Beiträge von Cresswell

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    Hallo <3


    Nachdem ich vorletzte Woche mit einem Kapitel ausgesetzt hatte (Schule), will ich nun versuchen, die nächsten 3 Wochen jeweils ein Kapitel hervorzubringen. Mal sehen, ob ich das hinkriege. Starten tut das Ganze mit einem weiteren "Expositionskapitel" im Stil von Unschuld. Hoffentlich gefällt es euch.


    Melodie


    Leises Plätschern erfüllte die Dunkelheit, eine feine Melodie des Wassers, die in der Stille wie ein zartes Lied wiederhallte und die Finsternis weniger bedrohlich wirken ließ, ohne dabei in irgendeiner Weise aufdringlich zu wirken. Sie war beruhigend, friedlich und verlieh dem düsteren Ort eine geheimnisvolle, märchenhafte Note. Stetig hörte man das Tropfen und Rauschen, das Flüstern der Meere, Seen und Flüsse. Wie eine weiche Sonate, welche Lauschende sanft vor sich hin trieb, fesselte sie den Zuhörer in ihrem linden Spiel und konnte ihn doch trotzdem gleichzeitig mit ihrer inne liegenden Ruhe lösen. Der Geist, der sie vernahm, entkrampfte sich und blickte klarer.
    Ein kleines Feuer, noch schwach und zögernd, flackerte plötzlich auf und erhellte den Raum ein wenig, jedoch war es zu fragil, um viel Licht zu spenden. Fast wie ein zierlicher Stern, der kurzzeitig erlosch, um dann erneut zu erstrahlen. Ein stetiges Auf und Ab, weich wie die Musik, die den Raum erfüllte. Jedoch gewann das feine Flackern bald an Kraft und die tiefrote Flamme erleuchtete den Raum mehr und mehr. Je stärker und kraftvoller das Feuer wuchs, desto mehr wurde der geheimnisvolle Ort erhellt und die in Schatten getauchten Silhouetten dem majestätischem Licht unterworfen. Bald schon wurde die ganze Würde des Raumes gezeigt.
    Eine hohe Halle, weitaus beeindruckender als alles, was man sonst unter Schwarzstadt finden konnte, gab nun ihre gesamte Hoheit preis, wie man sie zuvor noch nicht gesehen hatte. Gräulich-weiße, edle Marmorplatten, durchzogen von grünen Schlieren, führten als Pfad durch die Grotte, vorbei an merkwürdigen und teilweise auch grotesken Figuren. Da waren steinerne Frauen, mitten im Gang erstarrt, Krieger, die das Schwert erhoben hatten und nun nie wieder senken würden, Kinder, die jetzt auf ewig mit ihren kühlen, unbeweglichen Augen ins Leere starren würden und viele Wesen von denen man eigentlich nur gedacht hatte, man könnte sie einzig im Märchen wiederfinden. Satyrn, Faun, Dryaden, viele der alten Geister und Erzählungen hatten sich in diesem Saal zusammengefunden, um wie Wachen bis zum Ende des Pfades hin aufgestellt zu werden. Dort, am Kopfende der Höhle, vollendete ein gewaltiger Thron die Vollständigkeit der Szenerie und dominierte, auf einer erhöhten Plattform stehend, den Saal. Er war aus dem ebengleichen Gestein gemacht wie die Platten und wirkte kalt und abweisend, seine Armlehnen und waren als zubeißende Schlangen gestaltet worden und ganz oben krönte der Kopf einer Frau die einschüchternde Aura des Sessels. Es war jedoch nicht nur irgendein gewöhnliches Frauenhaupt, sondern der einer Gorgone, einer verhängnisvollen Dame, deren Haare wie Schlangen waren und die mit einem einzigen Blick, jeden in Stein verwandeln konnte.
    Auf dem Sitz selbst, der nicht unweit des Wassers platziert worden war, hatte jemand nicht Unbekanntes Platz genommen. Das rabenschwarze lange Haar hing ihm in die Stirn und wurden kaum durch seine Narrenkappe zurückgehalten, während die orangeroten Augen wie immer undurchschaubar waren, wie verborgen hinter einem Schleier aus Gedanken. Sein feuerrotes Narrenkostüm wirkte matt und unordentlich, doch Piero schien dies nicht zu interessieren. Er sah eher danach aus, als sei er viel zu sehr in sich gekehrt, um irgendetwas zu bemerken. Seinen Kopf hatte er auf eine Hand gestützt, während er mit müde wirkendem Blick einen unbestimmten Punkt an der Wand fixierte, ohne ihn jedoch wirklich zu betrachten. Er schien viel zu sehr seinen Gedanken nachzuhängen, um überhaupt von der Außenwelt Notiz zu nehmen.
    „Piero“, erklang eine besorgte Stimme plötzlich und Salome, die Bauchtänzerin und Assistentin des Narren, trat aus den Schatten. Sie trug immer noch ihr rotgoldenes Tänzerinnenkostüm, auch wenn es in der Höhle weitaus kälter war als unter der Sonne. Ihre goldenen Augen wirkten besorgt, während sie zu ihrem Herrn eilte und sich dabei eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht wischte. Ihre orientalisch anmutenden Schuhe erzeugten kaum Geräusche auf dem Steinboden, sodass sie sich auch wie manch andere Dienerin an ihren Meister hätte heranschleichen können. Jedoch schien ihr nicht nach Scherzen zu Mute zu sein, ihre Miene war eher ernst und beunruhigt.
    Piero tat so als hätte er sie gar nicht bemerkt, sondern lauschte weiter auf das Rauschen des Wassers, während er offenbar weiterhin in seinem Strom der Ideen schwelgte und sich von seinen Erinnerungen mitreißen ließ. Sein typisches, ewigabwesendes Lächeln fehlte, stattdessen sah sein Gesicht nachdenklich, ja sogar ein wenig melancholisch aus, während er in eine Ferne blickte, die nur für ihn existierte, an einen Ort, zu dem nur er Zugang hatte. Die Realität war für ihn offenbar nicht von Bedeutung.
    „Piero“, wiederholte Salome nun noch einmal, diesmal energischer, um die Aufmerksamkeit des jungen Mannes auf sich zu ziehen. Eine leichte Falte hatte sich zwischen ihren Augenbrauen gebildet und ihr Blick wirkte ein wenig sorgenvoller als zuvor. Ihre goldenen Augen fixierten nun das Ohr ihres Herrn, während sie ihn sanft an der Schulter berührte, offenbar, um ihn aus seiner Trance zu befreien. „Geht es Euch nicht gut, Piero?“
    „Es ist nichts, Salome“, kam die Antwort des Narren und er drehte ihr nun endlich den Kopf zu, um ihr zu zeigen, dass sein allzeitpräsentes Lächeln zurückgekehrt war. Seine Stimme war so ruhig und verträumt wie immer, doch irgendetwas an ihm schien nicht ganz richtig zu sein. Auch Salome konnte dies offensichtlich erkennen, denn die Sorgenfalte in ihrem Gesicht vertiefte sich und ihr Blick bohrte sich nun in den des Narren. Sie wusste, wann er sie anlog.
    „Nichts“, wiederholte Piero als hätte er die Gedanken seiner Assistentin gelesen, während er wieder verträumt ins Leere starrte und weiterhin dem Wasser lauschte. Seine Augen waren verschlossen, unlesbar für jeden, der nicht schon einmal hinter die Fassade des Clowns hatte blicken können. Doch Salome konnte sich zu jenen zählen und sie wusste am besten, was ihr Meister gerade fühlte. Eine seltsame Empfindung stieg in der Grauhaarigen auf, eine Mischung aus Zorn, Trauer und Mitleid. Wie sollte sie nur…? „Piero…“, begann sie und ihre Stimme war sanft. Sie wollte diese brennende Eifersucht endlich aus ihrem Herzen verbannen, sie ersehnte nicht länger in Wasser unterzugehen und mit anzusehen wie die Flamme, das Feuer was ihrem Leben Licht gebracht hatte, davon trieb und langsam erlosch. „Wenn ich irgendetwas…“
    „Nichts“, kam es ein drittes Mal von dem Narren und seine Stimme war so ruhig und selbstvergessen wie sonst, doch trotzdem war sie stark genug, um die Bauchtänzerin zu unterbrechen und wieder zum Schweigen zu zwingen. Die Furchen auf ihrer Stirn vertieften sich abermals und ihr Gesicht zeigte, dass sie verletzt war. Die Tränen und die Wut, die in ihr tobten, vermochte man jetzt zu erkennen und auch die Enttäuschung, die sie fühlte und sie kleiner und weniger eindrucksvoll wirken ließ. Der junge Mann war dadurch jedoch nicht beirrt, sondern fragte nur kurz: „Hat es Damian geschafft bis nach Tartaros vorzudringen?“
    „Ja“, erwiderte Salome kurzangebunden, um ihre offensichtliche Trauer zu verstecken, jedoch ohne viel Erfolg. Sie richtete sich wieder auf und trat nun einige Schritte zurück, um vor dem Thron niederzuknien „Die Gruppe rund um Adens Schüler hat es geschafft, die versteckte Tür zu finden, die Ihr für sie offenbart habt…“
    „Und Cerberus?“, unterbrach der Narr sie, monoton und geistesabwesend wie immer. „Sind sie auch an ihm vorbeigekommen?“
    „Ja“, folgte die kühle Antwort Salomes. Ihr Gesicht verriet nun abermals keine Regung, ebenso wenig wie das ihres Herrn, doch während er geradezu desinteressiert wirkte, konnte man trotzdem noch merken, dass sie zuvor aufgewühlt gewesen war, auch wenn sie es hinter einer emotionslosen Maske zu verstecken versuchte. „Allerdings bestanden auch, nachdem Ihr den Hund bereits zuvor einem Großteil seiner Kraft beraubt hattet, noch starke Schwierigkeiten von Seiten der Gruppe, ihn zu bezwingen.“
    „Aha?“, fragte der Narr, schien jedoch nicht wirklich an der Information interessiert zu sein. Seine immer noch traumverlorenen Augen verrieten, dass er mit diesem Ergebnis schon von vornherein gerechnet hatte. Die Grauhaarige warf ihm einen missmutigen Blick zu. Sie wusste nicht genau wie sie ihre Gedanken ausdrücken sollte, schließlich kamen die Befehle von ganz oben, aber…
    „Du hast etwas dazu zu sagen?“, meinte Piero, weiterhin vollkommen selbstvergessen wie zwischen den Himmeln schwebend, Salome für dennoch fast unmerklich zusammen. Es wirkte so, als hätte er geraten, doch die Tänzerin wusste, dass dem nicht so war. Manchmal kam es ihr schon fast so vor als könnte ihr Meister Gedanken lesen und vermutlich war dies auch der Fall, weshalb ihr in seiner Anwesenheit oftmals mulmig zu Mute war. Sie hatte vieles, was sie ihm nicht gern offenbaren würde und von dem sie wusste, dass es nie für ihn bestimmt war. Gleichwohl gab sie sich aber endlich einen Ruck und traute sie sich nun ihr Bedenken offen zu äußern.
    „Ich frage mich…“, begann sie emotionslos wie ihr Herr doch mit einem nicht leicht zu kategorisierenden Unterton in der Stimme, „…wieso wir diesen Jungen weiterhin beobachten sollten. Er besitzt nicht das Potenzial, das ihm zugeschrieben wird und obwohl er als Schüler des Feuermeisters durchaus geschickt mit der Flammenmanipulation umzugehen weiß, ist er doch nichts Besonderes.“
    Piero antwortete nicht. Stattdessen blickte er verträumt auf die Lehne seines Stuhl als würde er die Kunstfertigkeit der Bildhauerei studieren und fast wirkte es, als hätte nicht auf das gehört, was Salome ihm gesagt hatte. Jene wusste jedoch, dass er sehr genau gelauscht hatte und erwartete nun gespannt seine Antwort. Ihr war klar, dass der Narr sich direkten Befehlen nicht widersetzen konnte, aber dennoch war sie sich auch darüber bewusst, dass Piero ihre Meinung schätzte und sie hielt diesen Jungen für unwürdig und allerhöchstens mittelmäßig. Dass er tatsächlich etwas Spezielles war, bezweifelte sie nicht, sonst wären sie nicht auf ihn angesetzt worden, obgleich erschien er ihr durch und durch normal zu sein.
    Eine Weile lang herrschte Stille, in denen der junge Mann seinen Gedanken nachhing und Salome wartete. Dann kam nach einer kurzen Weile endlich seine Antwort. Der orangerote Blick des Narren richtete sich nun auf Salome und sie erschauerte. Diese Intensität war immer noch dieselbe, immer noch genauso Einschüchternd wie damals und doch im selben Atemzug faszinierend und lockend. Sein Blick war wie ein Strudel, in dem man versank bis man gänzlich gefangen war. Seit ihrer ersten Begegnung war die junge Frau von ihm verschlungen worden, hatte sich in der Schönheit seiner Augen verloren und war letzten Endes seinem Ruf gefolgt. „Salome…“, begann er nun, die Stimme so freundlich und ruhig wie eh und je. „Das er dich bis jetzt nicht überzeugen konnte, ist unglücklich, aber dennoch nicht zu ändern. Superbia hat uns klare Anweisungen gegeben, denen wir folgen müssen, somit steht die Wichtigkeit der Beschattung Damians außer Frage. Dessen ungeachtet…“, fuhr er fort und sein weltfremdes Lächeln wurde wieder breiter, „…bin auch ich an ihm interessiert. Wer weiß, vielleicht wird er selbst dich noch einnehmen. Außerdem habe ich bereits drei kleine Hindernisse aufgestellt, die zeigen sollten, ob er den Aufwand wirklich wert ist“
    Er stoppte seine Ausführungen und stand langsam auf. Salome blieb vor ihm knien, nicht sicher, ob sie das Recht hatte ihm wieder gegenüber zu treten. Bedächtig, aber so träumerisch wie immer, tänzelte er nun vom Thron fort und an seiner Assistentin vorbei, ohne ihr auch nur einen weiteren Blick zu schenken. Seine Augen waren geschlossen und sein Lächeln so undurchschaubar wie zu aller Zeit, als ob eine Maske ihn verbergen und von der Welt abschotten würde. „Wir sollten uns auf den Weg machen…“, meinte er nun, ohne die junge Frau dabei anzusehen. Stattdessen schien es fast, als würde er sich mit der Statur eines Minotaurus, der zornig eine Keule erhoben hatte und im Todesschlag erstarrt war, unterhalten. Salomes Mundwinkel zuckten und ihre Stirn war wieder in Falten gelegt, während sie mit den Augen angestrengt den Boden anstarrte. Sie hatte es wieder geschafft ihn zu verstimmen. Warum nur musste sie immer wieder solche Fehler machen? Was konnte sie nur tun, um auch endlich…?
    „Piero!“, rief sie plötzlich aus und sie stand auf, um ihrem Meister ins Gesicht sehen zu können. Sie wusste nicht, was sie tat, aber irgendwie schien das, was sich schon lange in ihr gesammelt hatte, nun endlich aus ihr herauszubrechen. Der Narr schaute ihr immer noch nicht in die Augen, sondern tat weiterhin so, als würde er mit dem steinernen Stiermenschen reden.
    „Wir…wir können wegrennen, nur wir beide!“, meinte die Tänzerin zittrig und tat einen unsicheren Schritt auf ihn zu. Warum fühlte sie sich auf einmal wieder so klein und schwach? Wieso war da dieses Gefühl, dass ihr sagte, sie sollte jetzt stoppen, bevor alles noch schlimmer wurde? Doch sie fuhr fort, egal was ihr Unterbewusstsein auch flüsterte, jetzt, da sie endlich begonnen hatte, zu reden, musste sie auch ihre Gedanken beenden. „Nur du und ich. Warum sollte uns Superbia… irgendjemand verfolgen? Gemeinsam könnten wir…“ Doch sie unterbrach sich.
    Piero hatte jetzt sein Gesicht zu ihr gedreht und einen Finger auf die Lippen gelegt, um zu signalisieren, dass sie aufhören sollte. Sie befolgte seinen Befehl unmittelbar und ohne genau zu wissen warum. Seine Augen hatten nun den Schleier fallen gelassen und obwohl er immer noch lächelte, war es diesmal anders. Salome wusste nicht wie sie das, was sie fühlte, beschreiben sollte, ebenso wenig wie das, was sie sah. Dieser feurige Ozean, der sie umgab, spülte alle Gedanken hinfort, die ihr zuvor noch im Kopf herumgeschwirrt waren. Es war nur noch dieses große Gefühl da, welches sie nicht zu erklären vermochte und ihren gesamten Geist nun erfüllte.
    „Lausche“, flüsterte der Narr sanft und schloss kurz die Augen, fast als würde er durch Wolken schweben und wieder einen Traum durchleben. Das Wasser flüsterte und Salome hörte es wieder plätschern und singen, eine Musik anstimmen, die alles übertönen konnte. „Es spielt ein Requiem…“, hauchte der junge Mann und seine Augen waren erfüllt von Traurigkeit. „Ein Requiem für mich und mein Wunderland, das schon so lange leer und einsam ist. Wie ich dir bereits erzählte, als du deinem Dienst entsagt hast und meine Schülerin wurdest: Auch du kannst diese Leere nicht füllen. Nur das Requiem des Wasser weiß, wie man Schmerzen lindert…“ Und mit diesen Worten löste er sich in feinen Rauch auf und war verschwunden.
    Das Wasser spielte weiter. Für Salome war es jedoch kein Requiem sondern nur die trübsinnige Melodie der Trauer.
    ___
    14. Kapitel mit 2300 Wörtern

    Hallo. Zu allererst ein Dankeschön an meine Leser und besonders an McNuke, der mich für den Profibereich vorgeschlagen hat, in den ich letztlich verschoben wurde. Jetzt zu den Kommis



    Cerberus


    Ein trommelfellzerfetzendes, dreifach von den Wänden wiederhallendes Brüllen tönte durch die Halle und ließ den Boden beben und die Decke bröckeln. Es war so laut, dass es Marie fast erschien als würde die Atmosphäre selbst erzittern. In ihrem Kopf war alles wie leergefegt, ihre gesamte Aufmerksamkeit lag einzig auf dem gigantischen, nicht unbedingt als freundlich einzuschätzenden Biest, welches sich vor ihnen wie ein Berg erhoben hatte. Drei hässliche, zähnefletschende Hundeköpfe starrten sie voller Blutsucht im Blick an und geiferten, offenbar bereit anzugreifen und sie zu zerfleischen.
    Ein Grollen kam aus der Kehle des Monsters und es bewegte sich nun auf sie zu. Sein massiger Leib schien so schwerfällig wie gewaltig zu sein und mit jedem Schritt löste es ein mittelschweres Erdbeben aus, sodass das rothaarige Mädchen beinahe von den Füßen gerissen und umgeworfen wurde. Sie schien wie vom dem finsteren Blick versteinert zu sein, unfähig etwas Anderes zu tun als ihrem nahenden Unheil voller Schrecken entgegenzublicken. Eigentlich wollte sie rennen, flüchten, schreien und versuchen diesem Scheusal zu entkommen, doch ihr Körper war paralysiert vor Angst, ihr Gehirn hatte nur noch einen einzigen Gedanken inne: „Es ist aus!“
    Die zuvor pechschwarzen Augen des Untiers leuchteten nun plötzlich gefährlich rot auf, sodass sie durch die Dunkelheit schnitten wie Nadelspitzen durch ein Stück Papier. Die Atmosphäre bebte bedrohlich, Marie spürte wie sich ihre Brust merkwürdig zusammenzog, ihr Herz schien einen Moment stillzustehen. Als sie voller Furcht zu dem dreiköpfigen Hund blickte, erschien es ihr als würde sich die Finsternis um ihn herum verdichten, fast wie eine widerliche, schwarze Masse. Irgendetwas passierte, etwas Bedrohliches, sie spürte es in der Luft, roch es wie einen ekelerregenden Gestank.
    Eine kurze Zeit der Stille kehrte ein, in der weder Hund noch die Gruppe etwas taten. Dann öffnete das Monstrum abermals eines seiner Mäuler und plötzlich brach eine gewaltige Schockwelle in Form eines weiteren Bellens aus ihm heraus. Eine Schneise der Zerstörung hinterlassend, schoss es in einer atemberaubenden Geschwindigkeit auf Marie zu, alles, was ihm im Weg war zerfetzend. Schneller und schneller näherte es sich dem immer noch auf dem Boden verharrenden, schutzlosen Mädchen, welches ihm entgegenblickte ohne wirklich zu realisieren, was dort kam. In einer solchen Situation hätte sie eigentlich aufspringen und ausweichen müssen, doch es war als wäre sie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte. Sie saß hilflos da, unfähig irgendetwas anderes zu tun als getötet zu werden, während die allesverwüstende Welle sie schon beinahe erreicht hatte. „Ende…
    Etwas Grünes flatterte vor ihrem Gesicht und versperrte ihr den Blick. Dann hörte sie Damians Stimme: „Salamander: Feuerball!“ Ein gleißendes Licht erhellte für einen kurzen Moment die Höhle, bevor das magische Flammengeschoss, welches der Junge entfesselt hatte, mit der Druckwelle zusammenprallte und eine gewaltige Explosion die Höhle ein weiteres Mal erschüttern ließ. Die Decke bröckelte und einige Felsbrocken krachten auf den Boden und zersprangen in mehrere, kleinere Teile.
    Das rothaarige Mädchen selbst spürte, wie sie grob gepackt und hinter einen dieser Brocken geworfen wurde. Als sie aufkam und ihre Schwester Laila ebenfalls ohnmächtig dort liegen sah, schien sich irgendetwas in ihr zu lösen und die Gedanken, die zuvor gefehlt hatten, fluteten erneut durch ihr Gehirn, ebenso wie belebendes Adrenalin durch ihre Adern. Ihr Körper war wieder unter ihrer Kontrolle und sie wusste, was sie machen musste. Suchend sah sie sich um und erblickte Damian, der sich etwas abseits von dem Brocken positioniert hatte, offenbar um das Ungetüm von den Mädchen abzulenken. Er hatte seinen Mönchstab in der Hand und hielt ihn wie eine bedrohliche Lanze, mit der er das Monstrum aufspießen wollte, vor sich. Marie konnte erkennen, dass der Kreis an der Stabspitze gefährlich glühte und ihr dämmerte, dass dies offenbar das Portal war, durch das Damian seine Magie katalysieren konnte.
    Die Bestie knurrte wütend und fixierte nun mit allen drei Köpfen den Zauberlehrling, dessen Blick kühl auf den drei roten Augenpaaren des Gegenübers lag. Offenbar kämpfte er jetzt ernsthaft und Marie wusste nicht, ob sie deswegen erleichtert oder doch noch besorgter sein sollte. Dieses Scheusal schien offensichtlich ein äußerst zäher Gegner zu sein, wenn sogar Damian seine übliche, spielerische Art fallen ließ. Dies würde eindeutig ein Kampf werden, wie sie ihn noch nicht vorher gesehen hatte.
    Ein weiteres Grollen entrollte der Kehle des Monsters, dann stürmte es plötzlich auf Damian zu, die Zähne gefletscht und bereit zum Zuschlagen. Der Zauberschüler antwortete mit drei flammenden Feuerbällen, die er dem rechten Kopf entgegen schmetterte, wobei er einen Sprung nach hinten machte und nach der Landung damit begann, Energie um den Ring seines Stabes zu sammeln. Seine Geschosse prallten relativ harmlos am Kopf des Giganten ab, ohne auch nur einen einzigen Kratzer zu hinterlassen. Auch sonst schienen sie höchstens den Effekt gehabt zu haben, das Monstrum weiter zu verärgern, sodass es nun einen gewaltigen Satz auf den Magier zumachte und dabei drohte ihn mit seiner riesigen Pfote zu zerquetschen. Jener reagierte jedoch sofort und schoss eine gewaltige Flammensäule aus seinem Mönchsstab, welches das Biest mitten in die Brust traf. Marie klappte angesichts dieses mächtigen Feuerstrahls die Kinnlade herunter, während sie fassungslos dabei zusah wie das massive Ungeheuer zurückgeschleudert wurde und auf dem Boden auftraf, wobei jener abermals stark bebte und Gesteinsbrocken sich von der Decke lösten. „Er hat also doch mehr drauf als nur große Reden schwingen“, dachte der Rotschopf überwältigt bei sich, während sie Damian betrachtete. Die Magie war so stark gewesen, dass sie selbst hier die Hitze hatte spüren können. Sie hätte nicht erwartet, dass er solche kraftvollen Techniken beherrschte. „Obwohl, er war fünf Jahre mit Aden unterwegs, eigentlich ist es die logischste Konsequenz. Trotzdem äußerst beeindruckend!“
    Alles schien in Ordnung gewesen zu sein, bis auf einmal ein weiterer Feuerstrahl aus der zuvor entstanden Staubwolke schoss, jedoch handelte es sich diesmal um pechschwarze Flammen. Marie spürte die Gefährlichkeit, die von dieser Attacke ausging. Es war wie zuvor, dieses lähmende, zerdrückende Gefühl. Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie Damian einen feurigen Zirkel beschwor, um sich vor der gegnerischen Attacke zu schützen. Eine gewaltige Feuerwand entstand um ihn herum, sodass die schwarzen Flammen auf seine Orangeroten trafen und sie abwehrten. Doch zu Maries größtem Entsetzen zerbarst die Verteidigung des Zauberschülers mit einem weiteren lauten Knall, sodass das schwarze Feuer alles einnehmen konnte, Damian mit eingeschlossen. Das Mädchen schlug die Hände vor den Mund, während ihr entsetztes und geschocktes Gesicht von dem merkwürdig dunklen Licht, welches die Flammen warfen, erhellt wurde. Das konnte nicht sein! Ein markerschütterndes Gebrüll des Untiers ließ abermals die Luft erzittern und eine weitere Schockwelle zerstörte den Raum. Marie sah sie kommen, offenbar hatte das Biest sie riechen können und visierte nun die beiden Mädchen an. Wissend, dass sie nicht ausweichen konnte, schloss Marie die Augen und wartete auf ihr Schicksal. „Wir waren töricht…“
    Bevor der mörderische Angriff jedoch sie oder ihre Schwester verletzten konnte, hörte sie plötzlich eine bekannte Stimme rufen: „Salamander: Flammender Bannkreis!“. Eine gigantische Feuerwand loderte plötzlich vor ihr auf und ließ sie die Augen zusammenkneifen. Sie spürte die Hitze auf ihren Wangen, doch sie verbrannte nicht, dass Feuer konzentrierte sich nicht auf sie. Auf der anderen Seite des Walls hörte sie eine Explosion und das Heulen des Monstrums. Als sie sich umgeblickte, erblickte sie Damian und ein gewaltiger Stein fiel ihr vom Herzen. Er wirkte zwar reichlich angekokelt, hatte es aber trotzdem offenbar irgendwie geschafft, dem Flammentod zu entrinnen.
    „Keine Zeit!“, rief er ihr zu und drückte sie weiter runter, da nun einige Funken in ihre Richtung flogen. „Der Schutz wird nicht lange halten, das Vieh benutzt Feuer des schwarzen Zirkels, dagegen kann ich nichts tun! Wir müssen versuchen ihn irgendwie abzulenken, um an ihm vorbeizukommen!“ Seine Stimme klang gehetzt und befehlend, doch Marie nahm es ihm nicht übel. Sie war eher davon überrascht, dass er nicht verzweifelt oder aufgelöst war und glücklich, dass er nicht das Zeitliche gesegnet hatte. Das passte ohnehin nicht zu ihm. Was „Feuer des schwarzen Zirkels“ bedeutete, wusste sie zwar nicht, aber es war ganz klar offensichtlich, dass die schwarzen Flammen eindeutig in einer anderen Liga spielten als Damians Feuer.
    „Meine Kampfkünste können auch nichts ausrichten, dafür ist das Ding zu groß!“, antwortete sie schnell, während mehrere weitere Detonationen unterlegt vom Jaulen des Ungeheuers die Luft quasi zu zerreißen schienen. Der Schutzwall würde nicht lange halten.
    „Wa-was ist denn los?“, kam es ganz plötzlich von der Seite und Marie erstarrte. Laila war aufgewacht und blickte sich verwirrt und ängstlich um. Offenbar hatte sie vergessen, dass sie einem Höllenhund begegnet waren. Marie blickte verzweifelt zu Damian, der auch nicht so recht zu wissen schien, was er nun machen sollte. Weitere Bombardements ihrer letzten Verteidigung trugen nicht zur Unterstützung bei.
    „Was war das?“,quietschte die Blondine erschrocken auf und sah panisch um sich, um den Verursacher des Lärms ausfindig zu machen. Die Rothaarige wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Ihre Schwester war der letzte Mensch, den sie in Gefahr sehen wollte und auch ohne ihre Anwesenheit war es schon stressig genug gewesen, die Angriffe des Monstrums zu überstehen. Nun da sie wach war, würde sie vermutlich alles nur noch schlimmer machen. Marie wechselte kurz einen Blick mit Damian.
    „Egal!“, meinte dieser nun hastig, jedoch immer noch gefasst. „Wir müssen uns beeilen. Ich werde den Höllenhund ablenken und ihr…“
    Ein gewaltiges Bersten und die darauf folgende Explosion erinnerten sie daran, dass das Monster auch noch da war und es nun offenbar geschafft hatte, die Barriere zu durchdringen. Der Zauberschüler machte einen gigantischen Satz, sodass er sich nun im Sichtfeld des Ungeheuers befand, offenbar um es abzulenken. Marie indes warf sich auf Laila, um jene herunterzudrücken und vor möglichen Attacken zu schützen. Jetzt hieß es alles oder nichts. Sie hatten zwar keine Chance gegen diese Bestie zu kämpfen, aber trotzdem konnten sie es vielleicht schaffen, an ihm vorbeizukommen. Wenn Damian nicht vorher gebraten wäre und der Hund die beiden Mädchen danach erschnüffelt hätte. „Bitte…Lass es klappen…“ Weitere Eruptionen ließen ihren Körper erschüttern und strapazierten ihre Trommelfälle. Sie hatte den Geruch von Feuer und Gestein in der Nase und fühlte den harten Boden unter sich. Es war fast wie der Steinboden in ihrem alten Waisenhaus. Genauso hart, genauso kalt. Sie hatte immer auf ihm schlafen müssen, wenn sie einen Kampf verloren hatte. Erinnerungen an ihre Kindheit wallten plötzlich in ihr auf. „An was denke ich denn bloß?!“, schoss es ihr durch den Kopf, während sie weiterhin die Augen geschlossen hielt und auf dem Boden kauerte. „Das ist ja schon fast lächerlich! Sonst bin ich doch auch nicht so…“
    Noch mehr Detonationen und Beben. Der Kampf tobte immer noch, Damian war am Verlieren. Was sollte sie nur tun?
    Auf einmal hörte sie unerwartet die Stimme ihrer Schwester neben sich, laut, klar und deutlich durch den Raum hallend. Melodisch und fließend drangen die Worte und Silben aus ihrem Mund, passend zum Takt des Kampfes. Marie war in Schock. Ihre Schwester sang! Laila war nun aufgestanden und schallte in einer Marie unbekannten Sprache über den tosenden Kampfeslärm hinweg, sich offenbar nicht bewusst, wo sie sich befand. Vorher war das dem Rotschopf nie aufgefallen, doch nun bemerkte sie erst, was für eine wunderschöne Gesangsstimme ihre Schwester besaß. Normalerweise war sie eher ruhig oder quietschig, je nachdem in welcher Gefühlslage sie sich zurzeit befand, doch nun, da sie sang, war ihre Stimme klar und kraftvoll. Sie besaß eine Energie, etwas Mitreißendes und eine wohlklingende, melodiöse Tiefe, die dem Ganzen eine reife Note gab. Ihre Stimme war fesselnd und schaffte es die Zuhörer durch die in ihr ruhende Wärme in ihren Bann zu locken. Nichtsdestotrotz war dies nicht der richtige Zeitpunkt, um seine gesanglichen Talente zu entdecken und einem Monster, das einem gerade auf die Pelle rückte, ein Ständchen zu bringen.
    „Was tust du denn da?!“, schrie Marie deshalb entsetzt, doch Laila ignorierte sie und fuhr fort dieses langsame, beruhigende Lied mit dem vollkommen unverständlichen Text zu singen.
    „Was machst du?!“, hörte der Rotschopf Damian rufen, der nun zum ersten Mal seine Ruhe verloren zu haben schien, da die Blonde sich nun wie auf dem Sevierteller präsentierte. „Das wird niemals klappen!“
    Kurz darauf wurde er jedoch eines Besseren belehrt. Das Monstrum schwankte auf einmal nämlich hin und her als hätte es zuvor jemanden gefressen, der etwas zu tief ins Glas geguckt hatte und mit einem ohrenbetäubenden Krachen fiel es auf die Seite und begann laut, aber seelenruhig zu schnarchen. Marie starrte fassungslos auf den Höllenhund, dann auf Laila, die erleichtert lächelte und dann abermals auf den schlafenden Hund. Was war gerade eben passiert? Auch Damian schien vollkommen baff angesichts der Tatsache, dass Lailas Plan anscheinend funktioniert hatte. „Wie hast du…“, fragte er zögernd und betrachtete sie mit einer angehobenen Augenbraue. Auch Marie war mehr als interessiert daran, was ihre Schwester gerade vollführt hatte.
    „Naja“, meinte Laila fröhlich und offenbar ziemlich glücklich darüber, dass das, was sie vorgehabt hatte, sich nicht als Fehlentscheidung entpuppt hatte. „Ich habe nur gehört, dass man Höllenhunde am besten durch Musik besänftigen konnte. Du weißt ja…“, meinte sie an Marie gewandt, die immer noch recht perplex war, „…die Leute reden in Großmutters Gaststätte gerne mal über sowas und das habe ich öfter aufgeschnappt.“
    Der Rotschopf konnte sich nicht an sowas erinnern, sie interessierten Gerüchte nicht sonderlich. Aber Laila hatte sich immer brennend dafür interessiert, das stimmte. Sie schenkte Damian einen kurzen, verwirrten Blick, den dieser mit seinem nun wieder zurückgekehrten, charmant-schelmischen Lächeln erwiderte, bevor er zu der Blondine ging und ihr für ihr Geschick gratulierte. Danach beeilten sie sich um aus der Kammer des Höllenhunds zu kommen und weiter ins Höhleninnere vorzudringen.
    Während Damian sie mit der Flamme in seiner Hand durch die engen, dunklen Passagen führte, wandte sich Marie nochmal an ihre Schwester: „Woher hast du gewusst, dass das wirkt?“
    „Hab ich nicht“, antwortete jene nun ungezwungen und schlenderte weiter, wobei sie einer von der Decke hängenden Felsspitze auswich. „Ich dachte mir einfach, dass ein Versuch ja nicht schaden könnte…“
    Es hätte uns alle auch genauso gut umbringen können…“, kommentierte Marie dazu in Gedanken, ließ es jedoch aus, dies auch laut auszusprechen. Sie musste die Stimmung ja nicht immer schlecht machen und schließlich hatte es schlussendlich ja funktioniert. „Eine Frage noch…“, kam ihr plötzlich in den Sinn und sie blickte Laila fragend ins Gesicht, „…was war das für ein Lied, dass du gesungen hast? Welche Sprache…?“
    „Ach so!“, antwortete die Blondine und schenkte ihrer Schwester ein verlegendes Lächeln. „Weißt du, mir ist kein richtiges Lied eingefallen, deswegen hab ich irgendwelche Fantasiewörter aneinandergereiht, sodass es sich schön und exotisch anhört!“ Sie kicherte verlegen und lief wieder weiter vor.
    Aha…“, war Maries einziger Gedanke dazu.
    ___
    2400 Wörter bei Kapitel 13. Bitte verzeiht, wenn es nicht so gut ist, Kampfszenen liegen mir überhaupt gar nicht und ich bin da ein wenig eingerostet^^"

