Meine Rekommentare sind auch in diesem Jahr Unterlassungsklagen, schätze ich. Listen up, maggots.
Abgabe 1: 3.5/10
>>> Eine Abgabe, die fast buchstäblich mit einem Platscher beginnt und dann dem Konzept der Attacke treu bleibt. Denn: Nichts passiert. Keine nennenswerten sprachlichen Einfälle, Plot oder Plottwists schon gar nicht, einfach eine kurze, überaus dialoglastige Szene, die so wenig überrascht, dass man die Geschichte vergisst, während man sie liest. Das ist insofern verwunderlich, als dass gleichzeitig kaum handwerkliche Fehler zu erkennen sind. Wenn die Basics sitzen, kann man sich doch eigentlich mehr zutrauen als gar nichts. In diesem Sinne: Eine leicht zu bewertende Abgabe, aber keine als besonders gut zu bewertende Abgabe.
Abgabe 2: 3/10
>>> First things first: Ich mag dieses Format. Noch nicht mehr als ein paar Sätze gelesen, aber die Geschichte traut sich auf jeden Fall schon einmal mehr als Abgabe 1. Was traut sie sich? Macht sie es auch gut? Ich bin gerade ganz gespannt, möchte es herausfinden und lese den "sehnigen Wunsch". Kann mal passieren, sollte es aber nicht. Gerade Pathos lebt im Grunde davon, hervorragend/atmosphärisch umgesetzt zu werden. Da sind so kleine Fehler einfach zu vermeiden. Ansonsten mag ich die Idee des Pokémon-Königreichs - aber so Stilblüten wie "Kind zum Aufziehen", die nicht weiter erklärte "unbekannte Krankheit", die dann "unerwartet voranschreitet", "unmittelbar danach" (nachdem das Leben zu wachsen anfing) werden die Kinder geboren, die dann auch noch exakt gleich aussehen - das muss einfach nicht sein. Gucke ich über die nette Idee und das nette Format hinweg, sehe ich da einfach viel zu wenig Eleganz in den Formulierungen und in der Konzeption. Plattitüden gibt's auch eindeutig zu viele. Ich bin zwei Zeilen tief im dritten Abschnitt und wenn's nicht unfair der Mühe gegenüber und dem Sinn des Votums zuwiderlaufend wäre, ich würde jetzt aufhören, zu lesen. Spoilerwarnung: Es wird eher schlimmer als besser, und eigentlich müsste ich dir drei Wordseiten voll mit Verbesserungsvorschlägen schreiben, aber ich hab jetzt im Moment leider nicht die Zeit dazu. Das grundsätzliche Setting hätte man durchaus gut nutzen können, aber es fehlen viele, viele Basics.
Abgabe 3: 7/10
>>> Ich mag den Titel grundsätzlich. "Sassen", ist das schon wieder der-/dieselbe SchweizerIn wie beim letzten Saisonfinale? War das überhaupt immer dieselbe Person? Ich weiß es nicht. Einstieg liest sich auf jeden Fall flüssig, einige Male stoße ich mich an kleinen Details, etwa der Zeitigkeit zu Beginn oder dem selbstreflexiven Stationieren. "Wenn sie sich die Zukunft wie ein Malen nach Zahlen ausmalten" tut dann schon etwas stärker weh. Das ist so ziemlich der semantisch absurdeste denkbare Vergleich. Bis dahin war der Stil allerdings ziemlich cool, sogar. Es geht im Grunde auch ziemlich gut weiter: Die Details wie das Tauboss-Motiv auf dem Messer, die passend eingestreuten Alltagsanekdoten der Protagonisten, die Idee der Blutsbrüderschaft - ich mag das, auch, wenn es für ein wirklich geschwisterliches Motiv vielleicht eine Spur weit hergeholt ist. Letzten Endes ist es ein solide bis gut beschriebener Streit zweier Jungs mit großen Unsicherheiten und ausgeprägtem Konkurrenzdenken. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dürfte letzten Endes überdurchschnittlich bepunktet werden - einige Stellen entsprachen rein stilistisch nicht unbedingt meinem persönlichen Geschmack in Sachen Wortwahl und Satzrhythmus, aber ich war doch überwiegend überzeugt.
Abgabe 4: 7/10
>>> Boah, wall of text. Paar mehr Absätze wären ganz nett, but oh well, es geht ja um Inhalt und nicht um Verpackung. Inhaltlich finde ich den obligatorischen Pokémon-Bezug ziemlich nett gelöst – ich persönlich halte von freien Texten seit einem knappen Jahrzehnt bereits deutlich mehr als von FanFictions mit ganz groß aufgedrucktem „Fan“ und 1-zu-1-Übernahme von Spielkonzepten. Der Text scheint dem ganzen einen etwas realistischeren Dreh geben zu wollen, was natürlich im Pokémon-Kontext eher schwierig ist, aber als eigenständiger Spin aller Ehren wert. Einige Szenen wirken mitunter etwas ab von der eigentlichen Tonalität und geradezu störend, etwa die Szene mit dem Obdachlosen (es sei denn, der wird irgendwie noch einmal wichtig, so weit bin ich noch nicht). Die Aufteilung der Geschichte in verschiedene Blöcke gefällt mir ähnlich wie in Abgabe zwei wieder einmal ziemlich gut, zumal hier auch die Basics weitaus stimmiger ineinandergreifen. Dazu ein paar schöne Eastereggs, saisonal passend.
