Aussage von Herbert Wehnlein, dritter Sachbearbeiter der Abteilung Auslandssemester, Untereinheit des Büros für internationale Angelegenheiten, zu seiner Geiselnahme am 11.01.2019 durch den Studenten T. (Datum der Befragung: 14.01.2019)
Anmerkungen: Herbert Wehnlein (43) ist ein mittelgroßer Mann, sitzt stabil, aber leicht gebückt, vermutlich durch die langjährige Arbeit im Büro. Stimme tief, eifrig und selbstsicher. Allgemein kompetenter und fleißiger Eindruck. Keine Anzeichen eines tieferliegenden Traumas oder Beunruhigungen aufgrund des Geiselnahme-Vorfalls. Wegen seiner Kurzsichtigkeit trägt er eine Brille.
Der Befragte gab zunächst die oben erwähnten Daten zu seiner Person an, bevor er aufgefordert wurde, die Ereignisse des fraglichen Tages zu schildern, was er ausführlich und mit detaillierten Angaben zu allem, was geschehen war, tat.
Er sei an dem Morgen dieses Tages wie üblich zur Arbeit gefahren, habe das Büro für internationale Angelegenheiten besucht und sich dort, bevor er seinen Raum aufgesucht habe, in der Küche der Abteilung einen Kaffee gekocht, da es, trotz eines gesunden und ausreichenden Schlafes, angesichts der eigenen Erfahrung über die möglichen Anstrengungen des Tages, immer sinnvoll sei, sich eine hinreichende Dosis des koffeinhaltigen Getränks zu verabreichen, denn man könne ja nie wirklich wissen, was vielleicht an plötzlich zu bewältigenden Herausforderungen auf einen zukommen werde. Es habe sich zum Beispiel einmal, und genauer gesagt, eigentlich erst vor dreieinhalb Wochen, ein derartiger Fall ereignet, in dem er, Wehnlein, sich größere Mühe hatte machen müssen, um einem plötzlichem Ansturm von Studenten standzuhalten, der sich, aufgrund der plötzlich angespannten politischen Lage in dem Land, das sie in zwei Semestern gerne besuchen wollten, gebildet habe, denn aufgrund der Reibereien in diesem Land, das hier aufgrund des Dienstgeheimnisses nicht genannt werden könne – aber schließlich könne sich der Herr Polizist denken, um welches Land es sich handele –, aufgrund dieser Reibereien also seien viele Studenten beunruhigt gewesen und hätten sich sogar aufgrund der vermuteten Dringlichkeit der Sache, denn es sei ja bekannt, dass man alles ein Jahr im Voraus zu planen habe, allzu heftig vor der Tür gedrängt, sodass letztlich ein junger Mann sogar über das Band einer abgestellten Umhängetasche einer Studentin gestolpert und mit dem Kopf auf den Boden aufgeschlagen sei. Das wiederum habe nun natürlich nicht zur Beschleunigung der Angelegenheiten beigetragen, da der Sanitätsdienst hatte kommen müssen, um den Verletzten ordnungsgemäß zu versorgen und in das Krankenzimmer der Abteilung zu bringen, wobei sich die Sanitäter aber auch nur schwer durch die Menge der Wartenden hätten drängen können, die indes natürlich nicht einfach in das Büro hätten gelassen werden können, weshalb sich schlussendlich alles verzögert habe und er selbst, Wehnlein, den Tag mit einigen Überstunden habe beenden müssen und das dementsprechend auch viel später, als eigentlich vorgesehen sei.
Dies erkläre nun also beispielhaft, warum einen Kaffee vor der Arbeit zu machen nicht nur angebracht, sondern geradezu notwendig und auch klug gewesen sei und weshalb es also der Start nicht nur dieses spezifischen Tages, der den Gegenstand dieser Befragung darstelle, sondern auch der Beginn aller anderen Tage gewesen sei und es auch in Zukunft sein würde.
Der eigentliche Tag danach sei recht ereignislos gelaufen, oder vielmehr ereignislos für jemanden, der schon lange in dem Büro für Auslandssemester gearbeitet habe, denn obgleich einige Anträge routiniert zu erledigen gewesen seien, so hätte es doch auch durchaus einige Ungereimtheiten gegeben, deren Auffälligkeit jemanden mit weniger Erfahrung als er, Wehnlein, habe, zweifellos hätten stutzig machen müssen oder, in einigen Fällen, geradezu schockieren. Da wäre etwa der Fall einer Studentin gewesen, die sich für ein Semester an einer ausländischen Universität, deren Name er, also Wehnlein, nicht nennen könne, da es schließlich, er habe es bereits erwähnt, ein Dienstgeheimnis gebe, beworben und allerdings ein Sprachzertifikat mit ihrer Bewerbung eingereicht habe, das keineswegs die in dem fraglichen Land, das aufgrund des Dienstgeheimnisses ebenfalls nicht genannt werden dürfe, gesprochene Sprache betraf, sondern stattdessen eine ganz andere Sprache, sodass er, das heißt Wehnlein, sich also dazu habe durchringen müssen, die Studentin aufgrund ihres Fehlers anzuschreiben, und erst nachdem der Morgen fortgeschritten gewesen sei und der frühe Vormittag Einzug gehalten habe, sei eine Antwort auf elektronischem Wege eingetroffen, der das korrekte Sprachzertifikat angehängt gewesen sei. Wie es sich herausgestellt habe, sei nämlich die Studentin offenbar sehr talentiert im Lernen von Sprachen gewesen und habe sehr viele Dokumente, die ihr das bescheinigten, sodass sie also beim Absenden ihrer Bewerbungsunterlagen für das Auslandssemester die falsche Zertifikation eingesandt habe, ein, wie sie in der Nachricht betont habe, ihr überaus peinliches Versehen, bei dem es ihr nicht ersichtlich gewesen sei, wie es hatte passieren können, wobei es sich aber natürlich nur um eine Floskel handele, denn es sei ja aufgrund ihrer vielfach zertifizierten Vielsprachigkeit sehr wohl ersichtlich, wie das hatte geschehen können, und es sei daher wohl mehr als Ausdruck ihrer eigenen Bestürzung über den Fehler zu sehen als eine aufrichtige Aussage, was natürlich keineswegs etwas Schlimmes sei, sondern im Gegenteil ja durchaus von der Art Selbstkritik zeuge, die eigentlich auch von den Studenten erwartet werde, aber sich ja heute immer seltener zeige, warum das eigentlich nur umso begrüßenswerter gewesen sei, dass sich die Studentin auf diese Art entschuldige.
