Ich selbst wohne zur Miete. In meiner ersten Wohnung 2010 bin ich recht günstig eingezogen und mir wurde die Miete nie erhöhrt. Als ich ausgezogen bin hat mein Vermieter (auch nicht privat, Besitzer mehrere Hotels, vieler Häuser und einer Kette von Läden für Friseurbedarf) die Wohnung renoviert (vorher musste ich 1.5 Jahre aufgrund eines Wasserschadens im Nachbarhaus der übergeschlagen hat mit ihm kämpfen. Ich konnte zwar die Miete drastisch kürzen hätte aber liebe ohne Loch in der Wand gelebt) und sie um einiges teurer vermietet.
Nun bin ich aus der Innenstadt ausgezogen und wohne am Stadtrand. In einem Mehrparteienhaus mit 3 Stockwerken und 6 Wohnungen. Der Vermieter wohnt auch im Haus. Es ist sein einziges Haus was er vermietet. Dort habe ich eine Staffelmiete, das heißt ich zahle jedes Jahr 10€ pro Monat mehr.
Ich selbst bevorzuge es im Randgebiet bzw in Einzugsgebieten von Städten zu wohnen. Dort habe ich Natur und Ruhe aber trotzdem die Vorteile die einem die bessere Infrastruktur einer Stadt bietet. Mit der aktuellen Wohnung bin ich sehr zufrieden. Der Preis ist kaum höher als der der Wohnung in der Innenstadt, ich habe aber 40m² mehr, einen Balkon sowie einen kleinen Garten. Ich wohne hier auch sehr ruhig. Langfristig möchte ich aber selbst in ein eigenes Haus ziehen.
Das beste Rezept gegen hohe Mieten ist es mehr Wohnungen zu bauen und mehr Leute ins eigene Eigentum ziehen zu lassen. Viele Leute hätten ja gerne ein Eigentum, können es sich aber schlichtweg nicht leisten. Das heißt man muss versuchen die Möglichkeiten zu schaffen, dass dies wieder der Fall ist. Man muss das Leben außerhalb der Stadt wieder attraktiver machen. Hausbau von Privatleuten kann man ebenfalls fördern.
Deutschlandweit gesehen sind die meisten Vermieter schon Privatleute. Da finde ich auch, dass es da wenig einzuwenden gibt und dass man mit Mietpreisdeckelungen oder gar Enteignungen sehr vorsichtig sein sollte. In Großstädten sieht das schon anders aus. Diese Wohnungsgesellschaften die Mieten als Spekulation betreiben sehe ich schon sehr kritisch. Dass man dagegen vorgeht ist finde ich auch eine gute Sache. Nur oft ist gut gemeint halt eben nicht gut gemacht und wenn man eine Regelung trifft, die dann den privaten Vermieter, der nur ein paar Wohnungen in seinem Haus vermietet, sehr stark gängelt, dann bringt das nichts. Ob Enteignungen der Wohnungskonzerne was bringen, weiß ich nicht. Ich finde aber nicht, dass es ganz vom Tisch sein sollte.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Wohnraum halt eben nicht bundesweit knapp wird, sondern in Ballungszentren. Natürlich ist es ein Skandal wenn ein Lehrer sich in München der dort auch lebt und arbeitet, keine Miete mehr leisten kann. Ich glaube nicht, dass man das staatlich direkt lösen kann, aber ein Skandal ist es allemal. Auch kann man es schon unfair betrachten, wenn die Reichen die Armen aus den Städten verdrängen, weil es nun einmal hip ist in der Stadt zu wohnen und die Armen daher im Zuge der Gentrifizierung keinen Lebensraum mehr haben. Das sind reale Probleme.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht nur die Reichen den Armen den Lebensraum wegnehmen. Ich nenne sie mal vereinfacht die "Latte Macchiato"-Hipster, also Leute die frisch aus der Uni kommen oder noch studieren und als Single mit ihrem Job in einer Werbeagentur in der Innenstadt in einer 2 bis 3-Zimmer-Wohnung leben wollen. Das sind auch Menschen, die armen Familien ebenfalls den Lebensraum wegnehmen und gleichzeitig ebenfalls Wohnungsnot haben und dann laut schreien. Ich bin für ein Grundrecht, welches bezahlbares wohnen garantiert. Aber eben kein Grundrecht für bezahlbares wohnen in Berlin-Kreuzberg. Die ganzen Dorf- und Kleinstadt-Kinder die zum studieren in die Stadt ziehen und dann dort 10 - 20 Jahre ihr hippes Leben führen um sich dann mit Mitte bis Ende 30 doch wieder mit Haus im ländlicheren Bereich niederzulassen, die nehmen in den 10-20 Jahren den ursprünglichen Stadtbewohnern die Wohnungen genauso weg wie die Reichen.
