Nun nach viel zu langer Zeit, in der ich viel zu wenig zum Schreiben kam, geht es endlich weiter mit einem längeren Kapitel, das der Länge des ersten fast gleichkommt. Es ist an die Animefolge "Stur wie ein Pokemon" angelehnt. Kapitel, in denen ich an die Animeserie anlehne, werden immer die längeren sein, da ich in ihnen zusätzlich zu meiner ausgedachten Storylinie noch das Material der Serie habe. Also immer wenns heißt "Folge XXX angelehnt" ist das ein Zeichen für längere Kapitel.
Lange Rede kurzer Sinn, viel Spaß mit Kapitel Nummer vier!
Kapitel IV: Verirrt - oder Verwirrt?
Die saftig grünen Laubbäume standen dicht aneinander und verhinderten größeren Einfall von Sonnenlicht in den Wald. Die Kronen waren in unerreichbarer Höhe und boten Aussichtsplattformen für diverse Vogelpokemon, die dem Treiben im Wald interessiert folgten. Am Boden huschten die kleinen Pokemon wie Ratfratz durch das Gebüsch und flohen vor dem geringsten Lärm. Ab und zu ertönte der Ruf eines Pokemon.
Das war er also, der Lesantia-Wald.
Paul hatte sich wesentlich mehr unter der Angabe "gefährliche Pokemon" versprochen als zwei-drei müde Bidiza. War war mit echten Gegnern wie Sichlor oder Bluzuk?
Seit mehr als einer Stunde stapfte der junge Trainer schon durch das grüne Meer und seine Nerven waren gespannt. Einerseits hatte er ursprünglich vorgehabt hier gegen starke Pokemon zu kämpfen - und vielleicht auch das ein oder andere zu fangen - andererseits drängte es ihn so schnell wie möglich nach Jubelstadt, um zu erfahren was Reggie von ihm wollte.
In seinen Gedanken hin und her gerissen schreckte er ziemlich spektakulär auf, als er aufgebrachte Rufe von rechts vernahm. Vorsichtig spähte er durch die Blätter der Büsche und Sträucher. Vor ihm war der Waldweg, den er schon längst verlassen hatte, um Pokemon zu treffen. Auf dem Pfad stand eine Ansammlung von Menschen und Pokemon. Sie waren scheinbar die Ursache für Pauls peinliches Aufschrecken.
Raschelnd schlug sich der Violett haarige durch die Äste und Blätter, sodass er schließlich vor den den Menschen aus dem Wald herrausbrach. Es war sehr schwer zu sagen, wer sich mehr erschreckte und wer verdutzter drein blickte.
Die Personen auf dem Pfad waren der Kappen-Junge Ash und seine armselige Loser-Truppe. Das blau haarige Mädchen und der junge Mann waren wie gewohnt in seinem Gefolge.
Grund für das Geschrei war Ash höchst selbst, der verzweifelt mit einem etwas pummeligen Chelast rangelte, dass sich hartnäckig an seiner Kappe fest gebissen hatte und offenbar wenig Lust verspürte, seine Position zu verlassen. Während der ungewöhnliche Kampf seinen Lauf nahm, begannen die anderen drei Menschen zu Starren. Paul starrte höhnisch auf Ash und das kämpferische Chelast; der Mann und das Mädchen hefteten ungläubig den Blick auf Paul.
Schließlich wurde die Situation noch abstruser, als Ash das Chelsat endlich los wurde und verwirrt auf seine Kameraden blickte. Langsam folgte er deren Blickrichtung und hechtete überrascht einen Schritt nach hinten.
"Uahh! Paul was machst du denn hier?"
Nun lösten sich alle aus ihrer Starre und überdachten was in der letzten Minute geschehen war. Letzten Endes fasste sich Paul und begann in Vorfreude auf das kommende Gespräch seine erste Schmähung.
"Eigentlich hatte ich vor hier ein wenig zu trainieren, aber dann konnte ich mich an deiner neuen Trainingsmethode nicht satt sehen. Geschickt machst du das."
Der Tonfall war der eines Erwachsenen, der gerade einem Kleinkind ein eigentlich unsinniges Lob aussprach und Ash fühlte sich sogleich gedemütigt.
In Sachen Wortgefecht konnte niemand Paul das Wasser reichen.
Wütend ballte Ash die Faust.
"Wir haben einen Streit geklärt mehr nicht. Mein Chelast mag außerdem meine Mütze!" rechtfertigte er sich.
Gespielt ungläubig und fasziniert tangierte Paul das pummelige Chelast mit seinem Blick.
