Beiträge von Sinya

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    >>Kapitel V Ein Anfang und ein Ende

    Teil I<<


    Juli



    Regen prasselte gegen die Fensterscheibe. Draußen konnte sie ein lautes Donnergrollen hören. Sie zuckte zusammen. In einer Hand hielt sie einen Block, in der anderen einen Stift. Ihre Finger trommelten auf den Einband des Buches, das sie als Unterlage benützte. Konzentriert dich! Es brachte alles nichts. Juli hatte sich in eine Decke eingewickelt. Vielleicht sollte sie versuchen zu schlafen? Immerhin ist es schon zwei Uhr. Sinnlos, sie behielt einfach nichts mehr im Kopf. Mit einem Stöhnen erhob sie sich von ihrem Bett, während sie sich flüchtig in ihrem Zimmer umsah. Nur ihre Nachttischlampe spendete etwas Licht, ansonsten war es stockfinster. Die Silhouette eines Stuhles, der Umriss eines Regals und der Kleiderschrank in der Ecke - mehr konnte man nicht erkennen. Die Welt um sie herum war dunkel geworden. Geh wieder ins Bett Juli! Wenn sie jetzt nicht schlafen würde, würde sie morgen Probleme bekommen. Tick Tock, hörte sie ihre Uhr gleichmäßig ticken. Tick Tock – ihre Nerven wurden gespannt. Tick Tock – sie fingen an zu reißen. Schluss damit. Juli warf der Uhr einen tödlichen Blick zu. Wieder ertönte ein Donnergrollen. Sie schreckte hoch. Jetzt saß sie fast aufrecht im Bett. Es brachte nichts. Du musst schlafen Juli! Sie erhob sich und fing an, auf und ab zu gehen. Langsam wurde sie nervös. Julis Augen huschten erneut zum Wecker. Ihre Gedanken kreisten und kreisten - über Noel, den Tag, die Vorlesung, dann über ihre Mutter. Flüchtig sah sie zu der Zimmertür. Sie könnte nachsehen. Und wenn sie schon dabei war, konnte sie sich ein Glas warme Milch holen. Irgendwo hatte sie mal gelesen, dass das gegen Schlaflosigkeit helfen würde. Wo war das noch gleich gewesen? Sie schlich sich durch den Flur und öffnete leise die Tür. Ihre Mutter saß am Wohnzimmertisch. Ihr Kopf lag auf der Tastatur ihres Laptops. Ihre Arme waren ausgestreckt, ihre Lieder geschlossen, aber sie konnte erkennen, wie sich ihre Brust gleichmäßig hob und senkte. Sie schlief. Juli musste schmunzeln. So sah man sie selten - so unbesorgt und frei. Sie öffnete den Kühlschrank und zog ein Tetrapack heraus. Juli tastete die Arbeitsfläche ab, bis sie etwas fand, dass sich wie ein Glas anfühlte. Nach einer Zeit hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnte. Sie stellte das Glas Milch in die Mikrowelle. Pling. Das Geräusch ließ sie aufschrecken. Hatte sie ihre Mutter geweckt? - Nein. Die schlief ganz fest. Ob sie die letzten Tage überhaupt geschlafen hatte? Juli umfasste das warme Glas mit beiden Händen und grinste wollig, ehe sie es in zwei Zügen leerte. Nichts. Es half nichts. Fast war sie enttäuscht. Vorsichtig zog sie Tür wieder hinter sich zu und warf einen flüchtigen Blick zur Wohnungstür, am Ende des Ganges. Sollte sie einen Spaziergang machen? Draußen schüttet es. Ich bin nicht aus Zucker. Und wenn ich meinen Regenmantel anziehe? Sie wägte eine Möglichkeit nach der anderen ab. Tagsüber hatte ihre Mutter früher oft gearbeitet. Wenn sie nicht gearbeitet hatte, hatte sie ihren Nachbarn unter die Arme gegriffen und manchmal war Juli mitgekommen. Nur nachts war sie tatsächlich zuhause gewesen – nicht bei irgendjemand anderes. Bei Personen die Juli vielleicht nicht einmal gekannt hatte. Als sie noch jünger gewesen war und sie in einer Phase gekommen war, wo sie fast täglich von Albträumen geplagt worden war, da hatten sie oft gemeinsam einen Spaziergang unternommen. Es war stockfinster gewesen, aber das hatte Juli nicht gestört, denn ihre Mutter hatte ihre Hand gehalten und das hatte, ihr schon damals den Mut gegeben einen Schritt vor den anderen zu setzten. Sie hatten über alles Mögliche geredet, bis da kein Platz mehr für Albträume gewesen war. Julis Blick huschte zur Garderobe. Ich sollte mir etwas Passendes anziehen. Wie wärs damit? Ein Regenmantel, eine Matschhose und natürlich Gummistiefel? Ihre Mundwinkel zogen sich nach oben, als sie sich ihre rote Jacke überwarf.



    ~+~




    Die Baumwipfel bogen sich. Der Wind heulte, als der Regen auf die Erde niederprasselte. Auf dem Schotterweg bildeten sich kleine Rinnsale, die zu immer größeren Pfützen wurden. Der Untergrund war matschig. Dreckiges Wasser spritze ihre Beine hoch. Plitsch, Platsch – sie kannte das schmatzende Geräusch unter ihren Füßen. Wo gehe ich hin? Zu ihrer Rechten erstreckte sich ein Feld aus Schilf, das im Takt des Windes auf und ab wippte. Früher hatte sie darin immer gespielt, doch mittlerweile war sie zu alt dafür geworden. Das glitschige Nass unter ihren nackten Füßen, der Geruch von Erde, das Kitzeln einzelner Farne – Stopp Juli. Dass sie hier Schilf sah, hieß, dass hier in der Nähe der See sein musste, und zum See wollte sie auf gar keinen Fall. Wenn es viel regnete, dann stieg der Wasserpegel für kurze Zeit stark an und sorgte am Ufer für Überschwemmungen. Keine gute Idee. Der Himmel hatte sich pechschwarz gefärbt - keine Sterne, nur dunkle Wolken, dich sich bedrohlich zu einem Ungetüm aufbauschten. Was ist das?! Die Luft war geladen. Sie hielt dem Atem an und zitterte. Ihre Augen weiteten sich, ihre Nackenhaare stellte sich auf. Nein. Plötzlich, von einen auf den anderen Moment kippte Stimmung.



    Ein Schrei.



    Sie zuckte zusammen. Ihre Augen weiteten sich und sie schnappte nach Luft. Hatte da gerade jemand- ?! Nein. Nein, das ist unmöglich. Ihr Verstand erlaubte sich einen Streich mit ihr. Der Regen peitschte gegen ihren Körper, der Wind zerrte an ihrer Kleidung. Etwas stimmte nicht. Etwas stimmte ganz und gar nicht. Das hatte sie sich nicht eingebildet? Was war das? Sie stand einfach nur da, erstarrte und wagte es nicht einmal, zu atmen. Ihre Muskeln spannten sich an. Ein Tier. Es ist nur ein Tier gewesen. Juli schluckte. Ihr Blick war auf das Schilffeld gerichtet. Es kam von da, richtig? Was war das?! Ihr Herz rutschte in ihre Hose. Sie musste nachsehen. Auf der anderen Seite des Feldes lag der Uferweg. Sie kannte den Weg, war ihn schon so oft entlanggegangen. Vielleicht war jemand gestürzt? Sie schluckte als sie einen Fuß vor den anderen tat. Ihre Füße wurden zu Wackelpudding. Reiß dich zusammen. Sei nicht albern. Ihr Lächeln wackelte. Du hast Angst Juli. Nein. Sie schüttelte den Kopf, doch ihre Hände zitterten immer noch. Mit jedem Schritt hatte sie das Gefühl, mehr im Untergrund zu versinken. Doch sie blieb nicht stehen und schob weitere Schilfgräser zur Seite. Wieso schlug ihr Herz so schnell? Das Wasser reichte ihr bis du den Knöcheln. Sie durchwatete das Feld, als ihr Puls zu rasen begann. Alles ist gut. Endlich, sie hatte die andere Seite erreicht und stand nun auf den Uferweg, der etwas oberhalb des Schilffeldes lag. Wieder wurden ihre Augen groß, als ihr Atem ins Stocken kam. Dort war nichts. Das ist nicht möglich. Die Luft knisterte immer noch. Eine Spannung lag in der Luft. Hier stimmt etwas nicht. Der laute Schrei, der gegen ihr Trommelfell hämmerte. Sie hatte sich das nicht eingebildet. Mein Handy. Sie kramte es hervor, doch ihre Hände zitterten so stark, dass sie es beinahe fallen, ließ. Sie schluckte, nickte, ehe sie es schaffte die Taschenlampe zu aktivieren.


    Was zum Teufel?! Sie schnappte nach Luft, taumelte zurück. Das kann nicht sein. Das ist unmöglich. Das matte Licht der Lampe viel auf den Schotterweg. Ihre Wangen wurden heiß. Sie hatte mit allen gerechnet. Mit allen - nicht damit. Auf den Boden, zwischen Erde und Kies waren Anzeichnen einer Blutlache zu erkennen. Sie vermischte sich mit dem Regenwasser und wurde mit jeder verstrichenen Sekunde unsichtbarer. Nein. Bitte nicht. Ihr wurde übel. Juli hielt sich die Hand vors Gesicht. Bitte. Das muss ein Irrtum sein. Ich träume. Was ist hier passiert?! Was wenn-. Sie wurde leichenblass. Wurde sie beobachtet?!


    “Hil-“ Ihr Herz blieb fast stehen. Lauf Juli. Lauf, solange du noch kannst. Sie begann zu rennen. Ihr Atem rasselte. Immer wieder peitschte Schilf in ihr Gesicht. Es kümmerte sie nicht. Mit einem Mal war die Welt um sie verstummt, war zu einem einzigen Herzschlag – ihren eigenen – reduziert worden. Das muss ein Albtraum ein. Was sollte sie nur tun?! Was konnte sie überhaupt tun?! Ihr Puls raste. Sie hatte niemanden, den sie fragen könnte. Sie war alleine. Nein. Noel, schoss es in ihr in ihren Kopf.


    Er wohnte hier in der Nähe. Er musste ihr einfach helfen. Er musste! Sei nicht albern. Ja, sie war albern, unglaublich albern, aber wen sollte sie sonst fragen? Sie rannte und sah kein einziges Mal zurück. Ihr Blut kochte. Adrenalin pumpte durch ihre Venen. Sie blieb nicht stehen. Immer wieder kam sie ins Stauchen, fiel, stand wieder auf. Ihre Seite begann zu stechen. Sie blieb nicht stehen. Mach weiter. Ihre Augen tränten. Ren weiter. Das Haus – ihr Herz machte einen Satz – sie stand endlich davor. Ohne zu zögern, zog sie an der Klingel und holte tief Luft. Für einige Minuten passierte nichts. Bitte mach auf. Schweißperlen klebten auf ihrer Stirn. Paranoid blickte sie in alle Richtungen. Bin ich alleine?! Bei den Göttern, Noel mach auf! Tränen kullerten ihre Wange hinunter. Sie hörte ein Geräusch hinter sich, doch wagte sie es nicht, zurückzublicken. Bitte.

    >>Kapitel IV Kein schlechter Tag<<


    Noel



    Schlecht. Sehr schlecht. Ihm war spei übel. Fast erwartete er, sich gleich übergeben zu müssen. Das war in Ordnung, richtig? Es war nicht so schlimm wie an anderen Tagen. Heute würde er es schaffen. Seine Augen huschten nach draußen, als er durch das Fenster sah. Die Bäume bogen sich, als eine starke Böe sie erfasste. Ein Sturm würde bald schon aufziehen. Hoffentlich hatte es Juli wohlbehalten nach Hause geschafft. Er hätte sie nicht begleiten können, selbst wenn er es gewollt hätte. Etwas Unheilvolles lag in der Luft und es beunruhigte ihn. Dumme Juli. Wieso hatte sie ihn besuchen müssen? Wieso war sie überhaupt gekommen? Weil du sie eingeladen hast, deswegen ist sie gekommen. Richtig. Er sah müde zu dem Wäschekorb.


    „Ich weiß. Du denkst ich hätte es total vermasselt. Bin ein echter Idiot. Richtig?“ Astor stand im Türrahmen. Die Mundwinkel des Jungen zogen sich ganz unnatürlich nach oben, wurden zu einer Fratze, die ihn verhöhnte.


    „Gut dann muss ich es dir ja nicht selbst sagen.“ Seine Stimme hallte in seinem Kopf wider, wie ein Echo. Schnell drückte Noel sich von den kalten Holzdielen ab und kramte etwas aus einer Schublade. Sein Herz schlug unregelmäßig. Nicht gut. Es ist nicht hier. Er eilte zu einer anderen Schublade. Gehetzt sah er sich immer wieder um. In der zweiten Schublade fand er, wonach er gesucht hatte - ein paar Papiere und einen Stift. Als Nächstes griff er nach dem Feuerzeug, das neben dem Wäschekorb lag. Hastig rannte er von einem Raum zum Nächsten, immer den Blick nach draußen gerichtet. Hatten sie ihn gefunden? Nein, das konnte nicht sein, das war unmöglich. Sei nicht albern. Du wirst noch verrückt. Er kritzelte etwas auf das Blatt Papier, viel zu schnell, viel zu hastig.


    „Weiche Schatten, weiche Licht“, zischte er. Seine Lippen bewegten sich kaum merklich. Er klebte Zettel auf die Fenster. Mit einem kleinen Messer schlitzte er seine Haut auf. Blut tropfte auf den Boden, ehe er es auf das Blatt Papier presste und damit einen hässlichen roten Fleck hinterließ. Zuletzt zündete er es mit seinem Feuerzeug an. Ein bedrohliches Zischen ertönte, dann war es wieder still.


    “Das wird sie nicht ewig aufhalten.“


    „Halt den Mund Astor.“ Noels Augen waren zu Schlitzen verengt. „Das muss es auch nicht. Heute würde mir schon voll und ganz genügen.“ Er wollte ruhig sein, gelassen, doch seine Stimme bebte und seine Hände zitterten. Wieder ging ein Zettel in Flammen auf, dann noch Einer und noch Einer. Er hatte es fast geschafft. Sein Atem rasselte. Jetzt fehlte nur noch der Garten. Mittlerweile hatte es zu regnen angefangen, aber das hielt ihn nicht davon ab weiterzumachen. Er konnte das Donnergrollen hören, konnte die Blitze im Himmel sehen, die für einen Moment alles in ein grelles weißes Licht hüllten. Immer wieder sah er in die Ferne, schluckte, als Schweißperlen seiner Stirn herunterkullerten und seine Nackenhaare sich aufstellten. Konzentrier dich! Verdammt noch mal! Ablenkung konnte er jetzt nicht gebrauchen. Wieder ertönte ein Donnergrollen. Als er eines der Blätter befestigte, musste er zusätzlich eine Hand darüber halten, nur um zu gewährleisten, dass es ja nicht nass wurde. Er fluchte leise, als er sich beinahe verbrannte. Geschafft. Das letzte Papier war lichterloh in Flammen aufgegangen. Er hatte es an einer der Laternen befestigt. Seine Hände zitterten immer noch. Noel seufzte erleichtert auf, ehe sich seine Haltung lockerte und seine Muskeln sich entspannten. Pitschnass stand er strömenden Regen. Plötzlich wurde ihm wieder schlecht. Er krümmte sich und kniff die Augen zusammen, als er das Gefühl bekam, sein Magen würde sich umdrehen. Er kannte diese Schmerzen. Sein Hals war ganz trocken. Es wird schlimmer werden Noel. Viel schlimmer. Er rannte zum Haus, knallte die Türe hinter sich zu, dann ließ er sich auf den Boden sinken. Sein Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. Er hatte das Gefühl jeden Moment zu dehydrieren - von innen heraus auszutrocknen. Sein Atem rasselte, also schnappte er nach Luft. Ihm war schlecht, aber das war noch ertragbar. Seine Hände zitterten, während er alle Mühe hatte, seinen Kopf mit diesen abzustützen. Er presste sie an seinen Schädel und versuchte gleichmäßig ein und auszuatmen.


    „Heute ist also ein schlechter Tag“ Astor stand am Ende des Flures.


    „Geht schon.“, brachte Noel unter zusammengepressten Lippen hervor, „Ich habe schon viel schlimmere Tage erlebt. Mir ist nur etwas schummrig.“ Ich will das nicht. Ich will nicht. Ich will nicht nach oben. Ich will hier sitzen bleiben - für immer und ewig - aber ich muss. Reiß dich zusammen Noel. Er riss seine Augen auf, als sich seine Finger in seinen Schädel bohrten.


    „Natürlich. Ich sehe, dir geht es blendend.“


    „Ich...ich sollte jetzt nach oben gehen. Kümmerst- kümmerst du dich bitte um den Rest?“ Seine Lippen waren zu einer schmalen Linie geworden.


    „Natürlich. Aber nur wenn ich Lust habe.“ Astor, du verdammter Dreckskerl!


    „Gut.“ Er hatte keine Zeit, um mit ihm weiter zu diskutieren. Nicht heute. Er musste sich einfach darauf verlassen, dass er das tat, was man ihm sagte. Hör einmal auf mich du verdammtes Arschloch. Astor war klug, er wusste, dass man seine Befehle nicht missachtete. Mit viel zu schnellen Schritten stieg er die Treppe hinauf. Nahm mehrere Stufen auf einmal. Seine Muskeln spannten sich an. Noel rannte nicht durch den Gang, beschleunigte aber seine Schritte, bis er eine Tür am Ende des dunklen Flures erreichte. Dieses Stockwerk war immer dunkel. Noel hasste es. Er schluckte, als er die Tür mit einem kräftigen Ruck öffnete, ging ganz zielstrebig auf die Regale an der Wand zu und öffnete die erste Schublade. Ungleichmäßig atmete er ein und aus, immer schneller und schneller, ehe seine Stirn zu glühen begann. Endlich. Er hatte gefunden, wonach er gesucht hatte. Sein Blickfeld verschwamm immer mehr. Die Schublade, die er geöffnet hatte, war eiskalt. Noel brachte einen durchsichtigen Beutel hervor, der mit einer seltsamen viskosen roten Flüssigkeit gefüllt war. Als Nächstes zog er ein Tablett unter dem Bett heraus, auf dem mehrere Gläser gestapelt waren. Seine Hände zitterten so stark, dass er fast das Glas in seiner Hand fallen ließ. Endlich schaffte er es, den Deckel des Beutels abzuschrauben, und goss die rote Flüssigkeit in das Glas. Gierig nahm er erst einen, dann noch einen Schluck. Ein Glücksgefühl machte sich in ihm breit. Adrenalin pumpte durch seine Venen. Er konnte nicht stoppen. Seine Stirn war erst ganz heiß, dann ganz kalt. Was mach ich da? Es war immer das Gleiche. Beschämt sank er auf den Boden. Draußen schüttete es immer noch. Das Glas war mit nur einem einzigen Zug geleert worden. Am Rand konnte man immer noch kleine rote Flecken erkennen. Dieser Tag ist ertragbar. Was war nur dieses unbehagliche Gefühl, das er verspürte? Es bringt nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er würde es wohl ohnehin nie erfahren. Vielleicht sollte er sich um den Abwasch kümmern? Die hässlichen Flecken auf dem Glas störten ihn. Er drehte es, wog es mit seinen Händen. Wie ein Stein zog es ihn nach unten. Heute würde noch eine lange Nacht werden. Von draußen hörte er den Wind heulen. Der Regen prasselte gegen die Fensterscheibe. Was geht da nur vor sich?

