Beiträge von Yura

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    [tabmenu][tab=~]Lang, lang ist es her und ich entschuldige mich schon einmal im Vorneherein dafür das es so lange gedauert hat. Lag wohl an meinem kleinen Kreatief, mit dem es mir nicht möglich war, dass nieder zu schreiben, was ich wirklich nieder schreiben wollte. Wer selbst schreibt, weiß sicherlich was ich damit meine. Ich hoffe es besteht trotzdem noch Interesse an der Fanfiction, nicht dass ich in dem inaktiven Zeitraum all meine Leser verloren habe. Vor allem bei diesem Kapitel, bei dem näher auf Niobes Bruder Inari eingegangen wird. Als Autorin liegen mir natürlich alle meine Charakter sehr am Herzen, allerdings habe ich vor allem an Inari einen Narren gefressen. Vielleicht kann es der eine oder andere nachvollziehen, sobald er das Kapitel gelesen hat, aber genug der Vorworte und viel Spaß beim Lesen.
    [tab=Cáithlyn]Erst einmal vielen Dank für deinen Kommentar. Der bedeutet mir als Fan deiner Fanfictions nämlich sehr viel, vor allem wenn er so überwiegend positiv ausfällt wie hier. An der Kommata Setzung arbeite ich nach wie vor, auch wenn ich nicht behaupten kann, dass ich inzwischen ein Gefühl dafür bekomme. Das ist mir wohl einfach nicht gegeben, was aber nicht heißt, dass ich mir keine Mühe gebe mögliche Fehler zu vermeiden. Du sprachst außerdem den Kontrast zwischen Sprechweise und Gedanken. Ja, das ist mir bereits selbst aufgefallen, dass die Andersartigkeit zwischen Sprech und Denkweise schon sehr krass sind, allerdings habe ich persönlich irgendwie daran bereits Gefallen gefunden und werde daher auch so weiterschreiben. Ich nenne es an dieser Stelle einfach mal meinen eigenen Stil ;).


    Ja die Sidestory... und Ivorys Arroganz. Erwähnt hatten es andere hier bereits auch schon, dass Ivory ihnen etwas unsympathisch hier vorkommt. Eigentlich war es sogar meine Intention Ivory etwas sehr arrogant und selbstzentriert, immer ein Motiv hinter allem habend, darzustellen. Erstens weil es nach allem ein prägender Charakterzug ist, den ich im Verlauf der FF bearbeiten möchte, zweitens weil es mir menschlicher vorkam. Seien wir mal ehrlich: Wir Menschen sind im seltensten Fall wirklich, wirklich selbstlos ohne jedes Motiv zu haben. Etwas übertrieben habe ich in der Sidestory aber wohl doch, da selbst mir nach erneutem Lesen Ivory plötzlich ziemlich hassenswert vorkam. Das sollte wohl lieber nicht so sein xD.


    Schön das dir die bisher beschriebene Beziehung zwischen Ivory und Brave gefällt^o^. Bei solchen Stellen bin ich selbst immer ganz dabei beim Schreiben, von daher freut es mich wenn der Leser Selbiges empfindet wie ich. Größere Entwicklungen stehen schon bald an, da ich ewiges auf der gleichen Stelle treten nicht sonderlich interessant auf die Dauer finde. Aber für den Moment ist es so gut wie es ist, von daher ließ ich das sechste Kapitel auch sehr friedlich, ohne plötzliche Twists auslaufen. Niobe als zwielichtiger Charakter scheint bei dir auch gewirkt zu haben *selbst auf die Schulter klopf* genauso wie... Mampfaxo. Ich glaube den kann im Grunde niemand so wirklich ernst nehmen, aber ich bin schon ziemlich in Mampfaxo vernarrt, weswegen es fast ein Muss das ein Charakter meiner FF ein Mampfaxo besitzt. Wieso also nicht dem Charakter mit dessen Motto "Der Schein trügt" ein solche Pokemon geben? ;D [/tab][/tabmenu]


    Kapitel 7 – "Ich tue nur so, weißt du?"


    „Geh sofort zu dem Turnier rüber! Keine Abstecher, verstanden? Ich bin auch zum Start der zweiten Runde wieder da. Keine Sorge!“, rief Brave mit erhobener Hand zum Abschied, bevor er sich endgültig umdrehte und sich von dannen machte. Die Pokemon füttern, sagte er. Weil er sie wahrscheinlich nicht mehr allzu lange sehen würde.
    „Die Pokemon sind doch vorher auch schon gut ohne dich ausgekommen“, murmelte ich mir selbst etwas enttäuscht selbst zu. Nicht einmal die Möglichkeit seinen wohlgeformten Rücken zu begutachten hatte er mir gegeben, weil er auf diesem einen riesigen Futtersack geschultert hatte, worauf mir auch einmal mit einem mulmigen Gefühl bewusst wurde wie stark er eigentlich war, wenn ihn gerade kein Mädchen mit unglaublicher Beinkraft vermöbelte.
    Ein ungläubiger Seufzer entfuhr, bevor ich mich schließlich auch in Bewegung setzte. Ich sollte direkt zu dem Wettkampf gehen? Gut, dann würde ich das tun, wenn Brave so um mich besorgt war, dass ich nicht alleine in der Stadt umher spazieren konnte.
    Der Gedanke dass er sich trotz allem immer noch ein Fünkchen Sorge um mich hielt, ließ mich minimal optimistischer mit der Enttäuschung umgehen, dass er mich nur mit in die Stadt gezerrt hatte, um einen Sack Pokemonfutter zu kaufen und nicht etwa um etwas Zeit mit mir zu verbringen. Das Futter wurde von meinem Geld bezahlt verstand sich, schließlich hatte er selbst ja keines mehr zu erübrigen.
    Bis zum Start der zweiten Runde des Vapydro Turniers, war es beinahe noch eine ganze Stunde, aber da die Teilnehmer ohnehin nach Möglichkeit bereits eine halbe Stunde vorher erscheinen sollten, würde es wohl kaum schaden wenn ich jetzt schon gehen würde, vor allem weil ich auf diese Weise vielleicht Niobe wieder über den Weg laufen würde.
    Eine kleine Flamme der Motivation tat sich in mir auf. Genau, Niobe. So hieß mein nächstes größeres Ziel, dass ich auch definitiv erreichen würde. Denn ich wusste im Inneren genauso gut wie sie selbst, dass es mir keinesfalls egal war dass sie gerade nicht neben mir herlief und wortlos neugierige Blicke auf ihre Umwelt warf. Jeden der um mich herum wuselnden Menschen, Bewohner Vapydros, auf genaueste in Augenschein nehmend und nebenbei die Wahre der umliegenden Geschäfte begutachtend, wenn auch ohne wirkliches Interesse an diesen zu zeigen. Ob es nun die funkelnden Ketten, Uhren und Ohrringe des Juweliers einige Schritte von mir entfernt waren, oder die neuesten Konsolenspiele des Elektronikgeschäfts. Bei genauerem Bedenken, schenkte ich den vielen Gütern um mich herum ebenfalls nur herzlich wenig Beachtung. Vom Hobby Material bis hin zu der nächstbesten Kleidungskette. Ein weiteres Mal fiel mir auf, wie wenig ich bisher aus meinem eigenen Leben gemacht hatte. Keine wirklichen Ergebnisse oder Erfolge hatte ich bisher aufweisen können, nicht einmal in einem Hobby, da ein solches schlicht und ergreifend nie wirklich existiert hatte. Ganz erklären, weshalb ich jegliche Art von aufwendiger Aktivität früher abgelehnt hatte, konnte ich mir auch nicht. Vielleicht waren es Selbstzweifel gewesen, vielleicht aber auch nur das Fehlen von jeglicher Motivation. Wirklich etwas gewünscht hatte ich mir ja niemals, wenn man davon absah, dass ich Brave näher kommen wollte. Ein Leben in geregelten Bahnen, ohne größere Probleme oder Vorkommnisse hatte schließlich auch seinen Reiz. Es war einfach und ohne jegliche Anstrengung zu bewältigen, ohne sich auch nur eine Sekunde vor einer unvorhersehbaren Wendung fürchten zu müssen. Durchaus hatte es Höhen und Tiefen gegeben, jedoch waren diese im Nachhinein kaum erwähnenswert, ja teilweise sogar bei näherer Betrachtung ziemlich kindisch gewesen. Trotzdem kam mir so ein Leben wie ich es bisher geführt hatte nun wo ich auf Reisen war, plötzlich unvorstellbar vor. So als wäre ein versteckter Wunsch nun endlich ans Tageslicht gekommen um sich voll und ganz in seiner Erfüllung auszutoben, bestmöglich die Vergangenheit in der er im Verborgenen gelebt hatte ausblendend.
    Plötzlich, ohne einen Hauch von Vorahnung, spürte ich ein stechendes Gefühl in meinem Brustkorb. Nein, kein Stechen, viel eher ein Pulsieren, dass bei jedem Schlag an Intensität zunahm und sich stetig weiter durch meinen Körper fraß und dass nur innerhalb einem Bruchteil einer Sekunde. Überwältigend, unterdrückend, so als würde man eine gewaltige Masse an geistiger Kraft auf mich allein fokussieren. Jemand stand hinter mir, kaum einen Meter entfernt schätzte ich, ohne auch nur einen Blick in die Richtung zu werfen, denn die Ausstrahlung dieser Person war so intensiv, dass ich förmlich Gänsehaut bekam.
    Noch einige weitere Sekunden wagte ich es nicht mich umzudrehen um die Identität des Jemands zu entschlüsseln, tief im Inneren hatte ich jedoch schon eine leise Vorahnung, wer dieser Jemand sein könnte. Schluckend wandte ich meinen Blick in dessen Richtung und erstarrte, als ich erkannte dass meine Vorahnung sich als richtig erwiesen hatte.
    Die stechend gelben, wegen der Sonne leicht zusammengekniffenen Augen Inaris fixierten mich und ließen in eine Starre fallen. Keinesfalls unfreundlich wirkte sein Gesichtsausdruck, nein, sogar ein recht charmant wirkendes Lächeln, dem wohl jedes andere Mädchen sofort verfallen wäre, hatte er aufgesetzt. Jedoch entging mir gleichzeitig auch nicht die subtile Andersartigkeit dieses Lächeln, die es etwas Unheimliches, Unheilbringendes an sich hatte, das in mir Angst auslöste die schleichend durch meine steifen Glieder kroch. Wie im Schnelldurchlauf, fuhr mir das Gespräch mit Brave durch den Kopf, in dem auf die Gefährlichkeit der Densetsu hingewiesen hatte und sofort ergriff Panik innerhalb von mir die Oberhand. Was die Densetsu ihren gegnerischen Pokemon antaten, war sicherlich auch an deren Trainer ausführbar, wenn nicht sogar noch leichter.
    Ich schluckte und ein einziger Gedanke machte sich in mir breit: „Renn!“
    Wie aus der Pistole geschossen, wollte ich mich von Inari abwenden, doch erkannte er früh genug meinen Fluchtversuch und packte mich am Handgelenk. Allein dieser eine Handgriff versprühte Schmerz in meinem ganzen Arm, selbst wenn mein Peiniger nur das Handgelenk selbst konfrontierte. Unter dem Druck des Griffs fühlte sich dieses an, als stünde es kurz vor dem Zerbersten in hunderte von winzig kleinen Einzelteilen.
    Hilfesuchend sah ich mich um, doch die Besucher der Einkaufstrasse waren mehr damit beschäftigt zur Arbeit zu kommen und sich durch die Massen zu schieben. Ich wollte um Hilfe schreien, doch mein Hals fühlte sich unendlich trocken an, als käme ich geradewegs von einem Marsch durch die Wüste und auch sonst wollten meine Stimmbänder vor plötzlicher Furcht keinen Ton zustande bringen. Nein, viel eher kam es mir so vor, als hätte jemand meine Fähigkeit zum Sprechen völlig lahm gelegt. Sie mit roher Gewalt unterdrückt, damit ich keinesfalls auch nur einen Murks von mir gäbe.
    „Ivory war es, oder?“, harkte Inari nach, sein Lächeln keine Sekunde absetzend. Erschrocken starrte ich ihn an. Woher kannte er meinen Namen? Hatte Niobe ihm ihn erzählt? Hatte sie ihm womöglich etwa alles über unseren Verdacht erzählt?
    „Stört es dich wenn ich dich für eine Sekunde entführe?“


    Nervös wanderten meine Augen von rechts nach links. Die gerade noch so furchteinflößend wirkende Situation hatte sich zu einer völlig anderen gewandelt. Das Kinn desinteressiert auf einer Hand gestützt, mit der anderen eine Tasse Kaffee haltend, beobachtete Inari mich. Nichts anderes. Dann und wann schien er das Interesse an mir zu verlieren und schaute sich nach den anderen Gästen des Cafés in das er mich gezerrt, nachdem er mir seine Kidnapping Aktion preisgegeben hatte, um, nur um dann den Blick wieder auf mich zu richten.
    Inari wirkte erstaunlich normal mit der Sonnenbrille auf dem Kopf, dem sichtlich teuer aussehendem, weißem Hemd und der dunkelblauen Jeans Hose die er trug. Es ließ mich schon beinahe Schaudern, dass ich ihn wohl für einen ordinären Menschen gehalten hätte, würde dort nicht dieses lange, auffällige Schwert an seiner Seite baumeln, bei dem ich mich fragte, ob es nicht gegen die Waffengesetze des Landes verstieß. Nicht dass ein Densetsu sich zwingend daran halten müsste. Das Café würde sich wohl auch kaum beschweren, denn die Kellnerinnen nahmen kaum Notiz von der eigentlich angsteinflößenden Waffe. Eventuell lag dies aber auch an ihrer Professionalität, denn der Laden in dem wir uns befanden war eindeutig ein guter und dementsprechend teuer, was man schon allein an den gepolsterten Stühlen und Tischen aus dunklem, beinahe schwarzem, glänzendem Holz, in das detailverliebte Schriften eingraviert wurden. Die dunkel gefärbten Fenster zu unserer rechten, ermöglichten uns nach draußen zu sehen, ohne dass man es von der Außenseite hätte sehen können. Selbst im spärlichen Licht funkelnde Kronleuchter hatte man hier aufgehängt, was dem Ambiente einen äußerst edlen Eindruck verlieh.
    Was zum Teufel wollte der Kerl von mir? Er hatte mir wohl kaum diesen Überraschungsbesuch gestattet, nur um mich anzustarren, oder? Je mehr ich darüber nachdachte, desto misstrauischer wurde ich Niobes Bruder gegenüber. Zwar war ich das sicherlich schon vorher gewesen, doch nun konnte ich scheinbar nicht einmal mehr meinen schlimmsten Vorstellungen trauen. Konfus.
    Inari nahm den letzten Schluck Kaffee aus der Tasse, bevor er sich zurücklehnte, die Hände im Nacken.
    „Wie geht es Niobe?“, fragte Inari wie aus dem Nichts, machte dabei aber einen eher gelangweilten Eindruck. Bei genauerer Betrachtung war sein platinblondes Haar beinahe genauso weiß wie dass seiner Schwester, ebenso wie sein Gesicht feine Züge wie ihres besaß. Nun hatte er nach einer halben Ewigkeit endlich ein Gesprächsthema angeschlagen, aber wieso war es seine Schwester, wo die beiden sich doch ganz offensichtlich alles andere als gut verstanden?
    „Wissen sie. Wenn es nur das ist, dann könnten sie mich bitte gehen lassen? Ich bin Teilnehmerin am Vapydro Turnier, welches in einer halben Stunde starten wird. Es wäre eher unvorteilhaft für mich zu spät zu kommen. Am Ende werde ich noch disqualifiziert“, versuchte ich mich herauszureden, die Stimme möglichst kühl klingen lassend.
    „Keine Sorge deswegen“, antwortete Inari nur und ließ mit einer geschickten Bewegung sein schlichtes, schneeweißes Handy aus seiner Hosentasche springen und schob es mir herüber. Zu sehen war ein Bild meinerseits. Darunter eine Zeit, welche besagte dass mein Turnierkampf in knapp zwei Stunden stattfinden würde.
    Fragend blickte ich auf.
    „Darf ich fragen woher sie diese Informationen haben? Die Gegner werden in jeder Runde bis zum Finale ausgelost, wenn ich mich nicht irre“, wollte ich wissen.
    „Jeder“, Inari schmunzelte, während er sein Handy zurück zog, „Hat so seine Quellen, oder? Nicht dass ich dir etwas darüber erzählen würde, aber es entspricht der Wahrheit, oder? Schon allein wenn man ins Internet geht verwendet man eine Quelle, richtig? Ach, du kannst mich übrigens ruhig duzen. So alt dass du mich für voll nehmen müsstest, bin ich auch wieder nicht.“
    Schlagartig zogen sich meine Mundwinkel herunter. Dass erinnerte mich schon etwas mehr an den Inari den ich damals an den Vapydro Werken getroffen hatte. Gesprächig. Unerträglich gesprächig, das traf es.
    „Aber ich hoffe du wolltest mit der Frage nicht nur meiner Neugierde nach dem Wohlergehen meiner Schwester aus dem Weg gehen.“ Er schloss ein Auge, während er mich mit dem anderen erneut anstarrte, worauf ich kurz zusammen zuckte und zur Seite blickte.
    „Ihr geht es gut“, murmelte ich ausweichend. „Wieso interessiert dich das so sehr?“
    „Wieso?“ Mit einem erstaunten Lächeln sah er mich an. Sein Blick hatte etwas Heuchlerisches. „Sie ist meine Schwester, weißt du? Als ihr Bruder wird man sich doch wohl um seine kleine Schwester sorgen dürfen. “
    „Nein, das meine ich nicht. Ich hatte nur den Eindruck, dass du und Niobe“, ich zögerte und überlegte ob ich folgendes wirklich aussprechen sollte, um dann aber schließlich doch fortzufahren, „Sich nicht sonderlich gut verstehen.“
    Inari kicherte leise in sich hinein. „Sieht so aus, was? Aber sie hat es doch erzählt, oder? Hat sie?“ Etwas überrumpelt von der eigenartigen Nachfrage, stammelte ich etwas herum und antwortete mit Kopfschütteln. Der darauf folgende Gesichtsausdruck Inaris ließ sich wohl als eine eigenartige Folge von Verblüffung, einem getrübtem, selbstironischem Lächeln und schließlich das Absenken der Stirn in seine Handfläche für einen Moment, bevor er mich unterkühlter Miene anblickte. Einen Moment schauderte ich, als ich erneut die große Ähnlichkeit der Geschwister erkannte. Weniger an ihrem Gesicht selbst, als an der Ausdrucksweise. Kam es nur mir so vor, oder verhielt er sich tatsächlich etwas anders als bei unserer ersten Begegnung?
    „Und du wolltest nur das fragen?“, wollte ich wissen, wenn auch zurückhaltend und im leisen Ton.
    „So ziemlich.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wo ist sie gerade eigentlich? Normalerweise rennt sie nicht gerne alleine rum.“ Erleichterung durchfuhr mich. Scheinbar hatte Niobe bisher keinen Kontakt zu ihrem Bruder aufgenommen, sonst hätte er wohl schon gewusst, dass Niobe sich momentan nicht bei mir befand.
    „Man könnte sagen… wir hatten eine kleine Auseinandersetzung.“
    „Die Kleine ist schwierig, am besten du gehst einfach auf sie zu. Das wird sie dermaßen zu rühren, dass sie in Tränen ausbricht. Sie ist soziale Kontakte nicht gewöhnt.“ Inari winkte eine Kellnerin heran, wobei er ein strahlendes Lächeln aufsetzte, von dem die hübsche Kellnerin ganz offensichtlich affektiert war, und bestellte sich ein Glas Wasser.
    „Niobe und in Tränen ausbrechen?“, harkte ich nach, als er mit der Bestellung fertig war.
    „Selten, zugegeben. Trotzdem ist sie eine verdammt Heulsuse.“ Angesprochener zuckte mit den Schultern und lehnte sich zurück. „Wobei, wahrscheinlich wirst du sie niemals weinen sehen, solange ihr Blizzach nicht mal einen Besucht abstattet.“
    „Du meinst das Blizzach in der Sinnoh Region?“
    „Genau, genau. Schrecklicher Ort. Das ganze Jahr über Schnee, klirrende Kälte und fanatische Sektenanhänger die einen nicht einfach mit sich reden lassen. Nicht dass ich Sinnoh nicht schon nerv tötend genug fände.“
    „Das hattest du schon einmal erwähnt.“
    „Weiß ich, weiß ich“, antwortete er lächelnd. Fände ich ihn nicht so schrecklich unheimlich, würde ich dieses wahrscheinlich sogar als schön empfinden.
    Auf einmal kam mir eine Idee und ich ballte die Fäuste auf meinen Schoss, schaute einige Sekunden auf diese, um dann mit festem Blick zu meinem Gegenüber zu blicken.
    „Inari! Würde es dir etwas ausmachen wenn ich dir ein paar Fragen stellen würde?“ Für den Bruchteil einer Sekunde zuckte ein Hauch von Misstrauen durch Inaris Gesicht, bevor er sein Lächeln wieder voll funktionstüchtig machte.
    „Sicher, auch wenn ich nicht wüsste was du mich fragen könntest“, erklärte er, worauf mein Blick mit ironischer Miene zu dem Schwert an seiner Seite wanderte.
    „Dort könnte man schon mal anfangen,“ sagte ich mir in Gedanken, setzte dann aber zu meiner ersten Frage an. Wenn ich schon einmal hier war, sollte ich die Gelegenheit nutzen und das offizielle Densetsu Mitglied etwas ausfragen.
    „Niobe erzählte mir, dass ihr der Densetsu Familie angehört. Ist das wahr?“ Inari zögerte, antwortete dann aber ruhig, aber für ihn ungewöhnlich knapp: „Ja. Weiter?“
    „Vielleicht ist es ein wenig ein Hirngespinst meinerseits, aber ist es euch in irgendeiner Art und Weise möglich eure Präsenz zu wechseln? Ich meine, dass ihr euch für andere Menschen allein durch das ändern der eigenen Präsenz beispielsweise unsichtbar macht.“ Es war banal, aber man könnte wohl sagen dass ich es praktisch schon zwei Mal miterlebt hatte. Das erste Mal als er seine Präsenz vor Niobe und mir in den Vapydro Werken verborgen hatte, während sich das zweite Mal kaum vor einen halben Stunde ereignet hatte. Nicht nur hautnah sein ganzes Selbst hatte ich gespürt, nein aus unerklärlichen Gründen bediente sich seine Präsenz so einer Macht, dass es mir die Stimme verschlagen, Panik in mir ausgelöst hatte. Eine Panik mit der ich wohl in einer normalen Situation kaum reagiert hätte.
    Inari begann laut an zu lachen, dass ihm schon beinahe die Tränen in die Augen schossen.
    „Du bist wirklich clever! Hast es heraus bekommen ohne dass ich ein Wörtchen darüber verloren habe.“
    Mit halb geschlossenen Augen verzog ich unzufrieden einen Mundwinkel.
    „Aber nur fast. Wirklich nur fast. In unseren Reihen nennen wir diese Fähigkeit Königsspiel und im Grunde“, mit einer geschickten Handbewegung warf er die leergetrunkene Kaffeetasse in die Höhe, bevor er seinen Satz beendet hatte. Automatisch folgte ich mit meinen Augen der Bewegung der Tasse, als ich plötzlich eine metallische Kälte an meiner Stirn spürte. Sofort schoss mein Blick zu besagter Stelle, bis ich erkannte, dass Inari ein Messer gegen meine Stirn gerichtet hatte, während er mit seiner freien Hand die hochgeworfene Tasse auffing und wieder auf dem Tisch platzierte
    Vor Schreck setzte mein Herz für einen Schlag aus und ich starrte mein Gegenüber mit aufgerissenen Augen an. Dieser lächelte nur sichtlich amüsiert. Ein wenig zu amüsiert nach meinem Geschmack, sodass mir wieder einfiel, weshalb ich ihn noch einmal so unheimlich fand. Paradoxerweise schien kein Mensch um uns herum in dem gut besuchten Cafe, sich für Geschehenes zu interessieren, so als hätten sie es überhaupt nicht bemerkt. Wahrscheinlich hatten sie dies auch wirklich nicht.
    „Lustig nicht wahr? Nicht?“ Nun grinste er noch ein ganzes Stück breiter, zog dann aber schließlich das Messer zurück, worauf ich erleichtert aufatmete. Ein kleiner Blutstropfen rann von der Stirn über die Nase um dort hängen zu bleiben. Eiligst wischte ich ihn mit dem Ärmel meines Shirts ab und war erstaunt dass aus der kleinen, kaum spürbaren Wunde die Inari mit dem Messer verursacht hatte, so verhältnismäßig viel Blut herausquoll.
    „Ich verrate dir ein kleines Geheimnis meinerseits. Weißt du was ich wirklich liebe?“ Erneutes hämisches Grinsen. „ Anderen Leuten Angst einzujagen. Man könnte es wohl schon als Hobby von mir bezeichnen, weil ich so gut darin bin. Stimmst du mir nicht zu?“
    „Doch. Voll und ganz“, antwortete ich wahrheitsgemäß, wenn auch alles andere als glücklich. „Das beantwortet aber nicht meine Frage.“
    Seufzend hob Inari eine Braue.
    „Und ich dachte, ich hätte es mit meinem kleinen Kunststück erklärt. Aber nun gut. Wenn du so willst. Im Grunde ist es ein einfacher Trick. Wir selbst können unsere Präsenz nicht ändern. Das ist nach allem schier unmöglich, aber wir können die Aufmerksamkeit der Leute auf andere Dinge ziehen. Wie ich es hier mit der Tasse gemacht habe, um dich abzulenken. Nun… zugegebenermaßen ist das Königsspiel noch ein ganzes Stück komplexer, wodurch es noch ein mehr Verwendungsmöglichkeiten findet als für den Zweck den ich dir gerade gezeigt habe, aber allem in allem basiert es auf dieser kleinen Spielerei. Wobei es schwieriger wird, sobald man versucht mehrere Personen gleichzeitig zu kontrollieren.“
    Ungläubig wandte ich meinen Kopf etwas zur Seite, ließ meinen Blick aber nicht von meinem Gegenüber weichen.
    „Das ist unmöglich. Ich hätte doch im Augenwinkel bemerkt, wie das Messer sich mir nähern würde. So fixiert auf die Tasse kann ich gar nicht gewesen sein.“
    „Eh, schenkst meinen Worten wohl kein Vertrauen. Du glaubst gar nicht wie leicht man einen Menschen ablenken kann. Unvorstellbar, aber es war nicht mehr als dieser Trick und eine gewisse Geschwindigkeit meinerseits. Jeder könnte das Königsspiel erlernen, selbst du wenn du einen geeigneten Lehrer hättest. Aber selbst dann wäre es wohl unglaublich viel Arbeit und würde die Dinge nicht leichter machen.“
    Einen Moment zögerte ich bevor ich zu meiner nächsten Frage ansetzte und entschied mich Inaris Worte für bare Münze zu nehmen.
    „Dann kann Niobe dieses „Königsspiel“ auch anwenden?“
    „Machst du Witze? Natürlich nicht. Wir sprechen immerhin von Niobe.“ Sein Gesicht nahm eine spöttische Haltung an.
    „Nein? Aber ist sie denn keine Densetsu? Es ist allgemein bekannt dass ihr… nun ja… unglaublich seid.“
    „Sicher, sicher, aber es ist immer noch Niobe. Das schwarze Schaf der Familie. Zu nichts fähig, mit minderem Talent und dazu leicht außer Kontrolle zu bringen. Sie ist wohl kaum mit anderen Densetsu zu vergleichen.“ Inari erhob seine Hände und zuckte mit den Schultern. „Sie hasst diesen Klan mehr als alles Andere, aber das kann man ihr auch nur schwer verübeln.“
    Wortlos starrte ich ihn an und traute meinen Ohren nicht. Niobe das schwarze Schaf des Densetsu Klans? Völlig unmöglich. Ich hatte doch ihre enorme Stärke gesehen, den Densetsu Stil und die Kühle in ihrem Blick. Keines davon gab einen Hinweis, dass sie ein solches sein, geschweige den ihren Klan hassen könnte.
    „Glaubst mir wieder nicht, hm?“ Niobes Bruder senkte seinen Kopf auf die Hand und kniff die Augen zusammen. „Aber ich kann dir versichern. Alles was ich sage entspricht der Wahrheit, auch wenn dich Niobes Kräft beeindruckt haben mögen: Im Gegensatz zu anderen Mitgliedern dieses Klans ist sie nicht einmal erwähnenswert, weißt du?“
    „Wieso hasst sie die Densetsu?“, wollte ich wissen.
    „Meinst du in einem Klan wie unserem wird gut mit ihr umgegangen bei einer solchen Schwäche? Sie mag eine leichte Sehbehinderung haben, dass gilt in unserem Klan aber noch lange nicht als Entschuldigung.“
    „Moment! Sie hat etwas mit ihren Augen?“ Ungläubig mit leichter verstörter Miene starrte ich ihn an.
    „Niobe ist ziemlich gut darin es zu vertuschen, aber ja, ihre Augen sind nicht ganz funktionstüchtig. Sie hat eine verminderte Sehschärfe und das mit dem räumlichen Sehen soll angeblich auch nicht immer ganz hinhauen. Das ist aber normal für Albinos. Nichts Ungewöhnliches.“
    „Wenn sie so eingeschränkt ist, dann solltet ihr sie aber nicht als unfähig bezeichnen“, zischte ich leise, während langsam in mir Wut aufkeimte. So abfällig wie Inari von seiner Schwester sprach, war dies kein Wundern.
    „Wie gesagt: Ihr Albinismus ist keine Entschuldigung bei uns. Es gibt blinde und überaus talentierte Densetsu in unseren Reihen, die auch gut gegen Gegner ankommen die ihr Augenlicht noch besitzen.“
    „Trotzdem“, knurrte ich mit ebenso zusammengekniffenen Augen wie die seinen. „Das klingt abscheulich.“
    „In der Tat, nicht?“ Wieso stimmte er mir zu, wo er doch so gelassen grinsend vor mir saß, sichtlich desinteressiert an den Umständen mit denen Niobe konfrontiert wurde. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten und presst die Zähne zusammen, um mich wieder zu beruhigen.
    „Wieso ist sie dann noch nicht aus dem Klan ausgetreten?“ Anstatt eine Antwort zu geben, zog Inari seine zweite Hand zu Nutze um seinen Kopf darauf zu stützen und wiegte diesen auch darauf leicht hin und her. Die Augen hielt er dabei geschlossen, als würde er über etwas nachgrübeln, eine Antwort, vielleicht eine Ausrede findend.
    „Du scheinst mir etwas zu viel zu wissen. Das dachte ich mir schon vor einer ganzen Weile.“
    Erschrocken zuckte ich zusammen.
    „Ich weiß nur von dem, was mir Niobe erzählt hat“, antwortete ich gespielt unterkühlt. „Und ein wenig aus dem Internet, aber ansonsten fällt mir nichts ein.“
    „Hm. So kenne ich meine Schwester ja gar nicht. Leute die ihr am Herzen liegen in Gefahr zu bringen.“ Das spöttische Grinsen seinerseits machte mich unsicher und ganz automatisch wich ich dem stechend gelben, schlangenähnlichen Augenpaar aus, was ich schon eine Sekunde darauf sichtlich bereute. Mit einer solchen Reaktion verriet ich mich doch nur noch mehr.
    „Sprich aus was du weißt. Vielleicht kann ich dir sogar etwas weiterhelfen. Wer weiß?“, forderte mich Inari auf und machte eine ausschweifende Geste mit der Hand in meine Richtung.
    Wie sollte ich jemals einem Menschen wie Inari vertrauen können? Egal aus welcher Perspektive ich ihn betrachtete, er schien mir falsch. Durch und durch ein Lügner der sich hinter einem freundlichen Gesicht versteckte. Mehr wie ein verzerrtes, surreales Menschenabbild, als tatsächlich human. Seine Gestik, seine Stimme, seine ganze Ausstrahlung hatte etwas Übernatürliches, was ich noch nie zuvor bei einem Menschen beobachtet hatte.
    „Dann beantworte doch erst einmal meine vorige Frage“, murmelte ich.
    „Ich hatte es vergessen zu erwähnen, aber das fällt wohl in die Kategorie „Persönliche Angelegenheiten“. Wir Densetsu bewahren gerne unsere eigenen kleinen Geheimnisse von denen unter Umständen kein Außenstehender, unter denen du dich zwangläufig befindest, erfahren darf. Aber keine Sorge, du kannst Niobe ja direkt fragen.“
    „Dann was ist mit dir. Wieso verstehen Niobe und du sich nicht?“
    „Ich habe ihr jeden Morgen das Frühstück gekocht, sie immer zur Schule gebracht und ihr bei den Hausaufgaben geholfen“, erklärte Angesprochener mit sichtlicher Ironie. „Was glaubst du denn? Sehe ich für dich wie das liebe Bruderherz aus?“
    „Nein“, antwortete ich schroff, aber durchaus der Wahrheit entsprechen.
    „Gutes Mädchen. Ein paar weniger offensichtliche Fragen?“
    Ebenso wie er schmunzelte ich mit einem auffordernden Blick durch meinen zusammengekniffenen Augen.
    „Deine Mission. Bei den Vapydro Werken hattest du von einer Mission gesprochen. Kamst gerade aus Sinnoh zurück.“
    „Ein Auftrag der internationalen Polizei. Soll mir einen anthropophoben Psychopathen, den die Kerle immer noch nicht ausfindig machen konnten, krallen. Nicht dass ich sonderlich daran interessiert wäre, aber ich sah es als kleine Herausforderung.“
    „Hm? Ihr Densetsu arbeitet mit der Polizei zusammen?“, harkte ich nach. An Braves Verdacht war also tatsächlich etwas dran.
    „Dann und wann. Man bezieht nun mal gerne unsere Fähigkeiten mit ein“, erläuterte Inari so als wäre es etwas völlig Alltägliches. „Unserem Ruf schadet es auch nicht. Von daher.“
    „Ich habe immer geglaubt, dass ihr nur an Turnieren teilnehmt.“
    „Größtenteils, das ist wahr. Aber Abwechslung ist dann und wann auch mal ganz nett. Sterbe manchmal vor Langeweile.“
    „So?“ Die Ordinarität die plötzlich in seine Stimme und Ausdrucksweise eingetreten war machte mich misstrauisch. Es klang plausibel was er dort sagte, aber hatte er vielleicht Verdacht geschöpft, dass ich eventuell mehr über die Densetsu wissen könnte als ihnen zu liebe war und mich so auf die falsche Fährte locken wollte? Zutrauen würde ich ihm das durchaus, aber agierte er dafür nicht fast schon etwas zu offensichtlich?
    „Dann ist ja selbst die Polizei beeindruckt von euch. Hätte ich gar nicht gedacht.“
    „Nein? Einen guten Ruf genießen wir doch in der ganzen Region.“
    „Doch, doch. Nur war ich etwas überrumpelt als Niobe den Densetsu Stil beim Turnier anwendete. Es wirkte schon etwas grausam.“
    „Nach allem ist sie immer noch eine Densetsu, selbst wenn sie uns hasst“, Inari kicherte. „Der Stil hat etwas Monströses an sich, dem bin ich mir durchaus bewusst. Man könnte aber wohl sagen dass er unseren Adern liegt. Wir beherrschen keinen Stil besser als diesen und werden es auch nie tun, als geborene Densetsu.“ Für einen kurzen Moment wollte ich beobachtet haben, wie sein Blick abschweifte. Irgendwo weit in die Fern, wohin ich niemals blicken können würde. Wieso war alles an diesem Mann nur so schrecklich fragwürdig und zweideutig? So konnte ich wohl unmöglich Brauchbares aus ihm herausbekommen. Alle Antworten waren legitim und sicherlich zu einem gewissen Grad sogar wahr, aber wo begann die Lüge hinter seinen Aussagen, sofern es überhaupt eine Solche war?
    „Ihr seid also sehr traditionsbewusst, ja?“
    „Irgendwie.“
    „Ehrlich gesagt finde ich das interessant. Heutzutage hat man das Gefühl dass alles immer wieder der Moderne verfällt. Kommt man schon beinahe nicht mehr mit.“
    „Wünscht man sich fast, dass die Konzerne einen Gang runter schalten und nicht alle zwei Monate einen neuen 3D Fernseher auf den Markt bringen, nicht?“, gab Inari hinzu und grinste ausnahmsweise selbst aus meinen Augen einmal charmant. „Ich verstehe vollkommen was du meinst. Wir Densetsu würden wohl kaum das bleiben was wir schon zu Beginn waren, würden wir nicht an unseren Bräuchen fest halten.“
    „Ich kann kaum glauben das Niobe den Klan so sehr hasst. Das Ganze hört sich für mich doch recht seriös an“, gab ich mit einem Lächeln bekannt.
    „Kleines“, Inari seufzte. „Es wäre mir lieb du würdest dich nicht so ein schleimen. Ich merke das durchaus.“
    Wie vom Blitz getroffen zuckte ich zusammen. Erwischt und dazu hatte er es auch noch von Anfang an bemerkt. Eine absolute Hundertachtziggrad Wende seinerseits, als ich gerade geglaubt hatte ihn geködert zu haben.
    Auf einmal zog Inari ein kleines Notizbuch aus seiner Hosentasche hervor, klappte es auf, blätterte kurz darin und las dann laut vor:
    „Walter Fletcher. Geboren am 28.September.1949. Starb im Alter von 60 Jahren als eines von vielen Opfern der „Silph & Co Misere. Hatte zu dem Zeitpunkt engen Kontakt zu seiner Familie in Eventura City, Einall. Laut Befragten lag ihm anscheinend besonders sein Enkel Brave Fletcher und dessen Freundin Ivory Seawell am Herzen“, er klappte das Buch zu und starrte mich an. „Und so weiter.“
    Hörbar schluckte ich, meine Ohren kaum trauend was ich gerade gehört hatte.
    „Also… wart ihr an der Silph & Co beteiligt?“, rutschte es mir heraus und bereute es sogleich auch wieder.
    „Danke sehr. Ich wollte noch einmal sicher gehen, aber scheinbar weißt du schon einmal so viel. Kann ich mir ja schenken alles geheim zu halten.“
    „Woher hast du die Informationen?“, zischte ich.
    „Sagte ich nicht bereits dass jeder so seine Quellen hat?“ Inari schmunzelte, unbeeindruckt von meinem zornig aussehenden Gesicht. Wahrscheinlich schon allein deshalb in diesem auch ein Hauch von Furcht mitspielte.
    „Keine Sorge. Ich tue nichts. Im Grunde wollte ich nur sicher gehen mit wem meine kleine Schwester hier verkehrt. Würdet ihr euch näher kennen lernen, hättest du früher oder später ohnehin von dem Ganzen hier gehört, von daher ist alles was ich dir heute mitgeteilt habe praktisch wertlos. Aber“, er erhob sich, „Werde deswegen bloß nicht übermütig. Nur das wir uns verstehen.“
    „Wie könnte ich nur auf diese Idee kommen“, knurrte der mutige Teil meines Selbst, während der schüchterne Part versuchte diesen zu beruhigen und damit davor zu bewahren noch andere unvorsichtige Dinge auszusprechen.
    „Ja, wie könntest du bloß“, sagte Inari ungewöhnlich monoton, wenn auch mit einem amüsiertem Unterton. Er hob den Kopf, legte ihn schief und starrte mit leicht geweiteten Augen auf mich herab. Ein Todesblick der seinesgleichen suchte. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken, jedoch konnte ich aus unerklärlichen Gründen den imaginären Strang der unsere Blick zusammenhielt nicht durchtrennen und wurde so gezwungen ihm direkt in die Augen zu starren. Immer weiter drang der kalte Schauer, von dem ich geglaubt hatte dass er nur auf meinem Rücken ansässig wäre, in meinen Körper ein. Durchfloss jede Faser meines Körpers, wandte sich wie eine Schlange um die tiefliegenden Knochen meinerseits, bis ich plötzlich spürte, dass ich nicht mehr atmete. Wie eine Klaue spürte ich eine eigenartige Kraft sich um meinen Brustkorb klauben, drückte ihn zusammen, quetschte ihn mit einem gewaltigen Druck, sodass es mir völlig unmöglich war meine Lunge mit Sauerstoff zu versorgen. Doch nichts von diesem Gefühl entsprach der Wahrheit, das konnte ich trotz aufsteigender Panik erkennen. Es war das Königsspiel, aber wie konnte er damit verhindern das ich atmete? Wie man es auch drehte und wendete, das war er dort tat, war ein Ding der Unmöglichkeit. Niemals könnte er eine so natürliche Handlung des Körpers wie das Atmen einfach abschalten mit einem simplen Trick wie er mir ihn erklärt hatte, so komplex er auch modifiziert worden war. Es musste mehr dahinter stecken. Deutlich mehr.
    Aufgeregt zuckten meine Lider, als ich bemerkte wie mir langsam die Luft ausging es mir schummrig wurde. Extreme Klarheit und undeutliches Aufblitzen wechselten sich vor meinem Auge ab und ich spürte bereits wie mein Körper sich nicht mehr aufrecht halten konnte.
    Der Kerl wollte mich doch nicht tatsächlich umbringen, oder? Nicht hier in diesem gefülltem Cafe. Da würde wahrscheinlich selbst er als Densetsu nicht ungeschoren davonkommen.
    Hilfesuchend sah ich mich um und tatsächlich: Zwei Pärchen einen Tisch weiter hatten von uns Notiz genommen und runzelten die Stirn. Normalerweise hätte Inari dank seiner Fertigkeit dies eigentlich verhindern müssen können, aber da er dies nun nicht tat konnte das nur bedeuten, dass er seine gesamte Konzentration auf mich fixierte, um mir die Lunge abzuquetschen.
    „Was nun? Was nun?“,schoss es mir panisch in den Kopf. Weder bewegen, noch irgendetwas Anderes konnte ich tun. Nur hier sitzen und warten, dass sämtlicher Sauerstoff innerhalb meiner Lungen verbraucht sein würde.
    Im Augenwinkel konnte ich gerade noch erkennen wie Inaris Händen plötzlich zuckten und sich der Druck um meinen Brustkorb löste. Sofort schnappte ich gierig nach Luft und starrte meinen Peiniger angsterfüllt an. Damit hatte er mir den Rest gegeben, mich ihn absolut fürchten gelehrt, dass ich niemals auch nur auf die Idee kommen würde etwas von den Densetsu in aller Öffentlichkeit auszuplaudern.
    „Nur als Example, was mir möglich ist, wenn ich mich nur auf eine einzige Person konzentriere“, erklärte Inari kühl. „Mir ist es herzlich egal was du von uns weißt, was du von uns hältst, aber hüte deinen Zunge. Ich habe meine Gründe und du somit auch, wenn du weißt was ich meine.“
    Ich nickte, Verwirrung auf dem Gesicht stehend.
    „Das erleichtert einiges.“ Niobes älterer Bruder knallte ein paar Münzen auf den Tisch, um mir dann den Rücken zuzuwenden. „Wahrscheinlich hinterlasse ich bei den Leuten meistens einen falschen Eindruck, was im Grunde auch meine Intention ist, trotzdem“, er pausierte kurz und drehte sein Gesicht leicht in meine Richtung, während in seinem Blick etwas Erwartungsvolles geschrieben stand. „Wäre es auch einmal nett, wenn es anders laufen würde.“
    „Wieso kann man dermaßen vernarrt in einen Klan voller Kriminellen sein wie du es tust?“, brachte ich mit Mühe, immer noch leicht angeschlagen von vorigem Ereignis, hervor.
    Schulterzuckend wandte sich Inari wieder von mir ab und antwortete, ohne meine Frage auch nur im Geringsten zu beachten: „Zu schade, aber vielleicht ein anderes Mal. Wie sagt man doch? Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

