Huhu Rajani,
ich hab deine Beiträge bezüglich deiner (ehemaligen) Beziehung die letzten Jahre über immer wieder gelesen - hatte er dir nicht sogar mal Antrag gemacht? irgendwas war da iirc - und ich finde es auf jeden Fall gut für dich, dass du den Schritt gewagt hast. Klischeehaft denkt man irgendwie immer, dass die Trennung nur der Seite wehtut, die quasi vor vollendete Tatsachen gestellt wird, aber auch die Partei, die die Trennung initiiert, leidet selbstverständlich, manchmal sogar genauso sehr. Ihr wart einfach sehr, sehr lange miteinander zusammen, und auch wenn ihr nicht zusammen gelebt habt und euch daher sicherlich das ein oder andere gefehlt hat - Yuki hat nen coolen Post zu Fernbeziehungen geschrieben vorhin - hast du deinen Alltag ganz bestimmt um ihn herumgebaut. Und der Mensch ist ein Gewohnheitstier, jetzt von diesen Gewohnheiten, dieser Routine wegzukommen, plus den Herzschmerz zu ertragen, ist sicherlich nicht einfach. Die Trennung ist ja eine Weile her und es beschäftigt dich noch immer. Ich kann deine Gefühle aus eigenen Beziehungserfahrungen sehr gut nachvollziehen, deswegen würde ich dir gerne ein paar Worte sagen. Was du davon annimmst und für dich realisieren kannst und magst, ist dir überlassen.
Zu aller erst wäre es für dich vielleicht ratsam darüber nachzudenken, ob du wirklich so aktuell noch Kontakt mit ihm halten kannst. Versteh mich nicht falsch, alles, was ich jetzt formuliere, sagt sich einfacher, als es in der Realität umzusetzen ist. Aber wenn du stetig mit jemandem, den du noch liebst, Kontakt hast, werden diese Gefühle nicht "kalt". Ständig kochen sie hoch, immer und immer wieder wirst du damit konfrontiert. Und auch für ihn ist das sicherlich nicht so schön. Einfach, weil so ja auch ständig doch irgendwie wieder Hoffnungen gemacht werden, vielleicht auf beiden Seiten. Ich weiß nicht, was ihr konkret miteinander besprochen habt, ob es da eine Art Abmachung gab, aber ich finde immer, dass man relativ klar kommunizieren muss, ob es a) je wieder eine Chance geben wird - und dann auch sehr deutlich mitteilt, wenn diese Chance nicht mehr gegeben werden kann und gegeben wird! - und wie das aussehen kann, b) ob man Kontakt wünscht und in welchem Ausmaß und mit welcher Regelmäßigkeit und c) wie man, falls man keinen Kontakt mehr wünscht, awkwardness im Freundeskreis vermeiden kann.
Weil versteh mich nicht falsch, ich kann dich total gut nachvollziehen. Aber du wirkst auch sehr hin- und hergerissen. Du vermisst ihn, du liebst ihn, aber er ist (aktuell) kein Mensch, mit dem du eine Beziehung führen kannst. Und ich befürchte auch so n bisschen - ich mutmaße hier nur, kenne euch ja beide nicht wirklich, ihn noch weniger als dich - dass er vielleicht zu sehr sein Leben für dich in den Griff kriegen will, und am Ende vielleicht eine Art "Anspruch" bei ihm besteht, und er denkt, er hat ein Anrecht dich wieder als seine Partnerin zurückzugewinnen. Ich finde es generell immer sehr schwierig, wenn Leute erst dann, wenn sie mit dem Verlust einer Person konfrontiert werden, merken, was sie aneinander hatten. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber meine größte Furcht in eigenen Beziehungen ist es, dass ich für selbstverständlich gehalten werde.
Ich will jetzt nicht behaupten, dass es bei deinem Ex so ist, aber ich sage, dass ich als Außenstehende natürlich ein bisschen diese Sorge um dich bekomme, weil sowas durchaus sehr regelmäßig vorkommt. Das soll jetzt aber einfach nur bisschen food for thought für dich sein.
Ansonsten liest sich dein Post sehr nach "was wäre wenn", was zeigt, wie viel dir davon ständig noch im Kopf verbleibt. Du würdest dir mehr Klarheit wünschen, hoffst irgendwie doch noch auf Veränderungen, und ich bin mir sicher, dass du auf diese Veränderungen auch schon vor der offiziellen Trennung gewartet hast. Du hast die Gründe hier ja Anfang des Jahres auch ein bisschen geschildert.
Ich maße mir nicht an zu sagen "you deserve better" oder "if he wanted to, he would", aber ich denke, dass deine eigene Last, die du dir auferlegt hast, auch ein wenig daraus besteht, dass du noch immer Hoffnungen in ihn hast, und sich die Realität, wie er jetzt ist, mit der Vorstellung beißt, die du von ihm hast, wie er sein könnte.
Das sagt sich jetzt so leicht, aber ich denke du musst irgendwie irgendwann in naher Zukunft den Sprung schaffen, dich darauf zu konzentrieren, wie er jetzt aktuell ist. Eine Beziehung muss nicht in der Zukunft oder der Vergangenheit funktionieren, sondern im hier und jetzt. Und im hier und jetzt begegnet er dir nicht auf Augenhöhe, kommt nicht vorbei um sich persönlich mit dir auszusprechen, wie du es dir sehnlichst wünscht, und er ist jetzt zwar den ersten Schritt Richtung Therapie gegangen, aber das ist ja jetzt auch nur n Anfang.
Mad respect, dass du klar formulieren konntest, was du dir erwartest, wie Führerschein, Wohnung in deiner Nähe etc. Du weißt zumindest was du willst, und daran musst du auch festhalten.
Ich kann dir nur raten, mit ihm vielleicht das zu bequatschen, was du hier gesagt hast, was dir andere vielleicht mitgeteilt haben, und was dir noch sonst so gesagt wird. Ich kann mir vorstellen, ich weiß es, wie groß dein Kummer ist und welche Leere das in deinem Leben hinterlassen hat. Und das tut mir für dich auch wahnsinnig leid, und ich würde mich für dich freuen, wenn du mit neuen sozialen Kontakten, mit einem Hobby, einer Leidenschaft zumindest ein wenig diese Lücke füllen kannst. Deine Trauerphase kann noch eine ganze Weile dauern, es ist nur wichtig, dass du dich, dein Leben und deine Wünsche - unabhängig von ihm! - nicht außer Augen verlierst. Laut deinem Twitter hast du ja Katzen, die dir viel Trost spenden, und deine Onlinegames scheinen dir ja zumindest ein bisschen eine social bubble zu bescheren. Vielleicht täte es dir auch einfach gut, wenn du mal mit Leuten sprichst, die ähnliche Trennungen hinter sich haben. Auch auf social media - ich suchs nachher mal raus lol - gibt es einige Leute, auch mit winziger Reichweite teilweise, die über ihre Trauer nach einer langjährigen Beziehung sprechen, vielleicht kannst du da ein wenig Trost finden, oder zumindest merken "yo, ich bin damit nicht alleine".
Ich drücke dir weiterhin die Daumen. Die Liebe, die wir für die Menschen, von denen wir uns trennen oder die sich von uns trennen, gehabt haben, vergeht niemals ganz, aber wir lernen mit der Zeit unser Herz wieder für neue Liebe zu öffnen, vollkommen egal, in welcher Form sie kommen mag.