat seinen Vorgesetzten, der wie erstarrt über dessen Ausbruch war. Es war eine von den seltenen Situationen, wo Panflam deutlich das Gefühl hatte, dass dem Anführer die Meinungen seiner Kollegen egal waren, weswegen er einfach über deren Köpfe entschied. Dieses Mal entschied sich dieser dazu, aus reiner Skepsis trotz der Zusprüche von Impergator und Panflam die Hilfe vom Hellseher nicht anzunehmen. Als wären durch diese eine Entscheidung Ketten gesprengt worden, gab Panflam seine lange zurückgehaltene Meinung über Reptain preis: „Warum bist du manchmal so? Warum kannst du dich nicht einfach mal zurückhalten? Xatu hat uns schon einmal geholfen, warum hast du ihn dennoch nicht geglaubt? Aber weißt du, was das Schlimmste ist? Wir haben unsere einzige stillschweigende Informationsquelle verängstigt. Meinst du, er wird uns noch weiterhin helfen wollen?“
„Panflam, ich …“
„Ja, immer nur du!“, schrie Panflam auf und schlug ihm trotz seiner Größe hart ins Gesicht. Tränen rannten über sein Gesicht; Wüsten, die oft Hoffnungslosigkeit versprachen, führten Panflam schon immer zum Missfallen, doch dieses Mal erreichte es sein höchstes Ausmaß: „IMMER geht es nur um deine Entscheidungen. Immer!“ Mit jedem gebrüllten Wort schlug der Primat seinen Freund ins Gesicht, der sich nicht zu widersetzen versuchte. „Warum kannst du nicht einfach so die Vorschläge anderer akzeptieren?“
Gerade als Panflam zum wiederholten Mal ausholen wollte, packte ihn Impergator an dessen Handgelenk und hielt den Affen in seinem linken Arm fest, während dieser noch immer rotsehend drauf und dran war, seinen Anführer, sofern er ihn noch bezeichnen wollte, zu verprügeln. Der Alligator versuchte ihm ins Gewissen zu reden, doch der Ausraster spie einen Feuerschwall auf den rechten, bandagierten Arm seines Zurückhalters, worauf dieser ihn panisch losließ, um seinen Arm in Sicherheit zu bringen. Als Vergeltung schlug er Panflam mit seinem Schweif hart ins Gesicht, worauf dieser einige Meter weggeschleudert wurde. Reptain musste mit Entsetzen die Zerstrittenheit des Teams mit ansehen und vergoss aus lauter Trauer bittere Tränen. Hätte er vorher gewusst, dass sein Aussetzer für so einen Konflikt verantwortlich war, hätte er sich wider Willen zurückgehalten. Doch bei so einem unverfrorenen Rat seitens Xatu hätte er es dennoch nie gekonnt. Der Feueraffe, noch immer benommen vom wuchtigen Schlag seines riesigen Kameraden, stand unter Ächzen auf und röchelte feindselig zu ihm: „Du also auch, ja? Du schlägst dich auf seine Seite?“
„Panflam hör zu …“, versuchte sein Freund auf ihn einzureden, doch Panflam rief schnell ein:
„Schon gut! Ich verstehe schon. Ihr wollt lieber warten, bis ihr alles habt, anstatt in Betracht zu ziehen dass in gut elfeinhalb Monaten ein seelenfressendes Ungeheuer auf die Erde kracht. Ich will nicht warten, versteht ihr? Mir bedeutet meine Welt etwas!“
„Meinst du uns nicht?“, rief Impergator trotzig. Noch ehe er noch was hinzufügen konnte, stellte sich sein Anführer, der von der Prügelei eine blutige Nase bekommen hatte, dazwischen und sprach ohne jegliche Wut, sondern ganz ruhig mit flehendem Unterton zu Panflam, dass sich dieser doch beruhigen sollte: „Hör mir zu: Ich liebe unsere Welt. Ich würde alles tun um diese Welt zu beschützen und zu retten. Doch wie soll ich das tun, wenn ich aufgrund mangelnder Vorbereitung dabei draufgehe? Wer soll es dann für mich übernehmen?“
Der Schimpanse ließ die Worte auf sich wirken; doch anstatt wie Reptain es eigentlich erwartete einsichtig zu reagieren, grinste der Schimpanse mit verachtenden Blick bestätigt: „Jaja, immer nur deine Ideale bekräftigen.“ Er machte auf dem Absatz kehrt und war drauf und dran in Richtung der Wüste zu gehen. Noch ehe seine beiden Freunde einschreiten konnten, umgab sich der Primat mit mehreren Flammen, von welchen er Sekunden später gänzlich eingeschlossen war. Mit diesem Flammenrad düste er in Richtung zum Horizont, während er seine Freunde inmitten des trostlosen Sandes zurückließ.
„Wohl mehr ehemalige Freunde“, dachte er sich. Bittere Tränen liefen dem Alleingänger das Gesicht herunter.