    Hallöle Mica,


    Solange ich das Kapitel noch im Kopf habe, antworte ich doch gleich auch mal. Es ging genau da weiter wo das letzte Kapitel aufgehört hat, wodurch man sofort erfährt was für einen Lösungsansatz Rosha für ihr kleines Problem gefunden hat. Dass sie Ethan mit seinen Eltern erpresst, ist zwar nun etwas generisch, aber eigentlich auch die glaubwürdigste Lösung für das Problem und sicher auch die wirkungsvollste, schließlich ist Team Rocket durchaus ernst zu nehmen, genauso wie Rosha. Etwas verwundert hat mich, dass Ethan exzellent die Ruhe bewahrt hat, wenn man bedenkt wie bedrohlich die Situation wirklich war. Dadurch ging die gefährliche Atmosphäre etwas unter, auch wenn Ethan natürlich recht damit hat, dass Panik schieben auch nicht weiter hilft. Etwas mehr Unsicherheit und vor allem Zögern, hätten aber sicherlich zu einer etwas eindrücklicheren Situation beigetragen. Er agiert ja schon recht offensiv, wie Rosha auch anmerkte, allerdings konnte ich ihm das unter derartigen Umständen nicht hundertprozentig abkaufen. Oder hat Ethan etwa selbst schon einen Plan im Sinn? Vorstellen könnte ich mir es schon, schließlich ist er eigentlich ohne lange zu Überlegen auf Roshas Forderungen eingegangen. Aber wir werden sehen. Werden sehen. Authentisch kam Ethan in diesem Kapitel jedoch trotzdem rüber, da du durchaus zu wissen scheinst, sie du eine Charaktere gut auftreten lässt. Das hat dann sowohl bei Rosha, als auch Ethan gut geklappt, sodass sich letzterer nun auch um Sympathie meinerseits ihm gegenüber freuen darf. Lyra durfte auch wieder ein wenig glänzen, ich mag die Kleine ja echt, lediglich Silver bedarf noch etwas mehr Interaktion mit den anderen. Im Moment kommt er mir mehr wie ein Randperson ohne größeren Einfluss vor. Im Moment legitimiere ich das aber noch, schließlich ist er ja auch nicht der gesprächigste Geselle. Insgesamt hatte das Kapitel erneut nicht ganz so viel Handlung beinhaltet, wenn man von Roshas und Ethans "Verhandlungen" absieht. Wie es zwischen den beiden weiter geht, wird wohl also noch ganz interessant werden. Vor allem sobald die Gruppe diese verdammte Höhle hinter sich hat. Noch ganz süß fand ich Lyras und Roshas "Gespräch", eigentlich war es ja mehr ein Monolog, gegen Ende, welches noch einmal die Entwicklung von Roshas Gefühlen gegenüber Lance veranschaulicht hat und das sie ernsthafte Gefühle gegenüber hegt und diese auch realisiert hat. Ob Lance selbige für sie teilt, kann sie zwar immer noch nicht so recht beurteilen, aber das wird sie wohl noch. Da freut man sich doch richtig auf die bevorstehende Ankunft in Ebenholz City und auch was auf der Reise noch alles passieren wird. Bin auf jeden Fall gespannt.


    Gruß Yura

    Guten Tag der Herr,


    Wenn ich schon dabei bin, schreibe ich doch gleich einmal auch einen Kommentar zum aktuellen Kapitel, welches mir wieder sehr zugesagt hat. Ehrlich gesagt empfand ich es sogar als das bisher beste und interessanteste Kapitel, was wohl auch insbesondere an der hohen Handlungsdichte lag. Endlich ist mal wirklich etwas passiert und eigenartigerweise, was wahrscheinlich aber nur mir mal wieder so vorkam, hatte die Erzählweise ein wenig etwas von einem Shounen, weiß auch nicht wieso. Besonders viel zu kritisieren gibt es aber wie gewöhnlich nicht und wenn dann immer nur Kleinigkeiten, welche dann auch noch eher aus einer persönlichen Abneigung entstehen.


    Das Kapitel begann aber erst einmal sehr unterhaltsam, mit Juans eigentlich schon etwas zu übertriebener Sorge um unsere Lady Platina. Luftdruck Unterschied von zwei Stockwerken führt zu Migräne und das Fehlen beheizter Ziegelsteine unter dem Bett zu einer Lungenentzündung? Das ist mir ja auch nicht noch nicht unterkommen, war aber wirklich zum schreien komisch. Die Wahrscheinlichkeit das irgendein Mensch auf dieser Welt wirklich so reagieren würde mal beiseite geschoben. Gegen etwas überzeichneten Humor habe ich nichts einzuwenden. Lese ich sogar sehr gerne, von daher war die kleine Diskussion zwischen Juan, Lancelot und Sebastian (Ein noch typischerer Name für einen Butler gab es wohl nicht ;D) höchst unterhaltsam. Da zeigt sich auch, dass es dir durchaus liegt in verschiedenen Genres zu schreiben, ohne das es eigenartig, oder unpassend wirkt. Etwas abstrakt kam mir hingegen die Szene mit dem besessenen Kramurx vor. Mein erster Gedanke war wohl, dass Lancelots Vater durch das Pokemon gesprochen hat, wofür ich jedoch jetzt noch keine wirklichen Beweise liefern kann. Es kam mir in erster Linie auch nur so vor, trotzdem wirft das Gespräch noch deutlich mehr Fragen auf. Insbesondere zu Lancelot selbst, zu dem wir anscheinend immer noch nicht alles gehört haben. Wer ist er wirklich, wo doch das gesamte Kapitel eine gewisses Unwissen um ihn gestreut wurde und hinter ihm noch viel mehr zu stecken scheint, als bisher erwartet. Einen wenig anderen Eindruck hatte ich bei Wellington dem Mastermind, wie sich ja herausstellte, hinter dem ganzen Komplott. Ich gehe mal davon aus, dass er wohl keine all zu große Rolle mehr spielen wird, zu Mal Lancelot ihn ja ziemlich fertig gemacht zu haben schien, aber er wirkte mir, selbst für einen solchen Antagonisten, etwas zu... stumpf böse. Egoistisch, selbstzentriert, nur an seinen eigenen Zielen interessiert. Klassisches Bild eines Antagonisten, nicht? Da habe ich mich dann doch etwas gewundert, dass du hier nicht etwas kreativer gewesen bist. Aber wie gesagt, bei diesem Punkt gehe ich davon aus, dass angesprochener Charakter nicht mehr großartig auftauchen wird und daher keine größere Tiefe mehr eingehaucht werden könnte. Tiefe hätte es im Grunde hier auch gar nicht gebraucht, seine Motive waren ja mehr oder weniger nachvollziehbar und soweit ausreichend, nur hätte man seiner Persönlichkeit noch etwas Schliff geben können. Hinzu kamen noch Bodybuilder und Stuart, als wichtigere Fädenzieher, die charakterlich schon etwas mehr hermachten, mich persönlich aber auch nicht ganz so überzeugen konnten. Vielleicht habe ich mir im Angesicht deiner sonst so ausführlichen und interessanten Persönlichkeiten, etwas mehr gewünscht, obwohl man es hier noch mit einem Einführungs Arc zu tun hat. Sehr sympathisch war mir überraschenderweise aber Abigail, auch wenn sie sich zum Ende hin etwas hysterisch gab. Ich weiß nicht wieso, aber die paar Zeilen die sie gesagt hat, kamen mir doch recht authentisch vor. Über spätere Auftritte ihrerseits hätte ich daher nichts einzuwenden, auch wenn ich es für unwahrscheinlich halte.


    Wie gesagt hatte das Kapitel eine ziemlich hohe Handlungsdichte, welche du aber erstaunlich gut untergebracht hast. Es wirkte weder gehetzt, noch in die Länge gezogen, sondern genau richtig, dass man den Moment mitfühlen konnte. Angefangen von Randals stürmischer Pop Musik Party, mit den unzumutbaren Unterhaltungskämpfen der Pokemon, bis hin zu dem kleinen Kampf zwischen Lancelot und Bodybuilder. Beschreibungs technisch hast du hier sicherlich alles richtig gemacht. Ich konnte mir die Party praktisch schon vor meinem inneren Auge vorstellen mit ihren Party gütigem und dem sehr.... gefallenem Niveau. Ein richtiger Kontrast zu der wunderschönen Musterwelt der Berlitz. Sowohl den Kampf zwischen den Pokemon, als auch den menschlichen Vertretern der Geschichte hast du spannend und dynamisch erzählen können. Grausamkeit und Unfairness des Pokemonkampfes konntest du auf den Punkt bringen und dem Leser bestmöglich vermitteln, wobei allein die Existenz des Kampfes selbst vermutlich schon verschreckend genug ist. Wo ich den beiden Vorkommentatorinnen nicht ganz recht geben kann, ist die Tatsache, dass du etwas weniger von den Gefühlen Lancelots berichtet hast, als er den Plan Wellingtons & Co durchkreuzen wollte. Ob du das nun beabsichtigt hast, oder nicht, kann das Reduzieren der Gedanken und Gefühle durchaus auch ein wirksames Stilmittel sein, dass den Protagonisten mysteriöser in solchen Szenen wirken lassen kann. Hier auch erfolgreich durchgezogen, zu mindestens habe ich mich für meinen Teil immer mehr über Lancelot gewundert, da hinter ihm, wie schon bei dem Dialog mit dem Kramurx angedeutet, noch ein Stück mehr zu stecken scheint als gedacht. Außerdem wären ein ausführlicher Eingang zu Lancelots Gedankenwelt während des "Finalkampfes" wohl eher hinderlich gewesen, da man während eines Kampfes wohl eher weniger innere Monologe führt und dies auch noch dazu die Dynamik solcher stören können, zieht man diese zu sehr in die Länge. Wenn wir schon bei dem Kampf sind... Ich glaube da kam bei mir so richtig dieses "Shounen Feeling" auf, schon allein bei dem Gedanken, dass Lancelot der flinke, intuitive Kämpfer ist, während sein Gegner den trainierten, etwas durchdachteren Kampfpart einnahm. Auf alle Fälle, aber ein interessanter und packender Schlagabtausch, vor allem weil ich vorher tatsächlich geglaubt hatte, dass Lancelot nicht der allergrößte Kämpfer sei.


    Erneut also ein spannendes und rundum gelungenes Kapitel, wenn man mal von meinen kleinen Nörgeleien absieht.


    Gruß Yura

    Kapitel 6 – "Wunschlos glücklich: Ein Zustand unserer Träume?"


    „Scheint wohl wirklich abgehauen zu sein“, murmelte Brave der am Türrahmen gelehnt, mit verschränkten Armen hinter mir stand. „Nicht dass ich nicht damit gerechnet hätte.“
    Ich antwortete nicht, sondern starrte in die leere Zimmerhälfte hinein, die Niobe zuvor bewohnt hatte. Es gab keine Indizien dafür, dass jemand anderes als ich sich jemals in diesem Raum heimisch gemacht hätte. Das Bett, das am Rechteren von zwei Fenstern in diesem Zimmer stand, war vorbildhaft abgezogen, die Bettdecke ordentlich zusammengefaltet auf das Fußende gelegt, das dazugehörige Kissen darauf platziert worden. Der danebenstehende kleine, hölzerne Nachttisch war, bis auf die schlichte, weiße Nachttischlampe, leer. Von Niobes kleinem Tagebuch mit dem erstaunlich femininem, geblümten Aufdruck und dem silbernen Schloss, dass sie stets jeden Tag zur Hand genommen hatte, um ihre Erlebnisse zu dokumentieren, keine Spur. Nicht dass ich Hineingeschriebenes jemals zu Gesicht bekommen hätte. Genauso wenig wie ich den Grund erfahren durfte, wieso sie trotz der sommerlichen Temperaturen, immer einen dunkelbraunen, schon etwas mitgenommenen Strickpulli, der ihr zu allem Überfluss auch noch deutlich zu groß war, mit sich herumschleppte.
    Mein Blick wanderte zu der winzigen Garderobe, die sich rechts neben dem Eingang befand und zuvor besagten Strickpulli beherbergt hatte. Hatte. Selbstverständlich würde Niobe einen weiteren Teil ihres kleinen und etwas fragwürdigen Schatzpräsidiums nicht einfach zurücklassen. Schon allein weil sie scheinbar so viele wichtige Erinnerungen damit verband. Erinnerungen die sie zu dem Menschen gemacht hatten, der sie nun war. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr fiel mir auf wie verschlossen Niobe sich anderen Leuten über verhalten hatte und damit auch gegenüber mir. Letztendlich kannten wir uns gerade einmal eine gute Woche. Wer hatte jemals behauptet das Niobe die gleiche Sympathie mir gegenüber hegte, wie ich es bei ihr tat? War ich somit vielleicht sogar nur ein Mittel gegen ihre eigene Einsamkeit gewesen, sodass sie nicht alleine reisen musste, als dass sie tatsächlich mit mir Freundschaft schließen gewollt hätte? Der Gedanke daran betrübte mich, auch wenn er mehr durch meine eigene Enttäuschung, Niobe nicht in unserem bisher geteilten Schlafgemach vorgefunden zu haben, entstanden war. Sicherlich rührte mich diese Enttäuschung nicht zu Tränen, aber eine eigenartige Leere machte sich in mir breit. Nichts fühlend, nicht handelnd, nicht wissend was darüber zu denken war. Eine farblose Emotion, die nichts aussagte und innerliche Ruhe, ja Gleichgültigkeit in mir auslöste. Vielleicht war es auch nur das Gefühl, dass man verspürte wenn man nicht mehr wusste was zu tun war. Nicht das ich geglaubt hätte, dass sie brav hier im Zimmer sitzen und auf mich warten würde, nein, aber die Hoffnung starb bekanntermaßen immer zuletzt.
    Ich spürte wie Brave seine warme Hand auf meine Schulter legte.
    „Ich denke sie hat dich gemocht. Zu mindestens hatte ich den Eindruck“, sagte er mit einem leicht aufmunternden Unterton. Wollte er mich allen Ernstes aufheitern, wo er doch derjenige war, der als hintergründiges Motiv, Niobe von mir fernhalten wollte? Langsam, beinahe schon in Zeitlupentempo, drehte ich meinen Kopf zu ihm herüber und bemerkte, dass er sein Gesicht in die direkt entgegengesetzte Richtung gewandt hatte. Ein schuldbewusstes Lächeln umspielte seine Lippen und zögerlich huschte sein Blick für den Bruchteil einer Sekunde zu mir herüber. Normalerweise hätte er wohl nun ein glückliches Lächeln, als dank seiner freundlichen Worte erhalten, nicht jedoch heute.
    Eine trotzige Miene machte sich auf meinem Gesicht breit und ich schürzte die Lippen.
    Seufzend legte er seine Hand auf den Hinterkopf und senkte den Blick.
    „Es ist nicht so, als wäre ich alleine daran schuld, dass sie jetzt nicht mehr hier ist. Wenn du unbedingt bei ihr geblieben wärst, dann hätte ich dich gelassen“, versuchte sich mein Sandkastenfreund zu verteidigen.
    „Hättest du nicht“, dachte ich ihm Stillen, wagte es aber nicht dies laut auszusprechen, zu Mal ich tatsächlich wenig Eigeninitiative zuvor gezeigt hatte. Nicht einmal angedeutet hatte ich, dass mir Braves Verhalten ihr gegenüber nicht gefallen hat. Wahrscheinlich hatte es sogar, dank des Entsetzens meinerseits, aus Überforderung an der Situation, so gewirkt, als wäre ich völlig auf Braves Seite gewesen. Gänzlich falsch war das sicherlich nicht, aber gleichzeitig entsprach es auch nicht hundertprozentig der Wahrheit.
    „Du wärst sicherlich sauer geworden, wäre ich nicht mir dir mit gekommen“, erklärte ich abweisend. Was für stolze Wesen wir Menschen doch waren, dass wir die Schuld für etwas immer bei jemand anderen suchten, auch wenn wir selbst nicht ganz unbeteiligt gewesen waren. In diesem Fall gab ich Brave jedoch die Schuld dafür, die Situation überhaupt ausgelöst zu haben. Mich in die Situation gebracht zu haben, mich zwischen den beiden entscheiden zu müssen, wenn auch unbewusst.
    „Glaubst du?“ Skeptisch hob Brave eine Braue und verschränkte erneut die Arme. Ausdruckslos nickte ich zur Antwort und wandte mich wieder dem Zimmer zu, indem sich nun eine unangenehme Stille breit machte. Wie dichter Nebel stieg sie in Schlieren aus dem Parkettboden empor, rankte sich um uns und drohte Selbige zu verschlucken, hätte Brave die anbahnende, bedrückende Phase des Schweigens nicht abrupt unterbrochen.
    „Damsel im Distress“, knurrte er, während mir seinen Arm um den Hals legte und mich strangulierte, sodass mir ein erschrockenes Fiepen entfuhr, bevor er seinen Arm lockerte und sein Gesicht neben meins hielt.
    „Was?“, zischte ich leicht gereizt, wegen seiner Spontanaktion.
    „Ich habe keine Lust das du so etwas wirst.“
    „Eine Damsel im Distress? Hättest du wohl gern“, erwiderte ich spöttisch und wandte mich aus seiner Zwangsumarmung.
    „Dann solltest du auch keine Probleme damit haben dich von jeglichen Densetsu Mitgliedern fern zu halten“, erklärte er ohne lange Ausschweife. Argwöhnisch musterte ich ihn, als ich mich mit einer flinken Drehung zu ihm wendete. Wütend war sein Ausdruck nicht, auch nicht besorgt oder spöttisch. Viel mehr vorwurfsvoll, mit einem Hauch von Ignoranz, wie es eher selten in seinem Gesicht zu finden war.
    Einen Moment lang ließ mich dieser Ausdruck seinerseits stocken, bevor ich realisierte, dass früher oder später die Konfrontation zwischen Brave und Niobe der Densetsu ohnehin stattgefunden hätte, selbst wenn Letztere es bestmöglich zu verstecken versucht hätte. Irgendwann wäre es aufgeflogen und hätte somit zu diesem Verlauf der Dinge geführt. Egal was ich getan hätte, ich hätte mich eine Tages in der derselben Situation wie der heutigen befunden, die mich zum Handeln zwang. Doch statt dies zu tun, hatte ich mich von den Umständen übermannen lassen, nicht fähig einzugreifen.
    „Du sagtest du hast ihren Bruder getroffen?“, harkte Brave nach, worauf ich zögerlich nickte. „Das du bereits andere Leute ihrer Sippe angetroffen hast, bereitet mir ein unwohles Gefühl. Niobe mag vielleicht tatsächlich ungefährlich sein gegenüber dir, aber trifft das auch auf die anderen Klan Mitglieder zu?“
    „Was sollten sie denn von mir wollen? Nach deinen eigenen Angaben sollten sie nicht mit einem normalen Mädchen wie mir zu tun haben wollen. Es ist schließlich nicht so als würde ich aus einer schrecklich reichen Familie stammen“, gab ich einigermaßen gefasst zu Bedenken.
    „Du hast es doch selbst gelesen. Die Densetsu sind sehr empfindlich was ihre Sprösslinge angeht, vielleicht könnte es ihnen ganz und gar nicht gefallen, dass ein Mädchen, das von dem möglichen Ursache der „Silph & Co Misere“ weiß, mit ihr reist.“
    „Du bist paranoid, wusstest du das?“
    Brave zuckte mit den Schultern.
    „Selbst wenn. Die Gefahr besteht trotzdem.“
    „Dann warst du eindeutig derjenige der mich da rein geritten hat“, antwortete ich und musste schmunzeln. Wenn man es aus dieser Perspektive betrachtete, war Brave derjenige der mir dieses Wissen offenbart hatte, wenn dieses auch nicht völlig sicher war.
    „Was ich meine ist, dass man sich bei diesem Klan nie sicher sein kann. Wenn Niobe uns verpfeifen sollte, dann könnten wir in Schwierigkeiten geraten, schließlich würden somit eine potenzielle Gefahr für ihren Klan darstellen.“
    „Dann geh doch zur Polizei solange du noch kannst“, schlug ich vor, leichter Spott in meiner Stimme. Mit einigen kurzen Schritten ging ich zum meinem Bett herüber, dass sich im linken Teil des Raumes befand, umgeben mit meinen durcheinander geworfenen Bettzeug und somit das genaue Gegenteil zu Niobes früherer Zimmerhälfte darstellte.
    „Ich habe doch erwähnt, dass der Densetsu Klan mit großer Wahrscheinlichkeit die Polizei irgendwie infiltriert hat, sodass sie unter ihrem Schutz stehen. Zu mindestens sollte die Polizei den Fakt schützen, dass die Densetsu ihre Fäden in der Unterwelt haben, sonst wäre da sicherlich schon längt irgendwas durchgesickert.“
    „Aber das widerspräche ja jeglichen Grundsätzen der Polizei. Sollten sie die Unterwelt nicht mit allen Mitteln bekämpfen?“
    „Sicherlich tun sie das auch, aber die Densetsu sind so ein Mittelding. Immerhin sind sie auch irgendwo ein Stolz der Einall Region. Außerdem“, er machte eine kurze Pause, so als wolle er die Dramatik in seinen Worten steigern, „ wann war diese Welt jemals nicht korrupt? Große, erfolgreiche Firmen haben fast immer irgendwie mit der Unterwelt zu tun. „Silph & Co“ sowieso. Dagegen kann die Polizei dann auch nicht mehr viel machen. Reiche Leute neigen ja auch gerne mal dazu ein kleines Sümmchen zu verschenken, wenn sie sich aus heiklen Situation heraus winden wollen.“
    „Hm, wahr. Aber inwiefern stellen wir dann überhaupt eine Gefahr für den Klan dar, wenn wir eigentlich gar nichts tun können?“, harkte ich nach, meine Neugier nun steigend.
    „Theoretisch müssten wir ja nicht unbedingt zur Polizei mit dieser Information gehen, sondern beispielsweise direkt zu den Medien. Das wäre im Grunde sogar noch schlimmer, schließlich würde es so die ganze Welt direkt erfahren. Damit wäre der gute Ruf der Densetsu gefährdet.“
    „Uns danach umzubringen wäre aber noch auffälliger, oder?“, gab ich zu Bedenken, mein Kinn auf meinen Händen abstützend, die Ellbogen auf den Oberschenkeln.
    „Habe ich behauptet, dass sie uns sofort an die Gurgel springen wollen? Nein. Es gibt wahrscheinlich reichlich andere Möglichkeit, uns danach noch irgendwie zum Abtreten unserer Aussage zu zwingen, aber natürlich würden die Densetsu versuchen uns irgendwie aufzuhalten, bevor die Information überhaupt ans Licht kommt, nicht?“ Seine kleine Verschwörungstheorie hörte sich ziemlich danach an, aus dem neuesten Spionage Film zu stammen, wie ich mit einem spitzen Lächeln bemerkte.
    „Wohl wahr. Das heißt aber wieder, dass du dadurch dass du Niobe überhaupt davon wissen lassen hast, die Schuld daran trägst, dass wir in Gefahr jetzt in Gefahr schweben würden.“
    „Ehrlich gesagt kam mir der Gedanke erst danach“, gab er peinlich gerührt zu und setzt ein um Vergebung bittendes Gesicht auf. „Im Grunde ist es wohl auch eher ein unwahrscheinliches „Worst Case Szenario“, aber es gibt sicherlich noch einige andere eher unangenehme Ausgänge.“ Am liebsten hätte ich ihm vorgeworfen, dass er ein schrecklicher Schwarzdenker und Pessimist sei und dazu auch noch gänzlich übertrieb, aber in seinen Augen spiegelte sich nun eine ernst gemeinte Besorgnis, die mich davon abhielten meine gedachten Worte laut auszusprechen. Brave mochte ein eigenartiger Kerl sein, der nicht einmal bemerkte dass ich in ihn verliebt war, aber trotz allem war er schon immer derjenige gewesen der sich mit Abstand am meisten um mich gesorgt hatte. Manchmal sogar völlig unbegründet. Daher war er schon beinahe kein Wunder, dass ich so sehr an ihm hing. Schließlich war er letztendlich immer für mich da gewesen, sodass ich mich inzwischen wunderte, weshalb er in erster Linie dann nicht von Anfang an mit mir zusammen durch Einall reisen wollte. Das hätte Komplikationen wie diese vorgebeugt, ja Niobe wäre ich somit wahrscheinlich auch nie über den Weg gelaufen, zu Mal unsere Begegnung mehr aus purem Zufall von der Bühne ging, als dass es geplant war. Allein der Gedanke stimmte mich traurig. Eine Woche mit Niobe, hatte mir das Gefühl gegeben, außer Brave noch jemanden kennen gelernt zu haben, der mir von großer Bedeutung war.
    „Ich möchte lernen sie zu verstehen“, antwortete ich, meinen Blick zuerst auf die zusammengefalteten Hände auf meinen Schoss sinken lassend, um dann abrupt mit festem Ausdruck im Gesicht, wieder aufzuschauen.
    „Verstehen?“, harkte Brave unbeeindruckt nach.
    „Kam dir Niobe nicht selbst etwas… mysteriös vor?“, versuchte ich meine Gedanken zu vermitteln.
    „Nun, wenn man mal von ihren weißen Haaren und roten Augen absieht, schon. Sie hat aber auch nicht viel geredet. Ich denke, dann kommt man einem automatisch wohl etwas eigenartig vor.“ Er zuckte mit den Schultern.
    „Ich denke bei ihr steckt da noch deutlich mehr hinter als eine wortlose Fassade! Du hast es auch gemerkt, oder? Nein, du musst es bemerkt haben!“ Auffordernd griff mit beiden Händen nach seiner linken Hand, den Fakt ignorierend dass diese Geste etwas aufdringlich wirken musste, und sah ihm direkt in die Augen.
    Er verharrte und kniff die Augen zusammen, so als würde er sich nicht sicher sein was er jetzt tun sollte, aber nach Verstreichen scheinbar endlos langer Sekunden, wandte er sein Gesicht endgültig von mir weg und murmelte mit leicht unzufriedenem Unterton: „Mach was du willst, nur“, mein Sandkastenfreund beugte sich zu mir herunter, damit sich unsere Gesichter etwa in gleicher Höhe befanden, „Bitte denk nach bevor du irgendwas tust.“ Letzteres sprach er mit dem vollsten Maß an Vorwurf aus.
    „Nicht viele Menschen laufen absichtlich gerne in Ärger“, erwiderte ich ungläubig. „Abgesehen von dir, versteht sich.“ Brave konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen, jedoch umfasste er meine Hand, welche bis gerade eben noch seine selbst umschlossen hatte, und drückte sie leicht. Wie auf einen Impuls, durchfuhr Wärme meinen ganzen Körper. Angefangen bei meiner Hand krabbelte das Gefühl des Wohlseins meinen Arm hoch und umschloss sanft mein Herz, welches wie auf Knopfdruck begann etwas kräftiger zu pumpen. Doch bevor ich den Moment erst so richtig genießen konnte, löste sich Brave auch schon wieder aus der Berührung und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Ein beinahe schon verräterischer Ausdruck der leisen Enttäuschung legte sich auf mein Gesicht, welchen mein Gegenüber aber offensichtlich entweder ignorierte, oder schlicht und ergreifend nicht einging.
    „Ich schätze Niobe wird das Turnier noch auf jeden Fall weiterführen, wenn sie schon mit solchen Methoden kämpft“, erklärte Brave nun. „So bekommst du wahrscheinlich noch genug Möglichkeiten mit ihr zu sprechen und ich werde auf jeden Fall bis Ende des Turniers auch noch da sein.“
    Ich nickte, nun ein positiv angehauchtes Mienenspiel betreibend.
    „Sofern sie nicht vor mir wegrennt“, warf ich spaßhaft ein. „Apropos. Wo schläft sie eigentlich diese Nacht?“
    Etwas desinteressiert zuckten Braves Mundwinkel zu Antwort.
    „Vielleicht hat ist sie bloß in einen anderes Zimmer umgezogen und selbst wenn nicht“, er lehnte sich zurück, das Gewicht seiner Rumpfes auf den Armen abstützend, „Dann wird sie wohl trotzdem keine Probleme haben alleine zurecht zu kommen. Ich hatte den Eindruck, dass sie erfahrener ist, als du.“ Ein kleiner indirekter Seitenhieb und schon war mein besorgter Kumpane wieder ganz der Alte, auch wenn er mit seiner Erkenntnis durchaus Recht hatte.
    „Hast wohl recht“, murmelte ich und ließ meinen Oberkörper, aus der sitzenden Position, auf das Bett fallen und stieß ein Seufzen aus. Der Tag war ziemlich anstrengend gewesen, ohne Frage. Vermutlich konnte ich ihn sogar nun zu einen der ereignisreichsten Tage meines sonst so ruhigen Lebens zählen. Da wurde man selbst ja schon ganz gespannt was als nächstes passieren würde, beziehungsweise schief gehen würde.
    „Übrigens. Wo übernachtest du heute Abend?“, fragte ich, die Augen bestmöglich aus meiner Liegeposition zu ihm gerichtet.
    „Hier“, antwortete Angesprochener ohne zu Zögern und ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht.
    Ein leicht genervter Laut entfuhr mir, bevor ich einen Arm über meine Augen legte.
    „Ich habe kein Geld für ein Zimmer“, gestand er, seine Stimme einen leicht flehenden Ton annehmend. War er etwa noch unvorbereiteter als ich auf die Reise gegangen? Geld war ja das Mindeste woran man denken sollte bei einer solchen, nicht?
    „Wo hast du denn dann bitteschön geschlafen, wenn du nicht einmal Geld für ein Zimmer im Pokemoncenter hattest? Ich meine, es ist praktisch unmöglich kein Geld zu haben um hier ein paar Nächte zu übernachten!“
    Ein leises Lachen entfuhr ihm. „Bisher habe ich bei den Lagerhäusern in einem Zelt übernachtet.“
    Ungläubig hob ich eine Braue.
    „Dann geh dahin zurück, wenn es dir dort so gut gefallen hat“, knurrte ich. Eigentlich würde es mir kaum etwas ausmachen, dass Brave auf dem gegenüberliegenden Bett übernachten würde, allerdings erklangen bei dem Gedanken immer wieder die Worte meiner Cousine White durch den Kopf, dass Brave nach allem immer noch ein Junge in der Pubertät war, was mir ein eigenartig mulmiges Gefühl bereitete. Vor allem wenn er so plötzlich damit rausrückte.
    „Bitte, bitte, bitte“, jammerte er in spaßhafter Manier und ich erblickte aus dem Augenwinkel, wie er die Hände zusammenpresste und einen Hundeblick aufsetzte. Blitzschnell schloss ich meine Augen darauf, um nicht von den großen, roten Iriden seinerseits absorbiert zu werden. Eine gefährliche Falle hatte er mir da gestellt und bewusst schien ihm diese auch noch zu sein. Zu mindestens krabbelte Brave, deutlich hörbar zu meinem Bett herüber, als er zu bemerken schien, dass ich ihn nicht mehr ansah.
    Vorsichtig riskierte ich einen Blick, um zu sehen was er nun vorhatte, jedoch bemerkte ich zu spät dass er bereits neben mir auf dem Bett saß, die das Gesicht auf den Händen abgestützt, mich mit denselben Hundeaugen wie zuvor betrachtend.
    „Wenigstens mein Bett hättest du verschonen können“, murrte ich, in der Hoffnung ihn irgendwie vertreiben zu können. „Du magst es vielleicht nicht so sehen, aber ich bin immer noch als Mädchen ein kategorisierbar.“
    „Was du nicht sagst. Danke für den Hinweis, wäre sonst sicherlich nicht drauf gekommen“, kicherte er sichtlich amüsiert. „Aber iwo. Als wir klein waren haben wir doch sogar im selben Bett geschlafen.“ Brave winkte mit der Hand ab.
    „Als wir sechs waren vielleicht“, seufzte ich und wälzte mich zur Seite, um ihn besser ansehen zu können.
    „Möchte ja auch nur dahinten übernachten.“ Ausschweifend wies er mit dem Finger auf Niobes ehemaliges Bett.
    „Auch wenn ich dir sage, dass eine Densetsu darin geschlafen hat?“
    „Kann das Bett ja nichts für.“
    „Wow“, murmelte ich unbeeindruckt. „Dein Gerechtigkeitssinn ist beeindruckend. Ich könnte heulen.“
    „Ich fasse das mal als Lob auf.“ Er schloss ein Auge und streckte frech die Zunge heraus, bevor er sich neben mir auf dem Bett breit machte, ohne dass ich es hätte verhindern können.
    „Na ja. Eine Nacht in einem vernünftigen Bett täte mir sicherlich auch wieder ganz gut, deshalb“, er streckte sich übertrieben, um dann seine Hände in den Nacken zu legen, „Wirst du mich wohl hier übernachten lassen müssen.“
    „Meinetwegen. Nicht dass ich wirklich etwas dagegen hätte“, antwortete mit einem möglichst gleichgültigen Ton.
    „Ja?“ Leichte Überraschung ließ sich in seiner Stimme ausmachen, als hätte er nicht geglaubt mich noch überzeugen zu können.
    „Ja“, murmelte ich langgezogen, während mir ein Gähnen entfuhr und mich ebenso wie der Blauhaarige streckte, die Hände darauf auf den Bauch legte und die Augen schloss, den Störenfried neben mir bestmöglich ignorierend. Insgeheim jedoch pulsierte mein Herz nun schon seit geraumer Zeit, auch wenn ich versucht hatte es zu unterdrücken. Brave benahm sich ja gerne des häufigeren zu unmöglich, auch wenn ich seine Sandkastenfreundin war, aber so nahe kam er mir dann doch nicht sonderlich häufig. Ich musste mich sogar ermahnen, nicht noch ein Stück näher zu ihm herüber zu rücken, schließlich war diese Geste seinerseits nicht mehr als freundschaftliches Vertrauen zu deuten, selbst wenn ich gerne mehr darin sehen würde.
    Stille kam zwischen uns auf. Teils aufgrund unser beider Erschöpfung, andererseits wahrscheinlich ebenso weil uns schlicht und ergreifend kein passendes Gesprächsthema einfiel. Nicht dass es mich sonderlich stören würde.
    Mit gespitzten Ohren, hörte ich Braves Herz ruhig und kaum vernehmbar schlagen, ebenso wie sein langsamer Atem, der mir eher wie das Rauschen des Meeres vorkam. Wie eine Welle die mit gewaltiger Macht gegen die Brandung schlug, um an dieser mit hörbarem Zerbersten, zerstört zu werden. Das gesamte Naturszenario, komprimiert in dem Brustkorb des Jungen neben mir, der nun langsam aber sicher weg zu dämmern schien. Allem Anschein nach war er deutlich müder gewesen, als ich angenommen hatte.
    Beinahe in Zeitlupentempo zog Brave langsam seine Beine an den Körper und drehte sich zu mir herüber, die Augen fest geschlossen, schon beinahe als Indiz dafür, dass sein Geist in den nächsten Minuten das Spielfeld dieser Welt für diese Nacht räumen würde.
    Stumm betrachtete ich das Gesicht von ihm, dass in meinen Augen kaum perfekter hätte sein können. Die rosigen Lippen, die für einen Jungen ungewöhnlich langen Wimpern und die angenehm geformte Nase. Seine Haare standen wie gewöhnlich, etwas unordentlich in allen Richtungen ab, hinderten mich jedoch nicht daran, ihre wohlige dunkle Farbe im vollsten zu erfassen. Er machte es mir wahrlich schwer, meine Hände nicht um sein Gesicht zu schließen, es an jedem Detail betasten wollend, sodass ich für einen Moment tatsächlich darüber nachdachte die Situation ein wenig für mich selbst zu nutzen, da sie sich doch schon einmal bot. Schmunzelnd kam der Gedanke in den Kopf, dass nicht ich diejenige war die sich in Gefahr befand, sollte ich im selben Raum wie Brave die Nacht verbringen, sondern er selbst. Jedoch blieb es bei dem reinen Betrachten seines Gesichtes, bis er schließlich endgültig eingeschlafen war, erkennbar an dem leisen, kaum hörbaren Ton den er bei Ein und Ausatmen erzeugte.
    „Geh gefälligst in dein eigenes Bett zu schlafen“, flüsterte ich seufzend, meine rechte Hand jetzt doch langsam seinem Gesicht nähernd, bis sie ihr Ziel erreicht und sanft über seine Wange strich. Die warme, feine Haut löste ein kitzelndes, aufgeregtes Gefühl in meiner Fingerspitzen aus, worauf ich langsam mein Gesicht seinem näherte und ihm schließlich einen flüchtigen Kuss auf die Stirn drückte. Keine Regung seinerseits, mein Herz flatterte dafür umso mehr für den Bruchteil einer Sekunde.
    Leise in mich hinein lächelnd, entfernte ich mein Gesicht wieder von ihm, schnappte mir die Decke, die unordentlich durcheinander gewühlt am anderen Bettende lag und mummelte mich darin, meinen Körper nahe dem Seinen, ein.
    „Schlaf gut. Ich liebe dich."

