Auch in diesem Jahr möchte ich den Sonntag gerne wieder regelmäßig nutzen, um auf ein paar Gedichte einzugehen, die im Rahmen des NPMs entstanden sind. Generell sind da jetzt schon wieder so viele tolle Gedichte entstanden! Macht deshalb gerne alle wieder mit beim Kommi-Sonntag! ^-^
Endlich wird es Zeit
Die Worte aufzutauen
Frühlingserwachen
Die Art, wie das Schreiben mit dem Frühling in Verbindung gesetzt wird, gefällt mir hier sehr gut. Allen voran der zweite Vers kann aus meiner Sicht wirklich überzeugen. Die Worte sind das einzige Wort im gesamten Gedicht, das überhaupt auf das Schreiben hinweist; gleichzeitig nimmt es inmitten des zweiten Verses aber auch eine sehr prominente Position ein. Das Bild der auftauenden Worte finde ich insgesamt auch sehr ansprechend. Das Frühlingserwachen im dritten Vers bildet klanglich einen wunderbaren Abschluss! ^-^
Die Nacht ist so fern
Wenn ich deine Augen seh'
Schimmernde Sterne
Ich liebe es, wie hier auf sehr engem Raum eine kurze, aber dennoch intime Nachtszene wunderbar zugänglich beschrieben wird. Das Bild der fernen Nacht finde ich auf Anhieb sehr ansprechend; vor allem möchte ich aber auch das kurze so im ersten Vers um jeden Preis hervorheben. Gerade beim Haiku muss jedes Wort mit Bedacht gewählt werden, da man beim Schreiben einfach doch sehr eingeschränkt ist, was die Anzahl der Worte angeht. Das so verstärkt an dieser Stelle einerseits das gezeichnete Bild der Nacht, andererseits gibt es dem Vers in Verbindung mit der Aussage des zweiten Verses auch eine sehr persönliche Note. Das finde ich sehr gelungen! Die Alliteration im dritten Vers rundet die Szene wohlklingend ab. ^-^
Brauche Bisa+
Denn so konsumiere ich
Am laufenden Band
Ich finde es toll, dass du nach den malerischen Haiku zu Beginn jetzt auch nochmal in eine andere Richtung gegangen bist. Bei diesem Haiku musste ich ein wenig schmunzeln, weil es den gegenwärtigen Medienkonsum doch sehr pointiert auf die Schippe nimmt. Gerne mehr davon! :3
Still
Ich entferne mich
auf leisen Schritten von dir,
du bleibst wortlos dort.
Ich mag hier vor allem den Kontrast, der zwischen dem ersten und dem dritten Vers aufgebaut wird. Der erste Vers beginnt mit dem Ich, das sich entfernt; der dritte Vers beginnt mit dem Du, das verbleibt. Der zweite Vers stellt in diesem Kontext gewissermaßen den Abstand zwischen Ich und Du dar, der bereits entstanden ist. Gleichzeitig spielt auch die Ruhe bzw. die im Titel anklingende Stille eine Rolle. Während das Du in kompletter Geräuschlosigkeit verharrt, sind vom Ich zumindest leise Töne zu vernehmen. Ich denke, die Deutung kann positiv wie negativ ausfallen. Vielleicht haben die beiden sich einfach wirklich nichts mehr zu sagen und dem Du ist das Fortgehen des Ichs einfach egal, weshalb es nichts sagt. Vielleicht steht die Stille aber auch dafür, dass sich die beiden im Guten voneinander trennen. Es gibt keinen Streit, keine Wortgefechte, wenn man so möchte. Das Haiku gibt inhaltlich definitiv einiges her, das hat mir gut gefallen! ^-^
Sprachlos
Worte finden, jetzt.
Jetzt sagen, was ich denke,
das geht einfach nicht.
