Wow, TheTic , bist du privilegiert
Ich finde es wirklich fantastisch. Ich schreibe da oben einen ellenlangen Aufsatz, dessen Quintessenz ist, dass man auf Augenhöhe demokratisch diskutieren muss, und literally deine ersten fünf Worte sind ad hominem. Und ja, ich empfinde "privilegiert" als Beleidigung. Weil dieses Wort ausschließlich von vermeintlichen Verteidigern von Minderheiten benutzt wird, um Leute mit anderen Meinungen aus der Diskussion herauszudrängen. Inhaltlich hast du damit nichts beigetragen, aber mich schon einmal provisorisch verunglimpft. Warum stoppst du da? Ich bin doch sicher auch ein Nazi oder zumindest ein Rechtspopulist, weil ich es wage, eine Partei zu verteidigen, die in den 71 Jahren Bundesrepublik 50 Jahre an der Regierung war und es trotzdem nicht geschafft hat, Deutschland in eine rechte Diktatur zu verwandeln. Das ist kein vernünftiger Diskussionsstil, den du da an den Tag legst, und ich hoffe du bist dir dessen bewusst.
Die CDU macht, so wie sie aktuell auftritt, mir Angst, macht vielen meiner Freund*innen Angst, weil diverse Politiker der CDU/CSU oftmals eine ähnlich hetzerische Rhetorik an den Tag legen, wie so manch ein AfD-Politiker. Und ja, das macht sie Teil des Problems. Denn bisher hat kein AfD Politiker jemanden erschossen oder verprügelt - nein, es waren Leute, die sich haben gegen Minderheiten aufbringen lassen durch entsprechend hetzerische Sprache, die von der AfD, aber auch CDU, CSU, FDP und manchmal sogar der SPD wiedergegeben wird.
Es tut mir ja Leid, dass die CDU dir und deinen Freunden Angst macht. Angst ist aber leider ein ausgesprochen schlechtes Argument in der politischen Diskussion. Man kann wohl davon ausgehen, dass sehr viele Leute die AfD nur wählen, weil ihnen Flüchtlinge Angst machen. Das ist aber falsch. Und ebenso falsch ist es, die CDU politisch zu diffarmieren, nur weil man ein Angstgefühl hat, das man subjektiv auf die CDU, eine demokratische Partei, zurückführst.
e:// Nachdem ich deinen zweiten Beitrag jetzt gelesen habe, habe ich deutlich mehr Verständnis für deine Ansichten. Darf ich fragen, in welcher Stadt du lebst? Auch wenn alles, was du schilderst, absolut bedrohlich klingt, habe ich nämlich die Vermutung, dass du da eher in einer Ausnahmesituation lebst als ich. Noch einmal, ich bestreite nicht, dass wir in Deutschland ein stukturelles Problem mit Rechtsextremen haben. Die Taten von Hanau, Halle und das Lübcke-Attentat sind höchst alarmierend, umso mehr, als dass zumindest im Fall Hanau offenbar massive Versäumnisse der Behörden die Tat begünstigt haben. Das ändert aber nichts daran, dass man in fast allen Teilen Deutschlands auch als Behinderter, LGBTQ+-Mensch oder Ausländer sicher leben kann. Und wo das nicht der Fall ist, ist die Lösung sicherlich eher die Ausweitung ordnungsrechtlicher Maßnahmen, nicht aber eine Beschneidung politischer Rechte wie der Meinungsfreiheit.
Es ist keine Lösung, wenn CDU und CSU am rechten Rand fischen gehen. Das kann man auch nur glauben, wenn man nicht von dem Hass und der Unterdrückung betroffen ist. Denn wenn der Parteiverbund, der angesehen und von allen als legitimisiert wahrgenommen wird, dieselben Aussagen tätigt, wie die AfD, legitimisieren sie damit die Aussagen und indirekt damit auch die AfD. Sie nehmen der AfD damit keine Wähler weg, sondern zeigen den Wählern der AfD stattdessen, dass ihr "Protest" Wirkung zeigt, dass sie damit durchkommen, dass ihr Hass gewinnen kann.
Ok. Ich nehme das als deine Meinung so hin, auch wenn die Anzahl derartiger Aussagen bei der CDU meinem Empfinden nach deutlich geringer und medial nicht annähernd so präsent ist. Ich habe glaube ich auch geschrieben, dass ich von der CDU erwarte, dass sie sich auch wenn sie inhaltlich weiter nach rechts driftet klar vom rechten Rand abgrenzt. Namentlich sollten die Sprachmuster dezidiert anders sein. Das gelingt ihr meiner Meinung nach im Großen und Ganzen - einige der traurigen Ausnahmen hast du unten angeführt - auch ganz gut.
