Vielen Dank für diesen sehr sachlichen Beitrag von dir, Thrawn. Bin erstaunt, wie man so umfassend argumentieren kann.
Habe aber ein paar Gegenfragen dazu:
Wenn es an der CDU/CSU liegt, dass die AfD wächst, warum dann verlieren laut Umfragen besonders die SPD und FDP an Stimmen und nicht die CDU/CSU? Weil wer populistisch auftritt, wählt ja lieber das Original und das ist hier leider die AfD. Die CDU/CSU hat zurzeit sogar bessere Werte als zur letzten Bundestagswahl. Muss hier nicht viel mehr die SPD in die Verantwortung gesetzt werden. Schließlich war sie auch jahrelang Juniorpartner der CDU/CSU und nun hat sie es selbst mit 2 Juniorpartnern zu tun. Besonders bei Olaf Scholz ist die Kritik groß. Das Wortspiel: ,,Schlumpfiges Grinsen" von Söder Richtung Scholz hat sich anscheinend bei vielen durchgesetzt und ansonsten wenn ich durch die Medien schaue, dann ist die Kritik an mehreren Ministerpräsidenten groß. An Lauterbach und Faeser besonders.
Dass die CDU/CSU in der Opposition so gut wie bei allen Dingen zu meckern hat, das war ja zu erwarten. Man versucht doch die Regierung schlecht darzustellen. Aber, dass es nur an der CDU/CSU oder FDP liegt, dass die AfD stärker wird ist auch fragwürdig, weil genau diese Parteien (Grüne, SPD und Linke) gerade verlieren. In Thüringen verliert die Linke als Regierungspartei an Stimmen, obwohl Ramelow dort der beliebteste Politiker ist. Die AfD ist dort stärkste Partei und wer hat dort die meisten Stimmen verloren? Die Regierungsparteien (Linke, SPD und Grüne). Ähnlich sieht es auch in Mecklenburg-Vorpommern aus, wo die AfD ja auch stärkste Partei ist.
Außerdem:
Letztlich ist es so: Der Rechtspopulismus wird am besten bekämpft, indem sich ihm gegenüber klar abgegrenzt wird. Ihn zu kopieren funktioniert schlicht nicht.
Das tun Grüne, SPD und Linke zumeist auch und profitieren davon nicht. In anderen Ländern kooperieren oder kopieren scheinbar demokratische, liberale und soziale Parteien schon mit rechten Parteien. Rechte Parteien erobern Europa/Auch Spaniens linke Bastille wird wohl fallen
Am Heizungsgesetz war das schön zu sehen: Während dieses natürlich kritisiert werden konnte (und auch wurde), waren Anschuldigungen und die Verbreitung von Halbwahrheiten und Lügen a la "Morgen kommen die Grünen bei dir vorbei und reißen dir die Heizung raus, die du gerade erst eingebaut hast" einfach plumpe politische Meinungsmache, die dann auch noch mit Begriffen wie "Klima-Stasi" garniert wird.
Das habe ich leider auch mitgekriegt und fand es ganz schlimm. Ich fand es von den Grünen mutig, aber situationsbedingt ist es richtig wenn da was getan muss und zur Not auch mit harten Vorgaben. Es gab leider auch Unklarheiten, die dazu geführt haben, dass es zu einen großen Gesprächsstoff wurde. Viele kaufen jetzt wie verrückt noch eine neue Gasheizung oder so. Das hätte man sicherlich ein bisschen geschickter machen sollen. Weil wegen diesen Blitzkäufen zurzeit, könnten viele später ruiniert werden. Auch die Wärmepumpe ist an sich sehr kostspielig. Man hätte einen Plan bis 2030 aushandeln können, wo das Erdgas stückweise mit Wasserstoff ersetzt wird. Dazu muss klar sein, wo sich was am meisten lohnt. Woanders ist Fernwärme/Erdwärme effektiver und woanders wieder was ganz Anderes. Das Ziel ist doch bis 2030 80% des Co2 Ausstoßes zu vermeiden. Dazu braucht es einen Masterplan. Nicht nur einen Kohleausstieg bis 2030, sondern auch eine Offensive für Balkonkraftwerke, Solarzellen auf den Dächern und Windkrafträdern. Und auch Gaskraftwerke sollten schnellstmöglichst durch grünen Wasserstoffkraftwerken ersetzt werden. Und in allen Sektoren braucht es Offensiven. Wie sonst wollen wir das schaffen? Aber die jetzige Regierung will keine Neuschulden machen. Investionen kosten leider aber Geld.