Jedenfalls sei das also einer der Fälle, die dem Uneingeweihten durchaus aufregend erscheinen mögen, aber ihm, Wehnlein, nun schon lange vertraut waren, sodass sie ihm folglich kaum mehr als ein Achselzucken zu entlocken vermochten, und insofern sei es also gerechtfertigt zu sagen, dass sich eigentlich an dem Tag bis zu dem fraglichen Vorfall der Geiselnahme nichts ereignet habe, das einer besonderen Erwähnung bedürfe, somit also von ihm auch nicht erwähnt worden wäre, wenn es ihm nicht eben um genau diesen Punkt gegangen wäre, dass er es also mit nichts Auffälligem zu tun gehabt habe, bis sich dann das ereignet habe, weshalb er ja schließlich hier sei.
Dieser Vorfall nun also, um den es bei dieser Befragung ginge, habe sich nur wenige Minuten ereignet, nachdem die abschließende Nachricht der Studentin eingetroffen sei, deren Fall er, Wehnlein, eben geschildert habe, und sei damit also wenige Minuten nach Viertel vor Elf geschehen, was er so genau wisse, weil er beim Lesen der Nachricht der Studentin noch auf die Uhrenanzeige in der rechten unteren Ecke des Computerbildschirms gesehen habe, an deren Genauigkeit es im Übrigen ja nicht die geringsten Zweifel geben könne, was zu den Wundern und Annehmlichkeiten der modernen Welt gehöre, obschon diese natürlich auch Risiken und Probleme berge, gerade im Hinblick auf den Datenschutz wisse man ja gar nicht, ob hinter den neuen Technologien nicht vielleicht auch neue Gefahren verborgen wären, und da sei die Euphorie, mit der dem neuen Zeitalter entgegengefiebert werde, letztlich möglicherweise doch ein Dämpfer vorzusetzen, aber er, also Wehnlein, drohe mittlerweile abzuschweifen, und so wolle er, da die Zeit des verehrten Herrn Polizisten sicherlich knapp und kostbar sei, gerne zum Kern der Sache zurückkehren, auch wenn natürlich zu dem eben Erwähnten noch einiges zu sagen gewesen wäre.
Wenige Minuten nach Viertel vor Elf sei also ein junger Student, bei dem es sich, wie er, Wehnlein, nun wisse, also um T. gehandelt habe, in sein Büro gekommen, unangemeldet und ohne Wartenummer, was seltsam genug gewesen sei, denn eigentlich komme ja niemand durch zu einem der Büros, ohne eine Wartenummer zu ziehen, und er, Wehnlein, habe keine Nachricht darüber erhalten, dass ein Student mit Wartenummer sich auf dem Weg zu ihm befinde. Nun aber habe T., was noch viel bemerkenswerter gewesen sei, auch eine Waffe in der Hand gehabt, genau genommen eine Walther P99, was er, Wehnlein, mit Bestimmtheit sagen könne, denn er habe die Schrift am Lauf der Waffe gesehen, als der Student sie ihm, Wehnlein – und das sei wohl das besonders Beängstigende an der Situation gewesen – umgehend nach dem unerlaubten Eintreten in das Büro an den Kopf gehalten und gefordert habe, dass die Angelegenheit mit seinem Stipendium in Plautzbergen nun bitte erledigt werden solle, wobei er Wehnlein auch eine Mappe mit Papieren auf den Tisch gelegt habe, die T. zufolge seine Bewerbungsunterlagen enthalten hätten, mit denen es nicht den geringsten Fehler geben könne, und der einzige Fehler liege darin, dass man T. seit Monaten versichert hatte, dass die Partnerschaft mit der Universität Plautzbergen eigentlich schon längst erledigt, also gewissermaßen „unter Dach und Fach“ gewesen sei, und es gäbe nur noch ein paar kleine Formalitäten, die aber bald erledigt sein würden. Nun habe man diese Antwort aber T. zufolge ihm immer wieder gegeben, all die Monate lang, und nun laufe so langsam ja auch die Bewerbungsfrist ab, weshalb er, T., sich also dazu genötigt gesehen habe, zu diesen drastischeren Mitteln zu greifen, um sein Anliegen, dieses Auslandssemester mit ausreichend finanzieller Hilfe zu nehmen, endgültig durchsetzen zu können.
Wehnlein hingegen habe darauf nur entgegnet, ob das nicht eine Spur übertrieben war, diesen Weg zu gehen und eine Waffe auf ihn, den dritten Sachbearbeiter des Büros für internationale Angelegenheiten, zu richten, denn es gebe doch schließlich Wege, das friedlich zu regeln, zum Beispiel, indem man sich an die höheren Stellen wende, denn Wehnleins Büro sei für so etwas ja ohnehin nicht zuständig, das falle stattdessen in den Aufgabenbereich des Büros für die Organisation der Kooperationen, und er, T., solle sich doch bitte friedlich an diese wenden oder aber, wenn das nicht möglich sei, den Mitarbeitern dort eben die Waffe an den Kopf halten und nicht ihm, Wehnlein, der ja in der Angelegenheit gar nichts unternehmen könne, denn das sei in seinen Aufgaben gar nicht vorgesehen, wenngleich er natürlich, da man immer über alles informiert sein müsse, alles über den Aufbau einer Kooperation wisse und wohl etwas zu tun in der Lage wäre, hätte man ihm nur diesen Aufgabenbereich übertragen.