Daher: Wie genau stellst du dir denn eine Lösung vor? Willst du den 40 - 60% der Wähler, die Union, FDP und AfD wählen, jetzt das Wahlrecht entziehen? Oder willst du sie nur politisch nicht ernst nehmen, weil sie deiner Meinung nach "privilegiert" sind und nur unprivilegierte Menschen das Recht haben, sich zu äußern? Oder willst du, wie du immer noch angedeutet und auch in deiner Antwort nicht dementiert hast, einfach die Verfassung brechen, um die AfD auszuschalten?
Das wird alles nicht funktionieren. Wir leben in einer Demokratie, und es ist deren Recht, sich zu äußern. Es ist auch deren Recht, zu wählen, was sie für richtig halten. Und es ist nun einmal nicht per se undemokratisch oder verfassungswidrig, gegen Inklusion, die gleichgeschlechtliche Ehe oder unbegrenzte Zuwanderung zu sein. Auch diese Menschen haben eine valide, politische Meinung. Und solange diese Menschen dabei auf dem Boden der Verfassung bleiben, haben wir diese Meinung zu akzeptieren. Klar kann man eventuell die AfD im verfassungsgerichtlichen Verfahren verbieten. Aber wenn CDU/CSU und FDP, ja sogar die SPD Teil deines Problems sind, dann wird sich dein Problem innerhalb einer Demokratie schlicht nicht lösen lassen.
Daher mal ganz konkret gefragt. Wenn jemand jetzt für eine stärkere Law-and-Order-Politik, für eine restriktivere Flüchtlingspolitik und gegen Inklusion in Schulen ist, wen sollte der deiner Ansicht nach lieber wählen: AfD oder CDU? Jedenfalls für mich ist die Antwort eindeutig, und deshalb ist die CDU eine Lösung für das Problem AfD. Inwiefern man danach auf demokratischer Basis - also dem politischen Grundkonsens, von dem ich oben gesprochen habe - die Politik der CDU angreift, weil man der Ansicht ist, dass sie nicht zweckmäßig ist, steht auf einem anderen Blatt.
Wir werden uns gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren – bis zur letzten Patrone. (Horst Seehofer)
Wenn eine afrikanische Frau 100 Dollar verdient – Preisfrage: Wie viel bringt sie nach Hause, zur Familie? Die bringt 90 Dollar nach Hause. Wenn ein afrikanischer Mann 100 Dollar verdient – Preisfrage: Was bringt der nach Hause? 30 Dollar. Und du weißt sicher, was er mit dem Rest macht. Nämlich Alkohol, Suff, Drogen, Frauen natürlich. (Gerd Müller)
Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier - als Wirtschaftsflüchtling - den kriegen wir nie wieder los. (Andreas Scheuer)
Klar ist auch, das darf man nicht vergessen, dass Antisemitismus natürlich vor allem in muslimisch geprägten Kulturkreisen besonders stark vertreten ist. (Amthor)
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Natürlich hast du hier vier Zitate herausgepickt, von denen drei absolut verabscheuungswürdig klingen. Wie das Amthor-Zitat da dazwischen gerutscht ist, kann ich mir jedoch nicht erklären, denn dass Antisemitismus vor allem in muslimisch geprägten Kulturkreisen besonders stark vertreten sind, ist schließlich eine Tatsache. Gerade Amthor gelingt es doch in seinen Bundestagsreden, sich wie kaum ein anderer vom rechten Rand abzugrenzen und trotzdem konservative Positionen zu beziehen?
Das ist jetzt offtopic, aber meines Wissens gibt es etwa ein Dutzend arabische Staaten, in denen der Antisemitismus mehr oder weniger Staatsräson ist, und keinen einzigen nichtmuslimischen Staat.
Und zumindest bei dem Seehofer-Zitat würde ich nicht überbewerten. Ich halte die Wortwahl zwar für absolut daneben, das Zitat fiel allerdings vor Jahren auf einer karnevalistischen Veranstaltung. Aktuell, im Nachgang der Tat von Hanau, klingt Herr Seehofer da doch ganz anders.
