Abstieg zur Kammer der Leere - Cécile
Au weia, es ging also über das Wasser. Zwar hatte es Cécile sehr geschmeichelt, dass Hellen ihm einen guten Umgang mit seinen Pokémon zusagte und ihn deswegen Willkommen hieß, aber nun musste er genau jenes Pokémon, das ihn bedingungslos unterstütze, ausnahmsweise in seinen Ball zurückrufen.
Cécile umfasse den Griff seines Schirms mit beiden Händen so fest, dass seine Arme unter dem Druck zitterten und blickte verunsichert auf das Milotic. Verflucht. Zwar hatte er sich vorgenommen, die zwei Mädchen zu unterstützen - sie ließen ihn an seine Tochter denken - aber er war noch nie auf einem Wasserpokémon über das Wasser geritten. Erst recht nicht auf einem Milotic, dessen schlangenähnlicher Körper so wirkte, als könnte man von dort viel zu leicht abrutschen.
Er zuckte zusammen als Pythia ihm plötzlich von hinten eine Pfote auf die Schulter legte. Hellen hat Recht, eine Dusche würde mir nicht besonders gut bekommen. Du schaffst das, ich weiß es. Vertrau den zwei, hörte er ihre Stimme in ihrem Kopf widerhallen.
Sicherlich. Irgendwie. Ohne dich wird es nur viel schwerer für mich. Du… du kennst mich, antwortete Cécile in Gedanken. Er konnte sich schon gar nicht mehr daran erinnern, wann Pythia das letzte Mal im Ball gewesen war.
Pythia antwortete ihm nicht mehr in verständlichen Lauten, sie lächelte ihm lediglich zu als er ihr ins Gesicht sah. Dazu gab sie einen amüsierten Laut von sich. Cécile durchschaute sie jedoch. In ihren Augen spiegelte sich Sorge wider.
Nichtsdestotrotz kramte er nun einen alten, vollkommen zerkratzten Pokéball aus seiner Jackentasche. Als das Gerät seine Handfläche ausfüllte, starrte Cécile es eindringlich an. Es erinnerte ihn an den Moment, als seine Eltern Pythia für ihn an einen Ball gebunden hatten. Da war er noch winzig gewesen, die Szene war inzwischen nur noch neblig in seinen Erinnerungen. Ein komisches Gefühl. Cécile biss sich mit Hilflosigkeit in den Augen auf seine Unterlippe, als er seinem Fennexis schließlich den Ball entgegenstreckte. Pythia winkte ihm kurz zu als wolle sie ihm für seine Überwindung loben. Dann erschien der rote Strahl und sie verschwand.
„Haaaaaahhh…!“ Schlagartig atmete Cécile tief aus und drückte den Ball fest an seine Brust, während er in die Leere starrte. Dieser simple Akt des Zurückrufens war ihn weitaus mehr an die Nerven gegangen als für einen gewöhnlichen Menschen gesund war. Plötzlich fühlte er sich so leer. Diese zweite Präsenz, die immer etwas bei ihm im Kopf mit herumwühlte, war nicht da. Stattdessen war dort ein ungewohnt tief klaffendes Loch.
Cécile entsinnte sich, dass er nicht alleine war. „P-pardon, das ist vielleicht… komisch von mir so… äh… ja. Ich bin komisch. Tut mir Leid, haha…“, stammelte er hervor. Seine Hand zitterte, als er den Ball in die Jackentasche legte, zu seinem Absol und seinem Feelinara. Dann verschloss er die Tasche tatsächlich mal mit dem Knopf. Auf einmal war er so paranoid über den Gedanken, er könne die Bälle verlieren, obwohl das bei dem turbulentesten Sturz noch nicht vorgekommen war.
Noch einmal atmete Cécile durch. Er musste sich auf das Wesentliche konzentrieren. Auch wenn er sich nun dermaßen verunsichert fühlte als würde er gerade mit den Füßen in der Luft hängen. Er hatte bemerkt, dass Josefine ihm gedeutet hatte, sich zwischen sie und Hellen zu setzen.
Cécile schluckte. Er war so eine dermaßen ungleiche Ergänzung zu ihrem Duo und jetzt zwischen den beiden…? Irgendwie… irgendwie war das peinlich. Das fing schon gut an. Nicht. Er senkte seinen Blick, als er näher an das Milotic herantrat und nahm schließlich mit ein paar unbeholfenen Bewegungen zwischen den zwei jungen Damen Platz. Dabei machte er sich zusätzlich kleiner, sodass sein Kopf hinter Hellens Rücken verschwand und griff sich ihre beiden Schultern mit zittrigen Händen. Er kauerte regelrecht.
„Seht es mir nach, sollte ich schreien. Bitte. Ich mache das nicht mit Absicht.“, fiepte er leise.