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[tab=Kapitel 5 Teil 4]
Augen … öffnet euch! Ich muss wieder sehen, verdammt nochmal! Ich brauche … Licht! Doch all mein Flehen und Hoffen war nichts als eine Energieverschwendung. Die schwarzen Flecken blieben und hüllten mich in eine Nacht, die nur in meinem Kopf existierte. Ich konnte die Augen so sehr aufreißen wie ich wollte, Regen, die Häuser und die Straße … das alles blieb für mich verborgen. Ich war damit in eine Situation geschlittert, aus der es …
Verzweifelt schüttelte ich meinen Kopf und rannte so gut es ging weiter, ungeachtet dessen, dass ich nichts mehr von der Außenwelt sehen konnte. Ich … war noch nicht besiegt! Ja, ich werde nicht … nicht aufgeben! Blind hin oder her … Ich muss weiter!
Wieder prallte ich seitwärts gegen eine der für mich im Dunkeln liegenden Hauswände. Die sich rau anfühlende Fassade schürfte durch das braune Fell leicht in meine Haut, bevor ich mich erneut ächzend von der Wand wegstieß. Die Wunde brannte leicht …
Trotz allem versuchte ich mir in meiner Verzweiflung noch etwas Hoffnung zuzusprechen. Ich wollte mir einreden, dass ich irgendwie noch aus dieser Misere entkommen könnte, dass mein Augenlicht im letzten Moment zurückkehren und ich anschließend ein Versteck finden würde.
Nichts half. Ich konnte meinen eigenen Lügen und falschen Hoffnungen nicht glauben schenken. Für mich gab es … nichts mehr zu hoffen, so sehr ich es auch abstreiten wollte. Ich wollte das einfach nicht akzeptieren … ich wollte meine Ohren verschließen … ich wollte mich dagegen stellen, doch … die schreckliche Wahrheit war unumgänglich. Es war aus.
Schnell verlor ich jegliches Gefühl in meinen Beinen. Meine Schritte wurden merklich langsamer und unsicherer. Ich konnte nicht einmal mehr hundertprozentig sagen, ob ich überhaupt noch lief, oder vielleicht schon erschöpft zum Stillstand gekommen war …
Mich noch verzweifelt auf den Beinen haltend, zerrte ich mich weiter durch diese finstere Nacht, obwohl ich genau wusste, dass es doch keinen Zweck hatte.
In dieser Dunkelheit existierten nur noch die Dinge, die ich mit meinen anderen Sinnen wahrnehmen konnte: Der Duft von Moder und Regen, der so allgegenwärtig war wie der Gestank der Abgase. Auch den Steinboden unter meinen Pfoten und die auf mich einschlagenden Regentropfen konnte ich noch fühlen, doch durch die Kälte wurde mein Spürsinn zu nehmend taub. Mit meinen Ohren konnte ich hindurch den niemals endenden Regen, das dumpfe Stampfen der Fußschritten wahrnehmen. Doch ohne meine Augen … waren diese Wahrnehmungen alle völlig nutzlos. Ich brauchte diese verdammten ausgeprägten Sinne nicht … alles was ich benötigte, war mein Sehsinn. Ohne diesen … stand ich endgültig in einer Sackgasse. Das war der Anfang vom Ende.
Unbemerkt quoll etwas Warmes aus meinem Auge und floss langsam über meine eiskalte Wange. Gerade als ich diese geringe Wärme in meinem Gesicht fühlte, kamen schon die herabfallenden Regentropfen und verschlangen diese, ohne nur eine Erinnerung daran zurückzulassen. Sie absorbierten diese Wärme genauso, wie sie es mit all meinen Hoffnungen gemacht hatten. Erschrocken kniff ich die Augen zusammen und hätte um ein Haar mein Gleichgewicht verloren. Was war das gerade eben, doch nicht etwa … Widerwillig schüttelte ich ein weiteres Mal meinen Schädel, während ich weiter durch meine persönliche Dunkelheit tappte, nur um den Moment meiner endgültigen Niederlage weiter in die Ferne zu zögern. Nein! Ich … ich weinte nicht! Ich wollte nicht wieder fast in Tränen ausbrechen … Nicht schon wieder! Weinen … weinen war etwas für Schwächlinge! Nur Idioten … zeigten Schwäche …
Ich war kein Idiot! Ich würde nicht noch ein weiteres Mal Ansatzweise eine Träne zeigen … so viel Stolz hatte ich noch in meiner Brust.
Mein Atem wurde schwerer. Meine Lungen fühlten sich an, als würde eine unsichtbare Kraft mir den restlichen Sauerstoff herausquetschen und mich ersticken lassen wollen … Laut hechelnd schnappte ich noch verzweifelt nach Luft …
Sterbenselend versuchte ich gegen die Schmerzen und die Erschöpfung zu widerstehen, die langsam überhandnehmen wollten. Innerlich hingegen führte ich einen beinah größeren Kampf, einen Kampf gegen die sich in mir anstauenden Emotionen. Wut, Verzweiflung, Panik … Angst. Ich unterdrückte diese Gefühle, doch es war mir, als würden sie mich jeden Moment wie eine Bombe in Stücke reißen, derartig viele Gedanken und Emotionen waren in mir zusammengepfercht. Sollte ich doch explodieren, ich würde dem Trainer und dem Rest der Welt um keinen Preis diese Gefühle zeigen … diesen Gefallen … werde ich keinem so schnell tun … Egal ob das nun mein Ende war oder nicht, ich würde keine weitere demütige Träne vergießen! Ich werde mich nicht zum Idioten machen, zum Schwächling. Sie konnten mich sehen, sehen wie ich erbärmlich zu Grunde ging … ich hingegen würde nur ihre höhnischen Stimmen hören. Deswegen wollte ich wenigstens mit meinem Stolz untergehen, mit dem wenigen Rest, den mir mein trostloses Leben gelassen hatte.
Doch scheinbar wollte man mich so weit quälen, bis ich auch diesen verlor … War das denn noch immer nicht genug?! Interessierte es überhaupt irgendeine Menschenseele, wie unmenschlich ich hier gefoltert und gequält wurde … Irgendjemanden?
Mein Bewusstsein wollte sich langsam von meinem Körper trennen. Langsam schien ich den Bezug zur Wirklichkeit zu verlieren …
Mein Körper … dieser verdammte Vulpixkörper! Erst trieb er mich zur Flucht und nun wo es für ihm keine Hoffnung auf Rettung mehr gab, wollte er aufgeben. Jetzt strebte er nur noch danach, den verbliebenen Rest meines Überlebenswillens zu brechen, damit er nicht länger diese Qualen ertragen musste. Überall in meinem Kopf hörte ich abermals diese pessimistische Stimme, die mir listig zuflüsterte: „Gib jetzt auf, du kannst nichts mehr tun… gib deiner Vernunft nach.“
Elender Verräter, welche Vernunft bitte?! War es vernünftig stehen zu bleiben, obwohl mir an den Sohlen ein verdammter Trainer klebte? Gehörte es bitte zum normalen Hausverstand, sich gefangen nehmen und versklaven zu lassen? Wo war da bitte die Vernunft?! Mag sein … dass ich körperlich … urg … am Ende war … doch glaubte etwa mein verdammter Körper, dass ich gerne diese Qualen durchlebte?! Glaubte er das allen Ernstes?! Nein, am liebsten hätte ich mich schreiend zu Boden geworfen und wäre für immer dort liegen geblieben doch … der Gedanke an meine schwarze Zukunft war viel schmerzhafter … Diese Vorstellung war die wirkliche Folter für mich, nicht die physischen Qualen.
Schwer keuchend kämpfte ich mit meinen letzten Energiereserven weiter. Ich lief längst nicht mehr, ich trabte nur noch mäßig über das unsichtbare Pflaster, doch würde es nach meinem Körper gehen, würde ich bereits bewusstlos auf dem Boden liegen. Doch das letzte bisschen Willenskraft und Stolz hielt mich weiterhin auf den müden Beinen, die beinah am Zusammenbrechen waren. Doch es war hoffnungslos …
Die dumpfen Schritte hinter mir schienen schneller näher zu kommen, als ob der Trainer plötzlich noch einen Zahn zugelegt hätte. Bald würde ich den heißen Atmen meines Verfolgers im Nacken spüren und spätestens dann…
Ich schluckte unmerklich und versuchte verzweifelt meine Emotionen zu unterdrücken.