Im Allgemeinen sind das ja nur Zitate, und wie du selbst gesagt hast, kommt es ja vordergründig auf Taten an. Da die Union - im Gegensatz zu der AfD - ja an der Regierung ist, kann man sie ganz gut an ihrem Regierungshandeln bewerten. Und da haben wir dann unter anderem:
- Die Abschaffung der Wehrpflicht und der Atomkraft
- Über Monate hinweg die mit Abstand sozialste Flüchtlingspolitik des gesamten EU-Raumes, zum Teil über den Willen fast aller anderen Mitgliedsstaaten hinweg
- Die bereits angesprochenen Task-Force Maßnahmen
- Die Anerkennung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner
- Gesundheitsminister Spahn und sein aufgrund seiner Sexualität überaus glaubhaftes Bestreben, Konversationstherapien zu verbieten
- Ganz nebenbei zahlreiche Rentenerhöhungen, sogar noch diese Woche eine Grundrente, die Einführung eines Mindestlohnes und einer ineffektiven, aber dennoch vorhandenen Mietpreisbremse.
Ich kenne mich jetzt nicht wirklich aus, ich arbeite ja erst seit zwei Jahren schwerpunktmäßig im Staatsrecht, aber all das macht auf mich nicht den Eindruck von klassisch rechter, ja sogar rechtsextremer Politik. Die CDU ist unter Kanzlerin Merkel, grade in den großen Koalitionen, weit zur politischen Mitte und damit nach links gerückt. Wer etwas anderes behauptet und ihnen anhand ihrer Taten rechtsextreme Tendenzen unterstellen will, muss selbst schon sehr weit links sein.
Und beispielsweise sehen wir auch gerade wieder, wie diverse CDU-Poltiker denken, wenn direkt nach Hanau der erste Gedanke ist, die Tat zu relativieren. So ist eine der ersten Reaktionen von Maaßen rechte Gewalt mit der Antifa gleichzusetzen, während Klöckner von "wahllosen Morden" spricht (was sie nicht waren - sie wurden ermordet, weil der Täter sie als Ausländer wahrgenommen hat). Auch andere Politiker verharmlosen die den Terroranschlag (denn nichts anderes war es), als Zeichen einer gespaltenen Gesellschaft (Harig, CDU) oder einfach nur eine "Tragödie".
Das sehe ich auch kritisch. Ich habe mir größtenteils abgewöhnt, nach Anschlägen politische Statements anzuhören. Bei rechten Anschlägen relativieren halt Vertreter der rechteren Parteien und die linkeren kritisieren, bei islamistischen Anschlägen ist es anders herum, und letztlich ist keinem damit in irgendeiner Weise geholfen. Es muss der Fairness halber aber auch dazu gesagt werden, dass etwa Frau Merkel und Herr Seehofer und damit die tatsächlich zuständigen Politiker sich meiner Ansicht nach nach den Anschlägen höchst vorbildlich verhalten haben.
Und das alles nur in Bezug auf Rassismus. Man könnte noch mal so viel sagen, wenn es um die CDU und Queerfeindlichkeit oder die CDU/CSU und Sexismus ginge. (Was Behinderte angeht ist es so, dass CDU/CSU die Existenz derer meistens lieber ganz ignorieren, also weder so richtig dagegen sind, sich aber sicher auch nicht dafür einsetzen und etwaige Gesetzesentwürfe von linkeren Parteien ablehnen.) Oder in Sachen "Anzweifeln des Klimawandels", das gerade durch die "Werte Union" ja immer wieder passiert.
Jop. Das sind alles klassisch rechte, größtenteils dumme Positionen. Sie sind aber alle grundsätzlich verfassungskonform. Und die Werte Union ist ein Haufen in den 50er-Jahren steckengebliebener Idioten, von denen aber keiner auch nur in irgendeiner Weise ein wichtiges Parteiamt besetzt. Sie ist ja nichtmal wie etwa der "Flügel" der AfD eine Gruppierung innerhalb der Partei, sondern ein eigener Verein. Ihre Aussagen der gesamten CDU anzuhängen, halte ich daher für verfehlt.
Und sicher, CDU/CSU ist in ihrer gesamt Politik weniger anti-demokratisch. Was aber nicht heißt, dass es dort nicht auch diverse sehr problematische und auch gefährliche Politik betreiben. Die Polizeigesetze seien hier genannt. Auch die Einschränkung der Privatsphäre halte ich für sehr problematisch und brandgefährlich.
Das stimmt, ich bin auch gegen Law-and-Order und Dinge wie die Vorratsdatenspeicherung (ich gehe mal davon aus, dass du das mit der "Privatsphäre" meinst?). Man muss aber fairerweise dazu sagen, dass alle Parteien gewisse Punkte in ihren Programmen haben, die verfasssungsrechtlich höchst bedenklich sind. Die SPD, Grünen und Linken zum Beispiel wollen meines Wissens den Grundsatz der gleichen Wahl durch die Einführung einer Frauenquote abschaffen. Das macht diese Parteien nicht automatisch verfassungswidrig, denn die Verfassungsmäßigkeit solcher Maßnahmen ist nun einmal umstritten.