    Mensch, schon wieder bin ich so spät dran. Hoffentlich schaffe ich es diesmal noch Veröffentlichung des neuen Kapitels >,<

    Kapitel X
    Netter Einstieg, sehr plastisch (muss ich das eigentlich noch erwähnen? Mittlerweile ist ja klar, dass ihr beide zu den Autoren mit den sehr viel besseren Schreibstilen gehört). Der Name des Kapitels ist auch schön, hat was von Verabschiedung oder einem Wendepunkt, etc. Realyn gehört ja sowieso zu meinen Lieblingsfiguren, finde es immer wieder schön aus ihrer Sicht zu lesen. Liegt vermutlich daran, dass sie mich sehr stark an meine eigene weibliche Hauptfigur erinnert, haben beide einen recht ähnlichen Charaktertyp.
    Träume sind eine ziemlich zwiespältige Sache, je nachdem wie man sie einsetzt, kann es gut oder eher klischeehaft sein, wobei man sich da bei euch eigentlich nicht großartig Gedanken machen muss. Ich selbst setze auch Träume ein, obwohl es, wie gesagt, recht schwierig ist, dass Ganze gut rüberzubringen. In eurem Fall fand ich vor allem die auf das Anfangszitat bezogenen Glasscherben eine äußerst hübsche Idee, hat ja auch versteckte Symbolik inne. Etwas Zerbrochenes bzw. Zerstörtes ist ja nicht unbedingt gut, kann für Streit, Gewalt oder allgemein Unglück und Trauer stehen. Auch dass die Scherben Realyn in die Füße stechen, kann gut interpretieren, zum Beispiel, dass zuvor etwas in ihr oder etwas, das mit ihr zu tun hatte, sich ins Negative gewandelt hatte und sie immer noch an den Konsequenzen oder Erinnerungen leidet. Dass sie eine sehr dicke Hornhaut hat, die sie vor dem Schmerz schützt, bedeutet vermutlich, dass sie sich emotional von Anderen abschottet, wenn es denn ein persönlicher Verlust war, und versucht sich so gut es geht vor diesem Schmerz zu schützen. Ich kann natürlich (und werde vermutlich) vollkommen falsch liegen, aber naja…
    Der Dialog zwischen Tikou und Realyn war auch schön, auch wenn ich ihn vielleicht etwas gestreckt hätte, denn so erschien er mir ein wenig zu schnell abgehandelt, aber er war dennoch nicht schlecht. Der jetzt folgende Traum wirft meine Theorie etwas über den Haufen (was ich allerdings erwartet hatte), dafür tut sich aber eine andere auf. Die Scherben stehen für Gefahren und Aufgaben, die Realyn überstehen muss, bis sie zu der Schattengestalt (mit höchster Wahrscheinlichkeit Jurijo) gelangt. Der glatte Boden unter ihm könnte bedeuten, dass sie dort endlich Frieden haben wird, wenn sie mit ihm vereint ist. Oder ich bin einfach ein hoffnungsloser Romantiker xD
    Nächste Traumanalyse: Tikou stirbt, nachdem er und Realyn sich immer weiter und weiter auseinanderleben, wie du bereits vorher im Dialog subtil und danach etwas offensichtlicher angedeutet hast. Vielleicht ist das auch einfach nur eine Vision von dem, was passieren könnte, sollte sie versagen, aber die Sache mit Tikou ist doch ziemlich klares Foreshadowing.
    Und dann kam die große Versöhnung, wenn auch nicht ganz, wenn man bedenkt, dass Realyn ihm ja immer noch einiges verschweigt. Aber woher weiß Tikou eigentlich was „das Licht“ ist? Oder folgt er einfach seiner Intuition, es kam nämlich so rüber als wüsste er etwas, dass Realyn nicht weiß. Außerdem wundere ich mich etwas darüber, dass es jetzt irgendwie mit Tikous Sicht weitergeht, aber egal.
    Ist das Licht etwa eine Zone? xD So hab ich das verstanden, oder hab ich mich nur verlesen bzw. es zuvor überlesen? Und dieses kleine Viech scheint nicht besonders freundlich zu sein… Mal gucken was da noch kommt. Ich freue mich auf mehr =D

    lG der Grinsekater (mal wieder viel zu kurz <,<)


    Hades


    „Ich wusste, dass es unterhalb des Nordfriedhofs Leichenhallen gibt…“, flüsterte Marie voller Ehrfurcht, während sie sich umblickte, „…aber ich hätte nicht damit gerechnet, so etwas hier aufzufinden“
    Nachdem die Drei durch die Katakomben gehastet waren und Laila vermutlich den Schock ihres Lebens erfahren hatte, hatte Damian einen geheimen Eingang in einer der Wände ausfindig machen können und somit eine Treppe, die noch weiter nach unten führte, offenbart. Hier, unterhalb der stinkenden, abscheulichen Massengräber, bot sich ihnen ein spektakulärer Anblick. Ein riesiger Höhlenkomplex erstreckte sich vor ihnen ins Unermessliche, ein gigantisches System aus Tunneln, Hallen und Treppen, welches sie in ihrer ganzen, überwältigenden Komplexität geradezu erschlug. Die steinernen, furchteinflößenden Räume reichten so weit hinauf, dass selbst Marie die in Dunkelheit gehüllte Decke nicht erkennen konnte, welche von kolossalen, kristallinen Säulen gestützt wurde. Auch die Kunstfertigkeit, mit welcher jene Pfeiler gefertigt worden waren, ließ Marie im Staunen versinken: Das blaue Gestein, welches verwendet worden war, war so meisterhaft und plastisch bearbeitet worden, dass man tatsächlich meinen konnte, die Pilaster seien einzig aus Gebeinen zusammengesetzt worden. Die massiven, schwarzen Wände gaben ebenfalls den Eindruck von etwas Mächtigem und Übernatürlichen. In sie waren die Bildnisse von den verschiedensten Ermordungen so detailreich gehauen worden, dass man meinen konnte, die Bilder seien real, wenn auch extrem skurril, um nicht zu sagen makaber. Von weiter oben starrten Totenköpfe den Rotschopf aus ihren leeren Augen heraus an, sodass ihr ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter lief. Dies war eindeutig kein Ort an dem man sich gerne aufhielt. Der Boden war bedeckt mit einer schlammartigen, roten Masse, die ganz verdächtig nach Blut aussah, während der Geruch nach Staub und dem Alter, den dieser Ort augenscheinlich hatte, alles durchdrang und überdeckte. Das bläuliche Licht, welches die Halle erhellte und auf knochenförmigen Fackeln brannte, ließ das Ganze gleich noch viel unheimlicher wirken.
    Vor sich in der Mitte des Komplexes erblickte Marie einen, auf einer erhöhten Plattform stehenden Altar, welcher von sieben Fackeln umstellt war und zu dem ein schmaler Weg hinführte. Der Schrein selbst war so blendendweiß, dass Marie bereits zu ahnen begann, aus welchem Material er hergestellt worden sein könnte. Die Dekoration hier schien Hinweis genug zu sein und allein beim Gedanken daran wurde ihr schlecht.
    „Das scheint eine Art Gebetsstätte zu sein“, meinte sie laut und klar, ohne sich ihre Unsicherheit anmerken zu lassen. Sie durfte jetzt keine Schwäche zeigen.
    „Ganz richtig“, kam es von Damian, der zu dem Zentrum gegangen war und nun begann, den Opfertisch und die darin eingeschnitzten Symbole zu untersuchen. „Meine Kenntnisse der antiken Sprache sind zwar miserabel, aber trotzdem sollte auch einem Leihen auffallen, dass dieser Ort hier sehr alt ist.“
    „Ziemlich geschmacklose Einrichtung“, ließ Marie schnippisch verlauten, während sie angewidert die Bildnisse betrachtete. Egal welcher Kult hier gebetet hatte, er war sicher nicht einer der wohlwollenden Sorte gewesen. Totenköpfe und Knochen waren eher Anzeichen für das genaue Gegenteil. Wie viele Menschen hier wohl nur wegen irgendeines Hirngespinstes ihr Leben verloren hatten? Wahrscheinlich Tausende, wenn nicht noch mehr, einzig aufgrund der Angst und Machtgier einzelner. Diese Gottesanbeter waren alle gleich, sowohl heute als auch vor mehreren Jahrtausenden. Zuerst die Gutgläubigen und Naiven ausnutzen und sich dann herrschsüchtig und ignorant über alles Andere stellen. Der Sonnenkult, der seit der Epoche des Sonnenkönigs Aquea im Griff hatte, bildete dort keine Ausnahme. Marie verabscheute sie alle.
    „Wem’s gefällt…“, bemerkte Damian nur kurz dazu, während er nun mit den Fingern über die Zeichen auf dem Altar fuhr und die Augen zu Schlitzen verengte. „Wenn ich schätzen müsste würde ich sagen, dass dieser Tempel aus der dritten aqueanischen Epoche stammt, vielleicht ist er aber sogar noch älter…“
    „Also aus dem Zeitalter der Wirren…“, wiederholte der Rotschopf und rieb sich nachdenklich das Kinn, während sie sich ihrem Freund näherte, um selbst die Schnitzereien zu untersuchen, „…das ist wirklich ziemlich alt, wenn man bedenkt, dass es schon die Zeit vor dem Reich des Sonnenkönigs miterlebt hat.“
    „Hey, Leute…“, kam es plötzlich zittrig von der anderen Ecke des Saals und der Stimme nach zu urteilen, stand der Sprecher offenbar den Tränen nah, „…ich glaube nicht, dass es richtig ist, dass wir hier sind!“ Marie verdrehte entnervt die Augen bevor sie sich umwandte, um etwas zu entgegnen. Hinter ihnen zitterte Laila, die wie eine in sich zusammengesunkene Blume dastand und verängstigt ihre Umgebung betrachtete. Der Hexenhut war ihr irgendwo in den Leichenhallen abhanden gekommen, was, im Angesicht der Tatsache, dass sie um ihr Leben gerannt war, kein Wunder war, und auch ihr Besen war unauffindbar. Dafür besaß sie allerdings noch den Priesterstab und auch die zahlreichen Ketten, die um ihren Hals hangen und jedes Mal klirrten, wenn sie eine Bewegung machte. Während sie umherging, wedelte sie mit verschiedenen auf Papier gezeichneten Bannkreisen umher und murmelte unterschiedliche Sprüche, die einen vor Bösem schützen und die Geister der Toten besänftigen sollten. Vielleicht war es doch keine ganz so gute Idee gewesen sie mitzunehmen.
    „Ach was, Laila“, lachte Damian und setzte sein typisches strahlendes Lächeln auf, während er sie zu sich her winkte. „Solange ich hier bin, wird schon nichts passieren! Außerdem, wenn man sich mit der Materie auskennt, kann das Ganze recht interessant sein…“
    „Ihr werdet verflucht werden!“, quietschte Laila, während sie weiterhin ihre Papierfetzen durch die Luft wedelte und sich nur in Tippelschritten dem Altar näherte. Marie empfand sie gerade als sehr lästig. Aberglaube schön und gut, aber man konnte diesen Unsinn auch zu weit treiben. „Wir hätten sie wirklich zu Hause lassen sollen!
    „So etwas wie Flüche gibt es nicht…“, wollte der Rotschopf gerade entnervt einwenden, doch ihre Schwester unterbrach sie in einem äußerst hysterischem Ton, während sie ihr den Zettel mit dem Pentagramm geradezu ins Gesicht klebte: „Doch! Und ihr seid alle betroffen! Ihr seid verflucht!“
    „Aber…“
    „Verflucht!“, heulte Laila theatralisch auf und wirbelte ihren Stab umher, sodass Marie ein paar Schritte zurückstolperte, da sie die äußerst berechtigte Befürchtung hegte, bald ein Auge weniger zu haben, wenn die Blondine weiter mit dem Mönchsstock herumhantierte. Jene murmelte indes weitere Zaubersprüche, während sie die Augen geschlossen hatte und offenbar höchst konzentriert bei der Sache war. „Erinnerung an mich selbst: Ihr demnächst den Umgang mit dieser Kräuterhexe aus dem alten Viertel verbieten, so schnell wie möglich!“
    Der Rotschopf schnalzte missbilligend mit der Zunge, doch sie wurde plötzlich durch laute Geräusche und abruptes Rattern unterbrochen. Als sie herumwirbelte, sah sie, dass Damian sich ein paar Schritte von dem Opfertisch entfernt hatte, welcher nun sehr verdächtig bebte und zuckte. Das selbstzufriedene Grinsen auf seinem Gesicht sagte ihr, dass er offenbar für diesen Krach verantwortlich war und es sich augenscheinlich um eine gute Sache handelte, obwohl man sich beim ihm nie so ganz sicher sein konnte.
    Mit einem gewaltigen Ruck teilte sich der Schrein in zwei Hälften, welche in den in den Boden eingemeißelten Rillen wegrollten, und offenbarte eine recht große, schwarze Marmorplatte, in welche offensichtlich noch mehr Hokuspokus eingraviert war. Einem kurzen Blick nach zu urteilen, handelte es sich dabei anscheinend um die antike Schrift der vergessenen Königreiche, etwas, das nur sehr wenige Leute lesen konnten, was abermals bestätigte, dass dieser Ort hier wohl weitaus älter als das Sonnenzeitalter war. Marie gehörte nicht zu denjenigen, die aus den merkwürdigen Symbolen schlau wurden, was ziemlich aufregte. „Erinnerung: Demnächst versuchen etwas darüber zu lernen!“
    „Mir entgeht absolut nichts“, meinte Damian und warf sich stolz in die Brust, während er sich auf die Platte stellte und seinen beiden Mitstreiterinnen bedeutete, dass sie es ihm gleichtun sollten. Marie seufzte genervt auf und zischte schnippisch: „Du hättest uns ruhig vorwarnen können, du Genie!“
    Laila indes schien einen halben Herzinfarkt erlitten zu haben, da sie aussah, als würde sie sich gleich zu den Totenköpfen an der Wand gesellen, während sie zitternd wie Espenlaub zu dem Jungen auf die Plattform trat. Marie hörte sie leise murmeln, offenbar war ihr nun eindeutig klar, dass sie die Geister der Toten ungefähr so erzürnt hatten wie einen Vegetarier, dem man Fleisch vor die Füße geworfen hatte. Immer wieder hob sie bebend ein Symbol an ihren Ketten in die Höhe, um das erzürnte Böse zu besänftigen, wobei sie eher den Eindruck machte als spräche sie ihr letztes Gebet. Marie verdrehte die Augen sagte jedoch nichts dazu und stellte sich ebenfalls auf die Marmorplatte. Irgendwie kam ihr das Ganze albern vor, aber sie sollte wohl jetzt keinen Streit beginnen.
    „So…“, erhob der Zauberschüler abermals seine Stimme und schenkte dem rothaarigen Mädchen sein übliches einnehmendes wie auch schalkhaftes Lächeln, „…nachdem mich Marie so nett gefragt hat, warne ich euch davor, dass ich gleich den geheimen Mechanismus dieser Platte aktivieren werde…“
    Als Danke schenkte die Angesprochene ihm einen äußerst säuerlichen Gesichtsausdruck, worauf er sie diesmal ganz unverhohlen schelmisch anlächelte und mit seinem Mönchsstab, den er sich zuvor von einer sich die Ohren zuhaltenden Laila zurückgestohlen hatte, einmal kraftvoll auf die Gravierung schlug. Dabei murmelte er schnell etwas Unverständliches und nur kurze Zeit später ruckelte die Platte und begann sich auf einmal magisch gen Höhlendecke zu bewegen. Laila kreischte schrill auf und taumelte umher, da ihr Untergrund plötzlich und verständlicherweise äußerst unsicher wurde, sodass der junge Mann, charmant wie eh und je, ihr sich natürlich sofort als Stütze anbot, an der sie sich festhalten konnte. Von Marie erntete er für dieses Hofieren einzig einen ziemlich kühlen Blick bevor sie den Kopf wandte und ihn recht hochnäsig ignorierte. Sie konnte gedanklich nicht oft genug betonen, was für ein gigantischer Süzholzraspler er doch war, fast als hätte man ihn daraus geschnitzt. Sie selbst nervte das ungemein, schließlich war seine Masche fast noch schlechter als die von Kleos Bruder und das hieß etwas. „Warum glauben alle Männer sowieso ständig, dass sie sich immer so an uns anbiedern müssen? Denken die etwa, dass wir alle solche Püppchen wie Kleopatra und Konsorten sind?“
    „Falls es dich interessiert…“, begann der Magieschüler nun, wobei er sich keineswegs gekränkt anhörte – schließlich war er diese Art der Ablehnung bereits von Marie gewohnt - während sie immer weiter in die Dunkelheit hinauffuhren, „…würde ich dir sagen, wem dieser Tempel geheiligt worden ist.“
    Der Rotschopf horchte auf und warf ihm einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel zu, um zu sehen, ob er die Wahrheit sagte. Sein leicht schelmisches Lächeln verriet, dass er immer noch ein wenig mit ihr spielte, ein Gedanke, der ihr nicht wirklich behagte, aber ihr Wissensdurst gewann letztenendes die Überhand. „Wem?“, fragte sie kühl und überaus kurz angebunden, ohne sich ihre Neugierde anmerken zu lassen oder sich wirklich umzudrehen.
    „Wenn du es wissen willst…“, flötete Damian unschuldig und zwinkerte ihr diebisch zu, „…solltest du vielleicht etwas höflicher sein.“
    Marie schnaubte kühl und drehte sich wieder weg. Was bildete sich dieser arrogante Pfau eigentlich ein, sie würde doch jetzt nicht einfach einen auf nettes Mädchen machen, damit er ihr irgendeinen dämlichen Gott nennen konnte. Wenn er sie erpressen wollte, brauchte er schon etwas mehr als das. „So eine Nervensäge!“, dachte sie wütend und biss sich auf die Unterlippe. Sie würde jetzt sicher nicht kleinbeigeben.
    Damian seufzte und wandte sich kopfschüttelnd an Laila, die sich immer noch an ihn klammerte wie ein Äffchen an einen Baum. „Jemand ist zickig…“, stellte er fest und man konnte eindeutig diesen speziellen Unterton aus seiner Stimme heraushören. Dieser ganz spezielle Unterton, den er gern benutzte, wenn er Marie zur Weißglut treiben wollte, um sie etwas aufzuziehen. „Ich, zickig?“, dachte Marie entrüstet, versuchte sich aber unter Kontrolle zu halten. Jetzt sollte sie sich nicht provozieren lassen, dass wollte er doch bloß erreichen. Sie musste ihm einfach nur weiterhin die kalte Schulter zeigen und wenn sie dann erst oben angekommen waren, konnte ihre Rache süßer als jemals zuvor sein. Süßer und schmerzhafter, letzteres für ihn, ersteres für sie.
    „Ja, stimmt“, entgegnete ihre Schwester plötzlich und ihr Tonfall ließ vermuten, dass sie recht ernst dabei war und bei weitem nicht so scherzhaft wie der Magieschüler. „Sie ist zwar schon immer ein ziemlicher Miesepeter, aber in letzter Zeit scheint es schlimmer geworden zu sein…“
    „Hey!“, rief Marie nun erzürnt und sprang herum, um der Verräterin ins Gesicht sehen zu können und alle beide gehörig zu bestrafen, doch da sie sich zu ruckartig bewegt hatte, schwankte ihr Transportationsmittel nun turbulent in der Luft und stand unmissverständlich kurz vor einer Bruchlandung. Beinahe wäre Marie hinunter in die Tiefe gestürzt, hätte Damian sie nicht im letzten Augenblick an der Hand gepackt und wieder hochgezogen.
    „Also echt…“, seufzte er, während er sie wieder sicher auf die Platte brachte, ohne auch nur ein bisschen panisch oder verärgert zu wirken, „…dein Temperament möchte ich haben…“
    „Und wer genau war daran schuld?!“, fauchte der Rotschopf aufgebracht, während ihr Herz so schnell in ihrer Brust schlug, dass sie sich fühlte als würde ihr gesamter Körper vibrieren. Um ein Haar wäre das schief gegangen, dann wäre alles vorbei gewesen.
    „Meine sicher nicht“, entgegnete Damian kühl, während Laila in sich zusammengesunken war, verständlicherweise mit den Nerven so vollkommen am Ende, dass sie die wohlwollende Umarmung der Ohnmacht empfangen hatte. Verübeln konnte ihr das wohl niemand. Bevor Marie jedoch wütend retournieren konnte, hatte der Zauberschüler erneut angefangen zu sprechen und diesmal war er wieder ernst: „Weil du es ja wissen wolltest: Der Schrein war dem „tiefsten, ursprünglichen Dunkel“ gewidmet, vermutlich ein Todesgott, wenn man die recht…“, er stockte kurz, offenbar um nach einer passenden Umschreibung zu suchen, „…originelle Einrichtung betrachtet.“
    „Das tiefste, ursprüngliche Dunkel?“, fragte Marie verwundert, da ihr der Name nichts sagte und sie sich eigentlich recht gut mit den antiken Mythen auskannte. Sie hatte Glück, dass die Sonnenanbetung in Schwarzstadt eher schwach vertreten und deshalb das Studieren des alten Wissens nicht vollkommen gebannt worden war. Jener Kult verbat nämlich jegliches Wissen über die Vergangenheit, da einzig und allein der Sonnenkönig göttlich sei und setzte diese Ideologie auch mit eisiger Unnachgiebigkeit durch. Ein weiterer Grund, warum Marie Gotteshäuser nicht ausstehen konnte. Diese ständige Ignoranz gegenüber alles Anderem, einfach nur entsetzlich.
    „Ich kenne zwar einen Todesgott, aber der trägt soweit mir bekannt ist nicht den Titel „Die tiefste, ursprüngliche Dunkelheit“ und seine Mitglieder waren auch nicht so okkult, wie diese Gedenkstätte es vermuten lässt…“, meinte sie nun langsam, während sie sich nachdenklich das Kinn rieb. Auch Damian schien in Gedanken versunken zu sein, doch bevor beide weiter ihren Ideen und Vermutungen folgen konnten, stoppte die Platte plötzlich mit einem Ruck, sodass sie aus ihrer Konzentration gerissen wurden und selbst Laila entsetzt hochschreckte.
    Sie waren bei dem gigantischen Eingang zu einer weiter höher gelegten Ebene des Höhlensystems angelangt und offenbar sollten sie nun aussteigen. Hier wirkte es nicht mehr ganz so makaber wie noch weiter unten, es war alles natürlicher, schwarzer Fels.
    „Wir sind da!“, frohlockte Damian entzückt und sprang auf den festen Grund ohne auf seine beiden Gefährtinnen zu warten.
    „Hey!“, rief Marie ihm genervt hinterher, während sie ihrer auf den Beinen wackeligen Schwester von der Plattform half. „Renn nicht so weit vor, wer weiß was da noch lauert!“
    „Ach Unsinn!“, lachte der Zauberschüler auf und deutete vergnügt und unbeschwert hinter sich. „Was soll denn schon passieren?“
    Die Belehrung folgte unmittelbar.
    Ein sehr lautes Geräusch ertönte hinter ihm und er drehte sich überrascht um, genauso wie Marie, die nun weiter nach vorne geschritten war, bevor die Gesichtszüge der beiden entsetzt entgleisten. Das flackernde Licht des Feuers in Damians Hand fiel auf eine gigantische, braune, pelzige Pfote. Jener folgte ein Bein, dass ungefähr doppelt so lang war wie Marie selber und auch mindestens dreimal so breit, ein so kolossaler, massiver, brauner Körper, dass man meinen könnte, ein kleiner Berg hätte sich erhoben und ein Schwanz der ungefähr die Proportionen einer ausgewachsenen Eiche hatte. Auf dem extrem breiten Hals ruhten drei zähnefletschende, sabbernde und vor allem äußerst unfreundlich wirkende Hundeköpfe. Ein tiefes und nicht unbedingt als freundlich zu interpretierendes Grollen kam aus der Kehle des Geschöpfes und ließ die Erde leicht beben.
    „Das ist das Ende…“
    ___
    2600 Wörter, also immer noch mehr als sonst, aber trotzdem weit weniger als das letzte Kapitel~

    Okay, ein neuer Monat, ein neuer Post *hust* Jetzt, da Ferien sind vielleicht auch etwas mehr (hoffentlich)…

    Wie schnell schreibt ihr eure Kapitel?
    Sehr, sehr langsam, leider. Manchmal brauche ich einen Monat, manchmal zwei. Auf jeden Fall immer viel zu viel, vor allem weil ja auch dieses Jahr so viel Schulzeugs ansteht und man da so wenig zum Lernen kommt. Deswegen habe ich jetzt vor in den Ferien Vorratsschreiben zu machen. Das heißt, ich schreibe so lange und so viel bis ich umfalle, egal ob ich Lust drauf habe oder nicht, damit ich, wenn die Schule anfängt, nur noch Korrekturlesen muss und dann nicht immer so lange Pausen entstehen. Das Blöde ist ja auch, dass ich, wenn ich schreiben will, immer drei Sachen beachten muss: 1. Freizeit, 2. Frische Luft und 3. Richtige Musik. Sonst kann ich nicht schreiben. Außerdem brauch ja auch erst mal Lust dazu mal wieder mein geistiges Erbrochenes *hust* meine Gedanken zu Papier zu bringen. Meistens beginne ich dann den einen Tag, habe keine Lust mehr, schreibe vier Wochen oder so nicht mehr dran und brauch dann erst mal ‘ne Weile um mich wieder reinzufinden. Dann hetz ich mich und es kommt irgend so ein halbgares Zeug raus, dass sich liest als hätte ich mit einer Axt auf die Tastatur gehauen, sodass ich es dann nochmal „Korrekturlesen“ (Komplettüberarbeitung) muss, um die ganzen neuen Parts dann noch mal korrekturzulesen. Und da beziehe ich noch gar nicht in Betracht, dass ich die Story ja so ziemlich nach jedem Kapitel umschmeiße und nochmal neu aufbaue, also…
    Fazit: Ich brauche zu lang xD

    Wie vergebt ihr Namen?
    Bei der Namensgebung sind für mich stets der Klang und die Namensbedeutung wichtig. Die Namensbedeutung vielleicht sogar ein wenig zu sehr, denn wenn man bei mir die Bedeutungen in den Steckbriefen liest, kriegt man ungefähr eine Vorstellung, warum ich diesen speziellen Namen ausgesucht habe. Ein weiteres Problem, dass ich habe, ist, dass ich manchmal dazu neige ein Namenmischmasch zu verwenden, also Namen aus aller Herren Länder, was natürlich irgendwie ziemlich unglaubwürdig ist. Inzwischen versuche ich mich auf lateinische, germanische und nordische Namen zu beschränken, weil das ganze Setting ja eher europäisch angehaucht ist. Die einzigen Ausnahmen bilden ein japanischer und ein orientalischer Name, was aber mit der Herkunft der Personen gerechtfertigt ist und ein keltischer Name, den ich vermutlich noch umändern werde. Was noch nicht ganz so toll ist, dass ich sehr, sehr viele Namen von Göttern und mystischen Viechern zu verwenden. Prominentestes Beispiel ist ja mein Antagonist Lucifer (wo man bei dem Namen auch überhaupt nicht merkt, dass es sich um einen Bösen handelt, wo er doch Lucifer heißt) und dann noch ein paar Personen wie Freya, Ares oder Diana. Aber ich habe inzwischen versucht mich auch dort einzuschränken xD

    Welche Fanfictions habt ihr bereits geschrieben?
    Also angefangen habe ich mit „Der Schlüssel zur Dunkelheit“, einer furchtbaren Mystery-Dungeon-FS, die ich nach 18 Kapitel abgebrochen habe, aber zu meiner Scham meine bis jetzt meine zweitlängste FS all time ist. Dann habe ich drei FFs geschrieben, die ich nach zwei ~ drei Kapiteln abgebrochen habe, eine davon war eine vollkommen unlustige Naruto-Crack-Fic („Akatsuki Adventures“) und die andere die Vorvorversion von meiner jetzigen FS (Name: „Verräterische Spiele) und dann noch eine Vorgeschichte zu „Schlüssel der Finsternis“. Dann habe ich irgendwann meine bisher längste FF „Zwölf“ begonnen, die ich bis zum November 2010 mit ganzen 23 Kapiteln vollgestopft hatte und nebenbei noch eine Vorgeschichte dazu. Außerdem schrieb ich noch an einer Detektiv-Loki-FF und an zwei Pokémon-FS, einer die auf dem Romeo und Julia-Motiv beruhte und einer weiteren Mystery-Dungeon-FS. Inzwischen habe ich nur noch eine einzige FS, nämlich meine derzeitige „Märchengift“, denn wie man merkt, kann ich mich sehr schlecht auf zwei FFs gleichzeitig konzentrieren. Ich schreibe zwar schon länger an losen Ideen für eine Reise-FS, aber komme nicht wirklich voran, leider, denn eigentlich hätte ich darauf Lust. Aber ich habe Angst, dass ich es schon wieder nach einem Kapitel oder so abbrechen müsste.