Auch dieses Haiku geht in eine ähnliche Richtung, dreht es sich hier doch erneut um das Ausbleiben von Worten. Wenngleich der Kontext auch hier wieder der Interpretation obliegt, erlangt man hier nun dennoch einen etwas tieferen Einblick in die Gedankenwelt des Ichs. Was mir an diesem Haiku allerdings noch mehr gefällt, ist die Form. Der erste Vers wirkt durch die knappe Wortwahl, den Einschub am Ende und vor allem auch durch den zügigen Punkt insgesamt sehr abrupt. Das passt wiederum wunderbar zum Inhalt, der ja auch andeutet, dass schnell Worte gefunden werden müssen. Das Ich hingegen zögert, weigert sich letztlich, die Gedanken auszusprechen, womit die Gedanken formal wieder länger werden. Der Punkt am Ende des dritten Verses passt zur inhaltlichen Verschlossenheit. ^-^
Alles anzeigenSchicksalsfäden
Für dich und für mich:
der Augenblick ist nun da.
Ja. Ja, ich will. Dich.
Nichts ist unendlichund doch möchten wir bleiben.
Wir zwei. Für immer.
Kommt dann der Moment,die schwere Zeit des Abschieds,
lass uns lächeln, ja?
Auf Wiedersehen!Lass uns einander finden,
im nächsten Leben.
Auch hier mag ich den klaren Aufbau. Jede Strophe erzählt von einem ganz bestimmten Abschnitt des Miteinanders von Ich und Du. Der Ablauf ist dabei dramatisch und scheint mit dem Tod einer der beiden Personen zu enden. Gleichzeitig bleibt die Grundaussage dennoch positiv: Ich und Du möchten sich im nächsten Leben wiederfinden. Auch bei diesem Gedicht möchte ich noch einmal den gezielten Einsatz von Interpunktion positiv hervorheben. :)
Chaos
Ich gehe hinaus:
Die Welt: Einfach ein Chaos.
Ich geh' wieder rein...
Das fühle ich. Ich mag auch hier wieder den Kontrast, der zwischen dem ersten und dem dritten Vers aufgebaut wird. Das Ich geht hinaus; ist überfordert und geht schließlich wieder hinein. Das erzeugt einerseits eine gewisse Komik, spricht andererseits aber auch gezielt kritisch die Situation in der Welt an. Hat mir gut gefallen!
Vor einer Woche
Sonnenwärme. Nun wieder
kalter Winterhauch.
Ich finde den Aufbau bei diesem Haiku durchaus interessant, da jeweils zum Ende der Verse eine gewisse Spannung erzeugt wird, die dann erst im folgenden Vers aufgelöst wird. Man könnte an das Ende der Verse quasi auch einen Doppelpunkt setzen, der noch einmal verdeutlicht, dass erst im folgenden Vers die Antwort erfolgt, worauf sich der Vers jetzt überhaupt bezogen hat. Einzig der dritte Vers weicht von diesem Muster ab und schließt stattdessen mit einem Punkt. Die Form passt aus meiner Sicht sehr gut zum Inhalt, da es gerade auch um die Sprunghaftigkeit des Wetters geht, welche sich in den Zeilensprüngen widerspiegelt. Ansonsten möchte ich noch hervorheben, dass Winterhauch einen wirklich schönen Klang hat, der das Haiku gerade zum Ende hin noch einmal wunderbar abrundet. ^-^
Ich schau nach draußen
Es liegt viel schneeweißer Schnee
War das redundant?
Bei Musicmelon habe ich eben noch geschrieben, dass es bei einem Haiku auf jedes einzelne Wort ankommt. Dieses Haiku scheint allerdings genau diesen Aspekt nicht ganz so ernst zu nehmen und stattdessen ein wenig damit zu spielen, bewusst nicht die bestmöglichen Worte auszuwählen. Das beginnt mit der verkürzten Form von schaue im ersten Vers und gipfelt dann schnell in dem Ausdruck schneeweißer Schnee, der im dritten Vers letztlich als möglicherweise redundant eingeschätzt wird. Die Einschränkungen der Form werden hier also quasi ein bisschen auf die Schippe genommen, was mir ganz gut gefallen hat! ^-^
Flocon war heute
bei mir daheim, hüllt Blümchen
in Schneemäntel ein.
♥
(Neben dem Herz möchte ich noch kurz anmerken, dass ich das Wort Schneemäntel wirklich als sehr schön und passend empfunden habe! ^-^)
Alles anzeigenApril, April!
Der April ist da!Ist es nicht verrückt?
Wie jedes Jahr
Sind alle beglückt.
Ist es nicht verrückt?Es wird wieder Zeit!
Sind alle beglückt
Von Scherzkeksen heut'?
Es wird wieder ZeitZum Schreiben und Dichten!