Keiner sollte es dürfen. Garkeiner! Es gibt nur 2 Dinge. Entweder man kauft ein Haus oder eine Wohnung und nur dort lebt man. Man darf aber keine weitere Häuser oder Wohnungen kaufen. Oder man mietet ein Haus oder eine Wohnung vom Staat an.
Ich komme aus dem Saarland aus einer Arbeiterfamilie. In der Gegend aus der ich komme, dort hat fast jeder ein Haus. Nicht weil die Einkommen so hoch sind, sondern ganz im Gegenteil. Das Saarland ist größtenteils entweder A ländlich geprägt und Leute in der privaten Landwirtschaft (die es dort tatsächlich noch gibt) leben dort wo sie arbeiten, nämlich auf dem eigenen Grundstück. Viele andere Gebiete sind B klassische Arbeiterviertel. Der Ort in dem ich groß wurde, in dem haben früher fast nur Bergarbeiter gelebt. Da die Leute nach dem Krieg so arm waren und sich nichts leisten konnten, bekamen die alle günstig Häuser mit Gärten und Grundstücken wo man auch was anbauen konnte. Alles Mehrgenerationenhäuser, da die Arbeiter so arm waren, dass man sich halt so besser über Wasser halten konnte. Aufgrund des demografischen Wandels haben dort sehr viele Menschen jetzt Häuser mit mehreren Wohnungen. Es gibt halt gar nicht mehr den Fall, dass da genug Parteien in einer Familie da sind um das alles privat zu bewohnen. Was machst du jetzt mit denen? Willst du Leute aus der Arbeiterklasse, die halbwegs über der Armutsgrenze leben können, weil die sich das Eigentum weitervererben dann enteignen damit sie komplett in die Armut rutschen? Willst du sie zwingen die Häuser abzureißen und Einfamilienhäuser zu bauen? Oder dürfen sie in den Häusern wohnen aber sie werden dann gezwungen die Wohnungen die eh schon da sind leer zu lassen? Sorgt das nicht für mehr Wohnungsnot? Oder dürfen die dann doch die Wohnung vermieten? Wenn du nach Süd- und Südwestdeutschland gehst, betrifft das die Mehrheit der Eigenheime und Vermietungsverhältnisse. Das ist kein Sonderfall.
Wenn du nun sagst ein Haus ist okay, aber keine weiteren Häuser oder Wohnungen außerhalb des eigenen Hauses, was ist denn nun, wenn ich als Person auf dem Land ein großes Grundstück habe, was aber nicht viel wert ist (wie gesagt im Saarland sehr viele Menschen, da die Arbeiter Landwirtschaft betrieben haben um überhaupt nach dem Krieg leben zu können)? Als Arbeiter und Handwerker kann ich selbst ein Haus bauen oder als Person aus einer Landwirtsfamilie den Stall auf dem Hof in ein Haus umrenovieren. Das heißt ich halbiere mein Grundstück um ein zweites Haus zu bauen oder zu renovieren und es dann zu vermieten. Willst du das verbieten? Willst du dann die Arbeiter noch Zwangsenteignen damit der Staat ein Haus auf dem Grundstück baut oder soll ich einfach ein größeres Grundstück haben und keinen Wohnraum schaffen dürfen?
Da im Saarland jeder Arbeiter nach dem Krieg günstig ein Haus bekam um dort leben zu können, gibt es sehr viele Hauseigentümer. Aufgrund der Demographie gibt es natürlich Leute ohne Kinder. Schon erbe ich als Arbeiter, der selbst mit dem eigenen Lohn in die Altersarmut rutscht und nie selbst bauen oder kaufen könnte, zwei Häuser. Das meiner Eltern und das meiner Tante. Beide sind im bescheidenen Zustand. Kaufen wird es keiner, weil man das Haus komplett renovieren oder abreißen müsste und neue leere Grundstücke sind auf dem Land günstiger. Der Zustand ist aber gut genug um dort zu wohnen ohne dass ich ich selbst oder Mieter in ein Loch stecken würde. Mieter würde ich daher finden. Ich selbst ziehe in ein Haus. Was soll nun mit dem anderen geschehen? Wird es mir zwangsenteignet und soll der Staat dann auf eigene Kosten neue Wohnungen dort bauen obwohl dort keine Wohnungsnot herrscht? Das könnte er doch lieber in Wohnungsbau in der Stadt investieren. Gleichzeitig würde ich als Arbeiter mit dem Haus im moderaten Zustand in die Armut rutschen, da meine Rente kaum zum leben reicht. Mit der Miete aus dem anderen Haus wäre es aber besser. Wurde mir aber vom Staat abgenommen. Oder soll ich das Haus einfach leer stehen und verkommen lassen? Oder darf ich es nicht doch vermieten um nicht ganz in die Altersarmut zu rutschen?