    So, dass war‘s dann wieder von mir
    Au revoir vom Grinsekater =D

    Ein neues Chapter <3



    So jetzt kommt reine Kleo-Adrian-Elias-Power x3


    Todeshallen


    „Und du bist sicher, dass es da unten ist?“, fragte Kleopatra angewidert und verzog den kirschroten Mund, während sie die glitschigen und modrigen Treppenstufen betrachtete, die hinunter in die Katakomben führte.
    „Ich wüsste nicht, wo sie sonst hätten hingehen können“, antworte der neben ihr stehende Adrian mit einem leicht schnippischen Unterton, während er sich in seinem Spiegel betrachtete und dabei seine Haare ordnete. Ein Veilchen zierte sein Auge, woraus man schließen konnte, dass der vorherige Streit mit seiner Cousine nicht zu seinen Gunsten geendet hatte.
    „Sieht mir tatsächlich sehr nach Katakomben aus“, meinte Elias nun etwas kleinlaut, während er versuchte das, was hinter der Dunkelheit lag, zu erkennen und sich dabei ein wenig nach vorne beugte. Auch er besaß ein blaues Auge, passend zu dem seines Cousins. Offenbar hatte Kleo ein Aggressionsventil gebraucht.
    Jene hatte sich inzwischen wieder umgezogen und präsentierte nun ihre neueste Errungenschaft: Ein schwarzes, halterloses, wie üblich sehr offen geschnittenes, extrem kurzes Minikleid, welches natürlich perfekt zu ihren schwarzen Lederstiefeln (mit dessen Absätzen man jemanden hätte töten können) und ihren reichlichen, silbernen Armbändern und Ketten passte. Da es jedoch jetzt, weil die Sonne untergegangen war, etwas zu kühl für ein solches Kostüm war, hatte die Blondine sich einen langen, schwarzen Pelzmantel übergeworfen, welcher im Licht der Sterne so seidig glänzte als wäre er aus dem Firmament selbst gemacht worden. Inzwischen hatte ihr Bruder eine ungefähre Ahnung, warum die Familien Goldhall und Starnoss bankrott gegangen waren.
    „Los! Das Gold wartet nicht!“, befahl die Blondine nun forsch und begann gefährlich schwankend die äußerst rutschigen Treppenstufen hinunter zu wanken. Dass sie bei einem solchen Unterfangen leicht ausrutschen könnte, kam ihr offenbar nicht in den Sinn.
    „Äh, Kleo…“, wollte ihr Bruder sie noch warnen, doch sie schnitt ihm unwirsch das Wort ab. „Jetzt hört auf zu trödeln, ihr Volltrottel, und beeilt euch gefälligst ein bisschen!“
    „Aber Kleo…!“
    „Dich hat niemand gefragt, Elias!“, fauchte die Angesprochene angespannt ohne sich umzudrehen, während sie weiter die Stufen hinunter stakte. Der Silberling, der wie immer sehr besorgt um seine etwas temperamentvolle Schwester war, wollte abermals seine Einwände vorbringen, doch diesmal war es sein Cousin, der ihn, Kleopatra nachäffend, unterbrach: „Dich hat niemand gefragt, Elias und jetzt komm!“
    Sofort lief Elias tiefrot an und verspürte plötzlich den starken Drang, Adrian abermals seine Meinung zu sagen und ihn dabei am besten noch die Treppe herunter zu schubsen, aber er beherrschte sich, wenn auch nur schwer. Jetzt war nicht der Zeitpunkt um die Fassung zu verlieren, er hatte sich schon zuvor einen solchen Schnitzer geleistet. Es war zwar befreiend gewesen, aber trotzdem gehörte sich ein solcher Ausbruch nicht für einen jungen Adligen. Als Mitglied der Oberschicht war es Teil der Etikette sich stets eine kühle Fassade zu bewahren. Man musste unnahbar sein und durfte sich auf keinen Fall Blöße in Form einer unüberlegten Affekthandlung geben. Gut, genug Möglichkeiten ergaben sich, schließlich klebte Adrians Blick wie üblich am Spiegel und er war mal wieder in die Betrachtung seiner Reflexion versunken wie ein Pfau der sein Ebenbild im Wasser erblickt hatte, aber trotzdem konnte Elias ihn nicht einfach ins Dunkel werfen. Nicht jetzt, zumindest.
    Langsam verschwand die goldene Haarpracht Kleos in der Dunkelheit der Höhle wie die Sonne hinter dem Horizont und einzig die lauten Geräusche ihrer Absätze zeugten davon, dass sie noch immer da war. Ihr dunkler Überwurf verschmolz nur allzu gut mit ihrer Umgebung, etwas zu gut für Elias‘ Geschmack. Was wenn ihr etwas passierte und er sie nicht sehen und beschützen konnte? Er wollte sich nicht ausmalen, wie viel Vorwürfe er sich dann machen müsste. Adrian, der ihr inzwischen hinunter folgte, ohne jedoch auch nur einen Blick an die gefährlich glatten Treppenstufen zu verschwenden, indes strahlte in der Finsternis wie ein Leuchtfeuer und absolut jeder hätte ihm folgen können. Er hatte sich genau wie Kleo umgekleidet und seinen knallroten Anzug von zuvor gegen etwas noch Netzhautzerfetzenderes eingetauscht. Er trug eine strahlendweiße Hose passend zu einem genauso blendenden Hemd, über welchem er jedoch einen recht kurzen, pompösen, golden glitzernden Gehrock trug. Dazu hatte er sich eine protzige, goldene Brosche angesteckt auf der das „von Goldhall“-Familienwappen prangte, welches zu seinem Besitzer passend, ein eingravierter Pfau war. Insgesamt spiegelte sein Aussehen sehr genau sein Inneres wieder: aufgeblasen, Eindruck schindend und doch überhaupt gar nichts dahinter. Als er hinunterstieg hörte man seine hochhackigen Schuhe fast genauso laut klackern wie die seiner Cousine.
    Elias seufzte kurz entnervt, folgte den beiden jedoch mit hinunter. Schließlich ging es hier um ein Familienmitglied, Alice verdiente diese Medizin einfach. Elias kannte sie seit ihrer Geburt, schließlich waren die beiden oft zusammen gewesen, da Eltern und Geschwister nur sehr wenig Zeit für sie gehabt hatte. Sie war eine so gutherzige und liebenswerte Person, aber trotzdem auch so zerbrechlich. Er wollte, dass sie nach all den Jahren des Betthütens und Ärztebesuchens endlich auch etwas mehr erleben konnte und nicht auf ewig an ihre Bank im Sommerhaus gebunden war. Ansonsten würde ihr Lächeln wohl bald ganz verschwinden.
    Der Silberling hatte als Einziger aus der Gruppe ein wenig Gefühl für die Lage bewiesen und etwas halbwegs Schlichtes angezogen: Eine dunkelblaue, karierte Hose, dazu ein weißes, langärmliches Hemd, welches bei weitem billiger wirkte als das, was Adrian trug, und darüber eine blaugrüne, grobe Weste. Verglichen mit seinen Verwandten hätte er auch deren Laufbursche sein können.
    Nach einer kurzen Weile ertönte plötzlich ein Scheppern und der Gang verdunkelte sich komplett, sodass Elias stoppte. Offenbar hatte sich der geheime Eingang wieder geschlossen. Da nun die eindeutige Gefahr bestand, auszurutschen und sich womöglich etwas zu brechen, hielt es der junge Freiherr für wichtig, dass es man wieder etwas sehen konnte. So fragte er recht kühl: „Adrian?“
    „Ja, was ist?“, kam die nasale wie auch genervte Antwort.
    „Es wäre reizend von dir, wenn du mal für ein bisschen Licht sorgen würdest“, entgegnete er gereizt und man spürte wie seine Stimme vor Sarkasmus förmlich triefte. Hätte dieser ignorante Idiot nicht auch selbst darauf kommen können? Was wenn Kleo sich irgendwo in der Dunkelheit verletzen würde?
    „Hmm“, ertönte die unerträgliche Stimme des Gegenüber und während er sprach, hatte man sofort sein süffisant-arrogantes Grinsen vor Augen auch ohne, dass man es sah: „Wenn du auf die Knie gehst und brav „Bitte, bitte“ sagst, könnte ich mich dazu herablassen darüber nachzudenken.“
    Der Silberling war kurz davor die Hand zu heben und zuzuschlagen, er spürte wie eine Ader an seiner Schläfe pulsierte, welche, wenn das so weiter ging irgendwann mal platzen würde. Dieser eingebildete Affe hatte doch tatsächlich den Nerv, ihn in dieser Situation auch noch zu provozieren. Er war heute ohnehin nicht zu Scherzen aufgelegt, weshalb diese äußerst herausfordernden Sprüche vollkommen fehl am Platz waren und nicht gerade zur Verbesserung der Situation beitrugen. Er wusste, am Ende des Tages würde Adrian sich stranguliert in der Kanalisation vorfinden und wissen, dass dies eindeutig der falsche Ort und die falsche Zeit gewesen waren. Doch Elias musste sich beherrschen, jetzt durfte er keinen Streit beginnen. Am Ende würde seine Schwester sich noch erschrecken und wohlmöglich sogar noch ausrutschen.
    Zu seinem Erstaunen war es jedoch Ebenjene, die für ihn einstand, wenn auch eher weil sie ihren Cousin fast genauso wenig ausstehen konnte wie ihren Bruder. „Mach endlich das Licht an, du Trottel!“, fauchte sie und allein an der Stimmlage erkannte man, dass auch sie eindeutig nicht zu weiteren Kaspereien aufgelegt war. Zumindest Elias wusste das, denn anders als der Silberling, der vermutlich bereits einen siebten Sinn dafür entwickelt hatte, merkte Adrian nichts und fuhr fort die eher kurzbemessenen Geduldsfäden seiner Kumpanen weiterhin auf eine harte Probe zu stellen, ohne sich der größer werdenden Bedrohung bewusst zu sein: „Das geht aber auch freundlicher!“
    Gleich wird es einen Grund für unseren Bankrott weniger geben!“ Die Anspannung war nun eindeutig auf dem Höhepunkt angelangt, da weder Elias noch seine Schwester in der Stimmung waren sich auf kleine Machtkämpfe in einer dunklen Höhle einzulassen. Aber entgegen der allgemeinen Erwartungen passierte erst einmal nichts. Es wurde einfach nur still, was allerdings schon an sich Zeichen genug war, dass etwas nicht stimmte. Das Klackern der Absätze auf den Treppenstufen war verklungen und für einen Moment schien es, als hätte die Dunkelheit alle drei Adligen verschluckt.
    „Adrian…“, durchbrach Kleopatras Stimme kurz darauf die unheimliche Ruhe und diesmal in einem gefährlich zuckersüßen Ton. Elias spürte, wie sein Herz auf einmal schneller schlug, obwohl die Drohung noch nicht mal an ihn gerichtet war. Wenn seine Schwester in diesem Ton sprach hieß es entweder fliehen oder sterben und für seinen Cousin sah es eindeutig eher nach dem Letzterem aus. Vor sich hörte er Adrian schlucken, offenbar hatte er endlich begriffen, dass er die unsichtbare Linie überschritten hatte. „Soll ich zuerst hochkommen und dich erwürgen, bevor ich deinen Leichnam als Fackel benutze oder möchtest du doch lieber deine Magie verwenden, damit ich deiner jämmerlichen Existenz danach ein Ende bereiten kann?“, flötete Kleopatra weiterhin so süß wie Honig, während sich die mörderische Präsenz um sie herum ungefähr um das Zehnfache verstärkte.
    „Okay, okay, nur nichts überstürzen“, erklang die nasale Stimme nun abermals und diesmal weitaus kleinlauter als zuvor, sodass Elias nicht umhin konnte, ein schadenfrohes Grinsen aufzusetzen, was man in der Dunkelheit jedoch natürlich nicht sehen konnte. „Er hat nichts Anderes verdient… außer das mit dem Töten natürlich.“
    Es war einiges an Rascheln unter ihm zu hören, da der junge „von Goldhall“ sich offenbar dazu bereit machte, seinen Zauber zu wirken. Ein kurzes Klacken ertönte und sofort hörte man wieder die nasale Stimme: „Feenlicht: Sphä-wie?“
    Adrian unterbrach sich überrascht, die Dunkelheit immer noch unbeleuchtet. Für den Bruchteil einer Sekunde wunderte Elias sich, wieso sein Cousin dies denn gemacht haben könnte und warum er so erstaunt „Wie?“ gesagt hatte. Doch bevor er diese Überlegungen zu Ende führen konnte, wurde er auch schon plötzlich am Hemd gepackt und nach vorne gerissen, sodass er auf den ohnehin schon rutschigen Stufen den Halt verlor und fiel. Einen Moment lang fühlte es sich an als würde er schweben, schwerelos wie im Wasser und nicht weiter an den Boden gebunden. Allerdings war es kein sonderlich schönes Gefühl, wenn man wusste, was folgen würde, denn wie so oft kam auch schon nach nicht allzu kurzer Zeit der harte Aufprall und unter lautem Krachen und Schmerzensbekundungen rollten sowohl Adrian, der zuvor aus einer Unachtsamkeit heraus ausgerutscht war und sich an seinem Cousin festgehalten hatte, als auch der Silberling die Treppe hinunter. Kleopatra hatte gerade genug Zeit einen höchst unintelligenten, fragenden Laut von sich zu geben, da wurde auch sie schon mit einem lauten Aufschrei von den Beinen gerissen und gemeinsam polterten alle Drei die Treppe hinunter.
    Nach einer extrem harten Kollision mit glitschig-nassen Stein und einer darauffolgenden, kurzen Stille, schloss Elias, dass sie endlich unten angekommen waren. Seine schmerzenden Knochen sagten ihm, dass sie noch eine Weile hätten gehen müssen, bevor sie hier eingetroffen wären, doch da seine Schwester sich sofort daran machte sich zu echauffieren, hatte er keine weitere Zeit, sich auf seine Belanglosigkeiten zu konzentrieren.
    „Du dummer Affe!“, kreischte sie und auch ohne ihr Gesicht zu sehen, wusste Elias, dass sie eindeutig nicht in der Laune war, auf Beruhigungen einzugehen. Eher war es so, dass er ungefähr einen halben Meter Abstand von ihr gewinnen wollte. Ein Schmerzensschrei ertönte und bestärkte ihn in diesem Wunsch, denn offenbar war die Blondine bereits handgreiflich geworden und hatte Adrian zurecht als Aggressionsventil missbraucht. „Selbst schuld…“, dachte Elias bei sich und stand langsam auf mit der Sicherheit aus der Reichweite seiner Schwester geflohen zu sein, weiterhin jedoch ohne irgendetwas zu sehen. „Hättest du früher Licht angemacht, hättest du jetzt nicht das Problem…“
    „Meine Frisur ist vollkommen ruiniert und das ist alles nur deine Schuld, du hirnverbranntes Warzenschwein!“
    „Kleo, wie willst du das denn wissen?“, fragte Elias nun beschwichtigend und hob schützend die Hände, ohne jedoch zu wissen, ob er die Schönheitskönigin nun ansah oder nicht. Hoffentlich war er ihren Klauen auch wirklich entronnen und konnte sich nun erlauben etwas zu sagen. Sie war zwar das liebreizendste Wesen überhaupt und die beste Schwester, die er sich vorstellen konnte, aber wie so oft hatten die schönsten Rosen auch die spitzesten Dornen. Trotzdem war es nicht richtig, dass sie ihre Wut vollkommen an dem armen Adrian ausließ. Schließlich hatte er nicht an allem Schuld. An vielem zwar, um nicht zu sagen dem meisten, aber nicht an allem. Außerdem interessierte es ihn wirklich, wie Kleo wissen konnte, dass ihre Haare nicht so saßen wie sie eigentlich sollten.
    „Ich weiß sowas!“, fauchte sie gereizt ins Dunkel, ohne jedoch eine wirklich befriedigende Antwort zu geben. An ihrer Stimme konnte der Silberling feststellen, dass die junge Viscountess sich zu seiner Rechten befand und so tat er noch einen Schritt weiter weg.
    „Wenn du dich über das bisschen beschwerst, was soll ich denn dann sagen?!“, kam es verärgert von irgendwo noch weiter rechts und an der näselnden Stimme konnte man erkennen, dass diese Worte Adrian entglitten waren. Offenbar war er wieder dabei einen Streit anzuzetteln und Elias konnte ihn nur innerlich davor warnen, es darauf anlegen zu lassen. Hatte er denn überhaupt nichts gelernt? Wollte er sein Leben so einfach wegwerfen?
    „Bei dir macht es ja keinen Unterschied, ob…“, doch bevor Adrian auch nur ein weiteres Wort sagen konnte, musste er sich für einen weiteren Schmerzensschrei unterbrechen. Offenbar war Kleo ihm auf den Fuß getreten. „Selber schuld“, konnte Elias dazu nur müde den Kopf schütteln. Adrian war eben einfach unverbesserlich und offenbar auch lebensmüde.
    „Mach jetzt das Licht an!“, ertönte unüberhörbar sehr nah an der Grenze ihrer Geduld die Stimme der Blondine und kurz darauf quietschte Adrian halb verängstigt, halb verärgert: „Feenlicht: Sphäre!“
    Es blitzte kurz etwas auf und dann schoss urplötzlich ein goldener, gleißendheller Lichtball in die Höhe, um an der Höhlendecke zu stoppen. Der Silberling kniff reflexartig die Augen zusammen, die sich zuvor an die Dunkelheit gewöhnt hatten und sich nun wieder auf Licht umstellen mussten. Einige Minuten lang blinzelte er vor sich hin ohne wirklich etwas Anderes als schemenhafte Umrisse zu erkennen, doch der schrille Aufschrei seiner Kumpanen ließ ihn sofort wieder klarer sehen.
    Wenige Sekunden später wünschte er sich, er wäre erblindet.
    Sie befanden sich in einer weitläufigen, geräumigen Höhle, welche mit ein paar Steinsäulen gestützt war und einen schmutzigen, steinernen Boden besaß. Ein widerlicher Film überzog ihn, sodass Elias sofort den Drang verspürte sich das Gesicht mit einem Taschentuch abzureiben. In der Luft lag ein Gestank nach Verwesung, Tod und Exkrementen, was vermutlich daher kam, dass einige Rohre oben aus der Decke ragten und das Abwasser der Stadt hier herunterfloss.
    Das Schlimmste war jedoch noch nicht mal das, sondern was diese großräumigen Hallen ausfüllte. Es waren Menschen, tote Menschen, manche nur noch ein paar angenagte Knochen, während andere so aussahen, als wären sie vor wenigen Stunden selbst noch unter den Lebenden gewandet. Etwas so Widerliches und Makaberes hatte Elias seinen Lebtag noch nicht gesehen und inzwischen wünschte er sich, dass das auch so geblieben wäre. Neben Kleo und Adrian, dessen Kostüm im Übrigen inzwischen schon so dreckig war, dass man meinen konnte, er hätte es einem Bettler gestohlen, lag ein besonders ekelerregendes Exemplar der halbverwesten und sich immer noch zersetzenden Art. Elias hatte nicht genug Zeit die Einzelheiten genauer zu betrachten, da er sich so schnell wie möglich umdrehte und neben sich übergab. Allein der Anblick der Maden, Würmer und Fliegen war zu einfach viel gewesen. Jetzt wusste er, was mit all den Leichen passiert war, die keinen Platz auf dem Friedhof gefunden hatten und er wünschte sich, er hätte es auf andere Weise erfahren.
    Seine beiden blonden Mitstreiter waren inzwischen zurückgestolpert und starrten kreideweiß als seien sie selbst soeben verstorben auf die Leiche ohne auch nur einen einzigen Ton herauszubringen, was Elias gut nachvollziehen konnte. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich das blanke Entsetzen. Wenn er Kleo diesen traumatischen Anblick doch nur hätte ersparen können. Er selbst konnte sich nicht dazu überwinden noch einmal in ihre Richtung und damit in die Richtung der Leiche zu blicken. Wenigstens sein Frühstück wollte er noch im Magen behalten.
    Dann hörte man plötzlich ein leises Fiepen, welches jedoch aufgrund der Ruhe in den Hallen gespenstisch laut von den Wänden wiederhallte und zwei Ratten huschten schnell an den Lackstiefeln Kleopatras vorbei. Dies war zu viel für das Trio. Mit mehreren ohrenbetäubenden Aufschreien begannen sie, fast schon über die eigenen Füße stolpernd, davon zu wetzen ohne auch nur einen weiteren Blick auf ihre Umgebung zu werfen. Sie hatten nur ein Ziel, diesem Alptraum zu entkommen.
    Es war ein Pech für die Drei das gerade Adrian, der nicht unbedingt für seine Geschicklichkeit bekannt war, vorneweg lief. Denn nach nur kurzer Zeit des Flüchtens, welches sie noch tiefer in das unterirdische Reich gebracht hatte, trat der junge Mann plötzlich aus Versehen auf einen sehr verdächtig anmutenden Stein, welcher in den Boden sackte und ein lautes Rattern auslöste. Ohne dies zu bemerken oder sich auch nur ein bisschen darüber zu wundern, rannten sie weiter. Elias‘ Kopf schien wie leergefegt oder nur sehr begrenzt benutzbar zu sein. Er wollte nur noch weg. Der Anblick dieses halbverwesten Mannes hatte das Fass einfach zum Überlaufen gebracht. Nur noch Rennen, einen Schritt vor den anderen tun und versuchen möglichst nicht hinzufallen, um dann womöglich in dieser Suppe zu seinen Füßen zu landen.
    Zu seinem Entsetzen merkte er plötzlich wie der Boden unter seinen Füßen verschwand. Er blickte verwundert nach unten und stellte voller Schrecken fest, das dort wo bis vor kurzem noch Stein gewesen war, auf einmal ein tiefes, dunkles Loch lag, in welches er hineinstürzte. Er wollte etwas tun, wollte sich irgendwo festhalten, doch es war schon zu spät. Er fiel hinab in die Leere.
    Auf einmal kam er auf harten Grund auf, rutschte jedoch in einer unglaublichen Geschwindigkeit sofort weiter hinunter. Offenbar war er in einer Art Rohr gelandet, dass immer weiter hinab führte und in dem er abwärts raste. Der Gegenwind blies ihm die Haare aus dem Gesicht und er spürte wie die Aufregung durch seine Adern pulsierte, so schnell folgte eins aufs andere. Vor sich sah er Adrian wie auf dem Bauch dahin schlitterte, hinter sich hörte er seine Schwester, welche immer noch schrie, als hätte man ihr ein Bein abgebissen.
    Das Rohr erstreckte sich vor ihm und immer schneller und rasanter ging es zu. Es wurden Kurven geschlagen, mal wurde es steiler, mal wieder flacher, dann ging es kurz hoch und dann runter, immer schneller und schneller. Es war wie eine mörderische Fahrt in die Hölle, gefährlich und gewagt. Das Adrenalin schoss ihm durch die Venen und zu seiner Freude spürte er, wie er sich für das rasante Auf und Ab zu begeistern begann. Es war einfach ein unglaubliches Gefühl wie sein Herz so schnell raste und er mit dieser Geschwindigkeit durch die Rohre sauste. Sein Cousin schien das Ganze jedoch anders zu sehen, denn der Silberling hörte ihn in einem Tonfall, der sein Unbehagen sehr gut zur Geltung brachte, lamentieren: „Hätte ich doch bloß nichts zum Frühstück gegessen!“
    Hinterher war Elias froh, dass die Fahrt dann doch plötzlich so abrupt endete wie sie begonnen hatte. Wenige Sekunden lang nahm er ein bläuliches Leuchten wahr, bevor er plötzlich mit dem Gesicht im Schlamm landete. Es war eine relativ weiche Landung, daran gemessen, was er davor hatte durchmachen müssen und trotzdem nicht unbedingt angenehm, den Mund nicht mehr aufkriegen zu können. Er kam schnell hoch und schnappte nach Luft, doch bevor er aufstehen konnte, spürte er wie etwas Schweres auf seinem Nacken landete und ihn wieder nach unten drückte. Offenbar war auch Kleo angekommen, zum Glück war sie weich gelandet. Das war schließlich das Wichtigste.
    ___
    3200 Wörter. Mein bestes Kapitel bisher wie ich finde x3

    So, nachdem ich mich beim letzten FC schon so selten gemeldet habe, will ich hier endlich Schreibbedarf nachholen >,<


    Mein Stil – Damals und Heute

    Hmm… Ich teile die Entwicklung meines Schreibstils gerne in drei Phasen ein, da es insgesamt zwei große Brüche gab (meine ich zumindest owo). Am Anfang, also damals von Mai 2009 bis Oktober 2009, schrieb ich ja meine erste Fanstory (welche btw furchtbar war) und diese zeichnete sich vor allem durch einen sehr naiven Anfängerstil aus. Einigermaßen misslungene Beschreibung traf auf mittelmäßig schlechten Dialog und Charaktere aus der Mikrowelle. Dazu eine unglaublich schlechte Emotionsbeschreibung und das Desaster war perfekt. Ich habe damals krampfhaft versucht die Gefühle der Protagonisten möglichst „dramatisch“ darzustellen und habe meist so übertrieben, dass es hinterher einfach nur noch lächerlich war.
    Ähnliches Problem dann auch während meiner zweiten großen FS von Oktober 2009 bis November 2010. Hier habe ich versucht Beschreibungen ganz groß zu machen und tatsächlich hatte (ich meines Empfindens nach) recht passable Beschreibungen von Umgebung, Gefühlen und Personen hinbekommen. Allerdings gab es auch hier ein Problem: Meist nahmen die Beschreibungen ungefähr 90% der Kapitel ein und der Inhalt kam viel zu kurz. Außerdem wirkten die Kapitel dadurch auch furchtbar gestreckt und gerade die Gefühle der Protagonisten waren immer noch viel zu überdramatisiert dargestellt. Außerdem war mein Stil nicht mehr so „schlicht“ wie noch in meiner ersten FS sondern inzwischen sehr ausführlich und von einem großen Wortschatz (bzw. eines guten Synonym-Wörterbuches) zeugend. Leider las sich meine Geschichte dadurch sehr drückend, tragend und hochgestochen. War zwar ein Mittelalter-Setting aber trotzdem fand ich, dass durch diesen Stil das Lesen keinen Spaß mehr gemacht hat, da eine gewisse Lebendigkeit und Leichtigkeit gefehlt hat.
    Deshalb der dritte Bruch mit der neuen FS von Januar 2011 an. Ich schraubte die Beschreibungen etwas zurück (Umgebungs- und Personenbeschreibungen behielt ich größtenteils bei, nur die ausladenden Gefühlsbeschreibungen habe ich stark verringert) und gab meinem Geschreibsel eine lebendigere Note. Ein Leser hat ihn schön als „schillernden, überzeichneten und eher comedyhaften Stil“ bezeichnet. So wie er jetzt ist gefällt er mir am besten, aber natürlich gibt es immer noch viel Verbesserungsbedarf.


    Fieslinge, Schurken, Antagonisten – Wie sind sie bei euch?

    Jaja, das Thema, was ich damals gestartet habe x3 Mir fällt auf, ich habe noch nicht mal im alten FC darauf geantwortet, deshalb sollte ich das wohl nachholen. Also, erstmal ist es wichtig zu sagen, dass bei mir so gut wie jede Figur (bis auf die Hauptfiguren) als Antagonist bezeichnet werden kann. Deshalb beschränke ich mich hier lieber nur auf die „großen Bösen“, die die Handlung vorantreiben und eine größere Gefahr darstellen, als die kleinen Rivalen usw. Ein Merkmal, das, glaube ich, alle meine Oberfieslinge verbindet, ist der Hang zur Manipulation: Die meisten Schurken in meiner Story arbeiten sowieso nicht gegen die Hauptfigur, sondern gegeneinander und versuchen deshalb die Protagonisten zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Sie sind alle ziemliche Schachmeister und lieben es Netze aus Intrigen auszulegen. Außerdem kämpfen die meisten meiner Fieslinge nie selbst, sondern haben ihre treuen Diener, die dies für sie erledigen. Soweit ich geplant habe, hat noch keiner meiner zahlreichen (6 sind geplant und ausgearbeitet) Oberschurken auch nur einen einzigen Kampf bestritten. Sie sollen eher eine Art „mentale“ Herausforderung für die Protagonisten darstellen, während ihre „Drachen“ (Rechte-Hand-Männer) den Part der physischen Herausforderung übernehmen.
    Ein weiteres Merkmal meiner Schurken: Sie sind niemals offensichtlich „böse“ und wollen die Welt mit ihren Mächten der Dunkelheit in die Zerstörung führen, sondern wirken meist eher wie das genaue Gegenteil: Die meisten haben starke und auf den ersten Blick „gute“ Ideale, für die sie einstehen. Dazu sind sie keine in dunkel gekleideten, mit stachligen Helmen ausgestatteten Dämonenkönige, sondern in allen Fällen engelsgleiche, wunderhübsche Wesen, die gegen die Mächte der Dunkelheit kämpfen bzw. sie akzeptieren, aber nicht nutzen.


    So, das war’s fürs Erste vom Grinsekater :>

    Name der FF: Märchengift – „Es war einmal…“
    Bereich in dem sich die FF befindet: Fantasy, Sci-Fi und Mystery


    Genre der FF: Comedy, Fantasy, zum Teil Mystery und Romance
    Bisherige Kapitelanzahl: 10 + Prolog
    Letztes Kapitel am: 26. August 2011


    Inhalt der FF:
    Dies ist das Märchen eines armen Mädchens, dessen Leben von Verlust überschattet ist.


    Marie, eine junge Frau, welche gemeinsam mit ihrer Schwester Laila und ihrer Großmutter ein geruhsames Leben in Schwarzstadt führt, trifft nach Jahren wieder auf ihren alten Kindheitsfreund, den Zauberlehrling Damian. Jener ist zuvor von einer langen Reise zurückgekehrt und will sich nun auf die Suche nach seinem verlorenen Gedächtnis machen. Dabei trifft er auf den merkwürdigen Narren Piero, der ihm und Marie auf einer märchenhaften Reise gefüllt mit skurrilen Mysterien und dunklen Geheimnissen zeigt, dass die Heimat, die sie zu kennen glaubten, in Wirklichkeit ein faszinierendes Wunderland ist.


    Der Vorhang hebt sich und gibt den Blick frei auf ein Schauspiel gefüllt mit Intrigen, Dramatik und billigen Schmierenkomödien.


    Besondere Anmerkungen/Sonstiges: Jeder, der einen Blick auf meine Benachrichtungsliste wirft, wird sich vermutlich fragen: „Was soll das? Der hat doch schon ganz tolle Leser!“ Das stimmt, allerdings ist es so, dass viele meiner Leser leider auch vieles Anderes zu tun haben und deshalb verständlicherweise nur sehr selten kommentieren können. Deshalb habe ich mich auch hier gemeldet, denn mein letztes Kommi liegt nun fast schon 2 Monate zurück und inzwischen sind schon zwei Kapitel ohne Kommentar geblieben. Ich brauche wirklich Kritik, um mich zu verbessern :<

    Hey, ihr beiden ^,^


    Da bin ich wieder, um mich euren Kapitels anzunehmen. Etwas spät zwar, aber die Schule schlägt wieder mit voller Wucht zu, weshalb es in nahender Zukunft wohl immer etwas später werden wird. Sorry >,<


    Kapitel VIII
    So, Wortlos heißt es also. Jetzt, bevor ich das Chapter lese (so ein commenting-while-reading-Kommi ist immer noch am besten), vermute ich mal, dass irgendetwas extrem Schlimmes passiert, was die liebe Realyn in einen richtigen Schock und sie quasi „wortlos“ werden lässt. Kann natürlich auch sein, dass sie auf Jurijo trifft und in ihm ihren Seelenverwandten findet, ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben (für diejenigen, die es romantisch mögen xD). Mal sehen, ob ich richtig liege.
    Der Anfang beginnt mit einer wunderschönen Beschreibung, wie von euch gewohnt, diesmal an einem sehr mystischen (wenn auch offenbar nicht besonders hübschen) Ort. Der Nebel und die Wälder geben der Szenerie etwas sehr Geheimnisvolles und lassen einen sofort in das Kapitel eintauchen, was gut ist.
    Die Metallblume ist sehr, sehr interessant. Zuerst habe ich gedacht, sie wäre nur ein weiteres „Monster of the Week“ wie schon die anderen „Wesen“ zuvor, aber offenbar lag ich damit falsch. Sie scheint ja eine Art göttliches Wesen zu sein, welches entweder eine Blume ist oder durch jene Blume mit der Außenwelt kommunizieren kann. Die Geschichte der Metallwesen war auch sehr interessant, Vorgeschichte ist immer gut. Was ich nicht verstanden habe: Waren die Metallwesen zuerst da und die Dämonen haben sich durch ihr rücksichtsloses Verhalten nach Sorûn gebracht oder waren die Dämonen schon immer da und haben sich rücksichtslos den Weg ins Tal gebahnt? Wie dem auch sei, wie ich im vorherigen Post schon gesagt habe, scheinen die Dämonen süchtig nach Silberblut zu sein und sich dann, nachdem sie genug davon zu sich genommen haben, in die hässlichen Monster zu verwandeln (welche btw wie mir grad auffällt auch als Verkörperung der Sünde bzw des Wahnsinns der Dämonen stehen könnte, wenn man auf Symbolik steht). Realyn ist offenbar allerdings immun dagegen und deshalb natürlich perfekt dafür geeignet die Welt zusammen mit Jurijo zu retten, ohne ihn dabei zu töten. So haben beide besondere Fähigkeiten, Jurijo seine reinigende Lichtattacke (auch schöne Symbolik: Jurijo, die Verkörperung der Unschuld quasi reinigt durch sein Licht die von Wahnsinn zerfressenden „Sünder“, hat ein wenig was von Jesus xD) und Realyn ihr „Widerstehen der Sünde“. Außerdem stellt sich mir die Frage, warum die Blume Realyn „das Spiegelkind“ nennt. Als Erstes musste ich da an parallele Welten denken, ob das stimmt lese ich dann ja später.
    Offenbar wird Realyn beobachtet, hört sich für mich sehr nach einem alten Freund bzw. Diener der Metallblume an, der sich in Nebel hüllt, um nicht entdeckt zu werden. Tikou spürt ihn trotzdem und Realyn offenbar auch, aber anscheinend scheint er am Ende ja nicht mehr da zu sein, wenn ich denn richtig liege. Vielleicht begleitet er sie ja ab jetzt im Hintergrund, um ihre Bewegungen zu verfolgen? Außerdem spricht Realyn endlich aus, was ich mir schon immer gedacht habe: Warum müssen die Instruktionen zum Welten retten immer so ominös und vage sein? Könnten die weisen, alten Männer/Frauen/Wesen, die diese Aufträge verteilen, nicht einfach mal ganz pragmatisch sagen: „Gehe zu Berg X und besiege den finsteren Lord Y und dann ist gut“? Das wäre doch viel sinnvoller, da wissen die Helden wenigstens, was sie zu tun haben xD Naja und sonst lassen die Worte der Blume schließen, dass wir bald erfahren wie die Sorûn und die Wesen in ihr entstanden sind. Darauf freu ich mich schon.
    ____
    Ey, wie könnt ihr es wagen! xD Da habe ich grade nach langen Mühen den Kommi für Kapitel VIII zu Word gebracht und ihr haut mir eiskalt Kapitel IX raus? Fünf Minuten nachdem ich fertig war? Frechheit! xD Naja, dann bewerte ich das halt gleich mit.