Wie gesagt: Die Union müsste nicht mit den Grünen übereinstimmen. Aber es kann doch nicht zu viel verlangt sein, in der politischen Auseinandersetzung zumindest ein gewisses Maß zu wahren.
Die Union hat 16 Jahre lang regiert und hat in dieser Zeit, fast nichts wirklich voran gebracht. Sie hat 16 Jahre lang die Zeiten verschlafen und die Menschen wählen immer noch die Union als hätte man die 16 Jahre vergessen. Und dort, wo die Union mit den Grünen regiert, das ist ja konservative grüne Politik.
Überhaupt: Konservative könnten doch eigentlich gerade das Klimawandel-Thema besetzen, da "traditionelle" Lebensweisen eben durch den fortschreitenden Klimawandel bedroht sind. Bauern werden mit Dürren zu kämpfen haben, die Bevölkerung allgemein mit größerer Unsicherheit aufgrund einer größeren Vielzahl von Unwetterkatastrophen.
Das tun sie jetzt schon. Sie zeigen, dass unsere Lebensweise durch den Klimawandel bedroht ist. Das Ding ist nur, ihre Schlüsse daraus sind mau. Als ,,konservative" Partei sollte man doch alles tun, dass das Leben so bleibt, wie wir es gewohnt sind. Und dazu muss man den Hauptverursacher ,,Co2" eindämpfen, aber das tun sie nicht. Sie prangen es an, aber kommen nicht weiter, weil für sie ist es auch konservativ Kohle zu verbrennen. Schafft ja Arbeitsplätze und gehöre zu Deutschland dazu wie das Beten in der Kirche.
Denn schon seit Langem, eigentlich schon seit der letzten Regierung, steht die Verabschiedung eines Demokratiefördergesetzes im Raum. Dieses soll eben solchen Organisationen eine langfristig abgesicherte Finanzierung ermöglichen, aber unter anderem die FDP hat einen Beitrag dazu geleistet, dass sich die Umsetzung davon verzögert. Umgesetzt wird es sicherlich trotzdem irgendwann, aber es ist jetzt schon sehr viel später als geplant und eigentlich können sich im Kampf gegen rechts nicht allzu viele Verzögerungen geleistet werden.
Die FDP spielt wie so oft auf Zeit und möchtet auch in der jetzigen Ampel-Regierung oftmals Zugeständnisse von den anderen Koalitionspartnern. Das Demokratiefördergesetz muss natürlich kommen, genauso muss endlich viel härter gegen rechte Konzerte, rechte Feste und Demos durchgegriffen werden, wo Propaganda verbreitet werden. Weil mit Lügen wird es nicht besser.
Aber es gibt noch eine Sache, was man tun könnte und zeitgleich ein Schlag gegen die Rechten wären. Ein Parteiverbot der AfD. Das gleiche Vorhaben gab es auch mal mit der NPD, was aber mit dem Aufstieg der AfD und den zeitgleichen Absturz der NPD beiseite gelegt wurde. Aber bei der AfD gilt diese Argument nicht, dass sie klein ist. Sie ist schon viel zu stark geworden und nimmt gesellschaftlich gesehen viel zu viel Raum ein. Eine demokratiefeindliche Partei macht sich hier breit und möchtet die Demokratie aushöhlen. Ein Verbot der AfD wäre ein klares Zeichen, dass die Demokratie an sich, gegenüber den Versuch die Demokratie zu zerstören, voraus wäre. Das hat damals mit der NSDAP zur Weimarer Republik leider nicht wirklich funktioniert, sie wurde zwar nach dem Hitlerputsch verboten, aber sie hat ihre Mandate behalten und sonst hat sich nicht wirklich was verändert. Das Parteiverbot war eher so ein Klatscher gegen die Wange, mehr auch nicht. Das wäre heute anders. Also warum es nicht jetzt durchziehen bevor es zu spät ist?
Das wird wahrscheinlich nicht so schnell passieren, daher vielleicht in Bezug auf zumindest halbwegs seriösere Medien: Diese sollten schlicht mal besser überlegen ob und wann sie der AfD eine Plattform bieten. Letzten Endes ist es so, dass wann immer jemand von der AfD in eine Talkshow oder für ein Interview eingeladen wird, einfach lügen und was auch immer erzählen kann.