… spätestens dann, wäre ich verd… Wamm, Klirr!
Ein beinah stummer Schrei drang aus meiner Kehle, als sich plötzlich etwas hartes in meinen Weg stellte. Das Etwas gab unter der eigentlich geringen Wucht des Aufpralles nach und kippte mit einem lauten Klirren und scheppern von mir weg. Mein Hirn, das ebenfalls von der ganzen Verfolgung müde und träge geworden war, realisierte anfangs gar nicht, was da gerade geschah. Ich wich einfach geistesgegenwärtig zur Seite aus und versuchte irgendwie meine Balance zu halten, doch …
Schnell verlor ich den Halt unter meinen Pfoten, mein Gewicht verlagerte sich nach vorne und wenige Sekundenbruchteile später … spürte ich den harten Steinboden in meinem Gesicht.
Mit einem dumpfen Knall landete ich anschließend seitlich auf dem Boden. Für einen kurzen Moment lag ich da, schwer atmend nach Luft ringen, ohne überhaupt zu wissen, was da gerade genau geschehen war. Ich starrte einfach regungslos in die Finsternis, die mich umgab und lauschte meinem keuchendem Atem.
Doch während langsam mein Bewusstsein zurückkehrte, begann ich all meine körperlichen Schmerzen richtig wahrzunehmen und merkte, was für Qualen ich wirklich ausgesetzt gewesen war.
Zitternd krümmte ich mich zusammen und versuchte gegen all das Leid anzukämpfen, dass beinah schlagartig über mich hereinbrachte, wie ein Platzregen.
Urg … mein … meine Lungen … Luft …
Plötzlich, dem Ersticken nahe presste ich meine Pfoten auf den brennenden Brustkorb und versuchte irgendwie den ungeheuerlichen Schmerzen zu widerstehen, während ich weiter nach Luft rang.
Es … tut … so weh. Aufhören … einfach aufhören!
Auch der Rest meines Körpers, sei es die pochenden Vulpixschnauze oder die geprellte und aufgeschürfte Haut machten mein jämmerliches Dasein zu einem Trip durch die Flammen der Hölle. Zu allem Überdruss schmeckte der Speichel in meinem Mund plötzlich nach Metall …
Keuchend rollte ich mich noch weiter zusammen, während mein ganzer Leib bebend und zitterte und hoffte, dass bald alles einfach ein Ende hatte.
Wieso … wieso musste es so verdammt weh tun? Wieso … musste meine Niederlage so grausam sein?! Warum, verdammt nochmal, warum?! Das war doch einfach nicht gerecht! Unmenschlich … anders konnte man es nicht nennen.
„Verdammt, verdammt, verdammt … verdammter Regen, verdammter Körper … verdammtes Leben!“, fluchte ich mit stotternder Stimme, solange, bis auch der letzte Rest des Sauerstoffes in meiner Lunge aufgebraucht war und ich wieder schnaufend nach Luft schnappen musste. So endete es also … meine Flucht, meine Freiheit, mein Leben. Derartig erniedrigt und gefoltert …
„Wieso hast du nicht einfach von Anfang an aufgegeben … dann wäre alles viel schmerzloser zu Ende gegangen“, hörte ich in mir wieder diese anklagende Stimme, die nur noch alles schlimmer machen wollte, als es ohnehin schon war. Verflucht nochmal …
„Ich hab … schon verstanden …“, murmelte ich langsam und bemühte mich verzweifelt, nicht den Druck der Schmerzen zu unterliegen, „Ich weiß … es ist sinnlos … arg … sich gegen das ‚Schicksal‘ zu widersetzen…“
Bei diesem Wort legte ich nochmals alle Verächtlichkeit in meine Stimme, die ich in diesem kurzen Moment aufbringen konnte, doch ich klang weiterhin nur wie ein kleines gepeinigtes Pokemon.
„…Alles ist umsonst gewesen … ich hab‘s kapiert … Und jetzt … halte einfach deinen verdammtes Maul! Lass mich … in Ruhe verrecken …“
Durch meine zusammengekniffenen Augen hindurch schien abermals eine warme Träne über mein Gesicht zu kullern. Es blieb jedoch nicht bei einer. Meine Wangen fühlten sich auf einmal glühend warm an und sogar der eiskalte Regen konnte momentan nichts dagegen tun. Die kalten Tropfen konnten meine vielen Tränen nicht verschlingen, die über das braune Fell liefen …
Fluchend und schniefend kniff ich meine Augen noch fester zusammen und wischte verzweifelt mit bebenden Pfoten das salzige Wasser aus meinem Gesicht, um damit irgendwie den Fluss der Tränen aufzuhalten.
Ich weinte nicht … ich weinte nicht … Weg mit euch! Ich war kein … Schwächling!
Es hatte keinen Zweck. Die Bombe … war gezündete.
Ich konnte meine Emotionen nicht mehr verstecken. Weder schaffte ich es die vielen Tränen zu verstecken, mein leises Schluchzen zu dämpfen, noch meinen zitternden Körper zu beruhigen. Meine Gefühlte hatten überhandgenommen und ich konnte nichts dagegen tun.
Schluchzt
Selbst mein bisschen Stolz, der mir übriggeblieben war, wurde mir am Ende genommen. Nichts … nichts blieb mir! Gar nichts!!! Das war doch nicht fair … das war einfach nicht fair, doch wenn interessierte das noch ... Niemanden!
Klick
Noch während ich wie ein Häufchen Elend auf dem Boden lag, schien das Rauschen des Regens allmählich aufzuhören, als ob der Regen auf einmal Mitleid mit diesem heulenden Vulpix bekommen hätte. Viel zu spät, jetzt half es mir nicht mehr, jetzt war ich bereits verloren ...
Doch während ich vergeblich versuchte, meine Tränen aufzuhalten, merkte ich plötzlich, wie auch das ohnehin bereits leise Geräusch der brummenden Fahrzeugen, sowie die Gerüche der Umgebung ebenfalls zu verschwinden schienen. Irgendetwas stimmte da nicht …
Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich plötzlich einen Sog fühlte, der mich nach hinten zerren wollte.
„Mein Gefängnis“, hauchte ich fast unhörbar und schaffte es für einen Moment mit dem Schluchzen inne zu halten. Stattdessen versuchte ich mit meinem angeschlagenen Körper irgendwie das Weite zu suchen, doch dazu war es längst zu spät. Die Pflasterstraße unter mir … ich konnte sie nicht mehr spüren. Nun gab es wirklich keinen Zweifel mehr daran: ich wurde gerade in einen Pokeball verfrachtet!
Jetzt war es wirklich aus … es gab keine Rettung mehr …
Mein Albtraum wurde letzten Endes doch wahr: ich wurde ein Kampfsklave eines Menschen.
„ … Ich will nicht“, drang es schwach aus meiner Kehle, während ich keuchend herum zu strampeln begann, um mich irgendwie von dieser unsichtbaren Kraft zu befreien. Ich will nicht so enden! So oft ich mir auch diese Tatsache ins Gesicht hielt und mir sagte, dass es keinen anderen Ausweg mehr gab … Ich konnte es einfach nicht akzeptieren! Ich würde es nie hinnehmen können!
Vergeblich versuchte ich, mich irgendwo noch festzukrallen, vielleicht an einer Vase, an einer Mülltonne, an irgendetwas das sich vielleicht noch in meiner Reichweite befand … doch wenn man vollkommen blind war, war dieses Unternehmen aussichtslos. Nicht einmal einen klitzekleinen Hoffnungsschimmer hatte ich, an dem ich mich hätte festhalten können. Ich hatte gar nichts mehr.