Darauf jedoch habe T. nur entgegnet, dass er das alles zweifellos wisse, aber man lasse ihn zu dem fraglichen Büro gar nicht vor, ja nicht einmal mit Waffe, da sei man unerbittlich, denn die fraglichen Leute hätten überhaupt keine Sprechstunde für die Studenten, und entsprechend sei es unmöglich, ihn vorzulassen, weshalb ihm lediglich die andere Abteilung – eben die von Wehnlein – übriggeblieben war, die allerdings, sofern sie die Angelegenheit nicht bewältigen könnten, das Recht hätten, ihn, T., an die höheren Stellen zu verweisen, und somit sei T. ja durchaus damit zufrieden, dass Wehnlein ihm das sagte, aber nun müsse er ihn nun einmal auch an die Stellen weiterleiten, denn so sei das Verfahren, das habe man ihm aufwendig und mit deutlichem Nachdruck versichert und er selbst, T., hoffe aufrichtig, seinem Anliegen nun ebenfalls einen solchen deutlichen Nachdruck verliehen zu haben, denn es sei jetzt wirklich sein letzter Ausweg, den er in all dem Chaos aus den diversen Bemühungen, die er in den vorangegangenen Wochen unternommen habe, noch sehen könne. Dies hätte er mit einem, wie Wehnlein der eigenen Aussage nach befunden hatte, „sehr merkwürdigem Augenrollen“, gesagt und es sei ihm, Wehnlein, auch da erst aufgefallen, dass der Student T. in der Tat sehr abgekämpft und ausgezehrt gewirkt habe, mit Ringen unter den rollenden Augen, schlecht rasiert und mit wildem, ungekämmtem Haar, sodass sich sogar der Eindruck mangelnder Zivilisiertheit ergeben hätte, selbst wenn er nicht so wild mit den Augen rotiert und seine Unterlippe nicht so gezittert hätte, wobei Wehnlein Letzteres ebenfalls erst in diesem Moment aufgefallen sei.
Daraufhin habe er, Wehnlein, dem Studenten versichert, dass er das gerne tun würde, und dies nicht nur, weil dieser ihm offenbar eine Schusswaffe, die übrigens eindeutig entsichert gewesen sei, an den Kopf hielte, denn es entsprach ja nicht nur, das habe der Student ganz richtig erkannt, den Vorschriften, die ihm, Wehnlein, nun auch wieder einfielen, und das nicht etwa erst jetzt, weil er sie vollkommen vergessen habe, sondern vielmehr, weil er lediglich in diesem Moment der Aufgewühltheit nicht in der Lage gewesen sei, daran zu denken, so wie man etwa ja auch nicht vergessen könne, dass sich die Erde um die Sonne drehe, wenn man gerade einen Autounfall habe, aber sicher nicht daran denke, wenn sich ein solch schreckliches Ereignis aufgrund unglücklicher Zufälle nun einmal ergebe. Jedenfalls aber, um beim Thema zu bleiben, habe er, Wehnlein, dem Studenten T. also versichert, dass er nicht nur den Vorschriften wegen sein Anliegen umgehend an die Stellen weiterleiten werde, und auch nicht unbedingt, wenn vielleicht auch teilweise, wegen der Angst, die die ihm an den Kopf gehaltene Waffe in ihm entfache, sondern nicht zuletzt und möglicherweise sogar in erster Linie gerade deswegen, weil er, Wehnlein, dies sicher auch einmal als Gefälligkeit tun würde, selbst wenn es nicht den Vorschriften entsprach, denn er tue nun einmal gerne so etwas für diejenigen Studenten, die tatsächliches Engagement zu zeigen bereit waren. Erst letztens aber, so habe er dem Studenten T. erzählt, habe er ein paar Akten bezüglich eines bestimmten Falles bereitwillig an eine andere Stelle, die sich zwei Räume weiter den Gang runter befand, direkt weitergeleitet, indem er sie zu der fraglichen Person getragen habe, anstatt sie, wie eigentlich in solchen Vorfällen vorgesehen, in die Hauspost zu tun, die sich zwei Stockwerke höher befand, und die die Akten dann anschließend an die andere Stelle weitergeleitet hätte, wenn er, Wehnlein, sie nicht selbst und höchstpersönlich dorthin gebracht hätte, um dadurch den Prozess der Bearbeitung dieser fraglichen Akten, über die er übrigens aufgrund des Dienstgeheimnisses nicht auch nur ein Wort verlieren dürfe, erheblich zu beschleunigen, und das aus nichts als reiner Nächstenliebe, Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft.
Diese Begründung allerdings habe den Studenten T. nicht beruhigen können, im Gegenteil, er sei sogar noch aufgebrachter geworden, denn er, also T., ertrage es einfach nicht länger, dass man ihn mit solchen Erklärungen abspeise, und mit Freuden würde er sich den Lauf der Waffe selber an den Kopf halten und den Abzug betätigen, wäre das nicht eine Versündigung gegen sich selbst und eine Bestrafung für die Hinterbliebenen, zumal der Anlass doch zu absurd erscheine. Aber dennoch solle er, Wehnlein, nun also nicht mehr länger reden, sondern sich eben darum kümmern, dass er, T., endlich zu den Verantwortlichen komme, denn es könne doch nicht so schwer sein, das Reden sein und also den Worten auch Taten folgen zu lassen, was er selbst, also T., übrigens demnächst selbst übernehmen würde, wenn Wehnlein es nicht endlich täte.
Obwohl diese offene Unverschämtheit ihn, Wehnlein, sehr verletzt habe, denn so gehöre es sich wirklich nicht, so dürfe man mit ihm, dem dritten Sachbearbeiter der Abteilung Auslandssemester, Untereinheit des Büros für internationale Angelegenheiten, keinesfalls reden und überhaupt sei das sogar sehr unklug, da er ja letztlich mit darüber entscheide, wer jetzt mit einem Stipendium ins Ausland gehen dürfe und wer nicht; obwohl also er, Wehnlein, sich dadurch sehr verletzt gefühlt habe, habe er dazu nur geschwiegen und, auch wenn es sich ja nun wirklich gehört hätte, dem Studenten T. dafür den Kopf zu waschen, stattdessen also bei der fraglichen Stelle auf dem zugehörigen Diensthandy angerufen, und zwar über das bei ihm stehende Kabeltelefon, das zwar alt, aber immer noch voll funktionstüchtig und zuverlässig gewesen sei.