Von Scherzkeksen heut'
Kann ich euch berichten.
Zum Schreiben und DichtenWie jedes Jahr,
Kann ich euch berichten:
Der April ist da!
Ich finde es richtig toll, dass du das Pantun so für dich entdeckt hast! Ich meine, beim Schreibturnier hattest du die Form ja auch schon verwendet und mich damit verzaubert, haha. Auch hier finde ich das Gedicht wieder sehr ansprechend, weil man beim Lesen einfach sehr locker durch den Inhalt getragen wird. Das liegt einerseits daran, dass die jeweils über einen Reim verbundenen Verse immer dasselbe Metrum aufweisen und andererseits auch an den insgesamt sehr gut gewählten Reimen. Den einen unreinen Reim finde ich auch nicht weiter tragisch. Der von der Form vorgegebene zyklische Abschluss in der letzten Strophe wirkt bei nur vier Strophen auf jeden Fall deutlich stärker als bei mehr Strophen. Hat mir gut gefallen; setz deine A Pantun a Day-Challenge also gerne um! :D
Alles anzeigenNacht
Du glaubst, die Nacht ist Zeit der Stille?Nun, dann bleib doch einmal wach!
Licht und Schatten duellieren sich
unerbittlich jede Nacht.
Helle Sterne, Schlafesräuber,
Dunkle Wolken, Mondlichtdiebe.
Kauzenschrei und Kirchturmglocken,
Spukgestalten, Nachtaktive.
Abendschwärmer, Frühaufsteher,
Kissenschlachten, Kuschelkriege.
All das sind so manche Dinge
Warum ich die Nacht so liebe.
Ich liebe die fast magisch wirkenden Begriffe, mit denen du die Nacht hier aufzählungsartig beschreibst. Allen voran der Begriff Mondlichtdiebe hat es mir dabei wirklich angetan, aber aber auch die Kontraste zwischen Abendschwärmer und Frühaufsteher oder zwischen Kissenschlachten und Kuschelkriege finde ich sehr ansprechend. Formal hätte ich mir im vierten Vers eventuell ein Komma, vielleicht sogar einen Punkt, nach unerbittlich vorstellen können, damit das jede Nacht noch ein bisschen nachhallender wirkt. Der letzte Vers fällt außerdem ein wenig aus dem Metrum, weil die natürliche Betonung bei warum auf der zweiten Silbe liegt, nicht auf der ersten. Da man aber ohnehin gerade aus dem sehr flüssigen alternierenden Rhythmus kommt, lässt sich das definitiv auch so lesen, wie du es dir gedacht hast. Einen alternativen Vorschlag hätte ich spontan ohnehin auch nicht, ohne dabei alles umzustellen. Anmerken wollte ich es trotzdem kurz. Ansonsten hat mir das Gedicht auch sehr gut gefallen! ^-^
Erste Blüten da
der Frühling hat begonnen
Plötzlich Schneeflocken
Hier mag ich den Aufbau auch wieder sehr gerne. In den ersten beiden Versen wird zunächst das Frühlingsmotiv aufgebaut, bevor damit im dritten Vers schließlich wieder gebrochen wird. Vor allem das Plötzlich verdeutlich dabei sehr treffend, wie überraschend die Schneeflocken nicht nur für das Ich, sondern auch für mich als Leser sind. Da in den drei Versen keine Satzzeichen verwendet worden sind, stehe ich ansonsten noch so ein bisschen vor der Frage, warum der zweite Vers zu Beginn kleingeschrieben, der dritte Vers dagegen großgeschrieben ist. Insgesamt hat mir das Haiku aber sehr gut gefallen! ^-^
Zweifel
Es bleibt nicht viel Zeit,und der Weg ist noch so weit.
Bin ich denn bereit?