    >>Kapitel III Das Haus am Stadtrand<<


    Juli




    Die Uhr zeigte sechs. Uhren logen nicht, sie wahren erbarmungslos, ohne Gnade. Juli blinzelte, dann stöhnte sie genervt. Mist. Verdammt. Sie musste aufstehen. Die ersten Sonnenstrahlen schienen durch ihr Fenster, hüllten den Raum in ein warmes Licht. Was war passiert? Hatte sie geträumt? Sie hatte Noel getroffen, ein wirklich seltsamer junger Mann. Von draußen hörte die Vögel zwitschern. Ihre Brust hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen. Steh auf Juli! Träge streckte sie ihre Hand in Richtung ihres Nachtisches aus und ertastete mit den ihren Fingerspitzen einen Knopf. Für einen Moment ruhten sie nur dort. Nur noch eine Minute. Vielleicht auch zwei. Nein. Das Piepen stoppte und sie blinzelte. Sehr gut und jetzt-. Schwerfällig erhob sie sich aus ihrem Bett. Auf dem Boden, Bett und Schreibtisch - überall lagen ihre Unterlagen verteilt. Sie hätte nicht mehr lernen sollen. Es war eine schlechte Idee gewesen, aber wenn sie das Semester nicht bestand, was dann? Mit einer schnellen Handbewegung fischte sie einen Block und Stift aus ihrem Bett und verstaute ihn in ihrer Tasche. Im ganzen Haus herrschte eine gespenstische Stille. Für einen Moment machte ihr Herz einen Satz. Schlief ihre Mutter noch? Leise bewegte sie sich durch den Flur. Fast geräuschlos öffnete sie die Tür zum Wohnzimmer. Da war sie. Ganz seelenruhig saß ihre Mutter am Wohnzimmertisch. Ihr Blick klebte am Bildschirm des Laptops, also schlich sich Juli, so leise, wie es ihr nur irgendwie möglich war, zum Kühlschrank, öffnete ihn und griff gezielt nach den Resten von gestern.


    „Du, schon wach? Heute nicht verschlafen?“ Juli wirbelte herum. Ihre Mutter sah in ihre Richtung und grinste. Unter ihren Augen lagen dunkle Schatten. Sie hat heute wieder nicht geschlafen? Richtig?


    „Ich eh...hab ich dich gestört? Tut mir leid.“


    „Nein, nein, keineswegs. Ich wollte sowieso gerade eine Pause einlegen. Willst du einen Kaffee?“ Sie war gerade im Begriff aufzustehen, da winkte Juli schnell ab.


    „Nein, bleib sitzen. Du hast schon genug zu tun. Ich mach uns Kaffee.“


    „Aber ich kann-.“


    „Schon gut.“ Schnell griff sie nach dem Kaffeefilter und kramte den Milchaufschäumer aus einer der Schubladen hervor. „Latte?“ Juli sah ihre Mutter nicht an, vielleicht weil sie ihren Blick schon kannte und wusste, was sie dort finden würden, noch ehe sich ihre Augenbrauen zusammenziehen könnten.


    „Das wäre nett.“ Die Milch zischte, doch bevor sie anbrennen konnte, drehte Juli schnell die Flamme runter. Sie schäumte die Milch auf und goss den Milchschaum zum Rest des Kaffees.


    „Hier.“ Die Tasse schlitterte über den Tisch, ehe sie ihre Mutter erreichte.


    „Das ist lieb Schatz.“ Ding Dong. Ein Klingeln löste Juli aus ihrer Starre. „Machst du bitte auf? Ich musst noch-.“


    „Natürlich.“ Wer zum Teufel konnte das sein? Um halb sieben?! Als sie den langen Flur durchschritt, schüttelte sie den Kopf. Sie zog Türe auf, dann blinzelte sie irritiert und rieb sich die Augen. Träume ich noch? „Noel du-“


    Tatsächlich, dort stand Noel O´Neil. Richtig, sie hatte ihm gestern noch ihre Adresse gegeben. Er hatte sie sich gemerkt? Heute trug er einen braunen Mantel mit grünen Streifen. Seine Augen waren wach und musterten sie aufmerksam, während seine Mundwinkel nach oben huschten. Sie hatte nicht geträumt, diesen Noel gab wirklich. Als sie die Tür aufzog, winkte er ihr zu. Sie traute ihren Augen immer noch nicht. Er stand mitten im Hausflur des Wohnkomplexes.


    „Guten Morgen Juli.“ Noel grinste, sah allerdings an ihr vorbei, geradeaus in die Wohnung. „Hier wohnst du also.“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Worüber denkst du jetzt schon wieder nach? „Schade.“


    „Wie?“


    „Naja. Ich dachte es wäre etwas-.“


    „Was dachtest du?“


    „Naja, etwas ausgefallener...abgedrehter.“ Seine Augen wurden zu Schlitzen. „Lebst du alleine?“


    „Wieso?“


    „Nur so aus Interesse.“


    „Meine Mutter wohnt mit mir, aber sie ist beschäftigt.“


    „Du wohnst also mit deiner Mutter zusammen? Das ist toll. Muss schön sein mit jemanden zusammen zu leben.“


    „Ja.“ Er hatte recht. So hatte sie das nie betrachtet. Und dennoch wünschte sie sich nur ein wenig mehr Selbständigkeit in ihrem Leben. Vielleicht alleine in einer Wohnung zu leben, so wie ihre Kommilitonen, die ihr schon um so viel voraus waren, die ihre eigene Familie hatten und so viel mehr erreicht hatten. „Es ist halb sieben.“ Sie konnte es immer noch nicht so recht glauben.


    „Hm?“ Noel legte den Kopf schief und warf ihr einen fragenden Blick zu. „Und?“


    „Naja...also...ist es nicht zu früh, um zu klingeln?“


    „Ist es das? Ich weiß es nicht, ich wollte nur sichergehen, dass wir die Vorlesung nicht verpassen.“


    „Du willst heute schon die Vorlesung besuchen?“


    „Ja. Und jetzt komm mal in die Pötte. Ich warte hier schon seit ner halben Stunde. Moment...zu direkt?“ Noel kratzte sich am Kinn.


    „Um Himmels Willen.“ Ihre Augen wurden groß. „Seit 30 Minuten?!“ Was zum Teufel-. „Was hast du dir dabei gedacht?! Und was hast du die ganze Zeit überhaupt gemacht?“


    „Was ich gemacht habe? Also...die meiste Zeit habe ich gelesen. Ich weiß ja nicht wann wann die Vorlesung beginnt, also wollte ich auf Nummer sicher gehen. Ich habe da ein paar tolle Bücher in der Bibliothek gefunden, willst du sie auch einmal lesen?“


    „Nein, also...ich meinte nur-.“


    „Schade, sie sind echt lesenswert.“


    „Hm. Vielleicht.“ Zögerlich sah er erst zu ihr, dann wieder auf den Boden.


    „Also...ich weiß nicht wieso du hier noch herumsteht, aber meinst du nicht das wir langsam losgehen sollten? Ich meine, von mir aus können wir hier auch noch weiter im Flur stehen, aber ich bin mir nicht sicher ob das-.“


    „Oh stimmt ja.“ Julis Gesicht wurde heiß. Wie peinlich. „Natürlich.“ Sie eilte wieder durch den Flur, griff hastig nach ihrer Tasche und dem Lunchpaket, sagte noch ein flüchtiges „Tschüss Mum-“ und war auch schon wieder im Begriff zu gehen.


    „Du hast es aber heute eilig Schatz? Ist das da draußen ein Freund von dir?“ Ihre Mutter hatte nicht aufgesehen, als sie die Frage gestellt hatte. Ihre Augen fixierten immer noch den Bildschirm. Ihre Stimme war abwesend.


    „Ein Bekannter. Ich zeige ihm nur die Uni.“


    „Dann viel Spaß euch beiden.“ Wieso nur? Juli warf sich ihre Tasche und einen Mantel über ehe die Tür auch schon in ihre Angeln fiel. Wieso strahlt sie nur so? Ihr muss etwas äußerst Gutes widerfahren sein. Was das wohl sein konnte. Sie schmunzelte.


    „Das ging jetzt aber schnell.“ Noel stand immer noch an der gleichen Stelle. Was hatte sie erwartet? Das er einfach verschwinden würde? Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu, als sie das Treppenhaus hinunter gingen und durch die Tür ins Freie traten.


    „Lass uns einfach schnell gehen“, brummte Juli. Vielleicht war sie ein Morgenmuffel. Ja, ganz bestimmt war sie ein Morgenmuffel, ganz im Gegensatz zu Noel. Der pfiff gut gelaunt irgendeine Melodie, während sie den Weg entlang schlenderten.


    „Sag mal was studierst du eigentlich?“


    „Hm?“


    „Naja darüber haben wir noch gar nicht geredet.“ Sie gingen an einem Bauernhof vorbei. Ein Fluss begleitete ihren Weg.


    „Was mit Geschichte. Nichts Besonderes schätzte ich. Die meisten studieren das hier.“ Ihr Blick wanderte, während sich ihre Lieder schwer anfühlten. Sie war ganz entsetzlich müde. Noch war die Luft kühl und weckte ihre trägen Sinne.


    „Hm.“ Er schien etwas zu überlegen, rieb sich am Kinn und nickte dann. „Dann werde ich mich zu dir in die Vorlesung setzten. Ich kann bestimmt noch etwas lernen. Oh und Mathe, Physik, Biologie, Kunst...meinst du das sie das auch anbieten?“ Seine Augen waren ganz groß geworden, fast wie bei einem Kind, während sich seine Stimme fast überschlug.


    „Ich...also ich weiß es nicht. Du überschätzt unsere Uni. So viel gibt es da nicht...aber du kannst dir ja mal den Vorlesungsplan ansehen.“


    Aus einzelnen Häusern wurden Reihen aus Wohnkomplexen, die immer dichter zueinanderstanden - aus dem Schotterweg unter ihren Füßen eine geteerte Straße. Je näher sie der Stadtmitte kamen, desto mehr Läden tauchten am Straßenrand auf. Kleine Süßigkeitenläden, Antiquitätenläden oder Kleidungsgeschäffte, später auch Clubs und Restaurants, zu den sie nur zu oft gegangen war, wenn sie einmal keine Lust gehabt hatte, etwas zu kochen. Sie kannte den Weg in- und auswendig, kannte die schmalen, verwinkelten Gassen, die zu kleineren Läden führten, ja sogar die urige Shishabar, die ihre Kommilitonen öfter besucht hatten. Juli und Noel blieben erst stehen als sie an einem großen, weißen Gebäude ankamen. Die Wände des Erdgeschosses und des ersten Stockes waren aus Glas und wurden von weißen Säulen getragen. In großen Lettern konnte man die Aufschrift „Universität“ lesen. Die oberen Stockwerke lösten die Glaswände durch weiße Wände ab. Auch heute schien die Sonne erbarmungslos auf das Gebäude. Letztes Jahr zur selben Zeit hatte sie in einer der Säle gesessen, war noch jünger und naiver gewesen. Die Studenten hatten sich kleine Fächer aus Papier gebastelt, dabei war es nicht einmal Sommer gewesen und die heißesten Monate hatten noch vor ihnen gelegen. Sie stöhnte.


    „Alles in Ordnung?“


    „Das Wetter, es ist schrecklich.“


    „Du magst wohl Sonne nicht so gerne?“ Noel schien es allen Anschein nichts auszumachen.


    „Nein, das ist es nicht. Ich mag gutes Wetter, aber in einem Hörsaal ohne Klimaanlage zu sitzen ist was anders. Es ist schrecklich...kaum ertragbar.“


    „Also ich mag das Wetter.“


    „Das würde ich auch sagen, wenn ich nicht in nem Raum mit Glaswand bei 40 °C für mehrere Stunden sitzen müsste.“


    „So schlimm?“


    „Nein, noch nicht, aber es ist ja auch noch nicht richtig Sommer. Nächster Monat ist schon wieder Juni, dann wird es schlimm werden Noel.“ Sie musste wieder an letztes Jahr denken. Es war geradezu unerträglich gewesen - die Luft war stickig gewesen, man hatte förmlich an den Sitzen geklebt und das Gefühl gehabt gleich zu dehydrieren. Hatte sie ihre Flasche dabei?! Die Temperaturen waren harmlos, das wusste sie. Sie waren nur ein milder Vorbote von dem, was noch kommen würde. „Lass uns schnell reingehen.“ Juli öffnete die Tür und augenblicklich kam ihr ein kalter Windstoß entgegen. Sie wusste das, dass nicht so bleiben würde, aber für den Moment gab es ihr die Zuversicht einen Schritt vor den anderen zu tun, bis sie vor einer grauen Eisentür stehen blieb. „Das hier“ und deutete auf die Tür, „ist mein Vorlesungssaal. Jedenfalls für diese Vorlesung.“


    „Ihr wechselte also die Räume?“


    „Genau.“ Sie lachte und nickte.


    „Soll ich“, zögerlich deutete er auf die Tür, „soll ich klopfen?“


    „Nein. Man muss nicht klopfen, die Vorlesung hat ja noch nicht begonnen. Und selbst wenn sie begonnen hätte. Man klopft nicht.“


    „Nicht? Das muss ich mir merkten.“ Er schloss die Augen und nickte, dann drückte er die Klinke hinunter. Moment. Plötzlich wurde sie blass. Erst jetzt wurde ihr ihr Fehler bewusst. Noel O´Neil. Was würden die anderen denken, wenn sie mit ihm hier auftauchen würde? Sie würden bestimmt anfangen zu reden. Ich bin so dumm. So verdammt blöd. Die Gerüchte, die man sich über ihn erzählten, waren richtig übel. Und all das wird auf mich zurückfallen. Natürlich. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie ihn unruhig, dabei beobachtete, wie er die Türklinke herunterdrückte. Es war zu spät, sie konnte nichts tun, konnte nur zusehen, was als Nächstes passierte.


    „He, was macht denn der hier?“, hörte sie jemand giftig aufstoßen. Es war der gleiche Hörsaal wie gestern. Die gleichen abgestuften Klapptische, die gleichen Bilder an den Wänden und die gleiche Tafel, die immer von den Professoren benützt wurde. Nur Oliver war nicht da. Sie bemerkte es sofort als ihren Blick durch den Raum schweifen lies, und atmete erleichtert auf, ehe ihre Augen zu Noel huschten. Er war einige Schritte in Richtung ihrer Kommilitonen gegangen – viel zu schnell, viel zu voreilig. Sei nicht dumm Noel. Seine Mimik war aufgeweckt, als er sie anstrahlte. Du bist irre. Sie werden dich für irre halten. Aber einen Noel störte das nicht. Er griff viel zu früh nach den Händen von einem der Studenten und schüttelte sie, ohne dass er überhaupt dazu aufgefordert worden war. Sag nichts, bitte, erwähne nicht meinen Namen. Das war so-. „He freut mich euch kennen zu lernen. Ich bin Noel. Ich bin mit Juli hier. Ihr müsst die Kommilitonen von ihr sein. Ich werde jetzt wohl auch ab und zu hier vorbeikommen, also hoffe ich auf eine gute Zusammenarbeit.“


    Ihr Hals wurde trocken, als sich ihre Muskeln anspannten und ihre Hände zu einer Faust wurden. Das ist so...so entsetzlich peinlich. „Ich würde den Stoff, denn ich verpasst habe gerne nachholen. Also wenn ich mir Mitschriften ausleihen könnte, dass wäre super. Wobei, ich glaube die würden mir wohl nicht weiterhelfen.“ Noel schüttelte den Kopf. „Aber ein Buch wäre schon hilfreich. Vielleicht könnt ihr mir ja eins empfehlen?“ Die junge Frau, die neben den Jungen stand, den er just in dem Moment angesprochen hatte, stolperte zurück. Sie schrie, während der Andere ihn immer noch fassungslos anstarrte, fast als ob er einen Geist gesehen hätte. Hör auf Noel! Ihr Gesicht glühte und ihr Blut brodelte. Natürlich, natürlich würde Noel “Noel“ sein und ihr nur Ärger bereiten.


    „War doch logisch das der Creep was mit Juli zu tun hat. Aber musstest du ihn auch noch hierherbringen? Musst ja echt verzweifelt gewesen sein!“, spuckte die Brünette und warf ihr einen giftigen Blick zu, der Juli zusammenzucken lies.


    „Wovon redet ihr?!“ Noel sah eilig hin und her. Er hob die Hände in die Höhe und wollte etwas erwidern. Hör einfach auf Noel. Bitte. Halt einfach deinen Mund.


    „Ich.“ Ich- was hatte ich mir dabei gedacht?! Sie schluckte. Ich bin so dumm. So verdammt, verdammt dumm. „Ich…ich kenne ihn eigentlich nicht.“ Eine Lüge. „Wir haben uns erst gestern getroffen. Das ist alles.“ Das war die Wahrheit.


    „Lüg nicht.“ Die Brünette funkelte sie immer noch an. Wie war ihr Name noch mal? Nein, das war jetzt nicht wichtig.


    „Ich kenne ihn doch eigentlich nicht“ , wiederholte Juli mit noch mehr Nachdruck. Bitte glaub mir doch.


    „War doch logisch das sie sich mit diesen Typen was am Laufen hat.“ Abscheu, Ekel, die Stimme der Frau bohrte sich tief in das Herz von Juli. Sie war so eine Idiotin. Plötzlich drehte sich alles um sie herum. Die Luft war so dünn, dass sie das Gefühl hatte gleich zu ersticken. Sie musste hier raus. Sofort.


    „He warte.“ Sie hörte Noels Stimme, doch es kümmerte sie nicht. Wieso ausgerechnet ich? Wieso musste er ausgerechnet mich ansprechen? „Alles in Ordnung?“ Er hatte nach ihrem Arm gegriffen. Sie sah ihn nur für ein Bruchteil von Sekunden an, dann riss sie sich los.


    „Nein.“ Das war seine Schuld. Wegen ihm werde ich-, schoss es ihr in den Kopf. Sie war nie beliebt gewesen, aber sie hatte es zu mindestens geschafft, unauffällig zu sein – ein Schatten, den man keine Aufmerksamkeit widmete. Studium war nicht wie Schule, man sprach weniger miteinander, hatte weniger miteinander zu tun. Es war ihre Chance gewesen neu anzufangen. Und jetzt? „Wieso musstest du mich ansprechen?! Hättest du nicht irgendjemand anderen Fragen können? Und wieso musstest du mitkommen wegen dir-“ Tränen kullerten über ihre Wange. Jetzt würde man sich wieder über sie lustig machen. Sie hörte die anderen schon reden. Und am meisten hasste sie sich selbst. Was hatte sie sich dabei gedacht? Vielleicht war er doch ein Creep. Vielleicht hatten die anderen doch recht gehabt. Sie kannte ihn doch nicht einmal richtig. Wie naiv kann man sein?!


    „Ich dachte wir sind Freunde.“ Seine Stimme war dünn, fast wie ein Flüstern.


    „Nein Noel. Wir...wir kennen uns nicht einmal. Weißt du, vielleicht ist es meine Schuld. Vielleicht habe ich falsche Signale gesendet. Ich hätte schon Nein sagen sollen als du mich heute früh gefragt hast. Siehst du? Wir haben vielleicht einmal miteinander geredet.“ Sie lachte bitter und sah zu Boden. Juli konnte ihn einfach nicht in die Augen sehen. „Wir kennen uns doch eigentlich nicht einmal.“


    „Dein...dein richtiger Name ist Rosemarie, richtig?“ Er senkte seinen Kopf. „Stimmt das? Ich habe mich gefragt wieso du-.“ Ihr Hals war ganz heißer, ihre Augen gerötet. Das kann ja wohl jetzt nicht sein Ernst sein?


    „Von allen Dingen, die du mir hättest sagen können, fragst du mich ausgerechnet das? Du bist so kindisch Noel. Du wirst nie erwachsen. Vielleicht halten dich deshalb andere für seltsam. Weißt du?! Ich habe mir darüber schon den Kopf zerbrochen, du tust es ja nicht.“ Noel wollte etwas erwidern, da hatte sie ihm allerdings schon den Rücken zugedreht. Sie setzte einen Fuß vor den anderen, schneller und schneller ehe sie begann zu rennen. Die Welt konnte untergehen, konnte mit einem Mal verschlungen werden. Ein Unwetter konnte aufkommen und jeden einzelnen Baum aus seinen Wurzeln reißen. Es kümmerte sie nicht mehr. Alles, was sie jetzt noch wollte, war sich in ihrem Zimmer einzuschließen und nicht mehr rauszukommen.



