Als Cora das Zimmer von Amber verließ, spürte sie, wie sich auch in ihr Müdigkeit breitmachte. Die junge Frau unterdrückte ein Gähnen. Sie hätte sich auf jeden Fall gerne schon zur Ruhe gelegt. Aber da warteten noch ein paar Kleinigkeiten, die erledigt werden wollten, bevor sie sich ins Bett verkriechen konnte. Und so ging Cora wieder die Treppe hinunter ins Erdgeschoss.
Ihre erste Anlaufstation waren die PCs. Während der Computer hochfuhr, ließ sich die Siebzehnjährige auf dem Stuhl davor nieder und begann schon zu überlegen, was sie schreiben würde.
Ich muss auf jeden Fall klarstellen, dass alles ok ist.
Das war ja keine Lüge. Am besten, ich erwähne nicht zu viele Details. Noch während sie im Kopf die ersten Sätze formte, loggte sie sich in das Email-Programm ein. Doch dann lenkte etwas anderes die Aufmerksamkeit der reisenden Trainerin auf sich:
Posteingang (1)
Seit wann hatte sie neue Nachrichten? Cora fokussierte ihren Blick auf die Liste ihrer Mails. Ganz oben entdeckte sie sofort eine fett markierte Zeile.
Von Ilona? Ok, das kommt doch etwas überraschend. Neugierig geworden öffnete sie die Nachricht. Ihre Augen flogen über den Text.
Hi Cora!
Naa, lange nichts voneinander gehört, was?
Ganz bald ist ja wieder mal Hoenn-Liga und das werde ich mir natürlich nicht entgehen lassen!
Bist du vielleicht auch mit dabei? Oder zumindest im Lande? Dann könnten wir uns mal wieder sehen, fänd ich toll!
Sonst würde ich mich auch einfach freuen, von dir zu hören. Wie geht's dir so und was machst du grade?
Ich bin zurzeit noch ein wenig in Hoenn unterwegs, bevor es dann nach Prachtpolis geht. Hab übrigens auch Eric getroffen.
Die Welt ist halt mal wieder ein Dorf, was? ^^ Mal sehen, ob er es noch schafft, sich bis zur Liga zu qualifizieren.
Bin jedenfalls gespannt, was du mir so schreibst! Bis dahin und bye! <3
Ilona
Cora schmunzelte und schüttelte den Kopf. Natürlich. Eigentlich war es nicht überraschend, dass diese Frau einfach überall auftauchte. Ilona war ständig am Reisen, Artikelschreiben und Bloggen. Das hatte sich also nicht geändert - warum auch? Es war auf jeden Fall ein verlockender Gedanke, sie mal wieder zu treffen. Die Frage war, ob das so einfach werden würde. Andererseits hatte Ilona für die meisten Probleme schnell eine Lösung parat. Wie auch immer, sie würde darüber nachdenken. Doch nicht jetzt. Cora schloss das Fenster und klickte auf den Button mit der Aufschrift "Neue Nachricht". Rasch tippte sie die Sätze an ihren Vater, änderte hier und da nochmal etwas ab, las das Ganze zwei weitere Male durch und schickte ihr Werk schließlich ab.
"Puh", seufzte die junge Frau. Eine Sache geschafft. Für einen kurzen Moment blieb Cora im Stuhl sitzen. Dann raffte sie sich auf, meldete sich ab und schaltete den Computer aus. Noch bevor der vertraute Klang verkündete, dass das System heruntergefahren war, hatte sich die Siebzehnjährige schon auf den Weg nach draußen gemacht.
Mittlerweile war es recht dunkel geworden. Von der Stadt tönten nur noch recht wenig Geräusche herüber. Viel mehr als der leichte Wind und das Rauschen der Wellen drang nicht an Coras Ohr, als sie ins Freie trat. Die Außenbeleuchtung des Centers schickte ein wenig Helligkeit in die Düsternis und doch schien es als machte das eher blind für alles, was sich außerhalb des Lichtkegels abspielte. Nicht, dass da viel gewesen wäre. Zumindest nichts, was man gehört hätte.