    Bonjour TheLibertine,


    Nun habe ich es auch geschafft bei deiner Fanfiction auf dem aktuellen Stand zu kommen. Waren zwar nur vier Kapitel, aber eine ganz schöne Länge haben sie dann doch, was ich an sich aber keinesfalls negativ sehe, da dein Einleitungs Arc bisher sehr interessant zu lesen war. Wenn man da ein wenig mehr Lesestoff hat, macht das überhaupt nichts. Gerade deshalb werde ich aber erst einmal nur eine Zusammenfassung von meinem bisherigen Eindruck schreiben.


    Zum Startpost muss ich zugegebenermaßen sagen, dass ich bei der Gestaltung des Startposts meiner eigenen Fanfiction, mir tatsächlich bestehende Starposts anderer Fanfictions angesehen habe, um das eine oder andere abzugucken als Idee weiter zu modifizieren. Dein Startpost gefiel mir dabei mit dem Tab System auf Anhieb, woher wohl... die gewisse... Ähnlichkeit... stammt. Wie auch immer. Beginnen wir doch erst einmal beim Titel deiner Fanfiction, den du ja zu "Sinnoh's Kinder" geändert hast. Mir persönlich gefällt er deutlich besser, als der alte Titel. Nicht nur von Klang her, sondern weil er bei mir deutlich mehr Interesse weckt, als es beim Alten der Fall gewesen ist. Den fand ich sogar einigermaßen originell. "Sinnoh's Kinder" hat auf jeden Fall etwas leicht mysteriöses an sich, was mich aufsehen lässt. Ebenso verhält es sich wohl mit dem Cynthia Header. Cynthia ist vielleicht gerade nicht mein absoluter Lieblingschamp, dafür aber sicherlich der mit dem größten Stil. Ich weiss selbst nicht, aber Cynthia hat etwas Respekt einflößendes, auch wenn ich mich frage was sie noch für eine Rolle spielen wird. Bisher gab es ja noch keine Anzeichen für ihr Auftreten, aber wir befinden uns ja noch im Einleitungs Arc. Der unter dem Header stehende Satz ist irgendwie... unheimlich cool. Fordert den Leser gerade zu heraus, genauso wie das darunter stehende Zitat, dass nicht nur Interesse weckt, sondern mich persönlich auch etwas schmunzeln lassen hat. Insgesamt hast du deinen gesamten Startpost teilweise leicht ironisch geschrieben, was mir ziemlich gut gefällt, da du damit quasi deinen ganz eigenen Stempel drauf drückst. Gleichzeitig habe ich mich teilweise dabei ertappt gefühlt, dass du selbst deinem Protagonisten Lancelot (Mag den Namen übrigens) etwas ähnlich zu sein scheinst. Dein Username ist ja auch sein Nachname, weshalb mich das nicht einmal so sehr verwundern würde. Was mir etwas negativ aufgefallen ist, dass du wirklich sehr viel Text in deinen Startpost gebracht hast. Ausführlichkeit schön und gut. Auf mich als Leser der noch gar nichts über die Geschichte wusste, wirkte das erst einmal etwas erschreckend. Du schriebst aber ja, dass dein Startpost zum Allgemeinen Verständnis nicht benötigt sei, weswegen ich es mal als eine Art Bonus sehe. Habe den Startpost ehrlich gesagt am Anfang auch nur überflogen.


    Kommen wir also zum, zu mindestens für mich, wichtigeren Teil: Dem Geschriebenen selbst. Hier fällt dem Leser sofort auf, dass du ein wirklich gewiefter Autor bist. Dein Schreibstil ist ohne Frage herausragend und bedient sich eines hohen Wortschatzes, was den Lesespaß selbstverständlich sehr erhöht. Dies fällt vor allem in den Gedankengängen Lancelots auf, in denen du geschickt seine Einstellungen, Werte und Moral beschreibst, ohne das dem Leser dabei langweilig wird. Schließlich zeigst du dadurch auch, dass du dir zu Lancelots Persönlichkeit viele Gedanken gemacht hast und beleuchtest ihn dementsprechend erfolgreich wenn du mich fragst. Du bringst ihn deiner Leserschaft damit sehr nahe, was sämtliche Handlungen seinerseits nachvollziehbar macht. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich zu sehr ausschweifende Beschreibungen auf die Dauer leider etwas ermüdend finde, vor allem weil sie die eigentliche Handlung selbst schnell mal in die Länge ziehen, gar aufhalten können. Du sagtest ja, dass du eher im Roman Stil schreibst, aber ganz ehrlich: Selbst in den meisten Romanen beschreibt man nicht so viel. Im ersten Kapitel, das quasi eine erste Einleitung zum Helden Lancelot selbst darstellte, fiel mir das erst einmal nicht so auf, auch wenn ich mir etwas mehr handlungsrelevantes Geschehen gewünscht hätte, im zweiten Kapitel wo dann Juans lange, lange, lange, lange, lange, lange, lange Erzählung zur Berlitz Familie dran kam, fiel es dann aber umso mehr auf. Gott... An Lancelots Stelle hätte ich dem Herren erst einmal den Hals umgedreht. Wirklich als schlecht ansehen, kann ich aber selbst diese Erzählung nicht. In erster Linie, weil ein Mann wie Juan, Stolz auf den Einfluss und die Macht seiner Familie, seinem Gast selbstverständlich erst einmal etwas zu erzählt, aber auch weil du das Gespräch sehr realistisch beschrieben hast. Nicht nur vom Verlauf her, sondern auch vom Sprachstil den Adelige nun mal so zu Tage legen. Trotzdem komme ich einfach nicht drumherum zu sagen, dass die ersten beiden Kapitel für mich etwas Motivation kosteten, um sie nicht einfach schnell zu überfliegen. Das besserte sich aber abrupt im dritten Kapitel, wo wir dann auch schon ersten relevanten Handlungsfäden gelegt wurden. Ich muss schon sagen, dass es höchst amüsant war und ich mich gerade zu gekugelt habe, wie Lancelot seine Karten gegenüber seinen adeligen Zeitgenossen ausgespielt hat und das auch noch äußerst erfolgreich, wäre ihm der Herr Fate nicht dazwischengefunkt. Letzteren habe ich übrigens auch zu meinem momentanen Lieblingscharakter gekürt, wegen seines Mysteriösen, aber auch überlegenen Auftritts, der auch den bisher spannendsten Teil dieser FF mit sich gebracht und auch einiges an Fragen aufgeworfen hat. Bin in der Richtung also schon einmal gespannt...


    Bei deinen Charakteren haben wir schon einmal eine sehr interessanten und vielseitige Auswahl, von der jeder Einzelne wohl alles andere als flach bezeichnet werden kann, sogar einiges an Tiefe mit sich bringen, schon dank deiner Fähigkeit die Charaktere gut in Szene zu setzen und auch miteinander interagieren zu lassen. Lancelot ist da schon schon das beste Beispiel. Ich mag ihn, keine Frage und wie schon vorher erwähnt, ist der das vor allem dank vieler Beleuchtungen seiner Gedankengänge, aber auch wegen seiner cleveren, teilweise schon überlegenen Persönlichkeit. Probleme hingegen habe ich mit unserer Lady Platina. Dir ist der Begriff Mary Sue sicherlich ein Begriff, nicht? Damit würde ich sie nämlich im Moment ziemlich genau beschreiben. Sie kommt mir nämlich ein wenig zu perfekt, zu idealisiert vor. Da entschuldigt ihre adelige Abstammung und gute Erziehung nicht mehr ganz so viel. Klar, in erster Linie sollte sie wohl wie jemand Adeliges auftreten, aber wenn ich von ihr lese, scheint mir keine einzige Schwäche ihrerseits aufzufallen, so als hätte sie nicht einmal welche. Das hat dann nur noch wenig Humanes, so als hätte man sich hier einfach die Traumfrau seiner Träume gebastelt. Nun... momentan sind wir aber gerade erst bei Kapitel 4 und stehen praktisch noch am Anfang der Geschichte, weswegen ich das noch nicht so eng sehe. Schließlich kann sich da ja noch einiges bei ihr tun.


    Gruß Yura

    Ciao Cáithlyn,


    Hach... Deine Kapitel in L'Artista haben so etwas wunderbar Beruhigendes an sich. Weiß auch nicht, aber dein Erzählstil hat nach wie vor etwas wirklich Einzigartiges an sich. Du hetzt nicht, lässt dir für das Verweilen von bestimmten Momenten Zeit und baust damit eine unheimlich schöne Atmosphäre auf. Schon allein das macht deine Kapitel immer lesenswert und somit also auch das Neunte. Das sich hinter den Büschen ein prachtvolles Biborparadis befindet hatte ich mir zwar schon irgendwie gedacht, wurde von dir aber trotzdem schön umgesetzt, auch wenn nicht viel passiert ist. Wie gesagt: Dein Stil macht solche Szenen trotzdem äußerst unterhaltsam. Die Dialoge, welche dieses Mal ein wenig heiterer waren als sonst, haben gut zur ganzen Gesamtstimmung gepasst und allgemein ist es immer eine Wohltat wenn die Charaktere bei dir mal etwas herumalbern. Konnte mir daher köstlich amüsieren. Einen etwas ernsteren Akzent hast du wohl mit der Thematik "Versklavung von Pokemon" gesetzt, worauf du immer zwischendurch eingegangen bist. Gewirkt hat es alle Mal und brachte mich als Leser doch gleich dazu mir auch nebenbei ein wenig Gedanken dazu zu machen. Versklavte Pokemon, die gegen ihren Willen mit Trainern reisen müssen, im Kontrast zu der friedlichen Behausung der Bibor zu stellen hat ihr ungemein gut gewirkt und hat hat Angeliques Standpunkt zu dem Thema vollkommen nachvollziehbar gemacht. Das Kapitel war wahrscheinlich auch als Vorbereitung für das nächste zu sehen, indem wir wohl auf meinen heißersehnten Pokemontrainer stoßen werden. Nach dem Lesen des Endes schwant mir ja wirklich Böses. Viel böser als ich es eigentlich erwartet hatte. Ach und... Angelique ist wirklich etwas schwer von Begriff. Ihr sei vergeben, sympathisch ist ja so trotzdem und gegen ihre Begriffsstutzig in Sachen Liebe habe ich an sich eigentlich gar nichts einzuwenden. Wirkt bei ihr irgendwie... niedlich, nicht blöd. Lukas kleiner Wangenkuss war auch jeden Fall mutig von ihm, genauso dass er für ihren den Blumenkranz gemacht hat. Da ist es ja schon fast etwas traurig für ihn, dass Angelique so gar keinen Verdacht bekommen hat. Ich brauche auf jeden Fall eine Geschichte von Luka, wenn er erst einmal in Angeliques Alter ist. Dann ist er sicherlich ein netter Kerl :)


    Gruß Yura

    [tabmenu][tab=~]
    Mit etwas Verspätung kann ich hiermit Kapitel 5 präsentieren. Viel Spaß dabei! :)
    [tab=Honey~]
    Danke, danke für deinen positiven Kommentar. Ich freue mich sehr, dass dir meine Fanfiction so gut gefällt und auch die erste Sidestory. Auch dass du mit meinen eigentlich gar nicht so ausschweifenden Gefühls- und Umgebungsumschreibungen zufrieden zu sein scheinst. Was Gefühle angeht kommt mir das meistens während des Schreibens, oder während ich mich in Ivory reinzuversetzen habe, so zugeflogen, aber bei den Umgebungen harpert es ein wenig. Zugegebenermaßen füge ich die beim Korrekturlesen meistens nur noch hinzu, wenn ich merke dass man als Leser gar keine Ahnung davon hat wie die Umgebung gerade aussieht. Aber zu mindestens die Gefühle wissen ja schon mal zu überzeugen, wenn dir die beinahe die Tränen bei der Sidestory gekommen sind ;D. Diese Stelle habe ich übrigens besonders gerne geschrieben. Da sind mir die Buchstaben förmlich unter den Fingern heraus geflossen. Und das kleine Bild dass du gezeichnet hast... auch wenn es nicht ganz ernst gemeint ist: Irgendwie echt süß! Das freut mich als Autorin doch wirklich^^
    [tab=Snake]
    Danke auch dir für einen weiteren Kommentar deinerseits hier. Weiß ich zu schätzen ;). Der Zeitsprung fällt mir nun bei näherer Betrachtung auch etwas negativ auf. Eigentlich wollte ich möglichst schnell mit dem bedeutenden Teil der Handlung fortschreiten und mich mit solchen "Nebensächlichkeiten" nicht weiter aufhalten, aber gerade beim aktuellen Kapitel sehe ich, dass es wirklich nicht geschadet hätte, vorher noch einmal auf die Entwicklung der beiden einzugehen. So würde es dem Leser sicherlich einfach fallen sich nun in Ivory hinein zu versetzen, aber nun gut. In Zukunft werde ich es tunlichst vermeiden. Ivory wird in Zukunft übrigens natürlich selbst etwas Arbeit stecken müssen, um an weitere Teammitglieder zu kommen, keine Sorge ;). Ansonsten hattest du ja, wenn ich ich richtig sehe, nicht wirklich etwas kritisiert, weswegen ich mich für einen kurzen Moment eben freue. Okay, Moment vorbei. Dass du zwei Mal die spannende Inszenierung erwähntest, freut mich besonders, weil ich mir hier extra Mühe gegeben habe, Geschehenes möglich packend und Niobe als Charakter immer fragwürdiger darzustellen. Inari wird in Zukunft wohl noch so einige Auftritte bekommen, schon allein weil ich ihn mag, aber werde ich mich erst einmal mit Niobe befassen.
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    Kapitel 5 – „Verwirrt im Angesicht meiner größten Angst, versuche ich mich zu wehren."


    Man konnte ihm seinen Zorn ansehen. Ein Zorn der sich wie ein Sturm auf rauer See nicht so schnell wieder legen würde, sondern ganz im Gegenteil erst aufhören würde zu wüten, wenn jegliches Leben oberhalb der Wasseroberfläche ausgelöscht war. Die Fäuste geballt, die Augen zusammengekniffen, schritt Brave zielsicher den schmalen Weg hinter der Tribüne entlang, gefolgt von mir, die nicht nur ordentlich verwirrt war, sondern auch nicht verstand was Brave nun plötzlich so aufregte.
    „Bleib stehen Brave! Du kannst dir dabei doch gar nicht sicher sein!“, rief ich ihm aufgebracht hinterher und versuchte mit ihm Schritt zu halten. Die Kieselsteine knirschten unter den zügigen Schritten die wir taten und die Blätter der Bäume die neben uns aufgereiht waren wie in einer Alle, raschelten, sodass die Atmosphäre ruhiger wirkte, als sie eigentlich war. Langsam vorbeilaufende Passanten, die herzlich wenig daran interessiert waren, meinen aufgeregten Worten Brave gegenüber Beachtung zu schenken, taten ihr Weiteres. Wahrscheinlich wollten sie ohnehin nur schnell nach Hause kommen, bevor der nahende Regen, den die grau gefärbten Wolken versprachen, eintraf.
    „Nein, ich bin mir sogar ziemlich sicher mit meiner Vermutung“, knurrte er, ohne sich auch nur kurz nach mir umzudrehen.
    „Das ist verrückt. Absolut unmöglich. Ich weiß nicht einmal, wie du darauf kommst! Nur weil du den Stil ein Mal im Fernsehen gesehen hast?“, warf ich ihm vor und wollte ihn schon bei der Schulter packen, ließ es dann aber doch sein, denn um ehrlich zu sein, war sein Gedanke bei weitem nicht so weit hergeholt, wie ich behauptete. Nein, ganz im Gegenteil sogar. Als er seinen Verdacht mir gegenüber äußerte, hatte ich das Gefühl als würde plötzlich ein großes Geheimnis um Niobe gelüftet sein. Jedoch war allein der Gedanke daran, dass Braves Vermutung der Wahrheit entsprechen könnte zu eigenartig, als das ich mich daran gewöhnen könnte. Das war wahrscheinlich auch der Grund weswegen ich sie nun auch so vehement zu verteidigen versuchte. Aber wovor eigentlich? Wäre es etwas Schlechtes wenn Braves Vermutung tatsächlich der Wahrheit entsprechen würde?
    Ein Zischen Braves schreckte mich auf und ich sah Niobe keine zwanzig Meter weiter um die Ecke biegen. Gerade erst war sie von dem Kampffeld zurückgekehrt, um sich wieder zu uns zu gesellen und sich die restlichen Kämpfe die für den Tag anstanden, anzuschauen. Mampfaxo trappelte neben ihr her und zwickte ihr dabei aufdringlich in die Wade, damit sie seinem ausgehungerten Magen auch ja bald etwas Anständiges zu Essen kaufen würde.
    Ein sanftes Lächeln legte sich auf die Lippen meiner Freundin, als sie mich erblickte, welches aber sofort erlosch, als Brave auf sie zukam und plötzlich am Kragen packte. Zornig fixierte ihr Peiniger sie mit wutentbrannten Augen, während Niobe selbst ein verängstigtes Keuchen ausstieß.
    „Brave! Was tust du da?“, schrie ich erschrocken auf und versuchte ihn von Niobe wegzuziehen, doch bevor ich ihn erreichen konnte, schlug er unwirsch meine nahende Hand zur Seite. Den knurrenden und Zähne fletschenden Mampfaxo, der ihn mit zusammengekniffenen Augen und gebeugter Haltung, als würde er zum Sprung ansetzen, anfunkelte, ignorierte Brave ebenso. Genau wie ich, wusste er wohl, dass Mampfaxo keine Menschen angreifen würde, solange Niobe keinen Befehl dazu geben würde. Aber wer sagte, dass sie das nicht tun würde?
    „Verdammt, Brave! Sie hat dir doch gar nichts getan!“, zischte ich nun ebenso wütend wie er.
    „Mir vielleicht nicht, aber was glaubst du wie sehr das Rokkaiman da gerade auf dem Feld gelitten hat, hm?“ Ich stockte. Nicht einmal widersprechen konnte ich. Gar nichts tun konnte ich. Wenn Niobe sich schon nicht selbst aus seinen Griffeln befreien konnte, dann ich erst recht nicht.
    „Sag! Das hast du mit voller Absicht getan! Das Rokkaiman so verletzt. Du hättest Erdbeben auch normal einsetzen können, aber du hast diese Massaker Modifizierung vorgezogen!“, knurrte er und sah auf Niobe mit vollem Abscheu hinab.
    „Korrekt“, erwiderte diese plötzlich kühl. Erstaunt starrte ich sie an, worauf mir ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Schon einmal hatte ich diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen, als ich ihre Fähigkeiten als Trainerin bei unserer ersten Begegnung angezweifelt hatte und sie mir darauf deutlich zu verstehen gab, dass sie nicht wie jeder Andere sei. Dieser Ausdruck neben dem selbst ein Schneesturm mehr Wärme, mehr menschliche Emotion besaß, als der ihrer und durch den sie mehr wie eine Maschine als ein Mensch wirkte. Gesteuert durch ein völlig rationales Programm, ohne auch nur einen Hauch von Humanität.
    „Korrekt? Das ist alles was du zu sagen hast? Hast du denn keine Ahnung wie sehr das Pokemon da gelitten hat? Es sah mehr tot als lebendig aus!“ Wieder erschien das Bild des Rokkaimans, dessen ganzer Körper völlig verdreht gewesen zu sein schien, vor meinem Inneren Auge. Wie es von Mampfaxo mit voller Kraft, ohne jegliche Rücksicht, zurück in die Erde gestoßen wurde und sich dabei sämtliche Knochen gebrochen haben musste.
    „Das war meine Intention gewesen. Angriffe die dem Gegner größtmöglichen Schmerz zufügen sind am effektivsten“, murmelte Angesprochene und suchte auffällig nervös nach einer Alternative zu Braves intensivem, aber alles anderen als freundlichen Blickkontakt. Ihre Stimme blieb dennoch starr wie Eis, obwohl ich einen Hauch von Sturheit herauszuhören schien, so als würde sie sich sträuben von ihrer eigenen Meinung abgehalten zu werden.
    „Nicht schon einmal an eine andere Methode gedacht? Man kann seinen Gegner auch ohne ihn völlig zu verstümmeln, besiegen!“, fauchte er. Seine Hände zitterten. Selbst er musste von Niobes unerwartet, abweisenden Worten schockiert sein.
    „Durchaus. Aber diese Methode ist nach allem die schnellste Option, da der Schmerz es dem Körper der Pokemon unmöglich macht zu agieren. Natürlich nur“, sie machte eine kurze Pause und reckte den Kopf etwas in die Höhe, „Wenn man vom Tod selbst absieht.“ Das war‘s. Damit hatte sie Braves letzten Geduldsfaden endgültig reißen lassen. Dieser ließ seine Hände von ihr ab, stolperte ein paar Schritte, den Blick zu Boden gesenkt, zurück und ballte die Fäuste. Auch ich schluckte schwer. Wir alle, ohne Ausnahme, waren uns bewusst, dass schon so manch ein Pokemonkampf zum Tode geführt hatte. In der Regel waren es Unfälle und wir alle hofften, dass sie uns niemals treffen würden, in der Gefahr unser Bild vom Pokemonkampf durch die rosarote Brille zu zerstören. Wie oft kam es denn schon vor, dass ein Pokemon bei einem Kampf umkam? So gut wie nie, redeten sich Trainer aller Art ein und der Wahrheit entsprechen tat es auch durchaus, schließlich war der Ziel eines Kampfes, die Kampfunfähigkeit bei dem Gegner hervorzurufen. Todesfälle entstanden im Normalfall nur wenn ein gegnerisches Pokemon außer Kontrolle geriet, oder schlicht und ergreifend aus voller Absicht eines Trainers. Ich schauderte. Bis vor kurzem hatte mir dieser Gedanke noch fern gelegen, schließlich würde doch niemand absichtlich versuchen würden, ein Pokemon während des Kampfes umzubringen. Schon allein aus der Sicht unserer moralisch, gesitteten Gesellschafft, wo alles in geregelten Bahnen verlief. Doch jetzt wo Niobe diesen möglichen Ausgang eines Kampfes ansprach, als würde es völlig selbstverständlich sein, realisierte ich erstmals den Fakt der Existenz eines solchen grausamen Mittels um zum Sieg zu gelangen. Er wiedersprach den Regeln eines jeden Pokemonkampfes und war sicherlich alles andere als gern gesehen in unseren Reihen, aber dass er existierte, war nicht anzuzweifeln.
    „Das ist abartig. Absolut abartig“, flüsterte mein Sandkastenfreund mit zittriger Stimme. Für jemanden der Pokemon mehr als alles andere liebte, waren Niobes ignorante Worte nichts anderes als würde man ihm glühendes Eisen auf die Haut drücken.
    Mit einem verabscheuenden Lächeln hob er seinen Kopf wieder und blicke Niobe direkt in die Augen. Starr erwiderte diese seinen Blick, doch ich meinte ein leises Zucken ihrer Augenwinkel ausmachen zu können.
    „Ich hab’s dir gesagt, Ivory. Die von Densetsu sind alle gleich. Ohne Ausnahme. Immer nur auf das Resultat fixiert und gehen dafür wortwörtlich über Leichen! “ Letzteres sprach er in einem so gehässigen Ton aus, dass selbst ich kurz zusammen zuckte.
    Und plötzlich ging alles ganz schnell. Niobes Fuß schoss ohne Vorwarnung in die Höhe und riss Brave von den Füssen, in dem sie ihm mit voller Kraft ins Gesicht trat. Ihre Augen gefüllt mit Mordlust. Schierer Mordlust. Brave schrie leise auf, als er förmlich gegen die, kaum einen Schritt entfernt stehende, Tribünenwand geschmettert wurde und vorne heran auf die Knie fiel.
    „Brave!“, schrie ich erschrocken, eilte heran und beugte mich zu ihm herunter, jedoch rappelte er sich schnell wieder auf, wenn auch mit einem leisen Stöhnen, welches scheinbar Schmerzen aus der Kopfregion hervorriefen. Infolge von Niobes gezielten und scheinbar auch äußerst kraftvollen Tritts, rann leichter Blutfluss aus seiner Nase. Niobe trat vor uns, die Augen weit aufgerissen, während ich versuchte meine chaotischen Gedanken im Kopf zu sortieren versuchte. Wie war die Situation von gerade eben noch, so derartig ausgeartet? Was war in Niobe gefahren, dass sie so ein Verhalten an den Tag legte? Der stillen, niemals Aufregung ersehenden Niobe?
    „Vergleiche mich nicht mit dem Rest des Densetsu Klans“, zischte sie. Ihre vorher noch so monoton klingende Stimme, war plötzlich gefüllt mit Emotionen. Vor allem Verzweiflung konnte ich darin ausmachen und als sie merkte wie Brave sie feindselig anblickte und in meinem Gesicht nur pures Entsetzen zu lesen war, stolperte sie erschrocken zwei Schritte zurück.
    „Ich habe leider keinen blassen Schimmer, wozu du uns überzeugen willst, wenn du mich so gewalttätig herrichtest, allerdings lässt es mich nur noch mehr glauben, dass du eine treudoofe Densetsu bist.“ Herausfordernd hob Brave beide Hände, mit den Handflächen nach oben, etwa auf Hüfthöhe und reckte das Kinn in die Höhe. Seine Stimme klang höhnisch und seine Augen strahlten Selbstsicherheit aus. Selbiges konnte man von seiner Gegenüber nicht behaupten, welche wie in eine Falle gelocktes Tier, ihrem Jäger gegenüber in leicht gebeugter Haltung, langsam zurückschritt. Die gesamte Szene hatte wahrlich etwas animalische an sich, so eigenartig und fehl am Platze schien sie mir.
    „Provozier sie nicht“, wisperte ich, als würde es sich bei Niobe tatsächlich um ein wildes Tier handeln. De facto war ich momentan tatsächlich darum besorgt, dass mein Gegenüber sich erneut nicht zusammenreißen und Brave noch einen viel größeren Schaden zufügen könnte. Meine Warnung wurde beider weilen aus der Luft geschlagen, da sie Umstehenden wohl herzlich egal war. Selbst Niobe zuckte nicht einmal mit der Wimper über meine eigentlich in gewisser Weise verletzende Bemerkung.
    „Um gleich zum Punkt zu kommen“, erklärte Brave, seine höhnisch grinsenden Mundwinkel inzwischen wieder in einen seriösen Zustand gewandelt. „Ich kann mich nicht mit euren Methoden anfreunden.“
    „Da bist du… sicherlich nicht der Einzige“, murmelte Niobe zurückhaltend und ging, wie zu einer Sicherheitsmaßnahme, einen weiteren Schritt zurück.
    Skeptisch hob Brave eine Braue.
    „Geb ruhig zu, dass du ziemlich überzeugt von deinen eigenen Fähigkeiten bist. Ich weiß es ohnehin“, knurrte er, die Zähne fast schon gefletscht wie die eines Raubtiers. „Nein, die ganze Welt weiß es. Der nahezu unbesiegbare Densetsu Klan, der ein Vermögen, allein durch das gewinnen von Wettkämpfen, gemacht haben soll. Soll.“
    Erneut ging Niobe noch einen Schritt weiter nach hinten, worauf Mampfaxo neben ihr misstrauisch die Augen zusammenkniff. Ich konnte immer noch nicht genau sagen, wie viel das Pokemon von der Konversation zwischen Brave und seiner Trainerin eigentlich verstand.
    „Bestimmt geht das aber auch nicht immer ganz sauber zu, richtig? Ich meine, es kann kaum sein, dass deine Familie wirklich nur durch Wettkämpfe ihr Brot verdient hat.“
    „Worauf willst du hinaus?“, harkte Niobe nach, ihre Stimme mit zurückgewonnener Stärke gefüllt.
    „Dass mir nicht nur euer Kampfstil nicht passt, sondern dass dein ganzer Klan ziemlich zwielichtig in meinen Augen ist. Dass ihr euren sauberen Namen dazu missbraucht, hinter jedermanns Rücken eure ganz eigenen Sachen zu machen. Selbst die Polizei scheint euch sogar extra in Schutz zu nehmen.“
    Unbeeindruckt lächelte Niobe, was von einem unheilvollen Grollen aus dem Horizont nur so unterstrichen wurde.
    „Woher willst du das wissen? Bei dem Bekanntheitsgrad meines Klans, ist es praktisch unmöglich dass du der Einzige bist, der auf solch eine Idee kommt.“ Es wunderte mich beinahe schon, wie Niobe derartig lange und gewandte Sätze zustande bringen konnte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Nicht dass ich es ihr nicht zugetraut hätte, nur hatte sie nie davon Gebrauch gemacht.
    „Sicherlich bin ich nicht der Einzige, aber wie ich schon sagte: Ihr genießt einen erstaunlich guten Ruf, dafür dass ihr so brachial mit euren Gegnern umgeht. Jeder tut einen Verdacht wie meinen als Paranoia ab.“
    „So?“, erwiderte Niobe nur, inzwischen ihre erhobene Haltung wieder angenommen. Doch sah sie bei weitem nicht so herabschauend und kühl aus, wie sie zuvor getan und vielleicht angenommen hatte, denn ihre Hände zitterten sichtlich. Mit angestrengtem Gesicht, versuchte ich herauszubekommen was gerade in Niobes Kopf vorgehen mochte. Zwar ging ich ohnehin nicht davon aus herausfinden zu können, was sie gerade wirklich dachte, aber vielleicht konnte ich den einen oder anderen Hinweis ausfindig machen. An bisherigen Aussagen ihrerseits, der Begegnung mit Inari und dem Kampf vorhin, war es mir eventuell möglich, mehr zu entschlüsseln. Eine Mission in Sinnoh, davon hatte ihr Bruder ausdrücklich gesprochen. Keinesfalls konnte ich mir exakter Konkretheit sagen, dass diese Mission etwas mit Kriminalität zu tun hatte, aber ausschließen konnte ich es dennoch nicht.
    „Nichts weiter“, Brave zuckte mit den Schultern. „Ich dachte mir nur, ich sollte die Gelegenheit einer Densetsu zu begegnen am Schopfe packen und sie ausfragen. Also? Kannst du mir die Wahrheit sagen? Was macht dein Klan da so Schönes?“, fragte Brave halb spöttisch, halb ernst.
    „Was soll ich dir erzählen, wenn es da absolut Nichts zu erzählen gibt?“, wehrte Niobe ab. Das Kribbeln in ihren Fingern schien stärker geworden zu sein, sodass sie nun unauffällig die Hände hinter ihrem Rücken versteckte, wohl in der Angst Brave würde ihre Nervosität bemerken. Dass er das aber schon längst getan hatte und nun versuchte bestmöglich sie auszuquetschen, schien ihr dabei aber auch nicht entgangen zu sein.
    „Lüg mich nicht an“, rief Brave schroff und kam jetzt bedrohlich einen Schritt auf sie zu, obwohl er nach ihrem Tritt genau wissen sollte, dass er in einer Schlägerei gegen sie selbst als Junge, keine Chance haben würde. Nach allem war Niobe schließlich immer noch eine Dentsetsu.
    „Und selbst wenn meine Familie ihre Fäden in der Unterwelt hätte, was würde dich das angehen? Ich kann mich nicht erinnern, dass wir dir je etwas angetan hätten“, konterte sie und kam nun auch einen Schritt näher auf Brave zu.
    „Verdammt viel habt ihr getan. Nicht mir persönlich, aber vielleicht fragst du mal meinen toten Großvater!“, schrie mein Sandkastenfreund plötzlich und ballte die Fäuste. Erschrocken riss Niobe die Augen auf und auch mir fiel die Kinnlade herunter. Durchaus war es mir bekannt, dass Braves Großvater nicht mehr unter den Lebenden weilte, aber dass der Dentsetsu Klan ihn umgebracht haben soll?
    „Was redest du da, Brave?“, stotterte ich, im Kopf gerade eine mittelschwere Umweltkatastrophe in den Griff kriegend.
    „Genau, was ich gesagt habe“, antwortete Brave knapp und warf Niobe einen hasserfüllten Blick zu.
    „Davon hast du mir nie erzählt.“ Meine Stimme klang nicht vorwurfsvoll, keinesfalls, aber beunruhigt und verwirrt. Braves Großvater Walter, war ein freundlicher und verständnisvoller Mann gewesen, der kaum seine 60 überschritten hatte, als er vor zwei Jahren in einer der Fabriken, die er leitete umkam. Noch gut konnte ich mich daran erinnern, wie glücklich Brave war als er von seiner Arbeit aus Johto zurück gekommen war und uns deshäufigeren auch bekannte Süßigkeiten der Region mitgebracht hatte. Gekannt hatte ihn ich beinahe so lang wie Brave selbst, weswegen er mir wenn ich an ihn dachte, mehr wie mein eigener Großvater, als der meines Nachbarn vorkam. Dementsprechend niedergeschlagen waren Brave und ich als die Schreckensnachricht uns erreichte. Jedoch war ich bisher immer fest im Glauben gewesen, dass Brave, ebenso wie ich, die Vergangenheit einfach ruhen gelassen hatte, typisch dem Motto „Was geschehen ist, ist geschehen.“.
    Einen Moment lang schien sich Brave zu beruhigen, während sein Blick auf dem verwirrten Dasein meinerseits ruhte.
    „Im Grunde vermute ich es auch noch nicht lange und ich wollte dich“, er machte eine kurze Pause, „Nicht weiter beunruhigen.“
    „Ich… ich“, stammelte Niobe und senkte ihren Blick zu Boden. „Ich hatte… keine Ahnung.“ Sollte dass eine Entschuldigung sein? Gab sie etwa schon zu, dass ihr Klan hinter dem Ganzen steckte?
    „Vergiss es“, murrte Brave und schritt neben mich. „Dein Klan hat aufgrund eines Auftrags vor zwei Jahren eine Schwesterfirma Silph & Cos völlig dem Erdboden gleich gemacht, bevor sie überhaupt wirklich aufgebaut werden konnte. Ich weiß nicht wie, aber durch Brandstiftung, wurden sämtliche Gebäude, Produktionshäuser und Fabriken der vielversprechenden Firma, in die viel investiert wurde, völlig niedergebrannt. Die Firma hat Millionenverluste gemacht und es war schier unmöglich sie wieder aufzubauen. Die „Silph & Co Misere“ nennt man es auch. Richtig, oder? Einer der größten Katastrophen der Johto Region in den letzten Jahren.“
    Nicht fähig dazu zu antworten, biss sich Niobe auf die Unterlippe.
    „Das es Brandstiftung war, stand schon damals fest. Nur wie, war selbst Experten ein Rätsel. Unter all den Sicherheitsvorkehrungen die getroffen, der Horde von Wachen die dort aufgestellt wurden und dem komplexen Computersystem gegen solche Ereignisse, hätte es nie dazu kommen dürfen.“
    „Und wie… Und wie kommst du darauf, dass mein Klan dafür verantwortlich war?“
    „Eine Aussage einer dieser Experten brachte mich dazu.“
    „Ein ziemlich schwaches Argument, meinst du nicht?“, murmelte Niobe.
    „Hör es dir doch erst einmal an. „Nur Monster hätten dieses Verbrechen begehen können.“, hieß es.“ Ein überlegenes Lächeln legte sich auf Braves Lippen. „Und wen gibt es Unmenschlicheres als euch.“ Was sich in erster Linie nach einer waghalsigen Beleidigung anhörte, war in Wirklichkeit ein Fakt. Der Fakt, dass der Densetsu Klan in der Tat über Fertigkeiten verfügte, die mehr an ein Monster als einem Menschen erinnerten, wobei diese Erkenntnis selbst schon als Gerücht ein zu kategorisieren war und nur der bekannte Dentsetsu Stil selbst einen Hinweis darauf gab, dass dahinter mehr stecken könnte, als ein solches. Ein Gerücht, dass durch Geschichten, eher unangenehmer Begegnungen von Reisenden mit Densetsu Mitgliedern basierten und von den meisten angezweifelt wurden, da man in unseren Reihen an die Professionalität des Klans glaubte. Und auch an ihre Humanität, selbst wenn diese Geschichten von der unglaublichen Beweglichkeit eines Griffels, Stärke eines wildgewordenen Ursarings und der eiskalten Rationalität eines Frosdedjes erzählten. Zu unglaublich schien es den Leuten die davon hörten, dass ein Mensch sich Fähigkeiten der solchen aneignen könnte. Zugeben musste ich aber, dass ich selbst diesem Gerücht kaum Gehör geschenkt hatte.
    „Wegen dieser Anomalität eures Klans, musste mein Großvater schon früher gehen, als er es eigentlich hätte tun sollen. Weil irgendein verdammter Mafioso, sich nicht mehr ganz so lieb mit Silph & Co hatte, hat er Leute von deinem Klan angeheuert, ohne dass diese auch nur eine Spur hinterlassen haben. Genug Geld hat er ja scheinbar gezahlt“, wieder hielt Brave mitten in seiner Rede Inne bevor er weitersprach. „Zugegeben, das alles waren nichts anderes als Vermutungen meinerseits, aber… allein durch dein auffälliges Verhalten kann ich jetzt sagen, dass es nicht nur ein Hirngespinst meinerseits war.“ Triumphierend lächelte er und legte die Hände in den Nacken, bevor er Niobe endgültig den Rücken zukehrte und sich von dannen machte.
    „Komm Ivory. Ich kann dich nicht mit der Densetsu alleine lassen“, murmelte er, ehrliche Sorge in seiner Stimme und fasste mich sanft am Armgelenk, ohne mir direkt in die Augen zu blicken. Nicht wissend wie nun zu reagieren war, warf ich Niobe einen verwirrten Blick zu. Endlos einsam, wie ein Hund der von seiner Familie an einer Autobahn ausgesetzt wurde, stand sie da, den Blick starr zu Boden gerichtet, die Fäuste geballt. Besorgt hatte Mampfaxo ihr Bein umarmt und wimmerte Klagelaute, wie sie sonst nur von einer Beerdigung kommen könnten. Ganz im Gegenteil zu Brave konnte ich Niobe nicht hassen, so sehr mir Großvater Walter auch am Herzen gelegen hatte. Mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, war sie noch nicht einmal an der ganzen „Silph & Co Misere“ direkt beteiligt gewesen, selbst als Dentsetsu. Vor zwei Jahren war sie gerade einmal 13 gewesen, da war es höchst unwahrscheinlich, dass sie in dem Alter zu einer riskanten Mission geschickt wurde. Brave wusste das auch, aber für ihn zählte nur der Fakt, dass sie eine Densetsu war. Nichts anderes und es reichte ihm ebenso, ihr nur über seine Missbilligung zu erzählen. Vielleicht war meine Vermutung somit, dass er die Vergangenheit schon längst hinter sich abgeschlossen hatte, gar nicht einmal so falsch gewesen, nur war seine damalige Trauer und Wut wieder aufgequollen, nicht möglich sie zu unterdrücken, bevor er sich an einer waschechten Dentsetsu abreagiert hatte. In der Tat hörte sich alles was Brave ihr gegenüber gerade preis gegeben hatte schockierend an, aber bezog sich doch nie wirklich selbst auf Niobes Handeln, so eigenartig sie sich auch gerade benommen hatte. Vertrauen hatte ich über die letzten Tage schon längst zu ihr aufgebaut und so konnte ich ihr auch in diesem Fall nicht völlig misstrauen.
    „Viel Glück beim nächsten Kampf Niobe“, rief ich ihr zu und ließ mich dann von Brave mitziehen. Sich gegen ihn zu wehren hätte ohnehin nichts genützt. Wenn er erst einmal besorgt um mich war, dann konnte er ein verdammter Sturkopf sein, den kein Mensch auf der Welt von seinem Entschluss abbringen könnte.