    ~+~



    Sie hatte ihr Zimmer tatsächlich nicht mehr verlassen - den ganzen Vormittag nicht - aber jetzt, wo sie langsam wieder zu Verstand kam, da fühlte sie sich schlecht.


    Was hatte sie sich nur dabei gedacht?! Das sah ihr gar nicht ähnlich. Sie hatte Noel verletzt und das hatte er bei aller Liebe nicht verdient. Er hatte ihr nichts getan und sie? Vielleicht war es richtig gewesen, dass sie ausnahmsweise an sich selbst gedacht hatte. War es denn so verwerflich, zur Abwechslung einmal akzeptiert werden zu wollen?! Ja. Ja ist es. Wenn du jemand anderen dafür verletzten musst, dann ist es das. Sie schmunzelte. Es war schon urkomisch, da machte sie ihm Vorwürfe, sich kindisch zu benehmen, und was machte sie? Was war sie dann? Juli umklammerte ihr Kissen noch fester, presste es an ihren Körper. Ich bin das Kind. Den ganzen Vormittag über hatte sie sich in ihrem Zimmer verkrochen, hatte sich ganz leise ins Haus geschlichen, weil sie nicht gewusst hatte, wie sie es ihrer Mutter hätte erklären können. Doch jetzt war sie sich sicher. Sie musste sich entschuldigen. Sie war kein Kind mehr. Als vorsichtig durch den Türspalt linste, war niemand zu sehen. Wie auf Zehenspitzen, schlich sie am Wohnzimmer vorbei, warf noch einen flüchtigen Blick hinein, nicht genug allerdings, um zu sehen, ob ihre Mutter noch immer dort saß, dann zog sie sich ihren roten Mantel über. Sie straffte ihre Schultern und atmete noch einmal tief ein und aus. Ich entschuldige mich. Das muss ich. Kaum hatte sie den Entschluss gefasst, viel auch schon das Schloss in die Angeln.


    ~+~



    Noel wohnte nicht weit von Juli. Sie war ungerecht gewesen? Nicht? Jetzt schämte sie sich dafür. Sie sah zu ihrer Rechten, wo einzelne Kühe auf einer weiten Wiese grasten. Dort wo die Weide endete, begann ein weiteres Feld, dann noch eins. Je näher sie dem Haus kam, desto nervöser wurde sie. Hatte sie ihn überhaupt gefragt? Vielleicht wollte er auch gar nicht, dass sie ihn besuchte. Sie könnte es ihm nicht verübeln.


    „Ich dachte wir wären Freunde“ Juli hatte sich echt idiotisch verhalten. Es war schon fast zum Lachen. Sei nicht albern. Wer würde schon mit ihr befreundet sein wollen? Das Haus war immer noch genauso beeindruckend, wie sie es im Gedächtnis hatte. „Wieso zwei Schornsteine?“ Weil es hübsch ist. Ihre Mundwinkel zuckten. Stimmt schon, das hat schon was. Das ganze Gebäude war kunterbunt bemalt, die ganzen unterschiedlichen Fenster ließen es nur noch chaotischer wirken, fast wie aus einem Märchen. An den Wänden kletterten Pflanzen hinauf. Der Garten wucherte regelrecht, überall blühten bunte Blumen. Sie entdeckte einen Apfelbaum, der wohl vor langer Zeit dort gepflanzt worden war, und einen kleinen Garten. Ein Steinweg führte zum Haus hinauf und wurde auf seinem Weg dorthin von Laternen begleitet. Es war schon etwas ganz Besonderes. Am ungewöhnlichsten war jedoch das riesige Loch in der Wand des Gebäudes. Es gab einen Blick ins Innere frei – lies das Haus fast wie eine Ruine aus einer alten, vergessen Zeit erscheinen. In ein paar Töpfen waren Tomaten gepflanzt worden. Ein wenig beneidete sie ihn schon. Wie oft war ihr ihre Tomaten eingegangen, die sie mit so viel Mühe gesät hatte. Ein heftiger Sturm hatte über das Land gefegt und weg war ihr kleines Gewächshaus, in das sie so viel Zeit und Liebe investiert hatte.


    „Soll ich klopfen?“, hatte Noel sie heute früh gefragt, jetzt fragte sie sich dieselbe Frage. Sie biss sich auf die Lippe, dann berührten sie mit ihren Fingerknöcheln ganz vorsichtig die raue Oberfläche der Holztür. Nichts rührte sich. Sie klopfte erneut. Wieder keine Reaktion. Was jetzt? Ihre Augen musterten den Eingang. Eine Klingel. Neben der Tür war ein eiserner Löwenkopf angebracht, an dem ein Hebel - nein, eine Art Seil, an dem man ziehen konnte – befestigt worden war. Wieder zögerte sie. Soll ich-? Einen Moment haderte sie mit sich selbst, aber dann schluckte sie und nickte zaghaft. Sei kein Feigling. Sie kniff die Augen zusammen und zog an der Vorrichtung. Ihr Herz schlug unregelmäßig gegen ihre Brust. Ein seltsames Geräusch ertönte - eines das ihr durch Mark und Bein ging. Eine Melodie? Ein Laut eines Tieres? Wie sonderbar. Juli zuckte zusammen. Vielleicht sollte sie noch einmal klingeln? Ihr Herz machte einen Satz. Die Tür öffnete sich und Noel stand vor ihr. Sie blinzelte irritiert und traute ihren Augen nicht.


    „Du-.“ War er wütend?


    „Ja“, presste sie hervor und schnitt ihm das Wort ab. „Ich, ich wollte...also... ich wollte mich für heute Morgen entschuldigen. Es tut mir leid. Ich hätte nicht-. Ich hatte das nicht sagen sollen. Die Einzige, die sich danebenbenommen hat, war ich und das tut mir leid. So, so unglaublich leid! Ich bin eine echte Idiotin. Ich-“


    „Du kommst mich besuchen?“ Seine Mimik war entspannt, seine Haltung locker. Wieso? „Ich muss dir unbedingt mein Haus zeigen. Warte kurz.“ Er strahlte förmlich, griff nach ihrem Handgelenk, ehe er sie ins Innere zog. Seine Worte überschlugen sich. Was passierte hier nur? Wieder schlug ihr Herz schneller. Ihre Augen wurden groß, als sie die Luft einsog. Sie kamen in einen völlig überfüllten Flur. Überall lagen Sachen auf einen Stapel. Kein einziger Fleck der Wand war nicht bedeckt. Bunte Bilder schmückten diese, während mehrere Schuhpaare auf dem Boden lagen. Zu ihrer Rechten war eine Garderobe, an den einige Mäntel hingen.


    „Das ist ja-.“


    „Ziemlich beeindruckend. Nicht?“ Er führte sie durch einen weiteren Raum, der völlig überwuchert war. Es war der Raum, den sie von draußen gesehen hatte. Die Fliesen hatten Sprünge bekommen und Gras kämpfte sich durch die einzelnen Risse.


    „Den Teil habe ich nicht renovieren lassen. Ich fand ihn hübsch also habe ich ihn so gelassen.“


    „Aber es regnet rein.“


    „Nur in diesen Raum“, Noel zuckte mit den Achseln „den benütze ich eh kaum. Jetzt wo dus sagst. Ich könnte ein paar Topfpflanzen reinstellen.“ Er kratzte sich am Kinn und rieb sich die Nase. „Das könnte ich machen.“


    „Aber Einbrecher-.“


    „Bis jetzt ist noch niemand eingebrochen.“ Als Nächstes kamen sie in einen Raum voller mechanischer Geräte. Ein Teelicht war unter einen Miniaturkessel mit Wasser gestellt worden. Der Wasserdampf wurde über ein Rohr in einen Zylinder geführt. Immer wieder klackten Ventile und der Kolben im Zylinder schoss abwechselnd in die Höhe und wurde wieder abgesenkt. Was war das nur alles? Sie hielt den Atem an. Das ist unglaublich. Juli konnte es nicht fassen. Der Raum war voll mit seltsamen Apparaturen. Einige kannte sie, einige auch nicht. Als Letztes kamen sie in einen etwas kleineren Raum an, der voll mit Gerümpel vollgestellt worden war. Wertvolle Gemälde hingen an den Wänden, Schmuck lag auf den Regalen und einen teuer aussehenden Kronleuchter hing von der Decke. Der Raum war prunkvoll, fast schon überladen. Bunt gewebte Teppiche schmückten den Boden. Ihr ganzes Leben hatte sie und ihre Mutter sich immer irgendwie durchgekämpft. Als es besonders knapp geworden war - damals hatte ihre Mutter ihren alten Job verloren - da hatte sie selbst für ein paar Wochen jobben müssen. Schule und Arbeit war nicht immer einfach auf die Reihe zu bekommen, aber schlussendlich hatten sie selbst diese Krise überstanden. Vielleicht faszinierte es sie deshalb so sehr. Noch nie hatte sie so viel teures Zeug auf einem Platz gesehen. In einer Ecke stand ein Klavier. Sie hätte gerne ein Instrument gespielt, aber für so etwas war selbstverständlich nie Geld übrig gewesen. Wie es wohl war, sich nie Gedanken machen zu müssen, ob man über die Runden kam oder nicht?


    „Du spielst Klavier?“


    „Nein, aber ich fand es hübsch, deswegen habe ich es in diese Ecke gestellt. So habe ich es immer im Blickfeld, wenn ich den Raum betrete und gleichzeitig steht es auch nicht im Weg rum.“ Er besaß ein Klavier, nur weil er es hübsch fand. Wie gerne würde sie in seiner Welt leben. Schluss jetzt. Was machte sie da? Juli ertappte sich dabei, wie Neid in ihr aufkeimte. Stopp Juli. Sie war gekommen, um sich zu entschuldigen.


    „Hmm.“ Auf den Tisch vor ihnen waren ein paar Stoffe ausgebreitet. In einen Wäschekorb am Boden waren mindestens ein Dutzend Instantnudeln aufgestapelt worden. Ernährte er sich denn von nichts anderen? Das konnte unmöglich gesund sein. „Vielleicht sollte ich nächstes Mal Obst mitnehmen?“, murmelte sie abwesend. Mit einem Male wurde Noels Gesicht blass. Was, hatte sie etwas Falsches gesagt?


    „Obst.“ Seine Stimme klang dünn und langgezogen.


    „Magst du denn kein Obst?“


    „Nein. Viel zu gesund.“ Er zog eine Grimasse.


    „Oh.“ Das war ihr jetzt doch etwas peinlich. „Das ist schade. Also eh-.“ Was sollte sie dazu erwidern? „Du magst echt kein Obst?“


    „Nein, ganz bestimmt sogar nicht.“ Ein angewidertes Gesicht verriet ihr, dass er nicht log. Das war jetzt schon fast amüsant. „He lachst du mich etwa aus?“


    „Nein. Das würde ich nicht machen.“ Juli ertappte sich dabei, wie sie angefangen hatte zu grinsen.


    „He hör mal, nicht jeder kann das Zeug mögen außerdem-.“ Rechtfertigt er sich gerade dafür? Ihre Augen wanderten zu dem Stapel Stoffen, während sich ihre Gedanken immer weiter vom Gespräch entfernten. Noels Stimme war nur ein weiteres Geräusch im Hintergrund. Was hatte er nur mit all dem Zeug vor und was war das überhaupt für ein seltsamer Raum? Ob er wohl hier aß? Es sah fast so aus wie eine Mischung aus Wohn- und Esszimmer, ähnlich wie es bei ihr Zuhause auch war. „Und deswegen ernähre ich mich auch nicht ungesund, sondern sehr ausgewogen. He, sag mal hörst du mir überhaupt zu?!“


    „Hm?“


    „Also doch.“


    „Sag mal. Wo isst du überhaupt Noel? Oder wie findest du überhaupt etwas in dem Durcheinander?“


    „Durcheinander? Das ist kein Durcheinander! Ich darf doch schwer bitten. Dieses Chaos hat eine perfekte Ordnung. Ich weiß genau wo was zu finden ist. Oh, ich weiß was. Lass uns ein Spiel spielen.“ Er strahlte.


    „Ein Spiel?“


    „Ja genau. Du sagst mir einen Gegenstand und ich sag dir, wo er zu finden ist.“


    Ein Gegenstand? Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen.


    „Gut. Wie wäre es mit Tellern?!“


    „Pff“, er grinste siegessicher, „zu leicht.“ Mit einer schnellen Bewegung hob er den Stapel Tücher hoch. „Gewonnen.“


    „Oh.“


    „Und ich kann sogar noch mehr.“ Er griff nach dem Teller und ließ in von seiner Hand über die Schultern zur Anderen rollen. „Ich kann sie auch jonglieren.“ Er zog aus einem Regal einen weiteren Teller hervor und warf erst den Einen, dann den Anderen in die Luft. „Siehst du Juli? Ziemlich cool nicht?!“ Ihre Augen wurden groß. Er grinste breit und lachte dabei.


    „Noel ich denke nicht-.“


    „Und noch einer.“ Diesmal zog er einen Teller unter einen Stapel Bücher hervor. Ein weiterer Teller flog durch die Luft. Jetzt waren es schon drei. „Siehst du das Juli?“, gluckste er.


    „Noel-“, ihre Mundwinkel zuckten. Ihr Atem stockte. Was war das?! Hier war noch jemand?! Wieso bemerkte sie es erst jetzt? Ein Kind stand im Türrahmen - ein kleiner Junge, dessen Mund zu einer seltsamen lachenden Fratze verzogen war. Der Junge hatte schulterlange Haare, sah nicht älter als 11 aus und trug einen weiten Pullover. Juli schnappte nach Luft.


    „Was ist los?“ Noel drehte sich ruckartig um und zuckte zusammen. Alles passierte plötzlich ganz schnell. Erst war ein lautes Krachen von Porzellan zu hören und im nächsten Moment lagen die Teller in Scherben auf dem Boden. Seine Mundwinkel huschten nach unten. „Oh nein.“ Was war das für ein Kind?! Er hatte ihr nie davon erzählt, dass ein kleiner Junge bei ihm wohnte? Sie wurde nervös. Sei nicht albern Juli, das ist doch nur ein Kind! Doch offenbar kannte Noel das Kind. Dieses stand immer noch im Türrahmen und starrte sie beide an. Oder nein, vielmehr sah es durch sie beide hindurch. Sie schluckte. Juli bemühte sich um ein zaghaftes Lächeln. Der Junge ließ seinen Blick nicht von ihnen ab. Sie hatte das Gefühl, Klauen würde sich um ihren Körper legen, die sie nicht mehr losließen. Ein Kind, es ist nur ein Kind. Und dennoch. Bitte, schau wo anders hin. „Die schönen Teller. Das waren meine letzten Porzelanteller. Erdschreck mich doch nicht immer so!“


    „D-du kennst das Kind?!“, war das Einzige, dass sie unter zusammengepressten Lippen hervorbrachte.


    „Achso, du meinst Astor.“ Was passierte hier gerade?


    „A-Astor?“


    „Über den brauchst du dir keine Gedanken machen. Der streift nur durch das Haus. Das ist alles. Er verdient sich ein wenig dazu in dem er mir ab und an etwas unter die Arme greift.“ Astor zog eine Grimasse und streckte ihm die Zunge raus. „He, das weiß ich selber. Machst du dich etwa über mich lustig?“, brummte Noel. Er stemmte die Hände gegen die Hüfte. „Ja, ich hätte sie nicht fallen gelassen, wenn du hier nicht einfach im Türrahmen gestanden hättest. Denk mal drüber nach. Also ist es nur indirekt meine Schuld. Siehst du?“ Was ging hier gerade ab? Dennoch konnte sie nicht anders, als zu schmunzeln. Seltsam, hatte sie nicht eben noch Angst gehabt?


    „Ihr scheint euch ja prächtig zu verstehen.“


    „Hm.“, Noel zögerte, „es geht so.“ Er warf Astor einen flüchtigen Blick zu. „Um die Teller ist es jedenfalls echt schade, dabei wollte ich dir gerne etwas zu Essen anbieten.“


    „Oh. Das macht doch nicht.“ Sie hob beschwichtigend die Hände vor ihren Körper. „Ich brauche nichts.“


    „Es seiden...“ Er schlug seine Faust auf seine flache Hand. „Ich habs. Siehst du den Teppich? Schiebe ihn mal zur Seite.“ Der Teppich? Tatsächlich, sie standen auf einem Teppich. Bilder waren hinein gewebt worden. Er war bunt und aus ganz unterschiedlichen Fäden gewebt. Als sie ihn gerade zur Hälften aufgerollt hatte, kam eine Luke zum Vorschein. Verdutzt blinzelte sie. „Nun mach schon auf“, drängte Noel. Sie schob ganz vorsichtig die beiden Riegel an der rechten Seite auf. Noel wippte nervös von einem Bein auf das Andere. Was ist das?! Sie konnte nicht anders als irritiert von der Luke zu ihm hinaufzuschauen und blinzelte, doch Noel strahlte bereits wieder.


    „Das sind... Teller. Du hast Teller hier unten verstaut?“


    „Ja, genial, nicht? Stell dir das mal vor, später, viele 100 Jahre später, werden Leute hier vorbeikommen und in das mittlerweile verlassenen Haus gehen und sich denken: Hey vielleicht gibt es Schätze. Und dann werden sie diese Luke unter dem Teppich finden. Vielleicht werden sie einen Schatz dort unten vermuten? Aber weißt du, was sie stattdessen finden werden?“


    „Teller.“ Sie griff in das Loch und zog zwei Teller hervor. Er hatte nicht gelogen, als er gesagt hatte, dass er genau wusste, wo sich was befand. Irgendwie gab es in diesem wirren Haus tatsächlich eine schräge Art von Ordnung. Man konnte alles finden, man musste nur wissen wo.


    „Wirklich?“


    „Nein. Natürlich nicht. Ich hatte noch keine Schränke, also habe ich die Luke benützt und es dabei belassen. Aber, ich mag die erste Version mehr.“ Seine Mundwinkel hatten bei der Lüge nicht einmal gezuckt.


    „Du bist schon merkwürdig.“


    „Ich?“ Noel zeigte auf sich selbst. Sie lachten Beide. Moment, was machte sie da eigentlich? Deswegen war sie nicht hier. Ihr Hals wurde plötzlich trocken. Sie hatte sich schon wieder ablenken lassen.


    „Ich- es tut mir so leid wegen dem, was ich gesagt habe. Das hätte ich nicht sagen sollen. Eigentlich war ich es ja die sich kindisch benommen hat.“ Sie wandte ihren Blick nicht vom Boden ab. „Ich-“, wieder brach ihre Stimme ab. Sie könnte es ihm nicht verübeln, wenn er sie jetzt hasste, wagte es aber nicht, ihren Kopf zu heben. Wie sein Gesicht jetzt wohl aussehen würde? Bestimmt war er wütend und sie könnte es verstehen.


    „Willst du Instantnudeln?“


    „Noel-.“


    „Ich mein ja nur. Wäre schade, wenn sie schlecht werden würden.“


    „Ich...jetzt tu doch nicht so als ob ich mich nicht wie die letzte Idiotin benommen hätte. Ich- ich war echt-.“ Erneut konnte sie den Satz nicht beenden. Reiß dich zusammen. Wieso ist das nur so schwer?! Sie straffte ihre Schultern. Ich muss mich entschuldigen. Ich muss-.


    „Mach dir keine Gedanken. Ich bin es nicht anders gewöhnt. Die Leute reden gerne alles Mögliche über mich. Was macht es schon, wenn es noch jemand mehr tut?“


    „Ist- ist dir denn vollkommen egal was andere über dich denken?! Es muss doch unglaublich schrecklich sein.“ Wie konnte er nur so etwas sagen?! Noel öffnete den Deckel der Verpackung.