Der Sog war bereits derartig angestiegen, dass ich das Gefühl bekam, jeden Moment in zwei Stücke gerissen zu werden. Energisch versuchte ich alles in meiner Macht stehende, um mich aus dem Bann des Strudels zu entziehen. Pokemon konnte sich aus diesen Pokebällen befreien, dass wusste ich … nur wie? Wie brachte es so ein kleines Viech zustande, sich dieser starken Anziehung zu widersetzen? Körperlich konnte ich dieser Kraft nichts entgegenbringen, nicht mit meinem erschöpften Körper. Wie sollte ich mich überhaupt einer unsichtbaren Kraft widersetzen, verdammt nochmal?! Da war nichts was ich hätte schlagen oder aus was ich mich hätte befreien können. Unmöglich …
Das Prasseln des Regenschauers und das leise Rauschen der fahrenden Fahrzeuge, sowie alle Gerüche, die ich durch die Finsternis hindurch wahrgenommen hatte, schienen immer schneller in weitere Ferne zu rücken, die letzten Erinnerungen an meine Freiheit. Ich fühlte mich schwerelos … Ich spürte nichts mehr, ich hörte nichts mehr … nur noch dieser leichter zimtartige Duft, welchen ich anfangs kaum beachtet hatte, lag mir in der Nase. Es war mein dünner Faden, der mich noch an die wirkliche Welt band, doch jede Sekunde später würde auch diese letzte Verbindung durchtrennt werden.
Wieder wollten die warmen Tränen überhandnehmen, jetzt wo es nichts mehr für mich zu hoffen gab. Ich wollte die Tränen wieder aus meinem Gesicht wischen, doch ich konnte nicht. Vielleicht … vielleicht waren sie mir sogar egal. Jetzt wo ich ohnehin alles verloren hatte … sollen sie doch über … mein Gesicht kullern … Es war … es war a …
Wieder klang ein lautes Klicken in meinen Ohren. Es machte Zisch und … plötzlich hörte ich wieder den rauschenden Regen in vollen Ausmaßen. Die Regentropfen schlugen schlagartig auf mein durchnässtes Fell ein und alle Gerüche, sei es der Gestank von Abgasen, Müllansammlungen oder der starke Geruch von Zimt, strömten wieder durch meine Nase. Das einzige was blieb war die Dunkelheit, die mich noch fest in ihren schwarzen Klauen hatte. Mit verweintem Gesicht stand ich regungslos da und lauschte fassungslos der Geräuschkulisse, als hätte ich mein ganzes Leben über nichts anderes getan. Ich war draußen, ich war dem Pokeball entkommen … aber wie war das möglich?
„ … pass gefälligst auf dein Pokemon auf! Und sammle sofort den Müll wieder ein, hast du verstanden?!“
Erschrocken zuckte ich über den Klang der fremden Frauenstimme zusammen, innerlich noch viel zu verwirrt über meine plötzliche Befreiung. Was ist geschehen … und wem gehörte diese Stimme? Durch den schüttenden Regen hindurch, vernahm ich ein Quietschen und ein Klopfen, nicht weit von mir entfernt. Es erinnerte mich etwas an das Geräusch eines alten Fenster, dass seit Jahren nicht mehr geölt worden war …
„Aber, aber… warten Sie …“, ertönte ganz in meiner Nähe die Stimme meines Verfolgers und Peinigers. Seine Stimme klang jedoch ebenso erstaunt und wirr, als ob er meinen Ausbruch nie im Leben erwartet hätte.
„Kein Aber! Dein Pokemon kann den Müll nicht aufheben, also machst du es! Jetzt mach schon, bevor ich zu dir runter komme und die Polizei rufe! “
Noch immer wie gelähmt stand ich in der Dunkelheit und lauschte den zwei Stimmen. Ehrlich, ich hatte nicht den blassesten Schimmer was gerade vor sich ging, weder wie ich aus der Kapsel entkommen war, noch wer diese Frau war. Eigentlich war mir dies vollkommen gleichgültig … das Einzige was jetzt zählte war …
„Ich muss weg …“, stammelte ich heiser und fühlte, wie sich mein ganzer Körper zittrig und mit größter Anstrengung vom kalten Steinboden erhob.
Ich war wie durch ein Wunder aus diesem verdammten Ball entkommen und der dämliche Trainer war momentan beschäftigt – keine Ahnung für wie lang - doch jetzt war meine Chance zu entkommen… doch wohin? Ich war noch immer blind und kaum bei Kräften, weit würden mich diese verdammten Pfoten nicht bringen. Obwohl ich frei war, schien es wieder, als wäre diese Freiheit nicht mehr als eine Illusion. Nicht lange und der nächste Pokeball würde auf mich zu fliegen …
Ich atmete tief ein und unterdrückte die Verzweiflung, die erneut überhandnehmen wollte.
Dieser Zimtgeruch … Er war noch immer da, nun nicht mehr schwach und unscheinbar wie ein Faden, sondern viel intensiver und kräftig wie ein dickes Seil. Beinah so kräftig, als könnte ich den Pfad bis zu der Duftquelle vor meinen erblindeten Augen erkennen. Vielleicht …
Ohne wirklich zu realisieren, setzte ich mich schwerfällig in Bewegung. Mein Ziel war einfach: dem Geruch bis zum Ursprung folgen. Das war mein kleiner Hoffnungsschimmer, den ich mir so sehnlichst gewünscht hatte. Ein vollkommen dummer und aussichtsloser Hoffnungsschimmer, doch ich war ein Mensch. Menschen machten oft die dümmsten Sachen …
„Ich …“, murmelte ich schnaufend und setzte die erste Pfote zögerlich nach vorne in die Dunkelheit, ungewiss darüber, wo mich dieser Pfad hinführen würde, „… lasse mich nicht … versklaven …“
Zitternd schritt ich achtsam durch die Finsternis, mich vollkommen auf meine vorhandenen Sinne verlassend. Mit meiner Nase erfasste ich den intensiven Duft des Zimtes, mit meinen Ohren lauschte ich nach dem Trainer, der scheinbar nicht mitbekam, wie sich seine „Beute“ aus dem Staub machte und mit meinem Spürsinn achtete ich darauf, dass ich nicht in irgendeine böse Überraschung hineinstolperte. Ich war noch immer erschöpft, meine Lungen spürten sich noch immer stechend an und meine Schnauze pochte weiterhin vor Schmerz, doch ich versuchte das alles mit meiner wiedererlangten Willenskraft zu ignorieren … nur für jetzt, sodass ich mich auf meinen Weg konzentrieren konnte. Es war nicht leicht, nicht diesem Druck zu unterliegen, dem unerträglichen Stechen im Brustkorb oder den Prellungen auf meinem Körper, von denen manche noch von der Einkaufsstraße stammten … Auch der Regen versuchte weiter mir meine Kräfte zu stehlen, doch dieser scherte mich Momentan einen feuchten Dreck. Ich folgte – wörtlich - blind dem Zimtgeruch in der kühlen Luft, fast wie in Trance …
Und obwohl ich gerade mal im Schritttempo voran kam, wurde der Zimtgeruch rasend kräftiger. Die Quelle, was auch immer sie war, war zum Greifen nah!
Knapp vor meinem großen Ziel, hörte ich plötzlich hinter mir eine Stimme, die eindeutig von diesem Trainer stammte: „Ächz … ich bin gleich fertig … wo ist das Vulpix?!“ Sie war noch leise … doch das änderte nicht viel an der Sache.
Verdammt, wieso war er jetzt schon fast fertig?! Das durfte nicht wahr sein, ich brauchte noch etwas Zeit, verdammt nochmal! Meine aufgebaute Selbstsicherheit und mein Vertrauen in diese Fluchtmöglichkeit gerieten schlagartig ins Wanken, so wie meine Gangart, als ich verzweifelt noch einen Zahn zulegen wollte. Ich würde nie rechtzeitig zu dieser Duftquelle, niemals … und selbst wenn, wer garantierte mir überhaupt dort ein Versteck zu finden? Verdammt, wieso vertraute ich überhaupt blind auf diesen idiotischen Vulpixinstinkt? Wieso vertraute ich so sehr darauf, dass mich dieser Duft nicht in eine Sackgasse brachte? Wer konnte mir das bitte versprechen?! Vielleicht wollte mich meine Nase nur wieder tückisch in die Irre führen, wie sie es schon einmal gemacht hatte … Es half nichts, er würde mich wieder fangen und endgültig in eine rot, weiße Kapsel stecken …
Energisch schüttelte ich mein Haupt und folgte der Duftspur weiter nach rechts. Jetzt war keine Zeit für irgendwelche Berechnungen und Zweifel, jetzt konnte ich nur darauf hoffen, dass ich ein Versteck finden würde. Wenn ich jetzt aufgab, war es aus bevor ich überhaupt die Chance hatte zu entkommen. Dies war meine letzte Möglichkeit und ich würde sie keinesfalls verschwenden!