    „Der Densetsu Klan ist ein über inzwischen sechs Generationen geführter Klan, der vor allem für seine Fertigkeiten in diversen Kampfkünsten und dem auch von ihm hervorgegangenen Paarkampf mit Pokemon, in denen sowohl das Pokemon als auch der Trainer selbst direkt am Duell teilnehmen, bekannt ist. Von der Allgemeinheit als eine starke Familie des Adels angesehen und bewundert, erkämpften sie sich alleine durch das Gewinnen aller Art von Turnieren ein großes Vermögen. Vor laufender Kamera zeigen sich Mitglieder des Klans in der Regel selten bis nie, aus Gründen der Privatsphäre. Von dieser Regelung sind vor allem jüngere, in die Familie hineingeborene Klan angehörige, betroffen, sodass sie vor ihrem achtzehnten Lebensjahr nicht gefilmt oder fotografiert dürfen von Außenstehenden. Der ursprünglich aus Einall stammende Klan, verfügt über Residenzen in verschiedenen Regionen der Welt, wobei sich die Hauptresidenz weiterhin in ihrem Heimatland, in einem streng geschützten und bewachten Areal, Nähe der schwarzen Stadt befindet“, las ich laut von dem Bildschirm meines Smartphones ab. Meine Hände zitterten sichtlich, wegen des plötzlich eingetroffenen Windes und Regens, sodass es meinem treuen Kommunikationsgerät, das glücklicherweise auch über eine Internetverbindung verfügte, aus meiner Hand zu fallen.
    Nun saßen wir wieder hier auf der Tribüne, nachdem wir unsere Zeit zuvor in einem nahegelegenen Cafe vertrieben hatten. Sonderlich produktiv war diese Aktivität nicht gewesen, denn unterhalten hatten wir uns so gut wie gar nicht. Der Begriff „Gegenseitig anschweigen“, wäre hier daher durchaus treffend. Trotz des Wetterumschlags wurde das Turnier fortgesetzt, nachdem man einige Maßnahmen ergriffen hatte, wie zum Beispiel notdürftig eine Art Regendach, welches aus einer festen, weißen Plane bestand, über den Tribünen und interessanterweise auch dem Feld zu spannen. Wahrscheinlich wollte man verhindern, dass der Boden matschig und glitschig wurde, sodass die Pokemon keinen Halt zum Stehen mehr finden würden. Obwohl die Luftfeuchtigkeit in nahezu unangenehme Höhen geschossen war, die Temperatur aber eher in die entgegengesetzte Richtung, hatten kaum Leute die Tribüne verlassen, so ein wichtiges Event schien das Turnier für die Bewohner Vapydro Citys zu sein.
    „Und wofür… hast du mir das nun alles vorgelesen? Ich weiß das doch schon lange“, knurrte Brave, während er sich ebenso frierend an den Armen rieb. Gelangweilt zuckte ich mit den Schultern.
    „Ich hatte das Gefühl ich brauchte noch einmal eine Zusammenfassung“, erklärte ich mit leichtem Lächeln.
    „Schön für dich, dass du schon neue Techniken erfunden hast, wie du mir auf die Nerven gehen kannst“, murmelte Brave und sah mich vorwurfsvoll an. Ich tat es ebenso, denn er wusste genau was ich mit meiner kleinen Vorlesung wirklich bezweckt hatte.
    „Geh doch zu ihr zurück, wenn du mir sowieso nur die ganze Zeit Vorwürfe machst“, knurrte Brave, zog wie ein Kind seine Knie an seinem Körper, umschlang sie mit den Armen und ließ seinen Kopf darin sinken.
    Seufzend steckte ich mein Handy zurück in die geräumige, weiße Tragetasche neben mir und antwortete: “Ich mache dir keine Vorwürfe. Verstehen tue ich dein Verhalten ja doch irgendwie, aber“, ich hob den Kopf und fixierte mit den Augen die auf die Regenplane trommelnden Tropfen, „Es ging alles so schnell. Weiß selbst schon nicht mehr was ich in dieser Situation tun soll.“
    Mit nachdenklichem Ausdruck, wandte Brave sein Gesicht zu mir und ließ seinen Blick auf mir ruhen, ohne ihn auch nur eine Sekunde abzulassen, sodass es mir fast schon wieder unangenehm war.
    „Was habt ihr denn getan, dass du so sehr an ihr hängst? Ich kann mir kaum vorstellen dass ihr euch innerhalb einer Woche so nahe gekommen seid.“
    „Nun“, grübelnd verzog ich einen Mundwinkel. „Eigentlich… haben wir nur für dieses Turnier trainiert. Wenn wir gerade nicht am Wandern waren, hat sie mich sie mich immer dazu aufgefordert Trainingskämpfe auszuführen, oder mir etwas anderes dazu beizubringen, aber“, ein leichtes Lächeln huschte mir über die Lippen, „Niobe sah immer schrecklich glücklich aus, wenn sie ihr eigenes Wissen an mich weitergeben konnte. Das schien ihr schon zu genügen, denn sonst haben wir eigentlich kaum miteinander gesprochen. Wenn wir aber geredet haben, dann kam es mir immer so vor, als würde sie mir einige ihrer tiefsten Geheimnisse anvertrauen, auch wenn es teilweise gar keine besonderen Dinge waren. Bei Niobe habe ich einfach das Gefühl, dass sie mir vertraut und mich versteht. Sie ist eigentlich ein furchtbar sensibles Mädchen, weißt du!“
    Keine Reaktion auf seinem Gesicht, trotz meines plötzlichen Ausrufes. Schnell richtete ich meinen Blick zu Boden und fuhr meine Erzählung vor: „Deshalb… deshalb kam sie mir gerade auch so Hin und Her gerissen vor. Alle Aussagen haben im Gesamtbild überhaupt nicht aufeinander gepasst, aus meiner Sicht. Im Grunde weiß ich also gar nichts über sie. Selbst jetzt nicht, wo ich weiß dass sie eine Densetsu ist, aber hinter ihr steckt noch deutlich mehr als das!“
    „Ich möchte nicht, dass du weiterhin alleine mit ihr reist“, sagte Brave plötzlich völlig aus dem Kontext.
    „Was?“, rief ich verdattert und starrte ihn an.
    „Erst das mit meinem Großvater, dann der Kampf mit dem Rokkaiman und dann hat sie mich auch noch ohne zu Zögern gegen die Wand geschmettert, als wäre ich ein Fliegengewicht.“
    Genauestens konnte ich sagen, was er damit meinte.
    „So ist es nicht. Ich weiß sie ist stark und hat sicherlich ihre dunklen Geheimnisse, aber sie ist ein guter Mensch. Davon bin ich überzeugt“, flüsterte ich und starrte auf meine Knie. „Deshalb erzählte ich dir das doch auch alles.“
    „Ich zweifel das auch nicht an, aber ich mache mir Sorgen. Das ist alles“, erklärte er ruhig. Seinen Beschützerinstinkt von früher hatte er wohl selbst nach Jahren nicht ablegen können.
    „Niobe war nicht einmal an der Brandstiftung vor zwei Jahren selbst beteiligt. Die Densetsu würden bestimmt nicht ihre eigenen Kinder zu solchen waghalsigen Missionen schicken“, versuchte ich mich heraus zu reden, auch wenn es keinen Sinn hatte. Die Chance dass ich normal mit Niobe weiterreisen könnte, war ohnehin gering und basierte auf ihrer eigenen Reaktion, ob sie mir noch normal gegenübertreten könnte, nach dem Konflikt mit Brave.
    „Habe ich je behauptet sie wäre selbst dabei gewesen? Nein, aber es geht mir schlicht und ergreifend darum, dass Mitglieder von Densetsu über Kräfte verfügen, bei dem ein durchschnittlicher Mensch nicht mithalten kann. Selbst der kleine Albino war schon unglaublich stark. Hast du ja gesehen. In der einen oder anderen Weise ist sie gefährlich, selbst wenn sie es bisher fein zurück gehalten hat.“
    Widersprechen konnte ich kaum, schließlich hatte er recht. Selbst ihren eigenen Bruder hätte sie beinahe angegriffen, obwohl er zugegebenermaßen selbst mir Angst gemacht hatte. Und eigenartig war er ohnehin. Trotzdem würde ich deswegen noch lange nicht meine Meinung von Niobe ändern.
    „Versuchen wir doch erst einmal ihre Beweggründe herauszufinden“, murmelte ich. „Es ist nicht so, dass du Niobe nun als Person hassen müsstest. Schließlich hat sie im Grunde nicht mit dem Tod von Walter zu tun.“
    „Ich hatte doch schon gesagt, dass es ist nicht nur das ist. Der Densetsu Stil selbst, ihre Ansichten und Einstellungen. Alles an den Densetsu gefällt mir nicht. Du hast es doch von ihr selbst gehört, wie sie geredet hat über die Effektivität von roher Gewalt. Sie ist eine typische Densetsu Vertreterin, durch und durch!“ Seinen Körper wieder aufgerichtet, die Füße auf dem Tribünenboden, die Fäuste geballt, sah er mich durch leicht verzweifelten Augen an. Dass er sich Sorgen machte, war ihm deutlich anzusehen. Trotz dieser Situation schüttelte ich hektisch den Kopf.
    „Nein. Ich glaube nicht dass sie es ist. Sie ist sicherlich keine typische Densetsu, dafür war sie vorhin einfach zu verwirrt und der Situation nicht gewachsen. Außerdem ist ihr Bruder auch völlig anders als sie!“
    „Ihr Bruder?“, harkte Brave verwirrt nach. „Du bist ihrem Bruder begegnet?“
    Am besten ich hätte die Klappe gehalten. Inari würde wahrscheinlich mit großer Wahrscheinlichkeit in den Top 10 von Braves größten Albträumen einzuordnen sein.
    „Ja“, murmelte ich nun deutlich unsicherer. „Vorgestern. Im Gegensatz zu ihm wirkt Niobe wie ein kleines Kätzchen. Allein seine Aura ist furchteinflößend und sie schien sich ganz eindeutig vor ihm zu fürchten.“
    Seufzend kratzte er sich am Kopf.
    „Sie hat auf mich ja auch einen reichlich verwirrten Eindruck gemacht, aber ihre Worte waren zu… schockierend. Ich kann kaum glauben, dass sie tatsächlich von dem kleinen, schüchternen Mädchen vor zwei Tagen stammten. Zu der eiskalten Killermaschine bei ihrem Turnierkampf hier passte es aber schon viel eher.“ Ein säuerliches Lächeln legte sich auf seinen Lippen, während mit abwesendem Blick das Kampffeld vor uns betrachtete. Selbiger Ausdruck erlosch aber plötzlich, als sich eine schwarzhaarige Person in einem weißen Hemd, welches er in eine schlichte, blaue Jeans gesteckt hatte, das Feld betrat. Zugehörig zum Hemd trug er eine orange Krawatte und an seinem Arm waren sowohl eine Uhr, als auch mehrere Armbänder zu sehen.
    „Cheren?“, flüsterte Brave verdutzt. Ebenso überrascht wie er, starrte ich nun den plötzlich auftauchenden Mann an. Cheren? Schon von weiten sah ich seine saphirfarbenen, strahlenden Augen, geschmückt von einem selbstsicheren Lächeln, aber wo war seine für ihn so charakteristische Brille hin, die er in solchen Momenten immer zurecht gerückt hatte, um seine Überlegenheit auszudrücken?
    „Er trägt… Kontaktlinsen?“, fragte ich meinen Sandkastenfreund fast schon enttäuscht.
    „Ja. Quasi als neues Image, hat er mir gesagt“, antwortete Brave nur halb abwesend.
    „Was? Ehrlich? Die Brille hat ihm so gut gestanden“, jammerte ich und rüttelte in kindischer Manier an Braves Schulter, als ob er etwas daran ändern könnte. „Du musst mit ihm reden! Bring ihn wieder auf die gute Seite der Macht.“ Ich lachte und ließ von seiner Schulter ab, als er mich sanft an meiner eigenen Schulter wegdrückte.
    „Schon gut, schon gut. Wenn ich das nächste Mal mit ihm rede, versuche ich ihn davon zu überzeugen, dass seine Brille ihn schrecklich vermisst“, lachte Brave und grinste. Wie schnell wir die Atmosphäre von einer bitterernsten zu einer heiteren wandeln konnte, war schon bemerkenswert.
    „Aber ernsthaft. Was macht er da unten? Er sollte eigentlich brav in der Moderationskabine hocken“, warf Brave ein. Schmunzelnd kicherte ich.
    „Vielleicht war ihm dort unwohl und hat er hat sich kurzerhand entschlossen als Hauptattraktion des Turniers aufzutreten. Die Rolle des Kämpfers steht ihm doch ohnehin viel besser.“ Zwinkernd gluckste ich vor mich hin und Brave stimmte mit ein, als wir von dem altbekannten Moderator unterbrochen wurden.
    „Willkommen zurück meine Damen und Herren. Nach einer kurzen Pause geht es nun weiter mit dem letzten Kampf der Vorrunde und wie vielleicht einige schon bemerkt haben, ist einer der Trainer nicht irgendjemand, sondern tatsächlich der Arenaleiter Eventura Citys. Doch lasst ihn für heute nicht Arenaleiter nennen, denn in diesem Turnier wird Cheren selbstverständlich nicht als ein solcher antreten, sondern als Trainer wie jeder andere auch! Begrüßt mit mir ein weiteres Mal: Cheren!“ Die Zuschauer klatschten und Cheren hob fast schon nebensächlich die Hand, bevor er seinem Blick wieder seinem Gegner zuwendete.
    „Auf der anderen Seite hingegen haben wir den erfahrenen Trainer Ron Stewart! Schon ein ganzes Jahr ist er als Pokemontrainer tätig und äußerst erfolgreich, sodass er einige Orden nun sein nennen kann. Wird er also gegen den altbackenen Cheren antreten können? Lasst das Match also starten mit dem Zufallsgenerator!“ Hörbar wurde erneut ein Hebel betätigt, es ratterte und schon erklang das uns wohlbekannte „Pling“ Geräusch.
    „Zuerst in den Kampf schicken sein Pokemon wird: Cheren! Wie unglücklich, aber Cherens Zuversicht auf seinen Sieg wird es wohl kaum eindämmen. Welches Pokemon gedenkt er demnach also einzusetzen?“
    Cheren hatte bereits ein Pokeball in der Hand und warf ihn einige Mal spielerisch in die Luft, bevor er wortlos ein Pokemon aus diesem entließ.
    Eine große, auf zwei Beinen stehende Echse erschien, die von oben bis unten in eine Art goldene Rüstung eingepackt war, welches es wie eine gefährliche Bestie wirken ließen, verstärkt durch die roten Klauen, mit den die dunkelgrauen Füße und Pranken besetzt waren, welche ungeduldig im Boden scharrten. Ein wahrer Hingucker waren die nach einer Streitaxt aussehenden Klingen, die den spitzzulaufenden Kopf des Pokemons umrahmten. Die Echse fauchte und schnaubte, so als würde sie nur nach einem Kampf gieren und schwenkte machtvoll mit seinen beeindrucken Kopfschmuck umher.
    „Ich bin dermaßen tot“, schauderte ich und ließ die Mundwinkel nach unten fallen. „Das Turnier gewinne ich garantiert nicht mehr.“
    „Die Chance bestand doch von Anfang an nicht“, bemerkte Brave spitz grinsend, worauf ich ihm meinen Ellbogen in die Rippen bohrte.
    „Du bist mir auch ein zuverlässiger Freund“, knurrte ich augenzwinkernd. „Aber sollte Cheren nicht seine schwächeren Pokemon verwenden die er auch in der Arena benutzt?“
    Brave winkte ab.
    „Der Moderator sagte doch bereits, dass Cheren hier als Trainer und nicht als Arenaleiter teilnimmt. Natürlich verwendet er da die Pokemon von seiner eigenen Reise.“
    „Hm, ja. Aber… was ist das? Das ist ein Monster, kein Pokemon“, rief ich und wies auf das gut zwei Meter große Ungetüm auf dem Feld.
    „Maxax. Ein seltenes Drachenpokemon mit monströsen Kräften. Vor allem auf die Offensive spezialisiert“, erklärte Brave rasch.
    „Sieht man“, murmelte ich, Maxax ein weiteres Mal von oben bis unten in Augenschein nehmend. Die einnehmende Größe, schien Cherens Gegner Ron, ein Jugendlicher mit ebenso mattschwarzem Haar und einer blauen Cap, nur wenig zu beeindrucken. Ohne zu zögern griff er nach einem Pokeball und entließ sein eigenes Pokemon, welches ein ebenso gigantischer Eisbär, mit gewaltigen Pranken, schneeweißem, dichtem Fell und Eiszapfen an der unteren Kinnlade war. Die misstrauisch zusammen gekniffenen Augen des Bärenpokemons fixierten seinen drachenartigen Gegner, worauf dieser fauchte und seine Klauen kampfbereit ausstreckte.
    „Auf das Maxax von Cheren, setzte Ron ein Siberio ein! Eine verdammt gute Wahl, die ihm schon einmal einen Typenvorteil einbringt. Bitternötig bei einem Drachenpokemon wie diesem, wenn ihr mich fragt.“
    „Wirklich… Könnte ein spannender Kampf werden“, meinte Cheren und stellte sich aufrecht hin. Seine Augen strahlten pure Vorfreude auf, welche mich nur so mitrissen und das nahende Match zwischen Cheren und Ron herbei sahen.
    „Nun denn. Auf einen guten Kampf“, rief Cheren seinem Gegner zu, während er seine orange Krawatte mit den Händen zurecht zog.
    „Wünsch ich dir ebenfalls“, lachte Ron, dessen Stimme ungewöhnlich tief für einen Jungen seines Alters war. Auffallen tat dies vor allem neben der kühlen, aber dennoch glockenhellen Stimme Cherens, wegen der ich mich schon bei dem Gedanken erwischte, dass sie melodischer und weniger rau als die Braves klinge. Das bei dem Kampf aber zwei Kampfgewalten aufeinandertreffen würden, war schwer zu verkennen. Ja, selbst die beiden Kämpfer selbst schienen sehr erpicht auf den bevorstehenden Kampf.
    „Lasst uns keine weitere Zeit vertrödeln, sondern gleich starten!“
    „Bereit? Und: Los!“, rief der Schiedsrichter und schon gab Ron den ersten Befehl.
    „Beginnen wir doch mit einer kleinen Einleitung für den Kampf an! Siberio Eisschlag!“ Das Bärenpokemon hob eine Pranke in die Höhe, welche sich prompt mit einer zu Anfang feinen, aber dann immer fester und dicker werdenden Eisschicht überzog, bevor es ruckartig auf Maxax, ohne Vorbehalt zustürmte, mit dem Arm weit ausholend.
    „Maxax konter mit Durchbruch!“, ordnete Cheren beinahe schon gelangweilt an, worauf sein Drachenpokemon zackig die Arme vor seiner Brust verschränkt und auf seinen Gegner zu rannte.
    „Glaub bloß nicht dass ich das nicht Voraus gesehen habe“, lachte der Jugendliche und machte eine ausschweifende Handbewegung, auf die sein Siberio die eiserne Pranke in den Boden rammte. Erst passierte nicht, sodass sowohl Brave, als auch sein Maxax misstrauisch die Augen zusammenkneifend in ihrer Bewegung Inne hielten, bis die Regentropfen um das Zelt herum sich plötzlich zu Eis erstarrten, darauf plötzlich unter das Planendach hinein stoben und Maxax direkt attackierten. Verzweifelt versuchte dieses sich mit dem Schwanz sich gegen den auf ihn einprasselnden Eissturm zu wehren, was jedoch nur halbwegs Effekt zu zeigen schien.
    „Du nutzt das Wetter aus um die die Quelle der Eissturm Attacke anderswo herzu beziehen? Clever, aber glaub nicht, dass es so einfach wäre Maxax so außer Gefecht zu setzen! Einäschern Attacke, mein Freund!“, rief Cheren, unerwartet gefasst im Angesicht der Situation.
    Weit riss Maxax sein Maul auf und innerhalb von wenigen Sekunden rannen tausende, glühend heiße Flammen aus dem Rachen des Drachens, welche den Eissturm ohne weiteres zurückdrängte und somit auch das gegnerische Pokemon, dass keine Chance gegen Feuerattacken stand.
    „Ein Aufeinander treffen von Titanen! Wahrlich, wahrlich! Das könnte der womöglich spannendste Kampf der Vorrunde werden. Bleiben wir also gespannt“, brüllte der Moderator durchs Mikro, dem man trotz erkennbarer Müdigkeit in der Stimme, die Begeisterung nicht aberkennen konnte.
    Die beiden Pokemon stellten sich wieder in ihre Ausgangslage hin und funkelten sich gegenseitig knurrend an, bevor Brave einen weiteren Befehl gab.
    „Fokussiere mit Schwerttanz, Maxax“, ordnete dieser an und sein Pokemon verharrte in seiner Position während es die Augen schloss. Die krallenbesetzen Klauen zitterten sichtlich, bis die Augen des Pokemons wieder plötzlich aufsprangen.
    „Cheren stärkt die Attacken des Offensivpokemons mit Schwerttanz. Ein taktisch guter Zug!“
    „Lass ihn gar nicht erst angreifen, Siberio! Versuch ihn mit Blizzard in die Enge zu treiben!“
    Den Kopf weit ihn Nacken lehnen, riss Siberio sein Maul auf, um dann seinen gesamten Körper hervorschnellen zu lassen und einen Regen aus glitzernden Eisplittern und Schnee aus seinem Rachen zu speien, bei dessen bloßen Anblick ich mich fragte, was für Temperaturen innerhalb von dem Körper des Pokemons herrschen mussten, um einen Schneesturm solchen Ausmaßes innerhalb seines Körpers zu produzieren. Wie kleine Pfeile schossen die Eissplitter, mitsamt Schneegestöber der Eistattacke auf Maxax zu, welches Zähnefletschend einen Schritt zurück machte.
    „Treib das Eis wieder mit Einäschern zurück!“, befahl Cheren, dessen Miene immer noch keine bemerkenswerten Änderungen hervor gebracht hatte. Erneut rannen die zahlreichen Flammen aus dem Rachen des Pokemons, dies Mal aber durch den Schwerttanz sichtlich gestärkt, viel imposanter als zuvor, sodass sich das Feuer sich wie eine Ranke durch den Sturm fraß.
    „Dein Maxax beherrscht nur diese einzige Feuer Attacke, richtig? Na dann! Siberio! Kreis Maxax mit Blizzard ein! Es wird wohl kaum überall gleichzeitig sein Feuer einsetzen können“, lachte Ron, die linke Faust triumphierend in die Höhe gehoben. Mit erneuten Schwenken des Schädels, lenkte der Eisbär den Blizzard zu einem Kreis um sein Opfer, wie man es mit einem Lasso tun würde.
    Trotz den gefährlich nahenden Eisring um Maxax, gab sich Cheren wenig beeindruckt und gab nur schnell den nächsten Befehl: „Maxax befrei dich aus dem Ring mit Drachenpuls!“
    „Hey, hey! Er sollte keine Drachenanttacke nutzen, um sich gegen eine Eisattacke zu wehren, oder?“, rief ich erschrocken und sprang auf, mit den Händen fest das Geländer der Tribüne umklammernd.
    „Er wird wohl wissen war er tut“, murmelte Brave zu Antwort, wenn auch wenig Überzeugung in seiner Stimme lag.
    Plötzlich erschallte ein zweimaliges, lautes, faserdurchdringendes Pulsieren, dass ganz eindeutig von Maxax stammte, welches sich unter der Wirkung für einen Moment zusammenkrampfte, um dann mit dem Aufstampfen einer seiner Füße, wie eine Welle, in alle Richtungen, lilafarbene, gierige Flammen auszusenden, die zu mindestens für einen Bruchteil einer Sekunde den Blizzard zurückdrängten, sodass Maxax diesen kurzen Moment für sich nutzen konnte, um mit gewaltigen Satz aus dem Ring zu springen. Von der Kraft und Geschwindigkeit die er darin investierte, wurde es zuerst zu Boden geworfen, um dann für eine Sekunde über den Boden schlitternd die Kontrolle zu verlieren. Sich mit den angsteinflößenden Pranken in die Erde einkrallend, was einige beeindruckende Striemen im Stein hinterließ, stoppte es rechtzeitig seinen Kontrollverlust und sprang wieder auf, schnaufend und die Zunge, wie bei einer Schlange, im Sekundentakt züngelnd.
    „Frontalangriff auf Siberio mit Durchbruch. Mach einen KO-Schlag daraus!“, rief Cheren nun deutlich energischer mit ausschweifender Handbewegung.
    Ohne zu Zögern stürmte Maxax auf seinen Gegner zu, den Kopf, an der die Streitaxt gefährlich glänzte, wie zum Schlag ausholend zur Seite gelehnt.
    „KO-Schlag? Da weiß ich was Besseres“, brüllte Ron knurrend. „Beende es mit Eiseskälte!“
    Eiseskälte war zwar in der Tat eine todbringende Attacke, doch war ein großer Nachteil an dieser, dass sie nur in den wenigstens Fällen traf, was bei so einer solchen beinahe schon wieder nur fair war.
    Mit einem hörbaren Knirschen, schlug Siberio fletschend die Zähne aufeinander und schon nach einem kurzen Moment meinte ich einen weißlichen Dunst aus dem Maul des Pokemons aufsteigen zu sehen, welcher sich gefährlich einen Weg durch die Zähne des Giganten bahnte.
    „Planänderung Maxax! Eine kleine Spritztour Richtung Westen“, warf Cheren ein, nun mit einem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen.
    Gerade als Siberio den tödlichen Eishauch, der Minustemperaturen von unvorstellbaren Ausmaßen annahm , einsetze , stoppte Maxax mitten in seiner Bewegung und ließ sich darauf geschickt zur Seite gleiten, die Fußkrallen Staub aufwirbelnd über den Grund schlitternd. Der Raum einnehmende, eiskalte Hauch, dessen klirrenden, winzigen Eiskristalle innerhalb beinahe schon hörbar waren, der von Siberio ausgespien wurde, ging ins Leere und stattdessen wurde der Urheber der Unheil bringenden Attacke, auf einmal von Maxax Streitaxt mit voller Wucht getroffen. Alleiniges Zusehen ließ mich für einen Moment schaudern, als sich der harte, vielleicht auch scharfe Kopfschmuck des Drachens, sich in das gefrorene Fell bohrte und dieses hörbar zersplittern ließ, bevor Siberio sichtlich zusammengekrampft den Halt verlor, einen Schritt zur Seite stolperte und dann zu Boden krachte. Für einen Moment schien der Boden unter unseren Füssen zu erbeben, dann starrten die Zuschauer abwechselnd gebannt auf das Boden liegende Pokemon, dann zu dem Schiedsrichter, der in Gedanken die Sekunden zu zählen schien, um dann die rote Flagge in Rons Richtung zu heben.
    „Siberio ist kampfunfähig. Maxax und Cheren sind die Sieger!“ Begeistert klatschend und mit den Füssen auf den Tribünen trampelnd, beglückwünschte das Publikum Cheren zu seinem Sieg, welcher sich nur kurz verbeugte und dann zu seinem Maxax herüber lief, um ihn zufrieden über den großen Kopf zu tätscheln, was einen ungemein ironischen Anblick abgab, im Angesicht von Maxax bemerkenswerter Größe.

