Die Dorfbrücke muss einfach nominiert werden, ein so stimmungsvolles Stück. Eigentlich eine Verschwendung, dass man es in Schwarz & Weiß erst nach der Liga zu hören bekommt, aber andererseits zeigt sich darin auch, wieviel Herzblut damals noch in den Haupteditionen steckte. Glücklicherweise wurde in Schwarz 2 & Weiß 2 die Reiseroute geändert, sodass man früher in den Genuss kommt. Schon die Grundmelodie schafft eine so entspannte Atmosphäre, dass ich am liebsten den ganzen Tag dort verbringen möchte. Für sich genommen wird sie schnell repetitiv, aber da kommen die vier(!) zusätzlichen Musikelemente ins Spiel, die man durch das Ansprechen bestimmter Personen hinzufügen kann. In den Einall-Spielen kommt diese Technik ein paar Mal zum Einsatz, aber hier bekommt man als Spieler die größte und schönste Auswahl. Das Beatboxing sagt mir nicht so zu, aber praktischerweise kann man es einfach ausschalten und nur den drei anderen Musikern lauschen. Nervig ist höchstens, die Personen jedes Mal zu erreichen, aber dabei entdeckt man zumindest die Umgebung.
Bei Route 209 schwanke ich jedes Mal, ob ich die Tag- oder die Nachtversion lieber höre. Beide sind toll, ich erinnere mich, wie ich zum ersten Mal von Herzhofen aus diese Route betrat und eine ganze Weile stehen blieb, um der Musik zu lauschen. Bis heute ist es so, wenn ich in Sinnoh unterwegs bin und das Spiel speichern und beenden möchte, dass ich vorher auf Route 209 fliege, um vor dem Ausschalten und nach dem erneuten Einschalten des DS diese Musik genießen zu können. (Gelegentlich werden es auch Flori, Jubelstadt oder Blizzach.) Schlussendlich habe ich mich für die Tagversion entschieden, weil die Instrumentierung noch mal ein Stück abwechslungsreicher gestaltet ist, ohne aber jemals chaotisch zu werden. Die Melodie ist verspielt, aber trotzdem klar und lädt zum Mitsummen ein. Übrigens, eine Melodie ist etwas ganz wichtiges für mich bei einem Musikstück, weil sie dafür sorgt, ob es mir im Kopf bleibt und ich es aus dem Gedächtnis wiedergeben kann.
Wieso nicht die Version aus den Remakes? Erstens habe ich die nicht gespielt und zweitens passt der Klang für mich nicht zu einer Route, weil ich ständig ein großes Orchester vor meinem inneren Auge stehen habe. Auf dem DS hingegen holt das Stück einiges aus den Möglichkeiten des Systems heraus und zeigt, wie abwechslungsreich es klingen kann.
Dem Nationalpark rechne ich gute Chancen aus, dass er weit kommen könnte. Schon das Original auf dem Gameboy sticht heraus und besitzt einen ungewöhnlich langen Loop für einen Ort, an dem eigentlich weiter nichts passiert. Scheint so, als hätten die Entwickler selbst gerne hier entspannt und den Komponisten beauftragt, sich besonders ins Zeug zu legen. Da mir der Gameboy-Sound allerdings zu dudelig ist, entscheide ich mich für die Version aus den Remakes, die auf dem DS mehr Abwechslung an Instrumenten und gleichzeitig abgespielten Sounds bieten konnte. Mir gefällt, wie verspielt sich die Melodie an vielen Stellen mit zusätzlichen Trillern gibt, wie sich die Instrumente im Vorder- und im Hintergrund ergänzen und gegenseitig ablösen und wie sich die Stimmung mittendrin ändert und zu einer abenteuerlichen Routenmusik und wieder zurück findet.
Das Thema von Professor Platan ist wohl eindeutig an das Klischee eines französischen Cafés angelehnt, in dem ein Akkordeonspieler vor sich hin dudelt, eingefangen in so etwas wie Die fabelhafte Welt der Amélie. Die Intervalle zwischen den Tönen sind nicht so ganz klassisch gehalten, es klingt immer ein wenig dissonant und bricht dadurch mit den Erwartungen, aber dennoch passt alles zusammen. Wahrscheinlich ist es genau dieser Hauch von Dissonanz, der das Stück interessant bleiben lässt, obwohl der Loop nicht sonderlich lang ist. Was es dann besonders macht, ist, wenn es den ersten Teil mit dem Akkordeon und der Caféhausatmosphäre verlässt und die Streicher einsetzen. Dann wird klar, dass ein Pokémon-Professor vor uns steht, der uns auf ein Abenteuer schickt. Zum Schluss, bevor der Loop einsetzt, machen die Streicher noch einmal einen Schnörkel, der das Stück wunderbar abrundet.