    „Hm...nein, wobei die Gerüchte momentan schon übel sind, nicht?“ Er lächelte schwach. Noel kratzte sich am Kinn und ließ die Verpackung der Instantnudel von einer in die andere Hand fallen. „Gibt es eine Sorte, die du gerne magst?“


    „Chili.“


    „Sehr gut. Die mag ich nicht.“


    „Und du hast sie trotzdem gekauft?“


    „Ich wollte sie ausprobieren. Hat allerdings nicht gut für mich geendet.“ Er zog eine Grimasse. „Das `scharf´ auf der Verpackung ist kein Witz. Das Zeug ist schrecklich.“


    „Aber du isst sie trotzdem?“


    „Essen kann man ja wohl schlecht, schlecht werden lassen.“


    „Stimmt“, sie grinste. „Weißt du was?“ Juli zögerte, schlucke und biss sich auf die Lippe. „Ich bin eigentlich sogar recht froh, dass wir uns getroffen haben. Tut mir leid. Ich glaube, wenn dich die Leute nur etwas besser kennen würden, dann würden sie dich bestimmt auch mögen.“


    „Hmm.“ Noel antworte nicht. Seine Hände zitterten plötzlich. Mit einem Mal wurde sein Gesicht blass, als sein Lächeln wackelte. Was ist los?


    „Du Juli... könntest du bitte gehen? Ich habe mir es anders überlegt.“ Seine Mimik wirkte locker, seine Haltung jedoch steif und dann presste er seine Lippen aufeinander. „Lass uns das mit den Instantnudeln wann anders machen.“ Von einen auf den anderen Moment kippte die Stimmung. Er lachte nicht mehr, vielmehr war sein Mund zu einem schmalen Strich geworden. „Ich zeig dir natürlich, wo der Ausgang ist.“ Er war bereits aufgestanden.“ Seine Beine wackelten. Also doch. Er war doch sauer. Seine Hand baumelte an seinem Körper. Habe ich... habe ich was Falsches gesagt? Tut mir leid. Alles ging so schnell vorbei und ehe sie sich versah, war sie schon fast wieder draußen. Er führte sie zur Haustür, schoss die Tür vor ihr und verschwand ins Innere des Hauses. „Ich muss noch etwas erledigen“, hatte gesagt, ehe er verschwunden war. „Es tut mir leid.“ Es gab nichts zu entschuldigen. So war ihr Besuch ganz abrupt beendet worden. Sie sah zu dem Gebäude hoch. Das hier war das Haus am Stadtrand. Noel O´Neils Haus.

    >>Kapitel II Noel<<


    Juli


    „Guten Abend.“


    „Du!“ Sie sog scharf die Luft ein, ehe sich jeder einzelne Muskel in ihrem Körper anspannte. Wie war sie nur in diese Situation geraten?! Ist das mein Ende? Sie hatte noch so viel erleben wollen. Nein, es konnte nicht einfach so vorbei sein! Wieso nur?! Ihr Herz pochte, als sie schon fast mechanisch zurückwich. Das ist nicht fair. Plötzlich kam ihr ein anderer Gedanke. Ihr Atem wurde flach. Jetzt oder nie. Mit einer einzigen schnellen Bewegung holte sie zum Schlag aus. Adrenalin pumpte durch ihre Venen. Sie brauchte nur Zeit – nein Sekunden, Sekunden würden genügen. Schnell weg von hier. Doch sie war zu ungelenk. Ihr Schlag landete ins Leere. Sie stolperte zurück, verlor beinahe das Gleichgewicht. Das Beet hinter ihr brachte sie ins Straucheln. Wollte er ihr etwas antun? Sie wagte es nicht einmal, ihren Kopf zu heben. Er hat dich. Jetzt hat er dich. Ihr Herz schlug so schnell, dass sie das Gefühl hatte, es würde gleich in Stücke zerrissen werden. Noels Augen waren geweitet, seine Mundwinkel nach unten gehuscht. Was-?


    „W-Was sollte das denn bitte werden?!“, hörte sie eine Stimme, die einen Schrei glich. Sie zuckte zusammen.


    „Was?“ Sie wich weiter zurück. Dieser Noel redete mit ihr. Um Himmelswillen. „Bist du wahnsinnig geworden? Du hättest mich fast erwischt.“ Noel O´Neil. Er hatte schulterlange, platinblonde Augen, die fast schon penibel auf die gleiche Länge geschnitten worden waren und einen Kontrast zu seinen grünen Augen bildeten. Sein Teint war blass. Leichenblass. Er trug er einen braunen Mantel, einen blau, weiß gestreiften Pullover und eine blaue Jeans. Tatsächlich sah er auf dem zweiten Blick zwar merkwürdig, allerdings nicht wie ein Creep aus. Sie hatte ihn sich ganz anders vorgestellt, dachte, er wäre größer, vielleicht etwas blasser mit dunklen Augenringen, einem kantigen Gesicht und Augen, die so tief in seinen Augenhöhlen verborgen wären, dass sie als dunkle Löcher in seinem Gesicht zum Ausdruck kommen würden. Wie ein Monster in Menschengestalt. Ein beklemmendes Gesamtbild. Aber er war nichts davon. „He! Wolltest du mich gerade umbringen?! Ich rede mit dir.“


    „Oh.“ Richtig. Sie hatte nach ihm geschlagen. Jetzt sah sie abwechselnd zu ihrer geballten Faust und Noel hin und her. Ihr war nicht einmal bewusst gewesen, dass sie dazu überhaupt in der Lage war.


    „Du. Du bist ja gar kein Creep“, stammelte sie. Jetzt musste sie fast schmunzeln. Hier passierte doch sonst nie etwas. Wer hätte den ahnen können, dass - nein - sie musste echt dumm gewesen sein, dafür gab es keine Ausreden. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass sie ausgerechnet ihm über den Weg laufen würde. Sei wachsam. Juli horchte auf und riss ihren Kopf nach oben.


    „Ein Creep?! Ich?! W-Wer hat das denn bitte gesagt?!“ Noel schnaubte und sah erst zu ihr, dann in Richtung der Stadt. „Ich-Ich bin kein Creep. Oje, scheiße. Sag, wie lange erzählt man sich schon diese haltlosen Gerüchte über mich? Natürlich! Ich bin so blöd!“ Sein Blick glich einem Flehen. „He! Du musst mir glauben ich bin doch nicht-!“ Was jetzt? Er war unheimlich. Noel verzog das Gesicht und schien über etwas nachzudenken. „Nicht gut. Alle denken jetzt ich wäre-. Aber was soll ich-. Ich habe doch niemanden etwas...aber, dass macht doch überhaupt keinen Sinn!“ Noel beendete keinen einzigen seiner Sätze. Ein Bündel wirrer Wörter sprudelten aus seinem Mund. Er ging auf und ab und sah immer wieder flüchtig zu Juli, dann nickte er stumm, fast als ob ihm gerade etwas offenbart worden wäre. Juli war sichtlich irritiert. „Deswegen meiden mich also alle. Darauf hätte ich wohl selbt kommen können. Nicht?“ Redete er mit ihr, oder mit sich selbst? Er kratzte sich nachdenklich am Kinn. Vielleicht sollte sie jetzt abhauen, ganz heimlich ohne dass dieser Mann namens Noels es bemerken würde. „He du!“ Juli zuckte erneut zusammen und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück.


    „Ich?“


    „Genau.“


    „Hm?“


    „Auf gute Nachbarschaft.“ Sein Gesicht verzog sich zu einer lachenden Fratze. Wie skurril. Er streckte ihr eine Hand entgegen, die sie entgeistert anstarrte. Was sollte sie jetzt tun?


    „Wie?“


    „Na wir sind ja jetzt immerhin so etwas wie Nachbarn.“


    „Wir sind was?!“ Wovon spricht er?!, schoss es in ihren Kopf. Ihr Herz pochte ganz laut. Der Kerl war echt seltsam. Was hatte er nur vor? Nachbarn? Meint er etwa-. „Ich wohne doch nicht hier.“ Jetzt musste sie doch schmunzeln. Ein gezwungenes Lachen. „Oder meinst du etwa man kann in dem kleinen Schuppen da leben?“ Noel sah sie verdutzt an, ehe er ganz schnell seinen Blick abwandte.


    „Das-“, murmelte er und wich ihrem Blick aus. „Das wusste ich natürlich. Wer würde denn schon, ich meine... Was ich eigentlich sagen wollte...gestern habe ich mich im Wald mal genauer umgesehen und bin auf das Grundstück hier gestoßen. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es jemand gehören muss. Außerdem-!“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Woran dachte er nur wieder? „Ich habe den ein oder anderen kennen gelernt der in so einen Schuppen, wie du es nennst, gelebt hat. Also-.“ Noel kam ins Stocken. Wovon redete er nur? Vielleicht hatte er sich den Kopf gestoßen? Jetzt machte sie sich doch Sorgen, allerdings nicht um sich selbst. Sein Blick wanderte von ihr, zu der Hütte am Rande des Grundstückes, dann wieder zu Juli zurück. „Sag mal, du denkst doch nicht-.“


    „Nein.“, fiel sie ihm ins Wort. Für einen Moment trat Stille ein. „Vielleicht.“ Sie hatte ihn wirklich für unheimlich gehalten. Das hatte er sie doch fragen wollen? Aber wie sie ihn so auf einer Stelle tretend sah, da kam sie sich albern vor.


    „Ich schwöre dir Juli, ich würde nicht...ich meine...also-.“ Für einen Moment hielt er inne, ehe er wieder seinen Mund öffnete. „Schade eigentlich. Ich meine hier wohnt sonst niemand. Ich hatte mich fast schon gefreut einen Nachbarn zu haben. Aber da kann man wohl nichts machen“, seufzte Noel.


    „Du bist echt seltsam.“


    „Wieso? Ich? Also angenommen ich wäre schräg. Was wäre denn so schlimm daran?“ Juli starrte ihn an und legte den Kopf schief. Richtig, darüber hatte sie noch gar nicht so recht nachgedacht.


    „Sag mal-“, diese Frage hatte ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge begrannt, „was hat es eigentlich mit dem Haus auf sich? Gehört das deinem Großvater?“


    „Hm?“


    „Na das mit den zwei Schornsteinen. Du weißt schon, das Bunte.“


    „Ach, du meinst mein Haus? Ja, könnte man so sagen. Er hat es mir vermacht und seit dem wohne ich darin. Das ist alles. Aber echt mal, hier kommt nie jemand vorbei. Ich wollte ja schon öfters mal jemanden ansprechen aber-.“


    „Ich glaube du machst den Leuten Angst“, beendete sie seinen Satz.


    „Oh.“ Eine Pause setze ein. „Das...du könntest Recht haben. Du bist klug.“ Zufrieden nickte er. „Dabei wollte ich nur etwas fragen. Die Leute hier sind echt schreckhaft.“ Weil nie jemand freiwillig hierherzieht, Noel. Du bist eine Anomalie. Menschen schätzen keine Anomalien. Mit einem Male wurden seine Augen groß. Irgendetwas schien in seinen Kopf zu rattern. „Wie soll ich denn so in Kontakt mit anderen Menschen kommen?! Das ist, das ist ja eine Katastrophe. Eine Katastrophe sag ich dir!“ Er presste beide Hände an seinen Schädel und schüttelte den Kopf. Seine Haare zerzausten. Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. So dramatisch.


    „Du bist echt nicht oft unter Menschen?“ Noel hob langsam den Kopf.


    „Könnte man so sagen. Merkt man mir das so sehr an? Städte sind nicht so meins. Ich lebe lieber etwas Außerhalb. Mein Großvater wohnt nicht hier und den Rest meines Lebens habe ich, sagen wir es so, in nem ziemlich Gott verlassenen Kaff gelebt. Mit den anderen meines Jahrgangs habe ich mich nicht sonderlich gut verstanden. Und ich schwöre dir, dort leben die Menschen wirklich in kleinen Hütten. Das habe ich mir nicht eben ausgedacht.“ Mit einem Finger zeichnete er ein Haus in die Luft. Nicht gut verstanden? Was er wohl damit meinte?


    „Sie haben dich einen Exzentriker genannt, oder?“ Hatte sie das gerade wirklich laut gesagt?!


    „He.“ Er sah sie vorwurfsvoll an, rümpfte die Nase, lächelte dann aber. „So etwas in der Art. Wir waren einfach nicht auf einer Wellenlänge. Und du?“


    „Hm?“ Was sollte sie antworten. Sollte sie überhaupt etwas antworten? „Ich, ich denke ich komme klar.“ Das war gelogen. Sie biss sich auf die Lippe und sah auf den Boden. Jetzt schwiegen sie beide. Jemand begann zu lachen. Nein. Sie lachte. Hör auf. Juli konnte nicht aufhören. Das war doch absurd.


    „Was ist?“


    „Sag mal? Also, dass mag jetzt albern klingen, aber ich habe über dein Haus nachgedacht. Es sieht, nunja-.“


    „Gefällt es dir? Ich weiß, es ist schon ein Prachtstück.“ Noel grinste breit. Seine Miene hatte sich aufgehellt und seine steife Haltung lockerte sich.


    „Sag mal, was hat dich eigentlich dazu veranlasst zwei Schornsteine einzubauen?“


    „Ach das?“ Mit einem Lächeln winkte Noel ab. „Sieht doch hübsch aus, findest du nicht?“ Wie? Das war also sein Grund?! Sie hatte an etwas Tiefsinnigeres gedacht. „Oder wieso sollte man sonst einen zweiten Schornstein einbauen?“


    „Oh. Natürlich.“ Mittlerweile war es dunkel geworden. Der Himmel hatte sich schwarz gefärbt und der Mond stand bereits hoch oben. Von ihrem Garten waren nur noch Silhouetten zu erkennen. Schemenhafte Andeutungen von dem, was hier eigentlich stand. Kleine Kreaturen, die ihre Köpfchen zum Licht reckten. Er grinste wieder und sah zu den Sternen hoch, die mittlerweile den Himmel schmückten. Helle Flecken in einem Meer aus pechschwarzer Tinte.


    „Siehst du. Jetzt gibst du mir sogar recht.“ Einen Moment sah er in eine andere Richtung. Es entstand eine kurze Pause, ehe er erneut den Mund aufmachte. Dabei nestelte er an seinem Mantel. „Da gibt es noch was, dass ich dich fragen wollte. Du studierst doch? Ich habe dich einmal in der Stadt gesehen. Du bist dort in dieses große Gebäude gegangen, das mich irgendwie an eine Bibliothek erinnert hat. Wie hieß das noch gleich? Uni? Ich-. Ich meine...ich wollte eigentlich nur fragen, ob man sich einfach in eine Vorlesung setzten darf? Ich weiß, ne ziemlich bescheuerte Frage? Nicht?“ Mit einem verträumten Blick sah er in die Welt. Woran er wohl gerade dachte? „Es gibt da... so einiges das ich gerne nachholen würde. Wie du ja bereits gemerkt hast, bin ich etwas...nun...also-. Ich bin nicht gerade der Hellste, was manche Themen angeht und ich würde gerne neue Dinge lernen. Mein Wissen erweitern. Verstehst du? Aber andere fürchten mich. Verrückt?“


    „Du meinst die Universität? Klar. Da kann jeder rein. Aber willst du dich nicht einfach anmelden? Sie nehmen fast jeden. Zumindest wenn du ein Abitur hast. “ Deswegen hatte er also die Gruppe Studenten beobachtet?


    „Echt?! Das ist ja wunderbar!“ Seine Augen funkelten, doch dann schüttelte er erneut den Kopf. „Nein. Ich glaube nicht, dass sie mich nehmen würden. Aber einfach nur in der Vorlesung zu sitzen, würde mir auch schon reichen.“ Er drehte sich zu ihr und lachte. „Jedenfalls danke nochmal. Oh, wo wir schon mal dabei sind-“, sein Blick wanderte zu den einzelnen Tannen und Laubbäumen, „hast du Lust auf einen kleinen Spaziergang? Ich bin erst vor kurzem hierhergezogen, also kenne ich mich hier noch nicht so gut aus. Deswegen wäre das die perfekte Gelegenheit die Gegend etwas zu erkunden. Ist doch eine wirklich tolle Idee findest du nicht Juli? Ich findest sie jedenfalls toll. Ich muss wohl ein echtes Genie sein.“ Juli blinzelte. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Wer sagte den so was?


    „Kennst du die Gegend denn gut genug?“ Sie legte den Kopf schief. Was dachte er sich nur dabei? Du bist seltsam. Echt schräg. Verschroben. Sie grinste, als er die Hände gegen die Hüfte stemmte.


    „Nein. Keinen Plan. aber“, er lachte. „so ist es doch am interessantesten? Nicht?“


    „Normalerweise gehe ich aber nicht mit Fremden mit“, scherzte sie nur halb.


    „Wie gut das wir jetzt keine Fremden mehr sind.“


    „Hm.“ Sie zögerte. Soll ich? Was sollte es schon schaden? „Dann lass uns mal gehen.“ Sie kannte den Wald wie ihre Westentasche, oder zu mindestens Teile davon. Dem Weg, dem sie folgten, führte sie einen Hügel hinauf. Wie sie den Trampelpfad entlang gingen, rückten die Baumreihen näher und näher aneinander.


    „Du warst hier schon oft, nicht?“


    „Ja als Kind. Früher habe ich oft mit Freunden im Wald gespielt.“


    „Das muss toll gewesen sein.“ Er war gerade damit beschäftigt einen Ast zur Seite zu schieben, stellte sich dabei allerdings so ungeschickt an, dass ihm der Ast ins Gesicht zurück peitschte. Juli, konnte gerade noch so ein Lachen unterdrücken, da übersah sie selbst eine dicke Wurzel, und knallte auf den kalten, feuchten Waldboden. Sie konnte die Erde in ihren Mund schmecken. Dunkle Flecken säumten ihren roten Mantel. Widerlich. Zu allem Überfluss lachte Noel auch noch. Pff, dachte sie, sah dann aber zu Noel hoch. Er reichte ihr eine Hand, aber die würde sie nicht annehmen. Stattdessen streckte sie ihm die Zunge raus. Wahrscheinlich sah er es nicht mal. Du bist so ein Kind Juli. „Ich beneide dich ja ein wenig“, hörte sie ihn sagen.


    „Weil ich in einem Wald gespielt habe?“


    „Nein, weil du Freunde hattest mit denen du in diesem Wald spielen konntest.“


    „Oh hattest du die nicht? Ich meine das tut mir leid ich-.“ Was war sie nur für ein Trampel?!


    „War nur ein Scherz.“


    „Hey. Idiot. Ich habe dir geglaubt. Ich-.“ Am liebsten hätte sie ihn in die Seite geboxt. Jetzt schwiegen sie beide. Juli hasste Pausen in Gesprächen, deshalb konzentrierte sie sich auf den Weg vor ihr. Gestrüpp, Äste und ein glitschiger, matschiger Boden lag vor ihr und bildeten einen Trampelpfad. Für eine Weile gingen sie einfach nur hintereinander her, ohne dass einer der beiden etwas von sich gab. Es war Noel, der zuerst wieder zu sprechen begonnen hatte.


    „Sag mal-.“ Er sah geradeaus, als sie ihren Kopf zur Seite drehte. „Wusstest du das etwa 4,5 – 5, 5 Liter Blut durch einen Menschen fließen? Unglaublich, nicht? Blut besteht zu 50% aus Wasser, der Rest zu großen Teilen aus festen Bestanteilen wie Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten.“ Was? Sie öffnete ihren Mund, doch ihre Worte blieben ihr im Hals stecken. „Oh.“ Schnell wandte er seinen Blick von ihr ab. „Tut mir leid.“ Eine unangenehme Stille trat ein.


    Plötzlich, wie aus dem nichts blieb er stehen. Rührte sich nicht mehr, während sie nichts ahnend weiter gegangen war und beinahe in ihn rein gekracht wäre.


