Nachdem sie ihr Lied beendet hatte, blickte Gabriela noch einige Minuten über die Stadt. Die Lichter in den meisten Häusern erloschen langsam, Feuerholz war teuer. Dann klopfte sie gegen das Fenstern vor dem sie gesessen hatte.
Liana schreckte auf, sie hatte der Melodie gelauscht. Plötzlich klopfte es am Fenster. Sie sah verwundert, das die junge Engelin am Fenster sah, die gerade noch gesungen hatte. Schnell ging sie zum Fenster und öffnete es. "Ist es nicht ein wenig frisch, um draußen zu sitzen?"
"Was glaubst du, weswegen ich rein komme, Bäumchen?" war die mehr oder weniger freundliche Antwort. Mit Schwung rumpelte die Engelin in den Raum und begutachtete die Betten. "Noch was frei hier?"
"Bäumchen? Was ist das den für eine Begrüßung." Sie war nicht wirklich verwundert darüber so genannt zu werden, da sie oft ganz in grün Gekleidet rum lief, wurde sie öfter so oder so ähnlich genannt. " Ja ist noch frei." Sie setzte sich auf ihr Bett und sah den Gast an "Ich heiße übrigens Liana."
"Liana... Hat aber nix mit Lianen zu tun, oder? Nix gegen Grün, ich benutze Pflanzenmagie, aber du bist... ein bisschen zu grün für meinen Geschmack." Sie grinste und setzte sich auf das freie Bett, wo sie ihre Schuhe löste.
"Nein, hat es nicht." Was hatte sie nur gegen Grün. Liana überlegte gerade ob sie Morgen nicht ein paar Sachen kaufen sollte, die nicht Grün waren, doch sie entschied sich aus trotz dagegen. Sie warf dem Gast, der ihr immer noch nicht ihren Namen verraten hatte, den Brief zu. "Das müssen wir Morgen besorgen."
"Ist ja eigentlich auch egal, ich heiße Gabriela, kämpfe mit Pflanzenmagie, mache von Herzen gern jede Art von Musik und sitze ab jetzt wohl mit dir in einem Boot... oder besser Zimmer."
"Ich kämpfe mit Feuermagie und mit den Händen und Füßen, außerdem beherrsche ich Heilmagie." Liana deutete auf ihre Schützer die sie gerade abnahm. "Die sind zum Schütz vor Waffen." Sie wartete darauf das Gabriela den Brief zu ende las.
"Hm, Feuer, ja? Nicht meins, verbrennt zu viele Lebewesen. Aber Heilmagie klingt sehr interessant." Sie griff nach dem Brief, der auf ihrem Kissen lag und las die Anweisungen durch. "Karten und Bücher, hm? Kennst du dich in London aus?"
"Nein, bin zum ersten mal in der Menschenwelt. Und was meine Magie angeht, ich konnte mir das nicht aussuchen, da alle weiblichen Engel in meiner Familie Feuermagie beherrschen." Sie dachte kurz nach. "Ich hab beim überfliegen der Stadt ein Gebäude gesehen, das wie eine Bibliothek aussah. Da können wir die Suche beginnen."
Die blond-schwarzhaarige Engelin nickte: "Einverstanden. Wenn ich die Aufgabe richtig verstehe sollten wir auch einfach mal andere Leute nach Informationen und Neuigkeiten fragen. Karten kann man kaufen, hier gibt es bestimmt einen Laden dafür." Sie legte den Brief beiseite, steckte das beigelegte Geld ein und lockerte ihr Kissen auf. "Dann leg ich mich jetzt aufs Ohr. Bis morgen Früh Liana, schlaf gut und so..."
Liana nickte, und setzte sich, an die Wand gelehnt aufs Bett. "Ja, gute Nacht." Sie legte ihre Flügel über Ihren Körper und schlief, wie in einen Kokon gewickelt ein. Am nächsten Morgen wurde sie durch einen Streit im Nebenzimmer geweckt und sah sich um. "Beim nächsten Mal kriegen diese Streithähne ärger."
Gabriela war schon wach, auch sie hatte sich geärgert und gestört gefühlt: "Ich erwarte ja nicht, dass sich alle super verstehen, nur, dass sie sich leise streiten..." Sie grummelte, machte dann aber ihr Bett und schnappte sich ihre Gitarre die sie auch im Schlaf nahe bei sieh gehabt hatte: "Los gehts, Bäumchen!"
