Name: Kiandi Onayen
Alter: 15
Geschlecht: weiblich
Lichtfarbe: ein leuchtendes, kräftiges Blau (ein wenig in Richtung Cyan)
Lichtstärke: stark
Aussehen:
Mit 1,67m hat Kiandi eine recht durchschnittliche Größe. Sie ist zwar nicht völlig abgemagert, aber aufgrund der Umstände (siehe Geschichte) fast schon dürr und nicht sonderlich muskulös. Kiandis Hautfarbe ist ein dunkles Braun mit einem leichten Olive-Touch.
In dem oval geformten Gesicht der Erleuchteten stechen vor allem ihre intensiven blauen Augen heraus, deren Farbton sehr dem ihrer Lichtfarbe ähnelt. Sie stehen, zusammen mit den kurzen, leuchtend blauen Haaren im Kontrast zu ihrer dunklen Hautfarbe. (Eigentlich sind Kiandis Haare dunkelbraun, das Blau ist natürlich nur gefärbt und hier und da kommt mittlerweile auch die Naturhaarfarbe durch.
Die Kleidung der Fünfzehnjährigen ist weder ausgefallen, noch besonders kreativ. Sie trägt das, was sie von Mitch bekommt und das sind ein einfaches Top (grau), eine abgewetzte schwarze Lederjacke, Jeans und nachgemachte Turnschuhe, die auch schon ihre besten Zeiten hinter sich haben.
Zeichen:
Kiandis Zeichen befindet sich hauptsächlich auf ihrer linken Wange. Von dem kreisförmigen Hauptteil ziehen sich zwei lange Linien seitlich an ihrem Hals hinunter. Die drei ein wenig splitterförmig anmutenden Muster befinden sich frontal auf der linken Seite des Halses. Sieht man das Zeichen in 2D, so könnte man es mit viel Fantasie als eine Art Schlüssel interpretieren.
Das ist das Zeichen und Version 2 ist in der Farbe, die ich mir in etwa vorstelle:
Eigenschaften:
Kiandi wirkt (von ihrem Erscheinungsbild abgesehen) erwachsener als sie tatsächlich ist. Durch die Zeit, die sie zwangsweise für die Gang von Mitch gearbeitet hat (s. Geschichte), ist sie gewohnt, Schmerzen zu ertragen oder Menschen sterben zu sehen. Auch an Entzug oder etwas schlechtere Lebensbedingungen ist sie gewöhnt. Diese für einen Menschen in der Reifungsphase doch recht harten Erfahrungen sind nicht einfach so an ihr vorrübergegangen. Kiandi versucht, sich dagegen abzuschirmen und eine Gleichgültigkeit für solche Situationen herzustellen. Auf den ersten Blick mag sie daher emotional abgestumpft wirken, auch wenn das nicht ihren wahren Gefühlen entspricht.
Im Inneren ist die Teenagerin eine zerissene Person, die sich von aller Welt unverstanden und ausgegrenzt fühlt und darüber zutiefst betrübt ist. Auf der Suche nach Liebe und Zugehörigkeit fast überall gescheitert fühlt sie sich selbst in den Menschenmassen einer Großstadt fremd und allein. Bisher denkt sie deshalb, dass es für sie beides nicht geben kann. Damit abgefunden hat sie sich nicht und hegt einen Groll gegen die Menschen, aber auch gegen sich selbst, dafür, dass sie aus irgendeinem Grund nicht in diese Welt zu passen scheint.
Ihre Gefühle zurückzuhalten ist im Grunde gegen Kiandis Natur. Diese Methode hat sie entwickelt, weil es für sie notwendig erschien. Inzwischen ist es für sie Normalität, auch wenn sich hinter ihrer starren Maske mittlerweile ein ziemliches Gefühlschaos angestaut hat. Wut, ein immer größer werdender Freiheitsdrang, aber auch Traurigkeit, Angst, Unsicherheit und Verwirrung könnte man dort finden.