    Yohoo Mica,


    Und schon geht es weiter mit einem neuen Kapitel und ich muss schon irgendwie sagen: Kaum ist Lance von der Bildfläche verschwunden, da vermisse ich den Kerl auch schon irgendwie wieder. Habe ihn im Lauf der Geschichte inzwischen doch sehr ins Herz geschlossen, sodass ich mir wünsche das die kleine Gruppe möglichst schnell Ebenholz City erreichen wird. Scheinst du ja auch glücklicherweise vorzuhaben und gehst die Reise recht zügig an, auch wenn sich der Punkt jetzt gegen Ende vielleicht ändern könnte, schließlich hat sich Ethan reichlich ungeschickt darin angestellt, vorzugeben nichts von Roshas Gespräch mit ihrem Vater mitbekommen zu haben. Das Ende war dementsprechend gemein und ich frage mich ernsthaft was Rosha jetzt machen möchte, damit Ethan dicht hält. Klar kann sie versuchen ihn dazu zu zwingen, aber würde das auch auf längerem Zeitraum gut gehen? Von daher bin ich mal gespannt wie du das ganze auflösen wirst. Inzwischen scheint auch die Zwickmühle in der Rosha sich in wahrscheinlich nicht mehr all zu langer Zeit befinden wird, immer näher zu rücken, schließlich freundet sich sich mit ihrer Reisegruppe immer mehr an und kann auch mit sympathisieren. Daher wird es wohl nicht mehr all zu lange dauern, bis sie im Konflikt mit Lance und den anderen steht. Lyra konnte sich mit dem aktuellen Kapitel übrigens bei mir ordentlich Pluspunkte holen. Zu Anfang hatte ich ja schon befürchtet, dass sie mich etwas nerven könnte mit ihrer quirligen Art, aber inzwischen habe ich sie echt gerne. Insbesondere weil Charakter Interaktion sehr gut zur Geltung kommt und auch eingesetzt wird. Von daher wirken die Figuren nach und nach, nicht mehr wie leere Hüllen. Allerdings muss ich auch sagen, dass Kapitel 9 sicherlich nicht dein Stärkstes bisher war, was aber eher am Inhalt liegt, der dieses Mal, wenn man vom Ende absieht, etwas ereignislos war. Diese "Ruhe vor dem Sturm" Phasen gibt es ja quasi in jeder Geschichte, weshalb ich damit durchaus leben kann. Langweilig war das Kapitel ja trotz allem nicht.


    Gruß Yura

    Ciao Cáithlyn,


    Eine neues Kapitel, eine neue Meinung. Letzteres eher nicht, aber irgendeinen hübschen Start für meinen Kommentar muss ich ja schließlich finden, denn soweit kann ich eigentlich nichts an dem aktuellen Kapitel aussetzen. Nachdem dem gemeinen Cliffhanger vom letzten Mal, sieht sich Angelique mit der Mutter der Bibor und einigen ihrer Kumpanen konfrontiert, als Hornliu sich plötzlich schützend vor sie stellt. So eine Entwicklung hatte ich mir im Angesicht, dass Angelique sich so fürsorglich um das Kleine gekümmert hatte, schon gedacht, von daher war die Aktion des Hornlius wohl keine große Überraschung. Genauso wenig wie die Tatsache, dass Angelique sich, nachdem Anthrazit den Bibor gefährlich nahe kommt, schützend vor diese stellt, um ein zweites Massaker zu verhindern. Normalerweise würde ich mich wohl selbst versuchen in diese Situation hinein zu versetzen und in einer solchen auch den Schluss ziehen, dass ich lieber ein paar Bibor überrollt sehen würde, als mich selbst, aber hier empfand ich Angeliques Reaktion durchaus nachvollziehbar. Insbesondere weil du ihre Gedankengänge davor logisch und Angeliques Persönlichkeit entsprechend beschrieben hast, weswegen die Situation in meinen Augen durchaus glaubwürdig herüberkam, wenn auch immer noch ziemlich todesmutig und nur von der Heldin einer Geschichte durchführbar ;). Dank geschickter Beschreibungen und dem richtigen Tempo, war das Kapitel sehr packend und ließ sich flüssig lesen, sodass ich auch kaum von Text aufschauen konnte, trotz der schon erwähnten leichten Vorhersehbarkeit. Süß fand ich noch wie Angelique sich vorgestellt hat, wie sie in Erions Armen liegen würde und selbst sie persönlich den Gedanken für viel zu kitschig empfand. Umso lustiger das Erion sie dann tatsächlich doch fest an sich gedrückt hat hinterher. Die beiden kommen sich also näher. Gut so, gut so. Dafür war der Cliffhanger sogar noch fieser als letztes Mal. Möchte man doch erfahren, was es da so Erstaunliches zu sehen gab und du beendest das Kapitel einfach.


    Dann freue ich mich mal brav auf das nächste Kapitel und eine baldige Begegnung mit dem bösen, bösen Pokemontrainer. Den beiden sofort das schlechteste Beispiel eines solchen vorzuführen ist ja auch irgendwie gemein von dir ;D


    Gruß Yura

    Kurz nach der Veröffentlichung von Kapitel 4, war es mir nun auch möglich die erste Sidestory fertig zu stellen. Wie der Name schon verrät, werden in diesen Geschichten behandelt, die direkt erst einmal nichts mit der eigentlichen Handlung meiner Fanfiction zu tun haben. Sie dienen eher dazu eine Geschichte aus der Vergangenheit, oder auch einfach aus der Sicht eines anderes Charakters zu erzählen. Sprich: In den folgenden Sidestories könnte durchaus auch mal ein anderer Charakter als Ivory die Rolle des Erzählers übernehmen. Obligatorisch sind diese Geschichten dennoch nicht, da sie wie gesagt, keinen direkten Einfluss auf die eigentliche Handlung haben. Sollten in einer Sidestory Informationen enthalten sein, die den Verlauf der Handlung spoilern könnten, sollte man nicht auf dem aktuellsten Stand des eigentlichen Erzählflusses sein, werde ich das natürlich vorher anmerken. Die erste Sidestory erzählt eine Geschichte zwischen Brave und Ivory, die sich vor drei Jahren ereignete. Dementsprechend agiert Ivory hier noch als Erzählerin. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und würde mich über Rückmeldungen freuen. :)


    Sidestory 1# Vor drei Jahren


    „Und? Wie findest du es?“, fragte mich meine Klassenkameradin Mari aufgeregt, als ich die Kopfhörer von meinen Ohren nahm. Als Antwort hielt ich ihr den aufrechten Daumen hin.
    „Dein bisher bestes Werk! Mach so weiter und du hast dir das Stipendium echt verdient!“
    „Meinst du wirklich, Ivory? Danke!“ Ein glückliches Glitzern fuhr durch ihre Augen und sie umarmte mich von hinten, worauf ich sie sanft wegdrängte.
    „Immer mit der Ruhe. Du solltest die anderen den Song auch hören lassen, sonst kannst du dir kein allgemeines Bild davon machen.“ Perfekt. Jedes Wort das ich aussprach saß und mein Lächeln, dass ich stundelang vor dem Spiegel eingeübt hatte ebenso.
    „Sicher, sicher! Aber ich frage dich halt am liebsten als Erstes!“ Ein breites, glückliches Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit, welches ich ebenso breit erwiderte.
    „Freut mich. Aber jetzt: Husch, husch. Ich möchte wissen was die anderen zu deinem Meisterwerk sagen!“ Eiligst griff Mari wieder nach den Kopfhörern und dem MP3 Player, den sie mir gegeben hatte um mir ihre neueste Komposition zu präsentieren und machte sich, fast schon freudig hopsend, aus dem Staub zu meinen Mitschülerinnen, die sich vorne um den hölzernen Lehrpult, vor der Tafel versammelt hatten und laut miteinander tratschten und lachten.
    Mari komponierte. Auch gar nicht mal so schlecht für ein dreizehnjähriges Mädchen, wie ich fand, aber was meine Kritiken anging, übertrieb ich mit größter Euphorie, nur um mir ihre Gunst einzuhandeln. Ja, ich war ein Schleimer ersten Grades. Aber auch ein sehr Geschickter seiner Sorte, sodass niemand merkte, wenn ich mal wieder etwas völlig zu Unrecht in den Himmel preiste. Ich spielte mit ihren Gefühlen, mit meinen Worten und erreichte so mein einziges Ziel. Die Gunst aller und somit den Vorteil, kein Außenseiter zu sein. Es war keinesfalls so, dass ich meine Mitschüler nicht mochte. Ganz im Gegenteil. Es waren freundliche und verständnisvolle Kameraden die ich da hatte, aber selbst diese netten Menschen, würden mich wohl kaum Akzeptieren, würde ich mein wahres Ich zeigen, sodass ich nun als das unglaublich freundliche und zuvorkommende Mädchen aus der letzten Reihe bekannt war. Dass das mehr Fassade, als Wahrheit war, konnte ja niemand ahnen. Einen der alles durchschaute gab es jedoch immer und so auch in meinem Fall. Zwei Plätze weiter links, in der letzten Reihe am Fenster, saß mein Sandkastenfreund und einzige Person die ich in meinem Leben je als einen Freund angesehen hatte. Brave.
    Seinen Kopf auf der Hand abgestützt, starrte er teilnahmelos aus dem Fenster unseres Klassenraumes im zweiten Stock. Einen Außenseiter fand man in fast jeder Klasse, so war es Brave in diesem Fall, dem diese Rolle zugeteilt wurde. Im Grunde hatte er es auch selbst in Schuld. Seit zwei Monaten besuchten wir zusammen die Mittelschule und bisher hatte er noch keine Anstalten gemacht, irgendjemanden an sich heran zu lassen, geschweige denn Bemühungen gezeigt um sich mit jemandem anzufreunden. Ganz im Gegensatz zu mir, die gleich nach der Einschulung hier alle Hebel in Gang gesetzt hatte, um nicht mehr auf der Klassenabschussliste zu stehen und endlich auch einmal Freunde zu finden, die nicht den Vornamen „Brave“ trugen. In der Grundschule war kaum einer mit meinem überdrehten, etwas chaotischen und auch sarkastischen Charakter klar gekommen, sodass meine Anzahl an Freunden eine gewaltige Anzahl von einer Person betrug, welche keine anderer war als Brave. Und genau dieser warf mir gerade in diesem Moment auch einen vorwurfsvollen Blick zu, worauf ich nur flüchtig die Zunge herausstreckte und dabei darauf achtete, dass ja niemand mitbekam, dass ich mit dem Außenseiter der Klasse verkehrte. Ernten tat ich für diese Vorsicht mal wieder ein angesäuertes Lächeln seinerseits, bevor er sich wieder etwas außerhalb des Fensters zuwandte. Wahrscheinlich ein Pokemon, vielleicht aber auch nur die sanft wehenden Blätter des Baumes.


    Rasch schaute ich um die Ecke des kleinen Backstein Schulgebäudes und sah die letzten zwei Mädchen aus meiner Klasse den Schulhof verlassen. Erst dann zog ich mich wieder zurück und winkte Brave der einige Meter hinter mir wartete, zu mir heran.
    „Die Luft ist rein. Wir können gehen“, erklärte ich knapp und trat aus meinem Versteck.
    „Wie lange willst du das eigentlich noch durchziehen? Weißt du eigentlich wie sehr das nervt?“, knauserte Brave der mir folgte. Wie gewöhnlich trug er seine schlichte, schwarze Schuluniform und seine Schultasche locker an seiner Schulter baumelnd.
    „Es ist immer noch deine Schuld, dass du dich nicht in die Klassengemeinschaft eingliedern konntest.“
    „Vielleicht weil mich deine geliebten Kameraden einfach nicht einfach akzeptieren können?“
    „Nein, weil du deine „Lasst mich bloß in Ruhe, Sterbliche“ Aura nie ablegst. Natürlich will da niemand was mit dir zu tun haben. Vor allem nachdem du Liz von der Treppe geschubst hast. Spätestens da hättest du dein Verhalten ändern müssen. Jetzt haben alle nur noch Angst vor dir.“ Vorwurfsvoll hielt ich den Zeigefinger in die Höhe. „Verdammt, die Mädchen wären dir in Scharen hinterhergelaufen, wenn du einen ein wenig besseren Charakter hättest!“
    „Warte. Wie kommst du darauf, dass ich das wollte?“ Ungläubig sah mich mein Sandkastenfreund an und ich meinte eine Spur von Enttäuschung darin zu sehen.
    „Bettelt nicht jeder Junge in deinem Alter um seinen eigenen kleinen Harem? Du hast diese „Einsamer Wolf“ Ausstrahlung. Darauf stehen die Mädchen total.“
    „Und du nicht?“, harkte Brave skeptisch nach.
    „Wieso sollte ich? Ich kenne dich schon von klein auf und daher weiß ich wie du wirklich tickst, Freak.“ Angesprochener verzog einen Mundwinkel, wendete dabei aber den Kopf zu der grünen Hecke, an der wir inzwischen entlang liefen.
    „Wenigstens spiele ich den Leuten um mir herum nichts vor und vernachlässige meine wahren Freunde dabei.“
    „Du hast doch nur mich“, lachte ich spöttisch und sprang auf den Bordstein der Straße, um darauf zu balancieren. „Viel zu vernachlässigen gibt es da ja nicht.“ Jetzt hatte ich ihn provoziert. Eindeutig und am liebsten hätte mir wegen meiner Worte auf die Zunge gebissen. Natürlich war mir Brave wichtig, schließlich war er mein bester Freund. Schon seitdem ich denken konnte und ich war mir sicher, dass er dasselbe von mir dachte.
    „Dann brauchen wir eigentlich auch nicht mehr zusammen nach Hause laufen, wenn dir ohnehin nichts daran liegt. Dich darf ja ohnehin niemand mit mir zusammen sehen, weil sie sonst auf falsche Gedanken kommen würden“, knurrte Brave und lief nun einige Schritte vor mir. Eindeutig, nun war er beleidigt. Jedoch hatten seine Worte ihre provokanteWirkung bei mir ebenfalls nicht verfehlt.
    „Hah?! Warst du nicht derjenige der weiterhin mit mir nach Hause laufen wollte? Ich fand es ja sowieso kindisch, schließlich sind wir schon dreizehn, aber du…“ Ich hielt Inne, als Brave plötzlich stehen geblieben war und mich mit einem eiskalten Blick ansah.
    „Ich frage mich echt was in letzter Zeit in dich gefahren ist“, murmelte er, ebenso kühl wie sein Gesichtsausdruck. „Du hast dich ziemlich verändert, weißt du das?“ Ich stockte. Nicht weil mich seine Worte so verwunderten, sondern weil er recht hatte. Natürlich hatte ich mich verändert, schließlich war das meine Intention gewesen, als ich vor zwei Monaten auf die Mittelschule gekommen war. Nicht die Ivory sein die niemand so recht verstand, sondern eine Ivory mit der jeder ohne Ausnahme sympathisieren konnte.
    „Hör auf dich zu verstellen“, meine Brave auf einmal, worauf ich ihn nur entgeistert anstarren konnte. Meinte er das etwa ernst?
    „Aufhören? Womit? Ich versuche doch nur Freunde zu finden, das ist alles! Du solltest übrigens das Gleiche tun“, rief ich verärgert aus und legte mir theatralisch die flache Hand an die Brust. Auf einmal machte sich ein amüsierter Ausdruck auf Braves Gesicht breit.
    „Freunde? Sicher. Unsere Klassenkameraden und deine „Schein-Ivory“. Das bist nicht du und das weißt du selbst!“
    „So kommen die Leute aber besser mit mir klar! Wenn ich das nicht tue, halten sie mich nur wieder für komisch.“
    „Und? Dann sollen sie es eben tun! Auf jeden Fall sind das was du als deine Freunde bezeichnest, nichts anderes als Fremde. Sie kennen dich nicht einmal! Wissen nicht einmal das du mit mir befreundet bist.“ Wir konnten wohl froh sein, dass Eventura City so eine kleine Stadt mit nur wenigen Einwohnern war, denn unser Streit hatte inzwischen eine Lautstärke angenommen, für die man uns wohl schief angeschaut hätte.
    „Das ist auch gut so! Sonst würden sie mich sofort für eine Spinnerin halten“, schrie ich, sodass ich fast schon zu kreischen begann.
    „ So? Und das denkst du also auch von mir? Schön zu wissen nach fast zehn Jahren.“ In seinem Blick lag Abscheu, was mich sofort zusammen zucken ließ. Dann drehte er sich um und lief geradewegs weiter, ohne mich eine weitere Sekunde zu beachten. Zögernd folgte ich ihm, wenn auch etwas unfreiwillig. Nach einer Weile sagt er schließlich: „Hör auf mir zu folgen.“
    „Wir sind Nachbarn, schon vergessen?“, erwiderte ich nur tonlos.


    Keinen Gedanken hatte ich daran verschwendet, dass der Streit den wir an diesem Tag hatten, für Brave mehr wog, als von mir geglaubt. An dem darauf folgenden Schultag ignorierte er auf mich ganzer Linie, sah mich nicht einmal an, so als wäre meine bloße Existenz plötzlich ausgelöscht worden. Als ich hinter dem Schulgebäude wie jeden Tag auf ihn wartete, kam er nicht und auch die darauf folgenden Tage ließ er sich dort nicht blicken. Zu Anfang ging ich dem Glauben nach, dass er einfach beleidigt war und sich beruhigen musste, wie es sonst auch immer bei unseren Streitereien üblich war. Doch ich irrte mich und wartete jeden Tag umsonst, warf ihm insgeheim kleine Nachrichten auf Papierschnitzeln im Unterricht zu, versuchte ihn sogar einmal anzusprechen während der Schulzeit, wohl der Gefahr bewusst, von den anderen Mitschülern schief angeguckt zu werden. Doch auf keinen meiner Kontaktversuche ging er ein und behandelte mich weiterhin wie Luft und schon bald gab ich mein Vorhaben auf, um mich auf mich selbst zu konzentrieren zu können. Nicht weil ich wirklich aufgegeben hatte, sondern weil ich unserer Freundschaft wieder etwas Zeit zum Verheilen geben wollte. Ich dachte mir wohl damals, dass er eines Tages ganz normal vor der Tür meines Hauses stehen und fragen würde ob ich Lust auf einen Trip in den Wald hätte, so wie er es sonst immer tat. Mich dafür auslachte, dass ich mal wieder verirrt hatte, mich an der Hand packte und zurück nachhause brachte. Einfach nur wieder ein wenig Spaß mit ihm zusammen zu haben. Ich wünschte es mir so sehr und von Tag zu Tag wurde dieser Wunsch stärker. Jedoch, trat er nie ein.


    Entmutigt, wie jeden Tag seit Braves und meinem Streit, ging ich den kahlen Schulflur mit den beigen Wänden zu meinem Klassenzimmer entlang. Wer auch immer das Sprichwort „Zeit heilt alle Wunden“ erfunden hatte, der war ein kompletter Idiot gewesen, denn der Satz entsprach in keinster Weise der Wahrheit, wie ich auf sehr unangenehme Art und Weise feststellen musste. Fast schon zwei Monate waren seit unseren Streit vergangen und ich hatte alles probiert um mich wieder mit Brave zu vertragen, jedoch hatte keine Methode seine Wirkung gezeigt, sodass ich es mit der Zeit versucht hatte und einfach dem allgemeinen Alltagstrott nachgegangen war. Im Prinzip blieb mir, wenn ich meine inzwischen gewonnen Freunde und den Platz im Klassenverband behalten wollte, nichts anderes übrig, als mir nichts anmerken zu lassen, sodass meine Freundschaft zu Brave nicht aufflog. Verbittert verzog ich einen Mundwinkel. „Ehemalige“ Freundschaft, meinte ich wohl. Allein der Gedanke darin stimmte mich tieftraurig. Es war wahr, dass ich mir nichts anmerken ließ und auch vor Brave so tat, als würde mich die ganze Sache völlig kalt lassen. In Wirklichkeit zerriss mich seine Ignoranz mir gegenüber, allein wenn ich ihn schon sah wurde mir bewusst wie sehr ich es vermisste einfach wieder mit ihm befreundet zu sein. Ich hatte wirklich alles versucht um ihn umzustimmen, selbst entschuldigt hatte ich mich bei ihm, was sonst mein Stolz nicht zuließ, aber behielt seine Attitüde mir gegenüber und blieb stur. Vielleicht basierte sein Agieren nicht einmal auf seinen Dickkopf, sondern einfach darauf, dass er nun letztendlich doch jegliches Interesse an mir endgültig verloren hatte.
    Ich biss mir mit den Zähnen auf die Unterlippe, sodass diese beinahe anfing zu bluten. Jeden Tag bereute ich meine Worte bei jenem Streit vor zwei Monaten mehr und langsam aber sicher, begann ich selbst meine gesamte „Suche“ nach Freunden in Frage zu stellen. Was wenn Brave von Anfang hat recht hatte? Was wenn diese Leute, so freundlich sie auch war, zu keinem Zeitpunkt meine wirklichen Freunde gewesen waren? Nur Artefakte, Orden meiner gespielten Freundlichkeit? Ein mittelschweres Gefühls- und Gedankenchaos machte sich in meinem Kopf breit. Als wäre in meinem Kopf eine Rebellion gegründet worden, die gegen die Monarchie meiner bisherigen Einstellungen ankämpften und ein Schlachtfeld hinter sich zurückließen. Aufräumen wollte dieses aber allem Anschein nach niemand.
    Mit einem Seufzen erreichte ich den Klassenraum und sah mich zuerst nach Brave um, den ich wie gewohnt an seinem Fensterplatz entdeckte. In aller Seelenruhe schlief er, den Kopf auf seine Arme gelegt und das Gesicht gerade passend in meine Richtung gerichtet.
    Langsam näherte ich mich meinem Platz, der seinem nahe war, um einen besseren Blick von ihm erhaschen zu können. Zum ersten Mal fiel mir auf, welch lange Wimpern er eigentlich hatte und auch der rosig, angenehme Ton den seine Lippen besaßen, schien mir plötzlich ganz neu zu sein. Das wohlgeformte, feinzügige Gesicht wirkte wie aus dem Gemälde eines talentierten Künstlers geschnitten, sodass ich beinahe Angst bekam, dass ich sein Gesicht beschmutzen würde, würde ich es auch nur eine Sekunde berühren. Das dunkelblaue, etwas wilde Haar glänzte im Schein der Sonne und wurde sanft von dem Wind der durch ein geöffnetes Fenster drang in Bewegung gesetzt. Für einen Moment stockte mir der Atem und ich versuchte meine eigenen Gedanken, die mir in diesem Moment durch den Kopf schossen, zu sortieren. Wie sollte ich es ausdrücken? Hatte Brave schon immer so ein Gesicht gehabt? War er schon immer so… gutaussehend gewesen?
    Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke: Idealisierte ich Brave etwa gerade? So wie es ein…
    Mein Gedankenfluss wurde unterbrochen, als mit plötzlich zwei Arme von hinten umschlagen.
    „I-vo-ry“, rief die Besitzerin der langen, schlanken Arme, die ich inzwischen als Mari identifiziert hatte. Lächelnd wandte ich mich zu ihre herum und blickt in ihr kindliches Gesicht, mit den beiden smaragdgrünen Kulleraugen, dass von brünetten Locken eingerahmt wurde.
    „Was starrst du denn so auf Brave? Hast du dich etwa in ihn verknallt? Hm? Hm?“, lachte sie und blickte mich neugierig an. Da. Ich hatte meinen vorigen Gedanken nicht einmal zu Ende denken brauchen, denn Mari war exakt derselbe gekommen, ohne mein kompliziertes Innenleben auch nur eine Sekunde gesehen zu haben. Noch schlimmer war aber der Fakt, dass in dem Moment, als Mari ihre unheilvollen Worte ausgesprochen hatte, Braves Augen aufgesprungen waren und sein Blick, ähnlich eines Wolfes, auf mir ruhten.
    Auch Mari schien dies bemerkt zu haben und zuckte instinktiv zurück, um sich dann hinter meinem Rücken zu verstecken. So enthusiastisch sie auch geklungen haben mochte, zu keinem Zeitpunkt hatte sie ernsthaft an eine Beziehung zwischen Brave und mir gedacht. Dafür hatte sie einfach viel zu sehr Angst vor dem mutmaßlichen Delinquenten, mit den Augen aus Eis.
    Schnell winkte ich mit der Hand ab.
    „Ach, wie kommst du denn auf den Schwachsinn, Mari?“ Ich setzte ein gespielt ruhiges Lächeln auf. „Hab mich doch nur für einen Moment gewundert, dass er jetzt schon so früh am Morgen wieder schlafen kann.“ Verwundert und allem Anschein nach auch wieder beruhigt, sah mich Mari an.
    „Ist man nicht immer am Morgen müde?“
    „Ja? Also ich bin immer putzmunter.“ Ich grinste. Eine glatte Lüge. Ebenso so müde wie Brave und wahrscheinlich jeder andere, war ich an diesem Morgen, aber das würde nicht in das Bild einer angeblichen Frohnatur wie mir passen.
    „Wie typisch von dir Ivy“, kicherte Mari und ich atmete erleichtert aus. Tief im Herzen spürte ich aber trotz allem eine gewisse Unzufriedenheit, über die momentane Situation.


    „Das hätten wir“, murmelte ich, während ich die letzten Daten in das grüne Klassenbuch eingetragen hatte und es seufzend zuschlug. Der Klassenraum war leer und mit mir alleine darin, machte sich ein Gefühl von Einsamkeit darin breit. Lange würde dieses aber sicherlich nicht anhalten, denn in einer Viertel Stunde würde Unterrichtsbeginn sein und dann würden die gut 20 Schüler der Klasse hier in den Raum stürmen, wie es jeden Morgen der Fall war. Manche völlig übermüdet, andere quicklebendig, als könnten sie es kaum erwarten, dass der Unterricht endlich beginnen würde. Ich konnte nicht behaupten, dass ich zu letzterer beider Gruppen gehörte, tun tat ich es dennoch, damit ich die äußerst sozial auffallende Rolle des Klassenbuchführers übernehmen konnte, bei dem man am Anfang der Woche eine gute halbe Stunde früher in der Schule erscheinen musste, um sämtliche Eintragungen in das Klassenbuch vorzunehmen.
    Teilnahmelos stapfte ich zu meinem Platz herüber und nahm mir vor mich vor dem Unterricht noch etwas auszuruhen, als ich plötzlich einen Laut vernahm. Ein wehklagendes Miauen, das meinen Blick direkt zum Fenster herüber wandern ließ. Und tatsächlich. Auf einem Ast des Baum, den Brave normalerweise während des Unterrichts betrachtete, saß ein ungewöhnlich kleines Felilou, das ängstlich den Stamm des Baumes herunter starrte. Es musste wohl aus spielerischem Eifer den Baum hochgeklettert sein, um dann festzustellen, dass es nicht mehr ohne Hilfe hinunter kam.
    Wie von der Tarantel gestochen, sprang ich plötzlich von meinem Stuhl auf, wobei dieser mit einem lauten Poltern nach hinten umkippte. Natürlich! Wenn Brave tatsächlich so ein Pokemonfanatiker war er immer vorgab, dann würde er sicherlich wieder etwas Interesse an mir haben, wenn ich dieses kleine lila Kätzchen von dem Baum retten würde.
    In Windeseile stürmte ich aus dem Klassenraum, sprintete den langen Flur zur Treppe entlang, übersprang auf dieser mit langen Schritten immer eine Stufe und rannte aus dem Schulgebäude. Dann raste ich auf den besagten Baum vor unserem Klassenzimmer zu und sah den Stamm hoch. Das Felilou saß genauso ängstlich wie zuvor auf dem Ast und miaute als hätte die eigene Mutter es verstoßen. Kurz überlegte ich mir wie ich den Baum erklimmen sollte, um dann ohne zu Zögern den rauen Stamm hochzuklettern. Zu meiner eigenen Überraschung fiel mir dies erstaunlich einfach und schon nach wenigen Minuten, hatte ich Felilous Ast erreicht, welcher äußerst dick und stabil war, sodass ich mich selbst darauf setzen konnte. Mit großen, unwissenden Augen blickte mich das Felilou an. Ein Jungtier, wie ich vermutet hatte, mit tapsigen Pfötchen und seidigem, lila Fell. Die spitzen Ohren schienen etwas kleiner als bei einem ausgewachsen Tier.
    „Komm her Kleines“, versuchte ich es sanft anzulocken und hielt ihm meine flache Hand hin. Felilou machte aber keine Anstalten auf meine Bitte einzugehen, sondern blieb wie angewurzelt auf seinem Platz sitzen. Plötzlich wurde das Fenster aufgerissen und zwei Mädchen aus meiner Klasse starrten mich erschrocken an. Eine davon war Mari.
    „Ivory! Was tust du da?“, rief diese mit erschrockenem Ausdruck auf dem Gesicht. „Komm da sofort runter! Das ist gefährlich!“ Nachdem sie dies gerufen hatte, versammelten sich auch andere Schüler meiner Klasse die bereits da waren, mit verwundertem Blick hinter ihnen, um zu sehen was da draußen gerade von Statten ging.
    „Ich hole das Felilou vom Baum. Sieht man doch“, erklärte ich unwirsch und machte eine gereizte Handbewegung.
    „Wir sind hier im zweiten Stock! Das ist viel zu hoch, du wirst runter fallen!“, kam es von dem anderen Mädchen.
    „Iwo“, antwortete ich knapp und versuchte nun den Ast vorsichtig entlang zu klettern, um dem Felilou näher zu kommen. Brave etwas näher zu kommen.
    „Man, was ist in dich gefahren, Ivory? Du bist doch sonst nicht so leichtsinnig“, ertönte es vom Fenster, doch ich ignorierte die panischen Stimmen und konzentrierte meinen Blick auf das Katzenpokemon, dass sich mir nun auch langsam aber sicher näher kam. Es schien zu spüren, dass ich ihm nichts Böses wollte.
    Auf einmal rutschte ich mit der rechten Hand von dem Ast, gab einen kurzen Schrei von mir, konnte mich dann aber doch noch mit meiner anderen Hand an einem abzweigenden Ast sichern und so meine Balance halten. Erleichtert atmete ich den angehaltenen Atem wieder aus.
    „Was tust du da, verdammt!?“, hörte ich auf einmal Brave schreien. Erstaunt blickte ich auf. Er war zum Fenster gestürmt und lehnte sich nun weit aus dem metallenen Rahmen. Zuerst biss ich mir auf die Lippe und zögerte, dann aber schrie ich aus vollem Leibe wütend zurück: „Unsere Freundschaft retten, das tue ich!“
    Erstauntes Raunen ging durch die Reihen der Schüler, während Brave mich entgeistert anstarrte.
    „Was zum“, er brach seinen Satz ab und riss sich vom Fenster los, um aus dem Klassenraum zu rennen. Inzwischen war das Getuschel der Mitschüler, zu lautstarkem, teilweise besorgt klingendem, Diskutieren ausgeartet, was mich aber nicht daran hinderte mein Vorhaben fortzusetzen.
    Erneut streckte ich meine Hand nach Felilou aus, welche überraschenderweise dies Mal darauf einging, zuerst daran schnupperte und dann langsam auf mich zukam.
    „Braves Ding“, flüsterte ich und tätschelte es leicht über den Kopf, wohlbedacht immer noch darauf konzentriert nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Vorsichtig nahm ich eine sitzende Position auf dem Ast ein und klopfte mir auf den Schoss, um Felilou in den Arm nehmen zu können. Wieder ging es zu meiner eigenen Überraschung auf diese Bitte ein und ließ sich in meinem Arm nieder. Der kleine Leib zitterte heftig, was meinen Drang es wohlbehalten wieder auf den Boden zu bringen, verstärkte.
    „Man! Komm da sofort runter, Ivory!“, rief Braves Stimme nach mir und verwirrt schaute ich zuerst zum Fenster herüber und dann zum Boden, wo er, die Augen weit aufgerissen, stand. Hätte ich doch nicht heruntergeschaut. In dem Moment in dem ich mein Gesicht Richtung Boden gewendet hatte, machte sich schlagartig ein Schwindelgefühl in mir breit, worauf ich eiligst den Blick wieder nach oben richtete. Bisher hatte ich tunlichst vermieden nach unten zu schauen, aber Brave hatte mich nun genau das Gegenteil davon tun lassen.
    „Verdammt Brave! Lenk mich nicht ab“, zischte ich gereizt und versuchte langsam wieder zum Stamm herüber zu rutschen.
    „ Lass du zuerst das Felilou da oben und komm runter. Es ist zu gefährlich mit dem Pokemon zusammen runter zu klettern“, knurrte Brave unheilvoll. Hörte ich da eine leichte Besorgnis in seiner Stimme?
    „Vergiss es! Entweder ich und die Katze, oder gar keiner!“
    „Wieso bist du so stur? Ich hol Felilou hinterher auch alleine runter, nur komm du wieder hier auf den Boden. Du bist nicht beste Kletterin, das weißt du!“ Seine Stimme hatte einen leicht verzweifelten Ton angenommen und er streckte mir fast schon symbolisch die Hand entgegen. Wütend starrte ich zu ihm herunter und begann lautstark mir die Seele aus dem Leib zu schreien: „Ich mach das für dich! Verstanden? Damit du mich endlich wieder beachtest! Damit du mich nicht ständig ignorierst! Wenn ich das Pokemon hier alleine wieder herunter bringen kann, dann wirst du mich wieder anerkennen, oder? Und selbst wenn nicht, dann ist das immer noch besser, als von dir wie Luft behandelt zu werden! Deshalb ziehe ich das jetzt durch!“ Salzige Tränen liefen mir über die Wangen, während ich mich zielgerichtet wieder auf den Stamm zubewegte. Ich konnte es schaffen, das wusste ich. Schließlich musste ich ja nur…
    Auf einmal rutschte ich zur Seite weg, als Felilou wild in meinen Armen zu strampeln begann und fiel.
    Der Prozess des Fallens dauerte sicherlich nicht mehr als zwei Sekunden, doch in meinem Kopf fühlte es sich an als würden Minuten verstreichen. Mehrere, qualvolle Minuten, in der sich mein Kopf mit einer gähnenden, unendlichen, aber auch panischen Leere füllte. Man würde meinen sein ganzes Leben würde in einem solchen Moment an einem vorbeiziehen, ich hingegen dachte an gar nichts. Garnichts, bis Brave mich auffing. Die Arme weit ausgestreckt, fing er ruckartig, aber nicht unsanft meinen fallenden Körper auf und drückte ihn fest an seinen, stolperte dann zurück wegen des plötzlichen zusätzlichen Gewichtes und fiel nach hinten.
    Er auf dem Rücken, ich quer über seine Brust, auf dem Bauch, verharrten wir in dieser Pose. Ich keuchte, immer noch völlig erschrocken und wagte es nicht auch nur die kleinste Bewegung zu machen. Brave hatte mich aufgefangen. Aufgefangen als mir das Schicksal drohte wegen meiner eigenen Dummheit, in den Tod zu stürzen, oder zu mindestens schwere Verletzungen davon zu tragen. Erleichterung, Trauer, Panik, Freude und Schuldbewusstsein stiegen gleichzeitig in mir auf und vermischten sich zu einem unlösbaren Gewirr aus Gefühlen, so als hätte man verschiedene Früchte in einen Mixer geworfen.
    Langsam erhob ich mich, immer noch völlig verwirrt, aus der etwas unvorteilhaft gewählten Position und blieb kniend, Felilou im Schoss, neben meinem Retter sitzen. Lange sahen wir uns einfach in die Augen, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Der Wind wehte, brachte das hohe Gras in dem Brave immer noch ausgestreckt lag, in Schwingung und der Schatten des Baumes, durch den trotz allem immer noch Sonnenstrahlen sickerten, hinterließ einen eigenartig, flimmernd, fleckige Silhouette auf dem Boden. Felilou miaute, löste sich von meiner Umklammerung und machte es sich direkt neben mir bequem.
    Plötzlich packte Brave an einem meiner Zöpfe und zog meinen Kopf sanft zu seinem Gesicht herunter.
    „Tu das nie wieder“, flüsterte er mir wütend ins Ohr und betonte dabei deutlich die Worte „Nie wieder“. Dann hievte er sich aus seiner Liegeposition auf, umarmte mich und drückte mich fest an sich, sodass sein Kopf auf meiner Schulter ruhte und ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Trotzdem entging mit das leise Schluchzen das er darauf ausstieß nicht, worauf ich zögerlich meine Arme um ihn schloss. Erneut machten sich gemischte Gefühle in mir breit. Gedanken wie, dass er in den letzten zwei Monaten wohl einen ziemlichen Wachstumsschub bekommen hatte, oder seine Haare etwas länger und auch ein ganzes Stück unordentlicher geworden war, gingen mir durch den Kopf. Sein warmer Körper, das pulsierende Herz, das ich nun direkt an meiner eigenen Brust spürte und auch die nassen Tränen an meiner Schulter, gaben mir ein Gefühl von Geborgenheit und Wärme. Er sorgte sich um mich. Nach allem was passiert war, war ich ihn doch zu keinem Zeitpunkt egal gewesen. Unglaublich dumm kam ich mir in diesem Moment vor. Wütend auf mich selbst und mein Verhalten. Noch etwas mehr drückte ich ihn an mich und lehnte meinen Kopf an seinen.
    „Es tut mir Leid“, flüsterte ich und erneut kullerten Tränen über meine Wange. „Es tut mir Leid. So leid.“
    „Wofür?“, murmelte er tonlos, das Schluchzen und die Tränen krampfhaft unterdrückend. „Ich war doch derjenige der Mist gebaut hat, oder? Wäre ich einfach auf deine Entschuldigung eingegangen, dann wärst du nicht auf diese blöde Idee gekommen.“ Wohl oder übel hatte er recht, musste ich mir eingestehen, jedoch hielt dies mich nicht davon ab, meine Taten zu bereuen.
    „Trotzdem. Ich wollte dass du dir solche Sorgen um mich machst“, schluchzte ich.
    „Sorgen? Ich hatte Angst um dich, man! Was glaubst du wäre passiert, wenn ich nicht da gewesen wäre, um dich aufzufangen?!“, stieß Brave hervor, worauf ich überrascht den Kopf hob und ihn seitlich anblickte. Als er dies bemerkte, drehte er auch seinen Kopf zu mir, sodass ich ihm in die Augen blicken konnte, die randvoll gefüllt mit Angst und Wut waren. Sie waren leicht gerötet vor Tränen, jedoch änderte dies nichts an seiner glänzenden, tiefroten Iris, in welcher ich mich sekundenlang verlor, bis sich Brave fast gewaltsam aus unserer Umklammerung löste, aufstand und mit dem Ärmel seiner Uniform, sich die Tränen aus dem Gesicht wischte. Dann streckte er mir seine Hand entgegen und lächelte schwach.
    „Freunde?“ Schnell wischte ich mir ebenfalls die Tränen aus dem Gesicht und ergriff lächelnd seine Hand, worauf er mir wieder zum Stehen aufhalf.
    „Ich denke dir ist klar, dass dein Verhalten idiotisch war“, murmelte er, ohne dabei auch nur ein Stück vorwurfsvoll zu klingen.
    „Ich denke dir ist klar, dass du die Ursache dafür warst“, kicherte ich, denselben Wortlaut wie er behaltend, und drückte seine Hand fester. Mein Freund seufzte gespielt und zuckte mit den Schultern.
    „Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mich zu entschuldigen. Es tut mir aufrichtig leid, werte Dame.“
    „Ebenso, mein Herr.“ Ich lachte, stockte aber, als ich erneut in seine großen, immer noch geröteten Augen sah, lächelte ihn dann aber wieder warm an, was er erwiderte.