Was ist denn wenn ich nun ein neues Haus baue? Mal angenommen ich mache das in einer Gegend die halbwegs okay infrastrukturell angebunden ist. Das heißt es gibt dort weder massig leer stehende Wohnungen noch herrscht totale Wohnungsnot. Aber wenn ich eine Wohnung hätte, könnte ich sie vermieten und das zu fairen Preisen, da die Mietlage nicht so schlimm ist, dass ich enorm hohe Mieten verlangen kann. Soll ich nun gezwungen werden ein Einfamilienhaus zu bauen oder kann ich auch ein Zweifamilienhaus bauen und eine Wohnung vermieten? Was ist wenn ich eh ein Zweiparteienhaus baue damit meine Kinder dort einmal eine Wohnung im selben Haus haben können, soll die Wohnung dann leer bleiben bis die Kinder groß genug sind? Fördert das nicht auch die Wohnungsnot und sorgt das nicht auch für höhere Preise? Auch das sind außerhalb von Ballungszentren reale Verhältnisse.
Ich selbst will ein eigenes Haus haben und das dann auch nur für mich alleine, weil ich meine Ruhe bevorzuge. Dafür bin ich auch bereit die Kosten zu tragen, weil es ja durch keine vorhandenen Mieteinnahmen für mich nichts einbringt. Mein Vermieter (Schreinermeister, der dann auch ein Haus gebaut hat und dieses wie gesagt selbst bewohnt und 5 weitere Wohnungen in dem Haus vermietet, ist als ehemaliger Selbstständiger ein großer Teil seiner Altersvorsorge) der hat doch mit seinen 5 Wohnungen für den Wohnungsmarkt was gutes getan. Hätte man ihm damals verboten selbst zu vermieten hätte er ein Problem mit der Altersvorsorge gehabt und er hätte keine neuen Wohnungen geschaffen. Warum ist das was er macht was schlechtes was man verbieten sollte und warum wäre es besser wenn er nur für sich allein gebaut hätte? Wieso ist es schlecht wenn er Gewinn aus der Vermietung macht? Er ist kein Finanzkonzern der damit dem Wohnungsmarkt und den Mietpreisen schadet. Er sorgt für neuen Wohnungsraum und hat sich selbst seine Altersversorge damit geschaffen. Man hat auch ein Grundrecht auf Essen. Bist du deswegen der Meinung, dass wir alle Bauern enteignen sollen, da sie die Nahrungsmittel auch mit Gewinn verkaufen? Dann können wir ja auch sagen Nahrungsmittelproduktion entweder man baut für sich alleine an oder man kauft Nahrungsmittel vom Staat das senkt die Preise. Die Kollektivierung der Nahrungsmittelproduktion ist ja eine einzige Erfolgsgeschichte.
Disclaimer: Ich bin selbs links und war auch schon in Parteien und Gewerkschaften. Ich sehe es selbst kritisch wenn Infrastruktur den Finanzmärkten ausgeliefert ist und man auf Kosten der Menschen für hohe Rendite sorgt obwohl manche Felder kostendeckend sein sollten um alle Menschen einen Zugang zu diesen Dingen zu schaffen. Ich würde Enteignungen nie vollkommen ausschließen, bin für stärkere Besteuerung und generelle Regulierung der großen Konzerne etc.
Nur zu sagen, dass die Konzerne an allem Schuld sind ist halt deutlich verkürzt. Selbst wenn man sagt, dass unser generelles Profit-orientiertes System defizitär ist und viele Probleme nur dadurch entstehen, ist es doch nicht einfach gelöst in dem man alles verstaatlicht. Normalerweise rolle ich als linker selbst mit den Augen, wenn bei jeder Forderung links der Schröder-SPD mit DDR, Sowjetunion, Massenarmut etc. argumentiert wird, weil das eine inhaltslose Argumentation in extremen ist. Wenn du aber sagt nur Privatwohnung oder Staat und Gewinne bei Infrastruktur sind gegen die Grundrechte, dann ist das halt zu vereinfacht und die Umsetzung deiner Forderungen würde so wie du sie hier geschrieben hast eben nicht zwangsläufig in günstigeren und besseren Wohnraum für alle resultieren. Da muss ich dann selbst ins gleiche Boxhorn schlagen was mich sonst so nervt, denn sonst hätte die Sowjetunion ja funktioniert und das nicht über so viel Armut für Millionen von Menschen.