Die Verhandlungspartner*innen von SPD, Grüne und FDP haben sich inzwischen vor mehreren Tagen geeinigt und Sondierungspapiere zu den Ergebnissen der Verhandlungen sind bekannt geworden, die laut Annalena Baerbock "relativ knapp gefasst wurden, weshalb es in den einzelnen Feldern noch Konkretisierungen geben werde".
Zum einen soll das Mindestwahlalter wie erwartet auf 16 Jahren gesenkt, der Mindestlohn soll auf 12 € erhöht werden, der Kohleausstieg soll im Jahr 2030 erfolgen, ein Tempolimit an deutschen Autobahnen und eine Erhöhung der Vermögenssteuer fallen wie erwartet vom Tisch.
Beim Thema Soziales soll es eine Einstiegsrente bzw. Aktienrente nach Vorbild Schwedens geben, das Mindestrentenniveau soll bei 48% gesichert sein, das Eintrittsalter wird nicht erhöht. Bei der Aktienrente bedeutet dies, dass die Rentenversicherung auch im Kapitalmarkt anlegen kann. Hartz IV soll wiederum die Bezeichnung Bürgerungsgeld bekommen, die Sanktionen bleiben allerdings erhalten (!) und eine Kindergrundsicherung soll neu kommen. Beim Thema Wohnen wurde als Ziel der Bau von 400.000 Wohnungen festgelegt werden, davon 100.000 öffentlich gefördert. Zudem soll es ein "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" mit allen Akteuren geben.
Beim Thema Steuern und Finanzen lagen die Vorschläge der Parteien wohl am weitesten auseinander.
Wie erwartet ist die Vermögenssteuer vom Tisch und die FDP konnte durchsetzen, dass es allgemein keine Steuererhöhungen geben wird - also auch keine Erbschaftssteuer- oder Einkommensteuererhöhung. Die Parteien wollen auf eine globale Mindeststeuer setzen, die Olaf Scholz vorantreibt und gegen Steuerhinterziehung gekämpft werden (glaube ich erst wenn ich es sehe lol).
Klimaschädliche Subventionen sollen "auf dem Prüfstand" landen.
Beim Thema Klimaschutz wurde die 1,5 Grad Erderwärmung bis 2050 Begrenzung eindeutig als Ziel definiert, sie sich also binden an das Pariser Klimaabkommen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Wie Deutschland effektiv zum net zero Ausstoß von Treibhausgasen gelangen soll während dieser Zeit ist noch sehr vage und bereits während dem Wahlkampf kritisierten u. a. Umweltverbände, dass keine der Klimaschutzpläne der Parteien im Wahlkampf inklusive das der Grünen die Ziele erreichen würde. Zwei Prozent der Landesfläche sollen u. a. für Windkraft bereitgehalten werden, auf Dächern von Gewerbeumbauten Solaranlagen Pflicht sein, für Privatbauten "die Regel".
Bei Gesellschaftsthemen soll es Rechtsreformen beim Staatsangehörigkeitsrecht, Familienrecht, Abstammungsrecht und dem "Transsexuellengesetz" geben - bei letzterem frage ich mich als Betroffene ob es wieder einen Vorstoß zur Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes geben soll oder dies bedeutet, dass die SPD als stärkste Kraft "nur" auf eine Reform des völlig veralteten und in weiten Teilen verfassungswidrigen sowie menschenverachtenden TSG gedrängt hat. Es soll ein Punktesystem für Fachkräfte aus dem Ausland geben und ein "Spurwechsel" für gut integrierte Asylbewerber (was auch immer das bedeuten soll). Das Grundgesetz soll zudem durch das Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzt sowie der Begriff "Rasse" gestrichen werden.
Auch wurde in 3 Sätzen erwähnt gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamismus, Rechtsextremismus, Linksextremismus, Queerfeindlichkeit und jede andere Form von Menschenfeindlichkeit entschieden zu kämpfen. Man liest nicht wirklich was von Vorhaben wie die von rechtsextremen durchseuchte Polizei in allen Bundesländern sowie die Bundeswehr von diesen effektiv "gesäubert" werden sollen und Rechtsextremismus und Linksextremismus in einem Einklang zu erwähnen verschließt sich mal wieder völlig der gesellschaftlichen Realität. Selbst Horst Seehofer hat zugegeben, dass Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die Gesellschaft und Demokratie in Deutschland ist und weder gibt es eine neue RAF, die eine vergleichbare Terrorserie starten würde noch steht Deutschland vor einer "realen Gefahr" einer kommunistischen oder anarchistischen Revolution.
Freilich muss dieses Papier noch vor den Parteigremien gesegnet werden bevor die eigentlichen Koalitionsverhandlungen starten können. SPD Vorstand stimmte bereits gestern Koalitionsverhandlungen zu, bei den Grünen gibt es Sonntag eine Parteitagabstimmung und bei FDP werden Bundesvorstand und Fraktion am Montag abstimmen, aber soweit sollte Koalitionsverhandlungen nicht mehr viel im Wege stehen.
Was haltet ihr persönlich von den Ergebnissen der Sondierungsgesprächen von SPD, Grüne und FDP?