In Abschnitt zwei wirkt auch das Comic Relief stimmiger, generell ist die Tonalität anders und für den kindlicheren Rückblick (?) durchaus angemessen. Abschnitt drei finde ich ein bisschen arg hektisch abgeschlossen und insgesamt ein bisschen, pardon: Hingeschissen. Business-Meetings laufen nicht so (glaube ich). Stilistisch ist das grundsätzlich nett und der Throwback zu Bills Experimenten in RBY ist auch schön gedacht, ich kriege nur so langsam den Eindruck, dass die Geschichte zu viel auf zu wenig Raum versucht. Außerdem ist der Cliffhanger diesmal cheesy.Im letzten Absatz setzt sich diese Tendenz fort. Das Gebäude der Silph Co. wurde kaum vorgestellt, man wird einfach so in den bereits erfolgreich vollzogenen Einbruch hineingeworfen und stellt sich die Frage, ob das erzählerischer Faulheit oder Platzmangel geschuldet ist. Der episodenhafte Stil des Ganzen trägt die Story zwar noch hauchzart über Kopfschüttellevel, aber das Gestauchte nimmt der Geschichte ein paar Möglichkeiten. Der finale Cliffhanger ist ziemlich abrupt und bizarr, funktioniert deswegen als offenes Ende in meinen Augen allerdings gar nicht schlecht. Insgesamt eine grundsolide Abgabe, auch, wenn wenig originär Geschwisterliches verarbeitet wurde (und der Obdachlose vom Start nicht noch einmal vorkam, ineffizientes Erzählen ist das).
Abgabe 5: 5,5/10
>>> Schon wieder so ein „Vor langer Zeit“-Beginn, bin mal gespannt, ob das so formelhaft bleibt. „Beide waren sehr talentiert“ – irgendetwas in mir schreit „show, don’t tell“, aber es ist ein märchenhafter Einstieg in eine 2000-Wörter-Geschichte, da darf man einen Erzähler wohl tolerieren. Schiefer Vergleich wenig später: Eine besonders klare, helle Stimme klingt nicht, als würde sie aus Glocken bestehen, sie klingt wie eine Glocke. Also, figuratively. Auch nicht die kreativste Metaphorik. Ich bin auch immer kein Freund von character developement innerhalb von zwei Zeilen. X was the case, so over the time span Y, Z happened ist kein gutes Storytelling. Märchen, Schmärchen, das geht so nicht. Eines schicksalhaften Tages – nun spoiler doch nicht. Das nimmt doch komplett die Spannung raus, wenn man schon schreibt „gleich passiert was“. Kann ein Ort zurückgezogen sein? Der kann abgelegen oder gottverlassen oder welche Einsamkeitssynonyme man für Örtlichkeiten auch aufbringen möchte sein, aber man lebt zurückgezogen an einem Ort und nicht an einem zurückgezogenen Ort.
, On we go: Unrealistische Dialoge sind unrealistisch. Natürlich muss man nicht komplett naturalistisch herangehen (ich habe gerade Vietnam-Flashbacks von der Regietheater-Version von „Die Ratten“, Naturalismus no good), aber was ist denn mit der Realness? Kurzum: Mir gefällt diese nuancenlose origin story ganz und gar nicht. Was mir dafür sehr gefällt, ist der Plottwist und die Auflösung am Ende: Das ist nämlich eine tatsächlich gelungene Zusammenführung der einzelnen Motive und ein äußerst eleganter Pokémon-Bezug, der durchaus Wiedergutmachung für das, das davorkam, darstellt. In anderen Worten: Alles, was Thrawn gelobt hat, war nicht gut, alles, was Thrawn kritisiert hat, ist dir gelungen (also Meloetta-Vorhersehbarkeit, habe aber auch nach Gen 4 nicht mehr so viel mitgekriegt). How's that for a review.
Abgabe 6: 1,5/10
>>> Elder Scrolls kenn ich nicht, aber das ist nicht schlimm. Stil wirkt zunächst in Ordnung, Querlereien sollten wohl mal Querelen werden. Dex, nicht Der. Helfen klein. Lest eure eigenen Texte doch noch einmal gegen, Menschenskinder. Okay, ich nehme das mit dem in Ordnung wirkenden Stil zurück. Das ist all over the place, wirkt fast wie ein Klappentext und hat immer wieder Flüchtigkeitsfehler. Handlung und Figuren sind nicht der Rede wert. Fange an, nachzuvollziehen, warum die Abgabe überall so schlecht bewertet wurde. Und da ist sie auch schon vorbei. Hoppla. Naja, you know what it is. Level 1,5 Durchschnittstext.