    Kapitel IX
    „Darf ich mich vorstellen? Oder warte, wer bin ich?“ Netter Kapitelname, wirklich. Mein liebster bis jetzt, glaube ich xD Hat so ein wenig etwas Comedyhaftes und Lustiges an sich und solche Kapitel mag ich immer am meisten. Deutung des Namens: Jurijo verliert kurzzeitig das Gedächtnis, was zu vielen amüsanten Situationen führt.
    Doch achtete er weniger darauf, sondern fixierte das Katzenwesen, welches vergnügt auf dem Boden saß und verschmitzt lächelte. Das Blut tropfte noch von ihrem Kinn und er wusste nicht, wie er dies zuordnen sollte. <-- Beste Szene überhaupt! xD Ich habe so angefangen zu lachen, weil Shela da sitzt als wäre nichts und die beiden hätten grade ein lustiges Kaffekränzchen gehabt, während ihr noch das Blut das Kinn runterläuft. Einfach extrem amüsant. Dazu noch Jurijos Kommentar, dass er nicht genau wisse, wie er das zuordnen sollte. Einfach genial. Ansonsten scheint alles recht normal zu sein, wobei sich mehr und mehr zu meinem Lieblingscharakter entwickelt und Jurijo auch mehr Sympathiepunkte bekommt. In diesem Kapitel wirkt er endlich mal ein wenig taffer als sein sonstiges, im Selbstmitleid ertrinkendes Selbst. Jetzt braucht er nur noch ein wenig Humor oder einen lustigen Tick und er könnte es in die Reihe der geschätzteren Figuren schaffen. Aber Shela ist schon cool, wie sie mit Jurijo da einfach mal ein kleines Pläuschchen hält, als wäre nie etwas gewesen. Irgendwie bekomme ich das Gefühl, dass das Katzenwesen den lieben Jurijo bald unterrichten und ihn zu einem supertollen Kämpfer ausbilden wird. Das würde auf jeden Fall interessant und auch amüsant werden. Jetzt weiß ich auch, worauf sich der Titel bezieht: Jurijo weiß nicht was und wer er ist und Shela weiß offenbar etwas mehr. Ich wette er gehört zu irgendeiner längst ausgestorbenen Superrasse oder ist ein Auserwählter oder etwas Ähnliches. Würde auch die Frage mit dem Silberblut erklären, denn bis jetzt hatte ich angenommen, dass das normal für Metallwesen wäre.
    Aha, er ist also doch ein Auserwählter, wusste ich’s doch x3 Und die Monster sind also doch Verkörperungen einer Sünde wie ich vermutet hatte (ich bin gut) der Sünde Gier also. Fragt man sich, ob die anderen sechs Sünden auch noch Verwendung finden werden. Ich bin ja Fan von Themengruppen, das ist immer wieder interessant die verschiedenen Interpretationen der sieben Sünden zu begutachten. Und Jurijo ist dann der Heiland, der Auserwählte, die Verkörperung der Tugend. Ob es wohl auch andere wie ihn gibt. Schließlich gibt es ja auch sieben Tugenden, die den sieben Sünden gegenüberstehen. Naja, mal gucken. Das mit dem „Silberkönig“ ist auch interessant, erinnert mit ich irgendwie an den Sonnenkönig und die Auserwählten aus meiner eigenen Story.
    Am Ende kommt der ominöse Sturm des Bösen. Ich frage mich, was es damit auf sich hat. Ist es einfach nur ein starkes Gewitter oder steckt mehr dahinter? Eine Gottheit oder ein Teufel? Man weiß es nicht, die Antworten werden wohl erst übernächstes Chapter kommen. Ich frage mich, wo Jurijo abgeblieben, Metallwesen und Blitze geben vermutlich keine so gute Mischung ab. Hoffentlich findet Shela (die mit jedem Satz besser wird, großes Lob für das Erschaffen dieser Figur) ihn rechtzeitig, sonst…
    Wie dem auch sei, jetzt bin ich aber fertig! xD Ich freue mich auf mehr.


    lG der Grinsekater

    Neues Kapitel <3 Jetzt mit vollkommen überarbeiteten Startpost, Story-Zusammenfassung und neuen Steckbriefen (!!!). Ihr könnt ja in den Kommis schreiben, wie ihr es findet x3


    Schatzjagd


    „Damian, hältst du das Ganze nicht für ein ganz klein wenig kindisch?“, fragte Marie entnervt, während sie gemeinsam mit ihrer Schwester hinter dem vorneweg stolzierenden Jungen her trabte. Inzwischen war es Abend geworden und die Sonne versank langsam immer weiter im fernen Westen hinter dem Horizont, wobei sie mehr und mehr einer gigantischen, blutroten Scheibe glich. Ihre letzten, warmen Strahlen warfen ein angenehmes Licht auf die drei Wandernden, manch einer hätte sogar von einer romantischen Atmosphäre sprechen können. Da die drei sich jedoch mitten auf dem Nordfriedhof befanden, gewann die Szenerie jedoch eher an skurrilem Charakter.
    „Was meinst du kindisch?“, entgegnete Damian nun mit einem leicht gereizten Unterton, während er weiter marschierte und dem Rotschopf einen eher missmutigen Blick zuwarf. Offenbar führten beide diese Diskussion schon länger.
    „Dich“, bemerkte sie nun kühl und beschleunigte ihren Schritt, um aufzuholen. Ihre blauen Augen funkelten gefährlich und es wurde klar, dass auch sie nicht in ihrer besten Stimmung war. „Und die Tatsache, dass du die Worte eines Clowns, von dem du selbst gesagt hast, dass er vermutlich nichts weiter als ein billiger Taschenspieler ist, nun auf einmal für bare Münze nimmst!“
    „Du weißt, ich muss jedem Hinweis nachgehen!“, erwiderte Damian bestimmt, wobei seine Augen allerdings plötzlich versuchten, dem Blick Maries auszuweichen und er ganz eindeutig schneller wurde, offenbar um einer weiteren Argumentation zu entkommen. Jener entging das nicht und so griff sie ihn mit wütend funkelnden Augen am Ohr und zog ihn, seine lautstarken Proteste überhörend, zu sich heran. Mit einem überaus unangenehmen, bohrenden Ausdruck fixierte sie den jungen Mann, dessen Gesicht nur noch Zentimeter von ihrem entfernt war und der wirkte, als wünschte er sich, er hätte lieber nichts gesagt.
    „Was ist das hier eigentlich für dich?“, zischte das Mädchen und ihre Augen verengten sich zu gefährlichen Schlitzen, während es schien, als ob sie vorhatte, ihn mit ihrem Blick wie mit einem Messer zu durchstechen. „Was glaubst du, wie es aussieht, wenn jemand wie du zwei unschuldige Mädchen gegen ihren Willen nachts auf einen Friedhof schleppt?“
    „Also erstens…“, konterte Damian in einem recht harschen Ton, wobei er seiner Freundin einen eher unschmeichelhaften Blick zuwarf, es aber nicht schaffte sich aus ihrem stählernen Griff zu befreien, „…ist das nicht „gegen euren Willen“, denn Laila amüsiert sich prächtig und zweitens, was meinst du bitte mit „jemand wie du“?“
    Die zuvor genannte Blondine, die hinter den beiden Streitenden her trabte, schien tatsächlich vollkommen in ihrem Element zu sein. Ausstaffiert mit spitzem Hexenhut, einem schwarzen Zaubererumhang und mehreren okkult anmutenden Ketten, durchquerte sie die Stätte der Toten, wobei sie einen Zettel mit einem Pentagramm darauf in die Höhe hielt und irgendetwas vor sich hin murmelte. Auf ihren Rücken hatte sie sowohl einen Besen als auch einen Priesterstab gespannt und sah sich offenbar als gewappnet gegen alles, was kommen sollte.
    Marie warf ihrer Schwester kurz aus dem Augenwinkel einen mitleidigen Blick zu, ging aber sonst nicht weiter auf sie ein, sondern wandte sich wieder dem braunhaarigen Jungen zu, um ihm dann derart vorwurfsvoll zu mustern, als ob einzig er daran schuld war, dass Laila ein ganz klein wenig weltfremd war.
    „Sag mir, warum du die Sache so ernst nimmst!“, fauchte der Rotschopf nun wieder in Richtung Damian, den sie immer noch am Ohr gepackt hatte. Jener schenkte ihr ein recht besserwisserisches Lächeln und meinte dann ihn einem ziemlich selbstzufriedenen Ton: „Bitte, Marie, es gibt doch ohnehin nur zwei Möglichkeiten. Entweder der Clown hat die Wahrheit gesagt und ich erhalte einen Hinweis auf meine Vergangenheit oder er hat gelogen und kann dann dementsprechend bestraft werden“ Beim letzten Teil des Satzes wirkte der Magieschüler schon beinahe so als wäre er bereits geistig bei seiner Rache am Narren angelangt, was man aus seinem glücklichen Grinsen schließen konnte.
    „Das heißt im Endeffekt: Du bist nur auf einen Kampf mit Piero aus, um dich und dein Ego noch weiter aufzuplustern…“
    „Exakt!“, antwortete Damian süffisant, bevor er sich geschickt aus Maries Griff befreite und federnden Schrittes von ihr entfernte, um weiterhin nach dem Eingang zu den Katakomben zu suchen. Marie blieb zurück, während sie wie üblich gedanklich ihren eher giftigen Kommentar dazu abgab. Wenigstens hatte er es zugegeben, was trotzdem nichts an der Tatsache änderte, dass er es an Stolz locker mit Adrian, Kleopatra und Elias zusammen aufnehmen konnte. „Er ist und bleibt ein eingebildeter Pfau…“
    Bevor sie jedoch irgendetwas anderes machen konnte als sich mental über ihren Gefährten aufzuregen, hörte sie den spitzen Aufschrei ihrer Schwester und wirbelte sofort herum, ohne jedoch wirklich zu realisieren, was los war. Laila schrie normalerweise auf regulärer Basis, da sie sich ziemlich leicht von allem möglichen erschrecken ließ und dies gepaart mit ihrem unendlichen Interesse für alles Mysteriöse eine unglückliche Mischung ergab. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb, hatte Marie sich angewöhnt zwar auf die Rufe ihrer Schwester zu reagieren, ihnen jedoch nicht weiter Bedeutung zuzumessen. Vermutlich hatte sie eine Spinne oder etwas ähnlich „Erschreckendes“ gesehen.
    Tatsächlich saß die Blondine schlotternd und mit weit aufgerissenen Augen vor einer Reihe vollkommen ordinär aussehender Grabsteine und wirkte als sie hätte sie den Geist ihrer Mutter persönlich gesehen. Der Hexenhut war ihr von den blonden Haaren gerutscht und das Bannsiegel lag nun auf der Friedhoferde, dafür hatte jedoch wohl nun der Priesterstab Verwendung gefunden, den sie nun wild fuchtelnd vor sich hielt.
    „Was ist passiert?“, fragte Damian besorgt, nun plötzlich ganz der Ehrenmann, der er sonst eigentlich überhaupt nicht war (zumindest nicht in Maries Augen), während er Laila half auf die schwankenden Beine zu kommen. Jene deutete nun angsterfüllt vor sich und brachte zähneklappernd hervor: „E-e-es, es, es ha-hat sich b-bewegt!“
    Als Marie dem zitternden Finger folgte, erkannte sie, dass es sich, um einen offenbar noch nicht vergrabenden Sarg von nicht unbeachtlicher Größe handelte, der ihre Schwester so in Schrecken versetzt hatte. Er war offensichtlich leblos und unbewegt wie für Särge und meist auch die darin Ruhenden üblich.
    „Die Geister der Toten sind nun erzürnt!“, quietschte Laila aufgeregt und versuchte sich in Damians Armen zu verstecken, welcher mehr als irritiert wirkte, es aber dennoch zuließ. „Sie werden uns nun mit einem schrecklichen Fluch belegen und unser Leben damit zerstören! Ich werde niemals heiraten können!“
    Marie, die nicht wirklich wusste, auf welche Weise sich ein Fluch der Verstorbenen auf die Heirat auswirkte (in ihren Augen, war eher die Ehe selbst ein Fluch) und sich eigentlich auch gar nicht dafür interessierte, konnte nicht anders als müde die Augen zu verdrehen und das Ganze auf der Stelle als Unsinn abzutun. Laila hatte schon immer eine sehr lebhafte Fantasie gehabt und gegen die Wesen, die sie früher „gesehen“ hatte, war ein bewegender Sarg eigentlich noch recht harmlos. Dies bestärkte sie in ihrem Verdacht, dass die Blondine sich den „bewegenden Sarg“ vermutlich nur eingebildet hatte. Schließlich konnten Särge mit Toten darin nicht einfach so anfangen zu ruckeln. Wer einmal tot war, der blieb es auch, so hatte die Natur diesen Umstand vorgesehen und daran konnte nicht einmal die Magie etwas ändern.
    Auch Damian schien ähnliches zu denken, denn er ergriff nun Lailas Hand und blickte ihr tief in die Augen, wobei er mit beruhigender Stimme meinte: „Du musst keine Angst haben. Denn ebenjene Angst verschleiert Herz und Blick und lässt dich nur ihre Trugbilder sehen, sodass man vergisst, dass es nur Illusionen sind. Keine Sorge, wir sind bei dir und beschützen dich vor allem, was kommt!“
    Noch kitschiger hat er es nicht hinbekommen, oder?“, meinte Marie dazu sarkastisch, während sie ihn mit einer Mischung aus Verachtung und Belustigung betrachtete. Er bemerkte das und streckte ihr, natürlich ohne das Laila es bemerkte, frech die Zunge heraus, woraufhin sie wiederum den starken Wunsch verspürte, ihn irgendwohin zu treten, wo es wehtat.
    Mit einem kühlen Räuspern zog sie nun die Aufmerksamkeit ihrer Schwester auf sich, die sie mit großen, grünen Kulleraugen anstarrte, als sähe sie sie zum ersten Mal deutlich und begann in einem mehr als abweisenden Ton Laila zu belehren: „Ganz nebenbei bemerkt, gibt es hier sowieso nichts, wo vor man dich beschützen müsste. Du siehst…“, meinte sie und klopfte abfällig auf einen marmornes, großes Kreuz, „…das alles hier sind nur ganz normale Steine und nicht irgendwelche mystischen…“
    Doch Marie unterbrach sich, da auf einmal ein lautes Rattern eingesetzt hatte, welches über den gesamten Friedhof hallte. Zu ihrem Pech hatte das rothaarige Mädchen nämlich beim Anfassen des Kreuzes einen geheimen Schalter am Grab ausgelöst, sodass auf der Stelle das laute Rumpeln und Knarren begonnen und ihren Vortrag damit erbarmungslos untergraben hatte. Mit einem ohrenbetäubenden Scharren, welches allein durch einen erneuten Aufschrei Lailas übertönt wurde, schob sich der Grabstein langsam zur Seite und offenbarte eine schmale Treppe, die hinab ins erdige Dunkel führte. Der Rotschopf, der vor Schreck einen halben Meter zur Seite gesprungen war, beäugte nun skeptisch den Gang, der sich vor ihnen aufgetan hatte. Damian indes war erfreut aufgesprungen und näherte sich erfreut der Treppe.
    „Wenn ich mich nicht täusche, und das tue ich nie, sollte das der Weg in die Katakomben sein!“, sagte er strahlend und blickte hinab in die Finsternis des Erdreichs. Seine Begleiterin war da eher skeptisch. Ihr gefiel das Ganze nicht besonders, irgendetwas wirkte merkwürdig, um nicht zu sagen unheimlich. Das konnte aber auch daran liegen, dass die Sonne inzwischen fast gänzlich untergangen war und langsam die ersten Sterne anfingen, den Himmel zu erleuchten.
    „Warum bist du dir da so sicher?“, fragte sie deshalb etwas bedenklich, wurde jedoch vollkommen von dem jungen Magier ignoriert, der bereits eine Flamme in seiner Hand hatte erscheinen lassen, um nun die ersten Schritte nach unten zu wagen. Marie war schon drauf und dran, ihn wütend zu maßregeln und gewaltsam auf ihre Einwände aufmerksam zu machen, kam jedoch nicht zu Wort , da Laila sich nun offenbar entschlossen hatte, ihrem Fetisch für Okkultes freien Lauf zu gewähren. So drückte sie jedem ihrer Gefährten eine Zwiebel in die Hand und meinte: „Die brauchen wir, um uns vor Vampiren und anderen Untoten zu schützen!“
    „Aber das ist…!“, wollte Marie protestieren, doch Laila erwiderte nur kurz angebunden: „Der Knoblauch war alle“, bevor sie jedem außerdem eine Wasserflasche und ein merkwürdig geformtes Brillenglas in die Hand drückte. „Dies ist geheigeltes Wasser aus einer gesegneten Quelle…“, erklärte sie und hielt ihre Wasserflasche in die Höhe. „Das wird uns daran hindern, bösen Geistern und anderen dunklen Versuchungen zum Opfer zu fallen. Außerdem ist es ein Glücksbringer und hält Unglück fern, so hat mir der Händler das zumindest gesagt…“
    Marie bezweifelte, dass irgendjemand, falls er wirklich im Besitz eines solchen, magischen Artefaktes gewesen war, es tatsächlich verkauft hätte, wunderte sich aber nicht darüber, dass Laila auf ihn hereingefallen war. Das lag einfach in ihrer extrem blauäugigen und geldverschwenderischen Natur, mit der sie ihre Schwester ein ums andere Mal an den Rand der Verzweiflung trieb.
    „Und mit diesem Glas hier…“, fuhr die Blondine nun munter fort, während sie ihres gen Himmel hielt, „…kann man paranormale Aktivitäten sofort erkennen, was heißt, dass es für uns unerlässlich ist!“
    „Denkst du wirklich, dass das nötig…“, wollte Damian beschwichtigend einwerfen, doch in ihrem Übereifer ignorierte Laila ihn und schritt nun voran, um die Katakomben zu erforschen. „Nun los!“, meinte sie noch enthusiastisch und stieß den Arm in die Luft, offenbar um ihren Kampfeswillen zu präsentieren (Marie fand die Geste mehr als albern). „Ein Mysterium nach dem anderen erwartet uns dort unten!“
    Ihre Schwester verdrehte die Augen und dachte sich ihren Teil dazu, während sie jedoch stillschweigend folgte. Laila würde die Erste sein, die weinend verlangen würde, nach Hause zu gehen, das war so gut wie unausweichlich. Damian zuckte nur kurz die Schultern und folgte der Blondine, ebenso wie der genervte Rotschopf, der insgeheim hoffte, dass er in wenigen Minuten wieder zurück an die Oberfläche konnte. So ging die Gruppe hinab ins feuchte Dunkel. Dabei bemerkte keiner der Drei, dass sie nicht allein auf dem Friedhof gewesen waren.


    „Elias, nimmst du bitte deinen Fuß aus meinem Gesicht?“
    „Oh, Verzeihung. Ich dachte du liegst neben mir…“
    „Das bin ich, du dummer Tölpel! Und Adrian, hör endlich auf dich zu beschweren! Die ganze Zeit redest du an einem Stück und hast immer nur irgendetwas zu Meckern!“
    Aus dem großen, aus dunklem Eichenholz bestehenden Sarg, der immer noch unberührt auf der kühlen Friedhoferde stand, drangen mehrere unangenehm anzuhörende Stimmen, welche den drei im Sarg liegenden Aristokraten gehörten. In der leicht modrig anmutenden und feuchten Kiste kauerten sich zurzeit Kleopatra, Adrian und Elias zusammen und warteten darauf, dass die Luft rein war, während sie ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgingen: sich zu streiten.
    „Ich würde aufhören, mich zu beschweren…“, erklang Adrians unverwechselbar nasale Stimme nun kühl vom Fußende des Sarges her, „…wenn du endlich mal dein Knie aus meinen Rippen nehmen würdest!“
    Als Antwort ertönten ein lautes Krachen und ein ohrenbetäubender Schmerzensschrei, welcher offenbar von Elias kam. „Hey…“, fragte er mit vor Schmerz unterdrückter Stimme und obwohl man ihn in der Dunkelheit nicht sah, wusste man schon an dem Zittern, dass er Tränen in den Augen hatte, „…wieso…wieso hast du mich getreten, Kleo?“
    „Weil du wie üblich im Weg warst, du Volltrottel“; fauchte nun seine Schwester, der es offenbar kein bisschen leid tat, ihren Bruder verletzt zu haben. „Ich wollte den dummen Idioten neben dir treffen!“
    Ein weiteres Krachen erklang, abermals gefolgt von einem Schmerzensschrei des Silberlings. „Wofür war das denn nun?!“, regte er sich zu Recht auf und in seiner Stimme schwang weitaus mehr Aggressivität als zuvor mit, woraus man schließen konnte, dass diesmal nicht Kleo gewesen war, die zugetreten hatte.
    „Dein dreckiger Stiefel ist immer noch in meinem Gesicht!“, entgegnete sein Cousin herzlos und ebenso wie die Blondine zeigte er nicht einen Hauch von Reue. „Außerdem war das eigentliche Ziel das blonde Gift neben dir!“
    „Was sagst du da, du hirnloser Affe!“
    „Ich nehme an das, was ich gemeint habe.“
    „Ich glaube, die drei sind schon von weg, sollten wir nicht langsam auch gehen?“, versuchte Elias den eskalierenden Streit zu entschärfen, doch ein einstimmiges „Wer hat dich denn gefragt?“ tat seinen Bemühungen ein jähes Ende. So blieb das Trio doch etwas länger als nötig in dem Sarg, ohne sich wirklich auf ihre Schatzjagd zu konzentrieren, sondern gingen lieber ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: sich untereinander mit Worten zu zerfleischen.
    ___
    Nicht mein bestes, aber auch nicht mein schlechtestes Kapitel. 2300 Wörter


    Erinnerungsverlust oder Verlustserinnerung


    „Verlust?“, fragte Marie und ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Als erstes schwirrten ihr die Bilder ihrer Familie vor dem geistigen Auge: Ihre Ziehmutter Felicitas, ihre Schwester Laila, Aden, Damian. Es wäre schrecklich auch nur einen von ihnen zu verlieren, obwohl sie zu Letzterem ein oftmals eher schwieriges Verhältnis hatte, wusste sie tief im Inneren, dass auch er ihr viel bedeutete. Sie wüsste nicht, was sie tun sollte, wenn einer von ihnen dahinscheiden würde. Schließlich war diese Familie, das Einzige, was sie hatte; es gab nichts Anderes, bei dem sie Halt gefunden hätte. Dies war vermutlich auch der Grund ihrer fast schon phobischen Verlustsangst.
    Schließlich war sie schon immer ungewollt gewesen. Seit sie denken konnte, hatte sie in einem Heim gelebt, der „Zuflucht des gefallenen Sterns“. Es war ein grauer und trister Ort gewesen, im Norden des Königreiches, mitten im Niemandsland zwischen Dürre und Frost. Ihre feuerroten Haare waren das einzige gewesen, was dem Haus Farbe gegeben hatte, da es sonst blass und traurig gewesen war. Denn trotz eines Fortbestehens über Jahrtausende war die Zuflucht bitterarm gewesen. Die Kinder hatten grobe, unförmige Stoffkittel tragen und auf dem Boden schlafen müssen, selbst im Winter. Essen gab es nur an Sonn- und Feiertagen und das auch nur für Stärksten, die sich durchsetzen konnten. Zu dieser Zeit hatte das junge Mädchen lernen müssen, dass man sich keine Blöße geben durfte. Wer seine kalte und unnahbare Fassade verlor, der hatte in dieser grausamen Welt selbst verloren und war dazu verdammt gewesen, zu sterben.
    Der Edelmann, der für das Waisenhaus verantwortlich gewesen war, hatte nie Interesse für das Leben der Kinder gezeigt. Sie waren dort und er war in seinem Schloss im Süden des Landes. Überwacher gab es keinen, die Kinder durften gehen, wohin sie wollten, aber da es im Umkreis nichts gab, wohin man hätte fliehen können, waren die meisten geblieben. In dieser Lage wäre alles verloren gewesen, hätte es nicht den wohltätigen Spender gegeben, der ab und an Kleidung, Nahrung und, wenn eines der Kinder krank gewesen war, Medizin geschickt hätte. Andernfalls wäre die „Zuflucht des gefallenen Sterns“ wohl noch vor Maries Eintreffen ausgestorben gewesen. So aber war für die Grundbedürfnisse gesorgt und ab und an gab es auch ein paar Spielzeuge dazu. Wer der geheimnisvolle Spender gewesen war, hatte niemanden interessiert, das wichtigste war gewesen, dass sie wieder von etwas Anderem als Tauwasser hatten leben können.
    Damals hatte der Rotschopf gemerkt, was grausame Realität war: Niemand hatte sie gewollt, so etwas wie Familie besaß sie nicht. Es war nie jemand da gewesen, der sich um sie gesorgt hatte. Ihre frühsten, verschwommenen Erinnerungen gaben ihr zwar das Gefühl, dass dort vielleicht doch eine Person existiert hatte, jemand, der sie an die Hand genommen hatte, mitten in großer Verlorenheit und sie sanft mit sich genommen hatte, aber das waren vermutlich nur Hirngespinste. Ein kindlicher Gedanke, mit dem sie sich selbst etwas hatte vormachen wollen. Hätte es jemanden gegeben, dann hätte sie die größte Zeit ihrer Kindheit wohl nicht im Heim verbringen müssen.
    Kurz nach ihrer Panik, beruhigte Marie sich jedoch wieder. Ihr Herzschlag wurde langsamer und sie atmete einmal tief ein. Piero war ein Narr, der umherwanderte und mit Wahrsagen sein Geld verdiente, der Wahrheitsgehalt seiner Vorausdeutungen war mehr als fragwürdig. Trotzdem beunruhigte es sie. Das Mädchen wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass sie trotzdem vorsichtig sein sollte. Man konnte nie wissen.
    „Verlust“, sagte der junge Mann, der wie eine Fledermaus von der Decke hing sanft und lächelte träumerisch ins Leere. „Der eines geliebten Menschen, von Besitz oder von einem Traum; die Art dessen liegt außerhalb meiner Reichweite, jedoch kann ich dir sagen, dass dein Leben von Verlust gekennzeichnet sein wird“
    Nach einer kurzen Zeit des Schweigens fügte er noch leise hinzu: „Obwohl dies für jeden von uns gilt“
    In diesem Moment blickte Marie ihm kurz in seine wunderschönen, fesselnden Augen und spürte sofort etwas, eine gewisse Traurigkeit, die ihn umgab, wie ein durchsichtiger, schwerer Schleier. Er wirkte so unglaublich melancholisch und in seiner Schwermut so attraktiv, dass Marie für kurze Zeit unterbewusst die Luft anhielt. Ihr Herzschlag begann plötzlich wieder an Geschwindigkeit aufzunehmen, nur um dann abermals abzuflauen, wie zuvor schon. Doch dieses Mal war das Gefühl irgendwie anders. Es war weniger greifbar, als die Panik, die sie davor empfunden hatte. Worte, um diese Emotion zu beschreiben, schienen ihr wie Rauch oder Wasser aus den Händen zu gleiten. Was war es nur, so schwer zu kategorisieren, eine Empfindung, die viele Zustände unter sich vereinte. Trauer, Mitgefühl und auch…Scham. „Mein Kopf scheint ein einziges Durcheinander zu sein. Vielleicht sollte ich mal kalt baden…“, war ihr selbstironischer Kommentar dazu.
    Aber bevor Marie weiter dieses Gefühl erforschen konnte, riss Laila auf einmal die Aufmerksamkeit an sich, indem sie sich entsetzt die Hände vor den Mund schlug. Ihre Augen weiteten sich kurz vor Schreck und sie brachte ein geflüstertes „Oh, nein!“ heraus. Der Rotschopf drehte sich schnell zu seiner Schwester um und blickte fragend und besorgt in ihr bestürztes Gesicht. „Was ist los?“, wollte sie wissen und ging dabei ein paar Schritte auf Laila zu.
    „Es ist nur, dass ich gehört habe, wie Großmutter und Aden darüber sprachen…“, begann jene, doch Damian unterbrach die Blondine, in dem er sich nun wieder Piero widmete, welcher immer noch, obwohl er im sicherlich groben Griff des Jugendlichen war, verträumt vor sich hin lächelte und so tat als wäre nichts. Der Zauberschüler indes, dessen Gesichtsfarbe nun langsam von Kalk zu Zornesrot wechselte, schien das eben Gesagte nur nebenbei aufgenommen und nicht wirklich realisiert zu haben, offenbar noch zu aufgewühlt wegen dem vorherigen Kommentar des Narren. So zeigte er wenig Interesse für seine Begleiterinnen, sondern war viel mehr damit beschäftigt, Piero zu bedrängen. „Du sollst mir endlich sagen, was du über mich weißt! Sag es! Ich will es wissen! Ich habe ein Recht darauf“
    Nachdem er bei diesen Forderungen mit jeder einzelnen lauter geworden war, schien er offensichtlich kurz vor einem kompletten Ausbruch zu stehen, sodass Marie bereits auf dem Weg zu ihm war, um ihm zu helfen. Sie mochte es nicht, Damian so leiden zu sehen. In gewisser Weise war es ihr auch unangenehm und sie schämte sich dafür, dass sie erst jetzt bemerkte, wie sehr ihr Freund mit seinem Gedächtnisverlust zu kämpfen gehabt hatte. Sonst war Damian immer ruhig und selbstsicher gewesen, ein entspannter Tunichtgut, der für alle möglichen und unmöglichen Streiche ein Ohr offen gehabt hatte. Marie hatte ihn stets erziehen müssen, manchmal genervt, aber doch meist mit einem ironisch-witzigen Unterton. Ihren Freund so aufgelöst zu sehen, gab ihr selbst ein merkwürdiges Gefühl.
    Natürlich hatte sie mit so etwas zu kämpfen, alles was vor ihrem Aufenthalt im Heim passiert war, schien ebenfalls gelöscht worden zu sein, überdeckt von einer blutroten Finsternis. Einzig das Gefühl, dass sie doch von jemandem an der Hand genommen worden war, war geblieben. Doch das waren gerade mal fünf, sechs Jahre gewesen, bei Damian waren es ganze zehn, die aus seinen Erinnerungen verschwunden waren. Kein Wunder eigentlich, dass er so sensibel auf dieses Thema reagierte und sie hatte trotzdem nie einen Gedanken daran verschwendet.
    Piero, der immer noch ein abwesendes Lächeln auf den Lippen hatte, löste sich mit einer eleganten und sanften Bewegung aus Damians Griff, sodass Marie unweigerlich staunen müsste. So eine Weichheit in seinen Bewegung und trotzdem eine solche Geschicklichkeit. So etwas sah man nicht alle Tage.
    „Als Antwort, Damian-kun…“, begann er freundlich, „…lass dir eines gesagt sein: Alles ist miteinander verbunden. Das Schicksal ist kein einzelner Faden, sondern ein gigantisches Netz, welches sich immer weiter ineinander verwirrt. So sind dein Schmerz und Marie-sans Verlust miteinander verbunden, vereint durch eine Kette der Verzweiflung und der Trauer“
    Und mit diesen Worten schwang er sich plötzlich durch den Glasvorhang vor dem Ausgang und verschwand nach draußen, weiterhin mit einem so wirkend als würde er gerade eine gemütliche Runde Tee genießen.
    Ohne groß darüber nachzudenken, rannten Damian und Marie ebenfalls aus dem Zelt, nur um dann im Angesicht des strahlenden Sonnenlichts die Augen zuzukneifen. Sofort schlug ihnen nach dem sanften Kirschblütenduft der bestialische Gestank der Stadt entgegen, den sie normalerweise gar nicht bemerkt hätten und Marie hatte das Gefühl ihre Nase brannte. Es war einfach schrecklich, vor allem da in der Nähe ein ekliger, schmieriger Kanal entlang floss. Schon allein wenn sie das Wasser sah, wurde ihr übel. Damian schien es ähnlich zu ergehen, doch beide versuchten die äußeren Umstände möglichst zu ignorieren, denn sie suchten nach dem Narren. Er musste hier irgendwo sein.
    Während des Suchens dachte Marie fieberhaft über sich selbst und Pieros Worte nach. Was hatte sie mit Damians Vergangenheit zu tun? Gab es da irgendeine Verbindung und wenn ja, welche war es? Wenn Piero etwas wusste, dann musste er es ihr mitteilen. Nicht nur um ihretwillen, sondern auch, um das Leid ihres Freundes zu lindern, denn wie der Rotschopf gesehen hatte, reichte dessen Schmerz weit tiefer als ihrer. Sie konnte es nicht ertragen, wenn ein Mensch, der ihr etwas bedeutete sich quälen musste. Von dem Narr war jedoch, trotz langer Suche, keine Spur. Es schien als hätte er sich in Luft aufgelöst.
    Kurze Zeit später kam auch Laila aus dem Zelt getapst, die reichlich verwirrt dreinschaute. Marie, welche eifrig damit beschäftigt war, Ausschau nach Piero zu halten, erinnerte sich daran, dass ihre Schwester ihr etwas hatte sagen wollen. So stoppte sie ihr Spurenuntersuchung kurz und wandte sich an die Blondine. „Du hattest etwas sagen wollen, Schwester?“
    „Ja…“, antwortete jene zaghaft, da sie offenbar nicht genau verstand, was vor sich ging und offenbar nur sah, wie aufgewühlt Damian war. Unsicher fuhr sie also fort, während jener ihr kaum Beachtung schenkte und weiterhin versuchte Piero zu finden. „Es geht um diesen Verlust, den der lustige Narr erwähnt hatte…“ Der Junge stockte und horchte, auch Marie war nun sehr interessiert, aber auch verwirrt. Woher sollte Laila denn von etwas so Vagem wissen?
    „Es ist so…“, erklärte die Schwester nun, während sie mit ihren Schuhen auf dem Boden schabte, wie sie es immer tat, wenn sie nervös war, „…ich habe Aden und Großmutter darüber reden hören, dass…“ Sie holte tief Luft und Marie erwartete gespannt, was kommen würde. Die Enthüllung verblüffte sie aber noch mehr, als die Tatsache, dass Laila überhaupt irgendwas zu dem Thema zu sagen hatte. „…wir vermutlich Pleite gehen werden!“
    Damit hatte der Rotschopf nun am wenigsten gerechnet. Pleite? Es sollte ein materieller Grund sein? Natürlich war auch der drohende Bankrott keine schöne Sache, aber sie hatte doch mit etwas weit Schlimmerem gerechnet. Da war etwas wie das Fehlen von Geld eher eine Erleichterung. Doch trotzdem war sie unruhig, ebenso wie der braunhaarige Junge, der nun ungeduldig fragte, was auch ihr schon in den Sinn gekommen war: „Aber was soll eine Pleite mit meinen verlorenen Erinnerungen zu tun haben?“
    „Das ist eine gute Frage“, hauchte jemand neben ihm und Damian sprang sofort drei Schritte zur Seite, mit einem Gesichtsausdruck, als hätte man ihm grade ein Messer in den Rücken gestochen. Maries Augen weiteten sich vor Überraschung, als sie den Sprecher ansah. Piero, der bis eben noch verschwunden gewesen war, schwebte nun plötzlich vollkommen ungeniert kopfüber in der Luft neben ihnen. Marie wunderte sich schon gar nicht mehr, wieso er einfach so ohne Halt über der Erdoberfläche fliegen konnte, sondern eher, wie er einfach so unbemerkt hatte auftauchen können.
    Doch bevor sie sich diese Frage laut stellen konnte, hatte Piero auch schon wieder angefangen, monoton vor sich hin zu säuseln: „Zu Geld und Erinnerungen kann ich euch nichts sagen. Allerdings habe ich eine Lösung für beides…“ Eine kurze Kunstpause folgte, in welcher die drei Jugendlichen sich von Schock und Verwirrung erholen konnten.
    „Ein Schatz in den Katakomben von Schwarzstadt“, intonierte Piero nun verträumt und gerade so, als wäre dies vollkommen offensichtlich gewesen, indes schwebte er immer noch umher, als wäre es das normalste auf der Welt. „Er sollte Antworten auf alle Fragen bereithalten die ihr stellt“
    „Aber wie…?“, begann Damian verdutzt, doch der Narr achtete nicht auf ihn, sondern fuhr weiter fort, ihnen mehr von dem Schatz zu erzählen: „Niemand weiß von diesem Geheimnis, nicht einmal ich…“
    „Aber du erzählst uns doch gerade davon…!“, versuchte der Junge halb durcheinander halb genervt einzuwerfen, wurde aber höflich, wenn auch kühl übergangen
    „Der Eingang zu den Katakomben liegt beim Nordfriedhof. Die Prüfungen, die dem Schatz, von dem ich natürlich noch nie etwas gehört habe, vorrausgehen, sollten euch auch erkennen lassen…“
    „Halt! Du kannst doch nicht einfach…!“, rief Damian wütend, aber bevor er in irgendeiner Weise weiter protestieren konnte, hatte der Narr sich auch schon mit einem leisen Zischen in Rauch aufgelöst. Das letzte, was man von ihm sehen konnte, war sein in der Luft schwebendes Lächeln, welches verträumt ins Leere grinste.