    „Was?!“, japste sie. Sie standen vor einer großen Mauer. Juli war noch nie so nah dran gewesen. Ihre Mutter hatte es ihr als Kind verboten und als Erwachsene hatte sie nie den Drang gespürt, etwas daran zu ändern. Wieso? Darüber hatte sie sich noch nie Gedanken gemacht. Die Mauer zäunte ihre ganze kleine Welt ein. Sie war so ein alltäglicher Anblick, verschmolz regelrecht mit der Umgebung, war schon immer hier gewesen, schon seitdem sie denken konnte. Sie kannte weder Anfang noch Ende, noch wusste sie, ob die Mauer so etwas überhaupt hatte. Da war dieses seltsame Gefühl. Sie konnte es selbst nicht beschreiben. Ein Gefühl des Unwohlseins. Richtig. „D-die Mauer.“


    „Sie ist tatsächlich so hoch wie man sich erzählt. Schon erstaunlich. Ich frage mich ja wie sie die so hinbekommen haben.“ Seine Augen waren groß geworden, wie die eines Kindes, der sein neustes Spielzeug in die Finger bekommen hatte. „Hast du sie schon mal von so nahem gesehen? Ich habe sie von ganz unterschiedlichen Dörfern gesehen, von Städten oder vom Land, aber irgendwie sieht sie überall gleich aus. Ist das nicht seltsam?“ Er schien nicht eingeschüchtert zu sein, vielmehr wirkten seine Augen wach. Eine verspielte Neugierde spiegelte sich dort wider.


    „Sag mal-.“ Sie schluckte. Ihre Hände zitterten. Man sprach nicht über die Mauer. Niemand sprach über die Mauer. Es war fast so, als ob die Menschen ihre Existenz ausblenden würden. Hier passiert nie etwas. Was wohl-., formte sich ein grotesker Gedanke, der immer mehr Form annahm. „Meinst du...meinst du, dass sie etwas verbergen wollen? Dass hinter der Mauer etwas liegt das wir nicht sehen sollen?“ Ihr Hals war ganz trocken. Wieso pochte ihr Herz plötzlich so laut? Allein der Gedanke machte ihr eine heiden Angst. Trotzdem sah sie zur Wand hinauf in den Himmel. Was wenn-.


    „Ich weiß es nicht. Das kann ich dir beim besten Willen nicht beantworten. Lass uns noch etwas weiter gehen. Hast du noch Lust?“ Seine Stimme klang gelassen, fast etwas abwesend. Hatte sie etwas Falsches gesagt?


    „Wieso?“


    „Ich habe mich nur etwas gefragt.“ Mit schnellen Schritten folgte er dem Weg entlang der Mauer, nur um dann wieder stehen zu bleiben. „Na komm schon. Worauf wartest du denn noch?“ Dieses Mal zuckten seine Mundwinkel. Huschten nach unten. Die Baumkronen verdeckten Teile des pechschwarzen Nachthimmels. Der Boden unter ihnen war schlammig. Immer wieder lag Gestrüpp im Weg. Bestimmt war ihr Gesicht mittlerweile schon von Schrammen übersät. Ihre Mutter würde sie bestimmt wieder fragen, wo sie sich schon wieder herumgetrieben hätte. Falls sie überhaupt noch wach wäre, wenn sie heimkommen würde. Der Abwasch. Ich hab den Abwasch vergessen!, dachte sie, doch ihr Gedankengang wurde jäh unterbrochen. Ihr stockte der Atem. Noel war stehen geblieben. Sie blinzelte mehrere Male ehe sie Begriff, wieso er stehen geblieben war. Das ist nicht möglich. Vor ihr erstreckte sich dieselbe steinerne Mauer, mit nur einen grotesken Unterschied. Sie schnappte nach Luft, und spürte Unbehagen in sich aufkeimen. Die Mauer hatte ein Loch. Als sie es wagte, einen Schritt weiter nach vorne zu treten, konnte sie einen Blick auf den Querschnitt werfen. Ziegelsteinen, sie bestand aus ganz normalen Ziegelsteinen. Das war jetzt fast etwas enttäuschend. Wieder pochte ihr Herz ganz laut und machte einen Satz, mit jedem Schritt, den sie sich näherte. Ihr Blick huschte zu Noel, dessen Augen weit aufgerissen war.


    „Das ist...das kann nicht-“, murmelte Noel. Was liegt wohl dahinter. Ihr Puls raste, als sie noch einen weiteren Schritt darauf zutrat. Gleichzeitig stellten sich ihre Nackenhaare auf. War sie aufgeregt oder doch verängstigt? Beides. Noel rang immer noch um seine Fassung. Erst stolperte er zurück, dann schüttelte den Kopf. „Ein Loch. Das-. Das ist unglaublich.“ Seine Stimme klang irritiert, dann monoton, doch seine Hände zitterten und sein Gesicht wirkte noch blasser als sonst. Was hatte das zu bedeuten?


    „Unglaublich. Ja.“ Ein Loch in der Mauer. Seltsam. Ihr ganzes Leben lang war sie von der Mauer umgeben gewesen und ihre Mutter musste es wohl ähnlich ergangen sein. Es war seltsam, fast so als hätte jemand ein Gesetz der Natur gebrochen. Vielleicht war es auch genau das, für die Leute, die hier wohnten. Sie wollte einen Blick durch die Öffnung werfen, doch Noel zog sie zurück.


    „Was machst du da? Lass uns gehen. Es ist schon dunkel.“ Als sie den Boden unter ihr begutachtete, erkannte sie ganz eindeutig Fußspuren, die zu Schleifspuren wurden. Jemand war durch das Loch hier reingekommen? „Alles in Ordnung? Lass uns gehen. Wir-. Wir können morgen noch einmal kommen.“ Er verschränkte immer wieder seine Finger ineinander nur ums sie dann wieder zu lösen. Was hatte das zu bedeuten? Ein Geheimnis, eine unentdeckte Welt. Ihr Kopf arbeitete auf Hochtouren. Nein. Sei nicht albern. Was war nur in sie gefahren?! Das war nur ein Loch in einer Mauer. Eine Mauer, von der sie gedacht hatte, dass nichts und niemand sie zerstören könnte. Kein Sturm, Hurrikan, keine Naturgewalt, nicht einmal der Mensch. Noel hatte sich bereits abgewendet. Er setzte einen Fuß vor den anderen, doch etwas stimmte nicht. Sein ganzer Körper bebte. Was war nur los?


    „He. Alles gut bei dir?“


    „Hm? Bei mir? Wieso sollte es mir nicht gut gehen, mir geht es sogar prächtig also-.“


    „Nein geht es dir nicht.“ Er hatte ihre Hand genommen und zog sie hinter sich her, während sie alle Mühe hatte, nicht über irgendeine Wurzel zu stolpern.


    „Das musst du dir einbilden“, nuschelte er.


    „Du sagst das, aber du weißt nicht mal den Weg zurück.“ Plötzlich blieb er stehen.


    „Du...du hast recht, ich weiß nicht einmal wie wir zurück kommen. Da renne ich schon wie hysterisch und kenne den Weg nicht einmal.“ Verunsichert sah er erst zu Juli, dann wieder in die Richtung, von der sie gekommen waren. Seine Mundwinkel formten, ein mattes Lächeln. „Ganz offen und ehrlich, mir geht es nicht gut. Ist so eine chronische Krankheit. Genau chronisch. Ich hätte es schon vorhersagen sollen“, seine Stimme stockte kurz, „aber ich habe mich geschämt. Lass uns nicht weiter darüber sprechen. Ist ne ziemlich peinliche Angelegenheit. Ich...ich weiß nicht wie ich es erklären soll.“ Gezielt wich er ihren Blicken aus. Seine Stimme bebte. Er presste seine Lippen aufeinander. Auf seiner Stirn bildeten sie Schweißperlen. Noel? Er sah schrecklich aus. Chronisch also?


    „Gut. Zurück geht es aber da lang.“, murmelte sie. Sie würde nicht weiter nachfragen, wenn er nicht darüber sprechen wollte. Nicht dass sie die Gelegenheit bekommen würde, den just in diesen Moment beschleunigte er sein Tempo erneut.


    „Lass uns zurück gehen. Oder weißt du was? Ich gehe alleine heim. Wir sind eh gleich da.“ Eine ganze Weile sagte sie nichts.


    „Aber du-.“ Sie konnte den Satz nicht einmal beenden, bevor sie wieder an ihren kleinen Garten angekommen waren.


    „Sehr gut. Von hier komme ich alleine zurecht.“ Mit einem Grinsen hob er eine Hand. Ob das Lächeln auf seinen Lippen echt war, konnte sie allerdings nicht sagen. „Freut mich das du mich begleitet hast. Jedenfalls kannst du mich gerne einmal besuchen. Vorrausgesätzt du möchtest das.“


    „Oh. Eh...kein Problem. Ich wohne übrigens in der Niemalonstraße 23. Wenn du willst, kannst du ja vorbeikommen.“ Jetzt wo er sie schon indirekt eingeladen hatte, hatte sie das Gefühl, dass sie zumindest aus Höflichkeit das Gleiche tun sollte. Hatte er sie gehört? Noel schüttelte ihr die Hand. Sie hoffte nur inständig, dass er wusste, was er tat. Seltsam. Sie kannte ihn doch nicht einmal richtig. Was dachte sie sich nur dabei? „Gute Besserung Noel!“, presste sie hervor, doch Noel hatte ihr schon den Rücken zugedreht und war zwischen den Bäumen verschwunden. Mehrere Male blinzelte sie, nur um sicherzugehen, dass sie das alles nicht nur geträumt hatte.



    ~+~



    Auf ihren Weg nach Hause ging sie alles noch einmal in ihrem Kopf durch. Es war spät geworden. Als sie die Wohnungstür hinter sich zuzog, zeigte die Uhr an der Wand bereits eins. Wahrscheinlich war ihre Mutter schon zu Bett gegangen. Zumindest hoffte sie das, denn wenn nicht, hieß das, dass sie schon wieder Überstunden gemacht hatte. Wie auf Zehenspitzen schlich sie sich lautlos durch den Flur. Mit einem erleichterten Seufzen stellte sie fest, dass das Wohnzimmer leer war. Jetzt wanderte ihr Blick zu dem Geschirr. Doch da war nichts. Sie hat doch nicht-. Nein. Juli schluckte. Ihr Herz wurde schwer. Müde suchte sie die Arbeitsfläche ab, aber auch die wurde bereits sauber gemacht. Nur der Laptop lag immer noch auf den Esstisch, also wollte sie ihrer Mutter wenigstens den kleinen Gefallen tun und räumte ihn zur Seite. Wie es Noel wohl ging? Er war schon seltsam - ein echt verschrobener Kerl - aber die Leute taten ihm Unrecht. Er war kein Creep. Sie hingegen war ein Kind. Jeder wusste bereits, was er machen wollte, wie er oder sie ihr Leben führen wollten oder was sie erreichen wollten. Und was war mit ihr? Was wollte sie? Wieso war sie die Einzige, die sich so verloren fühlte? Wieso konnte sie nicht ein wenig wie die Anderen sein? Selbstbewusster. Zielstrebiger. Einfach anders als sie jetzt wäre, würde schon genügen. So viele `Wieso´. Ob es Noel wohl gut geht, war der zweite Gedanke, der sie immer wieder einholte. Sie hätte ihn nicht alleine nach Hause gehen lassen sollen, hätte ihn begleiten sollen, auch wenn sie ihm doch insgeheim dankbar gewesen war. Es war bereits spät gewesen, als sich ihre Wege getrennt hatten, und sie wollte eigentlich ihrer Mutter noch-. Nein. Stimmt ja, selbst dafür war ich zu spät. Juli blieb noch lange auf, saß am Tisch und stütze Ihren Kopf mit einer Hand ab. Ihre Gedanken kreisten immer weiter und kehrten am Ende doch wieder zu dem Loch in der Mauer zurück. Jetzt wo sie darüber nachdachte, so faszinierend es auch war, es war auch unheimlich. Allein der Gedanke daran machte sie nervös. Die unzerstörbare Festung, ein Bunker, den niemand betreten konnte, hatte eine Schwachstelle.

    Ich habe in den letzten 5 Jahren an so einigen Projekten gearbeitet allerdings die meisten immer nur bis zur Hälften geschrieben. Hier allerdings mal eine Auflistung meiner Geschichten :3



    Der rote Regenschirm:

    Genre: Horror, Familie

    Inspiration: Horror liegt mir überhaupt nicht. Von den 10 Minuten innerhalb eines Horror Films wo NICHTS passiert, schaffe ich stolze 5 Minuten, bis ich dann doch klein bei gebe. XD Was gibt es da also Besseres als selbst einmal eine Horror Geschichte zu schreiben. Und so habe ich mich immer um 12 Uhr nachts am Laptop gesetzt und diese Geschichte geschrieben. Und ich muss gestehen – es hat schon unglaublich Spaß gemacht. Man könnte sagen es war ein sehr lustiges kleines Experiment. :3



    Sommergeschichte (Momentan: Unser letzter Sommertag)

    Genre: Fantasy, Mystery, (Yokai)

    Inhalt: In dieser Welt gibt es nur noch zwei Dinge.

    Monster die Menschen fressen und Menschen die diese Monster töten.

    Wer hätte gedacht, dass unser aller Welt so schnell zu einem Schauplatz des Grauen mutieren würde?

    Junichiro will nichts mehr, als zur nächsten Stadt zu gelangen, ohne von wilden Yokai zerfleischt zu werden. Zu dumm, dass die einzige mögliche Kandidatin, die Irre aus dem Wald ist, und die eskortiert ihn nur unter einer Bedingung. Er muss sich ihre Geschichte bis zum Ende anhören und überleben.

    Fortschritt: Auch diese Geschichte habe ich mittlerweile abgeschlossen. Auch wieder im Sommer (Ich erkenne ein Muster XD). Jetzt beginnt die Überarbeitungsphase…



    Ein Tag nach Morgen:

    Genre: Fantasy, Mystery, (Vampire)

    Inhalte: Wie viele Menschen würden wohl noch sterben müssen? Wie viele würden noch verschwinden? Rosemaries Welt wird auf den Kopf gestellt, als eines Tages eine schreckliche Serie von Entführungen ihren Lauf nimmt. Ihr ganzes Leben hatte sie im Schutz der Mauer gelebt, hatte ein vielleicht nicht immer glückliches, aber sorgloses Leben geführt. Zu mindestens hatte sie das immer gedacht. Doch nichts ist so, wie es scheint, und plötzlich findet sie sich in einer verdrehten Welt wieder, von der sie nicht wusste, dass sie existierte. Magie, Fabelwesen, eine vergessene Welt, das gibt es doch nur in Büchern. Richtig?

    Fortschritt: Ebenfalls fertig. Allerdings erst diesen September. Und hätte ich mir nicht in den hinter getreten (übersetzt bis 12 Uhr geschrieben) währe das auch nichts mehr geworden. Verflucht seist du Prokrastination ´^´



    Als nächstes würde ich gerne was in Richtung Feen schreiben :D Oder vielleicht meine Waldgeister Geschichte. Mals sehen was mein Nano-Projekt wird :3

    >>Kapitel I C ´est<<

    Juli


    Sie hasste den Namen Rosemarie, das war kein großes Geheimnis. Jeden, denn sie besser kennen gelernt hatte, bat sie darum sie Juli, nicht Rosemarie, zu nennen. Juli war der Monat, in dem sie geboren wurde und wie sie selbst fand ein viel passenderer Name. Das sich viele trotzdem nicht daran hielten, war ein hager Rückschlag gewesen, aber es war zu verkraften.


    >>C´est<<, schrieb Juli mit einem Kugelschreiber auf eines ihrer Blockblätter, dann hielt sie kurz inne und überlegte. Ihre rechte Hand umfasste ihren Stift, den sie ganz fest in das Blatt Papier drückte. Etwas zischte durch die Luft, traf sie an der Wange und verursachte, dort wo es aufgekommen war, einen kurzen stechenden Schmerz. Ihre Augen wurden groß, als ihr Herz einen Satz machte. Eine Papierkugel? Langsam drehte sie ihren Kopf. Aber wer würde denn-? Sie entfaltete die Kugel und strich die Falten glatt. Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten.


    >>He Froschmarie<<, stand dort in großen Lettern geschrieben. Den Rest lass sie nicht. Ihr Hals wurde trocken. Das war in Ordnung. Es machte ihr nichts. Richtig? Juli zwang sich zu einem Lächeln, ehe sie sieh ihren Kopf leicht zur Seite drehte und hinter sich blickte. Der Vorlesungssaal war ganz altmodisch abgestuft, so wie man es aus den meisten Serien oder Filmen kannte. Vor ihr und hinter ihr saßen eine Hand voll Kommilitonen, sonst war der Saal allerdings fast leer. Kein Wunder, durch die erste Hitzewelle des Jahres wurde der Raum auf eine ganz unangenehme Temperatur aufgeheizt. Im Hintergrund konnte sie die Stimme ihres Professors hören, doch ihre Gedanken waren im Moment wo anders. Einer der Kommilitonen, der direkt eine Reihe hinter ihr saß, grinste breit. Seine Haare waren pechschwarz, seine Augen blau und seine Haut leicht gebräunt. Hatte er etwa-?


    „Für mich?“ Sie zögerte, dabei wusste sie die Antwort eigentlich schon. Wieso frage ich überhaupt? Das war eine gute Frage, die sie sich selbst allerdings nicht beantworten konnte.


    „Natürlich, oder siehst du hier noch ein anders Froschgesicht?“ Sie sah sich flüchtig im Vorlesungssaal um. Das schien ihn zu verärgern und er verzog das Gesicht. „Natürlich bist du gemeint.“ Wieso? Habe ich ihm etwa etwas getan? Wenn ja-, schoss es ihr durch den Kopf. Julis Herz zog sich zusammen. Sie kannte den Namen des Jungen. Oliver Raymond. Sie hatte einmal mit ihm geredet. Nein, dass stimmte nicht, denn eigentlich kannten sie sich schon seit einer halben Ewigkeit. Das letzte Mal, wo sie mehr miteinander gesprochen hatten, war allerdings schon eine ganz Weile her gewesen. Wann war das noch gleich gewesen? Damals waren sie in einem Projekt eingeteilt worden und er hatte sie angelächelt. Vielleicht war sie naiv gewesen. „Du bist doch klug? Da bin ich aber froh. Ich bin mir sicher, dass wir ein super Team abgeben werden.“, hatte er damals zu ihr gesagt und den Daumen zum Himmel gehoben. Sie war nicht klug, aber sie war bereit, alles dafür zu geben, damit die Leute dachten, sie wäre klug. Über die Monate hinweg, in den sie zusammen an dieser Arbeit gearbeitet hatten, hatten sie sich öfters getroffen. Meistens ging es nur um das Projekt, aber einmal da hatte er sie zum See mitgenommen und danach hatte er ihr einen guten Tag gewünscht. Möglicherweise war das nur eine kleine Geste gewesen und dennoch hatte es ihr Herz ein wenig schneller schlagen lassen. Vielleicht hatte sie sich eingebildet, dass die Dinge wieder so wie früher werden könnten. Dass er sie vielleicht sogar mochte. Oder zumindest nicht hasste. Dumme Juli. Was war nur schiefgelaufen?! „He, was glotzt du denn so?“ Juli blinzelte, als Olivers Stimme sie aus ihren Gedanken riss, dann zuckte sie zusammen.