Abgesehen davon, wie ihr bisheriges Leben sie negativ geprägt hat, ist Kiandi vor allem auch ausdauernd und besitzt ein gutes Durchhaltevermögen. Sie ist schlau und aufmerksam, kann gut beobachten und lernt sehr schnell dazu. Sie kommt zwar aus einer gut situierten Familie, ist aber mittlerweile auch einen einfachen bis leicht mangelhaften Lebensstil gewohnt und im Bezug auf die Lebensverhältnisse eher unkompliziert.
Die Sechzehnjährige strebt im Inneren nach Geborgenheit, die sie aber bisher nie erreichen konnte. Sie wünscht sich ein harmonisches Umfeld und dass sie endlich von jemandem verstanden wird.
Zu guter Letzt lässt sich sagen, dass Kiandi sich sehr wohl für ihre für sie eigentlich gescheiterten Hoffnungen einsetzen würde, sollte sie erkennen, dass diese eventuell doch nicht unerreichbar sind. Endlich Zuwendung und Vertrauen zu erfahren würde vielleicht ihren Schutzpanzer Stück für Stück abbröckeln und sie wie eine Blume aufblühen lassen. Wenn Kiandi das findet, was für sie ein unvorstellbarer Traum ist, wird sie darum kämpfen und sich leidenschaftlich dafür einsetzen. Bisher hat niemand wirklich an sie geglaubt. Würde sich das ändern, könnte ihr das auch zu echter Stärke verhelfen.
In Kontakt mit den Erleuchteten wäre sie vermutlich immer noch ruhig und introvertiert, aber nicht so verschlossen wie bisher. Ebenso würde sie sich – ihrem Bedürfnis nach Harmonie folgend – schlichtend für andere einsetzen und könnte auch gute Ratschläge geben, ohne aber direkt etwas vorzuschreiben.
Kraft:
Kiandi besitzt die Fähigkeit, für kurze Zeit eine Art „Riss“ entstehen zu lassen. Dieser stellt eine Lücke in der Realität dar und jede Art von Lebewesen kann hindurchgehen, egal, was sich eigentlich an der Stelle befindet (z.B. eine Wand).
Es ist weniger ein Portal als einfach eine Ausdünnung der Realität, die von jedem Lebewesen passiert werden kann. Kiandi kann diese Risse öffnen, offen halten und schließen (allerdings nicht mehrere gleichzeitig).
Diese Risse können unterschiedliche Größe haben (je größer, desto kraftaufwändiger) und sie können auch ohne Berührung platziert werden (schwieriger). Vom Aussehen her kann man sich die Risse wie eine milchige Glasfläche vorstellen, die vor allem an den weichen Rändern leicht leuchtet.
Es ist, als würde das, was sich dahinter befindet verschwimmen und gleichzeitig leuchten.
Kurz gesagt ist die Fähigkeit so, als könnte man Wände durchqueren, nur dass man die Umgebung durchquerbar macht und das auch gegebenenfalls für andere.
Anmerkungen:
Durchquert man einen solchen Riss, sind die Auswirkungen leichte Kopfschmerzen und ein unangenehmes Gefühl. Beim mehrfachen Passieren nehmen die negativen Auswirkungen zu, bis hin zu Desorientierung, Schwindel oder bei zu häufigem Durchqueren sogar Ohnmacht. Für Kiandi sind die Auswirkungen abgeschwächt, allerdings auch spürbar. Zusätzlich kostet sie das Öffnen und Schließen, sowie das bloße Offenhalten der Risse natürlich Kraft.
Kiandi kann ihre Kraft anfangs nicht kontrolliert einsetzen. Meist funktioniert es nicht willentlich, sondern immer mal wie eine Art Schub. Das passiert vor allem, wenn sie sich arg bedrängt oder bedroht fühlt. Auch ist sie, wenn sie ihre Kraft denn mal benutzen kann, im Umgang damit nicht sehr präzise.
Passiert man einen Riss, während dieser sich schließt, durchquert man ihn nicht, sondern bleibt auf der Ausgangsseite.