Die Frau Mirna am anderen Ende, die übrigens sehr kollegial sei und meist für die Organisation der von Zeit zu Zeit anstehenden Oster- sowie Weihnachtsfeierlichkeiten verantwortlich zeichne, habe ihm jedoch klar zu verstehen gegeben, dass es nicht möglich sei, sich zu dem Stand der Kooperation zu äußern, denn es handele sich hierbei nun einmal um ein Dienstgeheimnis, und dem Studenten T. sei eigentlich ohnehin schon zu viel mitgeteilt worden, indem man ihm gesagt habe, dass die Formalitäten fast abgeschlossen seien, und daher könne man also nicht mehr dazu sagen und natürlich auch seine Bewerbung nicht annehmen, denn ohne Kooperation sei eine Bewerbung ja nicht möglich, das verstehe sich zweifellos von selbst und bedürfe keiner weiteren Erklärung. Überdies habe sie gefragt, was Herr Wehnlein und der Student T. überhaupt noch im Gebäude täten, denn es laufe offenbar ein gefährlicher Student mit einer Waffe darin herum, und eigentlich sei eine umgehende Evakuierung angeordnet worden, per elektronischer Nachricht, der jeder zu folgen habe und er, Wehnlein, solle ebenso wie T. auf keinen Fall länger in dem Gebäude verweilen, die Polizei sei auch schon da und habe das Haus längst umstellt und versuche, den Studenten irgendwie zu erreichen, um herauszufinden, wer er denn sei und was er mit seinem Vorgehen überhaut beabsichtige.
Daraufhin habe er, Wehnlein, entgegnet, dass er das mit dem gefährlichen Studenten wisse, der Student T. sei ja gerade ebenjener Student mit der Waffe, und tatsächlich sehe er, Wehnlein, jetzt die Nachricht auf seinem Bildschirm, die ihm bisher offenbar aufgrund der angespannten Situation, in der er sich nun einmal befinde, entgangen sein müsse, aber selbst wenn er sie gesehen hätte, so hätte er ja schwerlich der Aufforderung folgen können, da ihn der Student T. ja ohne Zweifel nicht gehen lassen würde, solange die Angelegenheit nicht erledigt sei, wobei er zugeben müsse, dass er das den Studenten T. nicht gefragt habe, und vielleicht zeige sich dieser ja dahingehend einsichtig, sodass er, Wehnlein, das Gebäude möglicherweise verlassen könne, wenn T. es eben zuließe, und daher werde er den Studenten T. also umgehend fragen, ob ihm diese Möglichkeit offenstehe.
Sie stünde ihm nicht offen, wie der Student T. sogleich bemerkte, und nebenbei bemerkt könne er es eigentlich auch nicht fassen, dass Wehnlein daran dachte, jetzt das Gebäude zu verlassen, wo er, also T., doch exakt in diesem Moment eine Waffe auf Wehnleins Kopf richte und jederzeit in der Lage sei, den Abzug zu betätigen und ebenso unausweichlich wie unwiderruflich das Leben des Herrn Sachbearbeiters zu beenden. Überhaupt, so habe T. offenbar hinzugefügt und dabei erneut wild mit den Augen gerollt, sei es ihm absolut unbegreiflich, was für Zustände in diesem, wie er es ausdrückte, bürokratischen Urwald herrschen würden, denn er selbst, T., habe schon seit Wochen versucht, zu einem Sachbearbeiter vorzudringen, aber zunächst einmal hätten die Öffnungszeiten der Büros nicht im Internet gestanden, sodass er sie an der Information hätte erfragen müssen, und danach habe er zwar gewusst, wann er zu kommen habe, aber beim ersten Mal sei niemand da gewesen, obwohl doch eigentlich jemand hätte da sein müssen, und beim zweiten Mal sei es das Gleiche gewesen, während er selbst, also T., die nächsten Tage zu den Öffnungszeiten wegen anderer Termine nicht hatte erscheinen können, und danach sei es so gewesen, dass sich die Zeiten plötzlich geändert hätten, aber die Leute von der Information hätten nicht genau gewusst, wie sie sich geändert hätten, weshalb sie ihm, T., nur einen Zettel mit den alten Öffnungszeiten gegeben hätten, der aber natürlich nutzlos gewesen sei, weshalb T. also gefragt habe, wer denn die neuen Zeiten vielleicht wisse, doch darauf habe ihm keiner Antwort geben können, ja mehr noch, die Informationsleute hätten sich geweigert, in den Büros selbst anzurufen – wo doch die Leute in denselben hätten wissen müssen, wann ihre Türen offen stünden –, aus dem einfachen Grund, dass man ja nicht wissen könne, ob die Büroleute in dem Moment Zeit für ein Gespräch hätten, und möge es auch noch so kurz bemessen sein, da ja nun einmal keine Öffnungszeiten bekannt seien, und es sei schließlich, wie jedermann wisse, eine grobe Unhöflichkeit, außerhalb der fraglichen Zeiten die Sachbearbeiter zu stören, sodass nun er, T., jeden Tag erneut aufgeschlagen war, um vielleicht endlich die Öffnungszeiten zu erfahren, und das komplett vergeblich, bis heute dann, als er bereits den Plan mit der Waffe gefasst und selbige mitgenommen habe, ihm gesagt worden sei, jetzt wisse man die Öffnungszeiten, die übrigens jetzt seien, und insofern könne er problemlos durchgehen, da vor ihm auch keiner warte, denn Geduld zahle sich schließlich aus, wenngleich die höheren Stellen natürlich tabu seien, auch mit Waffe, und irgendwie sei es in diesem Moment geschehen, dass er, T., endgültig das Gefühl gehabt habe, dass ihm der letzte Halt, der ihn vielleicht noch vor dem Fall in den Wahnsinn bewahrt habe, aus den Fingern geglitten sei, und er somit nun endgültig den Entschluss gefasst habe, den Plan mit der Waffe umzusetzen, denn beinahe habe es ja so gewirkt, als ob sich zumindest ein paar Türen ihm geöffnet hätten, allein dadurch, die Waffe dabeizuhaben, einem Talisman gleich, der sein Schicksal zum Guten zu wenden vermochte, und so solle es gefälligst auch weiterhin sein, und erneut, er könne sich nur wiederholen, weise er Wehnlein darauf hin, dass sich dieser ebenso gefälligst um die Angelegenheit zu kümmern habe, wenn er nicht mit einem und durch ein Loch in seinem Schädel zu sterben gedenke.