    Ich, ein so einfaches Wort mit so großer Wirkung!“, rühmte sich Platinex, während er, wie gewohnt, auf seiner Metallplatte schwebte, um das Geschehen zu verfolgen. Dies war eindeutig Genugtuung, endlich zu wissen, dass man auf der Seite der Sieger stand. „Ich, ein so einfaches Wort in einer solch melodramatischen Weise vorgetragen“, ertönte Chrysios samtig-weiche Stimme hinter dem Lord, welcher daraufhin ein Gesicht aufsetzte, als wäre ihm die Siegesgewissheit zuvor nicht gut bekommen. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen trat der Narr von hinten näher an das Geschehen heran. In seinem kirschblütenfarbenden Auge spiegelten sich eindeutig Freude und Selbstsicherheit wieder. „Böse Zungen könnten natürlich auch behaupten, dass es sich einzig um den verzweifelten Ruf nach Aufmerksamkeit in der künstlichsten Weise, die man zu benutzen gewillt ist, handelt, aber…“, und er warf dem jungen Lord das freundlichste Lächeln zu, das man sich vorstellen konnte, „…ich würde mir nie anmaßen, so etwas auch nur zu denken, Eure Lordschaft
    „Selbstverständlich“, entgegnete der Platiner, dessen Grinsen jedoch eher zur verkrampften Grimasse geriet. Dieser Aure war das schlimmste, das ihm bis dato passiert war. Ein aufgeblasener, arroganter Wichtigtuer, der keine Gelegenheit ausließ, um eine spitze Bemerkung, getarnt unter falscher Höflichkeit, von sich zu geben. „Wie kann man es nur mit so einem Individuum aushalten! Wäre ich nicht so unglaublich geduldig, gütig, freundlich, gutmütig und vergebend, hätte er ein ernsthaftes Problem mit mir. Aber ich muss mich so oder so ihm gegenüber noch ruhig verhalten, schließlich muss er zu meinen Gunsten noch vor Gericht aussagen…
    Langsam solltet auch ihr euren Kampf beginnen, Chrysio, Platinex!, meinte Lady Shiba auf einmal und ihre kühlen Augen lagen nun auf den beiden Metallwesen, welche vor Schreck und Ehrfurcht zusammenzuckten und sich wie von einer Biene gestochen, umdrehten.
    Verzeiht, meine Königin…“, begann Chrysio mit gesenkten Haupt, sodass Platinex sich wunderte, dass ihm seine Narrenkrone nicht vom Kopf fiel, und in einem Ton, dass man meinen könnte, er spräche zu Chrysa selbst, „…aber von welcher Konfrontation mögt Ihr reden?
    Vom Kampf gegen Roccosarius natürlich!, entgegnete die Halbkatze schneidend und deutete mit einem Kopfnicken auf den Anführer der Widerstandstruppe, der offenbar keinen Gegner hatte. „Zwei Eliten des Sonnenkaisers sollte dies kein Gegner sein, oder?
    Ihr ehrt uns, niederes Fußvolk, mit Euren Worten, meine Königin…“, begann der Platiner schnell gebückt vor seiner Herrin zu argumentieren, während er aus dem Augenwinkel seinen möglichen Feind ins Visier nahm. Er hatte bei Leibe nicht die Motivation gegen jemanden wie den Flügelmenschen zu kämpfen. „…Aber wolltet Ihr nicht gegen den Anführer dieses Haufens unzivilisierter Halbwesen antreten?“
    Hinterfragst du damit meine Anordnungen?!
    Platinex Nackenhaare stellten sich auf und ihm brach der kalte Schweiß aus, während er sich sofort auf den Boden warf und sich überschwänglich entschuldigte, um auch ja dem Zorn seiner Herrin zu entgehen. Er durfte es nicht leisten, jetzt sein Leben zu verlieren. Der Aure indes stand daneben und hatte ein mitfühlendes Lächeln aufgesetzt, bevor er sich wieder gebeugt Lady Shiba zuwandte: „Bitte verzeiht Seiner Lordschaft, meine Königin. Unterwürfigkeit ist ein Geschenk, welches nicht jedem in Wiege gelegt wurde…“
    Platinex warf ihm aus dem Augenwinkel einen Blick der zerstörerischen Sorte zu, sagte jedoch nichts, aus Angst, abermals den Zorn der Lady zu erregen. „Dieser widerwertige Speichellecker! Nutzt jede Gelegenheit, um mir das Messer in den Rücken zu rammen. Mir, einem ehrlichen, rechtschaffenden und vollkommen uneigennützigen Diener der Gerechtigkeit!“
    „Doch bevor wir den Kampf beginnen, würde ich gerne noch die Moral der Gruppe heben, wenn mir dies gestattet ist, meine Königin“, fuhr Chrysio nun mit unverhohlener Schadenfreude auf dem Gesicht fort. Lady Shiba seufzte, schien jedoch nichts dagegen zu haben, sodass sich der Aure nun wieder Platinex zu wand.
    „Eure Lordschaft…“, begann er nun wieder ein höfliches Lächeln (für Platinex eher ein höhnisches Grinsen) auf den Lippen, „…würdet Ihr es mir erlauben, Eure Metallplatte zu nutzen?“
    „Warum sollte ich?“, fragte der junge Lord nun kühl, da er überhaupt nicht in der Stimmung war auf den dreckigen Boden zu steigen, doch ein Blick Shibas genügte, um seine Antwort in „Selbstverständlich, es wäre mir ein Vergnügen!“ abzuwandeln und ihn nebenbei noch ein breites, strahlendweißes, wenn auch völlig falsches Grinsen aufsetzen zu lassen.
    Nachdem der Narr sich nun gut sichtbar auf der schwebenden Plattform positioniert hatte, erhob er seine samtige Stimme.
    Ihr Krieger unter dem Sternenhimmel, ihr Kämpfer der Freiheit…!“, rief er, offenbar um die Aufmerksamkeit der Kämpfer zu gewinnen. Platinex erkannte, dass Chrysio abermals sein gutmütigstes Lächeln aufgesetzt hatte, um an seine Feinde zu sprechen. „Wahrlich, ihr schlagt euch tapfer, stark gewillt euren Traum zu verteidigen. Für wahr, bewundernswert, wie ihr selbst im Angesicht eines übermächtigen Feindes die Hoffnung nicht aufgebt und stets weiterkämpft, wo das meiste doch schon verloren scheint…“ Die Worte flossen dem hübschen Metallwesen wie vertonter Honig über die Lippen und auch sein Blick schien Bewunderung zu zeigen. Platinex dagegen so aus, als würde er zurzeit in einen äußerst bitteren Apfel beißen.
    Schleimer…
    Und doch, so sehr es mich schmerzt, das zu sagen, werden eure Anstrengung vergeben sein. Denn auch wenn die Krieger, die euch gegenüber stehen, nichts weiter sind, als einfache Schachfiguren, die durch die Geschicke der Sonne gelenkt werden, so sind sie euch doch in allen Punkten weitaus überlegen. Denn am Ende müsst ihr euch eingestehen, dass jeder Wille vom hellen Licht des Kaisers über Himmel und Erde gebrochen werden kann und dass ein jeder, der sich in den dunklen Schatten der eigenen Ignoranz zu verstecken gesucht, von seinem Schein gefunden und durch sein läuterndes Feuer gereinigt werden soll…“ Und an dieser Stelle warf er den Halbwesen der Gruppe einen nicht näher zu kategorisierenden Blick zu. „So solltet ihr auch wissen, dass eine perfekte Welt nur den Attributen der Schönheit und Reinheit unterstellt ist und einzig die Sonne darf sich anmaßen auf jene hernieder zu sehen. Jedes Wesen, welches sich nicht unterordnet wird die göttliche Strafe zu spüren bekommen und auf Ewig Qualen erleiden müssen. Deshalb frage ich euch: Wollt ihr euch dies ersparen und kapitulieren?“
    Sicher nicht… Dumme Halbwesen bleiben dumme Halbwesen…“, dachte Platinex verächtlich, musste sich jedoch zähneknirschend eingestehen, dass Chrysio rhetorisch eine äußerst gute Figur abgegeben hatte.
    Tatsächlich traf das Angebot des Auren auf eher mäßige Begeisterung, um nicht zu sagen auf komplette Ablehnung, sodass der Narr es abermals als geboten sah, seine Stimme zu erheben. Seine Worte waren wie zuvor süßlicher als es Honig jemals hätte sein können, doch diesmal schwang ein äußerst kühler Unterton mit: „Nun, wenn ihr euch so entschieden habt, dann ist euer Schicksal besiegelt. So soll nun jede zerschmetterte Hoffnung wie ein Todesschrei über dieses Feld hallen und wie der liebliche Gesang der Nachtigall bei Sonnenaufgang verstummt, so soll euch auch der süße Duft der Freiheit vergehen und nur den bitteren Nachgeschmack des Verlustes zurücklassen!“
    Mit diesen Worten wandte er sich nun an Platinex und meinte freundlich: „Nun dann, ein Kampf wartet darauf gewonnen zu werden…“
    „Ganz recht…“, entgegnete der Platiner, war jedoch bei weitem nicht so motiviert wie der Aure, ließ aber dennoch eine Sense in seiner Hand erscheinen. Beide traten nun Roccosarius gegenüber.



    OT: So, damit ist Chrysio der Gruppe "kurz" vorgestellt worden. Den Kampf gegen Roccosarius poste ich später. Außerdem soll ich euch von der Leiterin sagen, dass ihr eure Kämpfe verlieren sollt.

    Hey, Lauriel & Noxa ^^


    Schon seit einiger Zeit wollte ich eure Fanstory kommentieren, aber da ich das Lesetempo einer Schnecke habe, bin ich nie wirklich dazu gekommen. Nun ja, jetzt bin ich hier und sollte wohl erst mal meinen Gesamteindruck zur Geschichte abgeben, bevor ich auf das aktuelle Kapiie eingehe (nicht auf alle bisherigen, dann säße ich in fünf Jahren noch hier >,<).


    Zuerst interessiere ich mich dafür wie ihr darauf kamt Metall- und Dämonenwesen gegeneinander zustellen. Das soll nichts Negatives sein, ich finde es nur ungewöhnlich (im guten Sinne), denn normalerweise bekämpfen sich ja immer Engel und Dämonen oder Menschen und Dämonen, aber von Metallwesen hab ich in solchen Geschichten noch nichts gehört. Bin da ein wenig neugierig =3
    Sonst sieht die Story, die Charas, die Welt und die Rassen so aus, als hättet ihr euch sehr viel Mühe gegeben, sehr positiv. Der Plot an sich wirkt ja eher einfach: Die Welt zerfällt und die beiden Protagonisten müssen das dann (wahrscheinlich) wieder in Ordnung bringen. Aber bei einem solchem Strang lässt sich auch viel Subplot einbauen, was ihr macht, wie man sehen kann wenn man liest. Auch interessant ist, dass die beiden Hauptcharaktere bis jetzt die gesamte Story über allein waren. Meines Erachtens sehr gut. Noch besser bzw. interessanter wäre es wenn sich das über die gesamte Geschichte halten würde. Vielleicht erklärt das auch den Titel: Die beiden müssen gemeinsam irgendetwas (vermutlich Rettung der Welt xD) vollführen, sind aber trotzdem getrennt und einsam. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sich die beiden sich in nicht allzu ferner Zukunft treffen, was ich euch auch nicht verübeln kann, schließlich ist Interaktion der Charas auch lustig.
    Kommen wir zu den Hauptfiguren Jurijo und Realyn. Bei Jurijo muss ich ganz ehrlich sagen, dass der überhaupt gar nicht meins ist xD Ich meine, schön und gut, dass er eine schwierige Vergangenheit entschuldigt das ein wenig, aber muss er trotzdem die ganze Zeit so ein kleines Häufchen Elend sein? xD Es nervt mich einfach, dass man die ganze Zeit Angst haben muss, dass er gleich von der nächsten Klippe springt, weil er mit seinem Leben nicht zurechtkommt. Hoffentlich nimmt mir Noxa das jetzt nicht krumm oder so, aber es gibt einfach manche Charas, die man einfach nicht mag und Jurijo gehört dazu. Liegt vermutlich auch daran, dass ich ein Mensch bin, der immer alles optimistisch sieht und sich solche Schikane nicht gefallen lässt, während er der personifizierte Emomuffin ist und sich nicht zur Wehr zu setzen weiß. Das ist einfach… bläh xD Aber naja, da ist viel Platz für Charakter-Development, welches bei euch sicher einsetzen wird. Realyn ist mir da ehrlich gesagt schon von Anfang an lieber gewesen, ich mag stronger females <3 Und ihr Haustier ist süß… ich mag sprechende Haustiere <3
    Zum Stil von euch beiden sag ich jetzt einfach mal nichts; zwar könnte ich jetzt wieder ganze Wasserfälle des Lobes entfesseln, aber ich glaube, das wurde jetzt oft genug geschrieben, sodass es eigentlich selbstredend sein sollte. Also weiter:


    Kapitel VII
    Miyuri war mir schon von Anfang an unsympathisch gewesen… aber das sie sich unbedingt in dieses Monster verwandeln musste. Unschön trifft es ganz gut. Metall- und Dämonenblut verträgt sich offenbar nicht so besonders, da fragt man sich natürlich warum so viele Wesen danach streben. Ich mein Macht schön und gut, aber wenn man dabei sein Aussehen, seinen netten Geruch und seinen Verstand verliert. Nicht gut. Diese Monster erinnern mich auch ein wenig an Ghuls, die riechen genauso furchtbar und haben eine ebensolche Art wie die Transformierten. Dazu muss ich nochmal sagen, dass die Transformation und Monstergestalt wirklich sehr gut beschrieben worden sind. Sehr anschaulich (wenn auch nicht ansehnlich xD).
    Dass Jurijo nicht von diesem Monster gefressen wird war klar, allerdings habe ich eher damit gerechnet, dass er von irgendjemanden gerettet wird oder durch einen tollpatschigen Schritt nach hinten durch ein Loch im Boden fällt oder so. Aber nun weiß man endlich, dass der Protagonist offenbar doch etwas ganz Besonderes ist. Seine Macht scheint etwas mit Reinigung und Läuterung zu tun zu haben. Wirkt sehr christlich finde ich, das böse, von Gier getriebene, hässliche und stinkende Monster wird von dem unschuldigen Jungen durch ein helles Licht wieder in seinen Ursprungszustand zurück versetzt. Sehr schöne Symbolik.
    Die Katze (es ist doch eine Katze? xD) ist mir auf Anhieb sympathisch. Allerdings scheint auch sie Verlangen nach Silberblut zu spüren. Komisch, wenn es so schlecht für einen ist, wieso wollen es dann alle Dämonen? Aber naja, Drogen machen den Körper auch kaputt und manche Menschen werden trotzdem davon abhängig. So kann man das glaub ich vergleichen. Auch scheint Shela (?) für irgendeine Organisation zu arbeiten, was ich gut finde. Es ist immer besser eine Person als Antagonisten zu haben als irgendeine Macht, oder was, da kommt es zu besseren Interaktionen.


    Naja, ich freu mich auf die nächsten Kapitel von euch und würde mich über eine Benachrichtigung für die neuen Kapiies freuen.


    Lg, der Grinsekater




    Goldschimmer

    „Kleo, Adrian! Jetzt wartet doch mal!“, rief Elias seinen Verwandten nach, während er vergeblich versuchte mit ihnen Schritt zu halten. Über lose herumliegende Backsteine, Unrat und den ein oder anderen auf dem dreckigen Boden liegenden Menschen stolpernd, eilte er hinter seiner blonden Schwester und dem ebenso blonden Cousin durch die dunkle, schäbige Nebengasse, in die er sie zuvor geführt hatte. Da sich das chaotische Trio in Schwarzstadt verlaufen hatte, wie so oft schon, war der unter Hunger leidenden und in diesem Zustand nur schwer ansprechbaren Kleopatra der sehr gering bemessene Geduldsfaden gerissen und sie hatte sich einem Wutanfall der sehr gefährlichen Sorte hingegeben. Dieses Mal hatte Adrian gerechterweise als Aggressionsventil herhalten müssen, da Elias damit beschäftigt gewesen war den überaus widerlichen Hausarzt der Familie zu kontaktieren, um sich über den Gesundheitszustand seiner Cousine, Adrians Schwester Alice, zu informieren. Dabei hatte er erfahren müssen, dass ebenjene an einer Krankheit litt, die als unheilbar galt, zumindest solange man nicht die extrem teure Medizin bezahlen konnte. Leider war genau dieser Fall eingetreten: Die Familien „von Goldhall“ und „von Starnoss“ waren vollkommen pleite, was bei ihrem verschwenderischen Lebensstil nicht weiter verwunderlich war und saßen auf einem riesigen Berg Schulden, den sie nicht abbezahlen konnten. Elias, der deshalb bereits mit den Nerven am Ende war, hatte seinen Verwandten davon berichten wollen, doch beide hörten ihm nicht zu.
    Während Kleopatra vorneweg stolzierte und dabei wirkte wie ein wütend schnaubendes Nashorn, das sich stark verausgabt hatte, schlurfte Adrian hinterdrein und bewahrte, was er offensichtlich für ein erhabenes Schweigen hielt, während er sich alte Essensreste aus dem ganz und gar nicht mehr so gestriegelten Haar fischte. Seine Cousine hatte ihn kurz zuvor kopfüber in eine Mülltonne gesteckt.
    „Ich hab gesagt ihr sollt warten!“, rief Elias nun verzweifelt in einer Tonlage, die sich irgendwo zwischen weinerlich und wütend einpendelte. Kaum hatte er das ausgesprochen, bereute er es auch schon wieder, denn seine Schwester war abrupt stehengeblieben und drehte sich nun bedrohlich langsam zu ihm um.
    „Was hast du gesagt, Elias?“, fragte sie in einem gefährlich süßlichen Ton, sodass der Angesprochene sofort wusste, dass er besser seinen Mund gehalten hätte. Das war nicht ihr normaler Umgang mit ihm, was bedeute, dass irgendetwas sehr Grausames folgen würde. Ihr Gesicht verriet, dass sie bei weitem nicht in der Stimmung war, ihren Bruder auch nur wenige Momente auszuhalten. Adrian reagierte gar nicht, sondern tat konsequent so, als würde er die beiden nicht kennen, während er sich in seinem Spiegel begutachtete und weiterhin versuchte, seine Haare wenigstens einigermaßen wieder in Form zu bringen.
    „Äh, ich meine…“, stammelte der silberhaarige Schönling nun und der Angstschweiß brach ihm aus, während er sich nervös die Hände knetete und anfing zu zittern. Hätte er nur nichts gesagt, dann wäre er nicht in das Visier der zurzeit eher sadistisch eingestellten Kleopatra geraten. Doch nun war es zu spät und er konnte nur noch versuchen, sich aus der Sache rauszureden. „Ich, äh, i-ich habe schlechte Neuigkeiten!“
    Kleopatra zog eine perfekt gezupfte und nachgemalte Augenbraue in die Höhe und ließ ihre Mundwinkel nach unten sinken. Elias seufzte kurz, als wäre es sein letzter Atemzug und sagte leise: „Arachnid hat mich darüber informiert, dass…“, ihm brach kurz die Stimme, doch er versuchte sein Entsetzen hinunter zu schlucken, „…Alices... Alices Krankheit ist unheilbar.“
    „Und die schlechten Neuigkeiten?“, fragte Kleopatra eisig, schien jedoch keine Antwort zu erwarten, da sie sich wieder schwungvoll umwandte, sodass ihr blonder Lockenwasserfall herumwirbelte und in der Sonne glänzen konnte, und davon stolzierte, wobei sie einen wie versteinert wirkenden Elias zurückließ.
    Adrian, um dessen Schwester es ja ging, schien ein wenig besorgter zu sein, denn er brach sein Schweigen und wandte sich Elias zu. „Und diese Krankheit ist sicher unheilbar?“ Seine Stimme verriet nicht besonders viel über seine Gefühlslage, aber Elias nahm einfach an, dass er betroffen war.
    So wandte sich der junge Mann bedrückt seinem Cousin zu und holte tief Luft, um die schreckliche Wahrheit auszusprechen. Es musste wirklich ein Schock für Adrian sein, er selbst hätte vermutlich nicht anders gefühlt. Seine Schwester war für ihn, trotz ihrer kleinen Schwächen, das wichtigste auf der Welt. „Es gibt eine Medizin…“, seufzte er und blickte gen Boden, seine Stimme leise und betrübt, „…aber -“
    „Dann ist die Krankheit doch nicht unheilbar!“, fiel Adrian ihm besserwisserisch ins Wort und wandte sich nun wieder ab, um Kleopatra zu folgen und sich die Haare weiter zurechtzumachen. „Du Dummerchen!“, meinte er noch verächtlich im Weggehen, während er Elias wie einen begossenen Pudel dastehend zurückließ. Jener konnte es kaum fassen wie wenig Taktgefühl sein Cousin eigentlich besaß und wie er eigentlich den Nerv zeigen konnte, ihn, der sich dazu bereit erklärt hatte, ihm vom Schicksal seiner Schwester zu berichten, einfach so als Idioten hinzustellen. So biss sich der Silberhaarige wütend auf die Unterlippe und verspürte plötzlich den starken Drang, die Mülltonne, in die Adrian zuvor gesteckt worden war, jenem an den Kopf zu werfen. Dieser narzisstische Schwachkopf war der wahre Idiot!
    So tat Elias etwas, was er vorher noch nie getan hatte. Er machte einige große Schritte nach vorne, packte Adrian grob an der Schulter und dreht ihn gewaltsam zu sich herum. Bevor der Fürstensohn irgendetwas Anderes machen konnte als einen nicht besonders geistreichen Gesichtsausdruck aufzusetzen, hatte Elias auch schon ausgeholt und seinem Cousin eine schallende Ohrfeige verpasst. Das Klatschen war so laut, dass selbst Kleopatra, die bereits weiter gegangen war und nun am Geländer eines Kanals stand, sich umwandte, um zusehen was los war.
    Elias‘ Gesichtsausdruck zeugte von seiner Wut und seinem Unverständnis für Adrian, seine Augen blitzten gefährlich und zum ersten Mal wirkte er trotz seiner schmächtigen Gestalt einschüchternd. Sein Gegenüber indes wirkte einfach nur völlig überrumpelt. Der silberhaarige Jüngling hatte es bis jetzt nicht einmal ansatzweise gewagt irgendjemanden Widerworte zu geben, sondern hatte sich immer seinem Schicksal hingegeben, weswegen dieser Ausbruch völlig überraschend kam.
    „Wie wäre es, wenn du erst mal zuhörst, bevor du weiter so tust als gäbe es nur dich und deinen dummen Spiegel auf der Welt!“, rief Elias mit erhobener Stimme aus der man deutlich seinen Zorn heraushören konnte. All die angestauten und heruntergeschluckten Aggressionen mussten nun endlich einmal herausgelassen werden. „Du bist manchmal so ein unsensibler Volltrottel! Natürlich ist Alices Krankheit durch Medizin heilbar, aber da du und deine unglaubliche Prunksucht dafür gesorgt haben, dass wir überhaupt nichts mehr außer Schulden besitzen, ist es nicht möglich die Medizin zu bezahlen! Du bist wirklich ein dummer, selbstverliebter, arroganter Affe!“
    Das hatte gesessen. Vor Wut schnaubend ließ Elias seinen Cousin los, stieß ihn förmlich von sich weg, um sich dann umzuwenden und seiner Schwester zu folgen. Doch kaum hatte er zwei Schritte getan, schon hatte jene ihn an den Schultern gepackt und kräftig durchgeschüttelt.
    „Willst du…“, heulte sie dabei und wirkte als wäre sie nun vollkommen am Ende, „…willst du damit sagen, wir sind pleite?“
    Elias, den diese Frage etwas verwirrte, da er ohnehin nicht mit irgendeinem Zeichen des Interesses seitens seiner Schwester gerechnet hatte, antwortete etwas perplex: „Äh, ja?“ Bevor er jedoch weiter ausholen konnte, hatte seine Schwester ihn auch schon wieder losgelassen und begann in einem selbstmitleidigen Ton zu klagen: „Ich wusste es kommen noch schlechte Nachrichten!“
    Indes taumelte sie umher, als wäre sie kurz vor der Ohnmacht und holte aus, ihr Leid zu bekunden und das in einem möglichst dramatischen Weg, die Hand an der Stirn und die Augen geschlossen. „Soll das etwa heißen, ich muss meine Kleider jetzt zweimal anziehen?“
    Dazu sei gesagt, dass Kleopatra sich angewöhnt hatte, jedes ihrer Kleidungsstücke nach einmaligem Gebrauch verbrennen zu lassen, da sie es danach als langweilig und uninteressant empfand. Dies hatte nicht zuletzt zum Bankrott der Familie geführt.
    Als wenn sie plötzlich eine Erkenntnis gehabt hätte, schlug sich die blonde Schönheit entsetzt die Hand vor den kirschroten Mund und weitete ihr Augen vor Fassungslosigkeit. „Was ist dann mit unserem Sommerhaus?“, fragte sie zittrig, erwartete jedoch offenbar keine Antwort, da sie, nun wieder lauter werdend, weiter lamentierte. „Und unserer Villa und der Zweitresidenz in der Hauptstadt? Und den Bediensteten? Den Butlern, Hausmädchen, meiner persönlichen Schneiderin, meiner Friseurin, meiner Zofe und den Leuten die für uns die Einkäufe erledigen? Und wie soll ich nun meine Schminksachen bezahlen und meinen Schmuck?“
    Verzweifelt weiter klagend blickte sie nun halb verächtlich, halb ängstlich zu den dunklen Fenstern an den schmutzigen Hausfassaden. „Muss ich ab jetzt so leben wie das normale Fußvolk in diesen kleinen, dreckigen Rattenlöchern ohne gutaussehenden und sexuell sehr anregenden Gärtner?“
    „Kleo, du hast mit dem Gärtner…?!“, wollte Elias sich empört aufregen, doch seine Schwester schnitt ihm ungeniert das Wort ab, wieder ihr übliches, zickiges Selbst.
    „Schrei nicht so rum, Elias, das muss doch nicht jeder wissen!“
    „Aber Kleo…!“
    Doch bevor Elias auf anderer Art und Weise seinem Bestürzen kundtun konnte, war die Viscountess auch schon weiter in ihrer Trauer geschwankt, hatte dabei jedoch nicht auf das Geländer hinter ihr geachtet und war prompt am Stolpern, jedoch nicht ohne zuvor nach Elias‘ zur Hilfe ausgestreckten Arm zu greifen und ihn mitzuziehen. Der Silberhaarige hielt sich seinerseits am Rüschenkragen Adrians, welcher immer noch wirkte, als wäre ihm zuvor der Himmel auf den Kopf gefallen, fest und so fielen alle drei Adligen mit einem lauten Platsch in den reißenden Kanal und wurden weggespült.

