Kapitel 2
Langsam öffne ich die Augen, doch bis auf einen kleinen, grün schimmernden Schein ist alles dunkel, sodass ich nichts sehen kann. „Deprimierend, nicht wahr?“, seufzt eine, mir vertraute, Mädchenstimme und rasch drehe ich mich in die Richtung, aus der sie kam, jedoch kann ich aufgrund der Dunkelheit nichts erkennen, doch scheint der Schimmer von dort zu kommen. Instinktiv gehe ich einige Schritte und kann nach kurzer Zeit einen großen, steinernen Thron erkennen, der fast so aussieht wie … „... wie der im Mausoleum von Garreg Mach, ja“, vervollständigt mich die Stimme, als ob sie, nein, als sie meine Gedanken liest.
„Sothis“, hauche ich und blicke die Göttin an, die mich ebenfalls aus ihren hellgrünen Augen mustert, ihr Ellenbogen auf der Lehne des Sitzes gestellt um ihr Gesicht zu stützen. Ihre langen, smaragdgrünen Haare fallen wie ein Wasserfall an ihren Schultern hinab und die goldenen Schmuckelemente ihrer Kleidung funkeln im, von ihr ausgehenden, grünen Schein.
„Ja richtig“, bestätigt sie mich. „Ich weiß du hast viele Fragen, zu denen ich jedoch bei vielen noch keine Antwort habe. Woher ich weiß was du dich fragst?“, fragt sie mich kichernd. „Wir und unsere Seelen und Schicksal, sind immerhin, auch ohne dass wir miteinander verschmolzen sind, noch immer sehr eng miteinander verbunden und werden es auch für immer sein. Wir werden auch in Zukunft wieder Zeit haben, miteinander zu reden.“ Sanft lächle ich. Als Sothis nicht mehr da war, habe ich mich ab und an alleine gefühlt, klar habe ich viel Zeit mit meinen Studenten verbracht, aber einen richtigen Konversationspartner mit dem ich über meine eigenen Belange und Gefühle sprechen konnte, hatte ich bis auf Edelgard keinen. „So ein süßes Mädchen“, schwärmt Sothis. „Argh“, murmelt sie sich selbst zu, „warum passiert das immer? Eigentlich wollte ich ihr eine Standpauke halten, stattdessen lullt sie mich immer wieder ein.“ Mit schief gelegtem Kopf, blicke ich die Göttin musternd an. „Ah, schau mich nicht so an“, erwidert sie erneut seufzend und wird auf einmal ernst. „Schon wieder! Du hast es schon wieder getan, du bist kopflos in einen Kampf gegangen und siehe da – wir sind wieder in der Finsternis gefangen. Ich weiß zwar, wofür du gekämpft hast und es ist diesmal auch nicht so schlimm, dass wir uns wieder komplett miteinander verbinden müssten, aber es ist trotzdem dumm. Du bist manchmal ein richtiger Dummkopf, weißt du das?“, spricht sie mit deutlich aufgebrachter Stimme und atmet tief durch. „Jetzt wach endlich auf, du Narr, diese Leere ist absolut deprimierend, außerdem wartet auch deine Herzdame schon ziemlich lange auf dich.“ Ein letztes Mal treffen ihre Augen die meine und nach einer Weile wischt sie mit ihrer Hand durch die Luft, woraufhin das Bild von meinen Augen verschwindet und meine Gedanken wieder mit meinen Träumen verschmelzen.