    Das war der Tag an dem ich das erste Mal realisierte, dass Brave für mich weitaus mehr war als nur ein Sandkastenfreund, Kumpel und Klassenkamerad. Dass ich mich hoffnungslos in ihn verliebt hatte und sich das wohl auch nicht ändern würde. Nur dass er mich vorerst nicht in diesem Licht betrachten würde, daran hatte ich mich zu gewöhnen.

    Ciao Cáithlyn,


    Eigentlich wollte ich schon viel früher einen Kommentar zu der neuen Fanfiction die mit meiner rivalisiert, ich bin mal so frei und nenne es so, schreiben, aber die eigene Faulheit macht es einem auch manchmal zu schaffen. Aber nun denn, hier bin ich.


    Startpost:
    Ein insgesamt schlichter und etwas dunkler gehaltener Startpost, der irgendwie zu dem Titel passt, welchen ich übrigens auch sehr schön finde. Ist es bei dir üblich französische Titel für deine Fanfictions zu wählen? Bei L'artista ist das ja auch der Fall. Auf jeden Fall ist das mal etwas anderes, als das übliche Englisch, wenn man nicht gerade einen deutschen Titel verwendet. Der Header erinnert mich an wenig an eine düstere Version von dem den ich in meiner eigenen Fanfiction verwendet habe, da deine Fanfiction die Handlung des Spiels größtenteils adaptieren wird, denke ich dass gerade dieses etwas "unheimliche" Bild gut passt. Genauso wie das Zitat, das die Gefühle der Heldin aus dem Prolog gut wiedergibt und auch irgendwie Lust auf mehr macht. Ansonsten wie gesagt ein recht schlichter Startpost, der aber durchaus seinen Charme hat und alle Infomationen beinhaltet die den Leser interessieren.


    Prolog:
    Ein durch und durch gelungener Prolog, in dem du mal wieder deine Fähigkeiten für die Kreation einer realistischen und sympathischen Protagonistin gezeigt hast. Der Prolog hat ihre Gefühle und Ansichten gut vermittelt, stellt eine gute Einleitung für die Geschichte dar und macht auch neugierig auf folgende Ereignisse. Kritisieren kann ich inhaltlich im Grunde nichts, also kannst du dir ruhig selbst auf die Schulter klopfen.


    Kapitel 1:
    Ach man, du machst es einem wie mir, die absichtlich alle kleinen Verschreibsler überliest, echt nicht einfach etwas ernsthaft zu kritisieren. Vor allem wenn noch so relativ wenig passiert ist wie hier. Das du deine Geschichten in einem eher gemächlichen Tempo angehst, weiß ich ja bereits aus L'artista, von daher wurden wir hier im ersten Kapitel erst mal nur über Roses derzeitigen Lebensumständen, Beziehungen und Einstellungen aufgeklärt. Sehr detailliert sogar, sodass ich als Leser nun eine sehr genaues Bild von ihr vor Augen habe. Ebenso von Marin, der noch nicht ganz so viel "Screentime" genießen durfte wie seine Kollegin, aber das wird sich wohl in Zukunft noch ändern. Sympathisch ist er auf alle Fälle schon mal und mal sehen was sich noch so alles hinter seiner Figur versteckt. Die Dialoge sind dir wie gewohnt sehr gelungen und wirken nicht gekünstelt, sondern wie ein einfaches Gespräch unter Freunden. Darüber dass sich die Gespräche zwischen deinen Charakteren gezwungen anhören könnten, brauchst du dir also keinesfalls Sorgen machen. Das tun sie nicht, sondern sind sehr angenehm und amüsant zu lesen.


    Etwas schmunzeln musste ich bei folgender Stelle:

    Zitat von Kapitel 1

    Als ich die Tür öffnete, überfiel Blaze mich sofort mit einem freudigen Sprung, der mich von den Beinen riss. Mit seinen knapp 160 Kilo war das Arkani nicht gerade ein Leichtgewicht...


    Arkani sind nicht nur ziemlich schwer, sondern auch gute zwei Meter groß, von daher würde ich so ein Pokemon lieber nicht in meinem Haus herum rennen lassen. ;)


    Bisher habe ich also einen sehr positiven Eindruck von deiner neuen Fanfiction und mal sehen ob du dieses Niveau auch in Zukunft halten kannst, wenn es etwas ans Handlungsdichte dazukommt. Also: Mach weiter so. :)


    Gruß Yura

    Kapitel 4 – "Letztendlich liegt es im Auge des Betrachters, nicht?"


    Nervös fingerte ich an dem Pokeball herum den ich den Händen hielt und atmete tief durch. In wahrscheinlich weniger als fünf Minuten würde mein erster Pokemonkampf, den ich nicht gegen Niobe kämpfen würde, beginnen und ich konnte wohl kaum aufgeregter sein, als ich es jetzt tat. Der eigentlich riesige Kampfplatz auf dem ich stand, kam mi durch meine Anspannung unheimlich klein und bedrückend vor, sodass ich schon den Verdacht hegte unter Klaustrophobie zu leiden, wobei diese Diagnose auch nicht wirklich den Umständen entsprach. Vorbereitet war ich. Keine Frage, denn trotz der eigenartigen Begegnung zwei Tage zuvor, hatte mich Niobe gestern sogar noch ein ganzes Stück härter rangenommen, als sonst. Insbesondere auch wegen meines neuen Pokemons Fukano. Nahezu spürbar hatte ich wahrgenommen wie ihre Motivation um ein Vielfaches gestiegen war, nachdem sie ihrem Bruder über den Weg gelaufen war. Es war nahezu verrückt. Es gab zwar durchaus Leute die durch Demütigung noch mehr dazu angefeuert wurden etwas gut zu machen, aber bestimmt hatte ich noch nie von einem Fall gehört der zitternd, ganz offensichtlich in panischer Angst, vor einem Familienmitglied kniete und danach aufstand als wäre nichts gewesen. Zuerst hatte ich auf Verdrängung getippt, doch musste ich schon kurz darauf feststellen, dass das nicht der Fall sein konnte, da ihr emotionaler Zustand nahezu Bände ihres plötzlichen Eifers ausstrahlte. Nicht dass sie dieses nicht schon vorher gewesen wäre, aber es schien mir als hätte man noch eine Schippe Zuversichtlichkeit drauf gepackt. Fast so als hätte man in ihr einen Brand gelegt, deren Flammen nun gerade zu loderten, züngelnd um ihr Herz wanden und dem Gegner keine Gelegenheit gaben sie zu löschen. Sie mochte ein sensibles Gespür besitzen, womit sie die Leute um sie herum nahezu perfekt wie ein offenes Buch lesen konnte, an ihrem starken Willen und Tapferkeit änderte dies aber nichts. Niobe war wohl in einer gewissen Hinsicht eine Art Vorbild. Ihre eigenen Ziele und Ideale im Kopf, nicht bereit diese zu verfehlen. Um keinen Preis. Vielleicht war das einer der Gründe weswegen sie so verschwiegen war und nicht gerne Dinge über sich selbst erzählte, was wiederum erklärte weshalb ich so gut wie nichts über sie wusste, ganz im Gegenteil sogar ziemlich verwirrt war, seitdem ich ihrem Bruder begegnet war.
    „Ivory!“, riss mich plötzlich ein Ruf aus den Gedanken. Fix sah ich die Richtung des Rufes und konnte selbst aus einiger Entfernung ausmachen, wer gerade nach mir gerufen hatte. Im Grunde hätte ich auch ohne Hinsehen zu müssen erkannt wer da auf der Tribüne stand, die rechte Hand um den Mund, mit der Linken begeistert winkend. Mein Sandkastenfreund, bester Kumpel, Ursprung jeglichen Liebeskummers meinerseits und Teilzeitidiot Brave. Mein Herz tat einen kleinen Sprung und ich winkte schmunzelnd zurück, während ich die eine Hand auf die Hüfte stemmte. Obwohl es gerade einmal zwei Tage her war, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, kam mir diese Zeitspanne wie eine halbe Ewigkeit vor und so konnte ich mich selbst davon nicht abhalten als schnurstracks zu ihm herüber zu laufen, auch wenn mein Kampf sofort beginnen würde. Dafür wurde ich auch gleich unverständlich von meinem Gegner, einer kleinen Brünetten die ich auf Mittelschulalter einschätzte, angeschaut, die sich ebenso wie ich bereits auf dem Kampffeld befunden hatte, was ich aber herzlich ignorierte. Der rechteckige Platz, der ringsum mit gut gefüllten Tribünen umgeben war, stellte sich als sogar noch größer heraus, als ich es zu Anfang gedacht hatte, sodass es mich etwas mehr Zeit kostete um zu meinem Zielort zu gelangen. Bei näherem Herankommen, entdeckte ich Niobe neben ihm sitzen, ihren Blick wachsam auf meine Bewegungen gerichtet. Hinter ihr hatte sich Mampfaxo auf einem Platz niedergelassen und ging seiner zweitliebsten Beschäftigung nach. Dem Schlafen.
    „Was machst du hier?“, rief ich Brave schon im Kommen zu, um mich dann an die die Trennwand zwischen Tribüne und Feld anzulehnen.
    „Zuschauen, was sonst?“, antwortete Angesprochener knapp. „Hab mich gleich erkundigt wann das Turnier stattfindet um dich anfeuern zu können.“ Ich nickte mit einem glücklichen Lächeln. Allein dass er dies sagte, ließ mich für einen kurzen Augenblick meine Nervosität und Unsicherheit vergessen. Allein dass er für mich hier war hatte es unglaublich Erwärmendes und Erfüllendes für mich, sodass ich nicht anders konnte als ein leises, kaum hörbares überglückliches Fiepen auszustoßen.
    „Danke“, sagte ich noch etwas wärmer lächelnd.
    „Nicht der Rede wert“, lachte Brave und winkte mit der Hand ab, welche ich plötzlich mit meinen eigenen ergriff.
    „ Nein, wirklich. Dass bedeutet mir sehr viel!“, rief ich und erstarrte schon wieder in der nächsten Sekunde, als ich realisierte was ich gerade tat. Perplex starrte mich Brave, wegen meiner plötzlichen, unerwarteten Reaktion an. Selbst zurückgezuckt war er etwas. Bitte schlage mich doch jemand. Wieso war ich in letzter Zeit so unvorsichtig und übereilt? Im Augenwinkel sah ich wie ein flüchtiges Lächeln über Niobes Lippen huschte.
    „Dass meine Freunde zum Anfeuern kommen“, fügte ich rasch, mit ausweichendem Blick hinzu und ließ von seinen Händen ab. „Hast du ihm Bescheid gegeben, Niobe?“ Irgendwie musste ich ja das Thema ablenken.
    Zu meiner Erleichterung ging Niobe auf meine Frage ein und schüttelte den Kopf.
    „Plötzlich aufgetaucht.“
    „So, so. Na ja, hätte mich auch gewundert wenn.“
    Plötzlich dran ein Hüsteln durch die Lautsprecher, die an vier verschiedenen großen Holzmasten befestigt waren, worauf ich mich schnell zu der Bühne umdrehte.
    „Ich bitte die Teilnehmerin zurück auf das Feld“, drang es beinahe dröhnend durch die Lautsprecher und Brave stieß mir sanft mit dem Ellbogen in die Seite.
    „Na los, geh schon. Das schaffst du!“, munterte mich Brave auf. Dankbar nickte ich ihm zu und blickte noch einmal zu Niobe zu.
    „Denk an die Schwächen des Gegners“, murmelte sie mir halb stumm zu und hob leicht die eine Faust in die Höhe, die es aber kaum über Kopfhöhe schaffte, sodass es nicht sonderlich enthusiastisch wirkte. Auch Brave schien dies bemerkt zu haben, griff ohne zu Zögern nach Niobes Handgelenk und riss sie in die Höhe, während er Selbiges mit seiner anderen Faust tat.
    „Fight Ivory!“, rief er mit laut und ignorierte die schiefen Blicke die ihm einige andere Zuschauer zuwarfen.
    „Was glaubst du was ich tun werde?“, grinste ich und marschierte nun neuen Mutes zurück auf das Kampffeld. Da machte der Moderator des Turniers, der mich auch dazu verwiesen hatte auf meinen Platz zurück zu kehren und in der Moderationskabine am anderen Ende des Feldes saß, schon die nächste Aussage.
    „Herzlich Willkommen beim alljährlichen Vapydro Turnier, bei dem sich jedes Jahr die gewieftesten Trainer im südlichsten Teil Einalls gegenseitig herausfordern, um den ehrwürdigen Titel des „Meisters des Südens“ zu erhalten. Es spricht Thomas Meyer.“ Klatschen ging durch die Zuschauermenge.
    „Wie wahrscheinlich ein Großteil der Zuschauenden bereits weiß, haben wir auch diese Mal einen Stargast dabei, der das Geschehen mit moderieren wird. Wobei“, der Moderator machte eine kunstvolle Pause, „Wir es hier eher mit einem Newcomer zu tun haben. Begrüßt mit mir zusammen: Cheren, der Arenaleiter Eventura Citys!“ Erstaunt schaute ich in Richtung Moderationskabine, jedoch war es völlig unmöglich aus meiner Entfernung etwas zu erkennen. Jedoch brauchte ich das gar nicht, dann Cheren höchstpersönlich meldete sich am Mikrophon zu Wort.
    „Hallo und Willkommen noch mal.“ Eindeutig. Selbst nach drei Jahren konnte ich ziemlich genau sagen dass es Cherens Stimme war, auch wenn sie etwas nervös klang.
    „Dieses Jahr werde ich den Wettkampf Co-moderieren und meine Eindrücke zu den einzelnen Kämpfen liefern.“ Wie steif und langweilig er klang. Da konnte ich kaum anders als leise in mich hinein zu kichern. Einen Preis als Entertainer zu gewinnen würde er wohl oder übel von seiner To-Do-List streichen müssen.
    „Verschwenden wir aber keine Zeit mit unnützem Gerede und lasst mich unsere ersten beiden Teilnehmer vorstellen. Auf der linken Seite Elena Gamble aus Dausing. Vor gerade einmal drei Wochen hat sie ihre Reise begonnen! Alle Achtung Elena. Doch wie sieht es mit deiner Gegnerin aus? Auch sie hat ihre Reise gerade erst begonnen! Ivory Seawell aus Eventura City! Was für eine Überraschung. Kennst du sie zufällig Cheren?“ Einige Sekunden verstrichen, bevor mein ein leises „Aha“ vernehmen konnte.
    „Ja, flüchtig. Um genau zu sein ist sie die Cousine einer guten Freundin.“
    „ So, so. Das hört man doch gerne! Na dann wollen wir mit Zuversicht diesen Kampf starten! Ihr kennt die Regeln bereits. Ein Eins gegen Eins Kampf. Das gewählte Pokemon zu Anfang darf während des Kampfes selbstverständlich nicht ausgetauscht werden und wer beginnt, entscheidet nun der Zufall.“ Ein elektronisches Klicken erklang, dann ein leises „Pling“.
    „Der Gott des Zufalls hat den entschieden und als erstes ihr Pokemon in den Ring schicken wird Ivory Seawell! Applaus!“ Ich schluckte. Ich hatte ja ohnehin nicht viel Auswahl an Pokemon gehabt, aber zu mindestens einen Typenvorteil herauszuschlagen wäre mein Ziel gewesen. Jetzt würde man aber genau das mit mir tun. Tief holte ich Luft und warf Serpfeus Pokeball in die Höhe. Mit einem weißen, blitzähnlichen Strahl erschien Serpifeu aus dem rot-weißen Ball und landete einen Meter vor mir mit einer Drehung auf dem Boden.
    „Kandidatin Ivory wählte das Echsenpokemon Serpifeu!“, tönte es vom Moderator. „Ein seltenes und sehr begehrtes Pokemon bei Trainern dieser Tage!“
    „Okay Serpi. Jetzt wird’s ernst. Konzentrier dich“, sagte ich, die Moderation ignorierend, und nickte meinem Pokemon aufmunternd zu. Dieses erwiderte mein Nicken und gab ein motiviertes Fiepen von sich.
    „Gut so. Der erste Gegner wird noch zu schaffen sein“, murmelte ich, meinen Blick inzwischen auf meine Gegnerin geheftet.
    „Mollimorba! Du bist dran!“, rief das Mädchen, während sie einen Pokeball ausgestreckt in ihrer Hand hielt. Ein schwarz, weißes Pokemon mit lila Gesucht, dass mehr wie eine Puppe, dank Schleifen an Seiten des Kopfes und Hals, als wie ein Pokemon aussah. Rasch holte ich meinen Pokedex hervor und warf einen flüchtigen Blick darauf. Laut diesem war Mollimorba ein Psycho Pokemon in der ersten Entwicklungsstufe. Das reichte mir an Information und konzentrierte mich wieder auf das Kampffeld.
    „Unsere zweite Teilnehmerin wählte Mollimorba! Was sagst du dazu, Cheren?“
    „Ein interessante Wahl, denn es hat weder einen wirklichen Vorteil, noch einen Nachteil gegenüber Serpifeu. Das könnte ein durchaus interessanter Kampf werden“, erklärte Cheren mit abschätzigem Unterton.
    „Nun? Sind die Damen bereit zu kämpfen?“ Wie zur Antwort nickten wir gleichzeitig und kurz darauf erschallte ein lautes „Ready, Steady, Go!“ eines Schiedsrichters im gelben Trikot, der sich inzwischen neben das staubige Feld positioniert hatte.
    „Silberblick, sofort Serpifeu!“, befahl ich wie aus der Kanone geschossen, ohne meiner Gegenerin auch nur eine Sekunde Bedenkzeit zu geben. Für den Bruchteil einer Sekunde leuchtete so etwas wie eine Art Blitz, ein Funkeln, ein Lichtstich aus Serpifeus Augen auf, währen er das Mollimorba fixierte. Dieses erstarrte augenblicklich, ebenso ihre Trainerin, auf dessen Gesicht ein Ausdruck von Panik ausbreitete. Ich hatte wohl das Glück gehabt, dass die Trainerin vor mir noch unerfahrener war, als ich, oder zu mindestens keine so gute Lehrerin abbekommen hatte.
    „Jetzt Tackle!“, rief ich Serpifeu zu, worauf es auf das gegnerische Pokemon mit voller Geschwindigkeit zustürmte, um ihm einen frontalen Tackle mit Totalauswirkung zu attackieren, bevor es aus seiner Starre erwachen konnte.
    „Weich aus Mollimorba! Mach schon*“, schrie die Trainerin des Pokemons panisch und tatsächlich. Mollimorba erwachte noch bevor meine grüne Echse es erreichen konnte, jedoch nur eine Sekunde vorher, sodass es keine Zeit mehr dazu fand vor der Attacke zu flüchten, wodurch mein Plan erfolgreich aufging, Serpifeu einen Volltreffer landete und Mollimorba mehrere Meter weit nach hinten flog. Besiegt war es dadurch aber noch lange nicht, dass wusste ich, weswegen ich Serpifeu verordnete mit Rankenhieb Mollimorbas kurzen Ärmchen festzuhalten, damit es keine gegnerische Attacke starten konnte. Blitzschnell schossen die Ranken aus seinem Nack hervor und packten nach Mollimorba, welches immer noch leicht verwirrt am Boden lag.
    „Was für eine fixe Attacke! Hat irgendjemand hier damit gerechnet? Na, ich sicherlich nicht!“
    „In der Tat. Ich bevorzuge zwar eher durchdachte und beobachtende Züge, aber das ist natürlich auch eine Möglichkeit“, fügte Cheren hinzu.
    „Mollimorba, nicht schlafen! Versuch dich mit Psystrahl zu verteidigen!“, knurrte meine Gegnerin, die sich inzwischen wieder gefasst hatte, energisch. Ein lila, schimmernder Schleier bildete sich um das Puppenpokemon, während sich der kleine Körper stark anspannte und eine Art kleine, zuckende, ebenso violette, Kugel materialisierte sich vor seinem Gesicht, um sie dann mit voller Wucht auf mein Serpifeu abzuschießen.
    „Weg da, Serpi. Zur Seite!“, schrie ich erschrocken. Blitzschnell zog Serpifeu seine Ranken zurück und versuchte einen Satz zur Seite zu machen, was es aber nur halbwegs gelang und so trotzdem von der Attacke getroffen wurde. Genauso wie Mollimorba bei Serpifeus vorheriger Attacke, wurde es mehrere Meter weit nach hinten geschleudert und landete auf dem Bauch. Mühsam raffte Serpifeu sich wieder auf und blickte mit leicht zusammen gekniffenen Augen direkt zu seinem Gegner, welcher stolz die Brust erhoben und die Hände in die Hüpften gestämmt hatte, so als wolle es sagen: „Seht her. So schwach bin ich gar nicht.“
    „Eine wirkliche erstaunliche Gegenattacke Mollimorbas!“, rief der Moderator, den ich inzwischen am liebsten dazu verdonnert hätte, gefälligst die Klappe zu halten. Aber Recht hatte er allemal. Obwohl die Attacke kein direkter Treffer war, hatte sie Serpifeu ohne Mühe von den Füßen gerissen.
    „In der Tat. Dieses Mollimorba hat eine ungewöhnlich hohe Angriffskraft. Das ist normal nicht der Fall“, bemerkte Cheren. Ich musste vorsichtiger sein, wenn selbst ein Pokemon wie dieses, mein Pokemon umhauen konnte. Wohl oder übel, würde ich fürs erste auf plötzliche und schnelle Attacken vertrauen müssen.
    „Serpifeu, hau Mollimorba mit Rankenhieb um!“, befahl ich mit gespielter Ruhe. Angefeuert durch die gerade Attacke, machte Serpifeu eine augenblickliche Drehung und schoss erneut seine Ranken, welche sich majestätisch aus seinem Nacken erhoben, um dann aufgrund der Wucht der Drehung, schnurstracks in Richtung Mollimorba flogen. Nicht den Hauch einer Chance, hatte es um den langen, peitschenden Ranken zu entkommen, sodass es geradewegs von diesen überrumpelt wurde und zu Boden fiel.
    „Jetzt Wickel Attacke!“, befahl ich und machte eine ausschweifende Handbewegung. Wie eine Schlange um ihr Opfer, fesselten die Ranken Serpifeus ein weiteres Mal das hilflose Mollimorba und drückten dann plötzlich zu. Ein leises Quietschen kam von dem Puppenpokemon, jedoch ließen Serpifeus Ranken weiterhin nicht von ihm ab.
    Entsetzt und wieder der Panik verfallen schrie Elena: „Schnell, versuch’s mit Konfusion!“ Doch Mollimorba konnte sich nicht mehr rühren, denn die unheilvollen Ranken hatten sich um den ganzen Körper des Pokemons geschlungen und quetschten ihm beinahe die Seele aus dem Leib. Beinahe, denn noch hielt sich das Pokemon erstaunlicherweise bei Bewusstsein, obwohl die Kraft die Serpifeu in seine Attacke steckte, wahrscheinlich genügte um den Kleinen Ding die Knochen zu brechen, würde es nicht aufpassen.
    „Versuch Mollimorba quer über das Feld zu schleudern“, rief ich auf einmal meinem Echsenpokemon mit einem leicht amüsierten Unterton zu. Der Kampf war so gut wie zu Ende. Ich hatte ja meine Zweifel gehabt, ob Mollimorba sich vielleicht doch aus Serpifeus Wickel herauswinden könnte, aber diese hatten sich am Ende als unbegründet herausgestellt. Mit einer galanten Bewegung drehte sich mein Pokemon auf einem Fuß zweimal im Kreis, drückte sich dann mit selbigem ab und schleuderte Mollimorba in Richtung des anderen Endes des Feldes. Es war ein Bewegungsablauf den Niobe mit beigebracht hatte und besonders effektive und siegbringende Würfe hervorbringen sollte. Sollte ich es mit einem leichten und kleinen Gegner zu tun haben, sagte sie mir, sollte ich mich nicht scheuen diese Technik anzuwenden.
    Mit einem dumpfen Laut kam Mollimorba auf dem Boden, kullerte noch einige Meter weiter über den Boden und blieb dann reglos auf dem Rücken liegen. Ich staunte nicht schlecht, als ich eine leichte Einkerbung auf der Einschlags stelle Mollimorbas entdeckte. Niobe hatte keinesfalls untertrieben mit der Kraft dieses Angriffs. Serpifeu hatte es zwar mehrere Male an Lin-Fu geübt, aber da dieses sich immer kurz vor Bodenkontakt wieder in eine aufrechte Position gelangen konnte, war es nie zu so einem Ergebnis gekommen.
    „Mollimorba ist kampfunfähig. Serpifeu gewinnt den Kampf!“, verkündete der Schiedsrichter im gelben Trikot am Rande des Feldes und hob in Richtung Elena eine rote Flagge.
    Ein langgezogenes Pfeifen des Moderators erklang und die Zuschauer begannen zu klatschen.
    „Ein vernichtender Schlag seitens Serpifeu und damit ginge die Runde auch schon an Ivory!“ Ich konnte nicht anders als das triumphierende und überglückliche Lächeln, das bis ich gerade noch unterdrückt hatte, auf meinem Gesicht zuzulassen und kniete mich herunter zu meinem Serpifeu, dass strahlend auf mich zugelaufen kam, um mir in die Arme zu springen. Fest drückte ich es am mich, sodass es freudig fiepte und sich an mein Gesicht schmiegte, vor Freude an unserem ersten gewonnen Kampf.

