Da muss ich Cassandra zustimmen, obwohl man das natürlich auch nicht auf alle generalisieren kann. Ich beneide oft diese Familien um ihre Familienstrukturen. Ich kenne einige aus dem baltischen und südlichen Bereich. Dieser vollkommen selbstverständliche Zusammenhalt, der Wunsch seine Eltern mit Stolz zu erfüllen und all das, was halt das Schöne in einer Familie sein soll, fehlt hier meinen Erfahrungswerten einfach oft/viel öfter als in anderen Kulturen. In meiner Familie kenne ich von meiner (zum Glück nur) weiteren Verwandtschaft, dass jeder irgendwie jeden alles zu neidisch und missgünstgt ist.
Egoismus ist zwar für jeden nötig, um sich behaupten zu können, aber wie immer ist die Dosis das Gift - und man muss wissen, bei welcher Person/Situation man egoistischer sein darf und bei welcher nicht.
Ich glaube, dass viele unserer Probleme (oder das, was wir dazu ernennen) daraus bestehen, dass manche Menschen keine klare Struktur und kein klares Ziel für sich definieren und demnach auch keinen Sinn in ihrem alltäglichen Tun erkennen können.
Individualität ist natürlich notwendig für den Menschen, aber dieser wirklich extreme Selbstfindungsakt, der oft betrieben wird, ist meines Erachtens völlig übertrieben, vor allem dann wenn die Ansprüche so immens hoch werden, dass sie von nichts in der Welt noch erfüllt werden können (habe ich öfters gesehen: er war doch nicht mein Traummann, er hat beliebiges, aber imo vollkommen unbedeutendes Kriterium X nicht erfüllen können, nach kurzer Zeit hat sich das Spiel wiederholt).
Hinzu kommt meiner Meinung nach, dass Selbstverständlichkeiten wie mal ein paar Nächte/Tage durchzulernen oder seinen täglichen Arbeits/Tagesablauf bestreiten zu müssen, oft dramatisiert werden.
Dann kommen schnell Gedanken wie: "Was hat mein Leben für einen Sinn, wenn ich täglich dasselbe tun muss?" (andere Frage: was stellen sich Menschen, die ihr Leben deswegen als öde oder schlecht ansehen, sonst vor, wie ein Tagesablauf auszusehen hat, damit er für sie ideal wäre? Nach ein paar Monaten würde ihnen die neue Aktivität wahrscheinlich genauso am Senkel gehen und sinnlos vorkommen, da jeder Beruf und jeder Alltag einem gewissen Muster entspricht) oder "Das Leben hat keinen Sinn, weil ich so viel arbeiten/lernen muss." (Zähne zusammenbeißen)
Ich denke, viele von den Menschen, die ihr Leben wegen ihres abwechslungsarmen Alltags (nur als Beispiel) unerträglich finden, würden auch unter anderen Bedingungen ein Haar in der Suppe finden. Perfekt wird kein Leben auf der Welt sein oder werden.
Man macht es sich oft selbst schwerer als es sein muss, ich denke, das Geheimnis liegt darin, dass man sich dem selbst bewusst ist und regelmäßig in den Hintern tritt. :D Ob das Leben einen Sinn hat, wenn generell mal alle grundliegenderen Bedürfnisse erfüllt sind und sonst ein "normales Leben" vorliegt, ist meiner Meinung nach im großen Maß von der eigenen/m Weltansicht, Reife, Persönlichkeit, Willen etc. abhängig.