Phishton Live! Ein Fisch auf Abwegen
Phishton Kutcher war
der angesehenste Bewohner der glamourösen Metropole Funky Town.
Überall kannte man ihn als Stilikone, der mit luxuriösen Outfits
alle Augen auf sich zieht und den Damen den Kopf verdreht. Er stand
auf der VIP Liste der besten Clubs der Stadt, war mit verschiedenen
CEOs bekannter Firmen und Marken befreundet, aß in den besten
Restaurants. Phishton liebte die Aufmerksamkeit die er bekam. Er
lebte den Luxus und die Fans. Aber warum war Phishton so beliebt?
Naja, er war ein Fisch. Ein Fisch in einer Stadt, nur von Menschen
bewohnt. Neugierige aus aller Welt kamen extra nach Funky Town, um
einen Blick auf ihn zu erhaschen. Auf Social Media war er bereits
unglaublich bekannt, er veröffentlichte regelmäßig kurze Videos,
in denen er tanzt oder Sketche aufnahm (Mit Untertiteln, denn niemand
verstand sein Geblubber).
Eines Tages
entdeckte Roland Schmoland einen seiner Clips. Roland Schmoland war
ein berühmter Regisseur und TV-Produzent. Er war sofort Hin und Weg
von Phishton und wusste, dass er ihn für seine nächste Produktion
braucht. Roland nahm sofort Kontakt zu Phishton auf, er fragte sich
zwar, wie er E-Mails schreibt, so mit Flossen, aber er konnte ja auch
Videos machen, vielleicht half ihm jemand dabei. Schon eine Woche
später saß Roland im Flugzeug nach Funky Town um Phishton
kennenzulernen. Die beiden haben sich in einem teuren veganen
Restaurant verabredet, da Phishton als Fisch den Gedanken verabscheut
Tiere zu essen.
„So, Herr Kutcher,
es freut mich, Sie endlich persönlich kennenzulernen! Ich stelle
mich noch einmal bei Ihnen vor. Ich bin Roland Schmoland und immer
auf der Suche nach Ausnahmetalenten wie Ihnen! Sagen Sie, Herr
Kutcher, haben Sie schon einmal darüber nachgedacht auch im
Fernsehen aufzutreten? Ich weiß, heutzutage sind Soziale Medien das
Unterhaltungsmedium schlechthin, aber im TV können Sie nochmal eine
viel größere Zielgruppe erreichen. Ich sehe es schon vor mir,
Phishton Kutcher, das neue Sternchen am Reality TV Himmel!“ Roland
strahlte vor Begeisterung und fuchtelte mit den Händen. Phishton
neigte den Kopf etwas zur Seite und sah ihn an. Dieser Mann sah sehr
lustig aus, wie das Monopoly Männchen, nur etwas dicker. Sein
Zylinder passte gerade so auf seinen Kopf und sein weißes Hemd war
vielleicht etwas zu klein. Aber er wirkte sehr sympathisch auf
Phishton. Der Fischkopf holte ein Gerät aus seiner Anzugtasche,
einen kleinen Kasten, der ähnlich aussah wie ein Smartphone. Hastig
tippte er, so gut es ging, mit seinen grünen Flossen etwas ein.
Roland blickte ihn verwirrt an und fragte was das sollte, bis er es
verstand. Das war Phishtons Übersetzer. Er legte das Gerät auf den
Tisch und eine mechanische Stimme erklang: „Es freut mich Sie
kennenzulernen, Herr Schmoland! Ich muss sagen, ich bin sehr
geschmeichelt von Ihnen. Ich habe schon viel gutes über Sie und Ihre
Arbeit gehört und es wäre mir eine Ehre mit Ihnen zu Arbeiten. Was
haben Sie sich vorgestellt?“ Phishton glotze mit dem gleichen
fischigen Ausdruck wie immer in Rolands Gesicht. Innerlich war er
sehr aufgeregt, aber er konnte keine Emotionen zeigen. „Wie schön,
dass Sie fragen!“ Roland nahm einen Schluck Rotwein und fuhr fort:
„Herr Kutcher, ich hatte die Idee, Ihr Leben als Fisch unter
Menschen mit der Kamera zu begleiten. Das ist ja doch schon
ungewöhnlich genug, um viele Zuschauer zu begeistern! Natürlich
springen für Sie auch einige Vorteile raus. Nicht nur der Erfolg und
das Geld, nein, Sie können Ihre Geschichte erzählen und die
Menschen auf Individuen wie Sie aufmerksam machen! Sie können die
große Fläche auch nutzen um auf ihre Fischfreunde im Wasser
hinzuweisen, denen es nicht immer so gut geht wie Ihnen!“ Phishton
gefiel die Idee sehr und kurzerflosse stimmte er zu. Freudig holte
Roland den vorbereiteten Vertrag aus seiner Tasche und ließ Phishton
unterschreiben. Die beiden ließen den Abend gemütlich Ausklingen
und fantasierten bereits über den großen Erfolg und Phistons Leben
als Star.