Langsam normalisiert sich meine Atmung, während mich ein warmes und kitzelndes Gefühl an meiner Nase sanft zurück in die Welt der Lebenden gleiten lässt. 'Oh nein, versuch es gar nicht. Du bleibst schön wach.', höre ich innerlich Sothis' aufgebracht klingende Stimme nachdem ich gähnend meinen Kopf auf die andere Seite gedreht habe um wieder ins Reich der Träume einzudringen und spüre wie die Müdigkeit in meinem Körper der Energie weicht. Leise seufzend atme ich tief durch, während ich auch gemächlich mein Bewusstsein zurückerlange und bewege meinen Kopf auf dem gemütlichen Untergrund erneut in eine bequemere Position. Der frische, herrliche Geruch einer Blumenwiese dringt in meine Nase und die weiche Decke, von der der Duft ausgeht, umhüllt meinen Körper wie ein Schleier aus Wärme und Geborgenheit. Behäbig versuche ich die Decke etwas höher zu ziehen, doch wird das durch einen Druck auf meiner Schulter verhindert. Erneut gähnend öffne ich meine Augen um ein Blick auf das Subjekt zu werfen, welches meinen Oberkörper auf die Matratze fixiert, doch muss aufgrund des hellen, goldenen Scheins erst mehrere Male blinzeln, um eine klare Sicht auf meinen Körper zu erlangen, ehe ich lächeln muss. Auf meinem linken Schlüsselbein liegt das wunderschöne Gesicht einer gewissen Kaiserin, welche schlafend auf einem Stuhl sitzt, ihren Kopf auf mir abgelegt. Instinktiv hole ich eine Hand aus der purpurnen Decke und streichle Edelgard zärtlich über ihre weißen Haare, bevor ich liebevoll in ihr schönes, schlafendes Gesicht blicke. Sie wirkt so sanft und friedlich, wenn sie hier so liegt, als sollte das immer so sein. Nach all den Tragödien hat sie es auch wahrlich verdient, nun endlich mit den Schatten der Vergangenheit abzuschließen und in einen neuen Lebensabschnitt schreiten zu können. Dass ich ich ihre Partnerin in diesem neuen Abschnitt sein darf, erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit und ich freue mich bereits sehr, die kommenden Herausforderungen auf unserem Weg Seite an Seite mit meiner Liebsten … meiner El … zu beschreiten.
„Professor, du bist endlich wach“, unterbricht auf einmal eine aufgeregte und freundliche Mädchenstimme die Stille. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, lege ich Edelgards Kopf von meinem Schlüsselbein sanft auf ein Kissen, ehe ich mich aufsetze und in die Richtung der Stimme drehe, woraufhin ich in das Gesicht von Bernadetta blicke. Mit einem Lächeln auf den Lippen schaut die Scharfschützin zu mir herüber, während sie mit einem dicken aufgeschlagenen Buch in der Hand an einem Nachttisch sitzt. Der goldene Schein der, noch schwachen, aufgehenden Morgensonne verwandelt ihre kurzen, lilanen Haare in ein strahlendes violett, als würde man in ein Meer aus wunderschönen Veilchen blicken und an ihrem linken Ringfinger funkelt ein silberner Ring.
„Hallo Bernadetta, es ist schön dich zu sehen“, begrüße ich sie ebenfalls lächelnd. „Aber lass uns etwas leiser reden, nicht das wir sie aufwecken“, füge ich hinzu, nachdem ich einen Blick auf die Kaiserin geworfen habe.