Interessant finde ich darüber hinaus übrigens auch, dass du offenbar der Ansicht bist, dass man in Deutschland nicht mehr sicher leben kann, aber trotzdem gegen die Ausweitung von Befugnissen für die Polizei bist. Wie genau stellst du dir das praktisch vor?
e:// Mein freier Samstag neigt sich leider schon wieder dem Ende zu, daher zu den weiteren Beiträgen nur im Schnelldurchlauf.
Und genau so sehe ich eben auch die Gefahr durch die Polizei, die aktuell hier in NRW dank der CDU, die der Polizei mehr Rechte eingeräumt hat, deutlich größer geworden ist. Erneut: Auch hier kenne ich Leute, die schwer verletzt wurden durch Polizisten unter vagen Vorwänden. In Hamm, was bei mir direkt um die Ecke ist, haben wir auch gerade einen großen Skandal mit rechtsextremen Polizist*innen.
Hamm ist lustigerweise auch bei mir direkt um die Ecke, auch wenn du wohl eher südlich und ich eher nördlich wohne, wenn ich deinen Schilderungen Glauben schenken darf. Interessanterweise habe ich mein Staatsexamen in Hamm geschrieben und deshalb da für zwei Wochen gewohnt, und hatte nicht den Eindruck, dass sich Mitbürger mit Migrationshintergrund da in irgendeiner Weise eingeschüchtert fühlen. Von einem Skandal mit rechtsextremen Polizisten habe ich übrigens nichts mitgekriegt, meines Wissens betrifft der Skandal maximal rechtsextreme Verwaltungsbeamte, die bei der Polizei eingesetzt wurden. Das ist sicher ausgesprochen bedenklich, es ist aber lange nicht so bedenklich wie es rechtsextreme Polizisten wären. Der Mann durfte zum Beispiel keine Waffe tragen. Das ist also wieder so eine minimale Verdrehung von Tatsachen, die beim flüchtigen Lesen nicht groß auffällt, aber dir hilft, die Diskussion in deine Richtung zu lenken. Wiederum halte ich das nicht für einen vernünftigen Diskussionsstil.
Und selbst wenn man eingesteht, dass die Gefahr durch einzelne, potentiell durch das Raster geschlüpfte, rechte Beamte größer geworden ist, dürfte die Gefahr für die Bürger noch deutlicher gesunken sein. Denn die Polizisten sind ja in erster Linie dazu da, Straftaten zu verhindern, nicht, sie zu begehen.
Ja, vielleicht erledigt sich das Problem in 10, 20 Jahren selbst. Aber darauf will ich nicht bauen. Und selbst wenn: Es ändert nichts daran, dass sich viele aktuell hier nicht sicher fühlen.
Hier nochmal, wie genau stellst du dir eine Lösung des Problems vor? Also eine, die tatsächlich in den nächsten Jahren sofort Erfolg haben wird?
Uff, Alaiya, manchmal ist es für mich sehr schwer, deine Beiträge zu lesen - aber nicht, weil ich dich nicht verstehe, sondern weil sie mir verdeutlichen, wie weit diese beiden Fronten, also rechtsextreme und von ihnen unterdrückte und geachtete Gruppen, auseinander gerutscht sind und dass sie gefühlt nichts mehr auf der Welt zusammenbringen kann. Und ja, ich verstehe deinen Punkt absolut, ich bin selbst zwar auch Teil der LGBTQ+ Community, aber bislang wurde ich in meinem Leben beispielsweise aufgrund meiner sexuellen Orientierung nur wenig geshamed oder gar bedroht. Und ja, ich verstehe dich, mir machen Nazis auch Angst, gerade wenn sie groß, wütend und OFFENSICHTLICH nicht auf Konversation auf sind. Ich habe bis vor ein paar Wochen in Erfurt gelebt, am Herrenberg, einer Hochburg der AfD, und ich habe wirklich versucht, mit den Leuten, die dort für diesen Haufen Nazis Werbung gemacht haben, zu reden. Keine Chance. Ich wurde sogar als "Schlampe" und "Fotze" beschimpft, weil ich gesagt habe, dass ich es nicht gut finde, wenn sie Kindern im Grundschulalter ihre Propagandaprogramme in die Hand drücken. Aber oh well.