    „Hör auf“, knurrte ich gereizt, um meinem Peiniger deutlich zu machen, dass ich innerhalb den nächsten paar Sekunden in die Luft gehen würde, würde er nicht auf der Stelle aufhören so ausgelassen mein Haar außer Form zu bringen.
    „Sonst bist du doch auch immer so scharf darauf, von mir gestreichelt zu werden“, lachte Brave spöttisch. „Schnurrst normalerweise wie ein Kätzchen, dass von seiner Mutter verstoßen wurde.“
    Drohend hob ich eine Faust in die Höhe.
    „Du magst ja vielleicht recht damit haben, aber man kann es auch damit übertreiben. Fünf Minuten lang über den Kopf gewuschelt zu werden ist so eine Sache, weißt du?“
    „Ach? Ehrlich?“ Grinsend ließ er seine Hand von meinem Kopf und seufzte plötzlich. „Wollte nur die zwanzig Minuten die die Kleine mit uns verbracht hat nachholen.“ Fragend schaute ich zu ihm hoch.
    „Niobe? Hat sie irgendwas gemacht?“ Brave schüttelte den Kopf.
    „Nicht wirklich, aber sie hat uns beobachtet. Die ganze Zeit ist sie mit den Augen meinen Bewegungen gefolgt. Wie ein Raubtier.“ Sichtbar unwohl, schauderte er. Ihm war Niobes Observationstalent also auch nicht entgangen. Wie auch? Selbst mir hatten ihre Augen quasi in den Nacken gestochen, sobald ich ihr den Rücken zukehrt hatte. Sobald Brave und ich uns auf einer Entfernung von zwei Metern genähert hatte, war ihr Blick automatisch zu uns herüber geschossen. Mir kam zum ersten Mal der Gedanke, dass meine neu gewonnene Freundin und Lehrerin, etwas aushecken könnte. Schon allein bei dem Gedanken wurde mir unwohl zu Mute. Was konnte einer unscheinbaren Persönlichkeit wie ihr wohl in den Sinn kommen?
    „Und deshalb“, ich machte eine kleine Pause und senkte meinen Blick leicht, „Musstest du die Streicheleinheit für jetzt aufsparen?“ Automatisch bogen sich seine Mundwinkel nach unten.
    „Absolut. Ich muss dir doch klar machen, dass du gute Arbeit bei deinem ersten Kampf geleistet hast“, er machte eine ausschweifende Geste. „ Aber was das Aufsparen angeht: Ich kann meiner besten Freundin nicht einfach durch die Haare wuscheln, während ich angestarrt werde, als würden wir ein Paar sein.“
    „Nun, der Gedanke kommt natürlich bei so etwas auf“, erwiderte ich nun leicht unterkühlt. Niobe musste Recht gehabt haben mit ihrer These, dass er nicht einmal an die Möglichkeit einer möglichen Beziehung zwischen ihm und mir dachte. Anders konnte ich mir seine Offenheit zu diesem Thema mir gegenüber nicht erklären. Im Grunde war ich aber viel zu überrascht um darüber nachzudenken, denn der Fakt, dass er auf die Idee kam, dass wir auf Außenstehende wie ein Paar aussehen könnten, war äußerst ungewöhnlich für ihn.
    „Du hast ihr gesagt, dass da nichts zwischen uns läuft, oder?“, fragte er unsicher.
    „Ja, so kann man es natürlich ausdrücken“, antwortete ich und starrte abwesend nun auf das Kampffeld vor uns, wo der nächste Kampf stattfinden würde. Niobe war nur deshalb gerade nicht bei uns, weil sie sich für den nächsten Kampf auf dem Platz zu positionieren hatte.
    „Ah, da kommt sie“, murmelte ich und wies mit dem Finger auf einem der Ausgänge am Ende des Feldes. Gefolgt wurde sie, wie immer von Mampfaxo, das immer noch etwas verschlafen dreinschaute. „Hat sich aber Zeit gelassen.“ Wie als hätte sie mich gehört, wanderte ihr Blick zu meinem und Braves Platz auf der Tribüne.
    „Apropos. Woher kennst du sie eigentlich?“, harkte Brave nach.
    „Ihr Mampfaxo hat mein Smartphone auf die Liste der köstlichsten Gourmetkreationen gesetzt“, antwortete ich gewitzt und lächelte. Betroffen schaute er mich an und ich gab ihm im Gegenzug eine knappe Zusammenfassung von Niobes und meiner Begegnung.
    „So, so. Also ist sie eine starke Kämpferin?“ Nachdenklich legte ich mein Kinn in die Hände.
    „Für mich natürlich schon, schließlich konnten Serpifeu und Ich keinen einzigen Kampf gewinnen, auch wenn sie nur ihr Lin-Fu eingesetzt hat.“
    „Hat sie dann noch andere Pokemon abgesehen von diesem Mampfaxo und Lin-Fu?“, wollte mein Freund nun wissen. Er warf Niobe auf dem Feld einen neugierigen Blick zu. Vielleicht beobachtete er auch nur das von ihm angehimmelte Mampfaxo.
    „Ja, eines. Aber sie behandelt es ein wenig“, ich macht eine kurze Pause, um nach dem richtigen Wort zu suchen, „Wie einen Schatz. Ein Luxio.“
    „Ja? Eigentlich gibt es die nur Sinnoh. Ganz zu schweigen von den anderen Entwicklungsstufen. Besitzen dürfte sie keines, wenn sie bisher nur in Einall war.“ Mir kam in den Sinn, wie Niobes Bruder Inari davon gesprochen hatte, wegen einer Mission in Sinnoh gewesen zu sein.
    „Würde aber auch erklären, weshalb sie es so selten aus ihrem Ball lässt, wenn es so selten ist.“
    „Hier in Einall gibt es vielleicht Keine, aber Sheinux sind in Sinnoh sehr weit verbreitete Pokemon“, gab Brave zu bedenken. Ich zuckte mit den Schultern.
    „Dann hat sie es eben gefangen, als sie dort im Urlaub war. Außerdem hat sie auch ein Mampfaxo. Mich wundert inzwischen gar nichts mehr an ihr.“ Brave wollte gerade etwas erwidern, da erklang die nerv tötende Stimme des Moderators durchs Mikro.
    „Meine Damen und Herren, nach einer kleinen Pause geht nun wieder weiter mit dem vierten Kampf des heutigen Vapydro Turniers! Auf der rechten Seite haben wir diesmal Niobe…“, ein leises Stutzen drang durch die Lautsprecher, bevor der Moderator seine Rede fortsetzte, „Ja, rechts haben wir Niobe und auf der linken Seit sehen wir Robin Stephanson! Die beiden eine Sache gemeinsam, denn sie wollen um jeden Preis Pokemonmeister werden. Ein heutzutage häufig vorzufindender Traum, nicht Cheren?“
    „In der Tat und es ist ein sehr hochgegriffenes Ziel, muss ich ehrlich gestehen. Vor allem weil es nur ein einziger werden kann. Zu mindestens wenn man es auf Einall beschränkt.“
    „Da haben wir es. Trotzdem bin ich guten Mutes, dass diese beiden hier sicherlich eine Chance haben! Werfen wir also gleich unseren Glückapparat an und wählen wer als erstes ein Pokemon in den Kampf schicken muss!“ Das uns wohlbekannte „Pling“ Geräusch ertönte und nach einem kurzen Räuspern, gab der Moderator das Ergebnis bekannt: „Ein Pokemon zuerst wählen, wird… Robin!“
    Niobes Gegner, ein großgewachsener, schwarzhaariger Junge, griff an seinen Hüftbeutel, holte einen Pokeball hervor und ließ sein Pokemon wortlos aus diesem. Ein Krokodil, das dem Jungen etwa bis zur Hüfte reichte erschien. Die Schuppen des Pokemons hatten einen beigenden Farbton, während der ganze Körper von dicken schwarzen Streifen überzogen wurde.
    „Robin wählte das Boden Pokemon Rokkaiman!“, rief der Moderator mit seinem üblichen übertriebenen Enthusiasmus. „Doch welches Pokemon wird seine Gegnerin wählen?“ Neugierig sah ich zu Niobe herüber, die Mampfaxo zunickte, welcher darauf selbstsicher auf das Feld stapfte.
    „Ein Normalpokemon gegen ein Bodenpokemon?“, murmelte Brave überrascht.
    „Da fällt mir ein: Ich habe sie noch nie mit Mampfaxo kämpfen sehen“, merkte ich an.
    „Nicht? In meinen Augen hängen die beiden ziemlich aneinander, oder?“ Ich nickte zustimmend, konzentrierte mich dann wieder auf das Kampffeld. Rokkaiman hatte die Arme ineinander geschlungen und den Kopf leicht erhoben, so als würde es auf Mampfaxo herabschauen, was sich nicht als sonderlich schwierig herausstellte, da es ein gutes Stück größer war als dieser. Herzlich desinteressiert ignorierte Mampfaxo das Rokkaiman aber trotzdem und kratzt sich nur kurz am Kopf.
    „In Ordnung! Sind die beiden Teilnehmer dann bereit? Dann kann es ja losgehen!“ Wie schon bei meinem Kampf, rief der Schiedsrichter seine Startworte, womit der Kampf offiziell eröffnet war. „Rokkaiman schnell! Schaufler Attacke“, befahl der Trainer Robin seinem Pokemon, worauf dieses sich blitzschnell unter die Erde grub. Zu meiner großen Verwunderung nahmen Niobe und Mampfaxo dies aber gelassen hin, ohne beim Geschehen einzugreifen.
    „Was ist los? War es nicht Niobe die dir die beigebracht hat am Anfang schnellstmöglich anzugreifen?“, flüsterte mir Brave verwirrt ins Ohr.
    „Schon, aber es kommt auf das kämpfende Pokemon an. Lin-Fu ist ein flinker Kämpfer, was man Mampfaxo nicht behaupten kann, deshalb wird sie wohl kaum dieselbe Technik anwenden. Zu mindestens schätze ich das“, erklärte ich, ohne den Blick von Mampfaxo zu lassen. Rokkaiman könnte jeden Moment auftauchen und Mampfaxo einen herben Schlag austeilen, würde dieses nicht ausweichen.
    Mampfaxo tat seine erste Reaktion, als er sich fragend zu Niobe umdrehte, die darauf beinahe schon gelangweilte eine kurze Bewegung mit der Hand machte. So als hätte sie etwas befohlen, nickte Mampfaxo und begann plötzlich leicht auf und ab zu springen.
    „Ist sie verrückt? Dadurch kann Rokkaiman doch nur noch schneller seine Position ausfindig machen“, murmelte Brave, während er sein Kinn auf der Hand abstützte.
    Immer höher sprang Mampfaxo und langsam meinte ich ein leichtes Erzittern der Erde unter seinen Füßen erkennen zu können.
    „Jetzt Mampfaxo!“, rief Niobe plötzlich und beinahe zeitglich machte Mampfaxo einen gewaltigen Sprung, den man ihm bei seinem Gewicht gar nicht zugetraut hätte, in die Höhe, als plötzlich das Rokkaiman unter ihm aus der Erde schoss, Mampfaxo aber verfehlte, da dieser sich zu dem Zeitpunkt hoch in der Luft befand. Jedoch nicht für lange Zeit, denn schon kurz nachdem er den höchsten Punkt erreicht hat, machte Mampfaxo einen ebenso beeindruckenden Salto und schoss dann direkt, den linken Fuß voraus, auf Rokkaiman zu, der auch gerade dabei war seine Landung vorzubereiten. Bevor er dies jedoch tun konnte, schlug Mampfaxos Fuß schon, ähnlich einem Meteor, auf seinen Kopf ein und drückte es wortwörtlich zurück in die Erde hinein. Rokkaiman kreischte mit einem schmerzerfüllten Schrei auf und auch ohne den Körper des Pokemons direkt zu sehen, konnte ich die Anspannung und Schmerzen die diesen im Moment durchfuhren nachempfinden. Es schauderte mich, so kraftvoll war die Attacke. Kraftvoll in dem Sinne, dass sie keine Rücksicht auf Verluste nahm. In keinem Fall.
    Neben mir sprang Brave mit aufgerissenen Augen auf.
    „Erbeben?“, rief er überrascht, worauf ich ihn erstaunt ansah. Erdbeben? Das war sicherlich alles, nur kein Erdbeben.
    „Sicherlich nicht“, erwiderte ich.
    „Doch, allerdings“, er zögerte kurz, „Modifiziert. Glaube ich zu mindestens. Was mich wundert ist aber, dass sie die Attacke nicht in ihrer normalen Form verwendet hatte. Solange Rokkaiman unter der Erde ist, ist Erdbeben auch äußerst sehr effektiv. Aber so … könnte es ernsthafte Verletzungen verursachen.“ Auf Letzteres schluckte ich hörbar.
    „Aber ein Mampfaxo kann kein Erdbeben von sich aus erlernen, oder?“, harkte ich misstrauisch nach.
    „Im natürlichen Prozess normalerweise nicht, allerdings kann man es, wenn man viel Zeit darin investiert, seinem Pokemon von Hand aus beibringen. Zu mindestens wenn man weiß wie“, erklärte Brave knapp, seinen Blick gebannt auf die beiden kämpfenden Pokemon gerichtet. „Kämpfend“ war aber nicht der richtige Ausdruck, denn der inzwischen einzig Agierende war Mampfaxo, der das Rokkaiman unwirsch am Schwanz gepackt hatte und ihn versuchte aus dem, von der Schaufler Attacke entstandenem, Loch zu ziehen, da es durch dieses gerade versucht hatte wieder zu verschwinden. Mit einem kurzen Ruck schaffte das Nimmersatt Pokemon das Krokodil endgültig aus dem Loch zu ziehen, sodass sich uns ein Blick auf den wahren Schaden, den Rokkaiman durch die Attacke Mampfaxos erlitten hatte erbot. Wäre ich ein Automobil Experte und Rokkaiman ein PKW, dann würde meine Diagnose wohl Volltotalschaden lauten.
    Brave gab einen leisen, angewiderten Laut von sich und auch ich hätte es getan, hätte ich nicht bereits mit diesem Ergebnis gerechnet. Verstümmelt war vielleicht nicht der richtige Begriff, aber einige Knochenbrüche hatte sich das Krokodilpokemon sicherlich zugezogen, denn der ganze Körper wirkte verdreht, als hätte man auseinandergenommen und dann falsch wieder zusammengesetzt. Dementsprechend bewundernswert war daher seine Widerspenstigkeit gegenüber Mampfaxo. Rokkaiman drehte und wehrte sich, trat mit dem unverletzten Bein aus, jedoch wich Mampfaxo jeder der kleinen Attacken, mit erstaunlich wenig Aufwand aus. Immer groteskere Positionen nahmen dadurch gebrochene Körperteile an und zum ersten Mal verspürte ich eine gewisse Abscheu gegenüber Niobes Kampfstil. Mir war es schon bei unserem Training aufgefallen. Ihre eigenen Pokemon schätze Niobe mehr als alles andere, sobald es sich aber um das gegnerische Pokemon handelte, ging sie alles andere als zimperlich vor. Es war ein verheerender, vernichtender Stil, der die eigenen Gefühle und Handlungen in sein Pokemon übertrug und damit dem gegnerischen den größtmöglichen Schaden zufügte, selbst wenn man dies als Außenstehender vorerst nicht vermuten würde. Der Stil hielt sich schließlich im Rahmen der Regeln eines Pokemonkampfes, denn Verletzungen waren in Solchen keine Seltenheit. Dass jemand sie aber absichtlich zu verursachen versuchte, kam dafür nicht sonderlich häufig vor. Dagegen vorgehen konnten die Regeln aber nicht, weswegen sich Niobes Stil als äußerst effektiv und zügig erwies. Grausam, war er jedoch ebenso.
    „Das war’s Robin“, rief Niobe plötzlich ihrem Gegner zu. Selten sprach sie so laut und noch seltener in einem so hochmütigen Ton, wie sie es jetzt tat. Auf einem Bein abstützend, die Arme vor sich verschränkt, den Blick leicht erhoben, stand sie da und fixierte ihren Gegner mit den stechend roten Augen.
    „Was, glaubst du wer du…“, Angesprochener, dem bereits Schweißperlen im Gesicht standen, wurde von Niobe abrupt unterbrochen und zuckte zusammen.
    „Mampfaxo beende es mit Schlecker.“ Auf Kommando streckte er seine Zunge heraus und verpasste dem Rokkaiman einen Schlecker, worauf dieses anfing am ganzen Leibe zu zittern. Eindeutig eine Paralyse, doch lange hielt sie sich nicht, denn der KO Schlag folgte kurz darauf und das angegriffene Pokemon blieb reglos liegen. Wieder ließ der Schiedsrichter ein paar Sekunden verstreichen, bevor er Niobes Sieg verkündete. Zuerst war es still auf der Tribüne, dann brach rasches, zurückhaltendes Klatschen aus. Das was wir gerade zu sehen bekommen hatten, hatte nicht mehr viel von einem echten Pokemonkampf gehabt. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Moderator und Cheren den ganzen Kampf über es nicht gewagt hatten einen Ton von sich zu geben, vielleicht weil sie das Spektakel als genauso furchterregend empfunden hatten wie ich.
    „Damit hätten wir einen Sieger“, rief der Moderator schließlich doch durchs Mikro, wenn auch merkbar unterkühlt. „Herzlichen Glückwunsch Niobe!“ Kurz verbeugte sich die Gewinnerin des Kampfes und winkte dann Mampfaxo zu sich heran, um ohne weitere Worte das Feld zu verlassen. Der gegnerische Trainer war inzwischen zu seinem Rokkaiman gestürzt und hielt es besorgt in den Armen. Sterben würde es nicht, genauso wenig langzeitige Schäden davontragen, schließlich waren Pokemon deutlich robuster als so manch einer glaubte. Einen schweren Dämpfer fürs Leben würde der Trainer trotzdem davon tragen.
    Plötzlich bemerkte ich wie sich Braves Stirn in Falten gelegt hatte und er einen grüblerischen Ton von sich gab.
    „Ist was Brave?“, fragte ich verwundert. „Der Kampf war schrecklich, ich…“ Er unterbrach mich.
    „Das ist es nicht. Niobe, ich meine“, er zögerte. „Ist dir irgendwas Eigenartiges an ihr aufgefallen?“ Halb verwundert, halb misstrauisch sah ich ihn an. Natürlich war mir so einiges Merkwürdiges an ihr aufgefallen, wenn nicht war ihre ganze Existenz merkwürdig, aber worauf wollte er hinaus?
    „Niobe könnte jemand ganz Anderes sein, als du zu glauben wagst. Nein, sie könnte sogar viel gefährlicher sein, als du glaubst.“

    Yo Sound of Silence,


    Hatte meinen Kommentar ja schon mehr oder weniger angekündigt und bin jetzt auch schon dazu gekommen ihn zu schreiben. Du hattest ja schon gesagt, dass du Motivation zu einer Moonringshipping FF bekommen hast und hier ist sie auch schon. Ging ja recht fix. Fangen wir also mit dem Startpost an, der mir insgesamt sehr gut gefällt. Der Header hat schon mal etwas leicht Düsteres an sich, sodass der Leser sich schon allein dadurch auf eine Geschichte zu fassen machen kann, die mal nicht nach dem Prinzip "Friede, Freude, Eierkuchen" läuft. Mit dem Genre "Drama", dass du unten angeführt hast, deutet sich das ja auch bereits an. Der Titel deiner FF gefällt mir im übrigen auch. Zwar recht simpel, aber auch mysteriös und Interesse erweckend. Vielleicht finde ich auch einfach den Klang des Titels toll... Farblos... Farblos... Farblos :). Das Zitat unter dem Header ist ganz solide. Nicht sonderlich aufsehenerregend, aber er passt und verrät schon ein wenig in welche Richtung man hier gehen wird eventuell. Bei Vorwort, Warnung und Klappentext ist alles soweit in Ordnung und erzählen dem Leser erst einmal alles wichtige, ohne zu lange auszuschweifen. Charakterbeschreibungen sind auch sehr schön geworden, wobei hier noch besonders positiv anzumerken ist, dass die einzelnen Bilder in etwa die gleiche Größe haben. Das wirkt optisch einfach etwas hübscher. Mit dem Startpost bin ich also schon einmal alle Mal zufrieden, gehen wir also zum ersten Kapitel weiter. Ich hatte ja schon ein deiner anderen Fanfiction erwähnt, dass du deine Arbeit beim Beschreiben der Kämpfe echt gut machst, aber hier hast du dich noch einmal übertroffen. Ich konnte mir alles ziemlich genau vor meinen Augen ausmalen und auch einzelne Aktionen nachvollziehen. Nicht nur die Kämpfe, sondern auch die Gefühle Hopes hast du dem Leser hervorragend vermitteln können, sodass ich unsere Protagonistin schon jetzt als sehr sympathisch empfinde. Es wurden uns ja auch schon die ersten Überzeugungen ihrerseits preisgegeben, welche im Kontrast zu denen von Achromas stehen, der ja auch gleich aufgetaucht ist. Dafür dass er ziemlich versessen von seinen Forschungen war, schien er ja doch etwas von seinen Gefühlen geleitet, aber zu dem Zeitpunkt entdeckt er ja auch schon seine Gefühle für Hope, von daher geht es in Ordnung, denke ich.


    Im Fazit konnte mich das erste Kapitel überzeugen, auch wenn noch nicht sonderlich viel passiert ist. Für den Anfang reicht es auf jeden Fall mich neugierig zu machen. :)

    Hallöchen Mica,


    Aufgrund des interessanten Settings das du in deiner Fanfiction verfolgst, habe ich mal in diese rein gelesen, denn dass mal jemand den Bösewicht zur Heldin der gesamten Geschichte macht, sieht man auch nicht alle Tage. Bisher muss ich sagen, hat es mir ehrlich gut gefallen hat, auch wenn es da ein paar Kleinigkeiten für mich zu kritisieren gibt. Ich möchte mich auch gar nicht so lange an jedem einzelnen Kapitel aufhalten, sondern eher eine Zusammenfassung meines Gesamteindruckes schreiben. Beginnen wir aber doch erst einmal mit dem Startpost, den du meiner Meinung nach sehr gut hingekriegt hast. Mit dem Zitat von Shakespeare zu Anfang, kann man die Geschichte eigentlich kaum besser einleiten, da es im Grundsatz die Komplikation der Relativität zwischen Gut und Böse beschreibt, mit der du dich hier befasst. Mich persönlich hat es, als ich auf diesen Thread geklickt habe, auch erst wirklich neugierig auf Folgendes gemacht. Ansonsten ist der Startpost recht schlicht, aber auch ziemlich schick durch den insgesamt türkisen Farbton, der lustigerweise mit deinem aktuellen Avatar harmoniert.


    Bevor ich anfange über die einzelnen Kapitel zu urteilen, muss ich etwas geschehen: In Sachen Romanzen habe ich zwei kleine Fetische. Erstens: Sandkastenfreunde. Zweitens: Männliche exzentrische Charaktere wie Lance es hier ist. Man, man... Allein durch Lance hast du dir gleich einen riesigen Sympathiepunkt meinerseits für deine Fanfiction gebastelt. Ich habe wirklich etwas für Charaktere für ihn übrig, weil sie mich einfach immer irgendwie zum schmunzeln bringen können. Ich persönlich finde es aber auch etwas schwer sie innerhalb einer Romanze zu agieren zu lassen, da man die feine Grenze zwischen Humor und Ernsthaftigkeit nicht verfehlen darf, da das ganze sonst häufig ins Lächerliche gerät. Dir ist dies aber größtenteils gelungen, sodass ich bisherige Handlungsschritte Lances nachvollziehen und ernst nehmen konnte. Etwas schwieriger verhält es sich bei Rosha. Zuerst mal: Ich mag sie, keine Sorge. Nur ist sie mir manchmal etwas hohl, wenn es um Sachen Liebe geht. Dass sie selbst ihre Gefühle für Lance zu Anfang nicht realisiert, kann ich sogar irgendwo noch verstehen, schließlich hat sie beinahe nur ihre Arbeit im Kopf und sieht ihn eher als Störenfried. Dass sie jedoch seine ziemlich offensiven und auch offensichtlichen Aktionen ihr gegenüber, nicht in diese Richtung einordnen kann, kommt mir etwas fragwürdig vor. Momentan scheint sich dies allerdings zu ändern, von daher bin ich für die Zukunft guter Dinge. Rosha an sich finde ich ja, wie gesagt, eigentlich sehr sympathisch. Vor allem weil bei ihr der angesprochene Konfliktpunkt "Gut <-> Böse" offensichtlich wird, da sie ja Team Rockets Seite praktisch nur beigetreten ist, weil sie dort hineingeboren wurde und es so gewohnt war. An sich ist sie also keine böse Person und auch Lance, dem im Gegensatz zu ihr gewisse Moralvorstellungen bereits abhanden gekommen sind, kann man als Leser in erster Linie nicht als bösartig bezeichnen. Damit hast du gute Arbeit geleistet, die Charaktere mit dem Hauptkonflikt zu involvieren und diesen auch verkörpern zu lassen, sodass dieser gleich viel lebendiger wirkt. Von den einzelnen Aktionen Team Rockets die du im Einzelnen beschreibst, bin ich ehrlich gesagt nicht immer so begeistert, da sie teilweise doch stark verkindlicht und etwas halbgar wirken. Nur um ein Beispiel zu nennen: Sollten die Mitglieder es nicht gleich ganz sein lassen, ihre Uniformen auf den Missionen zu tragen, damit niemand sie sofort mit Team Rocket in Verbindung setzen kann? Im Moment scheinen sie sich selbst ja praktisch dadurch nur zu verraten, obwohl sie das Verkleiden sonst so gut beherrschen zu scheinen. Aber das mal beiseite. Was mir zum Schluss noch aufgefallen ist, dass dein gesamter Schreibstil sich über die acht bisherigen Kapitel stark verbessert hat. Der gesamte Lesefluss wirkt um einiges flüssiger und auch spielst du nun deutlich geschickter und eleganter, wenn man es so nennen möchte, mit den einzelnen Worten.


    Bisher konnte mich deine Fanfiction also durchaus gut unterhalten und ich freue mich in Zukunft auf mehr, da mir Rosha und Lance zusammen wirklich gut gefallen. Gute Arbeit bisher also. :)

    Joo! Yura meldet sich zur Stelle!


    Habe ich doch gleich mal das zweite Kapitel gelesen, als ich gesehen habe, dass du es nun fertiggestellt hat. Wie schon das erste Kapitel, hat mir das Aktuelle sehr gut gefallen, auch wenn eigentlich nur gekämpft wurde. Von daher wird der Kommentar diesmal wohl nicht ganz so lang werden. Erst einmal ist positiv anzumerken, dass du die wahrscheinlich wichtigste Regel wenn man von einem Kampf schreibt, beachtet hast. Und zwar, dass man das Geschehen bestmöglich dem Leser vermittelt und beschreibt, da in solchen Szenen häufig viele Dinge auf einmal und sehr schnell passieren, sodass man als Leser gerne einmal nicht mehr ganz mitkommt. Hier hast du diese Hürde aber sehr gut bewältigt, wodurch der Kampf sehr lebendig und vor meinen innerem Auge vorstellbar war. Es fällt auf, dass deine Kämpfe sehr stark an den Stil der Spiele angelehnt sind und das Aussehen bestimmter Attacken direkt übernimmt. Ob ich das nun gut oder schlecht finden soll, bin ich mir gerade nicht ganz sicher, aber es gibt dem Ganzen auf jeden Fall etwas Farbe und Abwechslung, weswegen ich es auch nicht kritisieren möchte. Letztendlich hängt es hier ja auch von den eigenen Vorstellungen ab, welche bei mir manchmal etwas weniger... bunt ausfallen ;). Kattlea haben wir nun auch zum ersten Mal zu Gesicht bekommen, wenn auch nicht sonderlich ausgiebig. Zu mindestens ist sie aber schon einmal so wie ich sie mir ungefähr vorgestellt habe: Eine erhabene, elegante, aber leicht arrogante Prinzessin und das ist nicht einmal negativ gemeint. Das was ich bisher von ihr gesehen habe gefällt mir sogar. Eher weniger hat mir Perenus "Gier" nach Kattleas Aufmerksamkeit gefallen. Ich weiß nicht, es wirkte hier so... als würde er wirklich nur mehr Gehalt wollen, wie Lucia schon vermutete. Außerdem fehlt es bisher ein wenig an Romantik. Wir wissen schon aus dem ersten Kapitel dass Kattlea, Perenus sehr wichtig ist. Aber wie steht es mit ihr? In dem aktuellen Kapitel schien sie ja so gut wie gar kein Gefallen in diesen zu haben, oder liege ich falsch? Da nun aber ihre Entführung stattfindet, bin ich mal guter Dinge, dass der Romantik Part in den nächsten Kapiteln noch ordentlich nachgeholt wird. :)


    Insgesamt also wieder ein interessantes und gutes Kapitel und ich freue mich schon auf das Nächste.

    Bonjour und hiermit darf ich Kapitel 3 präsentieren. Hat diesmal etwas länger gedauert, ist aber auch dementsprechend etwas länger. Danke an Snake für den vorigen Kommentar. Sonderlich viel Kritisierendes enthielt dieser zwar nicht, aber ich habe bei diesem Kapitel darauf geachtet, den vorkommenden Pokemon etwas mehr Profil zu geben. Etwas Statistenartig wirkten sie nämlich wirklich. Auf jeden Fall: Ich hoffe das dritte Kapitel kann euer Gefallen auch finden und wie immer hoffe ich auf Kommentare. :)


    Kapitel 3 – "Was manchmal in unser aller Leben fehlt, ist Ehrlichkeit."


    „Nein, du kriegst absolut gar nichts davon ab“, knurrte ich und blickte an meinem Bein herunter, wo mich Niobes Mampfaxo aufdringlich mit seinen Krallen zwickte. Der Grund für sein Tun war von Anfang an ersichtlich: Er hatte Hunger. Das hatte er immer, ohne Ausnahme. Kein Wunder also, dass er nun darum bettelte ein Stück von meinem Croissant abzuhaben, welches ich gerade herzhaft verspeiste, oder dies zu mindestens versuchte. Enttäuscht ließ Mampfaxo seine Ohren hängen und legte seinen Kopf schief. Wahrscheinlich hoffte er darauf, dass mich dieser Anblick erweichen würde, aber damit hatte Mampfaxo wohl falsch gelegen. Stattdessen wandte ich mich von ihm ab und blickte mich um. In dem schlicht eingerichtete Cafe mit den rot-weißen Sonnenschirmen, die man überflüssigerweise trotz des bewölkten Himmels aufgestellt hatte, und den dunklen Holztischen und Stühlen, befanden sich kaum andere Gäste. Nicht verwunderlich, wenn man das Wetter bedachte. Selbst bei einer Großstadt wie Vapydro City, die Touristen selbst in diesen scheinbar verlassenen Teil Einalls zog, wegen der berühmten Pokewood Studios.
    Erneut zwickte mich Mampfaxo ins Bein. Konnte es denn keinen in Ruhe lassen, sobald man etwas Essbares in der Hand hielt? Mit einem strengen Blick gab ich dem Pokemon zu deuten, dass es nichts von mir abbekommen würde. Niobe konnte er vielleicht weich kriegen, mich aber nicht.
    So als hätte er meine Gedanken gehört, stakste Mampfaxo zu seiner Besitzerin hinüber, die auf dem gegenübersitzenden Platz saß und mit einem seligen Lächeln das Fell ihres Lin-Fus kämmte. Von meiner und Mampfaxos Konfrontation schien sie dabei nichts mitbekommen zu haben, so absorbiert war sie von Lin-Fus Fell. Erst als Mampfaxo sie an der Hüfte an stupste, nahm sie von ihm Notiz und sah ihn besorgt an. Sofort setzte er seinen Welpenblick auf und ohne eine Sekunde zu zögern huschte Niobes Hand zu ihrem Teller herüber auf dem ein Sandwich lag und reichte es Mampfaxo behutsam herüber, welches es ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken verschlang. Ich war schon beinahe enttäuscht davon, dass die sonst so dominante Niobe ihren Pokemon kaum einen Wunsch abschlagen konnte. Vielleicht lag aber auch darin der Punkt, weshalb ihre Pokemon so an ihr hangen und Vertrauen in sie fassten. Ich wusste kaum etwas über Pokemonkämpfe, geschweige denn von den Wesen selbst die dort gegeneinander antraten, doch trotzdem spürte ich was für eine enge Bindung zwischen Niobe und ihren Pokemon existierte. Wie eine Symbiose arbeiteten sie zusammen im Kampf und auch außerhalb schien es so, als könnten Trainer und Pokemon nichts voneinander trennen. Ihre wahre Stärke war unglaublich und man begriff sie erst wenn man tagtäglich mit Niobe zusammen trainiert hatte. Eine Woche war inzwischen seit unserem ersten Trainingskampf vergangen und die Bindung zwischen meinem Serpifeu und mir war deutlich gestärkt worden, obwohl wir kein einziges Mal gegen sie gewinnen konnten. Erfahrung hatte es uns trotzdem gebracht, wahrscheinlich sogar mehr, als wenn wir gewonnen hätten. Niobe verstand ihr Handwerk und wusste wovon sie sprach, wenn sie mich und Serpifeu im Kampf unterrichtete. In ihren Worten lag eine Leichtigkeit und Begeisterung, die man trotz ihres monotonen Stimmtons nahezu spüren konnte und diese Begeisterung übertrug sich auf magische Weise, sodass selbst ich langsam verstand, weswegen Brave so in vernarrt in Pokemon war. Nicht völlig, aber mein stetig wachsendes Interesse in Pokemon konnte ich nicht verleugnen. Es waren faszinierende Wesen, die sich fast völlig vom Menschen unterschieden. Und trotz ihrer Andersartigkeit war es ihnen möglich mit eine solch enge Beziehung aufzubauen, wie es bei Niobe der Fall war.
    „Wie geht es… Serpifeu?“, fragte Niobe plötzlich, ihre Aufmerksamkeit inzwischen wieder auf das Fell Lin-Fus gerichtet.
    „Es ist immer noch ein wenig erschöpft, schließlich haben wir fast sechs Stunden am Stück trainiert. Ich glaube nicht, dass noch mehr geht heute.“
    Niobe nickte. „Ihr lernt schnell.“
    „Müssen wir ja schon praktisch, wenn wir bei dem Turnier übermorgen nicht als völlige Idioten dastehen wollen“, antwortete ich und lachte, obwohl die Chancen wirklich nicht schlecht stand, das ich und Serpifeu bereits in der ersten Runde rausfliegen könnten.
    „Dann beenden wir das Training für heute“, murmelte sie und tätschelte Lin-Fu sanft über dem Kopf. Es quiekte wohlig und schloss die Augen.
    „Meinst du, ich und Serpifeu haben überhaupt eine Chance zu gewinnen? Fünf Tage Training machen mein Serpifeu schließlich nicht zu einem ausgewachsenen Kämpfer. Ehrlich glaube ich nicht, dass wir sonderlich weit kommen werden.“ Mit skeptischem Blick lehnte ich mich in dem Stuhl zurück und schürzte die Lippen. Niobe richtete ihren Blick in die Höhe und auf ihrem Gesicht machte sich ein nachdenklicher Eindruck breit.
    „Gewinnen werdet ihr nicht“, sagte sie dann aber nach einer ganzen Weile.
    „Wieso möchtest du dann unbedingt, dass wir teilnehmen, wenn wir ohnehin keine Chance auf den ersten Platz haben? Geschweige denn überhaupt auf den zweiten, oder dritten.“
    „Erfahrung?“ Fragend legte Niobe den Kopf schief, wodurch ihr schneeweißes Haar von ihrer Schulter fiel.
    „Du hast selbst keine Ahnung, weshalb ich und Serpifeu als Anfänger an dem Turnier teilnehmen? Oder wieso stellst du deine Äußerung in Frage?“ Schnell schüttelte Niobe den Kopf und entgegnete mit gewohnt tonloser Stimme: „Wolltest du denn nicht selbst teilnehmen?“
    „Doch sicherlich. Nur ist es etwas ernüchternd zu wissen, dass die Erfolgschancen praktisch gleich Null sind.“ Erneut verneinte Niobe.
    „Darum geht es nicht.“
    „Worum dann? Wenn man an einem Turnier teilnimmt, strebt man eigentlich doch den Sieg an.“
    Ein leicht mitleidiger Blick machte sich auf ihrem Gesicht breit und bevor ich fragen konnte, sprang sie schon vom Stuhl auf, worauf sich Lin-Fu auf ihre Schulter schwang.
    „Das Turnier ist erst übermorgen“, murmelte sie leicht abwesend. Etwas verwirrt von ihrem plötzlichen Themawechsel, verzog ich einen Mundwinkel.
    „Wieso unternehmen wir nicht einmal zur Abwechslung mal etwas Nettes?“, schlug ich vor und stand ebenfalls auf. Mein Croissant hatte ich inzwischen essen können, wenn auch weniger genüsslich, dank einiger wütender Blicke Mampfaxos aus dem Augenwinkel.
    Schweigend nickte Niobe, schlug aber nichts vor. Nicht das ich das erwartet hätte. Letztendlich reisten wir bisher erst fünf Tage zusammen, auch wenn ihre Anwesenheit alleine schon ein Segen für mich war, was sich vor allem auf unserem Marsch nach Vapydro City gezeigt hatte. Nicht nur dass sie ein umfangreiches Wissen über das Reisen angesammelt hatte, nein es war ungemein beruhigend zu wissen eine andere Person neben sich liegen zu haben, während man in der Nacht mitten im Wald schlief. Selbst wenn man ein Zeltdach über dem Kopf hatte. An ihrer Schweigsamkeit und dem Vermeiden zu sprechen, hatte sich jedoch nicht viel geändert. Wenn wir uns unterhielten, war die meiste Zeit nur ich selbst am quasseln. Antworten war auch nicht immer ihre Stärke, weswegen unsere Konversationen häufig aus reinem Blickkontakt bestanden. Allerdings steckte mehr dahinter als nur ihre Schüchternheit, denn es war Niobe allgemein lieber nicht zu viel zu sprechen, was ich wortlos akzeptierte. Es störte mich im Grunde nicht einmal. Vertrauen schien Niobe nämlich trotz allem langsam aber sicher zu mir aufzubauen und auch eine gewisse Offenheit zeigte sich ihrerseits. Zu mindestens wurde sie munterer und zeigte mehr Emotionen, solange nur ich es war die mit ihr sprach. Trotzdem war dort eine feine Grenze dich ich, ohne auch nur einmal von ihr darauf hingewiesen zu werden, nicht zu überschreiten wagte. Wie eine unsichtbare Barriere umgab sie Niobe und ließ nichts an sie heran, oder heraus. Das konnte ich selbst ich schon nach nur fünf Tagen sagen, ja es wunderte mich sogar ein wenig, dass sie nichts dagegen hatte mit mir zusammen zu reisen. Dass sie es sogar ganz offensichtlich zu genießen schien, auch wenn alles es ursprünglich ihre Idee war.
    „Da fällt mir ein! Wir könnten die Vapydro Werke besichtigen gehen. Dort halten sich viele Pokemon auf, die sogar zahm sein sollen. Wenn wir also schon mal hier sind, wieso es nicht ausnutzen?“
    Bei dem Wort „Pokemon“ blickte Niobe zu mir herüber. Pokemon waren wohl für die Leute um mich herum immer ein Argument.
    „Ehrlich gesagt, würde ich mir gerne einen weiteren Begleiter zulegen“, fuhr ich fort. „Serpifeu hätte sicherlich auch nichts gegen einen Spielkameraden auszusetzen. Außerdem gefällt mir der Gedanke irgendwie nicht ein wildes Pokemon dazu zu zwingen mit mir zu kommen, deshalb dachte ich mir, dass ich vielleicht dort einem Pokemon begegnen könnte, das Lust dazu hat mit mir zu reisen.“ Selbst in meinen Ohren klang das ganze etwas eigenartig. So als würde ich eine Art Blind Date besuchen. Niobe schien die Idee aber trotzdem zu gefallen und nickte mit strahlenden Augen.