Daraufhin habe also er, Wehnlein, ihr, Frau Mirna, mitgeteilt, dass der Student T. in diesem Punkt offenbar nicht mit sich reden lasse, ihm also nicht erlaube, das Gebäude zu verlassen, und T. selber wolle offenbar auch jetzt nicht hinausgehen, sondern erst, wenn die Angelegenheit erledigt sei, wegen derer er hier war, welche das nun auch immer noch einmal genau gewesen sei, denn er, Wehnlein, könne sich offen gestanden nicht mehr genau erinnern, was T. bezüglich dessen gesagt habe, und vielleicht habe dieser auch noch gar nicht wirklich etwas dazu gesagt, denn sonst müsste er, Wehnlein, sich ja vielleicht eben doch daran erinnern, denn sein Gedächtnis sei eigentlich noch ganz gut, wenn natürlich auch nicht mehr ganz so gut wie in seiner Jugend, aber das sei ja eben nur eine natürliche Entwicklung während eines Menschenlebens, man lasse eben mit der Zeit ein wenig nach, geistig wie körperlich.
Die Antwort von Frau Mirna jedoch sei daraufhin ausgeblieben, und nicht etwa, weil sie ihn mit Schweigen gestraft oder plötzlich das Gespräch beendet habe, sondern weil T., in einer plötzlichen Bewegung und mit einem Schrei, der nur als markerschütternd beschrieben werden könne, ihm, also Wehnlein, den Hörer aus der Hand gerissen und wütend aufgelegt habe, sofern man in diesem Fall von „aufgelegt“ sprechen könne, denn vielmehr habe er den Telefonhörer auf dessen Halterung geknallt und anschließend drei Schüsse auf den Apparat abgegeben, was er, Wehnlein, durchaus bedaure, denn es sei wie gesagt ein immer noch voll funktionstüchtiges und sehr zuverlässiges Telefon gewesen, und außerdem sei es immer ein enormer Aufwand, ein neues zu bekommen, denn hier sei eine ganze Menge Papierkram notwendig, um überhaupt den Antrag auf ein neues durchzubekommen, und dann müsse man immer noch darauf warten, dass eine Technikerin besagten Antrag auch umsetze, doch das dauere fast immer ewig und meist kämen die Leute ja zu den unpassendsten Zeiten, was er, Wehnlein, bisher zum Glück noch nicht am eigenen Leib habe erfahren müssen, aber er habe schon von anderen Abteilungen gehört, bei denen es so gewesen sei, so sei ihm zum Beispiel einmal während einer Kaffeepause, die übrigens vollkommen notwendig und der Konzentration im Laufe des späteren Tages überaus förderlich gewesen sei, zu Ohren gekommen, dass Herr Fresel, der übrigens noch sehr jung und noch gar nicht lange hier in den Büros arbeite, in der Hinsicht einige Probleme gehabt habe, denn aufgrund verschiedener Vorschriften, die hier nicht näher, aber dennoch grob zu erläutern seien, hätte der Techniker eben nicht während der Öffnungszeiten des Büros von Herrn Fresel kommen können, denn dann wäre er, Herr Fresel, eben von der Arbeit abgehalten worden, jedoch hätte man nun einmal auch nicht außerhalb dieser Zeiten kommen können, denn dann dürfte schließlich niemand das Büro betreten, nicht einmal Herr Fresel selbst, sodass man sich also in einer Zwickmühle befunden hätte, die nur dadurch aufzulösen gewesen sei, dass Herr Fresel sich selbst in seiner Freizeit das erforderliche Handwerkszeug anlernte, um sich dann als Aushilfstechniker beschäftigen zu lassen, sodass er während seiner Arbeitszeit auch arbeiten konnte, indem er das Telefon anschloss, und so also in der Lage gewesen sei, gewissermaßen beides gleichzeitig zu erledigen, womit dann also den Vorschriften Genüge getan worden sei.
Von derartigen Verwicklungen allerdings habe T. aber offenbar keine Ahnung gehabt, ja anscheinend nicht einmal die entfernteste Idee, sonst hätte er wohl kaum auf das Telefon geschossen, das nun natürlich nicht mehr voll funktionstüchtig und zuverlässig gewesen sei, sondern vielmehr auf eine Art zerstört, in der es nicht mehr repariert werden könne. Doch bevor Wehnlein sich selbst darüber habe beklagen können, was er gewiss getan hätte, da es wie gesagt seitens T. ein absolut inakzeptables und obendrein rücksichtsloses Vorgehen gewesen war, habe T. selbst das Gespräch in die Hand genommen und gesagt, dass er, Wehnlein, ihn jetzt gefälligst in die mittlerweile wohl freien Büros für die Organisation der Kooperation führen solle, damit er selbst sich aus allererster Hand darüber informieren könne, wie der Stand bezüglich der Zusammenarbeit mit Plautzbergen sei, wenn ihm schon niemand etwas mitteilen wolle, denn nun sei er ja schon weit genug gekommen, als dass er umkehren und sich da draußen einfach der Polizei ausliefern wolle, was gleichbedeutend damit sei, unverrichteter Dinge abzuziehen und den Kampf verloren zu haben, den er jetzt schon viel zu lange führe, um sich selbst und allen anderen gegenüber die Niederlage einzugestehen. Er, Wehnlein, habe daraufhin schlicht erwidert, dass er nicht autorisiert sei, dies zu tun, tatsächlich solle er eigentlich das Gebäude verlassen, denn es sei ja, und das sollte T. wohl auch mitgehört haben, eine Evakuierung angeordnet worden, und er, Wehnlein, habe immer noch diesem Plan zu folgen und hätte es auch längst getan, wäre er nicht mit der Waffe bedroht worden. Aber nun auch noch nicht nur dem Evakuierungsplan nicht zu folgen, der ihm, Wehnlein, zwar nicht im Detail vertraut, aber doch wohl soweit eindeutig sei, als dass er bestimmt das Verlassen des Gebäudes beinhalte, denn das ging ja aus dem reinen Begriff der Evakuierung schon hervor, sondern auch noch ein Büro zu betreten, das er ganz eindeutig nicht betreten dürfe, das wiederum grenze schon geradezu an Hochverrat, und darauf stehe sicherlich die drakonischste aller Strafen, oder noch schlimmer die umgehende Entlassung, und er, Wehnlein, wolle sicher nicht den Zorn seiner Vorgesetzten auf sich ziehen, das komme überhaupt nicht in Frage und T. solle sich doch selbst in die Büros begeben, wenn denn er, T., so sehr daran interessiert sei, aufzuklären, wie es denn nun um die Kooperation mit dieser Stadt stehe, deren Name Wehnlein im Übrigen entfallen war, beziehungsweise hatte T. ihn möglicherweise noch gar nicht erwähnt, denn sonst würde er, Wehnlein, sich ja wohl daran erinnern, denn obwohl sein Gedächtnis nicht mehr ganz das sei, was es mal gewesen, so müsse es doch hierfür noch ausreichend sein, wie T. ihm sicher auch zustimmen würde, sofern er sich den Schaum vom Mund abwischen würde, um deutlich sprechen zu können, denn im Moment höre er sich doch mehr an wie ein Verrückter, der die Fähigkeit zum Reden verloren habe.
