Nachdem der als Menschenjunge verkleidete Niugnip der Form halber ein Bisschen Werbung für die Vorstellung der Zigeunertruppe gemacht hatte, fingen ihn einer Seitenstraße fingen ihm zwei bewaffnete Männer ab, die es irgendwie verdächtig zu finden schienen, dass gerade jetzt eine Zigeunertruppe in die Stadt kam. Ihren Andeutungen konnte Jan entnehmen, dass sie irgendwie den Verdacht hatten, dass die Gruppe nicht aus normalen Zigeunern bestand.
Der verkleidete Vogelmensch überlegte einmal kurz, wie er auf diese Situation reagieren könnte. Ein Kampf gegen die beiden kam nicht einmal annähernd in Frage: Abgesehen davon, dass er sein Schwert nicht dabei hatte und der Kampf dadurch aussichtslos war wäre es viel zu auffällig gewesen, wenn ein Zigeunerjunge zwei erwachsene Menschen besiegen könnte. Gleichzeitig durfte Jan die beiden Gegner auch nicht gewinnen lassen, denn dabei wäre sicher seine Verkleidung in Mitleidenschaft geraten. Falls irgend jemand heraus bekam, dass sich hinter der Fassade des Zigeunerjungen ein Vogelmensch versteckte, dann wäre das für die Männer die Bestätigung, dass mit der Zigeunertruppe tatsächlich etwas nicht stimmte.
Also musste er den Kampf irgendwie vermeiden. Aber es war ihm überhaupt nicht klar, wie er dies bewergstelligen sollte. Da die beiden Männer auf eine Antwort von ihm warteten, sagte er zunächst einmal: „Wir sind wirklich Zigeuner, und ihr könnt euch auch gerne davon überzeugen, indem ihr zu unserer Vorstellung kommt oder einen Erwachsenen aus meiner Gruppe fragt, falls ihr einen trefft.“
„Also gut, dann gehen wir mal davon aus, dass ihr tatsächlich Zigeuner seid“, sagte einer der beiden Männer. „Kannst du uns dann wenigstens sagen, wie lange ihr in unserem Ort bleibt und wie viele Vorstellungen ihr in dieser Zeit macht?“
Es war klar, dass der Fremde davon ausging, das nur ein richtiger Zigeuner darauf eine Antwort hatte. Aber da Jan schon damit angefangen hatte, den beiden vorzuspielen, dass er einfach ein unschuldiges Kind wäre, hatte er recht schnell eine passende Antwort: „Wie lange wir in einem Ort bleiben hängt ganz davon ab, wie groß der Ort ist und wie gut unsere Vorstellungen besucht werden. Es sind die Erwachsenen, die das entscheiden, ich habe mit diesen Dingen noch nicht viel zu tun.“
Auf diese Antwort hatten die Fremden erst einmal nichts einzuwenden, aber sie waren noch nicht überzeugt. Sie stellten dem vermeintlichen Zigeunerjungen noch einige weitere Fangfragen und Jan wurde von Frage zu Frage unsicherer, ob er nicht vielleicht doch irgend etwas erzählte, was die Gruppe verraten könnte. Da die Fremden sich jedoch mit Zigeunern genauso wenig auskannten wie der Vogelmensch achteten sie nicht auf seine Antworten sondern achteten vor Allem auf sein Verhalten. Und da der Niugnip es gewöhnt war, seine Gefühle für sich zu behalten, konnten sie ihm nicht ansehen, wie unsicher er inzwischen geworden war. Daher verloren sie schließlich auch die Lust an dem Gespräch und gingen einfach so davon.
Im Folgenden überlegte sich Jan, dass es vielleicht sinnvoller wäre, doch das Schwert dabei zu haben. Natürlich musste er sämtliche Kämpfe vermeiden, schon um zu verhindern, dass seine Verkleidung in einem Kampf kaputt ging, aber die vorige Situation war recht knapp gewesen, und fast wäre es doch zu einem Kampf gekommen. Falls er einen Kampf nicht vermeiden konnte, wollte er zumindest seine bevorzugte Waffe dabei haben. Also machte er sich auf dem Rückweg zum Lager.
Allerdings musste der Vogelmensch schon sehr bald feststellen, dass er sich verlaufen hatte: Auf dem Hinweg war er über einen großen Marktplatz gelaufen, und als er auf dem Rückweg erneut über diesen Platz lief, musste er feststellen, dass er sich mit gerade einem Meter Körpergröße inmitten der großen Menschenmassen auf diesem Platz nicht richtig orientieren konnte. Hinzu kam, dass die Passanten nicht still standen sondern dass die Menge ständig in Bewegung war und er so leicht in eine andere Richtung abgelenkt wurde.
So kam es, dass er auf der anderen Seite des Platzes nicht in die Straße hinein lief, von der er auf seinem Hinweg gekommen war sondern in eine andere Straße. Tatsächlich merkte er recht schnell, dass die Häuser hier anders aussahen, aber nun wusste er gar nicht mehr, in welche Richtung sich das Lager überhaupt befinden konnte. Also musste er sich eine Strategie zurechtlegen, um irgendwie den Rückweg zum Lager zu finden. Theoretisch wäre es zwar möglich, dass er jemanden aus der Gruppe traf, der ihm den Weg zum Lager zeigen konnte, aber die Chancen waren nicht sehr groß, denn wenn die anderen Gruppenmitglieder nicht zufälligerweise sehr dicht an ihm vorbei liefen, würden sicher irgendwelche Passanten die Sicht verdecken, so dass die anderen Gruppenmitglieder ihn noch nicht einmal bemerken würden.
Also lief er zunächst einmal zurück zum Marktplatz (denn er vermutete, dass die anderen Gruppenmitglieder dort mit höherer Wahrscheinlichkeit vorbei kommen würden als auf irgend einer Seitenstraße) und setzte sich dort am Rand des Platzes auf einen Stein und begann, auf der Panflöte zu spielen. Vielleicht würde ein anderes Gruppenmitglied sich an seine Panflöte erinnern und ihn dann auf dem Rückweg zum Lager mitnehmen.
Off topic:
Es wäre gut, wenn irgend jemand meinen Chara trifft und ihm zumindest einen Hinweis gibt, in welcher Richtung sich das Lager befindet (falls unsere Charas dann nicht gleich gemeinsam zum Lager laufen, aber da mein Chara deutlich kürzere Beine hat als die anderen Gruppenmitglieder müsst ihr euch dann darauf einstellen, dass der Niugnip für den Weg dreimal so lange braucht wie ein normaler Mensch).