„Oh, ja, es tut mir Leid“, kurz seufzt sie, „ach Berni-Bärchen, warum bist du immer so unvorsichtig? Jetzt will dich bestimmt die Professorin dafür töten, dass...“
„Hmm, das passiert immer noch? Ich sollte mich einmal mit Hubert zusammensetzen und Wege finden, wie sie ihr Selbstvertrauen besser aufbauen könnte“, murmle ich mir seufzend zu, ehe ich mich an sie wende und ruhig versuche, auf sie einzugehen, „Alles ist gut Bernadetta, ich werde nichts dergleichen tun, atme bitte einmal fest durch.“
„Das sagst du doch jetzt nur um mich in Sicherheit zu wiegen, in Wahrheit … was?“, ruft sie panisch, dennoch leise genug, damit Edelgard nicht aufwacht, ehe sie einige tiefe Atemzüge nimmt und sich langsam wieder beruhigt. „Byleth, es tut mir Leid. Ich weiß nicht, warum es wieder passiert ist und dann auch ausgerechnet bei dir. Es hat sich in der letzten Zeit, vor allem dank dir, mit den Anfällen gebessert, sodass ich mit einigen Leuten gut sprechen kann, aber ich möchte gerne weiter daran arbeiten, wirst du mir wieder dabei helfen?“, ihre Bitte fast ein Flehen, woraufhin ich lächelnd nicke. „Danke, das bedeutet mir viel. Aber eigentlich sollte es jetzt ja um dich gehen, nachdem du so lange geschlafen hast, hast du bestimmt einige Fragen auf dem Herzen, nicht wahr?“
„Ja, erzähle mir alles, was nach dem Kampf gegen Thales passiert ist, wie viel Zeit seitdem vergangen ist, wo wir hier sind und was noch wichtig für mich wichtig zu wissen ist“, erwidere ich neugierig und sehe, wie sich mein Gegenüber die Worte im Mund zurechtlegt.
„Nun, nachdem du Thales besiegt hattest, war es für die anderen und mich ein Leichtes, die restlichen Schattenschleicher zu töten. Glücklicherweise hat der Trupp keine Verluste erlitten, lediglich einige kleinere Verletzungen“, kurz hört sie auf zu sprechen und krempelt den Ärmel an ihrem rechten Arm zurück. Eine kleine, noch frisch wirkende, Narbe ziert ihre sonstige, reine Haut. „Ein Streifschuss“, erzählt sie ruhig, „ich habe gesehen, wie ein Pfeil auf Hubi gerichtet wurde und konnte ihn im letzten Moment zur Seite ziehen, dabei wurde ich am Arm getroffen. Daraufhin wurde er ernster als sonst und hat gesagt, dass ich mich nie wieder in eine solche Gefahr bringen soll. Oh, er hatte mir während der Reaktion mehr Angst gemacht, als die Verletzung“, jammert sie, woraufhin ich kurz kichere. Wer hätte denn gedacht, dass sich der gefühlskalte und, nicht selten, grausam wirkende Hubert solche Sorgen um jemanden außer Edelgard macht. Kurz schmunzle ich. Der Mann steckt selbst nach all den Jahren noch immer voller Geheimnisse und hoffentlich wird er noch einige von ihnen offenbaren. Ein kurzes Räuspern von ihr lenkt meine Aufmerksamkeit zurück auf Bernadetta. „Nachdem wir dich dann bewusstlos in Edelgards Armen gefunden hatten, haben wir entschieden zurückzukehren, da wir auch nicht wussten, wie es dir geht und wie lange du im Koma liegen würdest. Da vor allem Linhardt und Hubi in naher Zukunft erneut, aufgrund des gesammelten Wissens und der Geheimnisse der Schattenschleicher, nach Shambhala zurückkehren möchten, blieben einige des Trupps, wie beispielsweise Caspar und Leonie, sowie ein kleiner Teil der kaiserlichen Armee, dort, um vor den Toren der Stadt zu patrouillieren. Edelgard, Hubi, ich und alle anderen sind nach Enbarr aufgebrochen.“
„Wir sind in Enbarr?“, frage ich nachdenklich. Die Hauptstadt des Kaiserreichs, nein, des geeinigten Fodlans hat mich seit jeher in ihren Bann gezogen und zum ersten Mal werde ich in der Lage sein, sie zu erkunden. In einigen Missionen, die wir hier ausgeführt haben, konnte ich bereits einige, kleine Teile der beeindruckenden Heimatstadt von Edelgard sehen, doch es gibt bestimmt noch so viel mehr zu entdecken. Sanft lächle ich, ein weiterer Grund um sich auf die Zukunft zu freuen. Auf einmal spüre ich ein warmes Kitzeln an der Nase, welches meine Gedanken zurück in die Gegenwart gleiten lässt. Durch große Fenster gelangt das, nun schon wärmer gewordene, Tageslicht der Morgensonne und taucht den Raum in einen schönen und hellen Schein. Neugierig lasse ich meinen Blick über das geräumige Zimmer schweifen, welches trotz seiner Größe kaum eingerichtet ist. Neben dem Bett befinden sich lediglich aus einem kleinen Tisch mitsamt zwei Stühlen, einem Schrank, sowie einigen Topfpflanzen, die in den weißgestrichenden Zimmer einen schönen Grünton bringt.