Kaum war ich einige Schritte weiter ins Unbekannte gestolpert, schreckte ich abermals zusammen, als das Prasseln des Regens augenblicklich von mir abließ. Die gesamte Geräuschkulisse schien wieder leiser zu werden. Wie, mich konnte doch der Pokeball nicht schon wieder geschnappt haben, oder?! Der Trainer war doch noch ein Stück entfernt, also wie … Oh! Nicht lange und ich hatte kapiert, dass ich noch immer mit allen vier Pfoten in der realen Welt stand. Das einzige was ich scheinbar verlassen hatte, war die verregnete Gasse. Anstelle dem nassen und unebene Pflaster spürte ich nämlich unter meinen Pfoten einen perfekt glatten und kalten Boden. Er fühlte sich ungewohnt an … nach all den Stunden auf dem unebenen Steinpflaster, doch es war eine Abwechslung, auch wenn ich jetzt das Gefühl bekam, jeden Moment auszurutschen. Orientierungslos tappte ich etwas durch die Dunkelheit nach vorne, während ich immer mehr von den Geräuschen des Regens abgeschirmt wurde. Nur das Tapsen meiner Pfoten, die zögerlich über den glatten Boden schritten, hallten in meinen Ohren, wie das Ticken eines Uhrwerks, dass langsam bis zur Ankunft meines Verfolgers hinunter zählte. Entweder war ich unter einer Art Brücke oder Unterführung gelandet … oder, was viel wahrscheinlich war, bin ich in irgendein Gebäude hineingestolpert. Der Zimtduft, dem ich bis hier her gefolgt war, umgab mich nun wie ein dichter Nebel, der sich in alle Richtungen zerstreute, sodass ich mich auf dessen Führung nicht mehr verlassen konnte. Das einzige was mir der Duft noch verriet, war – wenn ich dem ausgeprägtem Vulpixsinn trauen durfte - dass ich mich in einem größerem Raum befinden musste, denn den die Gerüche kamen aus verschiedenen Richtungen, manche rochen schwächer, andere wieder stärker … es waren jedoch darunter zu viele ähnlich riechende Düfte, als dass ich irgendeinem hätte folgen können. Zögerlich hielt ich inne und überlegte mir krampfhaft, wie ich jetzt weiter verfahren sollte. Ich hatte keinen Pfad mehr, dem ich folgen konnte, jetzt musste ich selber zusehen, wie ich mich verstecken konnte … hier alleine war ich höchstwahrscheinlich nicht sicher, denn wenn es sich um einen offenen Raum handelte, würde mich dieser verfluchte Trainer sofort bemerken ...
Ich schnaufte und füllte mit einem kräftigen Atemzug meine stechenden Lungen.
… falls er mich dabei beobachtet hatte, wie ich hier abgezweigt war. Vielleicht hatte er mich ja gar nicht bemerkt, möglicherweise rannte er in eine ganz andere Richtung. Die Gassen waren immerhin ein riesiges Labyrinth …
Als hätte ich alleine mit diesem Gedanken das Unglück herausgefordert, nahm ich auf einmal die schnellen Schritte eines Menschen wahr, welche anfangs unauffällig wie das Trommeln der Regentropfen näher und näher zu kommen schienen. Ich hielt panisch den Atem an und drehte meinen Kopf sinnlos in alle Richtungen.
„Verdammt, verdammt“, fluchte ich keuchend und stolperte schließlich geistesgegenwärtig nach rechts, um so wenigstens nicht sofort ins Blickfeld des Trainers zu geraten. Ob es in diese Richtung weiter ging oder nicht … ich hatte keine Zeit um mir darüber Gedanken zu machen. Alles was ich wollte, war ein Versteck und selbst wenn es nur ein Topfpflanze war. Schnell, irgendetwas muss doch hier zu finden sein … selbst blind! Panisch mobilisierte ich noch das letzte bisschen Energie, die in mir steckte und hetzte wankend in die instinktiv eingeschlagene Richtung. Ich hatte keine Ahnung wie ich überhaupt derartig hoffnungsvoll sein konnte, wie sollte ich den blind eine Nische zum Untertauchen finden? Ein logisch denkender Mensch hätte sofort kapiert, dass dies ein unmögliches Unterfangen war, denn immerhin hatte ich null Ahnung, wie groß, welche Form, oder wie hell es eigentlich in diesem unbekannten Raum war. Ich wusste ja nicht einmal, ob jemand anderes außer mir sich bereits in diesem Raum befand. Doch ich dachte nicht mehr logisch, was mich antrieb war Panik.
Die Schritte wurden deutlicher und übertrumpften nun das leise Trommeln des Regens. Sie kamen näher …
Verzweifelt zwang ich meinem Körper noch weiter zu gehen, weiter zu kämpfen, ins Ungewisse. So kurz vor dem Ziel … konnte ich nicht mehr aufgeben. Ich musste weiter … keuch … ich musste etwas finden, wo ich mich verkriechen konnte. Mein Herz schlug rasend in meiner Brust und drohte meinen angespannten Körper zu zerreißen. Jeder Teil in mir war sich darüber bewusst, dass dieser Trainer jeden Moment um die Ecke stürmen würde … jeden Moment konnte es soweit sein … jeder Moment konnte mein Letzter sein.
Die dumpfen Schritte wurde noch lauter.
Das ungleiche Tapsen meiner Pfoten und das bedrohlich werdende Klopfen der Schuhe ergaben zusammen einen scheußlichen Rhythmus, der nun wie ein Uhrwerk klang, das vollkommen aus dem Takt geworfen worden war. Dieses bedrohliche Trommeln brannte sich in meine Ohren und wollte … Bum
Mit einem dumpfen Knall stieß ich wieder mit meiner Stirn gegen ein Hindernis, dass jedoch zu schwer war, als dass ich es mit Schritttempo hätte umwerfen können. Doch was war es dieses Mal … eine Mülltonne. eine Kiste, eine Wand oder eine Türe? Es klang jedenfalls hohl …
Die Lautstärke der dumpfen Schritte nahm rasch zu. Er war fast da.
Entsetzt warf ich all meine Bedenken zur Seite und hangelte mich an dem Ding nach Links entlang, so schnell es mein geschwächter Zustand erlaubte. Egal was es nun war, ich musste an dem Ding vorbei! Nicht lange und ich erreichte das Ende der Blockade, jedoch wurde schnell klar, dass es um ein mehr flächiges Objekt handeln musste. Ich musste mich noch eine weitere glatte Seite entlang hetzen, während die Schritte so beunruhigend wurden, dass ich meinte, sie wären keinen Meter vor der Abzweigung entfernt; vielleicht waren sie das auch. Schließlich war ich auch an dem Ding vorbei. Ich verschwendete keine Sekunden, sondern warf mich hinter die dritte Seite dieses Objekt und kauerte mich auf dem kalten Boden zusammen, während ich verzweifelt die Luft anhielt. Ich hatte keine Ahnung, wie gut ich eigentlich hier versteckt war … Aber es musste einfach ein mieses Versteck sein. Der Trainer würde mich hier sofort entdecken, daran gab es keinen Zweifel. Der Eingang befand sich nur wenige Meter von mir weg, wie konnte man mich da übersehen, verdammt nochmal?! Zitternd drückte ich mir mit meinen Pfoten die Vulpixschnauze zu. Jetzt durfte ich keinen Laut von mir geben, jedes Geräusch könnte mich verraten, denn die Schritte … sie waren da. Das Geräusch der aufkommenden Schuhsolen hatte sich schlagartig verändert. War es anfangs noch ein dumpfes Klopfen gewesen, war es nun ein hallendes Geräusch, dass durch den ganzen Raum schallte. Es kam näher.
Tack… Tack… Tack…
Zitternd presste ich mir nur noch fester auf die Schnauze, während durch meinem Brustkorb ein immer immenses Stechen fuhr, dass mich dazu drängten wollte, schnell noch Luft zu holen. So gern ich es auch getan hätte, ich konnte es mir nicht leisten. Ich durfte … jetzt nicht einatmen! Ich durfte auf keinem Fall … irgendwie Aufmerksamkeit auf mich lenken. Doch so entschlossen ich auch war, es änderte nichts daran, dass in meinen Lungen allmählich der Sauerstoff knapp wurde, was sich qualvoll bemerkbar machte. Das konnte nicht gut gehen …
„Das Pokemon ist doch da rein gelaufen …“, hörte ich den Trainer gedämpft murmeln, während seine Schritte einmal leiser, dann wieder deutlicher wurden, als ob er sich nicht entscheiden konnte, in welche Richtung er gehen sollte.
