[tabmenu][tab=Blahblah :)]Sehr schöne Geschichten und Gedichte sind hier, muss ich sagen ^^
Mein Weihnachtsgeschenk kommt gerade noch rechtzeitig für ¥oshi's Stage. Ich habe sehr lange dafür gebraucht, da ich vor einem Monat nicht damit gerechnet habe, wie viel Stress die Vorweihnachtszeit doch immer wieder mit sich bringt. Trotzdem bin ich zum Schreiben gekommen und froh, dein Wichtel zu sein :) In deinem Profil habe ich leider nicht viel über dich herausgefunden, was sich in einem Text verwenden ließe (nebenbei: dein Musikgeschmack ist toll), aber ich habe mir dann dein Lieblings- und Seelenpokémon Reptain herausgesucht. In Gedichten bin ich nicht allzu talentiert, also hab ich mich an eine Kurzgeschichte gesetzt, mit der ich allerdings selbst nicht zufrieden bin... Du bekommst sie trotzdem ^^ Nebenbei, beim Schreiben an der Geschichte, habe ich noch vier zusammenhängende Haikus geschrieben, die mir nach leichter Überarbeitung besser gefallen haben als der ursprüngliche Text, obwohl sie etwas kitschig sind - du findest sie dann jedenfalls im dritten Tab.
Vielleicht sollte ich noch zur Kurzgeschichte sagen, dass sie gar nicht viel mit Weihnachten zu tun hat; ich bin kein großer Fan von den typischen Weihnachtsgeschichten, und etwas Ungewöhnliches wollte mir einfach nicht einfallen. Nunja, ich schreibsel schon viel zu viel Überflüssiges ^^" Du kannst dich ja in meinem Gästebuch melden, wie dir dein Wichtelgeschenk gefällt!
[tab=Grüner Wein]
Für einen Menschen, der diesen Waldweg überquerte, sah es wohl so aus wie auf jedem beliebigen anderen – insbesondere zu dieser Jahreszeit. Kahle Laub- und dunkelgrüne Nadelbäume formten sich an beiden Seiten der schnurgeraden Kieselsteinlinie, die sich durch den gesamten Wald des Weines zog, zu zwei riesigen Halbkreisen. Von oben, etwa aus der Sicht eines Schwalbinis betrachtet, war es ein weißer Kreis in einer weißen Landschaft, unscheinbar und von Trainern entweder gemieden oder bestaunt, die von der Legende des Waldes gehört hatten.
„Weitergehen, Liv. Weitergehen! Da vorne…“ Die raue Stimme des Reptains verlor sich im Nebel. Es hatte Wälder immer geliebt, die zahllosen Pflanzen und Blumen, die auch dann violett und honiggelb erblühten, wenn die Menschen vom zerstörerischen Winter sprachen. Aber das war eine vollkommen andere Welt gewesen, im südlichsten Ausläufer des Ewigforstes. Dort hatte es nie geschneit und von den knöchelhohen Leichentüchern hatte Olivia allenfalls aus Märchen gewusst. Geschichten, die man den kleinen Geckarbor erzählte, damit sie niemals von der immer warmen Heimat weggingen.
„Es macht mir Angst, wenn du mit dir selbst sprichst“, bemerkte Koru, ein Glumanda und Livs bester Freund, seitdem sie denken konnte. Ihre Eltern waren, wenig überraschend, nicht davon begeistert, dass sie ihre Freizeit ausgerechnet mit einem gefährlichen Feuerpokémon verbrachte, doch das konnte sie nicht daran hindern, immer wieder den Wald zu verlassen. Für den roten Dinosaurier war es fast noch schwieriger als für das Reptain, sich einen Weg zu bahnen, denn er musste darauf achten, mit der Flamme an seinem Schweif nicht das ganze Unterholz in Brand zu setzen.