    „T-Tut mir-.“ Die Worte blieben ihr im Halse stecken. Waren sie nicht schon zu alt für diesen Unsinn? Sie lachte nervös. Das Ganze war ihr alles unglaublich peinlich. Wieso hatte sie nur gefragt?! Ihr Kopf nahm eine leicht rötliche Farbe an. Schnell kramte sie ein Buch heraus. Juli hatte es sich damals eigentlich ausgeliehen, um nachschlagen zu können, sollte sie etwas nicht verstehen. Jetzt schlug sie es mit einer schnellen Bewegung auf und bohrte ihre Finger in den Einband des Buches, das sie so fest in ihren Händen hielt, als ob es ihr letzter Rettungsanker wäre. Sie sollte etwas sagen, aber sie konnte nicht. Ihre Augen huschten von Zeile zu Zeile, ehe sie schnell ein paar Notizen auf ihren Block kritzelte. Bitte, lass es so wirken, als ob ich beschäftigt bin. Schneller und schneller huschte ihr Stift über das Blatt Papier. Es kümmerte sie nicht, dass es vielleicht seltsam auf andere wirken könnte. Schaut nicht zu mir. Bitte. Schaut wo anders hin. Wenn sie sich besonders verloren fühlte, dann übersetzte sie ein paar Zeilen von französisch ins Deutsche. Eine wirklich alberne, dumme Angewohnheit, aber es half ihr an Tagen wie diesen, an den sie am liebsten die Welt um sich herum verschwinden lassen wollte.


    „Hast du schon gehört-“ Juli sah sich flüchtig um. Ihr Herz schlug einen Purzelbaum. Die anderen Studenten hatten sich zur hinteren Reihe gedreht. Sie beachteten sie nicht. Gott sei Dank. Beinahe hätte sie laut geseufzt. Die Worte galten nicht ihr. Ein paar Studenten hinter ihr redeten über etwas. Blende es aus. Wieder huschte ihr Blick zu ihren Kommilitonen. Worüber redeten sie wohl?


    „Da ist jemand in unser Dorf gezogen. Scheint aber ein echt schräger Vogel zu sein.“ Ein schräger Vogel?


    „Wie meinst du das?“, meinte ein ziemlich dürres, brünettes Mädchen. Ihren Namen hatte sich Juli noch nie merken können. Wie war er noch gleich gewesen?


    „Naja, hast du schon mal den sein Haus gesehen? Echt schräg? Angeblich hat er es von seinem Großvater geerbt. Aber soll ich dir was sagen? Ich wette der ist ein Spanner. Gerüchten zufolge soll er eine Gruppe Mädchen beobachte haben.“ Die Antwort kam von Oliver. Den Rest der Unterhaltung bekam Juli nicht mehr mit. Ihr Blick klebte auf dem Blatt Papier, als sie von Zeile zu Zeile sprang. Ein schräges Haus eines Spanners. Sie schüttelte den Kopf und hatte bereits die nächste Zeile übersetzt. Ob mit schräg wohl verwahrlost gemeint war?



    ~+~



    Vielleicht sollte sie einfach von hier verschwinden, weit weg, dorthin wo niemand sie finden könnte und niemand sie kannte. Nicht das jemand nach ihr suchen würde. Hier war immer alles gleich, immer der ewig gleiche Ablauf. Die gleichen Menschen, die gleichen Straßen und Läden, nichts änderte sich. Sie kannte doch schon alles, was sollte da schon auf sie warten? Ob die anderen Städte wohl auch so sind? Ihre Mutter hatte ihr einmal davon erzählt, von Städten mit Wolkenkratzern, die bis in den Himmel ragten. Ob sich das Leben dort wohl stark von dem, was sie kannte, unterscheiden würde? Ihre Stadt war nicht klein, vielmehr gehörte sie sogar zu einer der größeren Orte. Es gab ein paar Clubs, in den man sich treffen konnte, und sogar ein paar Diskotheken. Gerade in der Dorfmitte herrschte oft reges Treiben. Manchmal wurden sogar Feste gefeiert. Dagegen war es hier am Stadtrand schon etwas ruhiger. Ländlicher. Überall waren Felder, wohin das Auge auch reichte. Manchmal querte ein Fluss den Weg, der in einem See in der Nähe mündete. Die Straßen waren nicht geteert und damit eher unangenehm, mit dem Auto zu befahren. Juli hatte vor ein paar Jahren ihren Führerschein gemacht, gebraucht hatte sie ihn allerdings kaum. Ab und an fuhr sie mit dem Auto ihrer Mutter zum Einkaufen, das war allerdings auch schon alles. Was wenn sie von hier wegziehen würde? Würde sie alleine zurechtkommen. Was wenn nicht? Was dann? Jetzt kam sie sich fast etwas albern vor. Gerade kam sie an einem weiteren Haus vorbei. Juli kannte das große gelbe Gebäude am Rande des Weizenfeldes und den Garten mit den vielen Apfelbäumen, der durch einen Holzzaun eingezäunt war. Sie war auf den Weg nach Hause oft hier vorbeigekommen. Der alte Mann, der ihr gerade zuwinkte, war niemand geringeres als Anton Miller, ein alter Freund ihrer Mutter.


    „Guten Tag Rosemarie.“ Als Juli seine Stimme hörte, drehte sie ihren Kopf. Herr Miller lehnte sich an den Zaun und lachte. Er hatte nur noch ein paar graue Haare. Sein Gesicht war faltig, aber er lächelte, was Juli dazu veranlasste zurückzulächeln.


    „Guten Tag Herr Miller“, sagte Juli.


    „Heute wieder fleißig am Lernen? Wie geht es deiner Mutter? Immer noch so übereifrig?“


    „Ja. Sie ist oft beschäftigt. Homeoffice und so. Sie scheinen wohl einige Krankschreibungen zu haben, deswegen muss sie öfters Schichten übernehmen.“


    „Sie sollte sich ja nicht ausnutzen lassen. Zu viel Arbeit ist nicht gesund. Am Ende bekommt sie noch einen Burnout.“


    „Ich weiß, aber sie kennen sie ja. Sie lässt sich von Niemanden etwas sagen.“


    „Ja ja, Josefine. So ist sie eben. Stur wie sonst noch was. Ich glaube das hat sie von ihrer Mutter.“ Für einen Moment schien der alte Mann in seinen Erinnerungen zu schwelgen. Herr Miller war alt. Sehr alt. So alt, dass er sowohl ihrer Mutter als auch Juli als Kind gesehen hatte. Und man sah ihm sein Alter an. Unter seinen Augen lagen Falten, seine Haare waren grau und spröde und sein Blick war von einer alten Müdigkeit gequält.


    „Wollten sie nicht etwas sagen?“ Juli wollte nicht unhöflich erscheinen, aber Herr Miller hatte die Angewohnheit schnell mal vom Thema abzukommen und dann vergaß er schnell, was er eigentlich hatte sagen wollen.


    „Oh ja. Richtig. Ich habe mit meiner Frau Marmelade gemacht. Es ist so viel geworden, da wollte ich fragen, ob du nicht etwas mitnehmen willst? Für deine Mutter und dich. Wir schaffen nicht alles alleine und es wäre wohl sehr schade sie schlecht werden zu lassen.“ Die Millers machten ihre Marmelade immer selbst und meistens so viel, dass sie für die halbe Stadt reichte. Als sie noch jünger war, nannte Juli die Millers auch die ´Marmeladenmafia´. Sie verkauften ihre Gläser an die Leute in der Umgebung, nur Juli und ihre Mutter bekamen sie oft umsonst. Josefine hatte den Millers oft geholfen. Als die Frau von Herrn Millers krank geworden war und nicht gehen konnte, hatte sie sich extra frei genommen, um sie zu unterstützen. So weit wie es eben ging. Herr Millers hatte ihr gesagt das, dass nicht nötig sei, aber ihre Mutter hatte darauf bestanden. Das sei doch selbstverständlich, hatte sie gesagt und Juli hatte sich einmal mehr gewünscht, sie würde mehr an sich selbst denken.


    „Oh-.“ Juli wollte gerade etwas erwidern, da krachte es hinter ihr. Das Geräusch kam von der anderen Straßenseite.


    „Sehen sie?! Jetzt müssen sie mir glauben!“ Diese Stimme, war das nicht - Albert. Albert Windson. „Sie sind ja immer noch da! Ich habe ihnen doch gesagt sie müssen gehen!“ Er brüllte schon fast. Albert Windson war ein seltsamer Kauz. Er war wohl noch nie besonders labil gewesen, aber seit dem Tod seiner Frau hatte er den Verstand endgültig verloren. Er trug eine große runde Brille, mit einem goldenen Gestell, hatte dunkle Schatten unter seinen Augen und lange braune Haare, die er allen Anschein schon ewig nicht mehr gekämmt hatte. Dazu trug er einen gestreiften Mantel. Morgenmantel oder normaler Mantel, sie war sich nicht sicher, aber die Schuhe, die er trug, waren definitiv Hausschuhe. Jetzt gerade lehnte er an der Tür seines Gartentors und hatte sich mit so viel Gerümpel überladen, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor und etwas fallen gelassen hätte. „Sehen sie?! Ich kann es ihnen beweisen. Schauen sie durch die Linse, dann sehen sie die dunkeln Schwaden, die hier liegen. Die Mauer wird schon bald zerstört sein. Wir haben vielleicht nur noch ein paar Monate.“ Albert hob ein goldenes, längliches, Rohr in die Höhe.


    „Aber Herr Windson. Das ist ein Fernrohr.“ Die Frau, die er angesprochen hatte, hieß Elisabeth Smith. Sie war schon etwas älter, vielleicht mitte fünfzig und hatte lange blonde Haare, die sie zu einem ordentlichen Dutt gebunden hatte. Wenn man sie so betrachtete, dann könnte man wohl sagen, dass sie genau das Gegenteil von Herrn Windson war.


    „Wie?“ Seine Augen wurden groß, als er entsetzt auf den Gegenstand auf seiner Hand sah. „Nein, nein, nein. Wo war es noch gleich?! Wo hab ich es nur gelassen?! Ich hatte es doch eben noch! Warten sie-.“ Für einen Moment verschwand er in seinem Haus. Sein Grundstück war von einem Zaun eingegrenzt. Allen Anschein hatte er schon ewig nicht mehr Rasen gemäht. Überall lagen Dinge auf den Boden. Eine Steintreppe führte zu seinem Haus hinauf. Auf der rechten Seite konnte Juli einen Teich erkennen, weiter hinten war ein Kreuz in die Erde geschlagen worden. In vielerlei Hinsicht repräsentierte das Anwesen seinen Herrn. Herr Windson brauchte nur ein paar Minuten, dann kam er mit einen anderen Stapel Gerümpel wieder und die Eingangstür würde erneut aufgestoßen. Er sammelte wohl immer noch alles Mögliche? Nicht umsonst war er auch als Messie bekannt. Gerüchten zufolge sollte sein Haus so voll mit Sachen sein, dass man kaum einen Schritt vor den anderen machen konnte, ohne dass man sich die Füße brach. Ob das stimmte, wusste Juli nicht. Sie war schon lange nicht mehr dort gewesen. „He, so warten sie doch Frau Smith.“ Aber Frau Smith wartete nicht. Stattdessen wandte sie sich seinem Haus ab, was ihn dazu veranlasste noch schneller zu rennen. Er überflog fast ein paar Stufen und dann kam es, wie es kommen musste. Er überschätzte sich, schrie einmal auf, verlor das Gleichgewicht und fiel mit einem lauten Knall auf den Boden. Blitzschnell griff nach einem schmalen Rohr und hob es in die Höhe. Es sah anders aus als das Letzte, hatte allerlei Verzierungen und auch die Linse sah trüb aus. Was ist denn das schon wieder für ein altes Ding? Juli konnte sich den Gedanken nicht verkneifen. „So warten sie doch!“ Aber Frau Smith dachte immer noch nicht daran, zu warten. Sie ging weiter ihres Weges, ohne ihm weiter eines Blickes zu würdigen, also begann er schnell die Sachen vom Boden aufzuheben. „Oje. Meine ganzen wertvollen Geräte.“ Sein Gesicht verzog sich und nahm einen Ausdruck des Entsetzten an. „Das ist eine Katastrophe. Eine Katastrophe sage ich euch!“ Aber dann blickte er nach oben, sah direkt zu Juli und Herrn Miller und seine Miene hellte sich augenblicklich auf. „Ich hab gehört das ihre Frau wieder Marmelade gemacht hat.“, plapperte der Alte plötzlich los. Er war ruckartig aufgestanden und stütze sich nun mit einem Ellbogen am Zaun ab. „Ich bekomme doch sicherlich auch ein oder zwei Gläser? Nicht?“ Der alte Herr Millers lachte und schmunzelte dann.


    „Da hat sich aber jemand schnell wieder eingekriegt Herr Windson. Sie sollen die Leute doch nicht immer so verschrecken.“ Albert rümpfte empört die Nase.


    „Wie?! Ich verschrecke niemanden. Aber was meinen sie? Frau Smith mag mich? Richtig? Ich habe doch bestimmt eine Chance bei ihr?“


    „Sie sollten sie endlich aufgeben. Die arme Frau. Haben sie nicht schon genug getan? Außerdem verlobt sie sich bald wieder.“ Für einen Moment hatte Juli das Gefühl, das die gesamte Farbe aus Herrn Windsons Gesicht wich, just in dem Moment, in der Herr Miller die unheilvolle Botschaft ausgesprochen hatte.


    „Verlobung. Ist das nicht etwas voreilig?!“, wisperte er ganz geistesabwesend, aber dann hörte sie ihn nach Luft schnappen. „Gut dann werde ich um sie kämpfen!“


    „Herr Windson. Das werden sie nicht, das wissen wir beide. Oder nein. Sehen sie das als einen nett gemeinten Ratschlag. Tun sie das nicht, oder wollen sie sich wieder blamieren? Hat letzte Woche nicht schon gereicht?“


    „Das war vor 3 Tagen Herr Anton Miller. Sie werden wohl langsam senil.“


    „Um Himmels Willen. Das haben sie nicht getan?!“ Herr Windson kratzte sich am Kopf, schüttelte dann den Kopf und seine Augen weiteten sich, fast so als ob er gerade eine Offenbarung gehabt hätte.


    „Nein. Wissen sie. Ich glaube es war doch letzte Woche. Mein Zeitgefühl ist wohl nicht mehr das Beste. Hier ist jeder Tag immer gleich, da vergisst man schnell mal welcher Wochentag eigentlich ist. Apropro Beste.“ Plötzlich hellte sich seine Miene erneut auf. „Sie geben mir doch bestimmt auch etwas von ihrer weltberühmten Marmelade?“


    „Natürlich. Selbstverständlich.“


    „Sehr gut.“ Wie schnell sich die Stimmung doch ändern konnte. Vor einen Moment schien Albert noch tief betrübt gewesen zu sein, jetzt strahlte er schon fast. So war es immer mit Herrn Windson, kannte man ihn allerdings nicht, so könnte das einen wohl schnell verschrecken. Er war schon ein seltsamer Kauz.


    „Wenn sie wie jeder andere zahlen“, sagte der Alte Millers.


    „Wie?! A-Aber“ Albert schnappte nach Luft, deutete auf Juli, die irritiert einen Schritt zurücktrat, als sie merkte, dass der Verrückte mit seinem Finger auf sie zeigte. „Die bekommt sie doch auch um sonst.“ Dann rückte er seine Brille zurecht und verengte seine Augen, die zu Schlitzen wurden. „Oh. Rosemarie. Du bist´s. Was macht deine Mutter so?“ Juli hatte kaum mit dem alten Kauz gesprochen. Offensichtlich hatte er ihre Anwesenheit jetzt auch bemerkt. Meistens war er es, der sie ansprach, nicht umgekehrt und so war es auch dieses Mal wieder. Sie wollte natürlich nicht mit ihn reden, aber er entdeckte sie jedes Mal, wenn sie das Pech hatte, das er etwas im Garten zu erledigen hatte.


    Wenn du nicht mit ihm redest, dann hört er irgendwann von selbst auf dich anzusprechen, hast du gehört Rosemarie?!“, hatte ihre Mutter ihr immer gepredigt. Leider war Herr Windson äußerst hartnäckig.


    „Ist deine Vorlesung den schon aus? Ich habe gehört du gehst jetzt zur Uni. Wie ist es dir denn so ergangen? Hast ja schon ewig nichts mehr von dir hören lassen.“ Albert hatte zwar nicht ihre Mutter, dafür aber durchaus Juli groß werden sehen, was die Situation nur noch peinlicher machte. Wieder veränderte sich Alberts Gesichtsausdruck und plötzlich wirkte er bitterernst. „Du solltest weg von hier gehen. Der Ort ist nicht sicher und-“ Alberts Rede wurde jäh von einem bitterbösen Blick seitens Herrn Millers unterbrochen.


    „Sie sollen dem Mädchen doch keine Angst machen.“


    „Angst?!“ Albert schien fast etwas gekränkt zu sein, ehe er irritiert zu Juli blickte. „Das war nicht meine Absicht.“


    „Nimm das nicht so ernst Rosemarie.“ Herr Antons Stimme war sanftmütig und weich.


    „Wie-“, aber da fiel Herr Millers Herrn Windson erneut ins Wort.


    „Wir könnten sie oben auf die Liste setzten, wenn sie das wollen. Meine Frau macht heute noch ein paar Gläser, dann können sie sie noch warm abholen.“ Herr Miller warf Juli einen flüchtigen Blick zu.


    „Das würden sie tun?!“ Herr Windson hatte sich nun vollkommen der Unterhaltung mit Herrn Miller zugewandt. Verschwinde, solange es noch geht. Sie verstand, was er damit bezweckte. Juli trat einen Schritt zurück, dann noch einen, drehte sich um und kehrte den beiden schnell den Rücken.


    „Auf wiedersehen!“, schrie sie. Albert drehte seinen Kopf in ihre Richtung und wollte ihr noch etwas zurufen, aber sie war bereits außer Hörweite. Dennoch bildete sie sich ein, seinen Blick in ihren Nacken zu spüren und beschleunigte ihre Schritte. Niemand redete mit Herrn Windson. Er war verrückt und erzählte wilde Geschichten über das Ende der Welt. Er hatte den Verstand verloren und niemand wusste, was mit ihm verloren gegangen war. Am besten man beachtete ihn nicht. Er war nicht gefährlich, nur wahnsinnig. Dennoch tat der alte Kauz ihr leid.



    ~+~



    „Bin wieder da.“ Sie zog sich die Schuhe aus, ehe sie ihren Blick zu Seite schwenkte. Auf dem Bild an der Wand waren drei Personen zu sehen. Ihr Vater, ihre Mutter und sie selbst, an den Moment, in dem das Foto geschossen wurde, konnte sie sich allerdings nicht erinnern. Sie war damals noch ein Baby gewesen, und ihr Vater zu früh gestorben, als dass sie sich noch daran erinnern könnte. Irgendein Arbeitsunfall. Sie hatte ihn nie gekannt. Selbst dann nicht, wenn ihre Mutter von den vielen Ausflügen, den Erlebnissen, die sie zusammen erlebt hatten, erzählte. Sie erinnerte sich nicht daran. Für sie war er nur er irgendein fremder Mann mit dunklen, struppigen Haaren, den sie nie kennen gelernt hatte. Dennoch fragte sie sich manchmal, wie er wohl so gewesen war. Ob ich ihm ähnlich bin?, dachte sie und legte den Kopf schief. Einmal sollte er sie auf die Schulter genommen haben und sie hatte sofort angefangen zu schreien. Ihre Mutter hatte ihn ausgelacht, ehe sie Juli von seinen Schultern gehoben hatte. Das Ganze soll ihm so peinlich gewesen sein, dass er rot wie eine Tomate angelaufen sein soll. Julis Mutter hatte ihn noch lange damit aufgezogen. Stimmte das? War er so unbeholfen gewesen? Ihr Blick blieb an dem Spiegel im Flur hängen. Geh einfach weiter Juli, sagte sie immer wieder zu sich selbst, aber jedes Mal, wenn sie vorbeiging, blieb sie stehen und betrachtete ihr eigenes Spiegelbild. Das Mädchen vor ihr hatte über das ganze Gesicht Sommersprossen verteilt. Ihre Nase war flach, während die Position ihrer Augen seltsam unsymmetrisch war. Die Gestalt Spiegel hatte lange braune Haare. Jeden Tag verbrachte Juli mindestens eine Stunde, um sie im Griff zu bekommen, nur damit sie so aussahen, wie sie aussahen. Sie waren das Einzige, was Juli an sich selbst mochte.