Geh … endlich … verschwinde! Verzweifelt unterdrückte ich den Drang nach Luft zu schnappen, doch dieses Bedürfnis wuchs mit jeder Sekunde weiter an. Lange würde ich das nicht mehr durchstehen, bald musste ich unausweichlich nach Luft schnappen.
Die hallenden Schritte kamen wieder näher und drohnten bedrohlicher in meinen Ohren als je zuvor. Jeden Moment würde dieses Geräusch direkt neben mir zu hören sein, dann würde ich wissen, dass es aus war.
Doch soweit kam es nicht, denn bevor die Schritte mich erreichten, kehrte für einen kurzen Augenblick Stille ein, bevor ich wieder diese Stimme hörte: „Verflixt, hier ist es einfach zu düster, so find ich das Pokemon nie …“
Dann begann das schallende Klopfen der Fußschritte von neuem … doch es wurde schwächer. Sie entfernten sich weiter und weiter von mir und schienen in Richtung Ausgang zu marschieren. Der Trainer hatte die Suche aufgegeben. Bald würde er wieder hinaus in den Regen treten und mich endlich alleine lassen, sich selbst eingestehend, dass ihm seine Beute durch die Lappen gegangen war. Dann … dann wäre ich endlich frei. Danach wäre ich frei von all meinen Sorgen, doch …
Beinah der Ohnmacht nah, riss ich meinen Mund auf und schnappte keuchend nach Luft. Meine Lungen fühlten sich wieder mit Luft, worauf das furchtbare Stechen endlich wieder abnahm … doch zu welchem Preis.
Schlagartig hielten die Schritte inne. Ein schleifender Laut - dann kam das hallende Geräusch wieder näher auf mich zu, während abermals die Stimme des Trainers durch den Raum schallte: „Da war etwas …“
Verdammt nochmal, wieso hab ich es nicht länger unterdrücken können, wieso bloß? Das durfte nicht wahr sein! Jetzt wird er mich hundertprozentig finden, er wird herkommen … verdammt, dass durfte einfach nicht wahr sein! Mutlos kauerte ich mich weiter zusammen und legte mir meine Vorderpfoten über den Kopf, als ob ich so verhindern könnte, dass mich irgendjemand sehen konnte. Wie ein Dodu, dass seine zwei Köpfe in den Sand steckte, um sich vor einem Arkani zu verbergen.
Wieso hat dieser verdammte Trainer nicht schneller das Gebäude verlassen können! Jetzt wird er mich finden. Nach allem was ich durchgemacht habe … das war einfach ungerecht!
Das Hallen wurde für mich ohrenbetäubend. Ich konnte es mir genau vor meinem geistigen Auge vorstellen: das Klicken und anschließend dieser Sog … die Hilflosigkeit. Bald würde das alles wieder Wirklichkeit sein. Er würde mich entdecken und dann wäre mein Leid umsonst gewesen. Es kam tatsächlich so, wie mir meine innere Stimme gesagt hatte: wer sich gegen sein Leben widersetzte, konnte nur verlieren …
Der verfluchte Trainer war nun ganz nahe. Sogar seinen keuchenden Atem konnte ich bis in mein jämmerliches Versteck hören, doch ich hörte weder irgendwelche triumphierenden Worte, noch das Klicken eines Pokeballs. Der Trainer schien einfach zu warten … bloß auf was? Wollte er mich etwa noch weiter auf die Folter spannen oder genoss er es einfach, zu sehen, wie ich erbärmlich da am Boden lag und um mein Leben bangte? Bebend presste ich meine Augen noch fester zusammen, obwohl es eigentlich keinen Unterschied machte, ob ich die Augen offen hatte oder nicht. Ich war blind …
Da ließ mich ein leises Knarren, dass direkt neben meinem Ohr erklang, zusammenzucken. Ein Knarren, als ob jemand erneut ein uraltes Fenster öffnete. Doch anstelle der drohenden Stimme der Frau hörte ich nun ein fast unhörbares Flattern und einen leisen Aufschrei, der von dem Trainer zu stammen schien, bevor abermals für einen Moment Stille einkehrte.
„Ach so … ich dachte schon …“ ,murmelte der Trainer nicht ohne etwas Enttäuschung in der Stimme, ohne dass ich eine Ahnung hatte, auf was er sich da bezog. Ich hörte wieder seine Schritte, wie sie sich … von mir entfernten. Vollkommen unverhofft und überraschend wurde es immer schwächer und schwächer bis es ganz verstummte. Ich wartete darauf, dass die Schritte zurückkehrten, doch es blieb still, still für ein paar Sekunden, für eine Minute … bis sogar mehrere Minuten verstrichen.
Und erst nachdem ich jedes Gefühl für Zeit verloren hatte, wagte ich es, langsam wieder ruhig durchzuatmen. War ich … war ich tatsächlich in Sicherheit.? War der Trainer wirklich … weg?
Zitternd blieb ich in meiner zusammengerollten Stellung, noch immer fassungslos über diese Wendung. Meine Augen waren bis auf weiteres unbrauchbar, genauso wie der erschöpfter Vulpixkörper. Durch die großen Strapazen fühlte ich mich weiterhin vollkommen ermattet an, besonders meine Beine waren noch völlig taub und träge, nicht dazu bereit, mich innerhalb der nächsten paar Minuten irgendwohin zu tragen. Auch mein Atem war momentan abnormal schnell und laut, von meinen stechenden Lungen ganz zu schweigen. Doch nun hatte ich Zeit … Zeit zu rasten. Der Trainer … dieser verdammte Knirps war endlich weg, weswegen war mir momentan egal …
Stöhnend ließ ich meine erschlafften Vorderbeinen von meinem Kopf auf den kalten Boden rutschen. Mein Verstand war noch leicht von den ganzen Ereignissen und den Schmerzen benebelt, denn der Fakt, dass ich gerade durch Wind und Wetter entkommen war, wollte nicht ganz in meinen Schädel hinein. Langsam schloss ich meine nutzlosen Augen und verharrte regungslos auf dem kalten Boden, während ich meinem schweren Atem lauschte und fühlte, wie sich meinen Brustkorb bei jedem Atemzug auf und ab senkte. Leise konnte ich auch das Trommel der Regentropfen hören, wie sie gegen paar Wände oder Fensterscheiben prasselten, doch ansonsten war es völlig ruhig. Meine Nase hingegen wurde vom kräftigen Geruch von Kerzenfeuer und Zimt betört, der mich gänzlich umhüllte und mich schläfrig machte. Zimt … duftete jedenfalls besser als irgend so ein Gammelfleisch.
Ganz und gar nicht angenehm empfand ich den Gestank von altem Holz, welcher besonders von dem unbekannten Ding ausging, hinter welchem ich mich verschanzt hatte.
Wo war ich bloß hier gelandet … vielleicht in irgendeinem modrigen Antiquitätenladen? Das würde jedenfalls diesen scheußlichen Geruch erklären. Um jedoch mehr über diesen Raum sagen zu können, benötigte ich mein Augenlicht, denn Zimtduft und Holzgestank alleine konnte mir nichts darüber erzählen.
Es dauerte einige Minuten aber schließlich war mein Hirn völlig davon überzeugt, dass es mir tatsächlich gelungen war, zu entkommen. Ich steckte nicht in dem Inneren eines Pokeballs, ich befand mich tatsächlich in Freiheit und das, obwohl ich vollkommen geschwächt und niedergeschlagen gewesen war! Ich stieß ein leicht verächtlich klingendes Schnaufen, wischte noch einmal die letzten verbliebenen Tränen aus dem Gesicht und murmelte: „… So ein dusseliger Trainer …“
Jedoch musste ich leider gestehen, dass ich wohl mehr Glück als Verstand gehabt hatte … wobei ich mich nicht traute, überhaupt noch von Glück zu reden. War es etwa Glück, dass es angefangen hatte zu regnen? War es Glück, dass ich von allen möglichen Menschen genau einem fangsüchtigem Trainer begegnete? Konnte ich von Glück sprechen, wenn ich während der Flucht erblindete? Nein … meine Entkommen war nicht mehr als Zufall. Ich hatte es zufällig geschafft zu überleben. Doch was spielte das jetzt für eine Rolle, ich war wieder in Freiheit, mehr interessierte mich nicht mehr. So viel Freiheit, wie ich eben in diesem verdammten Pokemonkörper haben konnte.