Ein paar Wochen
später war es dann soweit. Schmolands TV-Crew und er machten sich
auf den Weg nach Funky Town, um ein paar Monate an Phishton Kutchers
Seite zu filmen. Die ersten Drehtage liefen sehr gut, das Team und
Kutcher verstanden sich super und sie hatten viel Spaß zusammen. Nur
kam irgendwann Phishtons eigenwillige Art in die Quere. Er hielt sich
immer weniger an Drehpläne und Zeiten, oft wollte er zu unsäglichen
Zeiten drehen, wie früh morgens oder nachts, als die Crew eigentlich
schon Feierabend hatte. Oft wartete das Team ewig auf ihn, während
er Wasserpausen machte, in einem für ihn bereitgestellten Wassertank
und, wie er es nannte, „die Kiemen lockerte“.
Trotz dieser
Schwierigkeiten wurden die ersten Folgen von "Phishton Live: Ein
Fisch im Großstadt-Dschungel" abgedreht und ausgestrahlt. Und
wie nicht anders erwartet, wurden sie ein voller Erfolg! Die ganze
Welt saß abends gespannt vor dem Fernseher um den neuen Liebling bei
seinen Abenteuern zu begleiten. Die Episoden waren simpel und zeigten
Phishton in alltäglichen Situationen. In der Folge „Phishtons
Friseur-Tag“ beschloss er, dass er einen neuen Look brauchte. Mit
der TV Crew ging es zu einem angesagten Friseursalon und er war
begeistert von den vielen Fotos an der Wand und den Magazinen die
auslagen. „Sorgt dafür, dass meine fischigen Schuppen noch mehr
glänzen als sonst!“, ließ er sein Gerät vorlesen. Die Friseure
waren ratlos, was sie mit Phishton anstellen sollten, wollten den
berühmten Kunden aber auch nicht enttäuschen. Sie baten ihn Platz
zu nehmen und begannen mit einer Kopfmassage, die er sehr genoss. Im
Augenwinkel erblickte Phishton eine Liste mit Angeboten, unter
anderem eine Fischmaske. Begeistert blubberte er los und zeigte auf
die Maske. „Herr Kutcher, diese Maske ist…“, der Friseur
zögerte. Sollte er Phishton sagen, dass die Maske nicht für Fische
gemacht, sondern AUS Fischen gemacht ist? Phishton ließ sich nicht
abbringen, sie auszuprobieren und der Friseur beschloss, ihm das
Geheimnis der Maske nicht zu verraten. Mit einem etwas schlechten
Gewissen trug er sie auf Phishtons Schuppen auf und massierte sie
ein. Zum Glück hatte er keinen Geruchssinn, sonst hätte er schon
längst seine toten Artgenossen auf ihm vernommen. Entspannt lehnte
er sich im Stuhl zurück und schaute sich ein Glamourmagazin an, in
dem viele Stars ihre Looks präsentierten. So cool wollte er auch
aussehen! Nachdem die Maske 15 Minuten einwirkte, wuschen die
Friseure Phishtons Kopf und Gesicht und trugen ihm noch eine
spezielle Algencreme auf. Phishton blickte fischig in den Spiegel.
Man sah es ihm nicht an, aber er liebte es, wie seine Schuppen
glänzten und wie weich sie waren. Fröhlich blubberte er vor sich
hin und verabschiedete sich von den Friseuren. Nach Ausstrahlung der
Folge, überrannten Fans der Serie den Laden und verlangten alle die
spezielle „Phishton-Behandlung“.
Inspiriert von den
Looks in den Magazinen, spielte die nächste Episode in einem großen
Einkaufszentrum, denn Phishton wollte sich neu einkleiden. Gespannt
sah er sich in den teuren Läden um, probierte verschiedene Outfits
an, alle bunt, schrill und glitzernd wie er es liebte. Irgendwann
landete er in der Schmuckabteilung und war begeistert von den vielen
Klunkern. Er hing sich Halsketten um und setzte sich eine
Sonnenbrille aus, die ihn aussehen ließ, wie Fisch-Elvis. Stolz
posierte er für die Kamera und die Untertitel zeigten Kommentare an
wie: „Mehr Glitzer für Schuppen“, oder „Fischige Superlooks“.
Die Bilder gingen um die Welt und Phishton wurde ein virales Meme,
die Fans liebten seine coole, gelassene Art.
Seine Fangemeinde
war allgemein sehr besessen von ihm, Kinder bezeichneten ihn, als den
„coolsten Fisch der Welt“ und für Erwachsene war er eine
unglaubliche Inspiration. Roland Schmoland war unglaublich stolz auf
seinen Star und schlug eine Meet-and-Greet Episode vor. Als der Tag
gekommen war, es war erst vormittags, war Funky Town überfüllt von
Phishton Kutcher Fans, die die ganze Stadt lahm legten. Auf den
Straßen staute es sich wie verrückt und die Hotels waren überfüllt.
Aus aller Welt kamen Menschen um ihr großes Idol zu treffen.