Man kann es sich so vorstellen, als wäre man gegen eine Wand gelaufen.
Geschichte:
Kiandi wuchs in einer Großstadt in Ost-Adyna auf. Schon von Geburt an trug sie dieses seltsame Zeichen, dass ein wenig aussah wie eine Kriegsbemalung bzw. Tättowierung. Ihre Eltern wussten weder, woher es kam, noch was es zu bedeuten hatte und waren verwirrt, aber zugleich auch erfüllt von Unbehagen gegenüber diesem Symbol. Trotz dieser Tatsache waren sie der festen Überzeugung, für ihr Kind da sein zu müssen. Das kleine Mädchen war – obgleich das Mal ihnen Sorgen bereitete – immer noch ihre Tochter. Das Zeichen erklärten sie allen Neugierigen als stylisches Tattoo eines Schutzgeistes.
In den folgenden Jahren schien alles soweit gut zu funktionieren. Kiandi war zwar recht zurückgezogen, machte ihren Eltern dafür aber keine Probleme. Schon als kleines Kind hatte sie bemerkt, dass sie anscheinend nicht so gut mit ihnen klarkam. Allerdings suchte sie Geborgenheit und Harmonie. Deshalb versuchte das Mädchen, keinen Ärger zu machen und stellte ihre Bedürfnisse ein ums andere Mal zurück. In der Schule erbrachte sie durch ihre gute Auffassungsgabe sehenswerte Leistungen. Doch sie fand keinen Anschluss und erfuhr, dass sie von anderen nur weggestoßen wurde, wenn sie sich öffnete und so wurde sie noch verschlossener und blieb eine Einzelgängerin. Ihre Eltern erkannten zwar das brave Verhalten und die guten Noten an, konnten ihr aber nie die Vertrautheit bieten, die das junge Mädchen brauchte. Zwar wollten sie es, doch in ihren Herzen nistete das Gefühl, welches ihre Tochter wie eine Fremde erscheinen ließ.
Wegen des Berufs des Vaters siedelte die Familie später nach Amruo um. Kiandi machte das weniger etwas aus, hatte sie doch die leise Hoffnung, dass sie in dieser für sie neuen Welt das finden könnte, was sie suchte. Die Menschen hier wären vielleicht anders, dachte sie. Bald schon musste sie erkennen, dass dem nicht so war und so schlussfolgerte die damals Zwölfjährige, dass sie aus irgendeinem Grund nicht in diese Welt gehören musste. Langsam nahm ein Plan in ihrem Kopf Gestalt an: Sie wollte ihr Zuhause verlassen und irgendwo in der Wildnis allein leben. Natürlich wusste Kiandi, dass sie dafür Vorbereitung brauchte und verschlang alles Mögliche an Lektüre, Filmen und anderen Medien zum Thema „Allein überleben“. (Sie hat sich auch einige Kenntnisse in Selbstverteidigung angelesen und das ein wenig geübt. Kiandi hätte natürlich ein Training besuchen können, fühlte sich jedoch durch ihre bisherigen Erfahrungen mit anderen Menschen gehemmt. Sie beherrscht also die Grundtechniken rudimentär, wurde aber nie wirklich ausgebildet und kann ihre bisherigen Kenntnisse wohl kaum effektiv nutzen.) Ihr erster Versuch, davonzulaufen scheiterte jedoch. Ihre Eltern machten sich Vorwürfe, dass sie irgendetwas falsch gemacht haben mussten, wussten jedoch nicht, was sie tun sollten. Kiandis Mutter zwang sich dazu, endlich einmal wirklich mit ihrer Tochter zu reden. Dieses Gespräch hat die Heranwachsende besonders geprägt, war es doch die erste wirklich offene und völlig ehrliche Unterhaltung und das Intimste, was sie bis dahin erfahren hatte. (Ein Kernsatz von ihrer Mutter an dieser Stelle: „Du bist etwas Besonderes, so viel ist sicher, auch wenn ich nicht weiß, was genau das heißt; etwas, das dein Vater und ich nicht verstehen.“)
Ergebnis: Ihre Eltern wollten Kiandi die Möglichkeit geben, ihr eigenes Leben zu beginnen, aber erst, wenn sie alt genug wäre und ganz auf sich gestellt zurecht käme. Sie schickten sie daraufhin auch zum Selbstverteidigungskurs (nun musste sie – ob sie wollte oder nicht).