"Oh ein Chelast. N Paar Kilo weniger und es würde fast stark aussehen."
Nun begann Ash förmlich zu brodeln. Niemand hätte auch nur mit der Wimper gezuckt, wäre jetzt Dampf aus seinen Ohren gestoßen.
Ashs Kameraden folgten dem Gespräch interessiert.
"Mein Chelast ist weder dick noch schwach, ich werde es dir beweisen!"
Zornig machte er einen Schritt vorwärts.
"Ich fordere dich zu einem Kampf heraus!"
Nun steckte Paul in einer Zwickmühle. Einerseits wollte er Ash weiter demütigen und seinen Hochmut mit einer Niederlage zerschmettern, andererseits hatte er vor nicht alzulanger Zeit geschworen nicht mehr mit diesem Emporkömmling zu kämpfen.
Die Entscheidung fiel letztlich nicht schwer. Demütigen war viel lustiger als Schwören.
"Gut dann gebe ich meinem Freund hier eine zweite Chance. Los Panflam!"
Aus dem Pokemball schlüpfte frisch und voller Tatendrang das Panflam, dessen Training Pauls so in Anspruch nahm. Fröhlich hopste es umher und begriff dann die Situation. Schnell nahm es eine Position vor seinem Trainer ein.
"Wir sollten uns einen besseren Platz, als einen Waldweg suchen." beschloß Paul ganz unerwartet und winkte die Gruppe auf einen Platz außerhalb des Waldes, an dem er vor wenigen Minuten vorbeigekommen war und welcher auf einer Klippe lag. Hier standen keine Bäume,die den Kampf hätten behindern können.
Nun wurde Ash aufs Neue dazu gebracht Fehler zu machen.
"Jetzt fang schon an du Versager. Ich schlaf noch ein."
Dies lies der Junge nicht auf sich sitzen und er ordnete einen Tackle von Chelast gegen Panflam an.
Endlich war es Zeit Panflams Fähigkeiten in einer ernsthaften Situation auf die Probe zu stellen.
Und Paul wurde nicht enttäuscht. Das Feuerpokemon hechtete im letzten Moment zur Seite und sein Gegner, der Panflam mit seinem ganzen Körper hatte rammen wollen, stieß ins Leere.
Das Training hatte sich gelohnt.
"Mach es alle, mit Glut!" befahl Paul siegessicher.
Panflam spuckte in rascher Folge eine große Zahl glühender Klumpen aus, die wie ein Schwarm Hornissen durch die Luft zischten und deren Treffsicherheit außer Frage stand. Chelast spannte die Muskeln in seinen Beinen an, bereit zu reagieren.
"Spring zur Seite!" rief Ash als Reaktion auf den Angriff. Es war offensichtlich, dass das Pokemon ihn ausdrücklich verstand, doch es gehorchte nicht, sondern stemmte alle Viere in die Erde, um den Angriff zu überstehen. Verdutzt sah sein Trainer, dass es nun zu spät war.
Dann schlugen die Glutklumpen auf Chelast auf. Zischend verbrannten sie die teils grüne teils braune Haut des Pflanzenpokemon. Die ersten Treffer steckte es mit zusammengebissenen Zähnen weg, doch bald traf es ein besonders großer Brocken, der es von den Füßen riss. Sichtlich mitgenommenkam Chelast wieder auf die Beine. Entschloßenheit war auf seinem rundlichen Gesicht deutlich zu lesen.
Paul war nicht im geringsten überrascht. Ash war völlig talentfrei und suchte sich geradezu absichtlich die schwächsten Pokemon für sein Team aus. Dieses Chelast mochte durch sein Gewicht punkten, doch Ungehorsam und Sturheit halfen in so einer Situation weit weniger.
Zudem wa Ash dumm genug gewesen, den Kampf gegen Panflam, ein Feuerpokemon, ohne Einspruch anzunehmen. Nun musste er sehen wo er blieb.
"Lass nicht nach, Flammenrad, volle Power!" war der nächste Befehl des Violett haarigen.
Während Chelast noch mit seinem Gleichgewicht kämpfte, schossen lodernde Flammen aus Panflams Mund und schlossen sich wie eine Hülle um es. Nun hielt das Pokemon mit enormer Geschwindigkeit auf sein Opfer zu, bereit die Flammen bei einem heftigen Körperkontakt auf Chelast zu übertragen. Das Pflanzenpokemon sah seinen Feind grimmig an und hielt mit einem Tackle dagegen. Ash reagierte nicht. So ein Anfänger.
