"Hilfe"? Du meinst Hilfe wie die bereits erwähnten fragwürdigen "Ratschläge", die in keinster Weise helfen? Mehr wird ein Mobbing-Opfer, das die Sinnlosigkeit solcher "Ratschläge" erkennt, auch nicht mehr von diesen Menschen erwarten. Zumindest geht es mir so. Warum soll ich versuchen, "Hilfe" anzunehmen, wenn ich annehme, dass dabei ohnehin nicht mehr als solche Sprüche zustande kommen? Wenn ich ohnehin weiß, dass es keinen Nutzen haben wird? Warum sollte ich dann Bereitschaft zeigen, diese "Hilfe" anzunehmen? Damit signalisiert man diesen Leuten höchstens, dass ihre Art der "Hilfe" tatsächlich hilft, was nicht der Fall ist.
"Hör einfach nicht hin", "Krieg' ein dickeres Fell", "Pass dich einfach an"... Ich habe solche Sätze mein ganzes Leben lang gehört. Was haben sie mir gebracht? Nichts. Andere haben es bereits geschrieben: Sie sind keine "Hilfe" sondern leere Phrasen die dazu dienen, das eigene Selbstwertgefühl zu "pushen" und behaupten zu können, dass man geholfen hätte. Ich hasse solche Sprüche. Sie zu hören macht mich nur noch aggressiv. Sie signalisieren keine Hilfe sondern geheucheltes Interesse ohne jeglichen Wert.
Und dass diese Sprüche vielleicht nur ein erster Annäherungsversuch sind? Ob es nur platte Sprüche sind, oder ob da jemand ernsthaft Hilfe anbieten möchte, kannst du nicht wissen, wenn du nicht mehr zulässt.
Ganz ehrlich, wenn ich mich vor dich hinstellen würde und dir sagen würde "Erzähl mir, wie es dir geht. Sag mir, wie ich dir helfen kann, ich möchte dir ehrlich helfen.", dann wäre die Reaktion die gleiche, du sagst selbst, wozu versuchen Hilfe anzunehmen, wenn ja eh nicht mehr bei rum kommt und ich mit dem Spruch ja sowieso nur heuchle um mein Ego zu pushen?
Dann ist es auch völlig egal, ob ich platte Sprüche reiße oder tiefgründige, ernstgemeinte Reden schwinge, wegschauen ist aber auch falsch - wie man es macht, es ist ganz offensichtlich falsch.
Denn, so liest es sich für mich, können Betroffene offensichtlich Gedanken lesen, dass ja jeder, der das Thema anspricht, nur für sein eigenes Ego heuchelt.
Hilfe ist nichts einseitiges und vielleicht sollte mal bedacht werden, dass auch jemand, der solche Sätze von sich gibt, nur ein Mensch ist und nicht, wie der Betroffene es wohl kann, Gedanken lesen kann. Und, wenn er selbst nicht in der Situation war, sich das einfach schwer vorstellen kann, wieso man so manches nicht einfach überhören kann.
Alles von vornherein abzublocken, löst das Problem aber genauso wenig. Denn ob dieser jemand, den du für einen Heuchler hältst, vielleicht selber nicht so recht weiß, wie er mit dir umgehen soll und versucht, irgendwie an dich ranzukommen, ins Gespräch mit dir zu kommen ob er dir nicht doch tatsächlich helfen kann, wirst du auch nie rausfinden, wenn du pauschal alle für Heuchler hältst.
Es liegt in der Natur der Sache, dass man sich für Veränderungen auch auf etwas einlassen muss.
Denkst du tatsächlich, dass man noch wirkliches "Vertrauen" zu anderen Menschen aufbauen kann oder will, wenn man das ganze Leben lang nur auf Abneigung, Mobbing und Verrat gestoßen ist? Ich habe einigen Menschen vertraut und wurde dafür bestraft. Wie kannst du von einem Mobbingopfer erwarten, dass es einfach auf Leute zugeht?
Dass erwarte ich nicht, nein und mir ist der Umstand auch völlig bewusst.
Aber ich frage dich, was erwartest du dir von anderen, die nicht zu den Mobbern gehören, wenn du Sie pauschal als Heuchler abstempelst? Das ist in die umgekehrte Richtung prinzipiell nichts anderes.
Bitte versteh mich nicht falsch, dass Mobbing, vor allem für die Opfer, ein komplexes Thema ist, weiß ich. Dass diese Sprüche nicht helfen, weiß ich auch. Dass es nicht jeder Sozialarbeiter und Psychologe kann, weiß ich ebenso.
Ich stelle hier auch nicht die Forderung "Jedes Mobbingopfer muss halt einfach lernen, auf andere zuzugehen!" - das ist utopisch und völligst verfehlt, das ist mir klar.
Aber jede Hand, die einem entgegengestreckt wird, mal pauschal zu beißen, ist genauso wenig richtig und darum geht es mir.
Dass man nicht jedem sofort vertraut, ist mir auch klar und das ist auch nicht Sinn der Sache, das erwartet ja niemand. Aber nur weil ich jemandem nicht vertraue, heißt das nicht im Umkehrschluss, dass ich ihn deswegen komplett zurückweisen muss. Ich kann jemandem auch misstrauen, und ihn deswegen trotzdem beobachten und prüfen, ob es hier nicht doch um jemanden handelt, der sich Mühe mit mir geben möchte.
Denn dass bei ständiger Zurückweisung das Gegenüber, dass vielleicht wirklich ehrlich helfen möchte, auch irgendwann mit seinem Latein am Ende ist, ist dann auch nicht verwunderlich. Ist dann prinzipiell die gleiche Situation und das gleiche Bild, das du vom anderen hast, nur aus der anderen Richtung: "Der will mir nicht helfen." - "Der will meine Hilfe nicht."
Ein Erwachsener hat vielleicht mehr Geduld, dass aber gerade Jugendliche da schneller das Handtuch werfen, finde ich wenig verwunderlich.