Hallo Leute. Ich bin schwer depressiv. Eigentlich. Schon seit vielen Jahren. Es fing schon früh in der Schule an, wurde immer schlimmer und die Themen in meinem Kopf immer existenzieller. Der Unterschied jetzt zu früher ist das ich durch die extreme Angst und Depressionen seit langer Zeit starke dissoziative Symptome habe, die meine Lebensqualität bis ins extremste reduziert. Mir ist bewusst das mein Gehirn sich schützt, wahrscheinlich auf Grund der vielen Jahre mit Angst und Depressionen. Ja, ich habe einen Therapeuten und hatte schon mehrere. Ich arbeite an der Symptomatik und versuche so Aktiv wie möglich zu sein um Gesund zu werden, was mir auch gelingt, durch den jetzigen Schutz, trotz der eigentlich nicht vorhandenen Lebensqualität. Ich lenke mich halt ab und mache meine Aktivitäten. Aber zurück zum eigentlichen Thema: die Depressionen (und Angst) die wahrscheinlich hinter all dem liegen.
Ich wünsche mir die Depressionen, die Gefühle, die enorme Trauer zurück. Lieber schwer depressiv sein aber voller Gefühle und inneren Welten als komplett taub und innerlich leer. Aber ich bin auch ehrlich mit mir: die Depressionen oder eher die Gedanken die mich schwer depressiv machten waren schon sehr extrem, es war schwer auszuhalten und ich hatte schon damals wenig Lebensqualität.
Ich möchte hier gerne über die Gedanken schreiben die mich immer beschäftigen, selbst jetzt in meinem aktuellen Zustand. Die Gefühle sind zwar weg, aber die Gedanken sind noch da, weit weg im Hintergrund.
Ich bin dankbar für mein Leben, für alles was ich habe, gehabt habe, und mir ist bewusst das es unzählige, wundervolle Dinge in dieser Welt gibt. Und ich versuche mich auch mehr auf diese Dinge zu konzentrieren, meiner Gesundheit zuliebe. Aber ich kann die Dinge die nicht in meine Kontrolle liegen nicht akzeptieren, konnte ich noch nie und werde ich wohl auch nie.
Welche Dinge also? Unzählige Dinge.
Um ehrlich zu sein, ich finde es unendlich schrecklich und traurig wie diese Welt, die Natur aufgebaut ist. Mir ist bewusst wie wunderschön sie auch ist, man könnte sagen fast perfekt, wären da nicht diese Dinge.
Die Natur ist unendlich brutal, das Leid der Lebewesen auf der Erde ist schier unendlich und nicht vorstellbar, als wäre diese Welt mindestens zur Hälfte eine Hölle. Für unzählige Lebewesen ist diese Welt eine Hölle. Unzählige Lebewesen werden geboren und wenn sie nicht qualvoll bei der Geburt sterben sterben werden sie zu einem anderen Zeitpunkt auf schrecklichste Art und Weise sterben. Das Leid der Evolution, dass seit über 4 Milliarden Jahre anhält ist nicht vorstellbar. Wenn ich darüber nachdenke das gut möglich ein Multiversum existiert mit unendlich vielen Welten, oder ein sich immer wiederholendes, ewiges Universum, dieser Gedanke hat mir früher immer enorme Angst gemacht weil das würde bedeuten das unendlich viel Leid existiert, immer existieren wird, und es zu keinem Zeitpunkt jemals aufhören wird.
Es gibt unendlich viele Dinge die man im Laufe seines Lebens niemals erleben kann oder erleben wird. Unendlich viele Dinge die man sich so sehr wünscht, aber anstatt das man neben dem Leid wenigstens alle seine Träume erfüllen kann, muss man früher oder später sterben ohne jemals diese Dinge erlebt zu haben. Wenn man sich vorstellt, was man alles erleben könnte, was diese Welt alles bietet, an Natur, an Menschen, an Objekten, an Freuden, an Erfahrungen, an Wege die man theoretisch gehen könnte: Es gibt so vieles, und im Laufe eines Lebens kann man nur einen so unendlich kleinen Bruchteil davon erleben, und wenn man davon ausgeht das nach dem Tod nichts mehr kommt, wird man diese Dinge auch niemals erleben können, nicht mal theoretisch. Es wäre zu 100% hoffnungslos. Nochmal, ich bin dankbar für die Dinge die ich erleben kann. Aber diese Vorstellung die ich jeden Tag habe, diese Gedanken, machen mich Todtraurig.