Mit seinem Gewinnerlächeln betrachtete Paul wie der Zusammenstoß Chelast in eine Art verkohlte Schildkröte verwandelte und bis an den Wiederanfang des Waldes katapultierte. Panflam war noch immer völlig unversehrt.
"Jetzt hör auf mit dem Unsinn und gehorch mir!" rief Ash verzweifelt und bedeutete dem sturen Pokemon, das langsam wieder angetrabt kam, erst einmal abzuwarten, was Panflam als nächste tat.
Doch Paul dachte nicht daran, ihm den Gefallen zu tun und den ersten Schritt in dieser kurzen Pause zu tun. Nicht wenn es die Möglichkeit gab, Chelast zum Angriff zu verleiten.
"Dein Chelast ist wirklich viel zu fett, um zu kämpfen. Schau dir's doch an, es kann nichtmal ausweichen oder ordentlich laufen!" höhnte er und freute sich anschließend über den sofort eintretenden Erfolg, in Form eines Rasierblattangriffs von Chelast, das den Befehl seines Trainers dies zu lassen überhörte.
"Und dumm ist es auch noch."
Paul schüttelte missbilligend den Kopf.
"Panflam sei so gut und zeig ihm wie nett Schaufler aussieht."
Gehorsam und mit einem fröhlichen Ruf ob des erfolgreichen Kampfverlaufes grub sich Panflam in wenigen Sekunden in den Boden. Über ihm kam Chelast schlitternd zum Stehen.
Bevor das Pflanzenpokemon einen Plan fassen konnte, brach Panflam unter ihm aus der Erde hervor und schleuderte es mit einem gezielten Kinnhaken in die Luft. Nach dem zweifellos schmerzhaften Aufprall wurde Chelast im Anschluß durch Kratzer traktiert.
Chelast stand kurz vor dem Ende, soviel war Paul klar.
"Chelast heil dich mit Synthese!"
Ash verfolgte nun die Strategie eines Verzweifelten, der den verlorenen Kampf zu drehen versuchte.
Sein Pokemon streckte die kleine Pflanze auf seinem Kopf gen Sonne und wurde von einem leichten Leuchten erfasst. Synthese war eine Selbstheilungsattacke für Pflanzenpokemon.
Paul lächelte wieder siegessicher. Und leicht auszuhebeln war sie auch noch.
"Schnell Flammenrad!"
Wieder zuckten die Flammen um Panflams Leib und noch bevor der Prozess für Chelast ertragreich werden konnte, verschwand es erneut in der mobilen Feuerwand.
Erstaunlicherweise hatte Chelast immer noch nicht genug und schien sogar einige Energie gewonnen zu haben, auch wenn die Selbstheilung nur kurz gewesen war.
"Jetzt aber, Biss-Attacke!" ordnete Ash an. Paul las deutlich die wachsende Zuversicht in seinen Augen,w as ihn verwirrte. War dieser Trainer wirklich so dumm, dass er eine bevorstehende Niederlage nicht erkannte?
Noch bevor Chelast nah genug gekommen war, um Panflam angreifen zu können, krachte es unter den Füßen der Trainer. Erschrocken sprangen das blauhaarige Mädchen und der junge Mann von einem Baumstamm auf, den sie noch während des Kampfes als Sitzgelegenheit und Tribühne genutzt hatten. Der Felsen, der auch als Klippe des Sees unter ihren Füßen anzusehen war, bröckelte ohne erkennbaren Grund auseinander.
Lähmende Angst packte Paul. Wie tief war der Abgrund? Zwanzig Meter? Fünfzig Meter?
Er wollte Panflam schnappen und sich hinter die langsam aufklaffende Spalte auf der Klippe retten, doch seine Füße waren wie festgenagelt. Alles was er tat, war den Kopf zu drehen und einen Blick auf die Höhe zu erhaschen.
Sein Herz sackte in einen Bereich, wo es so gar nicht hingehörte. Das waren locker achtzig Meter. Absolut tödlich.
Endlich schaffte es Pauls messerscharfer Verstand, die unangenehmen Angsterscheinungen in den Hintergrund zu drängen, sodass er in großen Sätzen nach vorne sprintete. Er sah Ash, wie er mit vor Schreck offenem Mund auf die splitternden Felsen starrte und war sich bewusst, dass er vor wenigen Herzschlägen noch ähnlich ausgesehen haben musste.
Doch warum fasste sich der Junge nicht? War seine Furcht noch größer?
Wahrscheinlich war es auch mangelnder Verstand, vermutete Paul und gab sich selbst einen Ruck.