Liv – sie selbst hatte die Kurzform ihres Namens gewählt – kämpfte sich grimmig weiter. Oh, auch hier sah sie das vertraute Grün der Bäume! Es lag unter dem Schnee versteckt und zeigte sich, wenn sie ein nach dem anderen Mal ins Astwerk stolperte und das Puder ihr um die Schnauze geweht wurde. Wie sollte man sich hier auch zurechtfinden? Alles besaß die gleiche öde Farbe. Und ausgerechnet in diesem Labyrinth, das kaum zu erkennen im Herzen des Winters lag, hatten sie sich verlaufen. „Ich weiß, Koru, aber sonst verliere ich hier den Verstand! Wir irren seit Tagen hier durch die Gegend, und nie ändert sich etwas. Fast so, als würden wir immer auf der Stelle laufen.“
Das Glumanda seufzte. Es war von Anfang an gegen diese wahnsinnige Expedition gewesen. Wochenlang hatte es seine Freundin bearbeitet, nicht wegzugehen, und der einzige Erfolg, den es gehabt hatte, war der, dass es jetzt als Begleitung ebenfalls hier gelandet war. Na gut, so war es immerhin ihm zu verdanken, dass Liv noch nicht erfroren war, denn das Feuerwesen hatte eine warme Ausstrahlung. „Liv, er ist es nicht wert, dass wir uns hier eine Erkältung und den Tod holen!“
„Doch, er ist es wert! Ich finde den Grünen Wein, das verspreche ich dir!“, entgegnete sie entschlossen. Selbst war sie sich nicht mehr so sicher, wie ihr fester Tonfall es glauben machen wollte. Obwohl sie eine der ausdauerndsten Jugendlichen ihrer Art war, hatte sie das Ende ihrer Reserven erreicht. Wozu sich weiterschleppen? Warum legte sie sich nicht einfach nieder, auf die Blätter, die sie unter dem festen Schnee manchmal leise rascheln hörte? Nahm sie wirklich nur wegen ihm, einem Fremden, diese Strapazen auf sich? „Für ihn“, antwortete sie sich bestimmt, was Koru verwirrt mit einem Schnauben quittierte. Sie stampfte weiter, ließ sich von dem Schnee auf den Bäumen berieseln und trotzte dem Nordwind. Diese eisige Gegend musste direkt der Hölle entsprungen sein.
Dann, als sie gerade einen neuen Geruch wahrnahm, der so frisch gegen den eingefrorenen Wald wirkte, dass er ihr bis in den Rachen stieg, verhakten sich die Krallen ihrer Zehen im hervorstehenden Wurzelwerk. Nach den Stunden und Tagen, vielleicht sogar Wochen, die Liv bereits für ihre Weltreise durchgehalten hatte, war ihr Reaktionsvermögen geschwächt. Sie registrierte den Fall und wusste, dass sie sich auffangen musste, doch ihre Glieder waren steif und ließen sich nicht außerhalb des angewöhnten Rhythmus‘ bewegen. Schnee erfüllte die vor Schreck weit aufgerissenen Augen des Reptains. Widerliche, schmerzende Eiskristalle.
Ein dumpfes Schlagen erfüllte die stille Luft. Trommeln hatte Olivia schon lange nicht mehr gehört, seitdem die alten Gewaldro durchgesetzt hatten, dass derartige Gaben der Menschen zu verachten waren. Wenige Minuten später waren die wertvollen Felle von Laubklingen zerschlissen gewesen. Und jetzt war dieses fremdartige Instrument, welches das Reptain schon immer geliebt hatte, in dem schrecklichen Wald. Das musste ein gutes Zeichen sein.
