Kapitel 3: Der Elektrozaun
„Somit kann das Spiel beginnen!“ Nach dieser Eröffnung von Azumarill, ging das Spiel los. Wobei, das Spiel an sich ging noch gar nicht los, wir mussten uns erstmal in unserer Vorgehensweise besprechen. Das war natürlich am Anfang noch gar nicht so einfach, da alle durcheinander geredet haben. Irgendwann ergriff aber Jungglut laut das Wort: „Hey, wie wäre es, wenn wir alle mal leise wären und nur einer redet?“ Plötzlich waren alle mehr oder weniger verstummt und Jungglut sprach weiter: „Als erstes müssten wir klären, wer die Beiden sind, die immun gegen den Elektrozaun sind. Ich würde zwei etwas kräftigere Pokémon vorschlagen, da sie die anderen dann wesentlich leichter auf die andere Seite des Zaunes bringen können.“ „Wie wäre es mit Maschock?“, meldete sich Panpyro. Maschock ist, wie man sich ja denken kann, ein kräftiges Klassenmitglied und wäre somit ein sehr guter Kandidat. Sofort ging das Gerede wieder los. Wir alle diskutierten darüber, ob Maschock denn am Besten wäre. Diesmal unterbrach Snibunna uns alle bei unseren Gesprächen: „Seid doch alle mal leise!“ Nachdem es wieder mal einigermaßen ruhig geworden ist sagte sie: „Maschock ist doch eine gute Idee. Wer ist nicht damit einverstanden? Außer du, Maschock natürlich.“, fügte sie lächelnd hinzu, als Maschock seinen Arm heben wollte. Bis auf ein leises Kichern, dass daraufhin durch die Klasse ging, hörte man kein Pokémon etwas sagen. Weder Einwände, noch andere Vorschläge. Snibunna fuhr fort: „Okay, ich denken damit ist es beschlossen, dass Maschock unser Pokémon ist. Am Besten kommst du einmal in die Mitte und leitest die Besprechung weiter.“ Ein allgemeines aber unhörbares Stöhnen ging durch den Rest der Klasse. Snibunna hat so eine Art, dass sie immer so spricht, als wäre sie erwachsen, was auf Dauer sehr nervig sein kann. Deswegen ist sie in der Klasse auch nicht sonderlich beliebt. „Besprechung. Oh mein Gott.“, stöhnte ich leise. Ich konnte sie mit am wenigsten leiden. Nachdem Maschock in die Mitte kam, machte er weiter: „Joa, gibt es denn noch andere Vorschläge, oder möchte sich jemand freiwillig melden?“ Ein peinliches Schweigen erfüllte den Platz. Die meisten starrten irgendwo anders hin, damit sie nicht angesprochen werden würden. Ich wusste auch nicht, wen ich vorschlagen könnte, also beobachtete ich meine Mitschüler, ob irgendjemand etwas sagte, was aber nicht der Fall war. Maschock räusperte sich noch einmal, bis sich endlich jemand zu Wort meldete. Es war Sonnflora, die mit Roselia, Kirlia und Chaneira die 4-rer Gruppe war, die erst das größte Zimmer haben wollte. „Also ich wäre ja für Chaneira“, meinte sie in ihrem speziellen „Slang“, worauf sie mit den anderen drei sofort in ein Gekicher ausbrach. Chaneira war zwar hübsch, aber auch etwas kräftiger und wäre gut für diese Aufgabe. „Oder Rossana…“, meinte Papungha, die sich bisher eher im Hintergrund gehalten hatte und mit ihren Freundinnen getuschelt hat. Zu Rossana: Man könnte meinen, sie wäre nicht so gut für diese Aufgabe, aber sie ist, entgegen den Erwartungen doch relativ kräftig und nicht so sensibel, wie sie auf den ersten Blick scheint. „Ähm, ja, also entweder Chaneira oder Rossana…“, sagte Maschock zögernd, da er nicht wusste, wie er jetzt weitermachen sollte. „Ich trete meine Kandidatur freiwillig ab!“, erlöste Chaneira ihn, worauf sie mal wieder mit ihren Freundinnen anfing zu kichern. „Oh Mann, ey.“, meckerte Sonnflora kichernd und boxte ihre Freundin. „Somit wäre Rossana noch übrig“, machte Maschock weiter. „Was meinst du?“, fuhr er, an Rossana gewandt, fort. Zögernd und während sie ihre Freundinnen dazu ermutigten, willigte Rossana dann schließlich doch ein und kam zu Maschock in die Mitte. Da keiner weitermachte, beziehungsweise, da alle mal wieder nicht aufpassten, sondern miteinander redeten, unterbrach Snibunna sie wieder:
„Es wäre nett, wenn ihr leise sein könntet. So, jetzt wo das geklärt ist, sollten wir uns eine Taktik überlegen.“ „Ich dachte, Maschock und Rossana sollten die „Besprechung“ leiten, Snibunna?“, bemerkte ich skeptisch mit Betonung auf „Besprechung“. „Dachte ich auch, aber wenn diese das nicht tun, muss ich es halt machen.“, erwiderte Snibunna schnippisch und fuhr fort, als ob nichts gewesen wäre: „Hat irgendjemand eine Idee, wie wir es machen sollen? Also ich würde sagen, dass sich Maschock und Rossana jeweils auf eine Seite des Zaunes stellen, damit sie uns von beiden Seiten gut tragen können.“ Durch allgemeines Nicken wurde diese Frage bestätigt, also ging jeweils Maschock vor den „Zaun“, der inzwischen von Azumarill und Sandamer straff gehalten wurde, und Rossana dahinter. „Und wir sollten erst die schweren rüber tragen, damit Maschock am Schluss den, beziehungsweise, die Leichteste alleine rüber tragen kann.“, schlug Panpyro vor. Alle drehten sich zu mir um und ich musste grinsen. Ich war, da ich die Kleinste war, somit auch die Leichteste und ich war mir nicht sicher, ob ich mich in diesem Fall darüber freuen sollte oder nicht. Immerhin musste mich Maschock alleine über das Seil tragen, ohne, dass ich es berührte. Naja, ich denke, obwohl keiner zustimmte, dass alle damit einverstanden waren, da keiner Einwände hatte und das Gerede wieder los ging. Zum Überraschen von uns allen, unterbrach Azumarill uns diesmal. „Hey, es bringt euch überhaupt nichts, wenn ihr die ganze Zeit durcheinander redet, da ihr euch gemeinsam eine Taktik überlegen sollt und wenn alle reden und nicht nur einer, dann kann das ganz schön schwierig werden.“ Zerknirscht standen wir da und mussten Azumarill zustimmen. Also entscheiden wir, dass Jungglut anfangen sollte, uns eine Taktik vorzuschlagen, da er bisher sehr hilfreich war. „Also, erstmal sollten wir uns in einer Reihe vor das Seil aufstellen; die Schwersten zuerst und die Leichtesten nach hinten. Dann wird noch jemand neben Maschock stehen und ihm beim Anheben helfen, da er das nicht alleine schafft. Am Besten auch jemand schwereres, aber das ist nicht so wichtig. Er oder sie muss aber aufpassen, dass er oder sie auf keinen Fall den Zaun berührt. Diese beiden am Zaun werden dann alle nacheinander auf die andere Seite tragen. Am besten tragen sie ihre Füße auf ihren Händen und derjenige, der getragen wird, muss dann rüberspringen, beziehungsweise ihm wird von der anderen Seite geholfen. Seit ihr damit einverstanden?“ Er schaute in die Runde, während wir alle unsicher zustimmten. Natürlich wussten wir noch nicht, ob diese Idee wirklich so idiotensicher war, wie Jungglut behauptete. Jedenfalls stellten wir uns dann alle vor das Seil, aber nicht, so wie Jungglut es sagte, in einer Schlange, sondern alle verteilt, sodass ein großes Durcheinander begann. Viele standen zu nah am Seil, was natürlich sehr risikoreich war, weil man nicht wusste, ob irgendwann irgendjemand an das Seil kam. Immer wieder wurde gewarnt, dass man vom Seil weggehen sollte, aber dadurch, dass alle wild durcheinander redeten, hörte keiner zu und es war ein einziges Chaos.
Ich stand ein bisschen weiter weg vom Seil und beobachtete alles mehr oder weniger fasziniert. Neben Maschock hat sich noch Chaneira aufgestellt, um ihm zu helfen. Am Anfang wurde Sonnflora hochgehoben, die aber eher leicht war, und es somit auch nicht so schwer war, sie auf die andere Seite zu bringen. Sie kam sicher dort an, obwohl es schon sehr knapp war. Während des Spiels fiel mir auf, dass unsere Lehrer weiterhin nur am Rand standen und Herr Ferkorkel die ganze Zeit nur Fotos gemacht hat, was mich schon nervte. Inzwischen wurden in dem Chaos schon ein paar weitere mehr oder weniger problemlos hinübergehoben, aber als Swaroness dran war, hat es nicht mehr geklappt. Swaroness ist, naja, Swaroness. Sie ist einfach nur…sehr speziell. Abgesehen davon, dass sie sehr groß ist, schminkt sie sich immer so, als wäre sie vier Jahre älter und zieht sich immer sehr provozierend an. Dazu kommen jeden Tag bis zu zehn-Zentimeter-Absatzschuhe. Deshalb wird sie in der Klasse immer von den Jungs aufgezogen und als sie über dem Seil heruntergefallen ist, musste sie sich von ein paar Jungs wieder was anhören, von wegen: „Oh, Swaroness, super gemacht.“ oder „Natürlich musstest du runterfallen!“ Daraufhin lief sie genervt in Richtung Jugendherberge, wurde aber von ihrer Freundin Picochilla aufgehalten. Ich und ein paar andere kamen dazu, während die Lehrer uns beobachteten und angespannt auf Swaroness' Erklärung ihrer Reaktion warteten. Die anderen Schüler überlegten sich derweil eine andere Taktik, beziehungsweise sie versuchten es, was aber nicht funktionierte, da ein weiteres Mal alle durcheinander redeten.