Blitzschnell packte er den Versager und zog ihn mit sich. Unsympathie hin oder her, er konnte ihn nicht einfach verrecken lassen!
Doch dann sah Paul, dass es zu spät war. Der Spalt zwischen dem Anfang des Waldes, vor dem fassungslos Ashs Begleiter standen, war viel zu breit geworden, um ihn zu überspringen.
Pauls und Ashs Blicke traffen sich.
"Ich hoffe du hast n' guten Schutzengel." hauchte Paul. Dann sackte der Boden unter ihnen weg.
Es war als würden sämtliche Organe Pauls in die Beingegend katapultiert. Schlagartig wurde ihm speiübel. Um die Fallenden flogen Brocken grauen Gesteins durch die Luft und der Staub der berstenden Massen vernebelte die Sicht. Wie in Zeitlupe überschlug sich Paul im Fallen rückerts und schaffet es dann ohne zu wissen wie mit den Füßen vorran zu stürzen.
Die scharfen Kanten der Klippe rasten wie lauernde Raubtiere an den beiden Menschen und den beiden Pokemon vorbei und es war wie ein Wunder, da keiner von ihnen aufgespießt wurde.
Hier und da ragte eine Art Baum aus den Felswänden. Hartnäckige Pflanzen, die gelernt hatten unter diesen Bedingungen zu wachsen.
Unten wartete ein tiefblauer See und ein kleiner Wasserfall auf die Fallenden. Paul sah nur eine Möglichkeit dem Tod noch zu entkommen. er mobilisierte seine Konzentrationskräfte und seinen Mut und packte mit beiden Händen einen der dünnen Äste, die aus dem Fels ragten.
Das plötzliche Halten zuckte durch seinen ganzen Körper und seine Gelenke schrien empört auf. Raue Rinde schürfte die Handflächen des Trainers blutig. Der Ast war nicht sehr dick und bog sich unter dem Gewicht gefährlich weit durch. Scheinbar ewig hing Paul mit schmerzenden Gliedern und der Ungewissheit, ob er sich halten würde in der Luft herrum. Dann bog sich der Ast zurück und brachte ihn in eine stabile Lage. Erleichtert atmete Paul aus.
Über ihm stürzte schreiend der Rest der Unglücklichen in die Tiefe. Schnell zog Paul einen Pokeball und beförderte sein Panflam mit einem roten Strahl sicher in seinen Ball.
Nur für Ash und sein Chelast konnt er nichts tun.
Doch auch diese retteten sich. Chelast bremste sich und seinen Trainer mit einem Rankenhieb auf einen Felsen. Diese Atktion fing den gefährlichen Sturz ab, verhinderte jedoch nicht, dass die beiden platschend ins Wasser fielen.
Eine Weile lang stiegen Blasen an der Wasseroberfläche auf, dann brachen zwei Gestalten aus dem See hervor und robbten an Land.
Paul hing derweil imme rnoch an seinem Ast, etwa Dreißig Meter über dem See. Springen wäre Selbstmord, doch wie sollte er hinuntergelangen?
Mit langsam taub werdenenden Armen blickte der junge Trainer umher. Die einzige Möglichkeit bestand darin, auf herausragende Felsen und andere Bäume zu springen und sich langsam nach unten vorzuarbeiten. Keine zwei Meter von dem Ast, an dem Paul hing, entfernt, war eine Art Felsvorsprung. Ideal um erstmal auf die Beine zu kommen.
Langsam schwang der Junge sich hin und her, bis er ausreichenden Schwung hatte. Mit einem dumpfen Schlag seiner Schuhe landete er auf dem Felsen.
Die Zahl der Möglichkeiten war größer als gedacht und so kam Paul ohne einen Kratzer am Ufer des Sees an, zudem auch noch staubtrocken.
Fassungslos blickte er nach oben und sah, was er da gerade durchgemacht hatte. Die Höhe versetzte ihm noch jetzt einen Schlag. Das Gefühl der Angst, das Paul in der Regel verschonte, flammte wieder auf.
Seine kurze menschliche Sorge um seinen Artgenossen Ash war mittlerweile der normalen Abneigung gewichen.
Der durchnässte Junge wankte mit schlotternden Knien und dem pummeligen Chelast im Schlepptau auf ihn zu, um sich von Pauls Wohlergehen zu überzeugen.
Noch bevor ein hitziges Wort fallen konnte, mischten sich Ashs Kameraden ein, die von der Spitze der Klippe hinunterblickten und ihre Hände zum Rufen als Trichter benutzten.