Liana sprang auf und schnappte sich ihre Schützer. Sie zog sie schnell an und nahm ihre Tasche. "Ok, Rotkehlchen." Sie öffnete das Fenster und sprang hinaus. Liana stieg in die Luft, um das Gebäude zu finden. Als sie es erspäht hatte, drehte sie sich zu Gabriela um und deutete in die Richtung. "Mal schauen wer zuerst da ist." Mit einem grinsen flog sie los.
Die Angesprochene zuckte nur mit den Schulter, breitete die Flügel aus und flog ihrer Kameradin hinterher. Mit ihrer schweren Gitarre würde sie sowieso nicht gewinnen, also bemühte sie sich nicht einmal, denn schwitzen wollte sie auf keinen Fall. Dabei kam ihr in den Sinn, dass sie noch neue Kleidung und einige andere Sachen brauchte: "Liana, Liana! Ich muss auch noch einkaufen gehen, hab so gut wie nix dabei... Stört dich das?"
Liana bremste ab, und drehte sich um. "Nein, dann komm ich mit um ein bisschen Farbe in mein Outfit zu bringen. Hast du einen Laden gesehen?"
"Nö, kam mir nur grade in den Sinn." Da Liana abgebremst hatte, machte die Musikerin sich nun den Spaß und überholte sie. "Haha!" rief sie und streckte spaßhaft die Zunge raus.
"Oh, das war ja klar." Liana flog schnell hinter ihr her, doch würde sie nicht mehr gewinnen. Bei der Bibliothek angekommen wurden die Zwei sofort von den Leuten angestarrt. "So, welche Informationen sollen wir aus diesen Leuten denn rausholen." Sie sah sich den Brief nach einmal an. "Geschichten des Ramos, hört sich ja spannend an, holen wir das zuerst."
"Ja, gute Idee." Die beiden Frauen erkundigten sich bei dem Bibliothekar, einem alten bärtigen Mann, mit einer Stimme, die ebenso staubig war wie all die Bücher in den langen Regalen. tatsächlich kramte er mit zitternden Fingern ein Exemplar des Buches hervor und händigte es ihnen aus. "Wollen wir noch mehr Bücher suchen oder sollen wir uns lieber um Karten kümmern?"
"Holen wir schnell die Karten, dann können wir Schoppen gehen." Sie bedankte sich bei dem alten Herrn und ging wieder hinaus. Auf der Strasse blickte sich Liana kurz um und fragte eine junge Frau mit langen Haaren, wo sie einen Kartenhändler finden könnte. "Ein paar Straßen weiter gibt es einen hervorragenden Händler, selbst die königliche Armee besorgt sich da ihre Karten." Mit einem lächeln und einen "Danke" verabschiedete sich Liana von der jungen Frau.
"Wir brauchen Himmel, Hölle und Menschenwelt, außerdem noch so ziemlich alle Karten, die sich sonst finden lassen." Schnell hatten sie das Haus des Händlers ausfindig gemacht und traten ein. Es sah tatsächlich alles sehr exquisit und teuer aus. "Zum Glück hat Delora uns genügend Geld gegeben, das ist ja hier ein kleines Vermögen wert."
Liana war ebenfalls überrascht. Aber woher hatte dieser Händler Karten vom Himmel. Sie hatte nie Menschen im Himmel gesehen. Doch vorerst war sie froh nicht in der ganzen Stadt suchen zu müssen. Das "Bäumchen" ging an den Tresen und fragte nach den Karten. Der Händler sah sie erst misstrauisch an, doch holte er alle Karten die sie aufgezählt hatte. "Ah, und wir brauchen noch einen Kompass."
Auch das konnte ihnen der Händler verkaufen, er gab ihnen sogar gleich ein Dutzend kleiner Kompasse, so dass jeder einen bekommen würde. Dankend verließen Gabriela und Liana den Laden wieder. Sie hatten für so ziemlich jedes Gebiet der drei Welten Karten erstanden. Trotzdem war noch Geld übrig. "Was machen wir mit dem Rest? Auf den Kopf hauen wäre toll, aber ich denke, da bekommen wir Ärger..."