Ich sehe all die Natur die ich niemals erkunden kann, all die unzähligen Bücher die ich nie lesen werde, all die unzähligen Menschen mit denen ich niemals eine Beziehung haben werde egal wie sehr ich es mir wünsche, all die Objekte die ich niemals besitzen und erleben werde, all die Erlebnisse die Potenziell möglich wären aber für die ein Menschenleben viel zu limitiert und kurz ist um sie erleben zu können.
Dazu kommt das man alles was man so sehr liebt irgendwann verlieren wird. Alles was man liebt wird eines Tages sterben, und man kann sich niemals darauf vorbereiten weil es zu schrecklich ist. Man wird niemals wieder in seine Kindheit reisen können, und diese nochmal erleben, wenn man eine schöne Kindheit hatte. Jeder Moment den man erlebt ist auch wieder sofort vorbei und man wird ihn nie wieder erleben können.
Die einzige Lösung dieser Realität die ich sehe ist entweder eine Art Simulation nach dem Tod wo man alles was man sich je gewünscht hat erleben kann, oder eine Art Simulation in diesem Leben, womöglich erschaffen durch eine Art Künstliche Superintelligenz im Laufe unseres Lebens. Wenn keines dieser beiden Szenarien eintritt, ist unser Tod zu 100% vorherbestimmt und es gibt keine Hoffnung. Beim Tod werden wir alles verlieren und nach dem Tod ist es als hätten wir nie existiert. Wir verlieren alles was uns jemals wertvoll war., sogar unsere Träume.
Religion ist mir keine Lösung und gibt mir keinerlei Hoffnung. Es gibt keine Religion die dass verspricht was ich mir ersehne, und zwar totale Kontrolle wann auch immer diese eintreten wird. Die Vorstellung von einem Himmelreich Gottes oder Reinkarnation im Samsara mit dem Ziel den Kreislauf durch eintritt in das Nirvana sind mir extrem unattraktiv, unrealistisch und naiv. Ich brauche hier nicht darauf eingehen warum. Aber Religion bietet keine Lösung und wird es auch nie.
Meine Hoffnung ist keine dogmatische, kontrollierende, naive Religion sondern einfach der Gedanke das jeder nach seinem Tod in sein persönliches Paradies kommt, was auch immer das sein mag. Nicht nur wäre das die Lösung für mich, sondern auch für alle anderen, und alle Tiere und Menschen die auf schrecklichste Art und Weise Leben und sterben mussten bekommen dann wenigstens als "Ausgleich" ihr Paradies nach dem Tod.
Selbst wenn ich der Reichste Mensch auf Erden wäre, die Probleme und Gedanken die ich bisher beschrieben habe wären genau die gleichen. Geld wäre also auch definitiv keine Lösung. Selbst wenn ich mir alle Objekte kaufen könnte, hätte ich nicht mal im geringsten die Zeit das alles zu konsumieren und zu genießen. Ein Menschenleben ist so limitiert und man ist in dieser Lage gefangen. Es gibt einfach so unendlich viele Dinge die man tun könnte, aber die Zeit dazu fehlt einfach, und die Energie, und die Mittel. Es ist nicht Möglich.
Ja, man müsste eine Art "Gott" sein um diese Probleme für sich selbst lösen zu können. Dann könnte man die Zeit und noch so viel mehr kontrollieren und so alle seine Träume erfüllen.
Ich kann mich noch so viel ablenken, diese Gedanken werden immer da sein weil es einfach die Realität ist. Mir ist bewusst das es jedem Menschen so geht. Aber das macht es auch nicht besser, sondern eher noch aussichtsloser.
Eigentlich möchte ich gar nicht mehr aus dem Haus gehen weil erst recht alles draußen mich genau an all das erinnert, jede Sekunde. Jedes Stück Natur, jeden Menschen den ich sehe, jedes Objekt das ich gerne hätte, das alles erinnert mich daran und der Frust ist so enorm das es mich zerfrisst und Krank macht.
Am Ende kann ich mich nur ablenken, traurig darüber sein, und hoffen das meine Hoffnung wahr wird, weil wenn nicht, ist es so unendlich schrecklich...