Ich finde es ja immer toll, wenn es Leute schaffen, auf solch engem Raum zusätzlich auch noch Reime einzubringen, deshalb direkt erstmal ein Lob dafür! Inhaltlich gefällt mir vor allem, dass das Haiku im dritten Vers mit einer Frage abschließt, die den Zweifel, von dem schon im Titel die Rede ist, noch einmal wunderbar auf den Punkt bringt. Der erste Vers deutet zudem einen gewissen Zeitdruck bei der Entscheidungsfindung an, was es für das Ich natürlich nicht leichter macht. Insgesamt wirkt das Haiku damit sehr stimmig und weiß zu gefallen! :3
Freier Nachmittag
Der Schnee ist schon geschmolzen
Sonne wärme mich
Dieses Haiku finde ich interessant, weil mich das schon im zweiten Vers anfangs sehr stutzig gemacht hatte. Das Ich klingt für mich zunächst ein wenig enttäuscht, dass der Schnee bereits geschmolzen ist, jetzt wo es endlich den freien Nachmittag hat. Vielleicht hatte sich das Ich schon darauf gefreut, im Schnee zu spielen oder einfach nur die weiße Landschaft zu betrachten. Dann aber kommt der dritte Vers, der meinem ersten Gedanken komplett entgegenläuft. Das Ich sucht plötzlich den Kontakt zur Wärme der Sonne. Damit kam mir dann der Gedanke, dass es sich beim Ich vielleicht gar nicht um einen Menschen handelt. Möglicherweise ist es ein Tier, das bis zu Beginn des Gedichts Winterschlaf gehalten hat und nun, da der Schnee geschmolzen ist, endlich einen freien Nachmittag hat! Bevor es den Nachmittag aber nutzen kann, muss es erst noch ein wenig von der Sonne erwärmt werden. Vielleicht handelt es sich auch um eine Blume, die erst jetzt erblühen kann, da der Schnee nun fort ist. Das Haiku gefällt mir auf jeden Fall sehr gut, weil man da einfach auch ein bisschen länger grübeln kann, um wen oder was es sich beim Ich eigentlich handelt. ^-^
April
Frühlingszeit? Es schneit.Schaut man raus, ist alles weiß.
Winterzeit? Ein Scherz…
Hier gefällt mir die Form auch wieder sehr. Bereits im ersten Vers wird dieser starke Kontrast zwischen den Erwartungen beim Thema Frühling und den Gegebenheiten der Realität sehr deutlich. Es reicht ein einziges Wort, verbunden mit einem Fragezeichen, um die typischen Erwartungen direkt infrage zu stellen. Die anschließenden zwei Worte brechen dann endgültig damit. Der Aufbau des ersten Verses wird im dritten Vers außerdem auch noch einmal gespiegelt. Handelt es sich denn nun um Winter und nicht um Frühling? Die Antwort darauf schlägt schließlich einen Bogen zum Titel; das Wetter wird gewissermaßen als Aprilscherz wahrgenommen. Formal gehört vor die Auslassungspunkte im dritten Vers übrigens noch ein Leerzeichen. Ansonsten gefällt mir das Haiku aber wirklich gut! ^-^
Dauernd abgelenkt
Wolltest doch den Film schauen
Setz dich endlich hin ò_ó
Ich muss einfach jedes Mal lächeln, wenn ich dieses Haiku lese und am Ende dann diesen grimmigen Smiley sehe. Inhaltlich sehe ich auch eine gewisse Komik darin, dass es vermeintlich 'nur' darum geht, einen Film zu schauen, aber das Dilemma kenne ich persönlich auch nur zu geht, haha. Irgendwie muss man sich manchmal doch erst richtig zwingen, sich die zwei Stunden einfach mal zu nehmen. Also ja, das Haiku hat mir sehr gut gefallen! :3
Die Flocken rasen durch den Wald,
die eine macht die andre kalt,
aber kein Laut erschallt.
Ich finde das Wortspiel im zweiten Vers sehr gelungen. Generell handelt es sich bei kaltmachen ja eigentlich um eine Metapher in dem Sinne, dass jemand ausgeschaltet wird (was auch wieder eine andere Metapher ist, hu). Hier kann man das aber doch sehr wörtlich verstehen, was für die einzelnen Flocken wiederum gut ist, denn sie brauchen ja die Kälte. Dass die einzelnen Verse immer kürzer werden, mag der Annäherung der Flocken an den Boden entsprechen. Die Reime geben dem kurzen Gedicht ferner einen lockeren Ton, der eigentlich so gar nicht zu dem sinnlichen Bild einer Schneelandschaft passt, das so vor allem auch im dritten Vers anklingt. Vielleicht wurde hier deshalb auch wieder der unerwartete Schneefall verarbeitet und formal unterstützt.