Vorweg: bei diesem Beitrag handelt es sich im Wesentlichen um den gelöschten Beitrag auf der letzten Seite, den ich nach Rückspache mit TimWolla erneut veröffentliche. In diesem Beitrag hatte ich bewusst gegen Alaiya argumentiert und diesen User exakt beschrieben, ohne ihn zu benennen. Ich habe auch gesagt, dass ich nach dieser Logik jetzt beleidigend werden dürfte, allerdings meiner Meinung nach ohne tatsächlich beleidigend zu sein. Ich wollte damit darauf hinweisen, dass das Argument, dass Heard Depps Namen nicht genannt hat, völlig fehlschlägt, da er exakt identifizierbar war. Ich habe auch unterstellt, dass Alaiya versucht sich Tatsachen so zurechtzubiegen, dass sie in das vorgefertigte Weltbild passen. Da ich das unten belege, glaube ich nicht, dass das beleidigend ist.
Da das offenbar aber falsch verstanden werden konnte, poste ich den Beitrag hier noch mal leicht angepasst in der Hoffnung, dass er diesmal stehen bleiben darf. Falls sich jemand tatsächlich beleidigt gefühlt hat, bitte ich um Entschuldigung.
Alaiya hat in dem Beitrag übrigens offenbar nicht nur übersehen, dass der Zeitungsartikel sich laut Urteil negativ auf Johnny Depp ausgewirkt hat und Amber Heard unter Eid aus Versehen mehrmals zugegeben hat, dass der Artikel auf Depp bezogen war (noch einer dieser extrem unklugen Schachzüge übrigens). Es wurde dann konsequenterweise auch erkannt, dass er auf ihn bezogen war, und ihm geschadet hat. Es ist schon extrem naiv, zu denken, dass hier das Ziel des Artikels nicht nachvollzogen werden kann. Und es ist schlichtweg falsch, zu denken, dass Heard einfach über irgendwelche Gewalterfahrungen sprechen würde. Dem hat sie selbst (!) widersprochen, also selbst wenn man ihr Glauben schenkt ist das Unsinn.
Das Urteil sagt auch nicht im Ansatz, dass Frauen nicht mehr über ihre Gewalterfahrungen sprechen dürfen, wie kommt man auf sowas? Ich bin im amerikanischen Recht nicht so bewandert, aber ausweislich der Juryentscheidung hat Amber Heard bewusst (!) gelogen (!). Das heißt, die Gewalterfahrungen, von denen sie berichtet hat, gab es so nicht. Wer über tatsächliche Gewalterfahrungen spricht, hat damit weiterhin nichts zu befürchten, die müssen nicht mal belegbar sein. Es kommt halt nur doof, wenn dann Beweise auftauchen, in denen - unbestritten - das angebliche Opfer zugibt, den angeblichen Täter unprovoziert (!) geschlagen zu haben. Wie wahrscheinlich ist es, dass das bei echten Opfern von Gewalterfahrungen passiert? Genau, gen null.
Ich finde es übrigens auch wieder entlarvend, dass hier wieder von “Frauen“ gesprochen wird, nicht etwa geschlechtsneutral von “Opfern häuslicher Gewalt“. Opfermythos.
Das ganze ist zugegebenermaßen noch nicht rechtskräftig, sodass man mit einer wirklich finalen Beurteilung denke ich noch etwas warten sollte. Es ist natürlich auch so, dass wir hier ein entgegenstehendes Urteil aus dem UK haben, und dieser Widerspuch wird wohl mangels Rechtskollisionsregeln - und auch nur gleicher Parteien - niemals aufgelöst werden. Aber dass Heard Beweismittel gefälscht und gelogen hat, um Depp schlechter dastehen zu lassen, dürfte in Anbetracht der Beweislage wirklich nicht mehr zu widerlegen sein. Und die nunmehr besprochenen Beweise sprechen eindeutig dafür, dass hier beide Parteien nicht gerade Heilige waren, aber Depp wohl im Gegensatz zu Heard nicht gewalttätig geworden ist. Dazu passt dann das Narrativ, dass „das Gericht“ angeblich Beweise nicht angenommen hat, die zur Schuld führen. Opfermythos pur. Ich hatte das in meinem ersten Beitrag mal angedeutet, aber die Parteien haben sich vor dem Prozess geeinigt, welche Beweismittel zulässig sind. Warum dann die Beklagte für sie günstige Beweismittel ohne Notwendigkeit aus dem Prüfungsumfang herausnehmen soll, ist für mich schlechterdings nicht nachvollziehbar, sorry. Und sehr passend ist es übrigens auch, dass mit Orlando Bloom und Keira Knightley zwei Personen genannt werden, die angeblich schlechte Erfahrungen mit Depp gemacht haben sollen. Komischerweise haben sich in diesem Prozess beide FÜR Depp ausgesprochen, was ich innerhalb von zwei Minuten ergooglen konnte. Mehr noch, Bloom ist offenbar sehr gut mit Depp befreundet. Ich kann nur vermuten, dass das geflissentlich unterschlagen wurde, eben weil es nicht in das vorgefertigte Weltbild und zu den Opfermythen passt. Genauso finde ich es ungeheuerlich, zu behaupten, dass es unvorstellbar wäre, dass er gegenüber einer Partnerin nicht aggressiv wäre. Hat nicht mit Kate Moss eine Expartnerin genau das ausgesagt? Warum genau glaubt man der weniger als Heard, die - erneut - im Prozess nachweislich mehrmals gelogen hat. Und glaubt man dann eigentlich Taysa van Ree, der Ex-Freundin von Heard, die ausgesagt hat, dass sie Opfer von häuslicher Gewalt durch Heard geworden ist?