„Was ist denn los?“, fragte Picochilla Swaroness besorgt. „Ich habe einfach keine Lust darauf, mich vor allen anderen lächerlich zu machen und über so ein Seil getragen zu werden. Und dann muss ich mir auch noch blöde Sprüche anhören. Dafür bin ich mir echt zu schade.“ Innerlich stöhnte ich auf; das war ihre typische Haltung; für alles ist sie sich zu schade. Am Liebsten hätte ich gesagt, dass sie sich nicht wundern soll, warum bei ihr immer blöde Sprüche gemacht werden, aber das konnte ich natürlich nicht, also sagte ich, immer noch mit meiner Kettenraucher-Stimme: „Ach, komm. Alle machen mit und es wird dich schon keiner damit aufziehen, wenn du runterfällst. Es hat ja nicht an dir gelegen.“ Aber sie wollte nicht hören und schließlich lief sie, nachdem noch einige auf sie eingeredet haben, wutentbrannt zur Jugendherberge. Picochilla wollte ihr folgen, aber Frau Frosdedje, die sich inzwischen mit Herrn Ferkorkel dazugesellt hat, hielt sie zurück und meinte: „Lass sie nur. Wenn du jetzt hinterher gehst, wird es noch schlimmer.“ Picochilla war zwar nicht ganz einverstanden, aber da sie nicht wirklich eine andere Wahl hatte, ließ sie Swaroness gehen und wir gingen wieder zurück zu den anderen, wo inzwischen Azumarill redete. „Wisst ihr denn, warum es nicht funktioniert hat?“, fragte sie in die Runde. Jungglut meldete sich und wurde daraufhin auch drangenommen: „Es war ein viel zu großes Durcheinander und überhaupt nicht strukturiert. Viel zu viele standen zu nah am Zaun, sodass man gar nicht richtig darauf aufpassen konnte, wenn jemand rüber getragen wurde. Die Methode war auch zu risikoreich, da man einen nicht sicher auf die andere Seite bringen konnte. Deswegen ist Swaroness auch runter gefallen.“ Azumarill nickte zustimmend und fragte: „Wärt ihr denn bereit, es noch einmal zu versuchen und diesmal besser zu machen?“ Wir waren alle sehr entschlossen, also nickten wir. Somit stellte sie sich wieder auf und Jungglut sprach weiter: „Ich glaube es wäre schlauer, wenn wir uns anders tragen würden. Am Besten, Maschock und noch ein paar andere heben einen waagerecht mit den Füßen zur anderen Seite rüber und achten darauf, dass er nicht den Zaun berührt. Auf der anderen Seite nimmt man ihn genauso an und lässt ihn dann runter. Aber es müssen mehrere mithelfen, sonst klappt es nicht. Und diesmal stellen wir uns wirklich in einer Reihe auf, nur drei oder vier Leute stehen hier vorne bei Maschock und helfen ihm. Das wäre glaube ich, die beste Lösung.“ Da wir alle nichts Besseres wussten und die Idee sehr gut fanden, stimmten wir zu. Und es hat wirklich geklappt! Es war viel geordneter und fast alle standen in einer Reihe, bis auf die natürlich, die vorne mitgeholfen haben. Es war zwar immer noch laut und viele haben durcheinander geredet, doch wir konnten uns alle absprechen und haben zusammen gearbeitet. Nach und nach wurde einer nach dem anderen rüber getragen. Mit der Zeit wurde es immer schwieriger, da natürlich auf der einen Seite weniger waren, die Maschock helfen konnten. Da wieder die Schweren zuerst und die Leichten zum Schluss auf die andere Seite gebracht wurden, blieben am Ende nur noch Schiggy und ich übrig. Schiggy sollte als Erstes von uns Beiden rüber gebracht werden, also mussten Maschock und ich sie anheben. Es war gar nicht so einfach, aber zum Glück haben die auf der anderen Seite geholfen. So, da war nur noch ich da. Erst wussten wir nicht, wie wir es machen sollten, bis Maschock es in die Hand nahm und mich einfach alleine rüber getragen hat. Ich fand das sehr lustig und aufregend und ich bin überraschenderweise sicher auf der anderen Seite angekommen. Es war echt unglaublich! Wir hatten es tatsächlich geschafft! Vor lauter Freude merkten wir erst gar nicht, dass inzwischen nur noch Frau Frosdedje da war und Herr Ferkorkel weggegangen ist. Anscheinend zu Swaroness, um mit ihr zu reden. Aber das spielt erstmal keine Rolle, da die Teamer uns erstmal beglückwünschten: „Wow, wirklich beeindruckend! Ihr habt das echt super gemacht! Vor allem habt ihr diesmal alle zusammen gearbeitet. Das habt ihr wirklich gut gemacht! Ihr könnt euch jetzt erstmal eine Stunde ausruhen, danach treffen wir uns alle wieder im Gemeinschaftsraum.“, lobte Sandamer uns. Erleichtert und erschöpft gingen wir zurück zur Jugendherberge. Ich ging zu meinen Freundinnen und quatschte mich mit ihnen über das Spiel aus. Ich war auf einmal sehr zufrieden mit der Klassenfahrt!