Das Stechen in meiner Brust nahm endlich langsam ab, ebenso die Intensität meines Atems. Zwar befand sich dieser weiterhin nicht auf dem normalen Niveau, doch immerhin war es ein kleiner Fortschritt … doch der Rest meines Körpers war noch in einem furchtbaren Zustand, obwohl die Prellungen auf meinem Körper abnormal schnell zu verheilen schienen.
Niemals im Leben hätte ich je erwartet, dass mir Wasser derartige Schmerzen und Qualen zufügen konnte. Was war das für ein Leben … das Zeug, dass als die Essenz des Lebens galt, war mein persönliches Gift. Wie war es überhaupt möglich, dass nicht längst alle Feuerpokemon ausgestorben waren, wenn sie nicht mit diesem flüssigen Zeug zurechtkamen … und wieso musste ausgerechnet ich unter dieser erbärmlichen Schwäche leiden? Schnaufend öffnete ich meine Augen. Die dunkle Nacht … sie wurde zerlöchert. In der Schwärze schwebten plötzlich einige kleine Lichter, winzige gelbliche Flammen, die ruhig vor sich hin flackerten. Kerzenlichter. Auch wurden allmählich einige dunkle und verschwommene Schemen für mein Auge sichtbar, doch es war noch zu früh, um zu bestimmen, was diese darstellten. Grummel … wurde wirklich Zeit, dass ich langsam wieder sehen konnte, verdammt, wieso hat das nicht schneller gehen können? Wenn das noch öfters passierte, würde mich das wieder und wieder in irgendwelche verfluchten Schwierigkeiten bringen…
Schwerfällig hob ich meinen Kopf vom kalten Untergrund und ließ vorsichtig meinen Blick durch den Raum schweifen. Hmpf, wie Nostalgisch, da fühlte ich mich ja gleich wieder an den Vortag erinnert, als ich in diesem Wald aufgewacht war … Körperlich geschwächt und halb blind; fehlten nur noch diese Menki.
Wie in Zeitraffer wurden die Konturen meiner Umgebung von Minuten zu Minute schärfer, während ich ruhig am Boden lag und meinen Körper rasten ließ. Bald gesellten sich zu den flackernden Flammen noch einige große, bogenförmige Lichter, die in verschiedenen Farben schillerten und Muster bildeten. Sie schienen ebenfalls in weiter Höhe zu schweben, noch höher, als die kleinen Lichter. Fenster … nahm ich jedenfalls stark an. Auch die langen Wachsstäbe wurden erkennbar, erst die die Form, dann auch die schneeweiße Farbe und schließlich der goldene Kerzenhalter. Wahrscheinlich handelte es sich um die Duftkerzen, die den gesamten Raum mit Zimtgeruch füllten. Das Licht, dass diese Kerzen und die durch die Fenster scheinende Sonne in den Raum warfen, beleuchtete spärlich die Umrisse einiger Objekte, die in Reih und Glied hintereinander aufgestellt waren. Erst nach längerem Betrachten, entpuppten sich diese als mehrere Reihen von Holzbänken, die mit roter Polsterung überdeckt waren.
Ab dann erholten sich meine Augen besonders schnell, denn bevor ich mich noch wirklich fragen konnte, wo ich hier gelandet war, zeigte sich auch der Rest des Raumes … oder sollte ich besser sagen, Gewölbe? Zu meiner Überraschung war nämlich mein vermeintliches Versteck doch um einiges größer, als ich eigentlich erwartet hatte. Die Decke war im Gegensatz zu meiner geringen Körpergröße, riesig und soweit ich erkennen konnte, mit irgendwelchen Deckenmalereien verziert. Etappenweise offenbarten sich mir die einzelnen Motive, angefangen von einigen Menschen, die in weißen Umhängen bekleidet für den Betrachter posierten, bis zu einigen seltsam aussehenden Pokemon, von denen ich mir sicher war, dass ich sie noch nie im Leben gesehen hatte. Zuletzt betrachtete ich auch den Hintergrund, der je nach Motiv anders war, begonnen von grünen Wäldern, tief blauen Meeren, bis hin zu weißen Wolkendecken. All das machte den Eindruck, als hätte der Künstler versucht, die ganze Welt auf dieser einzigen Decke zusammenzufassen … ein gescheitertes Vorhaben. Was mir dort oben gezeigt wurde, war eine scheinbar perfekte Welt, ohne Kampf und Konflikt. Alle Personen, alle Pokemon schienen in einer „Friede, Freude, Eierkuchen“ Beziehung miteinander zu leben, ohne Sorgen und Probleme. Eine Welt, die es in der Geschichte wahrscheinlich nie gegeben hatte. Außerdem musste es ein sehr altes Werk sein, denn viele der Farben hatten an Intensität verloren oder waren gar ganz abgebröckelt … Und doch versuchte die Deckenmalerei mich irgendwie zu beeindrucken, durch ihre Größe und Höhe. Die Menschen dort oben konnten auch so viel auf mich herabblicken wie sie wollten … sie waren nicht mehr als das Hirngespenst eines wahrscheinlich toten Malers. Mögen sie doch so lange nach unten starren, bis sich ihre Blicke durch den kalten Marmor bohrten. Mir gefiel das Werk jedenfalls nicht, ebenso der Ort, an dem ich mich verirrt hatte.
„Eine Kirche …“, stöhnte ich leicht genervt über diese Wendung und ließ meinen Blick zu dem großen Holzkasten wandern, hinter dessen Schatten ich mich vor dem Jungen versteckt hatte. Ein Möbelstück von monströser Größe, in welchem locker zwei Menschen hätten hinein gepasst … sogar Fenster hatte er. Was das Ding genau war wusste ich nicht, ich hatte ja nie was für Kirchen übrig gehabt … jedenfalls konnte ich mich nicht daran erinnern. Eine Tür des Kastens schien jedenfalls etwas geöffnet zu sein, wahrscheinlich hatte dieses Ding jenes knarrende Geräusch verursacht. Nun, jetzt wo ich hier war … was sollte ich nun tun? Missmutig ließ ich meinen Schädel wieder auf meine Vorderpfoten sinken und ließ meinen Blick von einem glänzendem Kerzenständer zum anderen wandern, die am Ende jeder Bankreihe aufgestellt war. Ich war nicht sonderlich scharf darauf, in einer Kirche zu bleiben und abzuwarten, dass der Regen aufhörte, doch … wenn ich die Wahl zwischen einem eiskalten Wasserschauer und einer trockenen Steinhalle hatte, würde ich noch immer das letztere bevorzugen. Immerhin triefte mein Fell noch immer vor Nässe und sonderlich fit fühlte ich mich nun auch nicht. Vielleicht sollte ich auch einfach die anbrechende Nacht hier verbringen … so modrig und düster auch diese Gemäuer war.
Mein Blick war schließlich beim letzten Kerzenständer angelangt und sprang nun zu einem steinernem Tisch, der prachtvoll mit verschiedenen Decken und Blumen verziert war und so den eigentlichen kalten und finsteren Stein verbarg. Dahinter befand sich der hell beleuchtete Altar. Noch wuchtiger und prachtvoller als alle anderen Gegenstände in dieser Halle, ragte der goldene, zweiflüglige Altar in die Höhe. Er bestand aus einem riesigen eingerammten Bild, aufgeteilt auf drei Flächen und einigen kleinen Statuen, die oben auf der Spitze thronten und mit starrem Blick auf die andere Seite des Gewölbe starrten. Mit zusammengekniffenen Augen beäugte ich das Bild, während ich plötzlich meinen eigentlich etwas erschöpften Körper in Bewegen setzte. Ich nahm es beinah nicht wahr, wie ich mich Pfote für Pfote aufrichtete und im Schneckentempo in Richtung Altar wankte, wie ein Omot, dass langsam von einer Lichtquelle angezogen wurde.