Die rothaarige Trainerin rief ein weiteres Mal ihre Partner aus deren Pokébällen. Mit einem fröhlichen "Hoothoot" materialisierte sich Hora und sah - anfangs kurz geblendet - neugierig umher. Syra streckte sich kurz und verschwand bald in den Schatten. Das Eulenpokémon hüpfte ihr hinterher, blieb jedoch in der Nähe. Rafi gähnte herzhaft. Er war nicht ganz so bewegungshungrig, aber sein Körpersystem war ja auch eher auf Tagaktivität ausgelegt. Und daher ging es ihm vermutlich ähnlich wie seiner Trainerin. Seine Sinne waren nicht für die Dunkelheit gemacht. Während die anderen beiden Teammitglieder die Umgebung unsicher machten, trottete Rafi zur Bank, ließ sich dort nieder und sah Cora erwartungsvoll an. Sie folgte seiner Einladung, setzte sich und hob ihn zu sich hoch. Das Bisasam kuschelte sich an die junge Frau und schloss die Augen. Sie streichelte ihm liebevoll den Kopf.
"Ach Mann. Was für ein Tag, hm?", seufzte Cora. Wenn ich mich jetzt nur wirklich entspannen könnte. Aber irgendwie konnte sie es nicht. Die junge Frau war müde, doch ihr Inneres ruhte definitiv noch nicht. Ihre Gedanken drifteten ständig zurück zu den letzten Ereignissen. Und obwohl sie versuchte sich davon abzuschotten und innerlich zu ihren eigenen Plänen überzugehen, blieb sie aufgewühlt. Ihr Blick glitt hinüber zu Hora und Syra, die sich gerade aus dem Dickicht nahe des Pokémoncenters schälten. Cora musste unwillkürlich an die Worte von Schwester Joy denken. Augen und Ohren überall. Sie fröstelte.
"Bisa?" Rafi hob den Kopf. Er schien die Irritation seiner Trainerin zu spüren.
"Alles gut", beschwichtigte sie ihn. "Ich bin nur geschafft von dieser Odyssee heute." Die Siebzehnjährige bemühte sich, ihre Anspannung herunterzuspielen. Zum Glück hatte ihr Hoothoot gerade genau das richtige Timing. Mit einem gut gelaunten Fiepen kam es ins Licht gehopst, eine hübsche Blüte im Schnabel. Hinter ihm schlenderte Syra herbei, die ebenfalls ein paar Blumen trug.
"Wow, ihr zwei! Die sind ja hübsch!"
Der Senator hielt Cora sein Mitbringsel hin, Freude und Stolz in der Miene. Als sie es angenommen hatte, nickte Hora mit dem Kopf in Richtung der Büsche, aus der sie gekommen waren. Dann zwitscherte er noch einmal und reckte die Brust vor. Syra grinste nur und stopfte sowohl ihm als auch Rafi eine der Blüten hinters Ohr. Dafür knuffte die kleine Eule sie in die Seite. Coras Miene hatte sich wieder aufgehellt. Diese kleine Gruppe war ihr Halt. Es war schon erstaunlich, wie schnell sie alle zusammengewachsen waren. Dabei waren sie noch gar nicht so lange miteinander unterwegs.
Aber wir sind ja auch jeden Tag zusammen, dachte die junge Trainerin. Das macht viel aus. Rafi gähnte noch einmal und Cora tat es ihm gleich. Sie erhob sich von der Bank und hockte sich zu den anderen beiden Pokémon.
"Sagt mal, die Blumen sind so hübsch. Soll ich vielleicht mal Schwester Joy fragen, ob sie ne Vase hat?"
Syra zuckte mit den Achseln, doch Hora nickte bestimmt. Er untermalte das mit einem enthuasischen "Hoothoot!".