„Das hier ist das kaiserliche Schlafgemach des Palastes. Noch ist es ziemlich leer, da Edelgard erst mit dir besprechen wollte, wie ihr das Zimmer einrichten möchtet“, erklärt die Scharfschützin, als sie meinen umherschweifenden Blick erkennt, ehe sie selbst ihren Blick auf die Kaiserin lenkt. „Sie hat uns übrigens auch große Sorgen gemacht, weißt du? Sie hat sich in den zwei Wochen, in denen du schon hier liegst, geweigert von deiner Seite zu weichen und hat kaum gegessen. Die Staatsgeschäfte haben provisorisch Hubert und Ferdinand übernommen, aber ich denke, dass auch das Volk etwas von seiner rechtmäßigen Herrscherin hören möchte.“ Kurz seufze ich, das klingt so sehr nach ihr und ihrer Entschlossenheit, die ihresgleichen sucht. Nachdenklich streichle ich über ihre Haare. Auf der einen Seite macht es mich sehr glücklich, dass sie sich so sehr um mich kümmert, doch gleichzeitig ist es auch unvernünftig und leichtsinnig, sich selbst so zu vernachlässigen. Langsam lehne ich mich zu ihr hinab und platziere einen zärtlichen Kuss auf ihrer Stirn, auf jeden Fall werde ich mich dafür revanchieren, dass sie gesamte Zeit bei mir war.
„Berni, kannst du mir eben kurz helfen, El ins Bett zu legen?“, frage ich die junge Adlige neben mir, als ich erkenne, dass Edelgard noch immer auf ihrem Stuhl sitzt. Mit einem Nicken als Antwort kommt sie zu mir, während ich rasch aufstehe.und mit meinem rechten Arm mild den Kopf der Kaiserin anhebe, ehe wir beide den schlafenden Körper der Regentin vorsichtig auf die weiche Matratze ablegen.
„Professor, ich werde nun gehen müssen, denn ich habe leider noch etwas offizielles im Namen des Haus Varleys zu erledigen. Aber da du nun wieder erwacht bist, kann ich euch beiden ja allein lassen“, spricht Bernadetta seufzend, während ich zurück ins Bett husche. Mit einer geschickten Bewegung decke ich Edelgard und mich sanft mit der purpurnen Decke zu, versiegele ihre Lippen mit den meinen und kuschle mich eng an meine Verlobte, woraufhin sie sich selbst im Schlaf noch enger an sich schmiegt. „Eins noch“, kichert die Scharfschützin, „Dorothea hatte recht. Ihr seid beide so süß zusammen.“
Soo, Kapitel 2 ist nun fertig - es hat länger gedauert als geplant, doch vor allem mit dem ersten Teil des zweiten Kapitels bin ich zufrieden :)
Das Ende von der CF Route ist ja doch relativ offen gehalten, es wird nur erwähnt, dass Byleth die Kraft der Göttin verliert. Da nun aber in der Route auch eine Sothis Romanze möglich ist, ist es eigentlich für mich ziemlich logisch, dass zwar Sothis noch bei Byleth ist, aber sie nicht mehr auf ihre Fähigkeiten zugreifen kann. Hatte da auch ein wenig diesbezüglich mit Jiang geschrieben und kamen eigentlich auf recht gleiche Ergebnisse :D
Lange Rede kurzer Sinn, ich hoffe euch gefällt das Kapitel und Kommentare, Anmerkungen, Feedback, ect sind immer gerne gesehen :)