"Gehts euch gut??" schrien sie voller Sorge.
Ash hob den rechten Arm und winkte müde.
"Uns gehts bestens, nix passiert!"
Paul sah, dass Ash sich von dem Schrekcen viel schneller erholt hatte als er selbst. Und das ärgerte ihn.
"Das ist alles deine Schuld!" brüllte er deshalb Ash an, um seine Fassung wieder zu gewinnen.
Irritiert starrte Ash ihn an.
"Wieso das denn jetzt?"
Paul streckte den Finger aus und deutete auf das Chelast zu Ashs Füßen.
"Dein fettes Pokemon hat den Felsen zum Einsturz gebracht!"
Abwehrend hob Ash die Arme und entgegnete:
"Wieso denn Chelast, dein Panflam hat doch mit seinen Tunneln das ganze instabil gemacht!"
Paul wusste genau, dass der Junge absolut Recht hatte. Es war Panflams Schuld und damit seine eigene.
Er wandte ruckartig den Kopf ab und schritt mit starr geradeaus gerichtetem Blick in eine unbestimmte Richtung davon.
Hier begann wieder mal ein Wald.
Ein Wald im Levantia-Wald? Das konnte nur der Wald der Verwirrtheit sein!
Paul stopfte die Hände in die Taschen und seine Rechte schloß sich um einen der dort gelagerten Pokebälle. Sollte ein Damhirplex kommen, würde er gewappnet sein.
Hinter ihm holte Ash ihn ein.
"Was soll den das? Wo willst du hin?" brachte er ungeduldig und erzürnt hervor, das pummelige Chelast im Schlepptau.
Paul sah seinen unwillkommenden Gesprächspartner nicht an. Er zeigte so seine Abneigung und Verachtung dem kindischen Trainer gegenüber.
"Ich will aus dem Wald raus, wenn es dich nicht stört."
Völlig grundlos breitete sich ein freundliches Grinsen auf dem Gesicht Ashs aus, dass Pauls Selbstbeherrschung hart auf die Probe stellte.
"Wir könnten doch zusammen gehen!" schlug er pltzlich absolut fröhlich vor.
Was glaubte dieses Kind eigentlich, was es da tat? Wie konnte Ash nach all den Schmähungen und unferundlichen Geseten von Pauls Seite noch immer glauben, dass er so etwas wie Sympathie in dem Violetthaarigen wecken konnte? Was sollte er denn noch tun, um diese Pfeife loszuwerden?
"Nein." antwortete er schlicht und versuchte krampfhaft den brodelnden Zorn unter Kontrolle zu halten.
Einen Vorteil hatte das seltsame Gespräch immerhin. Die letzten Nachwirkungen des Sturzes waren verflogen.
"Wieso nicht?" hakte Ash ungläubig nach und blieb stehen. Fast so als wäre er sich sicher gewesen, Paul würde freudestrahlend zustimmen. Wie dumm war der Junge eigentlich?
"Was soll ich den mit einem dummen Kind wie dir? Wehe du folgst mir!"
Mit diesen Worten schlug sich Paul ins Gebüsch. Hinter ihm komunizierte Ash mit seinen Freunden und machte mit ihnen ein Treffen hinter dem scheinbar kurzen Waldabschnitt aus.
Paul kramte seine Erinnerungen an den Wald der Verwirrtheit in seinem Gedächnis herraus.
Die Damhirplex versetzten Wanderer mit ihren leuchtenden Geweihen in einen verwirrten Zustand, in welchem sie von sinnlosen Haluzinationen geplagt wurden. Sie zu umgehen war äußerst einfach. Sie waren extrem schreckhaft und solange man nicht auf ihr Geweih sah, blieb alles beim alten.
Doch Paul konnte es sich nicht nehmen lassen eine herablassende Warnung an Ash auszusprechen.
"Am besten du wartest hier, bis deine Freunde dich abholen, sonst findest du hier nie raus. Wirst eh verwirrt und irrst dann den ganzen Tag hier rum."
Verwunderung machte sich auf Ashs Gesicht breit.
"Hää? Wieso das denn?"
Paul schüttelte missblilligend den Kopf. Auch noch ungebildet!
"Das hier ist der Wald der Verwirrheit, also sieh zu, dass du kein Damhirplex triffst."
Mit diesen Worten wandte Paul sich entgültig ab und verschwand im Dickicht.
Seltsamerweise war Paul über kein einziges Damhirplex gestoßen. Dabei sollte der Wald doch voll von ihnen sein!