"Bisa-sa-haaaam", gähnte Rafi und hüpfte von der Bank herunter. Dabei fiel seine Blume zu Boden. Flink ließ er eine Ranke herbeigleiten, hob sie auf und roch daran. Genussvoll sog das kleine Pflanzenpokémon den Duft der Blüte ein und reichte sie dann ebenfalls seiner Trainerin.
"Ich bin sicher, die werden uns noch eine Weile erfreuen. Na dann, kommt mal wieder zurück." Ein roter Schimmer kündete noch von den drei Pokémon, dann verblasste selbst diese Ahnung von ihnen und Cora stand allein vor dem Center. Für einen kurzen Moment kehrte das Unbehagen zurück. Die junge Frau warf drehte sich noch einmal um. Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie das Gefühl selbst abschütteln, steckte die Pokébälle weg und trat ein. Ob Schwester Joy noch auf den Beinen war? Im Vierundzwanzigstundentakt konnte sie ja auch nicht arbeiten. Andererseits war es noch nicht mitten in der Nacht. So schritt Cora durch den Flur, öffnete die Tür zur Eingangshalle und schob sich hinein. Das Foyer war mittlerweile menschenleer und still. Es war ein bisschen komisch, hinter den Tresen zu treten und vor der Tür zu Joys Räumen zu stehen. Diesen Bereich betrat man sonst ja nicht. Nichtsdestotrotz hob die junge Trainerin die Hand und klopfte an.
Joy atmete tief ein aus, während sie mit legerer rosafarben Freizeitklamotten bekleidet, sich in ihren teuren Massagesessel hineinkuschelte. Welch eine Wohltat. Endlich die Füße hochlegen und nichts tun. Sie freute sich immer wenn sie dem nachgeben konnte. Neben ihr stand auf einem kleinen Tischchen und ein Gerät dass mehrere Bilder von den Innenräume und den unmittelbaren Außenumgebungen zeigte. Mit Zoomfunktion. Die Auflösung war nicht sehr scharf, aber es genügte dass sie alles schön im Blick hatte. Sie hatte es für Notfälle einbauen lassen. So sah sie wenn ihre Patienten Probleme hatten oder ähnliches passierte, was Arceus verhüten möge. Natürlich kamen auch die Chaneiras zu ihr falls was uneinsehbares passieren würde. Das Gerät besaß zudem noch eine Fernsprecheinrichtung, doch nie nutzte sie seltener. Auf dem Tischchen befanden sich eine Kanne mit Sananabeerentee und eine Tasse. Dann lag noch ein dicker Schmöcker daneben. Das Lesezeichen befand sich direkt am Anfang, da sie nicht wirklich dazu kommt, intensiv zu lesen. Die Schwester griff gerade nach ihrer Tasse und nahm einen Schluck, als sie das Klopfen an ihrer Tür bemerkte. Sie seufzte innerlich. Warum konnte sie nie Feierabend haben? Die jungen Leute sollen doch schlafen, besonders um diese Uhrzeit. Wehe es war nicht wichtig. Langsam setzte sie sich auf, griff nach ihrem flauschigen rosafarbenen Morgenmantel, schlüpfte in ihre gleichfarbigen Pantoffeln. Sie setzte ein höfliches Lächeln auf. Ob sie es wollte oder auch nicht, aber sie konnte nichts verweigern. Zumindest sollte sie an hören was die junge Frau von ihr wollte. Ja sie hatte sie zuvor auf dem Monitor gesehen. Joy öffnete die Tür und fragte als sie sie sah: " Kann ich dir helfen? Ist irgendwas nicht in Ordnung ?"
Schwester Joy war bereits in einen Morgenmantel gehüllt, was Cora sofort sagte, dass sie die Angelegenheit schnell hinter sich bringen wollte.
"Entschuldigen Sie, dass ich so spät noch störe. Ich will Sie auch gar nicht lange beanspruchen", erklärte sie. "Aber Sie haben nicht zufällig eine ... äh .. Vase?"
Cora versuchte sich an einem entschuldigenden Lächeln und hielt die exotischen Schönheiten hoch, die Hora und Syra gepflückt hatten.