Ich finde das enorm schade, dass du offenbar nicht mal in der Lage bist, eine Mitschuld von Heard zu erkennen. Ich halte das offen gestanden für ziemlich sexistisch motiviert. Wie gesagt, Opfermythos. Und es ist halt extrem blöd, wenn dieser Opfermythos dazu führt, dass Täter zu Opfern und Opfern zu Tätern gemacht werden. Damit schadet man nicht nur Depp, sondern etwa auch Taysa van Ree, einer, oh schreck, Frau. Und man marginalisiert natürlich total echte Fälle von häuslicher Gewalt, weil dann wie QueFueMejor angedeutet hat wieder die Reaktionären aus ihrer Ecke kommen und behauptet dass man solchen Anschuldigungen nicht trauen kann, weil #metoo ja sogar der Heard noch glaubt.
Oder, ganz kurz zusammengefasst: Ich denke, dass Leute mit Regenbogenflaggen in ihrem Avatar heute in diesem Thread der #metoo-Bewegung mehr geschadet haben als der Prozess.
@zweiter Post: Ich habe nicht mehr viel Zeit, daher nur kurz:
- Die Behauptung, dass der Standard im UK höher ist, ist meines Erachtens schlicht Unsinn. Selbst in dem verlinkten Guardian-Artikel steht, dass die Entscheidung „on the balance of probability“ erfolgt ist. Das heißt, der Richter hat es für wahrscheinlicher gehalten, dass sie wahr sind, als dass sie unwahr sind, 50,1% reicht dafür aus. In dem US-Prozess musste der Nachweis dagegen „by the greater weight of the evidence“ erfolgen, was meines Erachtens ein höherer oder gleicher Standard sein dürfte. Ich kenne mich in common law aber nicht wirklich aus, also bin ich für Erklärungen gerne offen.
- in dem Zusammenhang verstehe ich auch die Aussage „Durch das first amendment ist es in den USA sehr schwer, libel zu erwirken“ überhaupt nicht. Das konterkariert doch deine gesamte Argumentation, weil gerade das Depp ja gelungen ist. In allen Punkten.
- Bezüglich der Crew, die angeblich für Heard aussagen können soll, würde ich gerne wissen wer das sein soll. Meines Wissens haben zwei Leute die mit auf diesem Flug waren für Depp ausgesagt, darunter ein Crewmitglied?
- Das Jurysystem werde ich nicht verteidigen, aber die große Mehrheit der fachkundigen Amerikaner scheint das Urteil soweit ich sehe für richtig zu halten. Und nein, die sind nicht alle rechts nur weil sie weiter rechts stehen als du. Das tun sie ja fast zwingend, weil viel weiter links geht ja nicht.
Ach, und bevor hier irgendjemand was in den falschen Hals kriegt, wenn ich von “Opfermythos“ spreche will ich damit in keiner Weise bestreiten, dass in der überwältigen Anzahl der Fälle Frauen Opfer häuslicher Gewalt werden. Ich will auch nicht verkennen, dass diese Fälle zu oft nicht aufgeklärt werden können, was eben nicht nur an der Unschuldsvermutung liegt sondern auch daran, dass die Gesellschaft sie nicht ernst nimmt. Aber wenn in Fällen wie hier, wo zumindest einmal beide, wenn nicht überwiegend Heard, Blödsinn gebaut haben, immer noch versucht wird die Frau krampfhaft als das Opfer zu stilisieren ist das wirklich nicht förderlich