Tropfen liefen den Mundwinkel des Pokémon entlang. Reflexartig schnellte dessen Zunge zur Seite und fing sie auf. Dergleichen hatte Liv noch nie gekostet gehabt, ein winziges Bisschen von einem herben Getränk, das zu köstlich war, um es zu beschreiben. Die Wirkung jedoch war offensichtlich: Einige Sekunden nur dauerte es, bis die Liegende wieder die Kraft gefunden hatte, um sich aufzuraffen und hinzuknien. Dass sich dabei Zweige durch die Schuppen in ihr Fleisch bohrten, war ihr in dieser Situation egal.
Direkt vor ihrer Schnauze lief ein Bach durch den Schnee, eine Kralle breit und sicherlich auch nicht tiefer. Nicht nur die Tatsache, dass das Gerinnsel aus dem Nichts aufgetaucht war, sondern auch die Farbe des kleinen Gewässers war bemerkenswert. Jeder einzelne Tropfen, der sich den Weg durch den Wald bahnte, war hellgrün wie das junge Gras im Frühling. Hin und wieder spritzte einer von ihnen in die Höhe und färbte einen Fleck im Schnee ebenfalls ein. Von diesen Stellen gingen dann neue haarfeine Adern aus, die sich mit dem Hauptstrom verbanden und ein Netzwerk kreierten.
Die unvorhersehbaren Muster waren so schön und so faszinierend, dass Liv sie ewig dabei beobachtete, wie sie sich weiter ausbreiteten und verzweigten. Erst ein Rascheln hinter ihr ließ sie herumfahren. Da lag Koru, den Schweif so über sich gelegt, dass die schwache Flamme nur ihn wärmte und nicht den Wald in Flammen setzte. Sie sprang mit zwei kurzen Sätzen zu ihm hinüber. „Koru, wach auf! Sieh, was ich gefunden habe! Den Grünen Wein! Das muss der Grüne Wein sein! Koru!“ Sie packte seine Schulter und schüttelte ihn. Wie konnte er so einen herrlichen Moment verschlafen?
Müde blinzelte das Glumanda. „Was ist los? Ich will schlafen…“ Seine Lider fielen wieder zu. „Was los ist?“, wiederholte seine Freundin entrüstet. „Ich habe den Grünen Wein gefunden! Er fließt hier! Schau doch her!“ Diesmal gelang es ihr, ihn soweit wach zu halten, dass er einen Blick in die Richtung werfen konnte, wo sich das Gerinnsel ausgeweitet hatte. „Ich sehe nichts, Liv, du bildest dir nur etwas ein…“, murmelte das erschöpfte Feuerpokémon. Es schloss seine Augen, und egal wie sehr das Reptain versuchte, es wieder aufzuwecken, es gelang ihm nicht mehr.
Dann kam Olivia der Gedanke, dass dieses grün fließende Wunder vielleicht nicht ewig Bestand haben würde. Eilig sprang sie auf und folgte dem Bach entgegen seiner Laufrichtung. Irgendwo musste doch seine Quelle sein, und diese war es, für deren Schätze sie gekommen war. Der sagenumwobene Grüne Wein fand seinen Ursprung in jeder Erzählung in diesem Wald und hatte diesem seinen Namen, Wald des Weines, eingebracht. Als Hohnnamen hatten ihm viele den Titel „Weinender Wald“ verliehen, denn diejenigen, die wiederkehrten, ohne die Kostbarkeiten gefunden zu haben, waren stets zu Tode deprimiert – und diejenigen, die auf ewig im Dickicht nach dem mysteriösen Trank suchten, hinterließen in Tränen aufgelöste Freunde und Verwandte.
Auch in Livs Augenwinkel sammelte sich das Salzwasser einer Träne, doch es schien zu gefrieren und fiel als Eistropfen in den Schnee. Es war ein Ausdruck ihrer Freude, des Enthusiasmus‘ darüber, bei etwas Erfolg gehabt zu haben, das nie jemandem vor ihr gelungen war. Die Trauer darüber, dass Koru sich in einen nie endenden Schlaf gebettet zu haben schien, verdrängte sie in eine verstaubte Ecke in ihrem Bewusstsein.