Joy musterte erst die junge Frau dann hörte sie zu was sie wollte. Ein versöhnliches lächeln glitt über ihre Lippen. Sie antwortete: " Warte kurz, ich müsste noch seine Vase für die Blumen irgendwo herumstehen haben. Möchtest du kurz mit reinkommen und warten? Ist bestimmt angenehmer als draußen zu warten." Sie hielt die Tür offen damit das Mädchen ihr folgen konnte. Normalerweise lud sie nur selten andere in ihre privaten Räumlichkeiten ein. Joy drehte sich um und hantierte in den vollen Wandregalen herum. In denen fanden sich viele Bücher, Bilder, Muscheln und diverse Gegenstände wieder. Sie fand auf Anhieb eine große Vase, die verziert war mit schönen Zeichnungen. Joy drehte sich zu ihr um und sagte: " Hier die müsste passen. Aber das war noch nicht alles nicht wahr? Hast du irgendwelche Sorgen? Braucht ihr Hilfe? Du kannst mir alles erzählen." Sie sah sie ernst an. Joy hatte das Gefühl dass ihr etwas auf der Seele lag.
Cora folgte Schwester Joys Einladung eher zögerlich. Schließlich handelte es sich hier um deren Privaträume. Die junge Rothaarige wusste nicht viel mit sich anzufangen, doch Joy brauchte glücklicherweise auch nicht lange, bis sie eine Vase gefunden hatte.
Cora betrachtete das schmucke Exemplar und bedankte sich:
"Die ist wirklich wunderschön, vielen Dank!"
Der forschende Blick, den die Pokémonkrankenschwester aber kurz darauf aufsetzte, gefiel Cora allerdings gar nicht. Natürlich war die momentane Situation nicht ganz einfach. Aber das sollte sie vielleicht alleine klären. Die junge Frau wollte sich Joy nicht unbedingt offenbaren und so versuchte sie es zunächst ein wenig ausweichend:
"Naja.. Äh... Das ist eigentlich keine große Sache und ich möchte nun wirklich nicht weiter ihre Freizeit stehlen."
Joy freute sich dass der jungen Frau die Vase so gut gefiel. Diese war auch wirklich gut geraten. Dann nachdem Joy sie angesprochen hatte ob sie Probleme hatte oder Hilfe bräuchte, denn ihr kam es so vor als läge der jungen Frau was auf der Seele, verneinte diese dies größtenteils. Sie meinte dass es keine große Sache wäre und sie wolle nicht ihre Freizeit stehlen.
Joy´s ernster Blick wurde danach weich und ein wohlwollendes Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie erwiderte: " Danke für deine Rücksichtnahme, aber glaube mir das macht mir nicht viel aus. Wie kann ich meine Freizeit genießen wenn jemand meine Hilfe braucht? Egal ob es sich um ein Mensch oder ein Pokémon handelt. Jeder braucht irgendjemand der für einen sorgt, sich kümmert oder auch nur mit einem redet. Ich erzähle es keinem weiter, wenn du mir was berichten willst. Du wirst dich besser fühlen. Aber es ist nur ein Angebot und es ist deine Sache ob du es annehmen willst oder nicht. Zwingen werde ich dich nicht. Du bist schließlich eine heranwachsende junge Frau und du hast das Recht fast alles zu tun was du möchtest."
Schwester Joy machte es einem wirklich nicht leicht. Konnte sie nicht einfach so etwas sagen wie "Ja, ok. Dann gute Nacht"? Gleichzeitig drängte sie Cora zu nichts. Die junge Frau konnte nicht anders, als die Pokémonkrankenschwester schon allein für den letzten Satz zu mögen und zu achten. Was nun? Sollte sie vielleicht doch mit ihr sprechen? Wenn sie so darüber nachdachte, war es wahrscheinlich ganz gut, sich den Tag einfach von der Seele zu reden. Und dieser Frau vertraute Cora. Sie wusste einfach, dass Schwester Joy die richtige Person war, um über vieles zu reden.
