Kapitel 5
Satz und Sieg
Phrenos beobachtete die Situation. Lugia hatte Nicks Pokémon mit Leichtigkeit besiegt, und den-
noch war Nick siegessicher.
‚,Glaubst du wirklich, dass es irgendein Pokémon gibt, dass Lugia gewachsen ist?‘‘, rief Phrenos
Nick zu. ‚,Mit ihm habe ich eine ultimative Waffe in meiner Hand!‘‘
‚,Sind sie sicher?‘‘, fragte Nick mit einem ironischen Unterton.
Jetzt war es Phrenos, der unruhig wurde. ‚,Niemand kann XD- 001 aufhalten!‘‘, schrie er, aber es
klang nicht sehr überzeugend.
‚,Davon würde ich mich gerne selber überzeugen‘‘, gab Nick selbstsicher zurück, als er den lila-
weißen tischtennisballgroßen Ball aus dem Beutel fischte.
‚,Hat dir das etwa nicht gereicht?‘‘, schrie Phrenos wütend.
Nick drückte auf einen Knopf, und der Ball wuchs auf die Größe eines Pokéballs an. Er trug ein
großes M auf der Vorderseite.
‚,Sie verstehen das falsch, Phrenos. Ich würde es gerne selber ausprobieren.‘‘
Er drehte sich schlagartig um und schleuderte den Ball auf Lugia zu. Ein hellblauer Wirbel bildete
sich um Lugia herum, schloss es ein und wurde zurück in den Ball gezogen.
Phrenos sah sich den Ball an. Es war kein normaler Pokéball, soviel stand fest. Kein Pokéball war
violett, außer...
‚,NEEEIN!‘‘, entfuhr es Phrenos.
‚,Wer von uns hat jetzt die ‚ultimative Waffe‘, Phrenos?‘‘, rief Nick und hob den Meisterball, der
ihm vor die Füße gerollt war, auf.
‚,Du kleiner...!‘‘, rief Phrenos voller Wut und rannte auf Nick zu.
‚,Stop!‘‘, schrie Nick ihn an. ‚,Bleiben Sie stehen, oder ich teste die ‚ultimative Waffe‘, und zwar
an Ihnen!‘‘
Phrenos blieb mit zornrotem Gesicht stehen.
‚,Wie du willst‘‘, antwortete Phrenos und versuchte sich zu beherrschen. Er nahm seine Pokébälle
vom Gürtel und warf sie alle gleichzeitig auf das Kampffeld. ‚,Los, meine Crypto- Pokémon!‘‘
Nick sah sich die Pokémon an. Ein Tauros, ein Kokowei, ein Snibunna, ein Rizeros, ein Kramshef
und ein Altaria. Sehr interessant, dachte Nick, als er seinen Blick schweifen ließ.
‚,Alle zusammen! Cryptoschlag!‘‘, schrie Phrenos seine Pokémon an. Die Pokémon wurden von
schwarzem Nebel eingehüllt und holten mit ihren Armen, Flügeln, Scheren und Blättern aus.
‚Du auch, Lugia! Cryptoschlag!‘‘, rief Nick Lugia zu. Lugia parierte die Angriffe der Pokémon mit
seinem Flügel und schleuderte sie zu Phrenos zurück.
Augenscheinlich hatten Cryptoattacken keine so große Wirkung auf Crypto- Pokémon wie auf
normale, denn alle Pokémon, die Phrenos in den Kampf geschickt hatte, standen wieder auf.
‚,Jetzt! Cryptostrahl!‘‘, fuhr Nick fort. Lugia schoss seine tunnelartige Strahlattacke auf Phrenos‘
Pokémon ab und ließ ihn über sie schwenken.
Diesem Angriff waren auch die Crypto- Pokémon nicht gewachsen. Ein Pokémon nach dem ande-
ren wurde zu Boden geschleudert und blieb besiegt liegen.
‚,Ganz schön hart, die Cryptoattacken, was?‘‘, rief Nick mit ironischem Unterton, während Phrenos
seine Pokémon in die Pokébälle zurückrief.
Nick kramte seinen Pokécom aus dem Rucksack und wollte gerade die Nummer der Polizei wäh-
len, als er am Himmel einen Hubschrauber sah.
‚,Dürfte ich bitte Lugia zurückhaben?‘‘, rief Phrenos Nick über den Rotorenlärm zu. ‚,Es ist besser
für uns beide.‘‘
Vom Hubschrauber wurde eine Leiter heruntergelassen. Phrenos lief auf sie zu und hielt sich daran
fest. ‚,Du kannst ohne meine Hilfe nicht aus dem Gebäude entkommen.‘‘
‚,Phrenos‘‘, gab Nick zurück. ‚,Kennen Sie den Spruch: ‚Geteiltes Leid ist halbes Leid‘?‘‘
‚,Was meinst du damit?‘‘, antwortete Phrenos sichtlich genervt.