Phishton genoss diese Aufmerksamkeit sehr und er war gerührt von dem
Trubel um ihm. An einem Autogrammstand konnten die Fans Fotos machen
und Phishton signierte alles mögliche, sogar Haustierfische, die die
Leute extra mit zu ihm nahmen. Nach einem langen und anstrengenden
Drehtag fiel Phishton erschöpft aber glücklich ins Bett. Er hatte
es also geschafft ein großer Star zu werden. Er liebte sein neues
Leben, aber hatte Angst, dass irgendwann die unbequeme Wahrheit über
ihn herauskommt. Gespannt auf einen weiteren Tag schlief er friedlich
ein.
„Phishton, wie
schaffst du es so entspannt zu sein, kannst uns Tipps für mehr
Fischigkeit im Alltag geben?“ Phishton war heute bei einer
bekannten Interviewsendung zu Gast, welche von keinem geringeren
moderiert wurde, als Steve Harvey höchstpersönlich. Der bekannte
Moderator und Entertainer fühlte sich geehrt, der erste überhaupt
zu sein, der Phishton in seiner Show begrüßen darf. Phishton
glotzte Harvey fischig an, irgendwo hatte er ihn schon mal gesehen.
War das nicht dieser Mr. Potatohead aus Toy Story? Er holte seinen
Übersetzer raus und blubberte in das Gerät. „Wissen Sie, ich
finde es wichtig immer mit dem Strom zu schwimmen als Fisch, außerdem
kann ein regelmäßiger Blubber-Plausch nicht schaden um immer auf
dem neuesten Stand zu bleiben. Ich sage immer, etwas Blubbern am
Morgen vertreibt Kummer und Sorgen!“ Das Publikum und Steve waren
begeistert. So inspirierende und emotionale Worte hatten sie von
einem Fisch nicht erwartet, aber das zeigte mal wieder, dass Phishton
eine wahre Ikone war. Nach der Show begannen die Menschen überall
Flossenarmbänder zu tragen, als Inspiration, immer entspannt und
fischig zu sein.
Aber Phishtons
Erfolg hatte auch Schattenseiten, Nicht jeder gönnte ihm den Erfolg
und es kam dazu, dass sich viele bekannte Influencer äußerten, dass
Phishtons Show nur Quatsch ist und er keine Ahnung hat, wie die Welt
der Menschen wirklich funktioniert. Er sah das allerdings wie immer
mit fischiger Gelassenheit und hielt eine spontane Rede darüber, wie
wichtig es ist, immer sein Ding durchzuziehen und über das Recht
eines jeden Fisches, einfach zu blubbern. Das machte Phishton bei den
Fans nur noch angesehener und sie feierten ihn als sympathischen
Freigeist.
Nach vielen
Episoden, erlebten Abenteuern und neuen Freunden, war es Zeit für
das große Staffelfinale. Das würde ein sehr emotionaler Moment für
Phishton und die Crew werden, die viele Monate Seite an Seite
gearbeitet und eine enge Bindung zueinander aufgebaut haben. Phishton
reflektierte blubbernd in einem spannenden Monolog seine Reise als
Reality-Star und seine Erfahrungen in der Menschenwelt. Er sprach
darüber, wie wichtig ihm seine Freiheit im Wasser war und er seine
Flossen in andere Richtungen ausstrecken musste. Mit einer großen
Party endet die Episode und Phishton wird von seinen Fans, der Crew
und allen voran Roland Schmoland geehrt und gefeiert. Zum Schluss
blickt Phishton fischig in die Kamera und blubbert ein paar letzte
Worte, die mit „Lebt wie Fische im Wasser der Freiheit“ übersetzt
werden.
Alle sind noch
ausgelassen am Feiern, als jemandem plötzlich etwas auffällt.
Gustl, ein Mitglied der Filmcrew, welcher gebürtig aus Bayern
stammt, hörte genauer hin. Phishtons Geblubber kam ihm irgendwie
bekannt vor. Er wandte sich zu ihm und fragte im Dialekt: „Sog
amal, redst du a wirklich ned?“ Phishton ist geschockt. Wie konnte
er nur? Leise murmelt er: „Ja freilich, aber I hob mi hoid
g’schamd.“ Alle sind fassungslos.
Ertappt und peinlich
berührt, gesteht Phishton, dass er schon immer Sprechen konnte, aber
nur auf Bayerisch. Er hatte Angst, dass ihn die Menschen nicht
verstehen, oder nicht ernst nehmen würden. Nach einem Moment der
Stille musste die Crew laut anfangen zu lachen. Nach einem kurzen
Moment des Schams entspannt sich Phishton und traut sich nun endlich
frei zu sprechen, so wie ihm der Mund gewachsen ist, in zünftigen
Dialekt. Er hatte ein unglaubliches Talent für trockenen,
bayerischen Humor und haute einen Spruch nach dem anderen raus.
In der letzten Szene
wird gezeigt wie Phishton fröhlich „Pfiats eich!“ in die Kamera
ruft und mit seinen Flossen winkt. Die Episode endet mit einer
Collage seiner besten Momente und einem Soundtrack, der wie
bayerische Volksmusik klingt, während das Publikum endlich den
echten Phishton Kutcher kennenlernen durfte.