"Ja, das lassen wir lieber. Komm wir suchen uns einen Laden für Anziehsachen, oder fehlt noch etwas." Liana ging ein wenig die Strasse entlang und suchte nach einem Laden. "Übrigens hab ich gehört, das es später ein Feuerwerk geben soll, gehen wir hin oder willst du lieber zurück in das Gasthaus."
"Ich will noch ein bisschen hier auf dem Markt spielen. Dann können wir auch noch Leute kennen lernen und sie nach Neuigkeiten aus dem ganzen Land fragen. Aber Klamotten kaufen klingt gut, ich brauche Kleider und eine schöne Tasche."
Der nächste Laden, den die beiden Engelin betraten, war ideal für die Musikerin. Knielange Kleider in allen möglichen Farben und Mustern. So erstand sie dort ein Hellblaues, ein Rotes und ein hellgrünes Kleid. Einfach geschnitten und ohne viel Schnickschnack aber trotzdem passend für die junge Frau.
Während Gabriela sich einige Kleider anschaute, ging Liana zu der Verkäuferin. "Haben sie in letzter Zeit etwas ungewöhnliches gehört, Gerüchte oder ähnliches ,was ihnen seltsam vorkam." Die Verkäuferin starrte sie an, und lächelte. "Außer Engel, die ganz Normal in meinem Laden einkaufen?" Sie machte eine kurze Pause. Dann sagte sie mit bedrückter Stimme. "Vor kurzem war ein Bekannter von mir zu Besuch und hat mir von einem Wald erzählt, der von Albträumen verseucht sein soll. Ich war als Kind schon öfter in diesem Wald, doch seid kurzen scheint er sich verändert zu haben. Ich hab mich seitdem nicht mehr reingetraut." Liana war verwundert, konnte Magnus dafür verantwortlich sein. "Danke für die Information." Sie wandte sich ab und ging zu Gabriela. Auf dem weg sah sie einen wunderschönen roten Schal und zeigte ihn ihr gleich. "Glaubst du, der passt zu Grün?"
"Kontraste sind super, und dann siehst du auch nicht mehr aus wie ein Baum, sondern wie eine Rose." Gabriela lächelte ihr zu und nickte. "Lass uns noch in einen anderen Laden gehen, ich brauche eine Tasche für meine Sachen. Seife und ein Mantel wäre auch wichtig.
Liana lächelte und lief schnell zur Theke um den Schal zu bezahlen. Als auch Gabriela alles bezahlt hatte schlenderten sie auf der Suche nach einem weiteren laden durch die Straße. "Ich hab bei der Verkäuferin etwas über einen Verseuchten Wald erfahren, glaubst du das ist wichtig?" Liana entdeckte gerade einen Taschenladen.
"Alles ist wichtig würde ich mal sagen."antwortete Gabriela. Spontan blieb sie bei einem Zeitungsjungen stehen. "Sag mal kleiner Mann, du weißt doch bestimmt alle Neuigkeiten aus der Stadt. Weißt du vielleicht etwas besonders Ungewöhnliches?" Der Junge war erstmal etwas schockiert weil er einen leibhaftigen Engel vor sich hatte, doch dann sprudelten die Neuigkeiten nur so aus ihm heraus: "Heute ist ein großes Fest, Geburtstag des alten Königs und so was. Gibt sogar ein Feuerwerk..." "Haben wir schon gehört, hast du noch was... Merkwürdiges?" Er überlegte. "Ich hab was, was nicht in der Zeitung stand, aber meine Mutter hat mir erzählt, dass vor kurzem in einem alten Dorf lauter böse Geister aufgetaucht sind... sind die dann nicht in den Himmel gekommen?" Gabriela blickte ihre Kameradin Hilfe suchend an.
Liana kniete sich zu dem Jungen hinunter und sagte mit ruhiger Stimme und einem lächeln. "Die Geister sind nicht böse, sie haben sich verirrt und sind verwirrt." Der Junge starrte sie an. "Keine Angst wir zeigen ihnen den richtigen Weg." Der Junge lief erleichtert weiter und Liana richtete sich wieder auf. "Bevor du fragst, ich weiß nicht was das für Geister sind, noch wie man ihnen hilft. Aber Kinder sollte man nicht mit so was verängstigen."