Daraufhin wiederum habe T.s Hand mit der Waffe deutlich gezittert und für einen Moment habe Wehnlein geglaubt, T. würde jetzt, in diesem Moment, abdrücken, was ihm vollkommen unverständlich sei, denn letzten Endes habe er ja nichts gesagt, was ihn, T., hätte aufregen können, sondern nur nüchtern und vollkommen korrekt erklärt, warum er T.s Anliegen nicht habe stattgeben können, und daran könne ja wohl kaum etwas Falsches sein, da es innerhalb der Korrektheit nun einmal nichts Falsches geben könne. T. jedoch habe Wehnleins Erwartung zum Trotz und glücklicherweise die Waffe sinken lassen, sich an die Brust gegriffen und Tränen in den Augen gehabt, ganz so, als habe er heftige Schmerzen, und Wehnlein habe bemerkt, dass es ja vielleicht das sei, dass also er, T., vielleicht einfach krank sei und also deshalb nur hier stand, mit einer Waffe und als Geiselnehmer, der ein Anliegen durchzusetzen suchte, dessen Erfüllung aber nun einmal ein Ding der Unmöglichkeit darstelle, und daher sei es vielleicht das Beste, wenn T. einfach die Waffe senken und sich den Behörden ausliefern würde, wie es jeder Mensch, der nach allgemeinem Dafürhalten als vernünftig bezeichnet werden könne, auch tun würde. T. jedoch habe diese Ausführungen entweder gar nicht vernommen oder überhört, und stattdessen habe er Wehnlein mit einer Hand gepackt und hochgerissen, wobei er eine unerwartete, fast schon unmenschliche Kraft gezeigt habe, was aber insofern nicht verwunderte, als dass er in diesem Augenblick nun wirklich nicht mehr ganz geistig gesund erschienen sei, und wie schließlich jedermann wisse, hätten Verrückte eine Körperkraft, die der eines normalen und vernünftigen Menschen vielfach überlegen sei, was sich aber aufgrund der eben erwähnten Verrücktheit nun einmal leider nicht nutzbar für das Gemeinwohl machen lasse. Jedenfalls habe T. ihn, Wehnlein, mit einer ebensolchen beeindruckenden Stärke an der Schulter gepackt, vom Stuhl gerissen und vor sich hergeschoben, heraus aus dem Raum, den er, Wehnlein, übrigens auch nach den Jahren seiner Arbeit immer noch als ein wenig zu klein empfand, und hinein in den Gang, der zu den Büros für die Organisation der Kooperation führte, die Proteste von ihm, Wehnlein, eindeutig ignorierend und dabei ein Lied pfeifend, das keiner erkennbaren Melodie zu folgen schien, also möglicherweise ein Stück der Zwölftonmusik war, die er, Wehnlein, ja eigentlich nie wirklich hatte leiden können, dafür sei sie ihm dann doch zu unregelmäßig und überhaupt ganz kunstlos, und er, Wehnlein, verstehe offen gesagt nicht, was einige Leute überhaupt daran fänden, doch andererseits füge sich das auch hervorragend in sein Bild von T. ein, der ihm wie gesagt nicht mehr ganz richtig im Kopf erschien, und das von Sekunde zu Sekunde mehr, während er da also ihn, Wehnlein, den Gang entlangschubste und erst vor dem Büro für die Organisation der Kooperation mit europäischen Universitäten innehielt, um ihn, das heißt Wehnlein, zum Aufschließen des Büros aufzufordern, was dieser allerdings, wie er aussagte, eindeutig hatte verneinen müssen, denn natürlich habe er für den fraglichen Raum gar keinen Schlüssel, das sei so in den Vorschriften verankert, dass keine Person Zugang zu den Orten habe, an denen sie nicht zwingend sein musste, was manchmal natürlich ein wenig problematisch sei, insbesondere wenn aufgrund veränderter Aufgabenbereiche jemand eigentlich neue, zuvor nicht besuchte Räumlichkeiten zu betreten habe, wie sich zum Beispiel an einem besonderen Fall gezeigt habe, der, wie Wehnlein gehört habe, seit drei Jahren hier als Gerücht, geradezu als Legende, die Runde machte, auch wenn er, Wehnlein, davon noch nie jemanden wirklich direkt habe reden hören, sondern mehr nur, wie alle darüber redeten, wie alle darüber redeten, und dennoch seien ihm durch diese Art, über den Fall zu reden, die Details desselben nun doch so vertraut, als hätte man nicht diese Ebene dazwischengeschaltet und ihm alles ganz direkt und unmittelbar erzählt, sodass er nun also wisse, dass eine gewisse Frau Steuper, die er selbst nie kennen gelernt habe, die aber wohl eine junge Person mit jedoch schon längst ergrauten Haaren gewesen sei, aufgrund einer Beförderung dringend Zutritt zu drei weiteren Räumen gebraucht habe, namentlich der höheren Kaffeeküche, ihrem höheren Büroraum sowie den höheren Toiletten, während sie allerdings zugleich den Zugang zur normalen Kaffeeküche, ihrem bisherigen Büroraum und den normalen Toiletten verloren habe, was