Das Bild, dass wohl der ganze Stolz des Altars war, zeigte, wie die Deckenmalerei, unglaublich viele Darstellungen auf einer im Verhältnis kleinen Fläche. Unterhalb zeigte das Gemälde eine Wald und Hügellandschaft, die etwa ein Drittel des ganzen Werkes einnahm und auf dem eine Vielzahl von bekannten und unbekannten Pokemon abgebildet waren und in Richtung eines seltsam aussehendem Wesen blickten, dass etwa in der Mitte des Bildes auf einer tief fliegenden Wolke stand und mich anzustarren schien. Es ähnelte leicht einem Damhirplex mit seinem großem goldenen Geweih, doch versuchte es mehr erhaben und mächtig zu wirken. Über diesem Wesen begann der richtige Himmel, eine richtige Landschaft aus weißen Wolken. Auf dieser waren viele Menschen abgebildet, ebenfalls in weißen oder blauen Roben gekleidet, die zu den Pokemon herabblickten oder mit Staunen oder Ehrfurcht das Damhirplex ähnliche Pokemon betrachteten. Sie ähnelten denen, die auch auf dem Gewölbe abgebildet waren.
Hinter ihnen konnte ich noch einen goldenen Torbogen entdecken, dessen Türen sperrangelweit geöffnet waren, doch das einzige was man in dessen Öffnung sehen konnte, war eine schneeweiße Leere.
„Pff“, zischte ich verächtlich und löste mich schließlich aus meinem tranceartigen Zustand, in welchem ich schweigend auf das vergoldete Gemälde geschlürft war. Einen derartig prachtvollen Altar und ein riesiges Bauwerk … für nichts. Wie konnte man bloß so etwas schaffen und erbauen, nur um die Natur und einen „Schöpfer“ zu preisen? Etwas zu ehren, über das die Menschen ohnehin fast alles wussten, etwas das wir kontrollieren und beherrschen konnten … oder gar etwas zu preisen was man nicht sehen, hören oder spüren konnte. Nicht einmal nachweisen konnte man die Existenz dieses ach so gerechten und allwissenden Schöpfers ... der ja angeblich auch ein Pokemon sein soll, pah!
„Gerechtigkeit, ja klar …“, knurrte ich und starrte verächtlich das weiße Wesen an, welches mit seinen blauen Augen meinen bissigen Blick erwiderte, „Der Schöpfer, der über jeden gerecht urteilt … Meine Verwandlung in ein Pokemon ist dann also auch gerecht, oder? Meine Verfolgung, meine Schmerzen, mein Leid … das ist wohl auch alles in Ordnung? Ist das Gerechtigkeit?!“
Wütend spuckte ich zu Boden.
„Verdiene ich es also, fast zu ertrinken und verfolgt zu werden?! Wieso werde ich nicht gleich einfach von einem Blitz getötet? Komm schon, lass doch einfach dieses modrige Gebäude einstürzen, begrab mich! Oh, vielleicht sollte ich mich ja auch noch dafür bedanken, dass ich in dieser Kirche Schutz gefunden haben, hä? Und dafür, dass ich gequält und gefoltert wurde, bevor ich hierher gekommen war!“
Meine erzürnte Stimme wurde von Wort zu Wort lauter und hallte wie ein Donner durch das Gewölbe. Das war nicht diese piepsige und bemitleidenswerte Vulpixstimme, die man in jeder Ecke der Kirche hören konnte, es war das Brüllen eines Ursaring! Meinetwegen hätte ich noch lauter schreien können, so laut, dass es die ganze Stadt hören musste. Ich ließ einfach meinem Zorn und meiner Frustration freien Lauf, gegen ein Wesen, dass ohnehin nicht existierte, doch es war mir schlichtweg egal. Sollte mich doch jeder anderer hören, hören wie ich mich über mein Leben beklagte!
„ICH HAB DIE NASE VOLL! IHR KÖNNT MICH DOCH ALLE MAL SONST WO! GERECHTIGKEIT … PAH! “, brüllte ich und schmiss in meiner Rage einen der kleinen Kerzenständer um, der klirrend zu Boden ging. Die Kerze selbst flog aus der Halterung und zerbrach auf dem harten Marmorboden in mehrere Stücke, worauf das kleine Licht erlosch.. „VERDAMMT NOCHMAL …“
„Verdammt nochmal, halt mal da unten deine Klappe!“
Unerwartet brach ich meine wütende Beschimpfungsreihe ab und zuckte am ganzen Leib zusammen. Wie … ich war doch alleine hier … oder? Vollkommen aus meiner Fassung geworfen, blickte ich ratlos umher, während ich mit einen etwas ungeschickten Schritt vom Altar zurückwich. Der Trainer … Nein, unmöglich, Menschen konnten mich in dieser verfluchten Form nicht verstehen … Also musste es wieder so ein verdammtes … natürlich, das Flattern!
„Wer bist du“, rief ich, noch immer mit genügend Wut in der Stimme, doch das Brüllen des Ursaring blieb aus. Was da durch den Raum hallte, war wieder diese klägliche Vulpixstimme.
„Jemand der schlafen möchte“, ließ die Antwort nicht lange auf sich warten, während über mir ein leises Flügelschlagen zu hören war. Angestrengt starrte ich in das Gewölbe hinauf, in die Richtung, in der ich die Stimme wahrgenommen hatte, doch abgesehen von der Darstellung eines gelb, grauen Pokemon, mit fest verschlossenen Augen, konnte ich durch das schwache Licht nichts erkennen, dazu waren meine Augen noch zu sehr an das helle Licht des Altars gewöhnt. Eines war aber eindeutig: es handelte sich wieder um ein verhasstes Pokemon, noch dazu eines der fliegenden Sorte, mit der ich es leider heute schon zu tun gehabt hatte. Musste ich jetzt echt mit so einem Vieh meine Schlafunterkunft teilen? Niemals … Bevor ich jedoch überhaupt etwas erwidern konnte, ertönte plötzlich aus einer anderen Richtung, die selbe Stimme: „Und wer ist diejenige, die da unten unaufhörlich schimpft und flucht?“
„Ein Mensch, mehr brauchst du gar nicht zu wissen … Mistvieh“, zischte ich mit fletschenden Zähnen, während ich mich behutsam in die Richtung drehte, aus der ich nun die Stimme wahrgenommen hatte. Was interessierte schon sie ein dummes Pokemon, was ich hier unten für Angelegenheiten zu klären hatte. Das ging ihm einen feuchten Dreck an!
Für einige Momente kehrte Stille in das düstere Gewölbe. Angespannt starrte ich hinauf, bemüht mein „Gegenüber“ zu erspähen, doch es schien zwecklos zu sein. Das Einzige was ich wahrnehmen konnte, war das ruhige Prasseln der ans Fenster klopfenden Regentropfen und, so bildete ich es mir jedenfalls ein, ein hohes Pfeifen, dass für meine Ohren beinah unhörbar war. Als eine Antwort des Pokemon ausblieb, wollte ich schon einige verächtliche Worte in den Raum werfen, doch schließlich kam mir die fremde Stimme abermals zuvor, die skeptisch meinte: „Ein Mensch hört sich aber anders an. Nur weil ich blind bin, heißt das nicht, dass du mir irgendeinen Blödsinn erzählen kannst, Unbekannte. Außerdem, mindere deinen Ton …“
„Blödsinn?!“, schrie ich erzürnt, während ich wütend mit einer Vorderpfote aufstampfte wollte, doch da ich noch zu schwach auf den Beinen war, ließ ich das bleiben, „Ich bin ein Mensch, verstanden! Ich …“
„Und dein Name?“, unterbrach mich dieses Mistvieh, bereits leicht irritiert klingend, als ob er nur darauf wartete, dass ich endlich verschwand und ihm in Ruhe ließ. Doch das war mir egal, ich würde diesem Ding schon einhämmern, dass ich nicht so ein abscheuliches Pokemon war und ihm anschließend eigenhändig aus diesem Gemäuer jagen würde, sodass ICH hier meine Ruhe hatte!
„Der geht dich genauso wenig an!“, knurrte ich, „Aber damit du genau weißt, mit wem du dich hier anlegst … Ich bin …“
Ich erstarrte. Ich bin … ja wer war ich den eigentlich? Nein … das war doch wieder ein schlechter Scherz, oder? Unmöglich, dass gab es einfach nicht! Fassungslos starrte ich zu Boden, auf die leicht rot schimmernder Spucke vor dem Altar, während ich meine Gehirnzellen auf Hochtour laufen ließ.