Der Ort, an dem der Grüne Wein entstand, war nicht minder verzaubernd als die Flüssigkeit selbst. Ein von saftigem dunklen Moss bewachsener Baumstamm, der bis in den Himmel aufzuragen schien, tauchte mit einem Mal zwischen erfrorenen und abgebrochenen Baumleichen auf. In seiner Rinde befand sich auf zwei Fuß Höhe ein haselnussgroßes Loch, aus dem das Rinnsal entsprang. Es fiel nicht in den Schnee, sondern in ein Auffangbecken aus geflochtenem Strauchwerk, von wo aus es dann in alle Himmelsrichtungen wegströmte. Das also war die Quelle des Grünen Weines.
Die Legende sagte, dass jedem, der den Ursprung des Trankes fände, genau ein Krug voll diesem zustünde. Demnach hatte Liv in einem ledernen Beutel – ein Familienerbstück – ein solches Gefäß mitgenommen, wie es schon seit Langem in der Gemeinschaft zuhause tagtäglich mit Honigmilch oder Jonagobeerensaft gefüllt wurde. Ohne den Blick von dem leise vor sich hin sprudelnden Wunder zu wenden, nahm sie sich diesen Krug heraus. Er war von schlichter Handwerkskunst und diente vor allem dem Zweck, doch als Dekoration waren am Bauch Blätter eingeritzt.
Bedächtig kniete Olivia neben der Quelle nieder, so vorsichtig, dass sie auch ja nichts berührte. Merkwürdig, hier fühlte sich der Schnee unter ihren Knien warm an, mehr wie heller Sand in der Sonne als wie der Grund einer Eishölle. Millimeter für Millimeter schob sie dann den Krug vor, unter den fallenden Grünen Wein. Er floss in den Hohlraum, plätscherte auf den Boden.
Während Liv zusah, wie sich ihr Gefäß füllte, breitete sich ein Lächeln über ihr Reptaingesicht aus. Das hier war all die Strapazen der Reise und Kälte wert gewesen! Nur noch ein paar Zentimeter, dann wäre der Krug voll und sie würde wieder den Heimweg antreten.
Sie würde den Grünen Wein zu ihm bringen.
Es war weithin bekannt, dass er zum einen ein Liebhaber des teuren Speis und Trunks war, zum anderen wusste ein jeder von seiner Vorliebe für Sagen. John, ein Gewaldro einer der ältesten Familien aus dem Osten, hatte vor einigen Monaten seine Heimat verlassen und war in den Ewigforst gezogen. Dort lebte er in einem Meisterstück der Architektur, einer Baumhütte weit über dem Boden. Manche hatten ihn als Angeber und Zerstörer bezeichnet, doch das konnte Livs Bewunderung für das junge Gentlemon nicht schmälern. Was ihr noch fehlte, war die Aufmerksamkeit des geheimnisvollen Fremden, und wie könnte sie diese besser erhalten, als indem sie seine beiden bekannten Leidenschaften mit etwas scheinbar Unmöglichen verband? So hatte sie den Plan entwickelt, ihm einen Krug des legendären Grünen Weins zu bringen.
Hier war er, ein Beweis dafür, dass dem Reptain etwas Unglaubliches gelungen war. Die Flüssigkeit füllte das Gefäß so, dass noch höchstens ein winziger Tropfen in ihm Platz gefunden hätte, nachdem sie den Pfropf hineingedrückt hatte. Es war zu perfekt, um wahr zu sein!
Wie um diesen Gedanken zu unterstreichen zog sich vor Olivias Augen das Moos des wunderbar lebendigen Baumes zurück und wurde von der Rinde überwachsen. Diese alterte innerhalb einer Handvoll von Sekunden um hunderte Jahre, bis sie Risse bekam, durch die schwarze Käfer krabbelten. Angewidert blickte die eben noch Begeisterte auf die Stelle der Veränderung hinab. Dann, da ihr das einfach zu absurd vorkam, sah sie sich um.