    Sie ist nicht schön, aber sie hat ein gutes Herz“, sagte ihre Nachbarin oft. Was bringt mir ein gutes Herz? Niemand braucht jemand mit einem guten Herzen.


    Sie hasste den Namen Rosemarie. Deswegen hatte sie sich vorgenommen von nun an nur noch Juli genannt werden zu wollen. Sie wollte einfach mehr sein als nur Froschmarie. Jemand mit einem guten Herz, aber sonst auch nichts.


    „Essen steht auf dem Tisch.“ Eine dumpfe Stimme riss sie aus ihren Gedanken. War das ihre Mutter? Eilig hastete sie durch den Flur ins Wohnzimmer und erkannte sofort, wer es sich auf einen Stuhl bequem gemacht hatte. Sie war über ihren Laptop gebeugt und blickte nicht auf, als sie das Zimmer betrat. Viele sagten ihr oft, dass sie und Josefine sich überhaupt nicht ähnlich sähen. Sie hatte dunkle lange blonde Haare, die offen über ihre Schultern vielen und außerdem ein recht hübsches Gesicht das nur von ein paar Falten gezeichnet war. Juli sah zu dem Tisch, auf den bereits eine Schale mit Reis stand und Enttäuschung machte sich in ihr breit, obwohl sie genau wusste, dass es nicht angebracht war.


    „Keine Soße?“, murmelte Juli.


    „He. Sei nicht so wählerisch.“ Juli verzog erst das Gesicht, grinste dann aber, ehe sie schnell ein paar Zutaten aus dem Kühlschrank hervor brachte. „Dann mach ich uns jetzt etwas. Zucchini oder Curry, was ist dir lieber?“ Ihre Mutter reagierte nicht. Sie schien auf irgendetwas auf ihren Bildschirm fixiert zu sein. Wahrscheinlich irgendein Auftrag.


    „Gut, dann mach ich uns Zucchini.“


    „Mhm.“ Eilig stellte Juli die Zutaten in einer ordentlichen Reihe auf und begann mit den Vorbereitungen.


    „Du scheinst ja echt viel um die Ohren zu haben. Ist immer noch so viel los? Es muss doch endlich mal ein Ende in Sicht sein.“


    „Ich befürchte leider nicht. Scheint wohl gerade eine Grippewelle rumzugehen.“ Ihre Mutter stütze ihren Kopf mit einer Hand ab, ehe sich ihre Augenbrauen krauszogen. Eine Grippewelle? Hoffentlich würde sich die Juli nicht auch noch holen. Das war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Um ihre Mutter machte sie sich allerdings noch viel mehr Sorgen. Sie schien sie gar nicht weiter zu beachten. Die letzte Zeit war sehr stressig für sie gewesen und das hatte sich auch auf ihre Nerven ausgewirkt. Sie schien ständig nervös zu sein, wirkte geradezu rastlos. Ob das wohl wieder besser werden würde, sobald die Engpässe wieder nachließen? Bestimmt. So muss es einfach sein. Ihre Mutter neigte dazu, es zu übertreiben. Richtig, Juli hatte es fast vergessen. „Achja. Ich soll dir einen schönen Gruß von Herrn Miller ausrichten. Er macht sich Sorgen um dich. Er denkt wohl du würdest dich wieder überarbeiten.“ Juli war gerade dabei die Zucchini mittels einer Reibe in kleine Stücke zu raspeln. Ihre Mutter sah nicht einmal auf.


    „Ich bin erwachsen. Ich weiß schon was gut für mich ist. Er soll sich nicht immer solche Sorgen machen.“ Dass sie das sagte, änderte nichts daran, dass man sich trotzdem Gedanken machte. Das war schon damals so gewesen, als Julis Vater gestorben war. Sie hatte niemals um Hilfe bitten müssen. Vielleicht weil sie sich schon immer um ihre Mitmenschen gekümmert hatte. Sei es bei einer Steuererklärung, den Einkauf oder anderen Sachen. Als Juli noch klein gewesen war, war Herr Anton öfter vorbeigekommen und hatte auf sie aufgepasst, während ihre Mutter ihr Abitur in der Abendschule nachgeholt hatte. Aber Herr Miller war nicht der Einzige gewesen. Manchmal hatte sie das Gefühl vom ganzen Dorf großgezogen worden zu sein. Nur Albert, den konnte ihre Mutter nicht ausstehen. Wieso wusste sie selbst nicht so genau. Irgendwas war zwischen den beiden vorgefallen. Wie gut das sie ihrer Mutter nicht von heute erzählt hatte. Sie würde ihr bestimmt wieder eine Predigt halten, dabei war sie bereits viel zu alt für so etwas. „Wie war die Uni so?“


    „Die Uni?“ Ihr Herz machte einen Satz. Im Hintergrund konnte sie das Fett brutzeln hören, als sie vorsichtig erst Milch, dann Sahne in die Pfanne goss. „Ach die.“ Nicht doch, ihre Mutter sollte nicht auch noch von ihren Problemen Wind bekommen. Sie hatte schon genug um die Ohren. „Prächtig. Ging noch nie besser. Aber mal ehrlich, wie geht es dir so auf der Arbeit?“


    „Ich arbeite von zuhause Schatz. Schon seit einer Woche. Ist alles in Ordnung?“ Hastig stocherte Juli in der Mischung aus Zucchini, Milch und Sahne herum und versuchte, den Blick ihrer Mutter zu meiden.


    „Natürlich. Ich-. Ich bin nur etwas durch den Wind. Da ist wieder so ein Projekt und ich weiß einfach nicht, wie ich weiterkommen soll.“


    „Dann geh doch in die Bibliothek. Da findest du bestimmt etwas.“


    „Richtig.“ Juli zwang sich zu dem größten falschen Lächeln, wie es ihr nur möglich war. „Brillante Idee. Dass ich darauf nicht selbst gekommen bin. Du bist ein Genie. Das werde ich machen. Aber jetzt-. Oh-.“ Nein. Dieser stechende Geruch. Habe ich etwa-, schoss es Julie durch den Kopf und sie rümpfte die Nase.


    „Schatz, das riecht aber nach angebrannter Milch.“ Ja. Und es stank barbarisch. Blitzschnell schob sie die Pfanne von der Flamme, aber der Schaden war bereits angerichtet.


    „Oh nein.“, stotterte sie. Vor ihr lag ein Schlachtfeld und sie wusste nicht, wie sie das je wieder in Ordnung bringen würde. Juli sog scharf die Luft ein.


    „Da isst jemand heute wohl doch Reis ohne Soße.“ Der angebrannte Belag von der Pfanne, er ging einfach nicht mehr ab. Mit einer flinken Bewegung griff sie nach einem Topfreiniger und schrubbte über die Oberfläche. „Mach die Beschichtung nicht kaputt. Tu einfach etwas Spülmittel in die Pfanne und fülle sie dann mit Wasser. Das wirst du nicht so schnell wegbekommen. Ich glaube ich werde mich dann wohl ins Schlafzimmer verdrücken.“ Richtig. Es war erstaunlich, wie viel ihre Mutter mitbekam, ohne auch nur ein einziges Mal von ihrem Bildschirm aufzusehen.


    „Mach ich.“ Juli war gerade im Begriff die Pfanne mit Wasser zu füllen. Ihre Stimme klang gehetzt. Mit ihrer flachen Hand fegte sie eilig die Reste der Zucchini in einen Müllbeutel. „Tut mir leid. Morgen mach ich uns was Richtiges. Versprochen.“ Immer wieder huschten ihre Augen zur Uhr.


    „Willst du wieder in den Garten?“


    „Hmm, ja. Ich würde gerne noch da sein, bevor es dunkel wird. “


    „Dann geh schon. Der Abwasch läuft dir nicht davon. Aber pack dir wenigstens noch was ein. Du isst zu wenig.“ Das musste sie gerade sagen. Statt etwas zu erwidern, nickte Juli allerdings nur stumm. Schon 16 Uhr. Ihre Gedanken überschlugen sich, als sich ihre Augen weiteten. Wie war die Zeit so schnell vergangen?


    „Ich-Ich muss dann mal los.“


    Gezielt griff sie nach ihren gelben Gummistiefeln und roten Regenmantel. Für einen flüchtigen Moment sah sie aus dem Fenster in den Flur. Der Himmel hatte sich grau gefärbt, was normalerweise kein gutes Zeichen war. Ganz besonders wenn der Wetterbericht heute noch Regen angesagt hatte.


    „Bleib nicht zu lange weg!“, hörte sie ihre Mutter noch sagen, da viel die Wohnungstür auch schon in ihre Angeln.



    ~+~



    Sie konnte das Plätschern des Baches, das Heulen des Windes hören und dann spürte sie auch schon die ersten Tropfen auf ihrer Haut. Regen. Sie zog ihre Kapuze tiefer, dennoch konnte sie nicht verhindern wie einzelne Haarspitzen ihres dunkelbraunen Haares, nass wurden. Sie hätte eine Matschhose anziehen sollen, nicht ihre Latzhose, die sich an den Stellen mit Wasser vollsog, wo sie nicht von dem roten Regenmantel bedeckt war. Aber so ein bisschen Regen machte ihr nichts. Bei einem Sturm sah die Sache allerdings schon etwas anders aus. Der Letzte hatte einen verehrenden Schaden angerichtet. Manche Wege waren immer noch von umgefallenen Bäumen blockiert, manche Dächer immer noch abgedeckt. Einmal hatte es auch mal das Haus ihres Wohnkomplexes erwischt. Bis die Handwerker den Schaden beseitigen konnten, war schon der nächste Sturm aufgezogen. Mai war kein guter Monat, für niemanden. Je weiter sie dem Feldweg folgte, desto weiter rückten die Häuserreihen auseinander. „Jemand soll vor kurzen hierhergezogen sein.“ Juli erinnerte sich wieder an das Gespräch ihrer Kommilitonen. Das Haus. Sie blieb stehen. War das nicht – Richtig. Sie sah zu dem großen Gebäude, das zu ihrer Linken lag. Eine Treppe führte zu dem Anwesen hinauf. Laternen zierten den Weg. Konnte das sein? Es war mit allen unterschiedlichen Farben gestrichen, an einem Eck gelb, dann rot, dann blau, völlig ohne Ordnung. Die Fenster waren rund, viereckig, hatten alle möglichen Formen und Größen. Mehrere Schornsteine, ein kurzer und ein langer, ragten aus dem Dach. Vereinzelt konnte sie Erker erkennen. Das Haus bestand sowohl aus einen runden als auch einem viereckigen Komplex. Auch die Dächer waren nicht einheitlich gebaut worden. An einer der Dächer schien eine Leine befestigt worden zu sein, die zu einer Art Dachterrasse führte. Waren das Kleidungstücke, die dort hingen? Vor ein paar Monaten war hier noch eine Baustelle gewesen. Das Haus wurde, kurz bevor Juli geboren wurde, von irgendjemanden angefangen, allerdings nie fertig gestellt. Seitdem stand Rohbau hier fast wie eine Ruine aus alten Zeiten. Sie hatte es nie anders gesehen. Niemand hatte sich darum gekümmert und noch viel weniger hatte es irgendjemanden gekümmert, ob es je fertig gestellt wurde. Sein Besitzer war einfach verschwunden und nicht mehr wieder gekommen. Früher hatte ihr einmal jemand erzählt, dass dort Geister hausen würde oder das das Anwesen verflucht wäre. Natürlich glaubte sie das nicht. Es war nur eine Geschichte gewesen, die sich damals die Erwachsenen ausgedacht hatten, um ihre Kinder von dem maroden Bauwerk fernzuhalten. Ein seltsamer Gedanke, dass jemand ausgerechnet hier wohnen wollte. Ein junger Mann, der das Haus von seinem Großvater geerbt hatte. Ein Creep der hier durch die Gassen zog. Mit einem Male klangen die Gerüchte immer plausibler. Man sollte ihn dabei beobachtet haben, wie er anderen nachstellte. Einmal sollte er sogar mal eine Gruppe von Mädchen beobachtet haben. Ein sehr skurriler Typ, und zwar nicht auf die Art und Weiße wie Albert skurril war. Juli kannte die Gerüchte schon, bevor sie ihren Studiengang überhaupt erreichen, hätte können. Ihr wurde schlecht bei dem Gedanken. Sie sah hastig zu einem der runden Fenster und bildete sich aus Paranoia ein, dort jemanden stehen zu sehen. Aber dort war niemand. Beruhige dich. Diese seltsame Unruhe verließ sie nicht, selbst als sie dem Anwesen bereits den Rücken zugedreht hatte. Wie schräg, dachte sie.



    ~+~



    Endlich hatte sie den Wald erreicht. Sie folgte den Weg, bis sie schließlich kleine Lichtung erreichte. Ein Schuppen, ein kleines Beet und ein paar Töpfe mit Pflanzen, die an der Wand des Schuppens gelehnt waren, zeichnete sie aus. Ihre Mutter hatte einmal ein kleines Grundstück gekauft. Sie hatten selbst nie einen Garten gehabt, aber, so sagte sie, ein Kind brauchte einen Ort, wo es sich austoben konnte. Wie albern. Die meisten der Grundstücke am Stadtrand gehörten bereits Bauern, deshalb hatten sie sich damals gemeinsam für ein Stück Wald entschieden. Josefine hatte noch nie viel Zeit gehabt, das war schon so gewesen, als Juli noch ganz klein gewesen war, aber manchmal da war sie mit ihr zu dem Grundstück gegangen. Irgendwann hatte Juli begonnen ein Beet anzulegen. Oder nein, eigentlich war es ihre Mutter gewesen, aber die hatte irgendwann keine Zeit mehr gehabt und seitdem lag es an ihr sich um die Pflanzen zu kümmern. Das Grundstück selbst war nicht eingezäunt, aber jeder wusste, dass es ihrer Familie gehörte. Bis jetzt hatte das nur selten zu Problemen geführt und meistens waren es Kinder gewesen, die etwas vom Beet stibitzten. Vielleicht sollte Juli doch mal einen Zaun aufstellen? Ein Knacken. Hastig sah sie sich um. Juli sog scharf die Luft ein. Etwas knackte im Hintergrund. Jemand ist hier. Unsinn. Sei nicht albern. Nein. Hier war jemand. Da war es wieder, dieses Gefühl. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Jetzt war sie sich sicher. Ihre Hände zitterten. Ihr wurde warm und kalt zugleich. Dort stand jemand. Jemand stand hinter ihr. Ihre Muskeln spannten sich an, wurden zu einer Faust. Sie drehte sich um. Nein. Das ist nicht möglich. Ihre Augen weiteten sich. Ihr Puls raste. Noel O´ Neil. Die leichenblasse Haut, die stechend grünen Augen und der dunkle Schatten der Teile seines Gesichts verdeckte. Er war der Creep, von dem jeder sprach.


    „Guten Abend“



    >>Die Idee<<

    Die Idee ist vor einer ganzen Weile entstanden. Und aus ein paar losen Blättern wurde schnell ein Ordner voller Kritzeleien und Notizen. Tatsächlich ist Twillight an mir vorbeigegangen und ich habe die Bücher nie gelesen, Vampire haben mich allerdings trotzdem interessiert. Vor allen nachdem ich damals den Anime Vampire Knight gesehen habe und den natürlich in den Himmel gelobt habe. XD Erst viele Jahre später kam mir dann die Idee für dieses Buch. Das war vor 4 Jahren. Erst schrieb ich den ersten Ark - Jahre vergingen und ich schrieb nicht weiter - dann folgte der zweite und dritte Ark. Und wieder stoppte ich. Diesen Sommer habe ich mir also vorgenommen mal etwas zu Ende zu schreiben. Momentan arbeite ich an der Überarbeitung was doch etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt als ich gehofft habe. Ich glaube die Pandora Hearts und Vanitas no Carte Serie hat mich hier auch sehr inspiriert. Ziel ist es außerdem möglichst viel Neues zu lernen. :3 Wer also etwas zu bemängeln hat immer nur her damit. ^^


    >>Copyright<<


    Die Geschichte und Charaktere entsprangen meiner eigenen Feder. Die Bilder die hier gelegentlich einmal gepostet werden (also zusammen mit einen Kapitel) sind ebenfalls allesamt von mir gezeichnet worden.


    >>Der Klappentext<<

    Wie viele Menschen würden wohl noch sterben müssen? Wie viele würden noch verschwinden? Rosemaries Welt wird auf den Kopf gestellt, als eines Tages eine schreckliche Serie von Entführungen ihren Lauf nimmt. Ihr ganzes Leben hatte sie im Schutz der Mauer gelebt, hatte ein vielleicht nicht immer glückliches, aber sorgloses Leben geführt. Zu mindestens hatte sie das immer gedacht. Doch nichts ist so, wie es scheint, und plötzlich findet sie sich in einer verdrehten Welt wieder, von der sie nicht wusste, dass sie existierte. Magie, Fabelwesen, eine vergessene Welt, das gibt es doch nur in Büchern. Richtig?


    >>Triggerwarnung und Alters Empfehlung<<

    Sicherheitshalber würde ich hier einmal eine Triggerwarnung für Mobbing, Gewalt und Blut aussprechen. Zwar hält sich das hier noch im Rahmen, jedoch halte ich es für wichtig so was im Vornherein auszusprechen. Außerdem würde ich die Geschichte aufgrund dessen erst ab 16 Jahren empfehlen. [Ich bin mir hier nicht sicher wie man die Altersbeschränkung markiert? Reicht es wenn ich sie im Post erwähne oder soll ich sie zusätzlich in den Titel packen?]


    >>Inhaltsverzeichnis<<

    Kapitel I C´est

    Kapitel II Noel

    Kapitel III Das Haus am Stadtrand

    Kapitel IV Kein schlechter Tag

    Kapitel V Ein Ende und ein Anfang Teil I

    Kapitel V Ein Ende und ein Anfang Teil II

    Kapitel VI Froschmarie und Oliver




    ~+~


    >>Prolog<<


    „Hey, lass uns morgen etwas spielen?“ Der kleine Junge rief sich diese Worte wieder ins Gedächtnis. Mit großen Augen sah er auf die Lichtung, die vor ihm lag. Wo bleiben die nur? Wieso kommen sie nicht? Habe ich etwas übersehen? Oder-. Nein. Sie verspäten sich nur. Bestimmt. Tausende Gedanken schossen durch den Kopf des Jungen. Er sollte gehen, aber ging nicht. Er wartete weiter, selbst als es dunkel wurde. Mittlerweile waren die Baumriesen zu schemenhaften Silhouetten geworden und der Himmel hatte sich von einem dunklen Blau in ein Meer aus pechschwarzer Tinte verwandelt. Es war kalt geworden. Eine Brise lies das Kind erzittern. Wie lange wartete er schon? Vielleicht 2 Stunden? Er würde nicht gehen. Sie hatten gesagt, sie würden kommen, also würden sie auch kommen, so einfach war das.