natürlich insofern problematisch gewesen sei, als dass ihr die Benutzung der Letzteren ja nun offiziell untersagt, das Betreten der Ersteren jedoch noch nicht möglich gewesen sei, da die zugehörigen Schlüssel gefehlt hätten. Da nun aber die Anträge für die neuen Schlüssel nun einmal zwar längst abgeschickt, aber noch nicht bearbeitet und entsprechend die besagten Schlüssel auch noch gar nicht gefertigt gewesen seien, habe sich Frau Steuper in einer ansehnlichen Zwickmühle befunden, die aber, wie berichtet wurde, von ihr gelöst worden sei, indem sie sich ihre verbliebenen Urlaubstage nahm, um die Zeit zu überbrücken, wobei sie aber nicht etwa anderswohin wegfuhr, denn sie habe ja einen Urlaub, der einer aufwendigen Vorbereitung bedürfe, weder geplant noch überhaupt planen können, und somit sei sie also in der Stadt verblieben, in dem Glauben, jeden Tag müssten die Schlüssel fertig sein, und sie könne ihren Urlaub abbrechen und die Arbeit wieder aufnehmen, was sich jedoch insofern als ein Irrtum herausstellte, als dass die Schlüssel erst an ihrem letzten Urlaubstag fertig wurden, und somit habe sie also den Urlaub des ganzen Jahres zu Hause verbracht, während sie auf die Schlüssel wartete, und habe nun keine andere Option, als von da an das ganze Jahr ohne Aussicht auf eine Pause zu arbeiten, was natürlich eine unangenehme Situation sei, der er, Wehnlein, sich keinesfalls aussetzen wolle, und dennoch sei nicht auszuschließen, dass sie sich ja doch ergebe, falls mal eine Beförderung ins Haus stehe, jedenfalls aber erkläre das sicher, warum er keine Schlüssel zu diesem spezifischen Raum habe, der ja keineswegs sein Zuständigkeitsbereich sei, und das sowohl im wortwörtlichen als auch im übertragenen Sinne, sodass also er, T., doch unmöglich erwarten könne, dass ihm von ihm, Wehnlein, der Raum nun aufgeschlossen würde, denn es liege nun einmal schlicht nicht im Rahmen dessen, wozu er befähigt respektive autorisiert sei.
T. allerdings habe, und das wohl nun zum wiederholten Male, ihm, also Wehnlein, nicht wirklich zugehört, denn sonst hätte er, wenn ihm die damit verbundenen Unannehmlichkeiten für die hier arbeitende Person bewusst gewesen wären, was sie zweifellos hätten sein müssen, wenn er, T., Wehnleins Worte vernommen hätte, wohl kaum mit seiner Waffe mehrmals auf das Schloss geschossen, das natürlich infolge des Beschusses nachgab, sodass T. keinerlei Mühe gehabt habe, die Tür zu öffnen, ohne Beachtung des Protestes, den er, Wehnlein, dem Handeln des Studenten natürlich entgegengesetzt habe, der aber erneut vergeblich und ohne jeden Effekt gewesen sei, und so sei er, Wehnlein, von dem Studenten in das Büro gezogen worden, obwohl er, das heißt Wehnlein, sich mit den Fingernägeln in das Holz des Türrahmens gekrallt habe, um zu verhindern, dass er das Büro betreten würde, was aber wie so vieles, was er an diesem Tag gegen T. zu unternehmen versucht habe, keinerlei Erfolg gehabt hätte, sodass er also in das Büro hineingezogen worden sei, entgegen seines eigenen Willens, der sich heftigst dagegen verwahrt habe. Dabei habe T. offenbar laut gelacht und gespottet, jetzt hingen sie beide mit drin, es würde alles ihnen beiden gleichermaßen geschehen, was dem einen geschehe, und damit sei nun zumindest etwas erreicht, auch wenn er, T., nicht so genau wisse, was eigentlich, tatsächlich falle es ihm schwer, sich zu erinnern, weshalb er noch einmal genau hierhergekommen sei, und das mit einer Waffe, es entglitte ihm allmählich, aber so in etwa wüsste er es noch, die Kooperation der Universität mit Plautzbergen war es doch, wegen der er hier war, sie müsse auf den Weg gebracht werden, und wenn sie das nicht schon sei, würde er dafür sorgen müssen, dass sie es endlich war, koste es, was es wolle, da es ja ohnehin schon zu viel gekostet habe, und er, Wehnlein, werde ihm nun dabei helfen, die Unterlagen dazu zu finden, damit er, T., endlich überprüfen könne, wie es denn nun um all das stehe, etwas, worauf er, Wehnlein, entgegnet habe, dass er das unter keinen wie auch immer gearteten Umständen tun werde, denn es ginge nun wirklich zu weit, er habe jetzt unfreiwillig den Evakuierungsplan verweigert und sei widerrechtlich in ein anderes Büro als das seine eingedrungen, da werde er nicht – und das müsse T. nun wirklich verstehen – auch noch nach den Unterlagen suchen, die zu sehen ihm verboten sei, auch wenn ihm natürlich alles soweit klar sei, worum es gehe, wenn auch der Stand des Ganzen ihm unvertraut sei.