Also ich weiß nicht wie es für dich aussieht, aber ich finde, dass die AfD schon viel seltener zu Talkshows eingeladen wird als noch vor ein paar Jahren. Die Medien haben schon erkannt, dass es keinen Sinn macht mit der AfD zu reden. Weil die AfD wird immer so tun, dass die Anderen falsch liegen. Es ist ihr ständiges Bemühen, Wahrheiten zu verdrehen. Das Problem ist jetzt, die AfD ist nicht da, alle Anderen schon. Was passiert? Sie kritisieren sich gegenseitig. Grüne ist Schuld, weil..., CDU ist Schuld, weil... und so weiter. Und das spielt wiederum der AfD in die Karten. Weil sie ist außen vor und Schuld sind die Anderen. Dann kommen bei vielen der Gedanke auf: Die streiten sich nur noch gegenseitig, sollen doch mal die AfD einladen und ihr zuhören, was sie zu Sagen hat.
In der Summe also: Nicht mit den Nazis reden, sie nach Möglichkeit deplatformen, sich klar von ihnen abgrenzen, mit den anderen demokratischen Parteien gerne streiten, aber dabei doch bitte die Form wahren und nicht selbst in den plumpen Populismus verfallen.
Aber das scheint ja nicht zu funktionieren, wie erhofft mit den Talkshows. Das Demokratiefördergesetz muss kommen und ein Parteiverbot der AfD eigentlich auch.
Thrawn, danke nochmal. Deine Links sind auch sehr informativ.
Vielleicht mag ich noch was dazu sagen. Aus meiner Sicht, warum es so ist wie es ist. Zuerstmal liegt es an den Menschen selbst. Der Mensch ist ein emotionales und sensibles Lebewesen. Er reagiert auf bestimmten Umständen unterschiedlich und das was er mitkriegt, zeigt er in seiner Emotionalität wieder. Der Mensch an sich vergleicht auch viel mit sich selbst und mit Anderen. Beispiel: Wie geht es mir jetzt, wie ging es mir mal? Und hier zeigen bei vielen Menschen, dass es denen gefühlt früher besser ging. Dazu kommt, dass auch die Ereignisse auf der Welt und bei uns dazu führen, dass das Gefühl aufkommt, dass alles nur noch schlechter wird. Dass was passieren muss, bevor nichts mehr zu retten ist. Dass endlich aufgeräumt werden muss. Dass ich Deutschland nicht mehr wiedererkenne und so weiter. Dies und jene führt zu rationalen Denkweisen, die dazu führen, dass viele Menschen garnicht mehr hören wollen, dass es besser wird oder dass es besser werden kann und wie oder dass Deutschland viel besser dasteht, als früher. Die Menschen sehen nur, dass es schlechter wird und besser wird nichts mehr oder glauben nicht mehr daran. Diese Menschen haben auch schon gewählt, da gab es die AfD noch garnicht. Oder haben mal gewählt und dann jahrelang nicht. Aber genau diese Menschen haben mit der AfD genau das, was sie sehen. Weil sie genau auf die Emotionalität der Menschen aufgreift und den Menschen verspricht, dass es mit ihr besser wird. Und die AfD spielt genau auf diese Gedanken, dass sie das will, was die Menschen von früher kannten oder sagt einfach, dass es früher besser war. Viele dieser Menschen sehen die anderen Parteien als gleichwertig an, wie ein einheitlicher Parteienbrei und sehen nur bei der AfD als die einzige Partei, die was ändert.
Das beste Mittel gegen die AfD? Eine Politik machen, dass es den Menschen auch gefühlt besser geht als früher und als jetzt. Das heißt, höhere Löhne und das deutlich. Die Inflation frisst die Löhne. Die Menschen müssten immer mehr Geld für sich übrig haben statt weniger nach allen Abzügen. Mach doch Politik, dass es den AfD Wähler besser geht. Da wählen ehemalige Sozialdemokraten Nazis. Die sind deswegen keine Nazis, sie wollen richtige sozialdemokratische Politik, die auch ankommt. Und dann zeigt denen, dass es nur mit demokratischen Parteien einen besser geht und nicht mit Nazis, die ja nur versuchen einen was einzureden.