    In der Nähe von Pieros extravagantem Zelt führte eine kleine, glitschige Steintreppe hinunter zu einem nassen, mit Moos und Schimmel überzogenen Steg. Jener war mit einer Leiter versehen, die hinunter ins Wasser führte. Der Kanal war nun ruhiger und nicht mehr so reißend wie zuvor. Der grünliche, dreckige Strom floss friedlich dahin und glitzerte in der Sonne, die fröhlich, aber brennenden vom azurblauen, wolkenlosen Himmel herab schien und die warme Maiszenerie. Fliegen und andere Insekten summten und flogen umher und erfüllten die Luft mit der Musik ihrer Flügel, während ein paar Ratten am Rand saßen und sich reinigten. Alles war still und harmonisch.
    Auf einmal schoss eine Hand aus dem Wasser und griff nach der Leiter, sodass die Nagetiere erschreckt das Weite suchten und nichts weiter hinterließen, als ein wenig Rattenkot, was dort jedoch keine Seltenheit war. Die Hand war schneeweiß, nass, was eigentlich logisch war, und besaß krallenartige, violett lackierte Fingernägel von denen mehrere abgebrochen waren, was bei der Besitzerin wohl einen mittelschweren Herzinfarkt auslösen würde. Jene ließ auch nicht lange auf sich warten und kletterte nun auf den Steg. Bis auf die Knochen durchnässt, schmutzig und mit vollkommen zerstörter Frisur stand Kleopatra da und wirkte, als würde sie am liebsten jemanden umbringen. Ihre Schminke war verwischt, wodurch ihr Gesicht merkwürdig farbenfroh anmutete und ihr „Kleid“, falls man es so nennen wollte, klebte förmlich an ihr, wodurch ihre weiblichen Kurven wunderbar zur Geltung kamen.
    Ihr folgten ein ebenso nasser Elias, dem das Haar nun vor den Augen haftete und ein mit Schlick und Schmutz beschmierter Adrian, der offenbar kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand.
    „Oh, wunderbar!“, fauchte Kleo und blickte entsetzt an sich herunter, um sich dann wütend ihren Begleitern zuzuwenden. Mit einem Gesichtsausdruck, als würde sie die beiden am liebsten auf dem Grund des Kanals sehen, holte sie schwungvoll aus und gab ihrem Bruder eine schallende Ohrfeige. „Das ist alles deine Schuld, du Trottel!“
    Adrian, der sich eine Alge aus dem Haar geholt hatte, warf diese nun in Elias‘ perplex wirkendes Gesicht und meinte kalt: „Deine Schuld, Elias!“ Offenbar war das die späte Racheaktion für das vorherige Ausfallen seines Cousins. Doch bevor er sich selbstgefällig umwenden konnte, hatte Kleopatra auch ihm einen plötzlichen Schlag verpasst, sodass seine Wange knallrot anlief. „Du bist nicht viel besser, du hirnloser Trampel!“, keifte sie zornig und drehte sich schwungvoll um, wobei sie es nicht vorsäumte, den Jungs mit ihren Haaren ins Gesicht zu peitschen.
    Elias war nun hin- und hergerissen zwischen Selbstmitleid und Verwirrung, weil er nicht verstand, warum gerader er wieder als Sündenbock hatte herhalten müssen, und dem Drang seiner Schadenfreude nachzugeben und sich über seinen Cousin lustig zu machen. Bevor er sich jedoch entscheiden konnte, hörte er plötzlich Stimmen und horchte auf. Auch Kleo schien sie vernommen zu haben und lauschte, ebenso Adrian. Das Wort „Geld“ war gefallen und in der derzeitigen Lage war es wichtig auf solche Kleinigkeiten zu achten.
    Damian, Marie und Laila standen auf der Brücke, die über den Kanal führte und unterhielten sich mit Piero. Dieser stand dort jedoch nicht irgendwie, sondern schwebte offenbar kopfüber in der Luft. Wie er das machte wurde vom bloßen Zusehen nicht ersichtlich, jedoch schien seine Begleitung sich nicht darüber zu wundern, viel mehr hörten sie auf das was der Narr zu sagen hatte. Damians Gesicht war merkwürdig blass und sein Blick wirkte besorgt und abwesend. Marie schien gewissermaßen gefasst, wenn auch bang, während ihre Schwester vollkommen ängstlich und aufgelöst war.
    „…ein Schatz in den Katakomben von Schwarzstadt“, intonierte Piero nun verträumt, indes schwebte er immer noch umher, als wäre es das normalste auf der Welt. „Er sollte Antworten auf alle Fragen…“
    Doch Elias, Adrian und Kleopatra hörten nicht weiter zu, für sie war nur eins wichtig. „Ein Schatz!“, flüsterte Elias aufgeregt und spürte wie sein Herz schneller schlug. Das war die perfekte Gelegenheit. „Das bedeutet Geld!“
    „Und Gärtner!“, frohlockte Kleo und schien vor lauter Glück vergessen zu haben in welchem Zustand sie sich befand.
    „Und keine Schulden mehr!“, meinte Adrian und setzte ein selbstgefälliges Grinsen auf.
    „Also ist es beschlossen!“, bestimmte Kleopatra enthusiastisch und richtete sich stolz auf. „Wir werden den Schatz finden und können weiterhin unseren Lebensstandart halten!“
    „Und Alices Medizin bezahlen“, fügte Elias hinzu, doch die Blondine schnitt ihm unwirsch das Wort ab: „Jaja, den unwichtigen Rest auch!“


    Glanzschein

    Die hohen Gräser in der Ebene rund um Schwarzstadt wiegten sich leicht zum Takt des sanften Windes und ließen dabei ein melodisches Rauschen entstehen. Wie ein Meer aus Gras, dessen Wellen in den unendlichen Weiten des Ozeans völlig frei rollten, wirkte diese Tiefebene, harmonisch, ruhig und entspannend. Es war der perfekte Ort für Leute, die sich abseits der Stadt erholen mussten, ohne Straßenlärm, umherlaufende Menschen und durch Fabriken verschmutzte Luft. Dies war der Grund, warum diese Idylle auch sofort durch die Adligen ausgenutzt worden war. Viele hatten hier ihre Landhäuser erbauen lassen und Dank der Weitläufigkeit der Ebene lief man sich selten genug über den Weg, um Höflichkeit vortäuschen zu müssen.
    So hatte auch die Familie „von Goldhall“ hier einen Landsitz erbauen lassen. Er war in seiner ganzen Pracht kaum zu überbieten, mit hohen Säulen, weißen Marmortreppen, Erkern, Türmchen und den vielen steinernen Verzierungen. Sogar ein schneeweißer Pavillon hatte es auf das weitschweifige Grundstück geschafft, samt Springbrunnen und Kunstgarten. Es war nicht zu übersehen, dass die „von Goldhall“s sich gerne im Luxus wälzten und anderen durchaus zeigen wollten, wie sehr sie in unnötiger Verschwendung schwelgen konnten. Doch wie so oft waren Schein und Sein ein unterschiedliches Paar Schuhe.
    Im Schatten des mit goldenen Kunstblüten verzierten Pavillon hatte sich ein junges Mädchen auf einer weißen, kunst- und sicher auch mühevoll geschnitzten Bank niedergelassen, offenbar um zu zeichnen, denn sie hatte Papier und Stift zur Hand. Ihr goldblondes, ellbogenlanges Wellenhaar wehte leicht in der Brise, sodass sie sich eine Strähne, die ihr vor den Augen flatterte, hinter das Ohr klemmen musste, um wieder freie Sicht zu bekommen. Ihr Gesicht verriet, dass sie nicht älter als zwölf oder dreizehn Jahre alt sein konnte. Als sie aufsah, wirkte es fast so als würde sich der azurfarbende Himmel in ihren Augen spiegeln. Es war ein so reines, klares Blau durch das man direkt in ihre Seele zu blicken schien, in die man nur einmal schauen musste, um zu verstehen, dass sie unschuldig waren.
    Auch sonst war die Schönheit des Mädchens nicht zu verachten. Sie besaß elfenbeinfarbene, diamantreine Haut und grazile, dünne Arme mit feingliedrigen Händen. Insgesamt wirkte sie sehr elfenhaft und zierlich, fast so zerbrechlich wie eine Blume aus Eis und ebenso hübsch, sodass man sofort vorsichtig mit ihr umgehen wollte. Ihr Gesicht war sehr kindlich, aber trotzdem attraktiv mit den großen Kulleraugen, der kleinen Stupsnase und dem sanften Lächeln auf den hellen Lippen. Sie trug ein blassrosa Sommerkleid mit weißen Rüschen und eine großen Schleife, was sie noch viel unschuldiger wirken ließ, während in ihren Haaren einige Maßliebchen steckten.
    Die ruhige und idyllische Atmosphäre um sich herum nutzte das junge Mädchen, um ihrer Kreativität freien Lauf zu gewähren und zu zeichnen. Auf dem Block vor sich hatte sie bereits einige Figuren gemalt. Es waren drei Personen, ein wunderhübscher, junger Mann, ein weiterer Junge, der der Zeichnerin extrem ähnlich sah und eine großgewachsene, bildhübsche Frau. Man musste dem jungen Mädchen zu gestehen, dass sie sehr geschickt mit dem Bleistift in ihrer Hand umgehen konnte. Die Figuren wirkten so detailliert und genau porträtiert, dass man meinen konnte, sie wären tatsächlich lebendig.
    Das Mädchen blickte nun kurz auf, um den wolkenlosen Himmel zu betrachten. Ein sanftes, aber auch leicht melancholisches Lächeln lag auf ihren Lippen.
    „Ich hoffe du kommst bald zurück, Bruderherz“

    Was?“, meinte Elias und Schock durchflutete seine Gedanken, „Alices… Alices Krankheit ist unheilbar?“
    „Sie haben richtig gehört“, vernahm er die ölige und merkwürdig schadenfrohe Stimme Doktor Arachnids in seinem Kopf und die Worte schallten ihm in den Ohren, als säße der unsympathische Mediziner direkt in seinem Gehörgang. Inzwischen hatte Elias dank der telepathischen Kräfte seines Diamanten bereits ein Bild des garstigen Akademikers vor Augen. Großgewachsen, schlank und wie immer mit einem gierigen Grinsen im Gesicht hatte er sich auf der Terrasse der Villa der „von Goldhall“s positioniert, um mit dem jungen Silberling in Kontakt zu treten. Hinter ihm konnte man die weite Graslandschaft erkennen, aus der einzig der weiße Pavillon hervorstach. Das türkisfarbende Haar stand unordentlich zu allen Seiten hin ab und hing ihm vollkommen durcheinander in die Stirn, während er aus gelben Raubtieraugen heraus Elias wie so oft mit einer gewissen Arroganz zu betrachten schien. Er trug wie üblich seinen weißen, bis obenhin zugeknöpften Doktorkittel und seine schwarze Cordhose.
    Gibt es denn keinen Weg, sie zu retten?“, rief der junge Schönling verzweifelt in Gedanken aus, wobei ihm das breite Grinsen Arachnids nicht unbedingt half, sich zu beruhigen. Erfreute sich dieser widerliche Mann auch noch am Leiden seiner Cousine? Es war genau dieses abartige und menschenverachtende Verhalten, dass Evan Arachnid den Ruf eines sadistischen Spinners eingebracht hatte, dessen Patienten eher litten als heilten, aber trotzdem wie auf wundersame Weise am Ende wieder kerngesund zu sein schien. Dies war auch der Grund, warum er in der hohen Gesellschaft verweilen konnte, wie es ihm beliebte. Wer in der Gunst der Königin stand, der hatte keine Feinde in der Adelsschicht. Zumindest dem Schein nach.
    Mit einem schmatzenden Geräusch brach Arachnid in ein kieksendes Kichern aus. Das brachte das Fass für Elias fast zum Überlaufen, aber er beherrschte sich. Einem solchen Mann musste man möglichst kühl begegnen. „Was ist so lustig?“, fragte er deshalb mit kalter Verachtung in der Stimme an den Arzt gewandt und warf ihm einen Blick so voller Abscheu zu, dass man zum ersten Mal eindeutig merkte, dass er Kleopatras Bruder war.
    Mit einem weiteren unappetitlichen Laut fuhr sich Arachnid mit seiner schon fast unmenschlich langen Zunge über die Lippen, um dann grinsend zu antworten: „Nun ja, es gibt eine Möglichkeit…Eine Medizin, die aus den Wurzeln einer seltenen Pflanze gewonnen wird, sollte Abhilfe schaffen…“
    „Dann kaufen Sie sie, sofort!“, befahl Elias energisch. Es musste alles getan werden, damit Alice überleben konnte.
    Das Mittel ist ziemlich teuer…“
    „Das ist vollkommen egal!“, schnitt der junge Silberling dem Doktor unwirsch das Wort ab, „Wir werden keine Kosten und Mühen scheuen!“ Die Heilung seiner Cousine durfte nicht an solchen Kleinigkeiten scheitern. Er wüsste nicht, wie er es Adrian beibringen müsste, wenn seine Schwester sterben würde, bevor man die Medizin besorgt hätte.
    Doktor Arachnid hatte weiterhin sein schmieriges Lächeln aufgesetzt und machte keine Anstalten sich zu bewegen. Stattdessen kicherte er nochmal, unterlegt von schmatzenden Geräuschen und erklärte: „Herr Elias, Sie müssen wissen, zuvor ist jemand von den Geldverleihern gekommen
    Der Silberling schluckte und wurde auf einmal blasser, als er es sonst war. Das verhieß nichts Gutes.
    Und er meinte, ehe die Familie nicht sämtliche Schulden abbezahlt hätte, könnte man keine weiteren Kredite ausgeben.“
    „Was!“, rief Elias entsetzt und sein Gesicht wurde bleicher als jede Schneeflocke. „Da-das heißt ja…“
    Arachnid kicherte er erneut: „Ich kann gut ohne eine Bezahlung leben… aber meine Patientin nicht.“ Und mit diesen Worten brach er die Verbindung ab.

    „Zuerst…“, seufzte Piero in seiner üblichen verträumten Art, während er die zwölf Karten, die um den Miniaturspringbrunnen herum gelegt worden waren, betrachte, „…werde ich sagen, wem ich die Zukunft vorrausagen werde“
    Das ruhige Plätschern des Springbrunnens, das Zwielicht im Zelt, der merkwürdig angenehme Geruch nach Kirschblüten und das stetig monotone Gerede ihres Gastgebers ließen Marie langsam aber sicher schläfrig werden. Sie hielt nicht viel von Weissagungen und ähnlichem ätherischem Firlefanz, für sie zählten nur Fakten, Daten und Maschinen. Trotzdem hatte sie das Angebot nicht abschlagen wollen. Der Narr hatte einfach so interessant gewirkt und wo er doch so höflich gefragt hatte. Außerdem war es kostenlos und vielleicht konnte es ganz unterhaltsam werden. Abermals ertappte sich die Rothaarige wieder, wie sie sich in Pieros feurigen, orangeroten Augen verlor, fast wie einem flammenden Ozean aus dessen Strudeln es kein Entkommen gab. Doch sie riss sich zusammen, als der Wahrsager die erste Karte, welche auf ein Uhr von dem Springbrunnen aus gesehen ruhte, aufdeckte. Es war ein Krebs, der kopfüber zu ihr lag.
    „ Der aufrechte Krebs, Cancer“, meinte Piero abwesend und richtete seinen Blick auf Damian, welcher jenen eher missmutig erwiderte. Offenbar war er im Gegensatz zu Marie seinem Gastgeber äußerst abgeneigt.
    „Damian-kun werde ich zuerst seine Zukunft voraussagen…“, erklärte der Narr nun weiterhin so entrückt als schwebe er gedanklich zurzeit über einem weiten Wolkenozean. Ein genervtes Augenrollen seitens des „Auserwählten“ war die Antwort. „Bereits durch Cancer kann ich dir sagen, dass du vermutlich sehr sympathisch auf deine Mitmenschen wirkst, wahrscheinlich bist du auch sehr gesellig und fürsorglich…“ Der Beschriebene setzte ein selbstgefälliges Lächeln auf und nickte zustimmend als wäre er tatsächlich die personifizierte Güte. Marie wusste nicht ob sie lachen oder ihm doch lieber einen Schlag verpassen sollte. Soweit sie es mitbekommen hatte, traf keine dieser Eigenschaften auf diesen arroganten Pfau zu. Aber gut, es war ein simpler Kartentrick, sie hatte nie damit gerechnet, dass das, was Piero sagen würde, der Realität auch nur ansatzweise nah käme.
    Doch offenbar war der Narr noch nicht fertig, denn er säuselte weiter als hätte man ihn nie unterbrochen: „Allerdings steht Cancer auch für eine gewisse Eitelkeit. Ebenso scheint es mir als seiest du kindisch, naiv und dazu außerordentlich launisch…“
    Diese Verkündigung schien Damian eher weniger gut zu gefallen denn in sein Gesicht trat ein Ausdruck, der Empörung, Schock und gekränktem Stolz mischte, und er erhob seine Stimme und meinte kühl: „Das stimmt überhaupt nicht!“
    „Doch“, antworteten Piero und Marie gleichermaßen, wobei der Rotschopf sein Lachen unterdrücken musste, sodass ihr Begleiter ihr einen Blick der weniger freundlichen Sorte schenkte und sich abwandte, offenbar um bei Laila Bestätigung zu finden, die jedoch damit beschäftigt war, das pompöse Zelt des Narren zu bestaunen. Es belustigte Marie nicht nur Damians entgleister Gesichtsausdruck, sondern auch die Tatsache, dass diese Charaktereigenschaften dann doch ein ganzes Stück näher an der Wahrheit lagen als die anfänglichen Nettigkeiten. Dazu kam noch die absolute Unverfrorenheit Pieros, welcher seinem Kunden dessen offensichtliche Schwächen eiskalt ins Gesicht gesagt hatte. Damit hatte er sich bei ihr schon mal einen Pluspunkt gut gemacht.
    Ohne weiter auf Damian zu achten fuhr der Wahrsager fort und deckte die nächste Karte auf. Ein prächtig gemalter und sich aufbäumender Löwe war auf ihr zu sehen. „Der stolze Löwe…“, erklärte er gleichbleibend träumerisch jedoch ohne dabei seine feurigen Augen von Damian zu lassen, „…auch genannt Leo. Einst das Wappen des Sonnenkönigs selbst steht es für Stolz und Erhabenheit, große und geschickte Kämpfer. Allerdings…“, intonierte er weiter bevor Damian sich auch ansatzweise damit brüsten konnte, um sein angekratztes Ego wieder aufzubauen, „…besitzt er neben Mut und Überlegenheit auch eine übermäßige Arroganz und Egozentrik. Dazu ist er furchtbar eitel und hat ungesund viel Selbstvertrauen…“
    Damian schnaubte, Marie ebenfalls allerdings aus leicht anderen Gründen. Das war einfach zu gut, fast als hätte Piero Damian sein gesamtes Leben lang gekannt.
    „Die nächste Karte ist…“, hauchte Piero anscheinend immer noch vollkommen weggetreten und offenbarte das nächste Symbol, „…der weitsichtige Schütze, Saggitarius. Humorvoll und offenherzig ist der Schütze, jedoch genauso großtuerisch und angeberisch. Mir scheint es, als hätte Damian-kun ein großes Problem in Form eines noch größeren Egos…“
    Marie konnte nicht mehr an sich halten und prustete los, während der Braunhaarige ziemlich beleidigt meinte: „Das stimmt gar nicht…“
    „Doch“, entgegneten Marie und Piero abermals gemeinsam.
    „Aber keine Sorge, Damian-kun“, beruhigte der Narr den aufgebrachten jungen Mann, während er weiterhin wirkte als wäre er völlig absent. „Saggitarius steht weiterhin für Selbstlosigkeit und Weitblick. Es ist die Seele eines Optimisten, eines Abenteurers und eines strategischen Kämpfers…“
    „So, dass reicht jetzt aber mit dem Süßholzgeraspel“, unterbrach Marie unwirsch den Narren, während ihr Blick sehr schnell von Heiterkeit zu Skepsis rutschte. „Am Ende glaubt er noch das, was Sie sagen…“
    „Hey!“, schaltete sich Damian entrüstet ein und betrachtete missmutig Marie. „Hör auf mich schlechter zu machen, als ich bin!“
    „So tief wie du stehst, muss ich das gar nicht!“, entgegnete sie giftig und schürzte abweisend die Lippen. Der Beleidigte warf ihr seinerseits einen eher abschätzigen Blick zu und antwortete: „Naja, wenigstens bin ich nicht so flach…“, doch bevor er seinen Satz beenden konnte, hatte Marie ihm gegen das Schienbein getreten.
    Piero, der die Zankerei, die daraufhin entbrannte, wohlwollend ignorierte, fuhr fort weiterhin so selbstvergessen, als wäre er gedanklich ganz woanders, seine Karten zu erklären: „Aus der Kombination von Saggitarius und Leo schließe ich, dass du ein recht starker Kämpfer bist, Damian-kun. Offenbar hast du auch Magie erlernt, ich nehme an Manipulation des Feuerelements…“
    „Oh!“, mischte sich Laila mit aufgeregt funkelnden Augen das erste Mal in das Gespräch ein. Schon davor hatte sie wie gebannt an Pieros Lippen gehangen, doch nun schien er sie endgültig in seinen Zauber gezogen zu haben. Marie wunderte das kaum, ihre Schwester war schon immer ein klein wenig blauäugig gewesen und hatte sich oft sehr leicht von solchen Taschenspielertricks beeindrucken lassen. Die Naivität stand ihr unübersehbar auf die Stirn geschrieben, weswegen Marie auch immer darauf achtete, dass Laila sich nicht zu sehr von solchen Spielereien mitreißen ließ. Manchmal kam sie sich dabei vor wie ein Kindermädchen. Ein junges, rothaariges und sehr genervtes Kindermädchen, das nicht viel Spaß an seinem Job hatte.
    „Woher haben Sie nur so schnell etwas über Damian herausfinden können?“, fragte die Blondine entzückt an Piero gewandt. Jener lächelte geistesabwesend ins Leere und antwortete ruhig: „Die Karten haben es mir gesagt.“
    Damian schnaubte spöttisch. Es war offensichtlich, dass er den Karten und ihrem Wahrheitsgehalt eher zweifelnd gegenüberstand und Marie konnte das sehr gut nachvollziehen. Auch sie hielt nicht sonderlich viel von Prophezeiungen und ließ sich bei weitem nicht so schnell beeindrucken wie ihre Schwester. Dafür waren ihr diese ganzen Weissagungen einfach viel zu vage.
    „Diese Vorausdeutungen sind doch alles nur Schall und Rauch, Glanz und Schein wie das gesamte Zirkusleben!“, meinte der junge Mann abschätzend und winkte mit einer herablassenden Handbewegung in Richtung des Narren, welcher sich jedoch nur mäßig dafür zu interessieren schien. „Er sucht sich einfach ein Opfer heraus, beobachtet es eine Weile, um seine Verhaltensweisen kennen zu lernen und beeindruckt es dann mit dem Wissen, dass er sich spioniert hat. Danach orakelt er bedeutungsvoll und so ungenau wie möglich in die Zukunft und kassiert die Bezahlung…“
    „Oh…“, sagte Laila verwundert und blickte mit tellergroßen Kulleraugen so, als hätte man sie eben vor den Kopf geschlagen, „…so macht er das also…“
    „Auf jeden Fall halte ich nichts von solchen Betrügern…“, fuhr Damian verächtlich fort und stand auf, um zu gehen, doch kaum hatte er sich umgedreht, musste er auch schon erschrocken stehenbleiben. Piero hing kopfüber vor dem Eingang von der Decke herab und betrachtete sie weiterhin so teilnahmslos, als befände er sich immer noch hinter seinem Tischchen. Sowohl Marie als auch Damian und Laila blickten fassungslos zuerst auf ihn und dann auf den Platz, auf dem er bis vor kurzem noch gesessen hatte. Dort lagen nur noch die Karten, allesamt aufgedeckt, sodass der Rotschopf sehen konnte, welche Karten für ihren Freund als nächstes offenbart worden wären: Jungfrau, Wassermann, Steinbock, Fische, Stier, Waage, Zwillinge, Widder und Skorpion, alle in dieser Reihenfolge.
    Wie hat er es geschafft… so schnell…?“, wunderte sich Marie immer noch vollkommen sprachlos, während Piero weiterhin träumerisch ins Leere blickte und vor sich hin summte, als sei nichts geschehen. Damian schien sich Ähnliches zu fragen, doch bevor er seiner Verwunderung durch Sprache Ausdruck verleihen konnte, ergriff der kopfüber Hängende bereits das Wort.
    „Es ist dir allein überlassen, ob du mir glaubst oder nicht, Damian-kun…“, begann er langsam und so entrückt wie eh und je, „…aber die Zukunft, die ich gesehen habe, sah nicht sehr rosig aus, genauso wenig wie die Vergangenheit“
    Plötzlich wurde Damian blass und schien auf einmal wie gebannt an Pieros Lippen zu hängen. Jener betrachtete den Jungen weiter mit unergründlichen, feurigen Augen. „Die Vergangenheit…“, flüsterte er nun und beugte sich vor, wobei er immer noch wie eine Fledermaus kopfüber von der Decke hing, „…die dir verborgen ist.“
    Das Gesicht des jungen Magieschülers wechselte von der Farbe von Kalk zu einem ungesund grünlichen Ton. „Was weißt du?“, fragte er flüsternd und seine Stimme zitterte. Marie warf ihm einen Blick voll tiefer Besorgnis zu. Was war nur mit ihm, so hatte sie ihn noch nie erlebt. Normalerweise war er ruhig und gefasst, doch nun wirkte er vollkommen aufgewühlt.
    Piero überging die Frage und richtete sich an Marie, doch er hatte nicht mit dem Gefühlszustand des Jungen gerechnet, denn dieser packte ihn nun grob am Krag und zog ihn zu sich heran. „Sag mir, was du weißt!“, befahl Damian und erhob seine Stimme, während sein todernster Blick sich in den Unbeschwerten des Narren bohrte. „Die ersten zehn Jahre meines Lebens sind wie aus meinem Gedächtnis gelöscht! Ich weiß nicht wer ich bin, was ich bin oder wer meine Eltern sind! Ich weiß gar nichts!“
    „Damian…“, flüsterte Marie beschwichtigend, doch er hörte nicht auf sie.
    „Sag es mir! Jetzt!“
    In ihrer Brust quoll ein wenig Mitleid auf, wie eine frisch aus der Erde gesprossene Knospe. Sie hatte nie gewusst, nie auch nur geahnt wie sehr Damian der Verlust seiner Erinnerung zu Herzen ging. „Irgendwie traurig…“
    Piero hatte weiterhin einen Gesichtsausdruck als hätte er sein Lächeln festgeklebt, doch schien es für einen kurzen Moment so, als würde sich etwas in den feurigen Augen des Narren regen. Für einen ganz kurzen Moment, quasi nur einen Augenaufschlag, konnte Marie etwas wie kühle, grausame Verachtung sehen und ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken, sodass sich ihre Nackenhaare aufstellten. Doch, nein, sie musste sich geirrt haben, denn als sie kurz darauf nochmal hinguckte, waren Pieros Augen wieder verträumt und unergründlich.
    Statt zu antworten, zog er nun eine Karte hinter seinem Rücken hervor. Marie blickte schnell zum Tisch und zu ihrer Verwunderung lag keine Einzige mehr dort. Allein Salome, die schöne Assistentin Pieros stand noch da und blickte genauso wie ihr Meister ausdruckslos Löcher in die Luft.
    Marie wandte sich wieder zu dem Narren und Damian. Der Rotgekleidete hielt nun die Karte vor das Gesicht seines Kunden und schwenkte sie leicht hin und her. Marie wusste nicht, ob es so gut war, den jungen Magier in dieser Situation noch zu provozieren. Als sie sich jedoch mehr auf das Bild konzentrierte, erkannte sie, dass es die Waage war, die aufgrund von Pieros Lage genauso wie er kopfüber für Marie und ihren Freund zu sehen war.
    „Alles ist miteinander verbunden, Damian-kun“, erklärte der Wahrsager nun freundlich und drehte den Kopf dann so, dass er Marie ansehen konnte. Sie blickte weg, da sie Angst hatte, sich schon wieder in seinen Augen zu verlieren, hörte aber aufmerksam auf das, was er ihr zu sagen hatte. „Dies ist die Waage, Libra. Es wird die Karte sein, die in Marie-sans Zukunft über allem liegen wird.“
    Marie zog zischend Luft ein. Was hatte sie mit Damians Erinnerung zu tun? Piero fuhr fort und das träumerische Lächeln schien breiter zu werden.
    „In dieser Position bedeutet Libra Verlust.“
    ___
    Mit 3000 Wörten mein längstes Kapitel. Es sollte eigentlich noch zu Scheinglanz gehören, deshalb die ähnlichen Namen

    Neues Kapitel <3


    Scheinglanz


    Die Sonne brannte heiß vom azurblauen, wolkenlosen Himmel herab und ließ die Passanten in den Gassen schwitzen und sich wünschen, sie wären doch im einigermaßen kühlen Haus geblieben. Es war zwar erst April, aber von den gefühlten Temperaturen her hätte es auch Mitte Juli sein können. Die Straßen stanken dabei so stark, dass mancher Fußgänger mit einem Taschentuch vor Nase durch die kleinen, verästelten Wege, die sich wie dünne Spinnenfäden durch die ganze Altstadt Schwarzstadts zogen, eilte, um schnellstmöglich auf die Hauptstraßen zu gelangen, wo das Kirschblütenfest gerade im vollen Gange war. Niemand wollte in den staubigen, zu meist dreckigen und pestilenzialisch anmutenden Passagen verweilen, wenn doch woanders gerade Künstler aus aller Welt ihre Kunststücke zur Schau stellten.
    Unter diesen Umherwandernden befanden sich auch drei Personen, die extrem aus der breiten Masse herausstachen, was, wenn man die drei jedoch kannte, nicht weiter verwunderlich war. Elias, Adrian und Kleopatra schlurften, wie gewohnt extravagant, durch die übelriechenden Seitenstraßen auf der Suche nach etwas, das ihren schillernden Erscheinungen Tribut zollen würde. Wie üblich hatten es alle drei als nötig erachtet, Kostüme anzuziehen, die so stark auffielen wie ein Elefant in einem Flohzirkus. Elias, das silberne, feine Haar glitzerte im gleißend hellen Sonnenlicht, als wäre es aus Diamanten gemacht worden, hatte sich einen langen, schneeweißen Herrengehrock angezogen, welcher die umgebende Helligkeit so herrlich reflektierte, dass es keinen Unterschied mehr machte, ob man in die Sonne oder auf ihn guckte. Darunter trug er ein himmelblaues, mit goldenen Stickereien versehenes Hemd, welches wunderbar seine großen, grünblauen Augen ergänzte und ihn fast schon einem Meeresgott ähneln ließ, sowie eine dunkelblaue Samthose, passend zu den mitternachtsblauen Stoffrosen, die anstelle von Knöpfen an seinem Herrengehrock prangten.
    Auch sein Cousin war nicht minder auffällig gekleidet. Mit den olivgrünen Augen wie festgeklebt an den zwei Spiegeln in seinen Händen hängend, präsentierte er die gleiche Kombination aus Kleidungsstücken wie der Silberling, jedoch in knalligen Rotfarben, welche sich so herrlich bissen, dass er wie ein Leuchtfeuer aus der Menge herausstach. Die Tolle wie eh und je gestriegelt und gepflegt wippte beim Gehen fröhlich auf und ab, wie ein kleiner Vogel, der sich auf dem Kopf des Lords von Goldhalls niedergelassen hatte. Das war ein eindeutig merkwürdiger Anblick, der sich den Leuten bot, die stehenblieben, um dieses bizarre Duo zu betrachten, doch der wahre Blickfang stand noch bevor.
    Kleopatra, die blonde Schönheitskönigin, welche ihre Perfektion wie immer in all ihrer Pracht zur Schau stellte, hatte es geschafft alles zuvor Dagewesene, ihre vorherigen Outfits mit eingeschlossen, ausnahmslos zu überbieten. Statt eines Kleides hatte sie einzig und allein einen goldenen Ring um den Hals, von welchem viele knielange, violette Streifen aus Seide herabhingen, um ihren Körper zu verdecken. Man sah zwar nichts, zumindest weniger als bei ihrem Tigerpelzkleid, aber eine falsche Bewegung, ein winziger Lufthauch hätte genügt, um die Lady zu entblößen. Dementsprechend gespannt folgten ihr auch die vielen Augen der männlichen Fußgänger bei ihrem Weg durch die Straße, genauso gierig an ihr klebend wie die Augen einer Schlange an einem Kaninchen.
    Jedoch schien es keinen der drei Adligen wirklich zu interessieren, dass sie Attraktion des Tages in dieser Gasse waren. Tatsächlich wirkten sie eher reichlich energielos und gerädert, auch wenn das Adrians Selbstobsession keinen Abriss tat, und ihre Schritte waren müder und bei weitem nicht so energisch und aufmerksamkeitsheischend, wie es sonst immer der Fall war. Elias ließ den Kopf hängen und Kleo schien noch nicht mal das Bedürfnis zu haben, sich an den unstillbaren, wollüstigen Blicken der Männer und der offensichtlichen Eifersucht der Frauen zu erfreuen. Stattdessen hielt sie sich den Bauch und blickte gen Boden, fast als wäre sie niedergeschlagen.
    Ein lautes Knurren hallte zwischen den hohen Häusern wider. Elias blieb kurz stehen, um dann mit einem wehleidigen Gesicht und sich, ähnlich seiner Schwester, den Bauch haltend, in eine recht düstere, menschenleere Seitengasse einzubiegen, die offensichtlich von der Hauptstraße wegführte, was er in seiner Kraftlosigkeit jedoch nicht zu merken schien. Seine Verwandten folgten ihm wie die Schafe einem Hirten, ohne ihn darauf hinzuweisen, dass dies eindeutig der falsche Weg war, was man entweder mit ihrer derzeitigen Verfassung oder der Tatsache, dass sie den Orientierungssinn von Kartoffeln besaßen, erklären konnte.
    Ein weiteres Knurren ertönte. „Ich habe Hunger“, stöhnte Elias, dachte jedoch nicht daran eventuell zu stoppen und nach dem Weg zu einem Restaurant zu fragen, was aber ein sinnloses Unterfangen gewesen wäre, da ohnehin niemand in der Seitenstraße war, sondern ging wie ein Untoter stur weiter geradeaus. Es schien fast so, als erhoffte er sich am Ende des Weges einen riesigen Berg an Obst. Hungernde Menschen konnten so schnell ihren Wunschvorstellungen erliegen.
    „Ich habe mehr Hunger“, klagte Kleo, ohne dabei jedoch zu vergessen, ihr Haar dramatisch zurückzuwerfen. Offenbar hatte sie doch noch etwas ihrer Würde beibehalten. Ein weiteres, allgemeinvernehmliches Grummeln bestätigte ihre Aussage, gab ihr aber nicht das ersehnte Mahl.
    „Ich hab mehrer Hunger!“, meinte der junge Lord von Goldhall nun, ohne dabei die Augen von den Spiegeln zu lassen. Offenbar wollte er wie üblich eine Art Wettstreit mit Kleo vom Zaun brechen, wobei er den grammatikalischen Fehler, den er zuvor gemacht hatte, in der höflichsten Weise ignorierte und fortfuhr sich selbst in den reflektierenden Scheiben in seinen Händen zu betrachten. Anders als seine Gefährten zeigte er nicht einmal das kleinste Anzeichen von Müdigkeit. Offenbar hatte er es geschafft sich von seinem eigenen Spiegelbild zu ernähren, wie es so viele Narzissten vor ihm erfolglos versucht hatten. Ob diese Leistung als positiv oder negativ zu werten war, blieb dem betrachtenden Individuum überlassen.
    Als Entgegnung auf die Herausforderung ihres Cousins schnalzte Kleo entnervt mit der Zunge und richtete sich auf, obwohl sie den Blonden auch schon gekrümmten Gang überragt hatte. „Ich habe sicherlich am mehreresten Hunger!“, teilte sie ihm schnippisch mit und warf abermals ihren honigblonden Lockenwasserfall zurück, bevor sie mit ihren himmelblauen Diamantaugen giftig den blonden Hinterkopf Adrians anvisierte. Dass sie den grammatikalischen Fehler, den ihr Verwandter ausversehen eingebaut hatte, übernommen und erweitert hatte, war aufgrund mangelnder Intelligenz nicht unbedingt bewusst. Sie war auch nicht gerade die Schlauste, was man unteranderem daran sehen konnte, dass sie ihrem Bruder gerade vollkommen blauäugig ins Nirgendwo folgte.
    Der blonde Narzisst schien sich nicht dazu herablassen zu wollen, seiner Cousine einen Blick zu schenken, da er lieber weiterhin an seinen Spiegeln hing. Stattdessen antwortete er in einer Weise, die man nicht mal mehr arrogant nennen konnte: „Ich bitte dich Kleo, bei aller dir nicht in die Wiege gelegten Vernunft. Ich habe eindeutig am meisten Hunger…“
    Die Entgegnung diesmal war ein sehr schmerzhafter Tritt in die Wade, welcher mit einem überraschten und lauten Schmerzensschrei beantwortet wurde. Doch bevor der jetzt erzürnte Adrian etwas Anderes machen konnte, als einen letzten Blick in seine Spiegel zu werfen, um zu begutachten, wie Schmerz ihm den zu Gesicht stünde, hatte die blonde Furie ihn auch schon am Kragen gepackt, wobei fein säuberlich darauf achtete, dass auch ja keiner ihrer königsvioletten, krallenartigen Fingernägel abbrach, und zog ihn so nah zu sich heran, dass ihr zerstörerischer Blick direkt auf den seinen traf. Beide schienen, als würden sie gleich Blitze aus den Augen schießen, denn offenbar hatte der Hunger und die fehlende Befriedigung jenes, ihre Nerven doch extrem überstrapaziert. Ihre ohnehin nicht sehr stark belastbaren Geduldfäden waren nun gerissen.
    „Willst du dich mit mir streiten?“, flüsterte Kleopatra jetzt in einem gefährlich leisen Tonfall, den man in dieser Bedrohlichkeit noch nicht von ihr gehört hatte. Normalerweise reichte ihr Farbspektrum an Stimmlagen nur von quietschend zu Fledermauskommunikation, doch offenbar hatte sie sich vorgenommen, neue, ihr unbekannte Gebiete der Betonung zu erforschen.
    „Fällt dir das jetzt erst auf?“, antwortete Adrian in seiner typischen arrogant-schnippischen Art, jedoch hatte er die olivgrünen Augen zur Abwechslung mal vom Spiegel gelassen und beäugte seine Cousine in einer recht herausfordernden Weise. Da beide sehr ähnliche Charakterzüge besaßen, war es klar, dass sie oft einander gerieten. Schließlich hieß ja nicht umsonst „Gegensätze ziehen sich an, alles andere stößt sich ab“, wobei die beiden Adligen hierbei „alles andere“ waren.
    „Ähm, wir sollten uns nicht…“, versuchte der recht harmoniebedürftig veranlagte Elias in guter Absicht zu schlichten, doch wie so oft, wurde er von seinen Mitstreitern als Kratzbaum benutzt. Ein einstimmiges „Halt du dich da raus!“, ließ ihn aufgeben und sich zurückziehen.
    Während Kleo und Adrian sich weiter anfeindeten, um ihren Hunger Sättigung in Form von Aggression zu geben, entfernte sich der Silberling ein paar Schritte und ließ den Kopf hängen. Eigentlich hatte er ja nur helfen wollen, aber wie so oft zeigte ihm seine Schwester ihm die kalte Schulter. Zwar tat sie das inzwischen so regelmäßig und selbstverständlich, dass er sich eigentlich daran hätte gewöhnen müssen, aber es tat trotzdem noch weh. Auch wenn er es niemals zugeben würde, verletzten ihn Kleos Aktionen mehr als alles andere. Früher, als er noch kleiner gewesen war, hatte sie ihn immer nett behandelt, wie eine große Schwester es eigentlich hätte tun sollen, aber seit jenem Tag hatte sich ihr Verhältnis zu ihm vollkommen verändert.
    Seine Gedanken wurden durch ein leises Vibrieren an seinem kleinen Finger unterbrochen. Der glitzernde, in einem Goldring eingefasste Smaragd leuchtete und zitterte leicht, fast als wäre ihm kalt, während er inzwischen ein kaum hörbares Surren von sich gab. Elias wusste, was das bedeutete und hielt den Ring an seine Schläfe, um dann gedanklich zu fragen: „Ja, was gibt es?“ Es war eine sogenannte Verbindungsplatzierung, eine telepathische Verbundenheit von zwei Personen, die über weite Strecken hinweg hielt und durch zwei Schmuckstücke, die jeder der Verbindungspartner trug, verstärkt wurde. In Elias‘ Fall war es der Ring mit der Verbindung zu Doktor Evan Arachnid, einem hochangesehenen Arzt, der sogar schon ihre Majestät, Königin Morgana selbst hatte behandeln dürfen. Das chaotische Trio hatte ihn angeheuert, um auf Adrians kränkliche und zerbrechliche Schwester Alice aufzupassen.
    Herr Elias?“, fragte die ölige und merkwürdig unmelodische Stimme Arachnids im Kopf des Silberlings. Jedes Mal wunderte sich jener wie es jemand wie Evan Arachnid zum Doktor geschafft hatte. Nicht nur, dass er ein vollkommen unsympathischer Widerling war, auch von seinem Alter her, schien er viel zu jung zu sein, um als vollwertiger Mediziner praktizieren zu können. Er war augenscheinlich nicht älter als der junge Starnosssprössling, vielleicht sogar ein wenig jünger, aber offenbar gab es Wunderkinder, die als Ausnahmen der Regel zu bestätigen schienen.
    Ja, was ist denn?“
    „Es gibt ein Problem…“