T., der dementsprechend von ihm, Wehnlein, keinerlei Hilfe zu erwarten gehabt habe, sei aber schließlich selbst in der Lage gewesen, die erforderlichen Akten zu finden, was auch kein Wunder sei, denn natürlich sei hier alles, was mit den Angelegenheiten zu tun habe, für die das Büro zuständig sei, nicht nur auf den Rechnern gespeichert, sondern auch fein säuberlich in Ordnern abgelegt, die nicht schwer zu finden und obendrein sehr übersichtlich seien, eine Praxis, die sich immer als vorteilhaft erwiesen habe, so berichte man sich etwa mal nach Feierabend bei einem alkoholischen Getränk unter Kollegen, das natürlich aber nicht zu viel Alkohol enthielt, sodass man dadurch am nächsten Morgen nicht in der Arbeit beeinträchtigt werden könne, dass es einst einen Fall gegeben habe, bei dem eine mittlerweile entlassene Mitarbeiterin mit Namen Frau Hugg das unglückselige Schicksal ereilt habe, dass ihr Computer den Geist aufgegeben habe, und das in einer so endgültigen Weise, das nichts mehr davon zu retten gewesen sei, einschließlich sämtlicher Daten, die sich auf der Festplatte befunden hätten, sodass sie, also Frau Hugg, auf ihre Ordner hatte zurückgreifen müssen, da die Daten aufgrund des Dienstgeheimnisses natürlich nirgendwo sonst gespeichert gewesen waren, und insofern habe ihre Arbeit also nicht unterbrochen werden müssen, da sie noch immer alles in ausgedruckter Form gehabt habe, wobei man erwähnen müsse, dass es allzu glimpflich dann doch nicht für sie gelaufen sei, da sie, nachdem sie einmal einen neuen Rechner zur Verfügung gestellt bekommen habe, alle Daten der letzten zehn Jahre in das neue Gerät zu übernehmen verpflichtet gewesen sei, was natürlich einen gewissen Aufwand dargestellt habe, den er, Wehnlein, natürlich nicht einmal seinem schlimmsten Feind gewünscht hätte, wenn es denn einen solchen gäbe, was nicht der Fall sei, da er doch glaube, ein eigentlich sehr sympathischer Mensch zu sein, dem niemand etwas Schlechtes wünschen könne und der selbst auch nie jemandem etwas Schlechtes getan hätte. In dem Fall von T. jedenfalls jedoch habe sich die Praxis der archivierten und geordneten Dokumente zweifellos als nachteilig erwiesen, da er, T., dadurch natürlich in der Lage gewesen sei, die Akten zu suchen, die er einsehen wollte, entgegen aller Vorschriften und ohne Rücksicht auf die Unannehmlichkeiten, die das den hier arbeitenden Menschen bereiten würde. Und tatsächlich habe T., wie es ganz den Anschein gehabt habe, die fraglichen Dokumente bald in den Ordnern aufgespürt und eingesehen, woraufhin ihm ein Lachen entfahren sei, begleitet von der Äußerung, die Wehnlein zu überhören sich größte Mühe gegeben habe, aber letztlich leider doch nicht zu ignorieren in der Lage gewesen sei, und der zufolge die Kooperation mit Plautzbergen von Seiten der hiesigen Universität schon längst erledigt worden sei, und man warte nur noch auf eine finale vertragliche Rückmeldung der Universität in der anderen Stadt, das heißt also Plautzbergen, und danach sei alles abgeschlossen, wie aus den Akten eindeutig und unwiderleglich hervorginge, und insofern werde er, T., nun mit dem Zug nach Plautzbergen fahren, um den dort anwesenden Leuten die Waffe an den Kopf zu halten und sie dazu zu zwingen, sich um die Erledigung ihres Teils zu kümmern, denn das sei nun noch notwendig, um seine, also T.s Aufgabe endgültig abzuschließen, etwas, bei dem er, Wehnlein, ihm allerdings nicht mehr helfen könne und somit dürfe er, Wehnlein, jetzt also gehen und von T. aus also gerne jetzt alles tun, was er möchte, denn er selbst werde sich jetzt unverzüglich auf den Weg zum Bahnhof begeben, um seine weitere Reise anzutreten, und mit diesen Worten habe sich also er, T., umgedreht und das Büro verlassen, sodass er, Wehnlein, alleine zurückgeblieben sei, ein wenig orientierungslos und verloren nach allem, was bis zu diesem Zeitpunkt passiert sei, und unschlüssig, was als nächstes zu tun wäre, bis ihm schlussendlich dann doch wieder eingefallen sei, dass immer noch eine Evakuierung angeordnet gewesen sei, sodass er also den Plan fasste, nach draußen zu gehen, wo er dann auch in der Lage gewesen sei zu sehen, wie T., entgegen seiner Proteste, dass er unbedingt nach Plautzbergen müsse, von der Polizei niedergerungen und in Handschellen gelegt worden sei, während er, Wehnlein, von Frau Mirna angewiesen worden sei, zurück in das Gebäude zu gehen, denn die Evakuierung sei hiermit beendet, und die Arbeit könne ihren gewohnten Gang gehen, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen, auch wenn Überstunden vielleicht notwendig wären und dementsprechend sei er, Wehnlein, mit den anderen Arbeitern zurück in das Gebäude gegangen, womit dann also der Vorfall, um den es hier ja in der Befragung ging, aus Wehnleins Sicht zu Ende gewesen sei, und da er glaube, diesen in aller Ausführlichkeit und ohne etwas auszulassen geschildert zu haben, denke er, dass hier von seiner Seite nichts weiter hinzuzufügen sei, vorausgesetzt natürlich, der Herr Polizist habe keine weiteren Fragen und werde ihn dementsprechend gehen und weiter seine Arbeit machen lassen, die natürlich nicht allzu lange ruhen dürfe, denn als dritter Sachbearbeiter der Abteilung Auslandssemester, Untereinheit des Büros für internationale Angelegenheiten, habe man natürlich immer viel zu tun, wofür der Herr Polizist sicher Verständnis habe.
Abschlussnotiz: Herbert Wehnlein wurde wegen des impliziten Geständnisses, dem Geiselnehmer geholfen und Vorschriften gebrochen zu haben (Widerstand gegen Evakuierung, Betreten verbotener Bereiche, Einsicht in dienstgeheime Akten) vom Gericht angeklagt und verurteilt; das Urteil wurde umgehend nach seinem Ausspruch vollstreckt.