Auch wenn so jeder seine ganz eigenen besonderen Erlebnisse auf der Reise hatte, verlief sie doch so gesehen fast ruhig. Keine Gegner an jeder Ecke, keine Riesentrolle und vor allem regelmäßig Schlaf. Der Vorhut ging es gut, fast jeder hatte die Verletzungen, die er sich im Gefängnis zugezogen hatte, inzwischen auskuriert oder war mit der Hilfe von Sky geheilt worden.
Nun waren sie in kältere Regionen gelangt, die Berge boten ihnen den meisten Schutz, aber dort waren sie auch den schlimmsten Witterungsbedingungen ausgesetzt. Kälteempfindliche Gestalten traf man hier nur selten, dafür war der Wind zu eisig und die Nächte zu frostig. Nun spürten sie alle, dass ihre Verfolger nicht ihre einzigen Feinde waren. Immer wieder erhielten die Anführer Meldung über kranke oder erfrorene Mitstreiter. Irgendwann hielt Isaac es nicht mehr aus. Er fühlte sich verantwortlich für die Lage, in der sich seine Leute befanden und entschloss sich deswegen mit Mao die Vorhut erst einmal zu verlassen und sich um seine Soldaten zu kümmern, die weniger gut mit der Situation klar kamen. Sky schienen besagte Probleme wesentlich weniger zu kümmern, zumindest ließ er sich wie immer nichts anmerken. Damit gab sich Valeria aber nicht zufrieden. Victor war mit Isaac mitgegangen, weil er sich ja so schrecklich verantwortlich fühlte, für seine Leute. Das hatte ihr absolut nicht gepasst, doch ihr auch gezeigt, dass der eisige General nicht der Einzige war, der sich verpflichtet fühlte zu helfen. Die Rebellen dagegen hatten niemanden.
"Du glaubst, ich kümmere mich nicht um meine Leute, oder? Du zweifelst an meiner Anteilnahme.", sprach Sky sie direkt an. Die Geflügelte fuhr herum. "Ich hab dir schon verdammt oft gesagt, dass du dich aus meinen Gedanken raushalten sollst!" Sie fühlte sich ertappt, aber sie schämte sich nicht für das, was sie annahm. "Dafür muss ich nicht in deine Gedanken eindringen. Ich sehe es dir doch an. Seit die anderen weg sind, wirfst du mir Blicke zu, als wärst du innerlich zerrissen. Meine Gefühlskälte verunsichert dich." stellte der weißhaarige Hexenmeister ausdruckslos fest. Nun trat Schamesröte auf Rias Wangen und sie wich seinem Blick aus. "Ich habe keine Angst vor dir." gab sie trotzig von sich. "Ach ja?!" war seine aggressive Antwort. Dabei fuhr er mit blitzenden Augen herum und seine ganze Aura schien sich schlagartig auszubreiten. Dunkelheit und Kälte krochen den Nacken der Sukkubus hinauf und ließen sie schaudern. Skys Knöchel traten weiß hervor, als er sein Schwert fester packte und es direkt vor ihr in den Boden rammte. "Sag das nochmal." forderte er nun mit zusammengebissenen Zähnen. "ICH HABE KEINE ANGST VOR DIR!" brüllte Valeria nun halb wütend halb schockiert in sein Gesicht. Das ganze Lager der Vorhut schien sie anzustarren, doch das war ihr egal, jetzt war sie zumindest soweit in Fahrt, dass sie ihn einfach platt schrie: "Du bist ein egoistischer Nihilist, der nichts kann außer kämpfen und ein bisschen magisches Charisma versprühen. Ich bin schon ganz erstaunt, dass du jemals auf mich Rücksicht genommen hast. Denn die Leute, die für dich immer noch ihr Leben geben würden, scheinen dir total egal zu sein. Wegen dir sind viele hundert Menschen gestorben. In der Schlacht, im Gefängnis und nun in der Kälte. Und alles, was dir dazu einfällt, ist ob ich Angst vor dir habe? Nein hab ich nicht, nicht mehr. Angst geht mit Respekt einher und den hab ich verloren. Du bist erbärmlich und ein Feigling!" Wenn vorher alle Anwesenden des Lagers zugehört hatten, dann nun auch die Pflanzen, Tiere und Steine um sie herum.
Statt darauf einzugehen, zog der Rebellenführer nun sein Schwert aus der Erde und drehte sich einfach um. Er ließ sie stehen, zumindest sah es ganz danach aus. Überrascht von sich selbst und der Reaktion ihres Freundes, sank die Schwarzhaarige zu Boden und lehnte sich an einen Felsen. Dann hörte sie plötzlich Skys Stimme in ihrem Kopf. Und anders als zuvor war sie nun umgeben von Trauer und Schmerz.
"Verstehst du nicht, dass ich geblieben bin um bei dir zu sein? Ja, es schmerzt sie so im Stich zu lassen, aber noch mehr würde es mich schmerzen, nicht auf dich aufpassen zu können..." Die Stimme und all die Gefühle darin erstarben langsam. Als ob Sky sich von ihr entfernen würde, als ob...
Sie sprang auf und rannte ihm hinterher, rief nach ihm, stieg in die Luft und suchte ihn so, doch er war verschwunden. Er war gegangen und hatte sie allein gelassen. Tatsächlich schmerzte diese Erkenntnis viel mehr, als all die Zweifel, die sie vorher gequält hatten. Sie schmerzte so sehr, dass Ria nicht einmal merkte, dass es geschah, doch ihr liefen Tränen über die Wangen. Sie weinte noch stumm, als sie ins Lager zurückkehrte und bei ihren Sachen eine Karte und alle Anordnungen vorfand, die sie brauchen würde, um die Vorhut weiter zu bringen. Schweigend steckte sie diese in ihren Mantel und legte sich schlafen ohne mit jemandem zu sprechen.
Am nächsten Tag tat sie, als sei nichts passiert. Sie scheuchte alle zusammen, erklärte ihnen kurz die geplante Route für den Tag und wies darauf hin, dass sie wohl heute an einem Dorf vorbei kommen würden, von dem niemand wusste, wie die Bewohner ihnen gegenüber eingestellt waren. Ansonsten sprach sie kaum ein Wort und kreiste die ganze Zeit als Beobachterin über den Köpfen der Gruppe. Erst als sie die besagte Siedlung erreichten und alle eigentlich auf Vorsicht eingestellt waren, kam Leben in Ria. Damit war sie genau das Gegenteil des Dorfes, denn das war menschenleer und völlig zerstört. Eine zerrissene Puppe und eine Feuerstelle, auf der noch ein unberührter Topf mit Suppe stand, zeugten von überstürztem Aufbruch. Irgendetwas Mächtiges hatte die Bewohner verjagt und die Siedlung zerstört. Doch noch bevor irgendjemand sich Gedanken um dieses mächtige Etwas machen konnte, ertönte ein Heulen und ein Knurren. Aus dem Nichts - oder besser, aus den Ruinen - tauchte ein Rudel weißer Wölfe auf. Sie waren die Bestien der Berge, mit roten Augen und der Schulterhöhe eines ausgewachsenen Mannes. Ein normales Wolfsrudel hätte einen großen Bogen um die Kämpfer gemacht, doch diese Tiere waren aggressiver, hungriger und viel gefährlicher...
OT: Jeder von euch hat einen Wolf als Gegner, der ungefähr so groß ist, wie ihr selbst. Sie haben keine magischen Kräfte, sind aber schnell und zäh. Besiegen dürft ihr sie sofort, aber liefert ihnen einen guten Kampf ;)