‚,Das hier!‘‘, rief Nick. ‚,Lugia! Cryptostrahl!‘‘
Lugia schoss den schwarzen Strahl gutgezielt direkt auf den Rotor des Hubschraubers. Mit einem
lauten Krachen schlug er auf den Boden der Kuppel auf.
‚,Sie kommen hier auch nicht mehr weg‘‘, sagte Nick, während er die Telefonnummer wählte.
Officer Rocky aus Portaportus und zwei ihrer Schwestern verfrachteten Phrenos und dessen Gehil-
fen in das Hochsicherheitsschnellboot am Anleger der Insel Obscura.
‚,Vielen Dank, Nick‘‘, sprach Rocky, als Phrenos im Boot verschwunden war. ‚,Wir hatten in letz-
ter Zeit immer wieder Meldungen von Pokémon- Diebstählen und Überfällen von Tätern mit
merkwürdigen Pokémon. Dank dir werden diese Meldungen ab heute Geschichte sein.‘‘
‚,Ja‘‘, antwortete Nick bedrückt. ‚,Aber was wird jetzt aus den Pokémon – vor allem Lugia?‘‘
‚,Besuche mal Professor Klein. Er wohnt nicht weit von Portaportus.‘‘ Rocky zog eine Karte aus
der Tasche und zeigte Nick die Stelle. ‚,Er ist auf dem Gebiet der Cryptopokémon- Forschung ein
wahrer Experte. Bestimmt kann er dir helfen.‘‘
Nicks Gesicht hellte sich auf. Er nahm Phrenos‘ Pokébälle und sprang in sein Boot.
Als Nick am Bootsverleih ankam, war es bereits stockfinster. Vor das Fenster der Holzhütte war
ein schwerer Balken gezimmert.
Naja, sei’s drum, dachte Nick, als er vorbeiging. Sind ja nur drei Pokébälle. Könnte schlimmer
sein.
Nick sah auf die Karte seines Pokécom und suchte nach einem Ort, wo er übernachten könnte, als
hinter ihm eine Stimme ertönte.
‚,Entschuldigung, bist du zufällig Nick?‘‘, fragte der Mann.
‚,Ja, der bin ich‘‘, antwortete Nick. ‚,Kennen wir uns?‘‘
‚,Ich bin Professor Klein. Officer Rocky hat mir von den Vorfällen auf der Insel Obscura berichtet.
Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte.‘‘
Er wies auf ein Fahrzeug, das auf der anderen Seite des Hafenplatzes stand. ‚,Darf ich dich einla-
den, bis morgen mein Gast zu sein?‘‘
Am nächsten Morgen betrat Nick mit Professor klein dessen Labor. In der Mitte des Raumes stand
eine merkwürdige Maschine.
‚,Der Cryptorbis‘‘, erklärte Professor Klein. ‚,Mit diesem Gerät kann man Cryptopokémon erlö-
sen.‘‘
Nick beobachtete die Maschine. In der Mitte war eine große Kuppel, die von vier kleineren umrun-
det wurde.
‚,Das zu erlösende Pokémon muss in die große Kuppel, und in die vier kleinen müssen andere Po-
kémon so angeordnet werden, dass im Uhrzeigersinn jedes Pokémon gegen das nächste einen Ty-
penvorteil hat. Nur so erhält die Maschine genug Energie, um die Cryptopokémon zu erlösen.‘‘
Nick dachte nach. Iksbat ist gegen Pflanzenpokémon im Vorteil, und diese haben gute Karten gegen
Sumpex. Sumpex wiederum hat den Vorteil gegen Gestein – und die wiederum sind gegen Iksbat
effektiv.
‚,Dürfte ich einmal kurz ihren Pokémon- Transmitter benutzen?‘‘
‚,Selbstverständlich‘‘, erwiderte Professor Klein.
‚,Dann wollen wir mal‘‘, sagte Nick entschlossen, als er die Pokébälle mit den beiden Pokémon,
die er von Bill erhalten hatte, in der Hand hielt. ‚,Los, Folipurba und Stollunior!‘‘
Er warf die Bälle in den Raum, und zwei relativ kleine Pokémon erschienen. Eines war grün und
sah aus wie eine Katze mit einem Blatt auf dem Kopf, das andere war silbern und hatte einen Kopf,
der fast doppelt so groß war wie sein restlicher Körper.
Nick platzierte die beiden Pokémon sowie Brutalanda und Sumpex in den kleinen Kuppeln, dann
warf er Lugias Ball in die große Kuppel.
Professor Klein betätigte einige Knöpfe an der Maschine, und Lugia begann zu leuchten. Nick kniff
die Augen zusammen, um nicht geblendet zu werden. Nach einer Weile erlosch das Licht schlagar-
tig.
‚,Es ist soweit‘‘, sprach Professor Klein.
Nick öffnete die Augen. Wo vorher noch der pechschwarze Vogel gewesen war, strahlte nun das
legendäre Pokémon der Strudelinseln in seiner weißen Pracht.