Kiandis Leben veränderte sich, als sie Mitch begegnete. Die beiden fuhren eines Tages zufällig in der selben U-Bahn und saßen nicht weit voneinander entfernt. Mitch spürte sofort, dass Kiandi anders war, weil er sich auf seltsame Weise (und obwohl sie eine Fremde war) zu ihr hingezogen bzw. mit ihr verbunden fühlte. Weil ihn diese Emotion so beschäftigte, folgte er ihr (mithilfe seiner Fähigkeit).Eigentlich wollte er sie gern ansprechen. Denn etwas in ihm hatte das dringende Bedürfnis entfacht, dieses fremde Mädchen kennenlernen zu wollen. Doch er traute sich nicht so richtig, sie anzusprechen. Was sollte er auch sagen?
„Hallo, ich hab dich heute in der Bahn gesehen und will dich unbedingt kennenlernen. Achja, ich bin ein Junkie und gehöre zu einer Bande Krimineller.“
Sicher würde sie ihn dann auch kennenlernen wollen – nicht.
Mitch ist ein anderer Erleuchteter mit der besonderen Fähigkeit, Menschen (die er schon mal gesehen hat – Foto etc. geht nicht) aufzuspüren, wenn er einen Gegenstand berührt, den diese Person in den letzten 24h ebenfalls berührt hat (d.h. spätestens nach 24h ist Ende im Gelände).
Mitch ist drogenabhängig. Als er einmal etwas auf einer Party angeboten bekam, sah er das als Chance, dieser kalten und abweisenden Welt, in der ihn niemand liebte, zu entfliehen. Schnell stellte sich heraus, dass ohne den Stoff alles doppelt so schlimm war, wie vorher und er brauchte ihn immer öfter und dringender. Bezahlen konnte er das nicht mehr, aber er hatte seine Kraft recht früh entdeckt (und konnte sie auch schon einigermaßen kontrollieren). Und so entschloss er sich, sein Talent in den Dienst einer Bande Krimineller zu stellen, um im Gegenzug dafür seinen so sehr benötigten Stoff zu bekommen. Mitch kam mit den anderen nie besonders gut klar, das Bündnis war eben nur zweckmäßig: Drogen für Tracking. Die Bandenmitglieder nannten ihn auch nie bei seinem richtigen Namen, sondern sagten "Mindfuck" zu ihm, weil ihnen der Junge mit der seltsamen Superkraft, die sie nicht verstanden, unheimlich war.
Bedacht, nicht das kleinste Geräusch zu verursachen, drückte Mitch die Tür auf. Er hatte ihre Sporttasche schnell gefunden und durchsuchte mit flinken Fingern ihre Fächer. Dabei ging er besonders vorsichtig vor, damit sie später nichts merken würde. Tatsächlich fand er bald, was er gesucht hatte – die Leute verwahrten ihre persönlichen Gegenstände wirklich viel zu offensichtlich – und stahl sich aus dem Raum. Kaum hatte er sich nach draußen geschoben, hörte er Schritte auf dem Flur.
Nichts wie weg, dachte er sich und hastete in die entgegengesetzte Richtung davon.
„Weststraße – Ausstieg links.“ Die Bahn kam zum Stehen und das war sein Zeichen, sich in Bewegung zu setzen. Das Mädchen stand auf und trat aus der Tür auf den Gehweg. Mitch hastete ihr nach.
„Miss“, rief er. „Hey!“ Als sie nicht reagierte, ging er ihr hinterher und tippte ihr sachte auf die Schulter. Die Dunkelhäutige mit den leuchtend blau gefärbten Haaren fuhr herum und starrte ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Erschrecken an.