Abgabe 7: 6,5/10
>>> Immer wieder diese Einstiege. "Schon immer" ist auch schon wieder so ein Instrument, um Sachverhalte mit dem Holzhammer zu etablieren. Hier ist ein guter Grundstil vorhanden, so viel vorweg - aber irgendwie vermisse ich hier eine erfrischende Erzählform. Das ist wieder so ein verkapptes "es war einmal" plus Faktenaufzählung, auch, wenn es dafür nicht schlecht ist. Wortwahl mit unter angenehm (sonnengelbe Kappe etwa. Das ist nichts Außergewöhnliches, aber es ist präzise und individuell und das ist einiges wert in diesem Wettbewerb). Das gewählte Geschwistertrio ist natürlich irgendwo durchaus naheliegend, aber ich finde das eigentlich auch nicht schlecht. Kann Gen 4 ganz gut leiden und wenn man aus den Dreien was Schönes macht, warum nicht. Einstieg wie gesagt nett geschrieben, mitunter sprachlich einzelne Punkte, wo selbst der eher zynische Kritiker anerkennend nickt, aber auch viel exposition. Mir vielleicht auch ein bisschen zu auktorial, um Empathie für das Trio aufzubauen. Im Grunde lernt man die halt als entspannte Psychodudes kennen, die sich an Feiertagen nicht anrufen und ihre Schwester 'ne Weile nicht gesehen haben. I'm not invested yet.
Später auch wieder so ein Exemplar für mein "Show, don't tell!"-Tourette mit dem "man vergisst sonst alles". Nicht die Regeln der Erzählwelt explizit erklären, lieber die Konsequenzen demonstrieren (und wenn man ans Kontextwissen des Publikums appellieren muss). Der große Showdown ist dann ganz nett gemacht. Dass legendäre Pokémon kaum schwerer zu fangen sind als der durchschnittliche Schmetterling ist zwar ein bisschen doof, aber etablierte Anime-Logik, insofern do your thing. Weiterhin durchweg nett geschrieben mit anderthalb Stellen, wo Flüchtigkeitsfehler oder winzige Formulierungsmängel beanstandet werden könnten, grundsätzlich aber good job. Weniger good job: Die Vorhersehbarkeit des Plots. Es gibt keinen Twist, es gibt die Frage "wann kommt Vesprit und rettet alle?". Dass das dann mit der Power of Love geschieht und diese dann in ihrer geschwisterlichen Ausprägung fast als Epilog zum Mysterium verklärt wird ist zwar ganz nett, aber täuscht nicht unbedingt darüber hinweg, dass keinerlei Spannung aufkommt. Guter Durchschnitt, insgesamt.
Abgabe 8: 8,5/10
>>> Habe schon nach ein paar Zeilen ein Bauchgefühl, dass das die beste Abgabe werden könnte. Absolut stilsicher, originelle Idee, genügend intelligente Introspektion, um das Ich-erzählende Feuerpferd zu einem Charakter heranzutexten. Ist das Geschwisterkind ein Shiny? Es ist ein Shiny! Das ist clever, das gefällt mir. Ideenmäßig auf jeden Fall schonmal Top 3. Ich frage mich allein ein wenig, inwiefern die stolpernde Zunge eine korrekte Metapher für ein sprechendes Pferd ist. Artikulieren sich Pokémon menschenähnlich, weil sie ständig ihren Namen sagen müssen? Welche Laute geben Ponita und Galoppa von sich? I don't know. Die Nachricht hatte sich wie ein Lauf-Feuer verbreitet - rimshot. Die Geschichte macht aber wirklich hervorragend weiter, gibt eine interessante und stimmige Perspektive auf das Sozialleben innerhalb der Herde, erzählt sogar nebenher noch eine Geschichte vom Anderssein in der homogenen, wenig offenen Gruppe. Der Luxtra-Angriff wird dann sogar noch in Bezug zum Wettereinfluss gesetzt. Wirklich schön, dass jemand Details formuliert und diese dann auch erzählerisch nutzt. Hier und da sehe ich schon noch minimal Luft nach oben, was allerdings auch der Kürze der jeweiligen Episoden aufgrund der Wortbegrenzung geschuldet sein könnte. Später etwa wirkt das Verhältnis zwischen dem Shiny und der Herde ein wenig oberflächlicher als noch zu Beginn, wo das Ganze schön ausgearbeitet wurde, und auch die Menschen und ihre "Sklaven"-Pokémon sind als Konzept eigentlich zu stark für so eine kleine Rolle. Insgesamt dennoch ein überzeugender Text, der auf einer schön wehmütigen Note endet.
P.S.: #TeamMandeleis.