    Marie betrat durch einen Vorhang aus mit Wasser gefüllten Glassteinen, welche vor dem Eingang hingen, Pieros Zelt. Zu ihrem Erstaunen war es größer und geräumiger als die meisten Zelte der Artisten, die zum Frühlingsumzug nach Schwarzstadt gekommen waren. Ein leichter Rosenduft lag lieblich und wahrnehmbar, aber nicht aufdringlich über allem und gab dem gesamten Raum eine träumerische und entspannende Atmosphäre. Viele himmel- und ozeanblaue Wandbehänge mit teuren Stickereien, welche das Meer in seinen unterschiedlichsten Formen zeigte, hingen an den dunklen, mitternachtsfarbenden und mit glitzernden Steinen bedeckten Wänden, welche wie der klare Sternenhimmel wirkten und einem das Gefühl gaben, in einer ganz anderen Welt zu sein. Tatsächlich erkannte Marie einige Zeichen des Tierkreises, welche auf dem Stoff abgebildet waren. Dort waren Aquarius, der Wassermann und direkt daneben der Steinbock Capricornus, außerdem sah sie Taurus und Gemini. Von dem Rest war jedoch keine Spur. Vermutlich waren die Fehlenden im Hinterzimmer.
    Piero hatte sich inzwischen hinter einem kleinen, blaugrünen Tisch niedergelassen, auf dem nicht weiter stand als ein kleiner, marmorner Zimmerspringbrunnen. Er war mit grünen und weißen Schlieren überzogen und das Wasser floss aus einer wunderschön geformten, kirschblütenfarbenden Munschel, welche den Brunnen fast schon zu krönen schien, sodass er wirkte, als wäre er direkt aus dem Meer gefischt worden. Sein sanftes Plätschern hatte etwas Beruhigendes und Melodisches, ebenso erfüllte es den Raum mit einem Gefühl der Leichtigkeit.
    Das Licht, welches durch den Stoff fiel war gedämpft oder wurde von den vielen Glassteinen, die von der Decke hingen gebrochen, wodurch im Zelt ein Zwielicht herrschte, an welches sich Maries Augen erst gewöhnen mussten. Als sie sich schließlich an die veränderten Lichtverhältnisse angepasst hatte, schenkte sie Piero abermals einen Blick, da er nun in die Hände klatschte, um offenbar die Aufmerksamkeit seiner Kundschaft zurückzuerlangen.
    Der Glasvorhang hinter ihm raschelte nun und aus dem Hinterzimmer trat eine Frau. Als Marie sie betrachtete, fiel ihr mit leichter Überraschung auf, dass es sich um die Bauchtänzerin vom Marktplatz handelte. Wie hatte sie es so schnell hierher schaffen können? Noch immer trug sie ihr bauchfreies Kostüm aus rotem und goldenem Stoff, welches äußerst exotisch und edel anmutete, wobei sie auch gleichzeitig ihren gebräunten, zugegeben sehr weiblichen und ästhetischen Körper präsentierte, ohne dabei jedoch so billig zu wirken wie gewisse Blondinen. Trotz ihrer offensichtlichen Jugend besaß sie graues Haar, welches sie sich zurückgebunden hatte und mit einem Kopftuch bedeckte. Ihr glattes, hübsches Gesicht wirkte reglos und nichtssagend, einzig ihre goldenen Augen stachen eindringlich aus ihrem Gesicht hervor. Ähnlich wie bei Pieros orangeroten Augen brannte auch in denen der Frau ein leidenschaftliches Feuer, welches ihren Gegenüber zu fesseln vermochte.
    „Damian-kun, Marie-san, Laila-san…“, ergriff der Hofnarr nun, so verträumt wie immer, das Wort und deutete auf die junge Dame, „…meine Assistentin Salome“
    Die Vorgestellte deutete eine Verbeugung an, sagte jedoch nichts, sondern musterte die Anwesenden weiter mit ihrem feurigen, goldenen Blick. Marie bemerkte aus dem Augenwinkel, dass auch Damian, der neben ihr auf einem samtenen, blauen Sitzkissen Platz genommen hatte, seine Augen nicht von ihr lassen konnten. Allerdings hing er nicht an ihrem Gesicht sondern ein wenig weiter unten, was Marie dazu veranlasste, entnervt zu schnauben und ihm beim Hinsetzen „aus Versehen“ auf die Hand zu treten.
    Piero ließ sich durch den kleinen Streit, der danach entbrannte nicht aus der Ruhe bringen, sondern nahm nun einen Stapel Karten und legte zwölf von ihnen um den Springbrunnen auf dem Tisch herum.
    „Es wird Zeit die Zukunft zu offenbaren“



    Festlichkeiten


    „Elias, Adrian!“, rief Kleo aus, während sie suchend ihren blonden Lockenwasserfall nach hinten warf, um bessere Sicht zu haben. Es waren die letzten Tage vor dem langerwartetem Fest der Kirschblüte und das chaotische Trio hatte sich entschlossen, einen weiteren Ausflug in die Innenstadt zu wagen, um sich weiterhin ihrem liebsten Hobby mit aller Leidenschaft hinzugeben: Ihr Geld aus dem Fenster zu werfen. Zurzeit befanden sich die drei Adligen im Geschäfteviertel der Stadt, da der Hauptplatz geräumt worden war.
    Die junge Frau trat gerade aus einer Boutique für die „extravagante Dame“ mit einem ganz besonders exzentrischen wie freizügigen Kostüm. Der Stofffetzen, da man aufgrund der fehlenden Masse das Ganze nicht mehr als Kleid titulieren konnte, bestand aus wertvollem, orangerotem Tigerpelz und sein Ausschnitt reichte bis kurz unterhalb des Bauchnabels, wie man es schon von der Blondine gewohnt war. Außerdem war es ärmellos und besaß an den Seiten zwei tiefe Einschnitte, die bis zur Hüfte Kleos reichten und durch ihre Breite einen noch viel besseren Blick auf das durchaus nicht kleine Dekolleté der Trägerin boten. Dazu kam der Einschnitt am Rücken, welcher ebenfalls viel mehr sehen ließ, als es eigentlich sittlich war und die extreme Kürze des Kleides; die Trägerin hätte sich nur einmal bücken müssen, damit auch die letzten Geheimnisse ihres Körpers der breiten Öffentlichkeit preisgegeben worden wären. Um ihr Aussehen als Gesamtes abzurunden, dienten ihr blutrote, glänzende Lackungetüme mit so extrem hohen Absätzen, dass jeder Revolver daneben vor Neid erblasst wäre, so fern es ihm möglich gewesen wäre, als Schuhwerk.
    „Wo seid ihr?“, quietschte die junge Schönheitskönigin nun und zog eine Schnute. Wie konnten diese beiden Versager es wagen, sie warten zu lassen? Ein beleidigtes Schnalzen der Zunge folgte, während sie ihre Lederhandtasche durchforstete, um einen kleinen Goldspiegel, sowie ein ganzes Sortiment an Lippenstiften, die allesamt die gleiche Farbe zu haben schienen, heraus zu kramen. Die Blondine betrachtete ein paar der Schönheitsmittel, offenbar, um den für sie perfekten herauszusuchen, ließ die meisten aber mit einem angewiderten Gesichtsausdruck, den sie sich sonst nur für andere Frauen und ihren Bruder aufsparte, wieder zurück in die Tasche gleiten.
    Schließlich hatte Kleopatra offenbar ihren Favoriten entdeckt und machte sich daran, ihn aufzutragen. Es war ein extrem knalliges Blutrot, welches ihren herzförmigen, sinnlichen Kussmund ganz hervorragend betonte und ihn noch verführerischer wirken ließ. Ja, sie sah eindeutig umwerfend aus.
    „Schwester!“, ertönte Elias‘ Stimme so plötzlich hinter ihr, dass Kleo aufschrak und ihren wertvollen Lippenstift fallen ließ, woraufhin dieser im Rinnsal landete und zusammen mit abfließenden Fäkalien in die Kanalisation gespült wurde. Ein Aufschrei der blanken Wut war die Folge.
    „Du dummer Volltrottel, sieh dir an, was du angerichtet hast!“, keifte die nun von der unwiderstehlichen, jungen Dame zur alleszerstörenden Furie mutierte Blondine und gab ihrem Bruder eine saftige Ohrfeige. Das Klatschen war so laut, dass es über die gesamte Straße zu hören war und selbst Adrian lugte, das braunblonde, gewellte Haar perfekt gepflegt und wie immer mit riesiger Tolle als Blickfang, aus dem „Kabinett der tausend Spiegel“ um zu sehen, was denn nun schon wieder los war. Elias stand da, den Kopf gesenkt, sodass sein silbernes Haar ihm die Augen verdeckte und hielt sich mit der Hand die knallrote, offensichtlich stark schmerzende Wange, während seine Schwester, immer noch schnaubend wie ein gereizter Ochse, daneben stand und jedem einem giftigen Blick schenkte, der es auch nur wagte einen Blick aus dem Fenster zu werfen.
    Es begann zu regnen. Dicke, schwere Tropfen prasselten auf die Pflastersteine der Straße und schon bald strömte es, als hätte der Sonnenkönig persönlich die Pforten des Himmels geöffnet, um alles Leben mit einer gewaltigen Sintflut auszulöschen. Adrian warf einen Blick in die dunklen, bedrohlichen Gewitterwolken als hielte er genau das für möglich und verzog sich unverzüglich wieder in sein Paradies zurück, während Kleo laut fluchend und ohne auf ihren Bruder zu achten, zur nächsten Gaststätte stöckelte, die Tür aufriss, um sie dann nach ihrem Eintritt sofort wieder zuzuknallen, sodass es nicht weiter verwunderlich gewesen wäre, wenn jene bei einer derart brutalen Behandlung kaputt gegangen wäre. Elias stand immer noch da, inzwischen völlig durchnässt, weiterhin gen Boden blickend und vollkommen verlassen. Ein Regentropfen lief seine Wange hinab.
    „Entschuldigung, Kleo…“, flüsterte er.

    „Damian, warte!“
    Maries laute und sehr entnervt klingende Stimme hallte über den gesamten Festplatz, während sie sich nicht besonders rücksichtsvoll einen Weg durch die Menschenmassen bahnte. Von ihren Ellbogen exzessiv Gebrauch machend schaffte sie es schlussendlich doch noch ihren Kindheitsfreund einzuholen, der gebannt von einer Attraktion zur nächsten wetzte. Seine Augen funkelten vor Aufregung und Entzückung, während er vollkommen verzaubert eine exotische Bauchtänzerin betrachtete, die höchstens mit ein wenig Seide bekleidet auf einem hölzernen Podest tanzte. Marie, die es als äußerst unanständig empfand, einer erwachsenen Frau in aller Öffentlichkeit hinterher zu starren, zögerte nicht lange und gab dem braunhaarigen Jungen einen saftigen Schlag auf den Hinterkopf. „Behalte deine Augen gefälligst bei dir!“, zischte sie und warf ihm ihrerseits einen Blick der extrem tödlichen Sorte zu, bevor sie sich auf der Stelle umdrehte, um zu einer anderen Menge von Schaulustigen zu wandern. So einem frivolen, unsittlichen Spaß durfte man keine Beachtung schenken.
    Damian, der sich den schmerzenden Kopf hielt, schaute ihr beleidigt hinterher und meinte eingeschnappt und so laut, dass jeder es hören konnte: „Du bist doch nur neidisch, weil du nicht so viel weibliche…“, doch bevor er diesen unpassenden, wenn auch wahrheitsgetreuen Kommentar abgeben konnte, wurde er schon von einer, von einer Aura des Schreckens umgebenen Marie am Ohr gepackt und erbarmungslos daran hinter ihr her gezogen.
    „Oh, Schwesterherz“, ertönte eine weiche Stimme hinter den beiden, die Marie genervt die Augen verdrehen ließ. Ihre Schwester Laila kam mit ihrem ewigen nachsichtig-naiven Lächeln auf den Lippen näher und beäugte die sich ihr bietende Situation. Sie wirkte vollkommen anders als ihre Angehörige, woran man auch feststellen konnte, dass die beiden nicht blutsverwandt waren. Ihre kurzen Haare waren strohblond und wellten sich leicht, dabei umrandeten sie ihr rundes, sehr kindlich wirkendes Gesicht in einer äußerst vorteilhaften Weise. Die smaragdgrünen Kulleraugen Lailas strahlten wie immer etwas Neugieriges und Unreifes aus, besaßen aber auch bei weitem nicht so viel Tiefe wie die ihrer Stiefschwester. Ferner besaß ihre in hellen Farben gehaltene Kleidung einen eher unschuldigen und frischeren Stil als das strenge Kostüm, welches Marie so gut wie jeden Tag trug, allerdings wirkte Laila damit noch um einiges jünger, als sie es ohnehin schon tat und das obwohl das rothaarige Mädchen und die Blondine gleich alt waren.
    „Sei doch nicht immer so gemein zu Damian, schließlich ist er erst seit drei Tagen wieder hier“, meinte sie nun im Nähertreten und zog eine Schnute.
    „Du bist zu weich, Schwester!“, seufzte Marie und warf dem Jungen, den sie immer noch fest am Ohr hielt, beim Reden einen weiteren Blick der hochtoxischen Art zu. „Wenn dieser Perverse weiterhin ungehindert halbnackten Frauen hinterher gaffen kann, ohne danach bestraft zu werden, wird er nie lernen, wie man sich anständig in der Öffentlichkeit benimmt!“
    „Hey, das war eine Tänzerin! Das ist etwas völlig Anderes!“, meinte der Magieschüler gereizt, aber immer noch nicht im Stande sich des eisernen Griffes zu entwinden, während er Maries Blick nicht minder aufgebracht erwiderte.
    „Nein, ist es nicht!“, reagierte sie nun wieder scharf und musterte ihn desweiteren noch so streng, dass sie sich wunderte, dass er nicht salutierte.
    Laila indes beobachtete mäßig interessiert die Auseinandersetzung der beiden Zankenden, als sie sich plötzlich die Hand vor den Mund schlug, als hätte sie eine Fliege verschluckt und mit unterdrücktem Lachen errötete. Die Rothaarige und der Brünette hörten auf der Stelle auf sich gegenseitig anzufauchen und blickten verdutzt zu ihrer Begleiterin, welche sich nun vor lauter stummen Kichern den Bauch hielt.
    „Was ist so komisch?“, fragte Marie mit einer hochgezogenen Augenbraue und taxierte ihre Schwester mit einem ihrer berüchtigten stechenden Blicke. Sie hatte eine ungute Vorahnung, was gleich kommen würde. Damian schien ebenfalls recht interessiert zu sein, auch wenn sein inzwischen knallrotes Ohr immer noch in den Klauen seiner Peinigerin ausharren musste.
    „Es ist nur…“; brachte die Blondine mit unterdrückter Stimme hervor, während sie sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte, „…so wie ihr euch streitet, könnte man meinen, ihr seid ein altes Ehepaar“
    Kurz nachdem sie dies gesagt hatte, gab sich Laila diesmal vollkommen unverhohlen ihrem Lachanfall hin und ließ ihre Freunde errötend und unangenehm berührt in der Welt der Peinlichkeiten zurück. Nach einer kurzen Pause des Schocks, räusperte sich Marie verlegen und meinte um ihre vorherige Schärfe ringend: „Laila, du alberne Gans!“ Wie kam sie bloß auf den Gedanken, dass sie sich in Damian auch nur ansatzweise verliebt haben könnte? Schließlich war er ein arroganter Pfau, der mit Mädchen spielte, als wären sie Puppen. „Nun gut, manche sind es auch…“, meinte Marie zynisch mit Gedanken an Kleo. Trotzdem empfand sie nicht im Entferntesten irgendetwas wie Liebe für diesen Typen. Natürlich war er auch auf seine Art sympathisch, aber…
    „Bitte“, meinte Damian nun abfällig, ohne sich seiner gefährlichen Lage bewusst zu sein, „…bevor ich etwas von Madame Brett wollen würde, müsste sie erst mal…“ Ein weiterer gepfefferter Schlag auf den Hinterkopf brachte ihn nicht dazu, seinen Satz zu beenden. Marie sah sich bestätigt. Er war also doch nur ein oberflächlicher Vollpfosten.
    „Aber, aber…“, hauchte auf einmal eine verträumte Stimme direkt neben ihrem Ohr, sodass das rothaarige Mädchen eine Gänsehaut bekam, „…du solltest etwas sanfter mit Damian-kun umgehen, Marie-san.“ Sofort aufgeschreckt, sprang jene als erstes einen halben Meter vom Baum zurück, neben dem sie zuvor gestanden hatte, um Abstand zwischen sich und den merkwürdigen Fremden zu bringen. Dabei vergaß sie, dass sie immer noch Damians Ohr hielt, welcher sie jedoch mit lautem Wehklagen daran erinnerte, woraufhin sie ihn endlich losließ, ohne dabei den Fremden aus den Augen zu lassen. Auch ihre Schwester betrachtete leicht interessiert diese merkwürdige Gestalt, als wäre sie grade eben einem Märchen entsprungen. Tatsächlich war er so verwunderlich, dass es Marie nicht weiter gewundert hätte, wenn das wirklich der Fall gewesen wäre.
    Es war ein junger Mann, der nicht viel älter zu sein schien als das rothaarige Mädchen, vielleicht bestanden nur ein oder zwei Jahre Unterschied. Er besaß rabenschwarzes, längeres Haar, welches zum größten Teil jedoch unter seiner feuerroten, mit goldenen Stickereien und Glöckchen verzierten Narrenkappe verborgen war, und stechend orangerote Augen, welche trotz ihrer merkwürdigen Distanziert- und Verträumtheit ein gewisses Lodern inne hatten. Maries Blick blieb lange, fast wie hypnotisiert, an ihnen haften. Aus irgendeinem Grund faszinierten sie diese tiefen, geheimnisvollen und doch leidenschaftlichen Augen so stark, dass sie wie gebannt an ihnen hängen blieb und fast in sie eintauchte. Doch kurz bevor sie sich vollständig in diesem Gemisch aus Rot und Orange verloren hätte, blinzelte der Junge und sie konnte sich von seinem Zauber befreien, um ihn weiter zu begutachten. Wie sie bemerkte, trug er die Narrenkrone offenbar nicht nur aus Jux und Tollerei, da sein ganzes, in den Farben des Feuers, gehaltenes Kostüm darauf hinwies, dass er als Unterhaltungskünstler arbeitete. Sein Gesicht war extrem blass geschminkt und um seine Augen herum war er schwarz angemalt worden.
    Das Merkwürdige an dem Jungen war jedoch nicht seine Kleidung oder sein Aussehen, sondern die Tatsache, dass er kopfüber vom Baum hing, sodass Marie sich wunderte, warum ihm seine Kopfbedeckung nicht von ebenjenem fiel. Damian schien den eigenartigen Narren ebenfalls ziemlich misstrauisch gegenüber zu stehen, denn er verengte die Augen zu Schlitzen und fragte in einem eher weniger freundlichen Ton: „Wer bist du? Und woher weißt du wie wir heißen?“
    Statt zu antworten, sprang der Junge mit einem Salto vom Gewächs und landete, als sei es das selbstverständlichste auf der Welt, mit beiden Füßen fest auf dem Boden, um dann eine kurze Verbeugung anzudeuten und sich vorzustellen: „Verzeiht meine Unhöflichkeit, Damian-kun, Marie-san. Mein Name ist Piero Rojin, ich bin wandernder Narr auf der Suche nach Kunden!“
    Das kam Maries Meinung nach ganz gut hin. Nur wusste sie immer noch nicht, warum dieser Clown sie und Damian kannte und vor allem woher. Außerdem wollte sie wissen, was diese komischen -kuns und -sans bedeuteten, die er augenscheinlich willkürlich an die Namen seiner Gegenüber anhängte. Sie mochte es nicht, in einer fremden Sprache angesprochen zu werden, die sie nicht verstand. Ihr Freund schien ihre Gedanken zu teilen, denn er fragte nun, immer noch ziemlich schroff: „Gut, Piero, dann sag mir, woher du uns kennst! Ich kann mich nicht daran erinnern, dich schon mal getroffen zu haben und ich glaube bei Marie ist es ähnlich!“
    „Hmm…“, meinte Piero als Antwort und tänzelte um die beiden herum, als hätte er ein wenig zu tief ins Glas geblickt, was, wie Marie bemerkte, Damian augenscheinlich extrem nervte. Auch sie konnte nicht von sich behaupten, es als angenehm zu empfinden, von einem merkwürdig umher torkelnden Narren gemustert zu werden. Dieser Typ war eindeutig einer der verschrobenen Sorte.
    „Wie dem auch sei…“, sagte er nun, ohne weiter von der Frage des Braunhaarigen Notiz zu nehmen, was jenen augenscheinlich recht fuchsig machte, „…Ich denke, es ist angemessen, euch die Zukunft legen zu lassen“ Und mit einem Lächeln, als sähe er die Welt durch eine rosarote Brille, deutete er Marie, der verwirrt und verdutzt blickenden Laila, sowie einem etwas griesgrämig wirkenden Damian an, ihm zu folgen.

    So, nach fast drei Monaten komme ich aus meinen Kreatief und habe endlich das vierte Kapitel fertig. Ich hoffe, ich habe euch mit der langen Wartezeit nicht verschreckt und dass er trotzdem noch gewillt seit zu kommentieren


    Lone Wolf: Erstmal Danke dafür, dass du mir immer so konstruktive Kritik gibst, denn nur so kann ein Autor sich verbessern. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich im Bezug auf die Hyperbeln leider nicht an deine Vorschläge gehalten habe >,< Es fällt mir schwer, mich im Schreiben daran zu erinnern und grade dieses Kapitel scheint vollgestopft von Übertreibungen... Allerdings glaube ich, dass es in der zweiten Hälfte besser wird, denn die ist "jünger" als die erste Hälfte (welche übrigens schon fast ein halbes Jahr alt ist xD)