    Ehrlich gesagt wusste ich selbst nicht mehr ganz so genau, was ich mir von den Vapydro Werken eine halbe Stunde zuvor erwartet hatte. Hunderte fröhlich glucksende Pokemon, die auf den Geländern der riesigen Maschinen herum tänzeln würden, wie in einem Musical? Eigentlich nicht, aber ich kam mir so enttäuscht vor, als hätte ich diesem Hirngespinst tatsächlich geglaubt. Neugierig versuchte ich einen raschen Blick aus dem Augenwinkel von Niobes Reaktion zu bekommen, in der Angst ihr vielleicht etwas zu viel versprochen zu haben, aber auf ihrem Gesicht regte sich keine Miene.
    „Wo sind die Pokemon? In den Reiseführern steht überall etwas von zahmen Pokemon“, murrte ich und schaute mich um. Riesige graue und dunkelrote Lagerhäuser standen um uns herum. Ihre besten Tage hatten sie ganz offensichtlich schon hinter sich gehabt, denn die Farbe blätterte schon ab und die Luft roch etwas muffig. Verfolgte man den schmalen Pfad, der zwischen den Lagerhäusern verlief, konnte man schon Ansätze des langen, verzwickten Röhrensystems die zu den einzelnen Tanks führte, erkennen.
    „Hier“, murmelte Niobe und drehte sich in die Richtung zu der Mampfaxo neben ihr sich gewendet hatte. Seine Ohren zuckten verräterisch. Im Gegensatz zu ihren restlichen Pokemon, verbrachte Mampfaxo die meiste seiner Zeit außerhalb seines Pokeballs, da er diese laut Niobe nicht ausstehen konnte. Nur wenn längere Märsche anstanden zog er sich in seinen Pokeball zurück, da lange Strecken zu laufen ihm überhaupt nicht passten.
    „Sie verstecken sich aber. Vermutlich sind sie gar nicht so zahm, wie man es überall anpreist“, widersprach ich.
    „Nein, sie sind nur beschäftigt.“
    „Ja?“ Nun wandte auch ich mich interessiert in die Richtung, aus der ich nun langsam Geräusche vernehmen konnte. Es war eine schmale Spalte zwischen zweien der Lagerhäuser. Da kein Sonnenlicht hineinscheinen konnte, war es mir unmöglich etwas innerhalb zu sehen, aber tatsächlich. Da war etwas, kein Zweifel. Schweigend versuchten wir in die Gasse hineinzusehen, als plötzlich ein Magnetilo daraus schoss. Nur um ein Haar verfehlte das runde Pokemon mit den zwei Magneten, meinen Kopf und zischte geradewegs an mir vorbei. Erschrocken sah ich ihm für ein paar Sekunden nach, dann wendete ich meinen Kopf zur Spalte und ging zielsicher auf sie zu.
    „Ich würde mal spontan sagen, dass sie wirklich dort stecken“, entschied ich und stellte mich seitlich zum Spalt um mich hindurch zu quetschen. Wer war eigentlich auf die blöde Idee gekommen, die Lagerhäuser so nah aneinander zu bauen?
    Niobe hatte es deutlich leichter als ich ihren Weg zwischendurch zu bahnen, da sie ein ganzes Stück schmaler war als ich, was man von Mampfaxo aber keinesfalls behaupten konnte, auch wenn er es trotzdem irgendwie schaffte seinen kleinen, aber breiten Körper nach und nach voranzuschieben. Je weiter wir vorrückten, desto weniger konnten wir sehen, dank der immer stärker werdenden Dunkelheit. Selbiges galt auch für den unangenehmen Geruch, aber was hatte ich erwartet? An jeder Ecke einen Lufterfrischer? Ganz sicher nicht, weswegen ich tunlichst zusah möglichst nur mit dem Mund zu atmen, um den Geruch nicht riechen zu müssen. Der Boden unter meinen Füssen wurde zunehmend schlammiger und der Gedanke daran, wie ich heute Abend meine Schuhe säubern müsste, ließ mich erschauern. Doch die lauter werdenden Geräusche stimmten mich zuversichtlich und auch Niobe hinter mir schien sich zu freuen. Der schmale Spalt ging noch ein ganzes Stück weiter, bevor wir ein Ende ausmachen konnten. Die Geräusche hatten sich inzwischen in klar erkennbare Pokemonlaute aller Art gewandelt. Manche klangen wie Bellen, andere wie Fiepen und andere weniger wie ein Laut, als dass Geräusch das entstand, wenn man mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzte.
    Schon bald hatten wir den Ende des Pfades erreicht und schlüpften aus diesem heraus. Zuerst kam grelles Licht entgegen, worauf ich die Augen zukniff, dann die viele frische Luft, die ich gierig einatmete. Niobe die der stickigen Gasse inzwischen auch entflohen war, tat es mir gleich. Als ich mich an das Licht gewöhnt hatte, riss ich überrascht die Augen auf. Ich hatte damit gerechnet einige Pokemon vorzufinden, aber es waren nicht nur ein paar, sondern so ziemlich alle Pokemon die das Areal der Vapydro Werke bewohnten. Magnetilo, Magby, Elekid, Fukano und Dusselgurr tummelten sich auf dem Platz. Allzu viele waren das zwar auch nicht, aber immer noch genug um erstaunt zu darüber sein. Das große, quadratische Gelände war von hohem Gras überwuchert und wirkte so, als hätte man eines der riesigen Lagerhäuser einfach aus dem Gebiet gerissen. Noch erstaunlicher waren die verschiedenen Ebenen, die an den Wänden des kastenartigen Raumes hochragten und wie Treppenstufen zu den Dächern der umstehenden Lagerhäuser führten. Meine Begleiterin und ihr Pokemon schienen nicht minder überrascht, auch wenn man es Ersterer nicht wirklich ansah. Jedoch erregte nun etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Am andern Ende, auf guter Höhe, der zweiten Treppenebene, saß er. Seine Hand fest um einen Stift geschlossen, mit dem er ohne eine Sekunde auch nur abzusetzen auf einem Block herum skizzierte, seinen Blick unaufhörlich zwischen einem Pokemon und seiner Zeichnung schwenkend. Die letzte Person der ich gerade begegnen wollte. Brave. Sein dunkles, etwas unordentliches Haar wehte im Wind, während seine tiefroten Augen aufgeregt glitzerten. Kein Wunder, so viele Pokemon wie nun waren wohl noch nie in seinem Leben um ihn herum gewesen. Der Grund dafür war relativ schnell ersichtlich, sobald man sich ein wenig umschaute. Überall waren kleine Häufchen mit Pokemonfutter platziert worden, von der die Pokemon nahezu magisch angezogen wurden, was auch für Mampfaxo galt, der sich innerhalb einer Sekunde auf einen naheliegenden Haufen gestürzt hatte. Neben Brave saß mit großen Augen sein Ottaro, von dem ich bisher nur wenig gesehen hatte. Still, ohne einen Ton von sich zu geben, beobachtete es seine Hand, als gäbe es in dem Moment nichts anderes auf dieser Welt zu sehen. Brave selbst schenkte mir keine Beachtung. Wahrscheinlich hatte er mich noch nicht einmal bemerkt, dafür aber tatsächlich Niobes verfressenes, spitzohriges Normalpokemon.
    „Mampfaxo!“ Brave sprang innerhalb einer Sekunde auf und blätterte zu einer leere Seite seines Zeichenblocks. „Aber wie kann das sein?“ Erst dann nahm er Notiz von mir, die nur wenige Meter neben seinem Zielobjekt stand. Sein gerade noch so konzentriertes Gesicht, hellte sich auf.
    „Ivory?“, rief er überrascht und sah zu mir herüber. Ich zuckte zusammen und wich seinem Blick aus, um dann festzustellen wie Niobe mich aufmerksam beobachtete.
    „Ist das dein…“ Bevor sie ihren Satz beenden konnte, verpasste ich ihr einen schnellen, aber kräftigen Hieb in den Oberarm, um sie zum Schweigen zu bringen. Warnenden Blickes signalisierte ich ihr, dass sie kein Wort von denen, das sie gerade im Kopf hatte, laut aussprechen sollte. Brave war inzwischen zu uns herüber geeilt. Ottaro gleich mit.
    „Na? Hat dich deine neue Rivalität gegenüber mir so ungeduldig werden lassen, dass du es jetzt kaum abwarten kannst gegen mich zu kämpfen?“, witzelte er gewohnt gutgelaunt. Mich ließ das aber herzlich kalt.
    „Ich wusste nicht einmal dass du noch in Vapydro City bist“, gab ich kühl zurück. Braves vorher so strahlendes Gesicht, verwandelte sich innerhalb einer Sekunde in eine betroffene Grimasse. Er stemmte die Hand auf die Hüfte und legte den Kopf schief.
    „Was ist denn los? Schlecht geschlafen?“, harkte er nach. Dass der Fehler bei ihm liegen könnte, bedachte er scheinbar keine Sekunde.
    „Nein.“ Beleidigt verzog ich einen Mundwinkel. „Ich wollte dich einfach nur die nächsten fünf Jahre nicht mehr sehen.“
    „Was? Du bist wirklich sauer? Wieso denn?“
    „Denk mal scharf nach, mein Lieber.“ Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen wie Niobe aufmerksam unserer Konversation folgte.
    „Keine Chance. Wir haben uns die letzten neun Tage nicht gesehen. Du kannst gar nicht sauer auf mich sein, oder?“, er machte eine kurze Pause, „bist du immer noch sauer wegen des Dusselgurrs?“ Innerlich erlitt ich gerade einen mittelschweren Wutanfall. Wie schwer von Begriff konnte man eigentlich sein? Und dann, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und ließ meine aufgestaute Wut der letzten Tage, einfach raus.
    „ Natürlich nicht! Hast du eigentlich nur eine einzige Sekunde daran gedacht, dass es mich vielleicht verletzen könnte, dass du mich auf einmal als deine Rivalin bezeichnest? Eine Sekunde lang? Wahrscheinlich nicht, was? Nein, du bist sogar praktisch vor mir weggerannt. „Hey, Ivory. Ich überrasche dich mal wieder mit irgendeiner Aktion, also lass uns Rivalen sein. Adios!“ Ich hätte alles lieber gehört als das! Weißt du eigentlich weshalb ich in erster Linie überhaupt zugestimmt habe, diese Reise anzufangen? Hm? Hm? Wegen dir, Pfosten! Weil ich mit dir mehr Zeit verbringen wollte!“ Ich verstummte nach dieser Aussage ruckartig und auch um uns herum waren sämtliche Pokemonlaute verstummt. Der letzte Teil war mir einfach so rausgerutscht, obwohl er niemals dazu bestimmt gewesen war meine Gedankenwelt zu verlassen. Ohne mein Gesicht in einem Spiegel zu sehen, merkte ich förmlich das es gerade rot anlaufen musste. Brave starrte mich nur perplex an. Ich meinte fast schon hören zu können, wie es in seinem Kopf ratterte. Wie konnte mir so etwas auch nur heraus rutschen? Ja, es war wahr dass ich immer schon wollte das Brave meine Gefühle für ihn realisierte, aber erst wenn er auch dasselbe für mich empfand. Ansonsten würde er mir einen Korb geben und das wiederrum eventuell unsere Freundschaft zerstören, weil es mir schwer fallen würde, wieder normal mit ihm zu reden danach.
    „Wieso hast du dann nicht einfach gesagt, dass du mit mir reisen möchtest“, sagte Brave auf einmal. Seiner Mimik nach, hatte er sich wieder einigermaßen gefasst, auch wenn eine gewisse Verwirrung innerhalb nicht leugnen ließen.
    „Du hast mir ja keine Chance dazu gegeben. Warst sofort weg“, murmelte ich und starrte zu Boden. Brave seufzte.
    „Man, hätte ich gewusst, dass dich da so aufregt. Ich hätte dir zugehört.“ Etwas verwundert zog ich die Brauen zusammen. Hatte er nicht gerade etwas sehr Wichtiges vergessen? Wo war mein „Quasi Geständnis“, dass ich so offensichtlich ausgerufen hatte, abgeblieben? Hatte er etwa… Nein, das konnte doch nicht sein.
    Vorsichtig wagte ich wieder meinen Kopf etwas zu heben, um einen Blick auf Braves Gesicht zu erhaschen. Was war das? Der Ausdruck auf seinem Gesicht war alles, nur nicht dass das man besaß, wenn man kurz davor war jemanden einen Korb zu geben. Ein bitteres Lächeln durchfuhr meine Lippen. Selbst jetzt, in dieser völlig offensichtlichen Situation, hatte er nicht einmal im Ansatz daran gedacht, dass ich eventuell etwas für ihn empfinden könnte.
    Da war die Luft plötzlich raus. Alles weswegen ich gerade noch wütend gewesen war, wirkte plötzlich furchtbar unbedeutend und kleinlich auf mich. So als hätte ich von Anfang an alles nur schrecklich überdramatisiert und hochgespielt. Als wäre jede von Braves Handlungen völlig normal gewesen und ich die einzige im Kreis war die sich falsch benommen hatte. Weshalb ich plötzlich so dachte, konnte ich nicht beantworten. Nur fühlte es sich auf einmal so an als hätten Leere und Enttäuschung mein gesamtes Selbst übernommen, bereit jede Schuld auf sich zu nehmen, um Brave zu vergeben.
    „Ivory? Alles in Ordnung? Wieso antwortest du nicht?“, harkte Brave verwirrt nach und legte mir seine warme Hand auf die Schulter. Erschrocken zuckte ich zusammen, fasste mich dann aber wieder und pflückte seine Hand ruhig von meiner Schulter.
    „Schon gut. Ich habe nur überreagiert.“
    „Dafür klangst du gerade eben aber noch ziemlich aufgebracht“, bemerkte Brave. „Du brauchst dich nicht zurückhalten wenn dir noch etwas auf dem Herzen liegt.“
    Zwei Minuten früher und ich hätte ihm wahrscheinlich mein Herz ausgeschüttet auf diese Worte, aber nun da ich mich bis aufs Niederste beruhigt hatte, besaß ich nicht mehr das Bedürfnis dazu.
    „Mach dir wirklich keine Gedanken darum“, antwortete ich und versucht ein Lächeln auf meine Lippen zu zaubern. „Nebenbei. Was machst du eigentlich bei einem Platz wie diesem?“ Ein geschickter Themenwechsel war nun das einzige was noch half.
    Noch einige Momente musterte Brave mein Gesicht misstrauisch, dann zuckte er mit den Schultern und beantwortete meine Frage: „Das wozu wir beauftragt wurden. Ich habe die Pokemon hier studiert.“ Eiskalt lief es mir über den Rücken. Da hatte ich doch glatt den ursprünglichen Zweck dieser Reise vergessen, nur weil ich so verkopft ins Training von Serpifeu war.
    „Ja, genau. Wie könnte ich das je vergessen“, fügte ich mit einem unsicheren Lachen an. Skeptisch blickte mich Brave an, doch dann schien er sich plötzlich an etwas erinnert zu haben.
    „Ach ja das“, blitzschnell reckte er den Kopf in Mampfaxos Richtung, „Mampfaxo. Wie kommt es dass dieses Pokemon in der Nähe ist. Ich habe es vorher noch nie hier gesehen.“
    „Mampfaxo… gehört zu mir“, machte sich Niobe auf einmal bemerkbar. Fast schon erschrocken wendeten Brave seinen Kopf zu ihr und musterte sie von oben bis unten. Hatte er sie etwa vorher noch nicht bemerkt, trotz ihres auffälligen Äußeren?
    „Genau. Wer ist sie eigentlich? Frage ich mich schon die ganze Zeit“, wollte Brave von mir wissen. Idiotie ließ sich wohl nicht einfach so von heute auf morgen heilen.
    „Deine Ersatz. Niobe“, antwortete ich und verzog einen Mundwinkel.
    „So, so. Da bin ich mal ein paar Tage weg und schon schleppst du die interessantesten Leute an. Ungewöhnliche Haarfarbe die du da hast. Steht dir.“ Er lächelte freudig, worauf sich Niobe höflich verbeugte.
    „Danke“, murmelte sie noch, bevor Niobe schnell zu Mampfaxo herüber schlenderte, um ihn davon abzuhalten den anderen Pokemon das Futter wegzuessen.
    „Schade“, murmelte Brave mit leicht enttäuschtem Unterton in der Stimme. „Dachte schon ich hätte eine kleine Entdeckung gemacht.“
    „Sei froh. Mampfaxo hätte dir sämtliche Futtervorräte weggefressen“, spottete ich. „In den passt mehr rein, als in ein Fass ohne Boden.“
    „Trotzdem. Mampfaxo gelten auf der ganzen Welt als seltene Art. Man bekommt sie nicht häufig zu Gesicht. Die Kleine hat echt Glück ihn als Partner zu haben.“
    „So? Bist du etwa nicht zufrieden mit Ottaro?“, fragte ich neckend.
    „Du kommst auch auf Gedanken. Der Kleine da ist ein Segen für meine Reise. Mir fiel es ja schon zu Anfang auf, aber Ottaro ist wirklich die Ruhe in Person. Ist zwar still, aber auch äußerst zutraulich. Wie steht’s mit Serpifeu? Noch nicht aus der Puste?“ Ich konnte mir ein kurzes Lachen nicht verkneifen.
    „Sicher. Das Kleine ist noch ziemlich jung und deshalb sehr anhänglich. Entwickelt sich aber gut. Bin schon irgendwie richtig stolz darauf, wenn ich es so sehe.“
    „Hört sich gut an. Man sollte sich als Trainer immer selbst als ein Elternteil seiner Pokemon sehen, schließlich ist man derjenige der sie aufzieht, richtig?“
    Ich nickte. Soweit konnte ich ihm zustimmen.
    „ Nebenbei, du hast doch gerade eben gezeichnet, oder? Kannst du mir deine Zeichnungen mal zeigen?“
    Ein unsicherer Ausdruck machte sich auf Braves Gesicht breit.
    „Meinetwegen“, erwiderte er darauf nur und reichte mir etwas widerwillig seinen Block, den ich erwartungsvoll aufschlug. Was mich erwartete war alles andere als das was ich mir erwartet hatte. Braves Zeichnung waren schon gar nicht mehr als solche zu bezeichnen, denn sie ähnelten mehr meinem Gekrakel aus dem Kindergarten, als dem Pokemon dass sie darstellen sollten.
    Ich brach in schallendes Gelächter aus.
    „Was… Was ist das denn? Ein ungeschickter Magby-Raupy Hybrid? Ein Elekid mit Flosse?“ Amüsiert von dem Anblick Braves Zeichnungen, kriegte ich mich gar nicht mehr und winkte zu allem Überfluss auch noch Niobe zu uns herüber, die schnellen Schrittes, Mampfaxo im Arm, herangeeilt kam, um von Braves Skizzen eine Kostprobe zu bekommen. Lachen tat sie darauf nicht, aber ihre Mundwinkel zuckten verräterisch. Als ich kurz davor war an einem Lachkrampf zu sterben, entriss mir Brave das Skizzenbuch und steckte es peinlich gerührt weg.
    „Es war nur ein Versuch“, verteidigte er sich prompt.
    „Ein Versuch von dem du ja sehr begeistert schienst“, grinste ich. Endgültig geschlagen gegeben, seufzte Brave und hob die Hände in die Höhe.
    „Sorry. Ich habe meine kreativen Fähigkeiten überschätzt.“ Aufmunternd klopfte ich ihm auf die Schulter und auch Niobe nickte, um ihm wenigstens einen kleinen Trost zu spenden.
    „ Wie auch immer. Wieso seid ihr beiden hierhergekommen? Normalerweise schlüpft man nicht in jede x-beliebige Gasse.“
    „Mampfaxo hat sie entdeckt“, erklärte ich schulterzuckend. „Und wäre da nicht ein gewisser jemand gewesen, der alle Pokemon der Vapydro Werke mit Futter angelockt hätte, hätten wir auch nicht durch diesen miefenden Spalt gehen müssen.“
    „Also seid ihr wegen den Pokemon gekommen?“
    „Richtig. Hast du schon von dem Turnier das übermorgen in Vapydro stattfindet gehört?“
    „Ein Turnier?“ Brave legte nur fragend den Kopf schief.
    „Ja, auf jeden Fall werde ich daran teilnehmen.“
    „Ernsthaft? Da kommen mir ja fast die Tränen, dass mein Schwesterchen endlich erwachsen wird“, lachte er.
    „Lass die Witze für einen Moment, ja“, knurrte ich als Antwort, für meine offensichtliche Verbannung in die Geschwister Zone. „Ich wollte mich hier nach einem Pokemon umschauen, um genau zu sein, weißt du?“
    Verwunderung breitete sich auf Braves Angesicht aus und plötzlich begann das kleine Ottaru neben ihm zu quieken, obwohl es vorher keinen Ton von sich gegeben hatte.
    „Wirklich? Weil die Pokemon hier als zahm gelten?“, harkte er nach, mit einem nervösen Blick zu Ottaru, das inzwischen wie wild damit begonnen hatte an Braves Hosenbein zu zerren. Was hatte es denn auf einmal?
    „ Ja, so ziemlich. Allerdings weiß ich auch nicht wirklich wie ich es angehen soll.“ Mit der Hand machte ich eine fragende Geste und zuckte mit den Schultern.
    Einen Moment schien Brave in Gedanken zu schweben, dann erzählte er: „Ehrlich gesagt, habe ich vorgestern ein Fukano hier gefangen, allerdings kommen wir beide nicht wirklich gut miteinander zurecht.“
    Auf einmal spürte ich Niobes stierenden Blick auf uns beiden liegen. Dafür musste ich nicht einmal hinsehen, denn dieser war intensiver denn je. Auch Brave schien es bemerkt zu haben und zögerte kurz, bis er weiter erzählte.
    „Du hast nächsten Monat Geburtstag, richtig?“ Stumm nickte ich zur Antwort. Es rührte mich ja schon beinahe, dass er sich immerhin an meinen Geburtstag erinnerte.
    „Trifft sich gut. Dann will ich dir doch schon mal ein Geburtstagsgeschenk überreichen. Vorträglich versteht sich. Du scheinst mir ja ohnehin eher der Hundetyp zu sein. Da bleibe ich lieber bei Kleoparda.“
    Meine Augen weiteten sich ganz von automatisch.
    „Du weißt das vorträgliche Geburtstagswünsche Unglück bringen, oder“, scherzte ich dann und lächelte warm.
    „Iwo. Die Regel habe ich gerade abgeändert“, lache Brave und fügte noch hinzu: „Du warst ja noch nie so wirklich abergläubisch.“
    „Stimmt schon. Hast du es gegen seinen Willen gefangen?“, wollte ich wisse, worauf mich Brave etwas mitleidig ansah.
    „Was glaubst du wer ich bin. Würde jemand wie ich ein Pokemon dazu zwingen mit mir zu kommen?“
    „Na dann möchte ich es auch nicht dazu zwingen mit mir mitzukommen. Hol es raus.“ Auch wenn Brave mir das Pokemon anbot, wollte ich es nicht wie ein Objekt behandeln. Schon allein um meiner vorherigen Intention gerecht zu werden.
    Schleunigst setzte Brave sich in Bewegung um seine Tasche, die er auf der zweiten Treppenebene liegen gelassen hatte, herzuholen. Dabei verfolgte ihm Ottaro Schritt für Schritt. Die Bezeichnung anhänglich war schon fast etwas untertrieben. Nachdem Brave reichlich Zeit damit verschwendet hatte innerhalb seiner Tasche, ich konnte mir das Chaos innerhalb schon fast bildlich ausmalen, nach dem Pokeball des Fukanos zu suchen, kam er wieder zurück, um diesen dann, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, zu öffnen. Heraus kam ein hundeartiges Pokemon mit orangenem Fell, welches schwarze Streifen auf Rücken und Beinen zierte. Der flauschige beige Schwanz und die Mähne an Kopf und Kragen, waren wahre Hingucker, welches dem Pokemon einen rebellischen Eindruck verliehen. Eine Besonderheit fiel mir, da auf dem gesamten Areal wahrlich genug Fukano herum strolchten, trotzdem auf. Eines seiner Ohren war komplett schwarz.
    Es bellte einmal laut auf und sah sich leicht desinteressiert um.
    „Weißt du welche Pokemon man als Züchter nicht für die Züchtung weiter verwenden darf?“, meinte Brave auf einmal. Nachdenklich schüttelte ich den Kopf.
    „Pokemon wie dieses Fukano“, erwiderte er und wies auf das besagte Pokemon. „Pokemon die Farb Unregelmäßigkeiten in ihrem Fell haben. Hier ist es das Ohr, siehst du? Völlig schwarz. Bei normalen Fukano ist das nicht der Fall. Würde man ein solches Fukano also weiter züchten, würden seine Gene weitergegeben werden und es besteht der Fall, dass eines seiner Nachkommen selbige Unregelmäßigkeit aufweist, nur noch ein Stück schlimmer.“
    „Du meinst also, würde man solche Pokemon einfach weiterzüchten, würde hier zum Beispiel irgendwann ein komplett schwarzes Fukano heraus kommen?“
    „Laut Theorie ja. Das ist der Grund weswegen solche Pokemon auch häufiger in der freien Wildbahn von ihren Artgenossen ausgestoßen wird. Sie auch.“ Brave bückte sich zu dem Fukano herunter und tätschelte es über den Kopf.
    „Ein Weibchen?“
    „ Ja. Ein perfekter Fang für dich, oder?“, lachte Brave, während ihm das Fukano mit der Zunge über die Wange schleckte. Hatte Brave nicht gerade noch gesagt, dass er und das Fukano sich nicht gut verstehen würden?
    „Fukano ist mir praktisch zugelaufen, als ich angefangen habe hier die Pokemon zu studieren. Wahrscheinlich hatte sie sich gedacht, dass ich sie als Mensch beschützen könnte, weswegen sie sich die ganze Zeit hinter mir vor ihren Artgenossen versteckt hat.“
    „Dann war Fukano so etwas wie ein Mobbing Opfer?“
    „Mehr oder weniger. Eigentlich aber noch schlimmer. Es hätte sie ihr Leben kosten können auf Dauer.“ Erschrocken sah ich auf.
    „Du wolltest es mir ja nie glauben, aber Pokemon ähneln dem Menschen mehr als du denkst.“ Brave kicherte beinahe schon schadenfreudig.
    „Auf jeden Fall habe ich das Kleine hier dann gefragt, ob sie mit mir auf Reisen kommen möchte und allem Anschein nach hat sie diese Möglichkeit der vorgezogen, von ihren Kameraden massakriert zu werden.“ Ungläubig starrte ich ihn an. In der Situation hätte wohl jeder die sichere Möglichkeit von beiden vorgezogen.
    „ Was denn? Letztendlich war es wirklich ihre einzige Zuflucht, oder?“, verteidigte sich Brave. Im Grunde hatte er recht, das sah ich ein. Vielleicht war es eine Chance für Fukano mit einem Trainer zu reisen. Diese beobachtete mich nun auch schon eine ganze Weile aufmerksam, sah dann aber wieder zu Brave hoch, welcher ihr darauf zuzwinkerte. Erst rührte Fukano sich nicht vom Fleck, dann aber kam sie mit einem großen Sprung auf mich zu und wedelte freudig mit dem Schwanz. Ich konnte kaum anders als mich zu ihr herunterzubeugen und sie über das weiche Fell zu streicheln.
    „Scheint dich schon mal zu mögen“, stellte Brave lachend fest. Zustimmend nickte ich, während ich inzwischen begonnen hatte Fukano am Bauch zu kraulen, weil es sich auf den Rücken gelegt hatte.
    „Sie ist eine ganz Liebe. Keine Chance, dass ihr kein gutes Team abgebt.“ Brave machte um das Fukano fast schon Werbung, als würde ich es ihm abkaufen wollen.
    „Immer noch Fukanos Entscheidung, ob sie mit mir kommen möchte oder nicht“, bemerkte ich mit sanfter Stimme und kraulte das Pokemon liebevoll am Hals. „Also? Hast du Lust mit mir zu kommen Fukano? Ich weiß wir kennen uns so gut wie gar nicht, aber wenn du möchtest, würde ich mich freuen.“ Ehrlich gesagt hatte ich keinen blassen Schimmer, ob Fukano mich überhaupt verstanden hatte, aber ich vertraute in diesem Moment einfach auf Braves Worte, dass Pokemon dem Menschen ähnlicher waren als ich vielleicht glauben mochte. Ein Moment lagen Fukanos kastanienbraunen Augen direkt auf mir, dann bellte sie zustimmend und sprang wieder auf alle vier Pfoten.
    „Sieht ganz nach einer Zustimmung aus“, sagte Brave mit sichtlich zufriedenem Unterton, während Niobe, die die ganze Zeit über nichts gesagt hatte, sich auch zu Fukano herunterbeugte und ihr ihre Hand zum Schnüffeln hinhielt.



    Langsam verzogen sich das Grau am Himmel und die Strahlen der untergehenden Sonne, kämpften sich durch das Dickicht der Wolken. Zum Süden hin glitzerte das Meer, im Norden standen die Vapydro Werke in denen wir uns bis gerade eben noch befunden hatten. Nachdem ich mich überschwänglich bei Brave bedankt und verabschiedet hatte, verließen Niobe und Ich den Platz, was in mir eine gewisse Wehmut ausgelöst hatte. Schließlich war ich dies Mal so gesehen diejenige gewesen die weggegangen war. Ich konnte mich fast dafür ohrfeigen, zuvor so schnell aufgegeben zu haben. Hätte ich das nämlich nicht getan, wäre Niobes und meine Reisetruppe nun vielleicht um ein Mitglied gewachsen.
    „Glaubst du doch selbst nicht“, murmelte ich mir mit sarkastischen Unterton selbst zu. Brave war nämlich immer noch derselbe Hohlkopf wie zu zuvor und wenn er sich irgendwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es auch treu doof durch. Egal was andere um ihn herum sagten.
    „Bist du in Brave… verliebt?“, fragte Niobe plötzlich neben mir. Den Kopf hatte sie zu mir gewandt, sodass die Strahlen der Sonne, Schatten über ihr Gesicht warfen und ihre Augen förmlich zu Glühen brachten. Dicht an die rote Reling, der kleinen Aussichtplattform der Vapydro Werke, gelehnt, wehte uns der Wind entgegen und verlieh der Szene eine unheimliche Wirkung.
    Ich zögerte, doch Niobes tiefroten Augen fixierten mich so intensiv, dass ich es kaum zurückhalten konnte und nickte schließlich.
    „Seit etwa drei Jahren. Und manchmal würde ich ihm gerne einfach den Hals umdrehen.“ Nach dem Aussprechen des letzten Satzes musste ich lachen.
    „Und er weiß immer noch nichts von deinen Gefühlen?“
    „Nein. Er hat keinen blassen Schimmer. Ein ziemlicher unsensibler Idiot, was?“ Fast schon energisch, schüttelte Niobe darauf plötzlich den Kopf.
    „Kein Idiot“, begann sie und sah mir in die Augen.
    „Was? Natürlich ist er…“, Niobe unterbrach mich bevor ich den Satz zu Ende sprechen konnte.
    „Brave ist kein Idiot. Er hat nur noch nie in Betracht gezogen, dass du so für ihn empfinden könntest. Keine Sekunde.“ Erstaunt von Niobes Festigkeit in der Stimme, blickte ich sie perplex an.
    „Wie… Was?“, brachte ich nur heraus, denn ich verstand immer noch nicht so recht, was sie sagen wollte.
    „Wenn du möchtest, dass etwas aus euch wird, dann musst du den Stein ins Rollen bringen!“, rief sie in einem für sie ungewöhnlich lauten Tonfall. Niobes Augen funkelten mich erwartungsvoll an.
    Ich wollte gerade antworten, da tauchte, wie aus dem Nichts, eine Gestalt hinter Niobe auf und legte die Hand auf ihre Schulter. Erschrocken fuhr diese zusammen und Mampfaxo neben ihr begann bedrohlich zu knurren.
    „Dachte ich es mir doch das du es bist“, lachte die Gestalt dich ich inzwischen als einen etwa zwanzigjährigen Mann identifiziert hatte. Seine hellen, gelben Augen waren schmal und hatten etwas Schlangenartiges an sich, während seine kantiges Gesicht eher dem eines Fuchses glich. Dafür dass sein Auftauchen so plötzlich und unheimlich erfolgt war, trug er ungewöhnlich normale Kleidung. Die weiße, oben aufgeknöpfte Bluse und schlichte schwarze Jeans, waren kaum erwähnenswert, jedoch ließ mich das lange, schmale Schwert an seiner Seite erschauern. War es überhaupt legal eine Waffe dieser Größe bei sich zu tragen?
    „Inari“, flüsterte Niobe mit einem leichten Zittern in der Stimme. „Was machst du hier?“
    „Komme gerade aus Sinnoh“, antwortete die Person mit dem Namen Inari knapp. Sein Name ließ mich misstrauisch werden. Inari. Wieso kam mir der Name so bekannt vor?
    „Weit weg“, murmelte Niobe und drehte sich langsam mit dem Gesicht zu dem Mann herüber. In ihren Augen stand Panik geschrieben, was in mir ein stark mulmiges Gefühl auslöste. Da lief es mir plötzlich eiskalt über den Rücken. Natürlich! Inari war der Gott der Füchse und des Reises in der japanischen Mythologie! War der Kerl etwa mit Niobe verwandt? Wenn ja, wieso war sie dann plötzlich so angespannt, wo man sich doch im Normalfall vor einem Verwandten nicht fürchtete.
    „So ziemlich. Und ich komme mir immer vor, als würde ich dort unter eine Horde von Aktivisten tauchen. Ist nicht einfach so einen Auftrag auszuführen. Kennst du ja. Vor allem wegen diesen Galactic Anhängern. Und ich hatte schon gehofft, dass man die endlich aus der Welt geschafft hätte.“ Übertrieben ausholend streckte sich Inari und gähnte. „Bin jedes Mal erschöpft wenn ich zurückkomme. Und noch erschöpfter wenn das Zielobjekt einen so um die Nase herumführt.“ Ein bitteres Lächeln zog sich über sein Gesicht, während ich langsam dran zweifelte, dass Niobe tatsächlich mit ihm verwandt war. Dafür war der Kerl einfach zu… gesprächig. Es wirkte mehr als würde er einen Monolog halten, als mit Niobe zu sprechen.
    „Aber viel wichtiger“, plötzlich wurde aus dem Lächeln des Fremden, ein schauriges Grinsen“, du hast mich gar nicht bemerkt, oder?“ Erneut zuckte Niobe zusammen und plötzlich huschte ihre linke Hand, die sie bis eben noch an der Reling gehalten hatte, zu ihrem Rock hinunter, um etwas darunter hervorzuholen. Erst war es nur zögerliches Herumfingern, dann aber holte sie innerhalb weniger als einer Sekunde, während sie einen kurzen Satz nach hinten machte, ein kleines, schmales Messer heraus. Scharf zog ich die Luft zwischen meinen Zähnen ein und riss die Augen auf. Was war denn nun plötzlich los?
    Inari begann zu kichern.
    „Na, na. Immer mit der Ruhe Nio. Das war doch gar nicht meine Absicht.“ Statt das Messer wegzustecken, schien Niobe sogar noch etwas angriffslustiger zu werden und funkelte ihr Gegenüber nun mit den Augen eines Raubtiers an, worauf dieser nur zu seufzen wagte.
    „Man, man. Siehst du nicht, dass du deiner neuen Freundin da drüben Angst einjagst? Welcher normale Mensch holt schon vor seinen Bruder plötzlich ein Messer raus? Erwarte nicht das die kleine da hinten das versteht.“ Urplötzlich begann Niobe wieder an zu zittern und wendete für einen kurzen Moment ihren Blick zu mir, um dann noch weißer anzulaufen als sie es ohnehin schon war. Schnellstmöglich ließ sie sich vor ihrem Bruder auf die Knie fallen und legte das Messer vor sich. Selbst Inari, der sie zu diesem Handeln veranlasst hatte, sah leicht überrascht aus. Den leisen Hauch von Zufriedenheit in seinem Gesicht, konnte er dennoch nicht verbergen. Es war wahr. Niobes plötzliches Verhalten passte nicht zu ihrem gewöhnlichen Selbst und hatte mich für einen Moment wirklich eine Spur von Angst vor ihr empfinden lassen. Jedoch war diese Angst gar nichts gegenüber zu dem Ärger den ich für den Fremden, der so abfällig mit Niobe sprach, verspürte.
    „Entschuldige vielmals Bruder“, keuchte sie und wagte es nicht zu Angesprochenem aufzuschauen. Ihr soeben noch so kräftiger und lebendiger Körper, hatte sich in einen am Boden knienden, aschfahlen Leib verwandelt, der die Furcht und Verwirrung seines Besitzers nahezu auszusprühen schien. Ja verwirrt, das war der treffendste Begriff. Es wirkte beinahe so, als würde in Niobes Kopf gerade ein riesiges Chaos an Gedanken herrschen, das sie in Reih und Glied zu bringen hatte.
    „Schon gut. Sieh einfach zu, dass du lernst dich nicht immer von deinen Gefühlen treiben zu lassen, verstanden?“, erklärte Inari schulterzuckend. Am liebsten hätte ich etwas dazwischen gerufen, aber Inari, der sich als Niobes Bruder entpuppt hatte, umgab eine furchteinflößende Aura, die nicht nur Niobe, sondern auch mich gewaltig einschüchterte. Seine bloße Gegenwart fühlte sich so an, als würde eine Art unsichtbare Hand, meinen Körper zu Boden drücken und mich herunter zwingen, sodass es mir nicht möglich war auch nur einen Ton von mir zu geben.
    Mehrere Sekunden verstrichen. Ich, immer noch perplex, am anderen Ende der Reling, Niobe, ihr Gesicht zu Boden gesenkt und Inari, der desinteressiert zur tiefstehenden Sonne schaute.
    „Übrigens… Blizzach war mal wieder schrecklich kalt. Wie wir es alle kennen, weißt ja.“ Niobe rührte sich nicht.
    „Nun denn. Wird für mich auch Zeit weiterzugehen. War nett dich mal Unterwegs zu treffen Nio. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder in nächster Zeit. Tschau, tschau!“, verabschiedete er sich mit seinem gewohnt breiten Lächeln. Wie er sprach. So als wäre nichts geschehen, als hätte er nichts getan. Ich konnte nicht anders als pure Abscheu für ihn zu empfinden. Inari kehrte uns den Rücken zu und verschwand mit langen Schritten Richtung Norden.
    Noch einige Minuten verharrten die traumatisiert wirkende Niobe und Ich auf unseren Plätzen, dann wagte ich einen Schritt auf sie zu machen. Bevor ich sie jedoch erreichen konnte, stand sie langsam auf und drehte sich zu mir herum. Ihr Gesicht war starr. Starr in einer Monotonie, die selbst für sie ungewöhnlich war. An ihrer Wange verlief eine feine, schmale Schnittwunde, wie als hätte man sie mit einem Messer geschnitten. Erschrocken starrte ich auf ihrer Verletzung. Bevor Inari aufgetaucht war, hatte sie diese ganz sicherlich noch nicht gehabt. Da kam mir das Schwert, dass Inari an seiner Seite getragen hatte in den Sinn.
    „Wann hat er“, rief ich erschrocken auf und eilte auf Niobe zu.
    „Nichts.“
    „Was? Nichts mit nichts. Was war denn gerade los und wie kommt die Wunde dahin?“, harkte ich erschrocken nach und stolperte fast über meine eigenen Worte.
    „Es ist nichts. Rein gar nicht“, murmelte Niobe und sah geradewegs durch mein Gesicht hindurch. Dann drückte sie mich sanft weg und ging Richtung Norden, während Mampfaxo, der sich den Konflikt über unfassbar still verhalten hatte, besorgt zu ihr hinauf sah.
    Perplex blieb ich stehen. Was tat sie da? Versuchte sie tatsächlich so zu tun, als wäre nichts geschehen?
    „Kommst du?“, fragte Niobe, als sie bereits die Treppenstufen die zu den Vapydro Werken führten, erreicht hatte.

    Nein, ich fürchte mich nicht davor zu alt zu Pokemon zu werden. In der Regel erzähle ich auch niemanden davon, dass ich die Pokemon Spiele spiele, da dann häufig schon jetzt komisch geguckt wird. Von daher wissen nur enge Freunde meinerseits davon. Auch habe ich keine Angst davor, eines Tages plötzlich aufzustehen und zu denken: "Hm, irgendwie... habe ich keinen Bock mehr auf Pokemon". Wieso auch? Erstens, weil das vorerst wohl nicht passieren wird und von heute auf morgen schon gar nicht. Zweitens, sollte es passieren, ist es einfach so und interessiert mich in dem Moment ja auch nicht mehr. Ob man für etwas zu alt ist oder nicht, sollte man sich aber in erster Linie eigentlich keine Gedanken machen. Solange es einem Spaß macht, sehe ich eigentlich kein Problem darin auch als Erwachsener noch Pokemon zu spielen.

    Ich habe nie wirklich bei meinem Team danach geschaut, ob sie nun bestimmte Fähigkeiten haben und es eher dem Zufall überlassen, ganz nützlich sind sie trotzdem. Von daher schaue ich mir gerne an, welche Fähigkeiten meine Pokemon haben, auch wenn ich da sicherlich nicht wählerisch sind. Teilweise variieren die Fähigkeiten von Pokemon zu Pokemon einer bestimmten Art, sodass wenn mich mal zwei gefangen habe, das mit der Fähigkeit die mir besser gefällt ins Team nehme.

    Als professioneller Spieler sind sie sicherlich nicht ganz nutzlos, aber für mich als ganz normale "Dann und Wann" Spielerin haben sie eher weniger einen Zweck, sodass ich sie eigentlich nie einsetzte. Verkaufen kann man sie tatsächlich ganz gut, da man sie ja dann doch verhältnismäßig häufig findet. Wenn man dann wie ich keinen Gebrauch daran findet, einfach zum nächsten Supermarkt und schon hat man etwas Geld dafür.

    Hm... So viele sind das bei mir gar nicht, da ich nie wirklich interessiert war meine Pokemon so hoch zu leveln. Anstrengend und etwas zeitraubend ist es auch, wenn man daran keinen Spass hat. Aber immerhin habe ich es geschafft um die 6 Pokemon in meiner Platin Edition auf Lvl. 100 zu trainieren. Eigenartigerweise kommt mir gerade aber nur mein Dragoran in den Sinn, bei dem ich dies geschafft habe, weil es auch mein Erstes war.