Er machte sich über diesen Umstand jedoch wenig sorgen. Er war mit der Frage beschäftigt, warum ihn das Gefühl der Angst, das für ihn so ungewohnt war wie ein Lotteriegewinn, nur nicht so wunderbar, so urplötzlich überrascht hatte. es hätte ihn das Leben kosten können, hätte er nicht rechtzeitig reagiert!
Innerlich versuchte Paul sich vor seiner eigenen Arroganz und seinem Selbstwertgefühl zu rechtfertigen, indem er sich weißzumachen versuchte, dass jeder, sogar Reggie, in so einer Situation weiche Knie bekommen hätte. Unangenehm war es ihm trotzdem.
Paul hatte in seiner stillen Wanderung kaum gesehen wo er hintrat und fand sich nun auf einer Lichtung. Hier traf er nun die ausgebliebenen Damhirplex. Sie waren jedoch wenig an ihm interessiert, denn sie hatten bereits ein Opfer gefunden.
Die Hirschartigen Pokemon hatten einen Kreis gebildet, sie waren zu sechst, und reihten sich so um einen Paul nur allzu bekannten Jungen. Es war niemand anderes als Pauls kindischer Gegner Ash.
Er lag flach auf dem Bauch, mitten auf der Lichtung, mitten im Dreck. Er streckte in einem gleichmäßigen Rythmus alle Viere von sich und ahmte so Schwimmgewegungen nach. Neben ihm lag sein Chelast und tat es seinem Trainer nach. Die geschloßenen Augen, der hochzufriedene Ausdruck auf seinem Gesicht, die leuchtenden Geweihe der Damhirplex und deren offenkundiges Vergnügen an ihrem Spiel mit dem Menschen, zeigte Paul, dass Ash ihrer Verwirrung zum Opfer gefallen war. Es hätte Paul gefallen dem Treiben noch eine Weile zuzusehen, doch der Mensch in ihm sagte, dass dies absolut assozial wäre. Also würde er dem Versager aus der Patsche helfen. Welch Demütigung für den Verwirrten!
"Los Panflam verscheuch sie mit Glut!" sagte Paul und warf dabei den entsprechenden Pokeball. Der kleine Affe, der die härteste Weite Pauls täglich zu spüren bekam, machte sich sogleich ans Werk und beschoß die Hirsche mit den Glühenden Geschoßen. Wie erwartet schrien die Pokemon panisch auf und zertreuten sich. Die neue Karte hatte Recht behalten: Die Damhirplex waren extrem scheu!
Nur ein Exemplar schloß sich seinen Artgenossen in ihrer Flucht ins Dickicht nicht an. Kampfbereit postierte es sich vor Panflam und sein Geweih begann zu leuchten.
Am Boden kam Ash wieder zu klaren Gedanken und schaute irritiert umher, unschlüssig, warum er sich vor einigen Sekunden noch im Dreck gewühlt hatte.
Hastig blickte Paul zu Boden und befahl seinem Feuerpokemon ein Flammenrad.
In den lodernden Flammen war es dem Damhirplex unmöglich Panflam sein Geweih sehen zu lassen und so wurde es in eine Flammenwand eingehüllt und ging zu Boden. Mit einer lässigen Bewegung aus dem Handgelenk ließ Paul einen leeren Pokeball aus der Hand schnellen, der das Pokemon erfolreich einfing.
Ash hatte dem Treiben mittlerweile auf den Beinen zugesehen und setzte nun zu einer Bedankung an.
Paul würgte ihn unwirsch ab.
"Glaub ja nicht, dass ich dir immer aus der Scheiße helfe, ich war zufällig in der Nähe und außerdem wollte ich eh ein Damhirplex fangen."
Dem unfreundlichen Trainer kam seine Heldentat nun ein wenig dumm vor. Er hatte diesem Ash schon viel zu oft geholfen. Das durfte nicht zur Gewohnheit werden!
Nun führte er eine geübte Prozedur durch. Er scannte den Pokeball mit seinem tiefschwarzen Pokedex. Nur Tackle, das war alles was dieses Damhirplex drauf hatte.
"So ein Mistvieh." kommentierte Paul seinen Fang und ließ ihn sofort wieder frei.
Ash betrachtete verwundert das Damhirplex, das rasch im Wald verschwand.
"Warum hast du es gehen lassen? Es wäre sicher gern dein Freund geworden."
Paul lachte kurz und gehässig auf.
"Was will ich mit Freunden? Freunde sind nutzlos."
Das war das Stichwort für einen Abgang. Gemessenen Schrittes stapfte der Trainer weiter in richtung Norden, wo der Wald der Verwirrtheit endete. Laut Karte. Aber die hatte sich als nützlich erwiesen.