Auch die grünen Adern im Schnee waren verschwunden. Jedes einzelne Zeichen von Leben war von der vorausgeeilten Zeit ausgelöscht worden. Einfach so. Innerhalb von Sekunden.
Nur mit dem vollen Krug in beiden Händen stand Liv in dem toten Wald. Träumte sie? Und wenn ja, war es ein Albtraum oder erwartete sie ein frohes Ende? Sie wusste es nicht. Einzig der Wunsch, von diesem verwunschenen Ort fortzukommen, nistete sich in ihren Gedanken ein. Käfer da, wo eben noch ein Wunder hervorgesprungen war? Ekel und Angst brachten ihren Magen zum Rumoren; ein Glück war es, dass sie nichts mehr zu sich genommen hatte, seitdem sie den Weinenden Wald betreten hatte, sah man von dem Tropfen Grünen Weines ab.
„Geh weg, Liv, geh einfach weg.“
Die Reisende hatte auf ihr Gefühl gehört und sich um ihre halbe Achse gedreht, um dann geradeaus loszulaufen. Schnelligkeit konnte sie dabei nicht wirklich an den Tag legen, zu groß war dazu ihre Sorge um den Krug in ihren ungeschickten Händen.
Mit der Zeit versiegte die Kraft, die der Trank ihr gegeben hatte. Die Eiseskälte bis wieder unter ihre Schuppen. Sie wusste, dass das Wichtigste war, immer weiter zu gehen und nicht einen Moment innezuhalten – doch so etwas sagte sich so leicht! Diejenigen, die Tipps zum Überleben gaben, waren nie in einer Situation gewesen, in denen ihre Gelenke bei jedem Schritt knackten, die Muskeln sich nicht mehr zusammenziehen wollten und sich bereits eine zentimeterdicke Schneeschicht auf ihrem Kopf niedergelegt hatte. Mit Sicherheit nicht.
„Geh weiter, Liv, nicht stehen bleiben“, sprach sie in den Winterwind. Die Worte wurden davon getragen und verschwanden mit jedem Zoll, den sie zurücklegte, mehr aus dem Bewusstsein des Reptains, bis es sie vollkommen vergessen hatte. Zwischen zwei Tannenbäumen legte sie sich nieder, den Krug in ihrem rechten Arm. Sie würde ihn nicht loslassen, ebenso wenig, wie sich ihren Wachzustand entgleiten lassen würde. Sie würde nicht einschlafen, nur für einen Moment einmal ausruhen. Es wäre zu viel von ihr verlangt gewesen, jetzt ohne Pause weiterzuwandern.
Die Reptaindame schlief nicht ein, aber sie starrte mit leeren Augen in den immer gleichen milchig weißen Himmel. Die Energie, sich wieder zu erheben, fand sie nicht mehr, sie beobachtete nur die Ereignislosigkeit. Schneeflocken fielen vom Himmel und setzten sich auf ihrer Schnauze ab.
„He… Liv?“, hörte sie ein leises Flüstern. Sie war sich sicher, dass es ein Produkt ihrer Einbildung war, denn weit und breit war offensichtlich niemand außer ihr in dieser kalten Hölle gestrandet. „Liv! Hörst du mich? Ich bin’s, Koru!“ Nein, die Stimme war zu deutlich, sie musste real sein. Mit einem hoffnungsvollen Lächeln auf den Lippen drehte sie den Kopf nach links. Sie sah einen roten Schemen, der sich von dem Weiß absetzte. Er war wohl noch einige Meter entfernt, doch hören konnte sie ihn gut. „Ich höre dich“, hauchte sie. Ihre Worte kamen so schwach aus ihrer Kehle, wie sie sich fühlte.