„Sorry“, entschuldigte er sich. „Sie … haben da was verloren.“ Mit fahrigen Händen hielt er ihr das Portemonnaie hin. Die Augen des Mädchen weiteten sich.
„Ich glaub, das ist echt meins!“ Sie nahm die Geldbörse entgegen, klappte sie auf und nickte, als sie eine ID-Karte mit Foto hinter einem transparenten Schutzfach entdeckte. „Ja, genau. Wow, vielen Dank!“ Sie war wirklich erstaunt. „Das ist … Normalerweise sind die Leute nicht so ehrlich.“
Ehrlich, das war eigentlich ironisch, wenn man bedachte, dass Mitch das Portemonnaie in Wahrheit gestohlen hatte. Aber das sagte er nicht. Stattdessen lächelte der Achtzehnjährige und meinte:
„Dann sollten sich die meisten was schämen. Ist doch selbstverständlich.“ Aus irgendeinem Grund fühlte Mitch sich gar nicht mal so unsicher und fügte schmunzelnd hinzu:
„Naja und außerdem ist man ohne Geldbörse fast genauso verloren, wie ohne Handy.“ Sie grinste.
„Das stimmt allerdings. Danke nochmal...“
„Mitch“, kam der junge Mann ihr zuvor und streckte ihr die Hand hin. „Und nichts zu danken, wie gesagt.“ Er fragte sich, ob sie darauf eingehen würde, doch sie tat es tatsächlich.
„Kiandi“, stellte die Blauhaarige sich vor. Dann zog sie ihr Smartphone aus der Tasche und warf einen Blick auf die Standby-Uhr. „Sorry, ich muss los. Ich bin bisschen spät dran“, erklärte sie.
„Schon ok“, erwiderte Mitch und plötzlich rutschte ihm noch heraus: „Ich muss auch ungefähr in die Richtung, wo du hinwolltest. Wenn es dir nichts ausmacht, kann ich dich ein Stück begleiten. Damit ich dir dein Portemonnaie wieder aufheben kann, falls du es nochmal verlierst.“
„Was?“, entfuhr es Kiandi und sie schaute ihn ein wenig schräg an.
Mitch verfluchte sich innerlich für diesen saudoofen Kommentar.
„Der … kam nicht so gut, was? Tut mir leid.“ Vermutlich hatte er es versaut. So ein Mist! Auch wenn es ihm viel abverlangte, genoss er diese kleine, aber feine Unterhaltung. Fast hatte Mitch das Gefühl, mal wirklich mit einem Menschen reden zu können. Aber wahrscheinlich hatte er es sich nur eingebildet, dass es diesmal anders war. Kiandi jedenfalls sah ihn ein wenig verunsichert an und meinte dann:
„Nichts für ungut, Mitch. Du bist echt nett, aber ich schaff das schon.“ Bamm. Da kam sie, die Abfuhr. Natürlich, was auch sonst. Er war echt so ein Idiot. Und vermutlich meinte sie es nicht mal ernst, dass sie ihn nett fand. Das war nur so dahingesagt. Warum hatte er dann das Gefühl, dass dem nicht so war? Nun, vielleicht trügte das auch, aber was hatte er noch zu verlieren? Also versuchte er es mit ein klein wenig mehr Aufrichtigkeit und fasste Kiandi, die sich schon zum Gehen gewandt hatte, an der Schulter.
„Warte. Ich …“ Er rang nach Worten. „Ich weiß, das klingt total dämlich, aber ich würde dich gern kennenlernen. Ich glaube, du bist echt cool und wenn du nein sagst, versteh ich das total. Aber ja … Wenn wir eh den gleichen Weg haben... Vermutlich … Ach, vergiss es.“ Das Mädchen zog eine Augenbraue hoch – wie alt mochte sie sein? - und musterte Mitch eingehend. Ein paar Sekunden verstrichen, dann veränderten sich Kiandis Gesichtszüge.