Die Musikerin kratze sich verlegen am Kopf: "Ich kann nicht sonderlich gut mit Kindern. Jedenfalls war es eine Info." Sie gingen ein paar Straßen weiter, bis Gabriela ruckartig stehen blieb. Ein Gerberladen mit anschließendem Schneider hatte einen wunderschönen schwarzen Fellmantel ausgestellt, der für viel Geld zum Verkauf stand. "Egal was du sagst, Röschen, ich will den haben. Und wenn es mich mein letztes Geld kostet."
"Dann muss ich also später fürs Essen bezahlen, oder?" Liana konnte sich ein lächeln nicht verkneifen." Reicht dein Geld oder soll ich dir was dazu geben?"
Nach einer kurzen Unterhaltung mit dem Händler stellte Gabriela fest, dass der Mantel billiger war als gedacht. Im Gegenzug für ein Ständchen für die Kinder der Kaufleute bekam sie außerdem noch eine Leinentasche vom Schneider und eine Lilienseife, wie der Gerber sie eben auch verkaufte, zum Mantel dazu. Geld hatte sie jetzt allerdings keines mehr.
"Du musst mich nicht einladen, Himmelsbaumfrüchte werden wir hier jedenfalls nicht bekommen... Aber ich bin total glücklich über den Kauf." Nun wollten sie zum Feuerwerk, doch unterwegs trafen sie auf einen alten Bettler, der mit merkwürdigem Gebrabbel auf sie zu kam.
Der Bettler brabbelte etwas von Weltuntergang, was Liana die Stimmung versaute. " Hey, ich hab es gerade geschafft nicht mehr daran zu denken und dann müssen sie mich gleich wieder daran erinnern. Die Welt geht nicht unter, ok." Liana wollte zwar nicht unhöflich klingen, was ihr aber nur teils gelang. "Ich lad sie zum essen ein, wenn sie nicht noch weiter so negatives Zeug daherreden."
Sofort schwieg der alte Mann und seine Ausstrahlung veränderte sich ein wenig. Kritisch blickte er die beiden Engelinnen an und senkte dann seine Stimme zu einem Flüstern: "Essen, ja? Sagt Essen für mich? Liebe Mädchen, liebe Engel... Ich habe ein Geheimnis... Ich rette euch vor dem Weltuntergang!"
"Wir brauchen nicht gerettet zu werden, wir haben vor die Welt zu retten." Liana musste bei diesen Worten lächeln. Sie war sich nicht sicher ob sie überhaupt etwas tun konnten. "Aber das Geheimnis können sie uns trotzdem verraten." Liana gab ihm ein wenig Geld und sah ihn gespannt an, ob er wirklich was wusste oder nur schwafelte.
"Wenn diese Erde untergeht, dann geht nach Deutschland... die Stadt Frankfurt, da müsst ihr hin. Dort ist ein Portal...zurück in den Himmel. Zurück in euer zu Hause." flüsterte er. "Ein Portal in den Himmel?" "Frankfurt. Deutschland. Oder Frankreich. Oder Peru. Aber ich habe genug gesagt. Hunger!" Er knabberte auf Lianas Münzen herum und verschwand als sei er ein zehnjähriger Junge.
Liana schüttelte den Kopf und sah Gabriela an. "Wie blöd kann man eigentlich sein, wenn diese Welt untergeht, bleiben auch Himmel und Hölle nicht davon verschont. Na ja, das mit den Portalen war zumindest eine nützliche Information. Lass uns jetzt zum Fest gehen, wenn ich mit noch so jemanden reden muss werde ich wahnsinnig."
Grinsend folgte Gabriela ihrer Kameradin, ließ es sich aber nicht nehmen, sie plötzlich von hinten anzuspringen und "Weltuntergang! Hunger! Essen! Liebe Mädchen!" zu fauchen.Liana schrie auf, halb vor Schreck, halb vor Wut. "Man, Gabriela musste das sein?" Als sie sich von dem ersten Schreck erholt hatte, konnte sie nicht anders als loszulachen. "Wenn du solchen Hunger hast, lade ich dich ein, das Essen hier wird uns schon nicht umbringen."
Mehr durch Zufall als durch Absicht landeten die beiden mitten im Festtreiben, wo Liana ihnen an einem Stand etwas zu Essen kaufte (eingelegte Früchte und Fladenbrot). Dann betrachteten sie das Feuerwerk und rannten in einen anderen, leicht bekleideten Engel.
OT: Mit Karasu entstanden^^