Diesmal versuchte Ash gar nicht erst, Paul als Gefährte zu gewinnen. Er hatte scheinbar eingesehen, dass jener kein Interesse an seiner Gesellschaft zeigte.
Ein gutes hatte die Rettungsaktion immerhin gehabt. Ash hatte es endlich begriffen.
"Panflam!"machte das Feuerpokemon zu seinen Füßen und deutete auf einen Baum. Paul hatte ganz vergessen, dass das Pokemon noch außerhalb seines Balles war. Es musste ihm stillschweigend und gehorsam gefolgt sein. Trainig zahlte sich eben aus.
Der Grund für Panflams Ausruf war ein Insektenpokemon, das auf dem Stamm eines äußerst dicken Baumes hockte und sich an der Rinde festklammerte. Es handelte sich um ein Pinsir, ein Käferpokemon, das einem gewaltigen Hirschkäfer ähnelte und Harz aus dem Stamm sog.
Pinsir waren stark und vor allem unglaublich selten. Perfekt!
"Guter Fund Panflam, greif es mit Flammenrad an!" flüsterte der euphorische Trainer seinem Pokemon zu, da Pinsir die beiden noch nicht bemerkt hatte.
Schnell spie Panflam Flammen aus, die seinen Körper wie eine feurige Kugel umgaben und es zischte auf das Käferpokemon zu. Noch bevor dieses seinen Kopf drehen konnte um die unerwartete Bedrohung zu registrieren, rammte Panflam es mit vollem Körpereinsatz, sodass die Flammen auf den Leib seines Gegners übersprangen und die Schale versengten. Panisch hieb Pinsir seine lodernenden Scheren gegen den Baumstamm, auf dem es noch vor kurzem zu Mittag gespeist hatte. Dabei zertrümmerte es unabsichtlich den breiten Stamm und die gewaltige Eiche fiel mit einem lauten Krachen auf es. Nach dieser Aktion war es im wahrsten Sinne des Wortes geplättet und ein leichtes Opfer für Pauls Pokeball. Das Pinsir überstand sogar dem Test durch den Pokdex-Scan, da es hervorragende Techniken beherrschte.
Froh über seinen neuen Fang und mit Panflam im Schlepptau setzet Paul seinen Weg fort.
Er machte kaum drei Schritte, als ihn drei bekannte Stimmen und das Brüllen eines offenbar agressiven Pokemon aufschreckte. Die Stimmen stammten hubdertprozentig von Ash und seinen Kumpanen, doch der andere Ruf war vielversprechend. In wenigen Sekunden hatte Paul Panflam zurückgezogen, seinen Pokedex gezückt und sich in Richtung der Geräusche in Bewegung gesetzt.
Im Laufen startete er eine weitere nützliche Funktion des Geräts: Den Rufanalysierer.
Mit einem zufriedenen Grinsen steckte Paul den Pokedex wieder in die Tasche. Der Tag wurde noch richtig ertragreich!
Dem Stimmen folgend gelangte Paul außerhalb des Waldes. Eine weite Ebene erstreckte sich, wohin er auch blickte. Saftig grüner Rasen und einige Sandfarbene Felsbrocken dominierten die Umgebung.
Mitten in dieser Ebene, keine hundert Meter von Paul entfernt, liefen Ash und seine Gefährten vor einem großen braunen und aufrecht stehenden Bären davon. Wie der Pokedex es vorrausgesagt hatte, handelte es sich um ein Ursaring. Groß, strak und vor allem unerbittlich. Dieses Pokemon musste Paul einfach haben. Hastig begann er einen rasanten Sprint über die Ebene. Seine Füße berührten den Boden kaum ,denn er flog praktisch über den Boden, getrieben von dem Willen dieses Pokemon zu fangen.
Tatsächlich reichte seine Beinarbeit aus, um das Ursaring und seine Opfer einzuholen. Etwa auf zehn Metern Abstand, stoppte das Pokemon und drehte sich zähnefletschend zu seinem Verfolger um. Ash und die beiden anderen schienen vergessen.
Nun musste Paul also dieses annähernd drei Meter große Ungetüm besiegen. Mit Panflam würde dies nur schwerlich möglich sein. Ein argloses Pinsir, das ein Käferpokemon war, mit einem Überraschungsangriff zu schlagen, war für ein Feuerpokemon keine Kunst. Dieses Ursaring war allerdings ein ganz anderes Kaliber, sodass Paul sich für ein anderes Pokemon zur Schwächung entschied.