Erst einmal danke für einen "nichtprivilegierten", aber gemäßigten und nichtalarmistischen Beitrag. Zweitens rede ich aber nicht davon, dass rechtsextreme und von ihnen unterdrückte Gruppen ins Gespräch kommen sollen. Das halte ich für Quatsch, bei Rechtsextremen ist meiner Ansicht nach Hopfen und Malz verloren. Es ist aber halt nicht jeder AfD-Wähler gleich rechtsextrem oder gewaltbereit. AfD-Wähler befinden sich in ganz verschiedenen Stadien der Radikalisierung, und gerade bei den ersten Anzeichen muss man dagegen treten. Da ist noch Hoffnung da.
Weil die möchte die kapitalistische CDU nicht hören, denn diese Sorgen hängen nun einmal mit dem Kapitalismus und einer sehr mäßigen Sozialpolitik zusammen.
Das ist deine, politische Meinung. Und genau so, wie man nicht alle Probleme auf Flüchtlinge scheiben kann, kann man nicht alle Probleme auf den Kapitalismus oder die Sozialpolitik schieben, zumal die soziale Marktwirtschaft bei weitem das beste politische System ist, das wir haben. Es ist meiner Meinung nach auch das einzige, das man auf dem Boden des Grundgesetzes vertreten kann. Wie gesagt, über die konkrete Ausformung (Verstaatlichung großer Unternehmen, Vermögenssteuern, höherer Mindestlohn o.ä.) kann und muss man diskutieren, aber die Tatsache, dass die CDU kapitalistisch ist, ist kein Argument.
Die Armut steigt übrigens in Deutschland schlicht nicht, das sind Fake News. Zwar geht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander, aber in den letzten Jahren ist das Durchschnittseinkommen der oberen neun Dezilen, also von 90% der Bevölkerung, gestiegen. Das unterste Dezil ist nur deshalb eine Ausnahme, weil da durch die Flüchtlingskrise eine enorm große Anzahl Bedürftiger dazu gekommen ist.
Selbst wenn man mit einer rechts eingestellten Person redet und ihr Humanismus erklärt, ist sie 2 Jahre später genauso anfällig für rechte Propaganda wie vorher, weil sich am Status Quo ihrer eigenen Existenz wenig geändert hat. Der Weg gegen rechts ist linke Politik. Das ist auch der Grund, warum die Fronten auf mysteröse Weise so verhärtet sind.
Wohlgemerkt habe ich mich mit meinen Argumenten oben auf die AfD-Wähler bezogen, die schon da sind, bei denen solche präventiven Maßnahmen wie du sie vorschlägst also keinen Sinn mehr haben. Es ging mir nicht darum, denen Humanismus zu erklären. Es geht mir darum, ihnen zu erklären, dass auch sie von der Demokratie mehr profitieren als sie ihnen schadet. Davon bin ich trotz aller Probleme überzeugt. Es geht auch darum, ihnen Fehler in ihrer Argumentation aufzuzeigen und sie zum Nachdenken anzuregen. So das klassische "Flüchtlinge nehmen uns die Arbeitsplätze weg und belasten unsere Sozialsysteme" halt.
Langfristig hast du mit deiner Argumentation sicherlich in großen Teilen recht. Dass allein linke Politik zwangsläufig gegen rechte Einstellungen hilft, wage ich aber stark zu bezweifeln. Gleicher Zugang zu Bildung und Aufstiegschancen für alle, die diese nutzen, sind sicherlich wichtige Komponenten. Das halte ich aber nicht einmal für eine linke Argumentationsstruktur. Es gibt aber sicherlich auch Grenzen. Ich bin überzeugt davon, dass die AfD zum Beispiel niemals so schnell gewachsen wäre, wenn die FDP im letzten Bundestag gesessen hätte und im linksten Bundestag aller Zeiten rechte Oppositionspolitik stattgefunden hätte. Parallel dazu ist etwa anzumerken, dass der rechteste Bundestag aller Zeiten unter Kiesinger 66-69 die APO und in Konsequenz auch die RAF hervorgebracht hat. Extreme neigen dazu, sich zu bilden, wenn die ihnen mit ihnen thematisch überschneidenden, gemäßigten Kräfte nicht gehört werden. Deshalb halte ich es nach wie vor für die wirkungsvollste Maßnahme gegen Extremismus, alle demokratischen Kräfte zu hören. Das hat mit der dann tatsächlich verfolgten Politik übrigens nicht einmal etwas zu tun.