Dann endlich konnte sie das Glumanda eindeutig erkennen. Es wirkte schlaftrunken und taumelte ein bisschen, doch das konnte Livs Erleichterung darüber, ihren Freund wiederzusehen, nicht mindern. Auch er strahlte, als er sie deutlich vor sich erblickte, und hielt seinen Schweif über sie, damit das Feuer ihre Starre löste.
Es fühlte sich herrlich an, wie die plötzliche Wärme in ihre Glieder biss, eine wunderbare Abwechslung von dem ewigen Frost. Sie atmete und genoss das Gefühl, nicht mehr bei jedem Zug ihre Lunge erfrieren zu spüren.
Koru nahm ihr vorsichtig den Krug aus der Hand. Erst protestierte Olivia leicht, aber sie vertraute ihrem Freund zu sehr, um ihn nicht gewähren zu lassen. „Das ist also dieser Grüne Wein… Ich sehe ihn nicht. Ich rieche ihn nicht. Ich bin ein Feuerpokémon, und er ist nur für Kinder des Waldes wie dich bestimmt. Also solltest du ihn trinken, da er das Einzige hier ist, was dir die Kraft zum Weitergehen verleihen kann.“
„Aber er ist doch für John“, widersprach Liv zweifelnd.
„Du hast ihn gefunden, also gehört er dir. Und wenn du ihn nicht trinkst, wer soll ihn dann heimbringen? Ich schaffe es ohne dich nicht, den Weg zurück zu finden.“
„Ich gebe ihn dir… Du schaffst es auch ohne mich, Koru“, meinte das Reptain. Trotz der Wärme, die ihre Muskeln entspannte, konnte sie sich nicht vorstellen, tatsächlich aufzustehen und weiterzugehen. Das Glumanda dagegen hatte eine eigene Wärmequelle, und wenn es nur geradeaus ginge, musste es eigentlich bald den schrecklichen Wald verlassen haben.
Einige Minuten stand der Begleiter ruhig neben ihr und dachte nach. „Weißt du, was Weihnachten ist?“ Liv schüttelte den Kopf. „Es ist ein Fest, das die Menschen zu dieser Zeit feiern. Zugegeben, ich verstehe den Sinn nicht ganz, denn es ist kalt und es schneit, ich finde den Winter hier ziemlich schrecklich. Aber die Menschen stellen jedes Jahr wieder einen abgeschlagenen Tannenbaum in ihre Häuser, freuen sich über den Schnee und geben sich gegenseitig Geschenke.“ „Und was hat das mit unserer Situation hier zu tun?“, hakte Olivia nach.
„Nun, wir haben hunderte Tannenbäume. Wir haben Schnee. Und ich habe ein Geschenk für dich!“ Mit dem letzten Satz entkorkte er den Krug und hielt ihn vor das Gesicht seiner Freundin. „Bitte, trink es. Es ist unhöflich, ein Geschenk nicht anzunehmen. Was sollte unser Gentlemon denn davon halten?“, meinte er verschlagen. Liv lächelte und öffnete die Lippen, sodass einige Tropfen der Flüssigkeit in ihren Mund fielen. Koru hatte sie überzeugt – sie spürte, dass er Recht hatte. Sie würden es gemeinsam schaffen, nach Hause zu kommen, und vielleicht war dann noch die Hälfte des Gefäßes mit Grünem Wein gefüllt, den sie John schenken konnte.
„Frohe Weihnachten“, lächelte Koru erleichtert.
Ende
[tab=Winterherzen]
Bloß Schnee und Kälte
Und Eis überziehen uns
Kein Funken, kein Licht
Wir hetzen weiter
Immer, pausenlos, zeitlos
Ohne aufzutau‘n
Im Winterherzen
Ist eine warme Flamme
Da bist du, mein Schatz
Wir sind gemeinsam
Niemals allein unterwegs
Das beste Geschenk
[/tabmenu]
Frohe Weihnachten euch allen! =)
Rael ~