"Danke, das bedeutet mir viel", begann sie. "Naja, warum eigentlich nicht? Ich bin noch ziemlich geschafft von dem Tag. Sie kennen ja die Geschichte unserer Anreise. Das alleine hätte mir schon gereicht, aber es ist natürlich leider noch komplizierter. Die Gruppe scheint in ernste Schwierigkeiten verwickelt zu sein."
Cora sah Schwester Joy ernst an.
"Sie sagten ja, dass wir vorsichtig sein müssten, wem wir etwas anvertrauen und Sarah hatte mir von den Problemen mit der Polizei erzählt. Aber da ist irgendeine Verbrechergruppe im Spiel und die scheinen vor nichts zurückzuschrecken. Wenn Sie irgendwas wissen, was hilfreich wäre..." Sie unterbrach sich.
"Nein ... Das müsste dann sowieso Sarah erfahren. Verstehen Sie, Schwester Joy. Ich kann da nicht mit. Ich belüge meinen Vater, damit er sich keine Sorgen macht und ich wüsste nicht mal wie - ..."
Die junge Frau seufzte auf und fuhr sich durch das rote Haar.
"Ich weiß einfach nicht, wohin ich gehen soll", stellte sie tonlos fest.
Es fiel der jungen Frau nicht leicht sich zu öffnen, aber das verständlich, denn Joy war trotz allem eine Fremde. Ihr Anliegen schien die Gruppe zu betreffen mit der sie reise, um Probleme mit der Polizei und einer Verbrecherbande die diesen auf der Spur. Sie bat die Schwester ihr mit zuteilen was sie wusste um der Gruppe zu helfen, dann unterbrach sie sich und meinte dass es diese Sarah hören sollte, denn sie selber könne da nicht mitkommen. Sie müsse schon ihren Vater belügen, damit sich dieser keine Sorgen macht und sie sagte zum Schluss sie wisse nicht wohin sie als nächstes gehen soll?
Alles an der jungen Frau strahlte Besorgnis und Angst aus. Das konnte Joy nachvollziehen. Sie überlegte ihre nächsten Worte und sagte dann: "Zuerst einmal möchte ich dir sagen, dass du nicht alleine bist. Vielen deiner Gruppenmitglieder machen sich Sorgen um das alles. Es ist verständlich. Was die Sache mit der Gruppe angeht, werde ich morgen noch was dazu sagen, aber du hast recht, es müssen alle mehr erfahren. Aber ich weiß auch nicht alles. Diese Geheimniskrämereien liegen mir nicht besonders. Nicht falsch verstehen, ich behalte diese für mich, aber es ist nicht gesund immer alles für sich zu behalten. Genauso wie dass keiner dem anderern traut. Manchmal muss man ein Risiko eingehen um weiter zu kommen. Was die Sache mit deinem Vater betrifft? Wieso musst du ihn anlügen? Genügt es ihm nicht zu wissen, dass du in Sicherheit bist und ihn liebst? Ich kann das nur schwer beurteilen. Wissen die anderen davon dass du vorhast sie zu verlassen? Was wenn ihnen was passieren würde, was Mew verhüten möge, würdest du dir Vorwürfe machen wenn du davon erfahren würdest? Das meine ich rein hypothetisch. Aber das weißt du ja." Sie lächelte ihr zu.
Dann sagte sie: " Entschuldige ich wollte dir keine Angst einjagen, aber ich denke mir dass die anderen dir vertrauen und dein Wissen zu schätzen wissen. Wenn du sie Hals über Kopf verlässt dann ist das nicht gut für beide Seiten. Ihr braucht euch gegenseitig. Schlafe bitte nochmal darüber Bleibe solange bei ihnen bis ihr Faustauhaven wieder verlässt. Ich denke mir in Graphitport kann man leichter davon gehen als hier auf der Insel. Zudem habe ich gehört soll die Wetterstation hier sehr informativ sein und auch die Höhle ist immer eine Erkundung wert. Sonst haben wir hier nicht viel zu bieten. Na gut, den Arenaleiter gibt es noch, aber der hat auf seine Pflichten nicht wirklich Lust. Wenn man den Orden haben will, muss man eh hier solange ausharren und ihn im günstigen Moment erwischen. Der Kerl zu erwischen ist aber nicht einfach. Wie dem auch sei, schlafe nochmal darüber und morgen sieht die Welt schon ganz anders aus. Weiter kann ich dir in der Hinsicht auch nicht helfen. Gibt es sonst noch was, womit ich dir eine Hilfe sein kann?"