Wer … Wer war …
Doch es half einfach nichts, ich konnte mich beim besten Willen nicht an meinen Namen erinnern. Also hatte ich im Wald … tatsächlich meinen Namen vergessen. Nicht nur alle meine Erinnerung an meine Vergangenheit, nein, sondern auch einen großen Teil meiner Identität, meinen Namen …
„ … Niemand“, hauchte ich und stieg zitternd einen weiteren Schritt vom Altar weg.
Während ich fassungslos weiter auf den Marmorboden starrte, erklang über mir wieder die Stimme des unbekannten Pokemon, dass gähnend murmelte: „So … also hat mich Niemand gerade aus dem Schlaf geweckt. Sehr witzig … Nun, dann sollte auch Niemand diesen Ort verlassen und mich einfach schlafen lassen …“
„Nein … nein! Das ist nicht …“, versuchte ich mich vergeblich recht zu fertigen, als ich plötzlich zum mindestens fünften Mal an diesem Tag ein leises Knarren in meinen Ohren hörte. Erschrocken blickte ich auf und starrte zu meiner Linken, wo unerwartet eine weitere Türe geöffnet worden war. Durch diese trat ein ganz in schwarz gekleideter, bärtiger Mann, der scheinbar ahnungslos mit einem dicken Buch unter dem Arm, Richtung Altar marschieren wollte.
Panisch blickte ich umher, als hätte ich noch irgendeine Möglichkeit, mir im letzten Moment ein Versteck zu suchen, doch es war längst zu spät.
Der Mann musste einfach das Mädchen in dieser braun, orangen Pokemonhülle bemerken, denn immerhin stand ich mitten in seinem Sichtfeld. Erst legte sich sein Gesicht in überraschte Falten, bevor er schließlich in leicht wütendem Ton murmelte: „Schon wieder so ein Pokemon, hat tatsächlich jemand vergessen die Tür zu schließen, Arceus bewahre …“
Energisch trat er einige Schritte auf mich zu und fuchtelte bedrohlich mit seiner freien Hand durch die Luft, während er mit hallender Stimme rief: „Verschwinde gefälligst, hier hast du nichts zu suchen, husch!“
Noch vollkommen überrumpelt über die Ereignisse hier am Altar, tat ich das Einzige, was mir in den Sinn kam: diesem Mann zu gehorchen und flüchten. Meine Beine waren noch schwach und träge, doch sie trugen mich mehr oder weniger bereitwillig über den glatten Marmorboden, an den Bänken und Kästen vorbei, durch den dunklen Seitenausgang aus massiven Stein, hinaus in den schwächer gewordenen Regen. Er war müde geworden, auf mich zu warten …
Noch während ich mich bebend von der steinernen Kirche entfernte, ließ die Glocke vier Mal ihren hellen und sechsmal ihren tiefen Klang zum Abschied über die Straßen läuten. Nicht für mich, sondern für die grauen Wolken, die sich langsam in alle Himmelsrichtungen auflösten …
[tab=Wort zu 2012]
Erst einmal, frohes neues Jahr euch allen und willkommen zum ersten Part in diesem Jahr 2012!^^
Ich muss gestehen, eigentlich wollte ich diesen Part noch 2011 on stellen, doch am Ende ist dieser einfach derartig lang geworden … Dann haben mir einige Stellen einfach nicht gepasst, ich hab Stellen umgeschrieben, gestrichen, neue eingebaut … Dann noch ein paar Schularbeiten und so weiter. Aus diesem Grund habt ihr jetzt einen ... etwas längeren Part^^;
Uff, und ganz ehrlich … ich werde nicht mehr so schnell etwas schreiben, was mit Erblindung zu tun hat. So ein Zustand ist echt anstrengen zu schreiben …
Aber erst einmal ein herzliches Dank an alle meine Leser und besonders für die derartig positiven Kommentare! Ihr glaubt gar nicht wie motivierend die waren^^ Hätte wie gesagt, den neuen Part schon am liebsten im letztes Jahr fertiggestellt … aber für dieses Jahr hab ich mir dafür festgesetzt, hier die Handlung endlich voranzutreiben, also etwas aktiver zu werden^^ Wenn ich nämlich weiter in diesem Tempo schreibe, werde ich in zehn Jahren diese Fs zu Ende geschrieben haben XD Dabei gibt es noch so viele Sachen, die noch kommen werden!
So zu der Fs würde ich noch gerne etwas allgemein erwähnen: Es gab nämlich noch eine weitere Inspirationsquelle, die ich glatt im Startpost vergessen hatte zu erwähnen… was daran liegt, dass mich diese eher passiv beeinflusst hat und ich sie so beinah vergessen hatte. Es handelt sich um die Fs „Vulpix ohne jede Chance“ bzw. später „A new Begining“ von Neptun, die ungefähr 2008 geschrieben wurde. Nicht nur beeinflusste mich diese Fs dazu, die Ich-Perspektive zu nutzen, sondern machte auch Vulpix zu meinen Lieblingspokemon schlechthin. Besonders das erste Kapitel hatte bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber ehrlich gesagt hatte ich mit der Zeit vergessen, wie sehr mich diese Story beeinflusst hat, bis ich mich durch puren Zufall wieder daran erinnert hatte.
Deswegen möchte ich besonders diesen Part als einen kleinen Tribut zu „A new Begining“ widmen, da ich auch eine Stelle eingebaut habe, die ich in dieser inspirierenden Fs geliebt hab^^
Was gibt es noch zu sagen … ach ja, werde wahrscheinlich etwas später in den Startpost ein kleines Trivia hinzufügen (wenn Interesse besteht). Ein bisschen „interessantes“ Hintergrundwissen hätte ich ja parat … und da ich eigentlich ein recht großer Fan von solchen Zusatzinformationen bin, wieso nicht selbst eins machen XD
Aber bin noch nicht sicher, wann ich es einfügen werde …
Hinter den Kulissen war wieder Vitalis als Betaleser tätig, der sich erfolgreich durch den … etwas längeren Part gekämpft hat XD
Musikbeeinflussung stammte diesmal von und ein Haufen NieR Soundtracks, sehr empfehlenswert : D
@Jens(mal deinen Namen benutzen):
So, jetzt ist es endlich soweit: Es gibt mehr : D
Du weißt ja gar nicht, wie sehr ich mich alleine schon über den ersten Absatz deines Komments gefreut habe! So etwas zu hören … man, wie motiviert ich war, vielen Dank^^
Ich hatte ja schon das Gefühl, dass dich besonders diese Stelle ansprechen würde. Hast ja immerhin oft in deiner Fs gezeigt, wie sehr du gegen Verallgemeinerung bist. Das mit der „Deus Ex machina-Wendung“ … war nur so ein kleiner Gag. Wäre doch sehr unbefriedigend gewesen, wenn sie sich einfach in einem schwarzen Loch versteckt hätte, oder XD
Snake:
Überraschung oder nicht: ich hab mich wirklich sehr über dein Kommentar gefreut … Besonders über so ein ausführliches^^ Den Titel hast du einwandfrei interpretiert, das waren die Grundgedanken, die ich bei diesem Titel hatte(der neue Part soll das nochmal verdeutlichen). Horror wird ein Teil dieser Fs sein, jedoch wahrscheinlich etwas später, doch da soll wirklich die Stimmung im Vordergrund sein … wobei ich Blut nicht ganz ausklammern kann XD
Ich weiß gar nicht was ich noch groß sagen soll … außer das du mir wirklich sehr viel Motivation geliefert hast! So positives Kommentar … vielen Dank, bedeutet mir wirklich sehr viel^^
@Jingsel … ähm Clio:
Gerade als ich mir sicher war, dass kein weiteres Kommi mehr eintrudelt, sehe ich plötzlich dein Kommentar XD
Also danke für dein Kommentar und die kleine Fehlerkorrektur^^ Wegen dem „Wesen“ gefangener Pokemon … hm, hab dazu eigentlich nichts in diesem Kapitel erwähnt, stimmt … Naja, diese Frage sollte in einem späteren Kapitel geklärt werden, ich hoffe, du kannst bis dahin warten^^ Humor wird noch kommen, hoffentlich früher, als auf die Aufklärung der ersten Frage : D
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