Noch bevor einer der von John angesprochenen beiden Personen auf die Frage des Violetthaarigen antworten konnte, tauchten erst einmal Johns Kollege aus der Hafenkneipe und eine weitere Person auf. „Hey, mit uns seid ihr genau fünf Personen - wie wär’s ...?“, fragte Nero, woraus der Koch schloss, dass sein Kollege entweder schon wusste, dass Derek und Lupus aus dem Wettbewerb ausgeschieden waren oder sich irgendwie verzählt hatte. Bevor er darauf jedoch eine Antwort geben konnte, mischte sich ein weiteres Mitglied aus Lupus‘ Piratenbande ins Gespräch ein und antwortete direkt auf Johns Aussage: „Lass dir eines gesagt sein Pummel, solange du Wasser unter dir hast, ist es nie falsch, einen Navigator dabeizuhaben.“
Sie redete zwar noch ein bisschen weiter, aber der kleinwüchsige Pirat hörte nicht mehr so genau hin. Auch wenn sie zufälligerweise die Navigatorin der Chimärabande war, so brauchte sie ihn dennoch nicht so unfreundlich zurecht zu weisen. „Woher nimmt die sich überhaupt das Recht, mich als ‚Pummel‘ zu bezeichnen?“ fragte er sich. Während er weiter seinen Gedanken nachging, bekam er am Rande mit, dass sich die Navigatorin als nächstes an ihren Kapitän wandte und sich erkundigte, wer aus ihrer Piratenbande so alles weiter war.
„Leider habe ich bis jetzt keinen Überblick“, berichtete der Grauhaarige mit den gelben Augen. „Ich weiß eigentlich nur, dass John weiter ist, während Derek und ich bereits ausgeschieden sind.“
Irgendwie hatte John nach dem kurzen Wortwechsel mit der Navigatorin keine große Lust, mit ihr zusammen eine Gruppe zu bilden. „Mit einem Navigator an Bord mag man vielleicht einen leichten Vorteil haben“, überlegte er, „aber wenn die Mitglieder einer kleinen Gruppe nicht mit einander auskommen, dann hat die Gruppe trotzdem ein Problem.“ Außerdem waren sie mit sechs Personen schon zu viele für eine einzige Gruppe.
Also wandte er sich als nächstes an seinen Kollegen und das neben diesem stehende Mädchen: „Hättet ihr beide Lust, mit mir zusammen eine zweite Gruppe zu bilden, auch wenn wir dann erst zu dritt sind? Ich habe euch zwar noch nicht in einem Kampf gesehen, aber dennoch denke ich, dass wir gut mit einander auskommen werden.“ An Nero gewandt fügte er noch hinzu: „Zumindest wir beide kennen uns ja schon von unserer gemeinsamen Arbeit im Viktors Inn.“
Während Nero sich noch zu erinnern versuchte, trat Kasumi, all ihren Mut zusammennehmend, auf den Piraten zu: „Schön, dich dabei zu haben ...“
Sie gab sich alle Mühe den Violetthaarigen anzulächeln, doch mehr als ein nervöses Zucken brachten ihre Gesichtsmuskeln nicht zu Stande. „Das ist doch der Typ auf dessen Kopf 15 Millionen Berry ausgesetzt sind“, kurz legte sie ihre Stirn in Falten, „John, John Silver ... glaube ich.“
Verlegen bemerkte sie wie abwesend sie wohl auf ihr Gegenüber wirken musste und blickte betroffen zu Boden. Ein leichter Rotschimmer legte sich über ihr Gesicht, als sie bemerkte, dass sie sich vor lauter Aufregung noch gar nicht vorgestellt hatte.
„Mein Name ist Kasumi Sato. Ich hoffe wir bilden ein gutes Team“, stotterte Kasumi leise und hoffte John habe alles verstanden.
„Ich heiße John Silver“, gab der kleinwüchsige Koch zurück. Irgendwie fand er es süß, wie sie ihn so anstotterte und dabei noch leicht rot wurde.
Als sie daraufhin aufblickte und sein Lächeln bemerkte, verlor sich ihre Anspannung etwas. Noch immer etwas unsicher lächelte sie zurück und reichte dem grinsenden Piraten ihre Hand.
„Es freut mich, dich kennen zu lernen“, sagte er, während er die Hand schüttelte. „Aber vielleicht sollten wir uns erst einmal auf den Weg zur Werft machen. Je schneller wir dort ankommen, desto früher können wir mit dem Bau des Bootes fertig sein, und wenn es tatsächlich darauf ankommt, möglichst viele Wertmarken einzusammeln, dann sollten wir keine Zeit verschwenden.“
Ein Nicken der Schwarzhaarigen war die Antwort. „Er hat recht, wir sollten uns wirklich beeilen, wenn wir eine Chance haben wollen ...“, dachte sich die Autorin und wirbelte herum um den Weg zur Werft in Augenschein zu nehmen.
Für die Schwarzhaarige war alles noch so unfassbar ... Heute Morgen noch, wollte sie bloß eine Biografie schreiben und jetzt ist sie mittendrinn im Piratenwettkampf und hat sogar die erste Runde überlebt ...
Kasumi grinste breit und konnte ein leises, beinahe euphorisches Kichern nicht unterdrücken. Schnell drehte sie sich zu ihren beiden Mitstreitern um und lachte fröhlich: „Na dann mal los!“
Die drei Kameraden machten sich nun also auf den Weg. Weil Nero und John sich in der Stadt auskannten, kamen sie auch schon recht bald bei ihrem Ziel an, wo sie auch schon von dem Werftdirektor begrüßt wurden.
