Bis zum heutigen Abend gibt es diesen Film in der kostenlosen Pokemon TV App zu sehen, danach fliegt es (wahrscheinlich) für eine ganze Weile aus der Rotation. Ich dachte mir, diesen Umstand muss ich ausnutzen um mir die Erinnerung aufzufrischen; ist der Film wirklich so schlecht wie ich es in Erinnerung- und einige Beiträge zuvor feierlich zerissen habe oder hat sich dahingehend nach erneutem Schauen etwas geändert?
Im Großen und Ganzen überwiegen die Kritikpunkte im 15. Film: Kyurem gegen den Ritter der Redlichkeit jedwede positive Aspekte. Man glaube es kaum aber der "Film" geht tatsächlich nur etwas über eine Stunde, um penibel zu sein sprechen wir von nur 66 Minuten an Filmmaterial bis der Abspann ansetzt. Das ist für Pokemonverhältnisse sehr dürftig, ganz besonders in Anbetracht der Tatsache, dass die Einführung in Form eines teilweise geglückten Vorspanns 15 Minuten in Anspruch nimmt. Effektiv reden wir hier von etwa 50 Minuten an Haupthandlung für den gesamten Film(!).
Da ich hier nicht ewig die selben Kritikpunkte wiederholen will, fasse ich mich kurz: es gibt wirklich viele Ungereimtheiten in der Handlung, die auch für einen Pokemonfilm (zu) markant & negativ herausstechen wie die quasi-Abwesenheit von anderen Menschen in der Großstadt obwohl ringsherum Feuer und Explosionen die City in Schutt & Asche legen oder 10-jährige Kinder, die in ein Museum einbrechen und einen Zeppelin kapern. Yada Yada Yada. Wenn man gewillt ist über diese defizitären Aspekte hinwegzusehen (Stichwort "Hey, das ist halt Pokemon"), kann man, wie ich finde, den Film sehr viel mehr genießen...
...Denn, der Auftritt Kyurems ist wirklich grandios und erinnert mit der immer noch zeitgemäßen Animation an Blockbuster-Zeichentrickfilme aus den frühen 2010er Jahren. Eisiger Nebel, das wie ein Virus den gesamten Boden infiziert, Eisschwaden die sich klirrend ihren Weg in die Erde hineinfressen, das unheilvolle Klimpern und Zusammenprallen von Eissplittern die ihren Meister Kyurem ankündigen.
Der Film weiß wie man grandiose Auftritte in Szene setzt, speziell die Bedrohlichkeit Kyurems ist eine überzeugende Konstante des Films.
Wenn ein Film sprechende Pokemon so dringend nötig hatte, dann dürfte es genau dieser Film sein. Kyurems markant tief-bedrohliche Stimme im krassen Kontrast zu Keldeos jugendlich-hoher Stimme schafft hier wohl eines der furchterregendsten Pokemon, das man in der jüngeren Geschichte des Pokemon-Animes gesehen hat.
Auch die Einbettung von Ashs Begleiterin Lilia in die Haupthandlung ist in diesem Zusammenhang nennenswert: durch den Rückblick zu Lilia und ihrer Großmutter aus dem Dorf der Drachen erhält der Zuschauer Information über Kyurems unheimliche Stärke als mächtigstes Drachenpokemon der Welt und das gibt dem ohnehin gefährlichen (de facto-)Antagonisten einen mysteriösen Anstrich. "De Facto" in Klammern weil sich Kyurem im Verlauf der Handlung als kein klassischer Antagonist entpuppen will, sondern viel eher eine fleischgewordene Prüfung (oder ein Hindernis) darstellt, die es zu meistern gilt. Das gibt dem Film einen überraschenden Oha-Moment.
Obwohl all das positiv klingt, tröstet leider nichts über die Tatsache hinweg, dass der Film zu kurz ist weshalb der Spannungsbogen von Anfang an nicht recht funktionieren kann & will. Der größte Leidtragende ist wohl der Schauplatz des Films: Roshan City. Ja, tatsächlich hat die Stadt, die von Kyurem auseinander genommen wird einen Namen. Man erfährt leider nichts über die Stadt oder die Region, effektiv ist diese absolut irrelevant für die Handlung, man könnte sie austauschen ohne Gefahr zu laufen die Haupthandlung in Mitleidenschaft zu ziehen.
Letzten Endes ist die eklatante Schwäche des Films, dass man das Paradigma der 3-Akte-Struktur mit nachvollziehbarer Einführung, Höhepunkt & Auflösung auf Biegen und Brechen in unter 60 Minuten hineingepresst hat wodurch eine unfertige Hauptstory mit teilweise forciertem Ende übrig blieb.
Wenn man sich am Darth Vader-esquen Auftritt von Kyurem und seiner beiden Formen Weißes Kyurem & Schwarzes Kyurem nicht satt sehen kann, dann muss man diesen Film schauen. Hat man weder eine Affinität zu Drachenpokemon noch zur Einall-Region, kann man diesen getrost ignorieren. Für all diejenigen, die in Drachenpokemon vernarrt sind und eine unerklärlich-seltsame Liebe zu Einall entwickelt haben (wie meine Wenigkeit), ist dieser Film ein Must-Watch.