    Wie oft soll ich es dir denn noch sagen. Geh Nachts nicht raus!“, hörte er seine Mutter in Gedanken schelten. Seine Mutter schimpfte oft mit ihm, doch sie tat es aus Liebe, etwas das, das Kind nie begreifen würde. Nicht in diesem Leben. Er war schon ein großer Junge und kein kleines Kind mehr. Dieses Jahr war er wieder gewachsen, nur ein paar Zentimeter, aber er war gewachsen. Nächstes Jahr würde er weiter wachsen und dann wäre er bestimmt schon bald größer als sie. Würde sie ihn dann immer noch ein Kind nennen? Den Jungen kümmerte es nicht, was sie sagte, also blieb er, auch wenn er sich immer wieder verunsichert umsah. Niemand da. Wir wollten uns doch hier treffen?, dachte der Junge und wurde nun langsam nervös. Flüchtig ließ er seinen Blick durch die Gegend schweifen, aber seine Augen waren schlecht. Es war dunkel geworden und er konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Sein Herz zog sich zusammen. Sie kommen doch?, schoss es ihn durch den Kopf. Weil es kalt geworden war, faltete er die Hände zusammen, rieb sie aneinander und formte eine Kuhle, in der er hinein pustete. Für einen kurzen Moment wurden seine Hände durch den Schwall warmer Luft heiß, ehe die Kälte noch viel erbarmungsloser in seine Fingerspitzen kroch. Sein Herz wurde schwer, als er begriff, dass er nicht länger warten konnte. Seine Mutter machte sich bestimmt schon Sorgen. Der Mond stand bereits weit oben, als er sich auf den Heimweg machte. Etwas stimmt nicht. Dieser Gedanke wurde mit jedem Schritt präsenter. Das Herz des Kindes schlug ganz laut gegen seine Brust. Etwas war ganz und gar nicht in Ordnung. Ein Schrei erschütterte die Nacht. Der Junge hatte mittlerweile die Dorfmitte erreicht - ein runder Platz, der von mehreren Häusern umringt war – als ihn ein ganz seltsamer Geruch in die Nase stieg. Er kannte ihn. Woher? Die Hände des Kindes zitterten, als er den Atem anhielt. Das konnte nicht sein. Seine Augen wurden groß und füllten sich mit Tränen, doch alles, was er hervorbrachte, war ein Wimmern. Hilf mir jemand - Worte, die er nicht aussprechen konnte. Irgendetwas Schreckliches würde passieren, das spürte er. Vor ihm lag der Körper eines ausgewachsenen Mannes. Er hing über den Rand eines Brunnens, fast als würde man ihn dort zur schau stellen. Der Junge beugte sich zu dem Mann hinunter. Seine Haut war verschrumpelt, leichenblass und seine Augen leer. Etwas Dunkles klebte an seiner Kleidung, doch das Kind konnte es nicht identifizieren. Wieso schlief der Mann? Wieso bewegte er sich nicht mehr? Das Kind taumelte zurück. Wieder machte sein Herz einen Satz. Er sah sich um. Seine Hände zitterten. Erst jetzt spürte er die Präsenz einer zweiten Person. Hier war noch jemand. Er bemerkte es zu spät, als das es ihn hätte retten können. Der kleine Junge wollte sich nicht umdrehen. Wenn ich ihn nicht sehe, sieht er mich auch nicht. Wenn ich –, hallte es in seinen Inneren wieder, als er die Augen zusammenkniff. Es war zu spät. Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen. Hinter ihm stand jemand. Er hatte ihn nicht kommen sehen, oder vielleicht war er auch schon die ganze Zeit hier gewesen. Der Junge drehte sich ganz langsam um und schnappte nach Luft. Ein Mann. Für einen Moment machte sich Erleichterung in ihm breit und er zwang sich zu einem Lächeln. Er war gerettet. Richtig?


    „Bitte helfen sie dem Mann hier. Ich glaube es geht ihm nicht gut. Ich hab Angst.“ Solche Angst. Ein Wimmern, Flehen, ertönte aus der Kehle des Kindes. Aber das würde ihm nichts mehr helfen, denn der Mann war nicht gekommen, um zu helfen. Stattdessen lachte er dumpf. Messerscharfe Zähne kamen zum Vorschein. Langsam drehte das Kind seinen Kopf nach rechts, als sein Herz beinahe stehen blieb. Im matten Schein einer einzigen einsamen Laterne erkannte der Junge weitere Körper. Sie schlafen nicht. Sie hatten nie geschlafen. Tränen kullerten über seine Wange. Dort in einer Seitengasse lagen sie, aufgeschlitzt und tot, auf dem Boden. Rote Klumpen waren auf dem Boden verteilt. Jetzt erkannte er den Geruch. Blut, es war der Geruch von Blut. Doch diese Einsicht brachte ihm nichts mehr. Wieso?! Wieso nur-. Der Junge beendete seinen Gedanken nicht mehr. Und damit endete diese Geschichte auch schon. Von diesem Tag an würde nichts mehr so sein wie zuvor, denn die Welt war nun eine Andere.






    Update:

    Da ich gestern endlich mit meinen Draft fertig geworden bin habe ich mich heute gleich mal an ein paar schnelle Coverdesigns gesetzt. Das ist wohl einer meiner ersten Entwürfe. Ich wollte ein wenig mit Farben und Formen experimentieren und das kam dabei raus. Da meine Handschrift nicht gerade toll ist, habe ich dieses mal auf Gimp zurückgegriffen.



    Ich bin mir nicht sicher ob die Diskussion jetzt schon abgeschlossen ist oder nicht, wollte mich da allerdings als etwas älterer Hase auch mal zu Wort melden.


    Pro: Für mich war das Profi Label nie beängstigend oder klassifizierend. Stattdessen war es für mich, gerade zu meinen Anfangszeiten, immer eine große Inspiration um besser zu werden. Ich fand es immer ganz aufregend wenn mal jemand vom Profi Bereich in Wettbewerben mitgemacht hat, an denen ich auch teilgenommen habe. Demotiviert hat mich das nicht. Wie das bei anderen war, weiß ich leider nicht. Damals war der Fanart Bereich allerdings auch etwas anders strukturiert (glaube ich? Das war jetzt schon 10 Jahre her). Auch zum Thema Strukturierung kann ich nur zustimmen, immerhin sind viele Profi Galerien nicht nur von der Kunst, sondern auch vom Aufbau sehr toll gestaltet und bieten durchaus Inspiration für die eigene Galerie. Darüber hinaus ist es auch immer eine tolle Inspiration den Werdegang eines Künstlers zu sehen. Gerade bei jemanden vom Profibereich. Als Zeichenanfänger hat mir das immer Motivation gegeben mein bestes zu geben und weiter zu machen. Abschaffen würde ich ich das Label also nicht.


    Contra: Heute scheint es mir allerdings so, dass das Profi Label immer weniger wichtig wird. Meistens lese ich mir einfach alle neuen Beträge durch. Ob das jetzt ein Profi ist interessiert mich eher weniger. Jedenfalls denke ich nicht das ich von dem Label beeinflusst werde. Schlussendlich braucht man bei dem Forum - so wie es jetzt ist - wahrscheinlich gar kein Profi Label mehr. Die Idee mit dem Format finde ich eigentlich einen echt tollen Kompromiss. So können sehr viele unterschiedliche Künstler hervorgehoben werden und es kann durchaus als Motivationsboost dienen. Außerdem bekommen dann auch kleinere Gallarien etwas mehr Aufmerksamkeit und der ein oder andere denkt sich dann vielleicht - Hey das Bild sieht eigentlich ganz cool aus, mal sehen was der sonst noch so in seiner Galerie hat. Bin jedenfalls gespannt wie das ganze umgesetzt wird. ^^

    kleines Update

    lg Sinya

    Hello again. Nach langer Zeit poste ich hier mal wieder. Um ehrlich zu sein habe ich den Thread ein wenig vergessen @.@ Und dann ist es mir vor kurzen wieder eingefallen DA WAR JA WAS. Oh well.




    2021

    2022

    2022

    Spoiler Genshin Impact Scaramouche


    Das wars auch schon. Jeden Leser noch einen schönen Tag :3


    Anmerkung: Meisten schreibe ich jetzt Perfain als Signatur weil ich so auf den meisten anderen Plattformen heiße


    Lg Sinya

    Für wen schreibe ich eigentlich? Die Antwort fällt mir heute nur ein klein wenig schwerer als früher. Ich schreibe für mich – natürlich – aber ich schreibe auch für die die Geschichten die ich schreibe, lesen wollen. Aber wieso habe ich überhaupt angefangen? Hier wird es schon etwas schwieriger.


    Mit 8 Jahren konnte ich endlich sprechen. Also nicht nur Laute die niemand verstehen konnte. Hierbei muss ich immer wieder daran denken wie ich früher zu „Fünf“ immer nur „Wuff“ sagen konnte, aber ich schätze da gibt es wohl noch einige andere Beispiele. Man kann sich also vorstellen das Schreiben nicht unbedingt weit oben auf meiner Liste der Dinge die ich später noch einmal machen wollte, war. Vielleicht habe ich auch genau deswegen eine gewisse Abneigung dagegen entwickelt. Du kannst das sowieso nicht. Das waren immer Tatsachen und an Tatsachen kann man natürlich nichts ändern. Das weiß doch jeder. Ich denke ich verdanke es wohl meiner damaligen Lehrerin, dass ich heute da stehe wo ich jetzt bin. Mit einen Abschluss, mit Abi und der Möglichkeit zum Studium. Sie hat sich immer für die schwächeren Schülern eingesetzt. Schon mein ganzes Leben habe ich es geliebt mir Geschichten auszudenken und im Grunde wollte ich sie auch immer schreiben, auch wenn ich mir damals noch nicht eingestehen wollte. Als ich zum ersten mal einen Text schrieb, da stellte ich etwas fest womit ich wohl nicht gerechnet hätte. Schreiben macht ja Spaß. Also was macht man in so einer Situation? Nicht weiter schreiben. Natürlich, denn es ist so viel leichter die Erwartungen von anderen zu erfüllen statt das Gegenteil zu beweisen. Dabei spielte es nie eine Rolle welche Noten ich hatte oder wie ich mich wirklich anstellte. Das spielte nie eine Rolle wen andere dich ansehen und ein Urteil fällen. Führ eine lange Zeit würde ich keinen Stift mehr in die Hand nehmen. Entweder man kann schreiben oder man kann es eben nicht. Wie oft sagen das Deutschlehrer und bis heute frage ich mich ob sie das wirklich glauben was sie da erzählen? Ich für meinen Teil bereue es damals auf diese Lügengeschichte gehört zu haben. Hätte ich damals nicht darauf gehört hätte ich es jetzt leichter. Erst am Ende meiner Realschulzeit sollte ich wieder zum schreiben kommen. Ich muss gestehen das wohl Bisaboard ein großer Ansporn dafür war. So viele motivierte Menschen die an etwas schrieben, das ihnen Spaß machte. Vielleicht wollte ich da auch einfach mal auch mein Glück probieren. Und ich bin so unglaublich froh das ich diesen Schritt gegangen bin. Schreiben ist meine Leidenschaft, mein ein und alles. Das weiß ich heute mehr, als ich es damals gewusst habe. Es macht mich einfach glücklich, genauso wie es mich unglücklich macht nicht schreiben zu können. Natürlich schreibe ich auch für andere. Schreiben ist so viel mehr als nur ein paar Worte auf einem Blatt Papier. Es ist eine Art und weiße sich auszudrücken und bedeutet mir unglaublich viel. Selbst wenn meine Geschichten schlecht sind, mittlerweile spielt das für mich keine Rolle mehr solange ich schreiben kann. Ich muss gestehen, es ist nicht immer einfach. Gerade wenn ich mein Null Skript korrigiere merke ich das ich noch sehr viel lernen muss. Aber auch das macht Spaß.


    Sorry für den langen Text. Das ganze ist wohl ein Thema das mir sehr nahe geht. Long Story short. Tut das was euch Spaß macht egal was andere davon halten ´^´


    lg Sinya

    So, nach einer ganzen weile *hust* Monate *hust* gibt es hier auch mal wieder ein Update.^^


    @Smugmog: Danke :3 Moomin sagt mir aber leider nichts @.@


    @Avalanche: Bei Händen und Füßen und Händen habe ich leider immer noch große Probleme. Manchmal klappt es besser, manchmal gar nicht, das ist immer so ne Glücksache, dabei kenne ich die Anatomie eigentlich, aber sie zu zeichnen ist dann doch noch mal was anderes. <.< Schätze daran werde ich wohl noch ne ganze weile arbeiten müssen.


    So und das wars auch schon wieder. Hoffentlich wird der nächste Post nicht Monate auf sich warten lassen (sagte sie und postet am Ende des Jahres wieder) @.@

    Dieses mal ein etwas schnelleres Update, einfach weil ich endlich mal wieder dazu gekommen bin etwas mehr zu zeichnen, auch wenn es nur kleinere Projekte waren.



    Und das wars auch schon :3


    LG Sinya

    Ich hab mir ja geschworen erst wieder zu updaten wenn ich zu mindestens mit meinen einem Bild fertig werde. Da ich das aber jetzt erfolgreich über ein Jahr vor mir her geschoben habe und an anderen Dingen gearbeitet habe Update ich jetzt doch mal XD



    @Sora Starseeker
    Erst mal freut es mich unglaublich das dir das Bild damals gefallen hat. Aber ja, die Perspektive war teilweise off. @.@ Manche Gräber hatten ne andere Perspektive als die anderen @.@ Und Sora sah dann etwas draufgeklatscht aus. Ich hoffe das ich das mittlerweile etwas besser mache. Auch wenn ich daran wohl noch arbeiten muss. @.@ Aber zumidnest bei Licht und Schatten gebe ich mir Mühe es besser zu machen und versuche das immer erst zum Schluss zu machen. Sonst fallen die Schatten bei jedem Fleck des Bildes anders. Aber daran muss ich wohl noch ne weile arbeiten. Jedenfalls vielen Dank für das Lob und auch für die Kritik. ^^

    Lg Sinya

    Ich denke das das ganz nah mit dem „Wieso habe ich damals zu schreiben angefangen“ zusammenhängt. Ich habe schon früher, im Kindergarten, gerne gemalt, wie wahrscheinlich die meisten. Aber richtig angefangen habe ich erst in der 7. Klasse. Ich konnte lange Zeit nicht richtig sprechen und in Deutsch war ich erst recht nicht gut, deswegen war mir klar das ich wahrscheinlich auch nie Geschichten schreiben könnte. Aber ganz aufgeben wollte ich nicht, schließlich war Geschichten ausdenken einfach ein Teil von mir. Ich glaube es war in der 7. Klasse wo ich so richtig mit dem Malen begonnen habe. Vielleicht auch schon etwas früher. Denn wenn ich schon nicht schreiben könnte, dann wollte ich zumindest meine Geschichten malen. Damals hatte ich noch die Idee eines Comics. Gleichzeitig fing ich allerdings auch mit dem schreiben an. Mein Ziel war nicht besonders gut zu werden, sondern lediglich so gut, dass ich meine Charaktere zeichnen könnte. Meine Geschichte erzählen könnte, sodass man sie auch erkennen würde. Mehr wollte ich nicht. Ich glaube das ist eines der vielen Dinge die sich seit damals verändert haben. Das war auch der Grund wieso ich damals unbedingt noch auf Paint zeichnen wollte, denn ich hatte ja nie vor richtig gut zu werden, sondern eben nur durchschnittlich. Zu der Zeit habe ich noch alles verteufelt, was nicht Paint wahr XD. Gimp?! Was soll das den sein?! So was brauch ich doch nicht zum malen XD.
    Grafik Tablett? Niemals. Eine weitere Sache die sich verändert hat. Wie gesagt ich wollte damals nicht herausragend werden, einfach nur „gut genug“, mehr nicht. Aber irgendwann ist mir das Ganze dann doch ans Herz gewachsen. Nach und nach. Aber noch etwas hat sich seit dem verändert. Früher wollte ich immer nur einfache schnelle Charakterbilder. Die mussten nichts besonders sein oder irgendetwas vom Charakter widerspiegeln. Genauso, wie ein Bild doch niemals eine Geschichte erzählen könnte. Aber nach und nach habe ich gelernt, das die Art wie ein Charakter sich kleidet, die Mimik, aber auch die Körperhaltung genauso etwas über den Charakter aussagen kann. Genau am letzteren arbeite ich im Moment sogar expeziet XD. Anfangs waren die Charaktere vom Design noch recht einfach. Die verschiedenen Farben waren immer sehr konfus gewählt. Schattierung nur selten vorhanden. Nach und nach machte mir das malen an sich allerdings auch unglaublich viel Spaß. Oft habe ich auch Bilder von Spielen die ich gerne gemocht habe, gezeichnet. Beispielsweißen als damals BW2 raus gekommen ist. Die waren natürlich nicht sonderlich gut XD. Gleich am Anfang stand schon fest das ich unbedingt Bell zeichnen wollte. Neben dem sind natürlich auch viele Bilder meiner ersten FF „Chaos of Time“ entstanden. Irgendwann kam dann der Schritt, wo ich aufs Grafikboard umgestiegen bin. Anfangs war ich noch echt verzweifelt, weil es viel schwieriger war als ich damals noch dachte. Die Linien waren immer so ungenau, ganz anders als ich es vom Linetool von Sai gewohnt war. In der Zeit haben sich meine Bilder immer und immer wieder verändert. Einmal habe ich die Outlines extrem dick gemalt, dann wieder dünn. Selbst wenn ich damals das Grafiktablett noch verflucht habe, könnte ich mir es mittlerweile nicht mehr ohne dem Ding vorstellen. Man fühlt sich freier und das zeichnen an sich macht so einfach viel mehr Spaß. Irgendwann hatte ich dann das Level, was ich haben wollte, aber da habe ich wohl schon lange nicht mehr nur gemalt um nur die Charaktere meiner Geschichten zu zeichnen. Da wollte ich schon längst wieder besser werden. Vielleicht kennt ihr das, sobald man einen gewissen Schritt erreicht hat, will man den nächsten Schritt gehen. Ich erinnere mich noch daran das meine Figuren allesamt extrem dünn waren , mir das selber aber da nicht einmal aufgefallen ist, bis jemand mich darauf aufmerksam gemacht hat. Dementsprechend habe ich weiter gemacht und mich Stück für Stück verbessert, vielleicht etwas langsamer als andere, aber das war in Ordnung für mich. Mit jedem neuen Bild wollte ich neue Dinge ausprobieren. Dementsprechend hat sich mein Art Style auch immer und immer wieder verändert, von runden, zu kantigen Gesichter, große und kleine Augen. Detailtieres und undetailiertes Haar. Ich wollte den Bildern mehr Charakter geben und habe mir deshalb auch überlegt, wie und was sie tragen sollten. Das wiederum hängt auch mit dem Biographien zusammen, die ich angefangen habe zu schreiben. Ich habe viele unterschiedliche Techniken ausprobiert, einfach weil mir das unglaublich viel Spaß gemacht hat. Auch Szenenbilder wollte ich mal ausprobieren. Ich habe die Leute immer für solche Bilder bewundert und wollte es deshalb selbst mal probieren. Mit jedem neuen Bild habe ich irgendwie etwas dazugelernt und mittlerweile bin ich sogar schon recht weit gekommen, auch wenn ich natürlich noch viel lernen muss. Malen ist ein Teil von mir. Das wird es glaube ich auch immer sein. Genau so wie das Schreiben. Und mittlerweile möchte ich keins der Beiden missen. Auch wenn es natürlich immer wieder mal zu Kreatisfs kommt XD. Wenn ich mal beim Schreiben nicht weiter gekommen bin, dann habe ich immer gerne mal gezeichnet, weil mich das immer irgendwie inspiriert hat. Ich male einfach unglaublich gerne. Und selbst in nicht ganz so einfachen Zeiten hat es mir geholfen mich abzulenken oder einfach mal zur Ruhe zu kommen. Malen ist ein unglaublich tolles Hobby und ich kann es jeden nur wärmstens ins Herz legen.


    lg Sinya

    Ich würde es gerne mal probieren. :D Hab so was zwar noch nie richtig gemacht, aber probieren geht ja bekanntlich über studieren. So ein 4- Koma Manga dürfte ich auf jedenfall hinbekommen. @.@ Wäre dann für den Fanart Teil zuständig. ^^

    Nur ein paar von sehr sehr vielen Skizzen.

    Hi, hier kommt wieder ein kleines Update :D


    lg Sinya

    Ich finde die Idee mega interessant und wollte deshalb selbst mal was posten *.* Obwohl ich eine digitale Gallery habe, sind die meisten Bilder zuerst mit Bleistift gemalt worden XD.