Die wenigen Meter zwischen ihm und dem Ursaring wurden also von einem riesigen braun-grünen Pokemon gefüllt, das Pauls Pokeball entschlüpfte. Es war Chelterrar.
"Los Erdbeben!" befahl sein Trainer, während Ursaring vor seinem Gegner, der noch größer und stärker war als es selbst, zurückwich.
Das Pokemon, das aussah wie eine überdimensionale Schildkröte, stieß sich mit den Vorderbeinen vom Boden ab und stampfte mit aller Kraft auf. Man konnte die Welle purer Kraft, die durch den Boden floss, praktisch sehen.
Noch bevor Uraring angemessen reagieren konnte, platzte der Boden unter ihm auf und zersplitterte in tausende kleine Erdschollen. Die Wucht des unglaublichen Angriffs riß das Bärenpokemon von den Füßen und es blieb in den schmalen Spalten zwischen den Schollen stecken.
Verzweifelt versuchte das Pokemon aus der Lücke zu entrinnen, doch seine rechte Tatze klemmte unweigerlich fest. Panik spiegelte sich in seinen Augen wieder, das zottige Fell richtete sich wie elektrisiert auf.
Paul kannte solche Situationen nur allzu gut. Wo sein Chelterrar hintrat, wuchs so schnell kein Gras mehr.
"Jetzt mach es kalt mit Hyperstrahl!"
Das Pflanzenpokemon feurte den goldfarbenen Strahl reiner Energie ab, der schon gefährlichere Gegner als Ursaring in die Knie gezwungen hatte. Mit einem schmerzerfüllten Schrei ging das Bärenpokemon in der folgenden Explosion unter und blieb regunslos liegen.
Fast beiläufig zog Paul Chelterrar in seinen Pokeball zurück und schlenderte dann durch die völlig zertrümmerte Ebene, die nun kaum mehr als solche zu bezeichnen war. Fassungslos und vor Schreck in Starre verfallen standen die drei Menschen und zwei ihrer Pokemon, das Chelast und das Pikachu, nicht weit vom Geschehen entfernt und rührten sich nicht.
Paul ließ sie links liegen und trat zu dem vor Schmerz stöhnenden Ursaring. Sein Leib bebte. Es roch nach Angst. Paul zog den Pokedex hervor und ließ sich die Attacken des Besiegten anzeigen. Besser ging es kaum. Sogar Hyperstrahl war dabei.
"Du bist ein sehr starkes Pokemon. Du wirst unter Ebenbürdigen kämpfen; in meinem Team!" redete Paul auf das Pokemon ein und fing es dann mit Gelassener Leichtigkeit mit einem Pokeball ein.
Kaum war das Ursaring in seinem Pokeball in Pauls Tasche verschwunden, lösten sich Ash und die anderen beiden aus ihrer Angststarre und kamen zu ihm hinüber. Unwillig wandte sich Paul ab und ging in eine unbestimmte Richtung davon. Nachher dachte sie noch, er hätte es getan um sie zu retten!
"Hey Paul warte doch!" rief Ash ihm hinterher. Wann lernte der Junge eigentlich mal dazu?
Wütend und genervt drehte Paul sich zu den dreien und den Pokemon um.
"Glaubt ja nicht ich hätte euch aus Freundlichkeit gerettet oder so. Mir ging es um das Ursaring, das ihr aufgespürt habt." Das Wort "aufgespürt" betonte Paul ganz besonders und gab ihm eine Spur Lächerlichkeit.
Ashs Gesichtsausdruck änderte sich von einer Art ehrfürchtiger Bewunderung für Pauls lässigen Fang zu einer wütenden Grimasse.
"Wir haben noch nicht zuende gekämpft!"
Was sollte das denn jetzt?
"Du hast keine Chance gegen mich, das müsstest du doch mittlerweile gemerkt haben." entschied Paul und ging weiter.
"Hast du etwa Angst?" beschuldigte Ash ihn herruasfordernd.
Nette Masche, aber nicht mit ihm.
"Du willst mir nicht erzählen, dass du glaubst, dein Chelast würde auch nur einen Hyperstrahl von Chelaterrar überstehen oder? Ich würde es einsetzten."
Daraufhin schwieg Ash. Er hatte Angst vor Chelaterrars unbändiger Kraft. Zu recht.
Paul sagte noch einen letzten Satz bevor er über die kahle und scheinbar endlose Ebene in Richtung Jubelstadt seinen Weg fortsetzte.
"Ihr drei seid einfach nur erbärmlich."