Letzte Woche hatten mich dann doch zwei Bücher sehr gepackt.
Das Verschwinden der Nacht - Johan Eklöf (2020)
Geschrieben vom Zoologen Johan Eklöf, welcher sich auf Fledermäuse spezialisiert ist. Es geht um die Wirkung, die die menschliche Lichtverschmutzung auf die Umwelt hat, und wie das unnötig übertriebene Beleuchten die Tiere in der Stadt verwirrt und gewisse Arten letzten Endes tötet.
Das ganze ist auf eine sehr informative, aber auch ziemlich unterhaltsame Weise geschrieben, da auch einige Anekdoten der Vergangenheit des Fledermausforschers eingebaut wurden.
Was ich besonders interessant fand:
Seite 41+42: Viele Falter sind von der Lichtverschmutzung betroffen, die Nachtfalterart Kohleulen sind aber besonders davon betroffen, da die Weibchen bei Licht wesentlich weniger Pheromone abgeben. "Die Weibchen warten vergeblich auf die Dunkelheit, die Männchen warten vergeblich auf den richtigen Geruch".
Seite 73: Nachtfalter können die Echopeilung von Fledermäusen eigentlich sehr gut hören, sie führen einen Sturzflug durch, sobald die Schallwellen auf sie treffen. Das Licht ist aber wie ein Gefängnis, und der Reiz des Lichtes überschreibt die Hörfähigkeit komplett, sodass die Falter nicht mehr den Fledermäusen ausweichen und sehr leichtes Futter werden.
Seite 110: Seeanemonen sind für die Medizin sehr interessant, da das Nesselgift Krebszellen abtöten kann - die darauffolgende Seite bringt die Seeanemonen sowie Clownfische in den Kontext mit dem Licht - das Liebesspiel wird von Licht und Dunkelheit gesteuert, bei Vollmond beginnt der Paarungstanz und die Jungen schlüpfen immer ein paar Stunden nach Sonnenuntergang. Bereits eine kleine Lichtmenge bringt den Paarungszyklus bereits komplett durcheinander, nach einem Fund der Flinders University sowie des Saving Nemo Conservation Fund.
Seite 161: In Chengdu im Südwesten Chinas wird an einer "Lösung" für Straßenlaternen gearbeitet; Ein privates Weltraumforschungsinsititut möchte einen künstlichen Mond bauen, ein spiegelartiger Satellit, der Sonnenlicht stets auf Chengdu scheinen lässt. - Da diese Projekte 2022 in die Luft geschossen werden hätten sollen, wurde glücklicherweise nicht wirklich was draus.
Seite 175+176: Exzerpt von August Strindberg (1849-1912); "Da wird von Telefonen, Konsumvereinen, höheren Arbeitslöhnen, Ölbildern und besseren Verkehrswegen geredet, sie deuten auf die Banken (die noch nicht bankrottgegangen sind), auf die Wohltätigkeitsvereine (mit ihrem Pietismus und der Demütigung der Armen), aufs elektrische Licht (das die Augen versört und den Arbeitstag verlängert - für die Arbeiter). Lauter eitle Äußerungen einer fieberhaften Jagd nach Verbesserung." - Besonders hält mich da der Satz mit der Arbeitstagsverlängerung für die Arbeiter fest.
Seite 183: Untersuchungen des dänischen Forschers Johnni Hansen von vor 20 Jahren (2000) an 7000 Frauen mit Brustkrebs ergaben, dass Schichtarbeit das Risiko auf Tumorbildung erhöht. Besonders hormonbedingte Tumorarten sind stärker davon betroffen, also Brust- sowie Prostatakrebs.
Alles in allem hatte ich jede Sekunde mit dem Buch sehr genossen. Persönlich war ich bereits vorher eine sehr lichtsparende Person, weswegen ich auch ursprünglich zu dem Buch griff. Aber Seite um Seite wurde mir immer mehr bewusst, wie sehr doch die Natur durch das ewige Licht leidet - und natürlich auch wie wir dadurch leiden. Schon im Jugendalter hatte ich etwas gehässig gewitzelt, dass es doch keine Nacht mehr gäbe - nur die Zeit des Sonnenlichts und die Zeit des Straßenlaternen- und Schaufensterlichts. Schmunzeln musste ich an einer Stelle, als Shanghai während eines Stromausfalles erwähnt wurde - wo die Polizeit gerufen wurde 'wegen der komischen Lichter am Himmel'. Die Sterne. Letztens bei einem Stromausfall, als ich auf dem Dach saß, wurde mir das ganze wieder extrem bewusst, wie auch in kleinen Städten in Wohngebieten die Lichtverschmutzung bereits so stark ist, sodass man nur noch Venus, den Polarstern sowie den Mond am Himmel sehen kann, sonst nichts.
Die fabelhafte Welt der fiesen Tiere - Frank Nischk (2020)
Da es sich bei diesem Buch mehr um eine Autobiografie des Zoologen Frank Nischk handelte, musste ich dementsprechend oft auch bei den bildlichen Beschreibungen mit den Begegnungen mit den Insekten lachen.
Ob es nun die milchproduzierenden Schaben waren, die 'Geräuschwaffe auf US-Amerikanische Diplomaten', die Soldatenameisen oder die freche Grille am Baumstamm... So oft konnte ich mir das laute Lachen nicht verkneifen. Ebenfalls interessant sind die QR Codes bzw alternativ auch Links zu den Tonaufnahmen, die Frank Nischk während seiner Forschung aufnahm. Die Grillengeräusche des Regenwalders sind nahezu magisch und auch schon diese kurzen Aufnahmen nehmen einen komplett in diese Welt mit.
Sehr tolles Buch, es gibt viel informativen Inhalt (auch wenn ich mir leider nicht so viel konkret niedergeschrieben habe, da ich in Zukunft noch in Ruhe die Anmerkungen durchgehen möchte), nicht nur über die Insekten selbst, aber auch über die Beziehung von Menschen und Insekten. Gegen Ende gibt es auch noch eine doch sehr bedrückende Botschaft zum Insekten- und allgemeinen Tiersterben.
Derzeit am Lesen:
Die Verlorenen Arten - Christopher Kemp (2019)
Leider bin ich noch sehr am Anfang. Beginnt mit einem Fokus auf Säugetiere, wobei ich mich persönlich mehr auf den Part mit den Wirbellosen.
Derzeitige To-Do:
Insektopädie - Hugh Raffles (2010)
Das Verschwinden der Arten -Katrin Böhning-Gaese, Friederike Bauer (2023)
Das Große Insektensterben - Andreas H. Segerer / Eva Rosenkranz (2017)