Joy ließ sich einen Moment Zeit, bevor sie zu einer Antwort ansetzte. Während sie ihr zuhörte, fragte sich Cora gleichzeitig, ob a) ihre Entscheidung so gut gewesen war und b) sie wirklich gerade richtig hörte. Das war jedenfalls nichts, was die junge Trainerin erwartet hatte.
Schon als es um die Gruppe ging, fühlte Cora sich unwohl. Gehörte sie denn wirklich dazu? Sie hatte nicht einmal vierundzwanzig Stunden mit den anderen verbracht und in dieser Zeit kaum mehr als eine Handvoll ihrer Mitglieder ein Stück weit kennengelernt. Es ging um mehr als nur einen spaßigen Trip durch die Region. Was band sie denn an diese Leute? Eine Pflicht zu helfen? Aber warum gerade sie? Die Teenagerin konnte nicht anders, als für einige Details ein wenig Unverständnis zu empfinden. Nichtsdestotrotz hatte Schwester Joy ein paar wichtige Dinge gesagt und Cora würde sich hüten, ihr ihre direkte Meinung an den Kopf zu werfen. Also antwortete sie ruhig, wenn auch vielleicht einen Hauch kühler:
"Danke, ich werde über Ihre Worte nachdenken. Aber wenn ich meinem Vater die Wahrheit über den heutigen Tag und meine aktuelle Situation berichten würde, dann würde er sich viel zu viele Sorgen um mich machen. Und das würde bedeuten, dass nicht nur die Reise mit dieser Gruppe beendet wäre. Was den Arenaleiter angeht: Sie werden überrascht sein, aber ich sammle keine Orden. Das ist mir also völlig egal. Allerdings hatte ich so oder so vor, noch ein paar Tage auf der Insel zu bleiben. Ich denke, das war alles. Ich danke Ihnen für ihren Rat und die Hilfe. Die Gruppe wird sicher davon profitieren. Und jetzt will ich nicht weiter ihre Ruhe stören. Gute Nacht."
Schwester Joy nickte.
"Denk einfach noch einmal in Ruhe darüber nach. Danke, ich wünsche dir auch eine gute Nacht."
Dann zog Cora sich behutsam aus dem Raum zurück. Ihr Kopf schwirrte noch von dem, was die Pokémonkrankenschwester ihr gesagt hatte. Sie würde wirklich Ruhe brauchen, um alles erst einmal zu ordnen und darüber nachzudenken. In der durch ihre Gedanken aufgewirbelten Stille ging sie den Flur entlang zurück, erklomm ein weiteres Mal die Treppe und machte noch einen kurzen Abstecher ins Badezimmer, um die Vase aufzufüllen. Leise schlich sie sich dann in ihr Zimmer und stellte die Blumen in ihrem neuen Gefäß auf den Tisch, der vom Mondlicht beleuchtet wurde. Dann kramte sie so geräuschlos wie möglich ein paar Dinge aus ihrem Rucksack, huschte noch ein weiteres Mal für ein paar Minuten ins Bad und konnte sich bald endlich in ihr Bett kuscheln. Die Müdigkeit übermannte Coras Gedankenströme schließlich und nach wenigen Minuten war die junge Pokémontrainerin eingeschlafen.
So, nach diesem langen Abend darf Cora sich jetzt auch ihre Nachtruhe gönnen. Das Gespräch mit Schwester Joy gibt's dank freundlicher Unterstütung von @Destiny Moon dazu. Vielen Dank nochmal. :)