„Guten Tag“, sagte er. „Seid ihr eine der Gruppen, die an dem Piratenwettkampf teilnehmen?“
„Ja, das sind wir“, antwortete John.
„Gut, dann wisst ihr sicher schon, dass ihr hier seid, um ein Schiff auseinander zu nehmen und ein Boot zu bauen, mit dem ihr Holz von den kleineren Inseln des Atolls zur Hauptinsel bringen könnt. Solange ihr auf der Werft seid, müsst ihr allerdings ein paar kleinere Regeln beachten.“ Der Direktor holte aus einer Jackentasche einen Zettel, auf dem er vorsorglich die Regeln aufgeschrieben hatte und begann vorzulesen:
„Erstens: Ihr dürft nur in den Bereich der Werft, in dem die zu zerlegenden Schiffe anzutreffen sind.
Zweitens: Ihr dürft nur das Schiff zerlegen, welches euch von einem Mitarbeiter der Werft zugeteilt wird.
Drittens: Das Werkzeug zum Zerlegen des Schiffes und zum Zusammenzimmern eines neuen Wasserfahrzeugs wird euch aber gestellt, aber wenn ihr es kaputt macht oder es auf andere Weise verloren geht, scheidet die Gruppe aus dem Wettbewerb aus.
Viertens: Ebenfalls aus dem Wettbewerb ausgeschlossen wird, wer auf dem Werftgelände die Mitarbeiter der Werft oder eine Gruppe von Teilnehmern des Wettbewerbs an der Arbeit hindert.“
Er packte den Zettel wieder weg und fragte dann: „Habt ihr die Regeln soweit verstanden?“
Kasumi nickte schnell und betrachtete dann ihre beiden Mitstreiter. „Hoffentlich wissen sich die zwei Piraten an die Regeln zu halten. John scheint mir ja ein ziemlich ruhiger Kerl zu sein, aber Nero schätze ich als, naja, sehr temperamentvoll ein ...“
Kasumi grinste still in sich hinein, das verspricht noch lustig zu werden ...
Als kurz darauf auch John und Nero genickt hatten, winkte der Direktor einen seiner Angestellten herbei und bat diesen, die drei Piraten zu einem der Schiffe zu bringen, wandte sich dann aber noch einmal an die drei Teilnehmer: „Zwei Kleinigkeiten noch: Zunächst einmal wohnen zwei von euch ja schon etwas länger auf dem Atoll, also brauche ich euch wohl nicht zu sagen, dass ihr euer Boot über Land nach Lagunendorf schaffen müsst. Und dann seid ja nur zu dritt, und es darf fünf Personen in einer Gruppe geben. Es kommt öfter mal vor, dass ein paar Piraten vergessen, eine Gruppe zu gründen und gleich zur Werft laufen. Darf ich einen solchen Nachzügler zu euch schicken?“
„Von mir aus gerne“, antwortete der kleinwüchsige Koch.
Der Mitarbeiter der Werft führte die drei Piraten in einen Teil der Werft, in dem die verschiedensten Schiffe lagen: Von kleinen einmastigen Segelbooten über breite Schiffe mit viel Fassungsvermögen bis zu langen Schiffen mit vier oder fünf Masten war hier alles zu finden. Trotz der Verschiedenartigkeit hatten diese Wasserfahrzeuge allerdings eines gemeinsam: Kein einziges von ihnen war mehr seetüchtig. Die Gründe hierfür waren genauso vielfältig wie die Schiffe selbst: Mehrere Schiffe hatten einen gebrochenen Kiel, bei anderen waren große Löcher im Rumpf, bei wieder anderen war durch eine schlechte Pflege das Holz morsch geworden und so weiter.
Schließlich hielt der Mitarbeiter der Werft vor einem nur etwa zwanzig Meter langen Schiff an, bei dem man auf den ersten Blick nicht erkennen konnte, warum es hier gelandet war. Das leuchtend rot gestrichene Holz schien sehr gut erhalten zu sein, Löcher im Rumpf oder Risse im Bug waren auch nicht vorhanden, und der Mast ragte stolz in die Höhe. An der Reling war außer dem Namen noch das Baujahr zu sehen: Das Schiff war nicht einmal ein Jahr alt. „Das ist euer Schiff“, erklärte der Mitarbeiter der Werft.
„Warum ist es hier gelandet?“, fragte John. Die Antwort gefiel ihm überhaupt nicht: „Holzwürmer.“
Kasumi blickte den Mitarbeiter entgeistert an. Holzwürmer - wie sollen wir denn daraus ein seetüchtiges Floß bauen? Im Kindesalter hatte Kasumi bereits ihre ersten Erfahrungen mit Holzwürmern gemacht. Ihr Vater hatte damals versucht die Holzwürmer mit Hilfe von Wasserdampf zu vertreiben. Sie hatte mal gelesen, dass die Tierchen bei 85°- 100° eingehen - sie brauchten bloß Feuer, jede Menge Wasser und heißen Dampf ... Eine andere Möglichkeit wäre das Abtöten durch Kälte, da die freundlichen Holzfresser bei -18° den Löffel abgeben. Aber wie sollten sie solch frostige Temperaturen erzeugen? Im Kopf der Schwarzhaarigen kreisten bereits diverse Möglichkeiten, wie die Holzwürmer vertrieben werden könnten, nur die konkrete Ausführung fehlte noch ...
Kasumi schüttelte den Kopf, als sie bemerkte wie geistesabwesend sie wirken musste, warf John und Nero einen bedrückten Blick zu und murmelte leise: „Na, das wird ein Spass ...“
Off Topic:
Natürlich in Gemeinschaftsarbeit entstanden