Jedes Pokémon-Spiel seit Schwarz & Weiß hat sein eigenes Thema für emotionale Momente, und Unwavering Emotions war eben das erste davon. Es startet mit einer simplen Piano-Melodie und wird auch nicht mehr viel komplexer. Aber die Einsamkeit der Melodie, und dann der Moment, wenn die Streicher einsetzen, berühren mich jedes Mal. Bewundernswert finde ich, dass das Thema sowohl für Bell als auch für Matisse funktioniert, obwohl beide unterschiedlicher vom Charakter her nicht sein könnten. Es existiert in X/Y eine geupdatete Version davon, die man sich in einem Haus in Tempera City vorspielen lassen können, aber die Unterschiede sind nicht so gravierend, so dass ich beim Original bleibe.
Mir gefällt von den emotionalen Themen beispielsweise auch Zinna's Sorrow aus ORAS, weil es zugleich ein wenig hoffnungsvoll klingt, aber an dieser Stelle musste es Schwarz & Weiß den Vortritt lassen.
Kampfthemen sind die schwierigere Wahl für mich als die Atmosphäre-Tracks, weil ich mit den oft gewählten Elektro- und Rockklängen nicht so sehr sympathisiere.
Dianthas Thema war für mich eine angenehme Abwechslung unter den Champ-Themen, weil es nicht so treibend-bedrohlich daherkommt, sondern etwas behäbiger beginnt und viel Abwechslung bietet. Diantha läuft oft unter dem Radar, weil der Kampf gegen sie recht einfach ist, vor allem durch den OP-Teiler EP-Teiler. Zugegebenermaßen bin ich auch kein Fan von ihr als Charakter, weil sie zu selten vorkommt, und ihr Team hat zwar coole Pokémon, aber von einem Champ erwarte ich andere Kaliber. Nichtsdestotrotz, ihr Kampfthema macht das wieder wett und symbolisiert vielleicht auch ein Stück weit, dass sie es zwar ernst meint und alle Register sehen möchte, aber ihr selbst geht es einfach nur um den Spaß am Kampf und sie ist nicht sonderlich ehrgeizig. Wie schon bei der Nominierung geschrieben, man achte auf die widerstreitenden Motive, von denen immer eines nach oben und eines nach unten läuft. Außerdem gefallen mir die Glockensounds, die zuweilen im Hintergrund auftauchen.
G-Cis verkörpert das absolute Gegenteil davon. Er kämpft nur im äußersten Notfall, aber dann meint er es auch wirklich ernst und benutzt seine Pokémon, um seine Interessen durchzusetzen und mehr Macht anzuhäufen. Besonders ikonisch an diesem Stück ist natürlich der Männerchor, der zwischendurch einsetzt und klingt, als würde er "G-Cis" singen, ansonsten handelt es sich mehr oder weniger um atmosphärisches Getrommel. Mir gefällt aber, wie sich die Melodie fast unmerklich nach und nach aufbaut, um schließlich in den Chorteil zu münden. Das Stück verursacht ein schauerliches Gefühl, alles klingt dissonant, wie es auch angemessen ist, wenn man meinte, den Antagonisten besiegt und die Pokémon gerettet zu haben, nur um dann mit der grauen Eminenz, dem eigentlichen Bösewicht konfrontiert zu werden, dessen Pokémon noch ein paar Level höher sind.
Schlussendlich nominiere ich noch eines der klassischen, schnellen und treibenden Kampfthemen, das glücklicherweise auf Rock- und Technoklänge verzichtet: das Rivalenthema aus Diamant, Perl und Platin. Hier spiegelt der Charakter des Stücks auch die quirlige und dennoch zielstrebige Art des Rivalen wider. Man kann von ihm als Figur halten, was man will, aber jedes Mal, wenn sein Stück erklingt, muss ich sofort mitwippen und habe dementsprechend auch gerne gegen ihn gekämpft. Die Eingangsfanfare, die beim Einsatz von Kopfhörern zwischen beiden Ohren hin- und herspringt, mag ich zum Beispiel. Auch hier habe ich die Remakes nicht gespielt, deswegen bleibe ich beim Original, das ich absolut gelungen finde.