„Ok. Von mir aus“, antwortete sie und zuckte mit den Schultern.
Kiandi und Mitch fanden sich gegenseitig sehr sympathisch und führten auf dem Weg noch ein recht belangloses, aber auch zwangloses Gespräch. Bei Kiandis Zuhause verabschiedeten sie sich und Mitch drückte ihr einen Zettel mit seiner Nummer in die Hand, bevor er verschwand. Er meinte, sie würde ihn sowieso nicht kontaktieren, aber falls sie mal Hilfe bräuchte, oder so. Dann machte er sich davon und Kiandi war ziemlich verwirrt über diesen etwas seltsamen und doch so netten Jungen. Eigentlich hatte sie auch nicht vor, ihn wiederzusehen, merkte aber, dass sie sich das innerlich wünschte. Also nahm sie ein paar Tage später tatsächlich den Zettel und kontaktierte ihn. Eine Weile schrieben sie dann so hin und her.
Kiandi hatte das erste Mal in ihrem Leben das Gefühl, einen Freund finden zu können. So entschied sie sich gegen die Stimme der Vernunft und begann, sich mit Mitch nach dem Selbstverteidigungstraining zu treffen. Er begleitete sie immer nach Hause und sie kamen sich näher (jetzt nicht unbedingt in romatischer Hinsicht, aber sie spürten eben, dass sie zusammenpassten, auch wenn sie den Grund (= sie sind beide Erleuchtete) nicht kannten).
Dabei versuchte Mitch natürlich um jeden Preis, vor Kiandi zu verbergen, dass er a) kriminell war und b) ein Junkie. Das gelang ihm aber nicht wirklich und Kiandi stellte immer mehr unangenehme Fragen. Schließlich brach Mitch den Kontakt ab, weil er fürchtete, dass Kiandi nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen würde, wenn sie die Wahrheit erführe.
Kiandi war zwar sehr enttäuscht darüber, wollte aber nicht einfach den einzigen Menschen verlieren, der sie versteht. Sie hörte nicht auf, Mitch zu schreiben, auch wenn er nicht antwortete. Einige Mitglieder von Mitchs Gang bekamen etwas davon mit und machten sich darüber lustig. Einer hatte die besonders witzige Idee, Mitch das Handy wegzunehmen und Kiandi zu schreiben, dass Mitch sich doch mit ihr treffen möchte und ihr dann aufzulauern. Kiandi ahnte natürlich nichts davon und lief direkt in den Hinterhalt.
Als sie bemerkte, was wirklich dahintersteckte, fühlte Kiandi sich furchtbar verraten. Die Kriminellen bedrohten sie und die junge Erleuchtete geriet in Panik. So in die Ecke gedrängt und verzweifelt aktivierte sich Kiandis Fähigkeit, die sie bis dahin noch nicht gekannt hatte. Leider fiel nicht nur sie durch den Riss, der sich plötzlich für knapp zwei Sekunden öffnete, sondern auch der Mann, der sie festgehalten hatte und so nützte ihr das zur Flucht nicht viel. Die Gangmitglieder hatten aber jetzt auf einmal aus völlig anderen Gründen Interesse an dem damals vierzehnjährigen Mädchen.
Kiandi beherrschte ihre Fähigkeit logischerweise gar nicht und das passte ihnen nicht. Sie taten ihr weh und hielten sie bei sich fest; versuchten, ihre Fähigkeit zu aktivieren, indem sie sie bedrohten um so ihren Überlebensinstinkt zu triggern. Mitch versuchte, ihr zu helfen, kam gegen die anderen aber nicht an. Er konnte sich nicht dazu überwinden, mit ihr zu fliehen, was er ihr auch gestand. Gleichzeitig versuchte er, ihr heimlich die Situation erträglicher zu machen und sich ein wenig um sie zu kümmern. Kiandi erkannte, dass er aus Verzweiflung (er brauchte eben seinen Stoff...) handelte und war zwar einerseits sauer auf ihn, hatte aber auch Mitleid.
Waffe: -