    Unschuld


    Schnee rieselte von der hohen, gewölbten Decke in die dunkle Halle hinab. Langsam, aber stetig fielen die weißen, klaren Kristalle hinab, immer tiefer und tiefer, dem unnachgiebigen, weißen Marmorboden entgegen. Doch noch bevor sie an ihm zerspringen und ihn mit einer Schicht Eis überziehen konnten, lösten sie sich in viele, glitzernde Splitter auf, die abermals nach oben flogen, um sich dort wieder zu den weißen, grazilen Gebilden zusammenzusetzen und erneut hinab zu schweben, in einem ewiggleichen, falschen Wintertanz.
    Doch das gigantische Gewölbe, welches als Ballsaal für das kristalline Weiß herhielt, war keineswegs leer. Überall lagen Kuscheltiere und anderes Spielzeug verteilt, der gesamte Boden schien bedeckt von abertausenden von Plüschbären, Porzellanpuppen und Marionetten, die mit merkwürdig abstehenden Gliedmaßen auf dem kühlen Marmor lagen, fast als hätte man sie zerbrochen. Allgemein wirkte der Tand ziemlich vernachlässigt und schlecht behandelt, aus vielen Stofftieren quoll die Füllung wie vom Himmel gestohlene Wattewolken hervor, während ihren Köpfen meist Augen und Ohren fehlten oder sie ganz abgehackt waren. Dies fiel ganz besonders durch die fast schon utopische Anzahl der zerstörten Kinderspiele auf, es hatte schon Ähnlichkeiten mit einem Schlachtfeld der Kuscheltiere. Es waren so unglaublich viele, dass sie sich zu ganzen Bergen auftürmten, manch einer hätte bereits von Gebirgen gesprochen, und alle warfen ihre dunklen, das Licht verschluckenden Schatten auf den weißen Marmorboden, während sie dort unberührt und zurückgelassen lagen, ungenutzt und vergessen auf dem kalten, harten Grund.
    Die ganze Szenerie vermittelte einen sehr traurigen und tristen Eindruck, die Massen an Spielzeug, die dort ihr kühles, ewiggleiches Dasein fristeten, ungeliebt und misshandelt, verlassen von ihrem Besitzer, der sie eigentlich hätte beschützen müssen. Man spürte die Wut und Enttäuschung die in all diesen armen Wesen gehrte, wie ein Gift, welches ihre Herz immer mehr zerfraß, bis sie vor Einsamkeit und Zorn schließlich vollkommen den Verstand verlören. Genauso schien es jenen ergangen zu sein, denn entgegen aller Behauptungen besaßen auch Kuscheltiere, Puppen und Marionetten ein Herz, genauso wie alles andere, was existierte und ganz besonders ihr Kern war nur allzu leicht zu brechen.
    Aber dennoch wurde die Dunkelheit in der hohen Halle von einem Licht durchbrochen. Doch es war kein warmes, freundliches Licht wie das eines prasselnden Feuers und auch kein sanftes, fließendes Licht wie das des hellen Vollmondes, sondern ein furchtbar kaltes, glimmendes Leuchten, welches den Saal in ein unheimliches Zwielicht legte und allem eine härtere und bedrohlichere Note verlieh. Bizarre Schatten wurden auf die gesichtslosen Köpfe und zerstückelten Körper geworfen und gaben dem kindlichen Schein trotz der Erhellung eine düstere, schon fast makabere Note, die das ganze beklemmende Szenario noch weiter verstärkte. Wie Spinnenfäden spannte sich das Licht bis zu der hohen, mit goldenen Verzierungen versehenden Ebenholztür und floss langsam immer weiter durch den Raum. Sein Ausgangspunkt war eine helle Kugel, die wie der Vollmond hinter einem schwachen Nebel verborgen in der Mitte des Saals glitzerte und ihren Glanz auf den einzigen Platz warf, der nicht von zerschnittenen Spielzeugen bedeckt war.
    Stattdessen fußte dort eine lange, weiße Tafel, die genauso wie die Tür goldene Verzierungen aufwies und von allerlei Teeservice bedeckt war. So standen dort sieben kleine, weiße Porzellantassen, aus denen Dampf quoll, der wie ein schleichender, schwerer Nebel den Tisch und Fußboden langsam bedeckte, sowie sieben Teller, auf denen jeweils ein winziges Stück Mohnkuchen seinen Platz gefunden hatte, samt silberner Teelöffel und Kuchengabeln. Auch ruhten da Diamantglasschalen mit einer Unmenge an Süßigkeiten und Teegebäck als Inhalt. Zahlreiche Kekse und Plätzchen türmten sich an der einen Tischseite während Pralinen, Schokoladentafeln und Konfekt am anderen Tafelende zu finden waren und einen unwiderstehlichen Duft versprühten, die es als unmöglich erschienen ließen, ihnen zu widerstehen.
    Doch trotzdem hatte noch keiner der Gäste angefangen zu essen oder zu trinken, ja nicht mal bewegt hatten sie sich. Kein Mucks war zu vernehmen und dies war auch nicht weiter verwunderlich, denn auf sechs der sieben Stühle thronten Kuscheltiere. Doch sie unterschieden sich ganz deutlich von ihren bemitleidenswerten, im falschen Schnee der Halle liegenden Artgenossen. Sie waren gepflegt, sauber und vollkommen intakt, fast als hätte sie man noch nie angerührt oder erst frisch fertigen lassen. Auch wirkten sie weitaus individueller als die vernachlässigten, sich stapelnden Spielzeuge ringsherum. So saßen auf der einen Seite ein Stück, das verdächtige Ähnlichkeit mit einem Hutmacher aufwies, ein Hase mit einer feierlichen Festtagskleidung, sowie eine Maus mit Hut und Anzug. Ihnen gegenüber hatten eine Königin mit Zepter und Krone, ein überdimensionaler Vogel in Seemannskleidung sowie ein weißes Kaninchen in Weste ihren Platz gefunden.
    Das einzige, lebende Mitglied dieser skurrilen Teegesellschaft war ein Junge von ungefähr dreizehn Jahren, der als Gastgeber am Kopf der Tafel saß. Er besaß ein blasses, kindliches Gesicht, geprägt von einer kleinen, süßen Nase und einem großen, blutroten Auge, welches interessiert die Schale mit den Süßigkeiten betrachtete, während das zweite Seelenfenster hinter dem ebenso rotem, unordentlich wirkendem Haar verborgen war. Sein fragiler, kleiner Körper war in einen weißen Kimono gehüllt, während an seinen zarten, blassen Füßen ein Paar der östlichen Holzschuhe, die sogenannten Geta, hingen. Das Besondere an diesem Jungen waren jedoch nicht seine Jugend oder sein östlicher Kleidungsstil, sondern seine großen, spitzen Katzenohren, die aus seinem dunkelrotem Haar herausstachen, ebenso sein zuckender, glatter Katzenschwanz, der auf seinem Schoß ruhte und die gleiche Farbe wie Ohren und Auge aufwies. In seine zierliche, blasse Hand hatte er nun seine Tasse mit dampfenden Tee genommen und schlürfte genüsslich an dem heißen Getränk.
    „Sie haben Besuch, Meister Lucifer“, ertönte auf einmal eine hohe, emotionslose Mädchenstimme hinter dem Stuhl des Jungen und als wäre schon die ganze Zeit über da gewesen, trat eine junge Dame ganz plötzlich ins Licht. Sie war von ungefähr vierzehn Jahren und besaß schulterlanges, dunkelblondes Wellenhaar, sowie violette, vollkommen kühle, fast schon apathisch wirkende Augen. Ihre Haut hatte die Farbe von Porzellan und war auch genauso rein, weswegen sie ganz besonders im kalten Licht der leuchtenden Kugel große Ähnlichkeit mit einer der zahlreichen Spielzeuge in Lebensgröße aufwies. Auch ihr Gesicht hatte etwas sehr puppenhaft, es wirkte fast schon künstlich, so unglaublich unschuldig, glatt und leblos war es, genauso wie das ihres Herren. Eine zierliche Statur war ihr zu Eigen und auch sie wies sehr kleine, feine Hände auf. Gekleidet war sie in ein schwarzes kurzes Rüschenkleid ohne Ärmel und Kragen. Schuhe oder Strümpfe trug sie keine, sie ging barfuß über den Marmorboden, womit sie an Merkwürdigkeit ihrem Meister in Nichts nachstand.
    Jener drehte sich noch nicht einmal um, sondern schlürfte noch einmal geräuschvoll an seinem Tee, als hätte ihn diese Nachricht vollkommen kalt gelassen. Aber sein nun wild und aufgeregt zuckender Schwanz strafte seine Handlung Lügen. Nachdem er sich mit seiner Zunge über die rosigen Lippen gefahren war, wobei er ein paar spitzer Katzenzähne entblößt hatte, wandte er sich zu seiner Dienerin und schenkte ein so niedliches, an Unschuld kaum zu überbietendes Lächeln, dass jede Mutter auf der Stelle dahin geschmolzen wäre. „Vielen Dank, Lita“, meinte er und seine Stimme waren die vertonte Version seines Lächelns. Süß und wohlklingend, ein samtig weicher Engelsgesang und so vertrauenserweckend wie die sanfte Melodie eines Harfenspiels. Dazu klang sie auch noch so furchtbar jung und unwissend fast als käme der Besitzer aus einer fremden Welt, hell und rein von aller Sünde. „Was würde ich nur ohne dich machen? Schon allein der Gedanke macht mich ganz traurig…“, fuhr er fort und wischte sich kurz eine Träne aus dem Augenwinkel, um sich dann das weiße Kaninchen mit der Weste zu nehmen und es ganz fest an sich zu drücken, als könnte es ihm Wärme und Trost spenden. Lita erwiderte nichts. Sie starrte stur und vollkommen emotionslos geradeaus, mit einem so ausdruckslosen Gesicht, das sie eine Puppe immer ähnlicher sah. Offenbar erwartete sie Anweisungen, während ihr Herr sich mit dem Stofftier in seinen Armen über ihre ewige Freundschaft unterhielt und den anderen diese ebenfalls beteuerte.
    Kurz darauf schien er sich jedoch wieder gefasst zu haben, da er Lita wieder ein unschuldiges Lächeln schenkte und freundlich meinte: „Bring ihn doch bitte herein“ Die junge Dienerin deutete eine Verbeugung an ohne mit der Wimper zu zucken oder auch nur ansatzweise irgendein Zeichen von Gefühlen zu offenbaren und glitt langsam, wie auf Rollen zurück in die Schatten, in denen sie bald verschwand, als hätte sie sich plötzlich in Luft aufgelöst. Ihr Herr indes wandte sich wieder seiner Teegesellschaft zu und schlürfte abermals genüsslich an seinem immer noch dampfenden Tee. „Erdbeersahne…“, murmelte er und kicherte amüsiert sein silberhelles Lachen, als gäbe es einen versteckten Witz hinter dieser Tatsache. Dann zog er ein Bein auf den Stuhl, während er das andere immer noch hinunter hängen ließ und widmete dem Hutmacher ein weiteres Lächeln. „Was glaubst du, Mordiste?“, flüsterte er und griff erneut nach seiner Porzellantasse, der Mohnkuchen unterdessen wurde weiterhin unbeachtet stehen gelassen. „Glaubst du, dass er uns genauso vermisst hat, wie wir ihn? Schließlich haben wir unseren Aden seit vielen Jahren nicht mehr gesehen“ Die Puppe starrte reglos und still weiter nach vorn, doch den Katzenjungen schien das nicht zu interessieren, denn er kicherte nun wieder und meinte leise, als ob er nicht wollte, dass die anderen etwas mitbekamen: „Ich weiß, dass wir bei unserer letzten Begegnung ein paar Meinungsverschiedenheiten hatten, aber dennoch, Streit stärkt das freundschaftliche Band… außerdem bin ich mir sicher, dass er nicht nachtragend sein wird“
    Das große Portal öffnete sich mit einem lauten Geräusch einen Spalt breit. Der Ton, der durch das Bewegen der Flügel verursacht worden war, hallte laut und gespenstisch in der hohen, weißen Halle wieder. Plötzlich war ein schrilles Rattern zu hören und zuckend bewegtem sich sämtliche Köpfe der Tiere und Marionetten zur Tür. Sie waren leblos und trotzdem war in ihren Augen nun ein Leuchten, ein gefährliches und gieriges Glimmen, welches ihren Wahnsinn bezeugte, während ihre gesamte Aufmerksamkeit auf den Neuankömmlingen lag.
    Doch so flüchtig wie der kurze, wütende Schein in ihren schwarzen Knopfaugen aufgelodert war, so schnell war er auch schon wieder verschwunden und ihre Gesichter waren abermals vollkommen leblos. Der Junge blickte sich überrascht um, als auf einmal Lita erneut hinter ihm stand. Ihr Gesicht war so ausdruckslos wie eh und je.
    „Euer Spion ist angekommen, Meister“, informierte sie ihn weiterhin emotionsloser als ein Eisblock, während ihre leblos wirkenden Augen wieder nach vorne blickten. Neben ihr kniete der in Schwarz gehüllte Ninja, welcher den Kopf respektvoll gesenkt hatte.
    Der Junge sprang erfreut auf und stürzte auf den Vermummten zu. „Endlich!“, rief er mit erstickter Stimme aus und fiel seinem Diener um den Hals, während jener keine Anstalten machte zu reagieren. Eine Träne kullerte die Wange des Katzenjungen herab und hinterließ eine nasse Spur auf der makellosen Wange, bevor sie glitzernd wie ein Diamant dem Erdboden entgegenstürzte.
    „Endlich“, wiederholte der junge Adlige und seine Stimme schien vor Trauer zu zittern, gleichzeitig weinte er ungehemmt weiter und drückte den Ninja fest an sich, fast als hätte er Angst ihn zu verlieren. Von Heulkrämpfen geschüttelt flüsterte er: „Endlich bist du wieder da…“
    Der Vermummte zeigte weiterhin kein Anzeichen irgendeiner Emotion, es schien eher so als würde es ihn anwidern von seinem Meister derart begrüßt zu werden. In seinen kalten, stechendgrünen Augen lag ein Ausdruck der Hass und Ekel sehr nahe kam, während er den Katzenlord anstarrte und sich steif von ihm löste.
    „Eure Lordschaft“, begann er kühl und mit so wenig Emotion in der Stimme, dass er Lita Konkurrenz machen konnte. „Ich habe den mir zugeteilten Auftrag zu ihrer vollsten Zufriedenheit erfüllt.“
    „Wirklich?“, fragte der Junge, während er sich die restlichen Tränen aus seinen blutroten Kulleraugen wischte und seinen Diener mit einer Mischung aus Verwunderung und Trauer anstarrte. Dann plötzlich, verwandelte sich sein verheultes Gesicht in eine undurchschaubare Maske, während er ein kühles Lächeln aufsetzte und sich zurück in seinen Sessel fallen ließ. Mit einer Handbewegung wischte er das Gedeck vom Tisch, sodass die Tassen und Teller auf dem Boden zersprangen und sich Tee und Gebäck auf dem Marmor verteilen.
    „Lita!“, meinte er nun scharf und sein Hausmädchen erschien direkt hinter ihm.
    „Ihr wünscht, Eure Lordschaft?“
    „Räum das sofort weg!“, befahl er und in seiner kindlichen Stimme schwang eine unglaubliche Strenge mit, während er dem blonden Mädchen einen eisigen Blick schenkte. „Und beeil dich gefälligst!“
    „Sehr wohl, Herr“
    Unterdessen hatte der Ninja ein Schachbrett auf den inzwischen freien Tisch gestellt und begann die einzelnen Figuren aufzustellen. Der Junge beobachtete ihn dabei und setzte abermals sein verspieltes Lächeln auf. Als der hagere Mann grade dabei war die weißen Spielfiguren in die richtige Position zu bringen und sich deshalb zum Lord hinunter beugen musste, ergriff dieser die Gelegenheit und zog überraschend das weiterhin vermummte Gesicht sehr nah an seines heran.
    „Du weißt…“, meinte er nun und ihn seiner Stimme lag ein undefinierbarer Klang, es war ein gehauchtes Flüstern voller vermeintlicher Zuneigung und doch schien auch etwas Anderes in ihm zu sein. Der Katzenjunge befeuchtete sich nun mit der Zungenspitze die zarten Lippen, um dann langsam über den Stoff zu fahren. „Deine Dienste sind immer wieder gern gesehen, Tristitia
    Der Angesprochene erwiderte nichts, doch der angewiderte und vor Abscheu fast schon übersprudelnde Blick war Antwort genug. Dem Jungen schien das jedoch nichts auszumachen, denn er setzte abermals ein kühles, undurchschaubares Lächeln auf und beugte sich in seinem Stuhl zurück. Lita indes krabbelte weiter auf dem Boden umher und sammelte die Porzellanscherben ein. Der Lord warf ihr nun einen kurzen, scharfen Blick zu und sagte schneidend: „Bist du immer noch nicht fertig?“
    Ohne eine Entgegnung abzuwarten, trat er ihr plötzlich mit voller Wucht ins Gesicht, sodass sie nach hinten fiel und kurz liegen blieb. Blut tropfte aus ihrer Nase und benetzte den Boden. „Räum demnächst schneller auf!“, meinte der Lord nun und seine Stimme war kälter als jedes Eis. „Und wisch gefälligst den Boden! Ich hasse es, mein reines Weiß beschmutzt zu sehen!“
    Das Dienstmädchen richtete sich auf, die violetten Augen weiterhin ohne irgendein Anzeichen von Emotion. Auch das ihr Gesicht blutverschmiert war, schien sie nicht zu stören, ebenso wenig ihre nach aller Wahrscheinlichkeit gebrochene Nase. Stattdessen verbeugte sie sich kurz und erwiderte so monoton und gefühllos wie eh und je: „Jawohl, Eure Lordschaft“
    Danach verschwand sie wieder in den Schatten und ihr Herr wandte sich mit seinem verspielten Lächeln, jetzt abermals vollkommen unschuldiges Kind dem Schachbrett zu. Eine weiße Figur, ein Springer in Gestalt eines Ninja hatte sich bereits vorwärts bewegt und stand nun einer Reihe schwarzer Bauern gegenüber.
    „Nun, Aden…“, meinte der Junge fröhlich und beäugte interessiert den König, „…du hast deinen Zug gemacht ohne dabei zu wissen, dass es eigentlich meiner war. Ich hoffe für dich, dass du deinen König gestärkt hast, denn du weißt, nichts ist eintöniger als ein leichtes Spiel“
    Er ließ ein glockenhelles Lachen hören und rief mit kindlicher Freude: „Der König ist aber bereit, meinst du nicht auch, Tristitia?"
    Doch es folgte keine Antwort. Bis auf den Jungen und sein Spielzeug war niemand mehr im hohen Saal. Das Gesicht des Lordes verhärtete sich, doch das unschuldige Lächeln wich nicht von seinem Gesicht. Nach einigen Sekunden der Stille flüsterte er: „Widerwertiger Abschaum!“

    „Diese Gruppe ist das Schlimmste, was mir bis jetzt in meinem gesamten Leben passiert ist!“
    Lord Platinex war bei Leibe nicht mit seiner Situation zu Frieden, während er mit „Der Echse“ Temerair, dem „Tier“ Emnori, Dolchzahn, einem Halbwesen wie es Buche stand und Vic, der allein durch seine Rasse sowieso schon sämtliche Chancen auf eine freundliche Behandlung verloren hatte, der Sternschnuppe hinterherjagte. Man konnte sich vorstellen, wenn man die Einstellungen der Platiner kannte, dass er nicht sonderlich erfreut gewesen war von Roccosarius (seines Zeichens ebenfalls Halbwesen) in eine Gruppe mit so schlechtem Blutreinheitsstatus eingeteilt zu werden. Noch weniger erfreut war er darüber gewesen, dass er noch nicht einmal Gegenrede hatte ins Feld führen können. So flog er nun auf seiner Metallplatte nebenher und war beleidigt.
    Ich hätte diesem Roccosarius von Anfang an misstrauen sollen. Er ist ein schrecklicher Anführer, dagegen war Jareth ja schon fast intelligent. Zuerst nimmt er mir mein Einzelzimmer…“ Darüber hatte der Lord ganz besonders geschäumt. Wie konnte man es auch wagen, ihn dass Zimmer teilen zu lassen, es war doch eh schon kleiner als eine Besenkammer.
    Und dieser von seiner eigenen Idiotie wie ein Luftballon aufgeblasene Regenwurm darf seines behalten, fast so als wäre er etwas Besonderes! Wenn hier jemand auch nur ansatzweise eine besondere Stellung verdient, dann bin ich das!“ Herr Duona stand ohnehin schon länger auf der Abschussliste des Platiners, schon allein wegen der Anmaßung, ihm die Frisur zu zerstören. Der Lord konnte es absolut nicht ausstehen, wenn man etwas an seinem äußeren veränderte. Das war das Tabu und nun musste er auch noch Befehle von demjenigen befolgen, der es einfach so gewagt hatte, dieses zu überschreiten.
    Um sich von seinem Unmut abzulenken, streichelte er Mephisto. Die weiße Schlange lag wie immer um seinen Hals und gab ein beruhigendes Zischen von sich, fast als würde sie spüren, dass es ihrem Besitzer nicht besonders gut ging. Er hatte sie auf diese Mission mitgenommen, da er außerdem noch fürchterlich mit Platina gestritten hatte, ein weiterer Faktor, der ihn nicht fröhlicher stimmte. Eigentlich hatte er seine Worte schon bereut, bevor er sie ausgesprochen hatte, aber er war zu stolz gewesen, sich das einzugestehen.
    Das Einzige, was ihn davon abhielt, einfach umzudrehen und zurück in seine Villa zu fliegen, war die Sternschnuppe und die Macht des Steines. Immer wieder, schon seit Tagen musste er sich das zurück ins Gedächtnis rufen, um es nicht zu vergessen. Sein Plan war Einfluss und Regierungsgewalt und das durfte er nicht aus den Augen verlieren.


    Noch während er flog, bemerkte er, dass irgendetwas nicht stimmte. Das Tier war auf einmal umgefallen und die anderen waren gestoppt, um nach dem Rechten zu sehen. Platinex schnalzte entnervt mit der Zunge. Was sollte das denn nun wieder? Ihre Mission war es die Sternschnuppe unter allen Möglichkeiten einzufangen, dabei konnte man nicht Rücksicht auf die Wehwehchen des Sklavengesindels nehmen.
    Er wollte grade etwas sagen und bereits den Mund aufgemacht, um einen abfälligen Kommentar dazu abzulassen, doch da fiel ihm auf, dass er immer noch flog und nicht auf den Weg achtete. Er wollte noch rechtzeitig bremsen, doch in seiner Panik brauchte er zu lange und so war es zu spät. Er knallte mit voller Geschwindigkeit gegen einen Baumstamm.


    Als er kurze Zeit später wieder zu sich kam, fiel ihm auf, dass er allein war. Einzig Mephisto lag auf seiner Brust und zischte aufgeregt, alle anderen schienen weg. Fluchend richtete er sich auf, legte sich seine weiße Schlange wieder um dann Hals, um dann seinen Weg durch den Wald zu suchen. Es war nicht viel Zeit vergangen, die anderen waren vielleicht ein paar Minuten entfernt. Er würde sie schon finden, um sich dann gewaltig echauffieren zu können, dass man ihn, den ehrenwerten Lord Platinex einfach so zurückgelassen hatte.
    „Das hast du nun von deiner Güte, Platinex“, grummelte er, während er sich mit lauter Geräuschkulisse den Weg durch die Sträucher bahnte, ohne zu bemerken, dass er einen vollkommen falschen Weg einschlug. „Du wirst vergessen und zurückgelassen, einfach so, ohne viel Federlesen! Dabei bin ich doch der wichtigste Teil dieser unglaublich widerlichen, Halbwesengruppe! Wie können sie es nur wagen?!“
    Ziemlich übellaunig zerhackte er mit seinem Metallstaub ein paar Pflanzen, die ihm im Weg standen. „Das reicht! Das hat das Fass definitiv zum Überlaufen gebracht! Ich verlange eine Behandlung wie das Echsenvieh oder ich gehe!“
    Wehmütig dachte er daran zurück wie er vor seinem Eintritt in diese verfluchte Organisation behandelt worden war. Beim Kaiser hatte er es viel besser gehabt, vermutlich ein Grund, warum er trotz des Verrats versucht hatte, geheim zu bleiben, schließlich sollte man immer etwas in der Hinterhand haben.
    Ein plötzliches Zischen ließ ihn aufhorchen und er stolperte zurück, zu seinem Glück, denn kurz darauf sauste ein Pfeil um Haaresbreite an ihm vorbei. Sofort baute er ein Metallschutzschild, um ihn herum auf, doch die Pfeile prasselten weiter von allen Seiten von allen Seiten auf ihn ein. Da er nicht genug hatte, um diesen Metallwall weiterhin aufrecht zu erhalten, geschweige denn anzugreifen, hob er sein weißes Taschentuch in die Höhe und rief: „Ich bin bereit aufzugeben und zu kooperieren!“
    Der Pfeilhagel stoppte und das Metallwesen ließ seinen Schutz zerfallen. Eine Gruppe Dryaden trat aus den Schatten der Bäume. Viele von ihnen hatten Dolche gezückt und starrten voller Verachtung und Hass im Blick auf den Lord. Offenbar hatten sie nicht vor ihn einfach ziehen zu lassen.
    Platinex winkte zaghaft mit seinem Taschentuch und brachte ein nervöses, nicht überzeugendes Grinsen zum Vorschein. „Äh… Ich ergebe mich, Sie sollten mir nichts tun.“
    Du bist in unser Territorium eingedrungen!“, meinte eine der Dryaden mit einer sehr lieblichen Stimme, offenbar die Anführerin. Der silbrig glänzende Dolch in ihrer Hand war jedoch weitaus weniger lieblich als sie.
    „Oh…“, meinte Platinex, während ihm Schweiß über die Stirn lief und er sich langsam rückwärts zu bewegen versuchte. Mephisto zischte bedrohlich und fixierte die Dryade mit einem gefährlichen Blick, jene blieb jedoch eher unbeeindruckt. „Das war ein Versehen, ein Faux-Pas, quasi ein unglückliches Missverständnis. Ich bin sehr zuversichtlich, dass diese Situation kein zweites Mal eintreten…“
    Doch die Dryade hinter ihm schnitt dem Lord den Weg ab und auch die Anführerin wirkte nicht so, als ob die Sache einfach so erledigt wäre. Doch bevor sie etwas Weiteres verlauten lassen konnte, erklang plötzlich eine Stimme aus Dickicht und das Knacken mehrerer Leute war zu hören.
    „Aber, aber! Es wäre nicht von Vorteil, nun voreilig zu handeln!“ Die Stimme, die sprach war samtig und weich, sehr melodisch und besaß etwas sehr Einlullendes, fast wie die Stimme eines Sängers. Es war grade zu so, als wäre dieser Stimme vertonter Honig, jede einzelne Silbe strahlte etwas Freundliches und Schönes aus, doch trotzdem konnte Platinex eine gewisse Kälte aus ihr heraushören, die eigentlich gar nicht zum restlichen Gesamtbild passte.
    Diese Stimme gehörte einem extrem hübschen, jungen Mann, der aus den Büschen trat. Seine linke Haarhälfte besaß einen dunklen Kirschblütenton und war unordentlich und doch trotzdem irgendwie perfekt zu ihm passend, während sein Haar auf der rechten Seite ebenso golden war wie sein sichtbares Auge (eines war unter einer schwarzen Augenklappe verborgen), sowie anscheinend sein gesamter rechter Oberkörper. Auf seinem Kopf ruhte eine Narrenkrone und an seinem Gewand, einem rot-grünen, eleganten Narrenkostüm, haftete ein Abzeichen mit einer Sonne darauf. Platinex schnappte nach Luft. Dieses andere Metallwesen gehörte zum Sonnenkaiser und was noch wichtiger war, es war extrem selten. Er war ein Aure.
    Ein freundschaftliches Lächeln umspielte seine Lippen, während er auf die Anführerin zuging. Diese warf ihm einen Blick voller Abscheu zu, genauso wie seinen Männern, offenbar alles Krieger des Kaisers. "Solange die Verhandlungen nicht abgeschlossen sind, hast du uns keine Befehle zu erteilen, Metallwesen!"
    Der Aure lachte ein glockenhelles, sympathisches, aber trotzdem merkwürdig kaltes Lachen und blieb stehen, während sein goldenes Auge, Platinex fixierte. Jener fühlte sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut. Aber der Kaiser konnte unmöglich wissen, dass er einen Verrat angezettelt hatte. Er müsste sich einfach irgendeine Geschichte ausdenken und alles würde wie geschmiert laufen. "Natürlich, es steht mir nicht zu über Sie zu bestimmen...", meinte der Kaisersdiener nun und deutete eine Verbeugung an, die jedoch seltsam falsch wirkte, fast so, als würde er sich spöttisch über die Dryade lustig machen. "Allerdings könnte es unsere Verhandlung durchaus erschweren, wenn Sie mit ihm nach Ihrem Recht verfahren würden..."
    Die Waldwesen hoben nun wieder ihre Bögen und auch die Anführerin wirkte nicht unbedingt so, als wäre sie besänftigt. "Glaubst du, du kannst uns drohen?!"
    "
    Aber nein, wo denken Sie hin...", lachte ihr Gegenüber nun, durch den offensichtlichen Zorn der Dryade offenbar nicht im geringsten eingeschüchtert, "...es ist nur so, dass man immer zum Wohl seines Volkes handeln sollte. Wir sind in der Überzahl und gezwungen in einer ungünstigen Situation, so sehr es mich auch schmerzen würde, das zu tun, die Verhandlungen gewaltsam abbrechen zu müssen..." Er wirkte nun wie jemand, dem es tatsächlich äußerst unangenehm sei, soetwas zu tun, doch Platinex spürte, dass er nur mit den Waldwesen spielte. Dieses Wesen war ihm sehr sympathisch.
    Die Dryade schien anders zu denken, doch bevor sie den Disput weiterverfolgen konnte, warf sie einen Blick auf die gepanzerten Soldaten, allesamt Metallwesen, und dann auf ihre Truppe. Der Platinerlord erkannte leichte Zweifel in ihrem Blick und auch der Aure schien das zu spüren, denn er meinte nun, abermals der freundlichste Wohltäter: "Sie müssen sich keine Sorgen machen, Werteste. Dieses Wesen wird die Strafe erhalten, die seinem Vergehen angemessen ist."
    Das klang in den Ohren des Platiners nicht sonderlich gut, aber die Dryade war offenbar besänftigt, denn sie gab ihren Bogenschützinnen ein Zeichen und sie zogen sich zurück in die Blätter. Danach war es kurz still, bevor Platinex es als nötig empfand sich erklären zu müssen. "Nun...", begann er, während er nervös Mephisto streichelte, "... ich bin froh, dass Sie mich gefunden haben, ich war hier völlig allein im Wald, weil ich...äh...also einen Spaziergang machen..."
    Er stockte, als er sah, dass das Lächeln im Gesicht des Auren breiter geworden war. "Sie müssen sich nicht rechtfertigen, Lord Platinex", meinte dieser nun und deutete abermals eine Verbeugung an, bevor er sich vorstellte: "Mein Name ist Chrysio, der Prinz der Narren und ich bin im Auftrag seiner Majästet, des Sonnenkaisers, auf Reisen, um einer aufständischen Organisation mit dem Namen Sternenhimmel das Handwerk zu legen!"
    Der Lord schluckte, ließ sich aber sonst nichts anmerken und setzte sein strahlendes Lächeln auf: "Wie wunderbar, es wird Zeit dieser Horde dreckiger, unwürdiger Halbwesen, ein für alle Mal..."
    "Und wir wissen...", fuhr Chrysio ungerührt, doch weiterhin mit dem freundlichen Lächeln auf den Lippen fort, als hätte er Platinex soeben nicht gehört, "...dass Sie, Lord Platinex, Mitglied dieser Organisation sind und sich damit des Verbrechens des Hochverrates schuldig gemacht haben. Auf diese Handlung folgt meist als Konsequenz die Todesstrafe, die ich hier auf der Stelle ausführen kann."
    "Aber!", rief Platinex nun vollends panisch und seine Stimme war vor Entsetzen sofort ein paar Oktaven höher als nomalerweise, während er verzweifelt und händeringend versuchte, seine Unschuld zu beteuern. Wie hatte es nur soweit kommen können? Warum war er auf diese Idee gekommen? All seine Pläne, seine gesamte Zukunft wäre zunichte gemacht worden.
    "Wir wissen das...", schnitt der Aure ihm abermals das Wort ab, ohne sein Lächeln dabei zu verlieren, "...da wir verschiedene Augenzeugen haben, die uns bestätigen können, dass sie sich mit betreffener Organisation herumgetrieben haben. Außerdem ist der Kaiser noch nicht verblendet genug, um nicht zu bemerken, wenn sein größter Bespeichler bei Hofe nicht mehr im Zwei-Wochen-Takt zu Besuch kommt"
    "Ich", stotterte der junge Lord und machte sich bereits auf das Schlimmste gefasst. Hoffentlich würde es kurz und schmerzlos sein. Allerdings gab der "Prinz der Narren" nicht den Befehl ihn enthaupten zu lassen, sondern beugte sich zu ihm herunter und flüsterte: "Allerdings könnte sich meine Aussage leicht zu ihren Gunsten ändern, was wiederum das Urteil beeinflussen könnten, wenn sie mit mir kooperieren, Lord Platinex. Sie haben die Wahl..."


    OT: So, damit melde ich mich zurück und bringe gleich einen neuen NPC mit ins Spiel^^ Der Steckbrief zu ihm und seiner Rasse sollten bald im Info-Topic sein =O Es ist natürlich alles mit Xi abgesprochen.

    Ich werde später die @s hinzufügen, im Moment hab ich nicht die Zeit dafür^^


    Zusammenspiel


    Ein lautes Klirren war zu hören, als der Revolver auf dem steinernen Boden aufschlug. Der Ninja hielt sich die verbrannte Hand, in welcher zuvor noch die tödliche Waffe gelegen hatte, während ein von Schmerz und Zorn entstellter Ausdruck in seine Augen trat. Der Junge, auf den er eben noch geschossen hatte, stand nach wie vor vollkommen unversehrt da, ein überlegenes Lächeln auf den Lippen und einen langen, goldenen Kampfstab in der Hand. Neben seinen Zori, wie die fremdländischen Sandalen genannt wurden, ruhte eine Patrone.
    Marie, die das ganze Szenario beobachtet hatte, rieb sich sprachlos die Augen. Sie konnte nicht auf der Stelle fassen, was sie gesehen hatte. Alles war viel zu schnell gegangen. Dieser junge Mann war eindeutig etwas Besonderes. Er hatte es geschafft, den zerstörerischen Schuss in einer Weise, die das rothaarige Mädchen nicht kannte abzuwehren und den Ninja zu entwaffnen. Das Einzige, was sie hatte wahrnehmen können, war eine Art goldenes Wirbeln und ein strahlendheller Blitz gewesen, der sie für mehrere Sekunden hatte erblinden lassen.
    „Schade, schade“, meinte der Braunhaarige nun und schnippte sich mit einer eleganten Bewegung das Haar aus dem Gesicht, während er seinen Gegner weiterhin im Auge behielt, „…eigentlich hatte ich nicht vorgehabt meine Magie zu benutzen und schon gar nicht für so einen erbärmlichen Dieb. Aber…“, fuhr er fort und zwinkerte Kleopatra, die inzwischen hinter den Tresen geeilt war, um ihren Bruder als lebendiges Schutzschild zu missbrauchen, zu und schenkte ihr ein charmantes Lächeln, welches sie mit einem lustvollen Augenaufschlag quittierte, „…für eine solch wunderschöne Dame würde ich selbst Berge zum Bewegen bringen“
    Marie verdrehte entnervt die Augen. Das Bild in ihrem Kopf verfestigte sich immer mehr und mit jeder Aktion kam er ihr eitler vor. Dagegen war Adrians narzisstische Ader ja schon fast blass. Ein Blick auf jenen verriet ihr, dass er inzwischen wieder nichts anderes als seine Haare im Kopf hatte, da er abermals mit den Augen an seinem Spiegel zu kleben schien. Um sich das nicht weiter antun zu müssen, schwangen ihre Augen rasch wieder zu dem Vermummten.
    „Du miese, kleine Ratte!“, schrie dieser nun mit vor Zorn zitternder Stimme und wollte zu seiner Waffe hechten, doch diese Aktionen wurde sofort von seinem überlegenen Gegner vereitelt. Mit einem lauten, metallischen Geräusch stieß der Junge sich auch schon mithilfe seines Stabes vom Boden ab und vollführte einen eleganten Sprung auf den Ninja zu. Marie schien es fast, als würde er durch die Luft gleiten und auch er schien sich dieses Effekts bewusst zu sein, was man an seinem leicht selbsteingenommenen Grinsen erkennen konnte. „Angeber“
    Schließlich landete er auf dem Rücken des Vermummten, der sofort unter der Last zusammenbrach bevor er auch nur die Möglichkeit hatte, nach seiner Schusswaffe zu greifen. Noch bevor er irgendwie anders als mit einem Ächzen reagieren konnte, war es ohnehin bereits zu spät für ihn. Mit einem kurzen, schnellen Schlag seines goldenen Stabes auf den Hinterkopf des Banditen, setzte der Junge dessen Treiben ein jähes Ende und entschied den Kampf somit für sich. Dann warf er einen kurzen Blick auf die gefährliche Waffe seines Gegners und ließ ein weiteres Seufzen hören, während er sich abermals das Haar aus der Stirn schnippte. Ein überlegendes Lächeln auf den Lippen bewegte er sich langsam auf den Revolver zu, der vollkommen regungslos auf dem Steinboden lag. Marie erkannte einen abgeneigten Blick in seinen braunen Augen.
    „Diese Dinger…“, meinte er und das rothaarige Mädchen konnte deutlich den Unmut in seiner Stimme heraushören, auch wenn er versuchte, ihn zu verbergen. Er schien tatsächlich eine starke Abneigung gegen Handfeuerwaffen zu haben. Marie, die einen extrem ausgeprägten Fetisch für alles Technische und Neumodische hatte, konnte überhaupt nicht verstehen warum. Ob sie nicht vielleicht die Waffe mit sich nehmen sollte? Sie hatte schon immer vorgehabt, an einem solchen Objekt herum zuschrauben, um dessen volle Funktionsweise zu begreifen. Ein Traum würde für sie in Erfüllung gehen.
    Doch noch während sie mit dem Gedanken spielte, wurde sie schon aus ihrer Fantasiewelt gerissen, als ein lautes Krachen über den Platz hallte. Der Junge hatte seinen Stab gehoben und ihn mit voller Wucht auf die, in Maries Augen, vollkommen unschuldige Waffe niedersausen lassen, die daraufhin in tausend Einzelteile zerbrach. Die Augen der Rothaarigen füllten sich mit Tränen. „Dieser Unmensch…!“
    „Die Dinger sind bei weitem nicht mehr so stabil wie früher“, meinte der Zerstörer des mechanischen Kunstwerks nun unschuldig lachend und blickte so drein, als ginge ihn das Ganze überhaupt nichts mehr an. Es war eine Mischung aus Verlegenheit und Fröhlichkeit gepaart mit einem gewissen jungenhaften Charme. Die Waffenfetischistin warf ihm einen Blick der giftigsten Sorte zu, passend zu ihrem emotionalen Zustand: Zorn. „Diesem Rüpel werde ich Manieren beibringen! So flegelhaft mit einem solchen, technischen Meisterwerk umzugehen!“ Doch bevor sie nach vorne Treten konnte, um ihm die Leviten zu lesen, kam schon jemand anderes in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestöckelt.
    Kleopatra kam, kaum war die Gefahr vollständig beseitigt, angelaufen, um sich bei ihrem Retter zu bedanken und auch gleich mit ihm zu liebäugeln. „Oh, mein holder Prinz!“, trällerte sie und kam jenem weitaus näher als sie eigentlich gemusst hätte, während er ihr ein einnehmendes Lächeln schenkte. Plötzlich fiel es Marie wie Schuppen von den Augen. Dieses leicht selbstgefällige aber trotzdem sympathische Lächeln konnte nur einer Person gehören. Das Mädchen seufzte, war aber nicht unbedingt traurig deswegen. „Dann sind also Aden und sein Schüler die Ehrengäste von denen Großmutter sprach!“
    Währenddessen war die Blondine im Fuchspelzkleid immer noch damit beschäftigt den Zauberlehrling anzuschmachten, welcher dies sichtlich genoss. „Immer noch genauso eitel wie vor fünf Jahren…“
    „Warum sind wir uns nicht schon früher begegnet?“, wisperte Kleo nun mit einem gewissen Keuchen in der Stimme in sein Ohr, während sie ihre langen, Elfenbeinarme um den Hals ihres Retters schlang.
    „Damit ich Ihnen heute das Leben retten konnte, nehme ich an. Und damit ich sofort von Ihrer unglaublichen Schönheit getroffen werden konnte, wie ein Kämpfer von einem tödlichen Schlag “, grinste der junge Mann zurück und schüttelte sich kurz das Haar aus dem Gesicht, um ihr dann ein Lächeln der ganz charmanten Sorte zu schenken. Die Schönheitskönigin ließ ein helles, zuckersüßes Kichern vernehmen und säuselte weiter, während ihr der Honig grade zu aus dem Mund zu tropfen schien: „Ich bin so erfreut Ihre Bekanntschaft zu machen, mein Lieber“
    „Oh, die Freude ist ganz auf meiner Seite! Und das Schicksal offenbar auch, sonst wäre ich vermutlich nie dazu gekommen, eine so anmutige und hinreißende Lady wie Euch kennenzulernen!“, entgegnete der Braunhaarige mit einem eleganten Lachen und zauberte aus seinen weiten Ärmeln eine Rosenblüte hervor, die er der jungen Frau mit einer galanten Bewegung an die Haare steckte. „Er hat sich wirklich nicht verändert…“
    „Vor Ihrer Schönheit…“, hauchte er nun zärtlich und schenkte ihr einen verführerischen Blick der ganz betörenden Sorte, „…muss selbst die Sonne in Ehrfurcht niederknien“
    Marie verdrehte die Augen. Jetzt trug er eindeutig zu dick auf, doch bei Kleo schien es Wirkung zu zeigen, was das rothaarige Mädchen nicht verwunderte. Die Blondine kicherte nun graziös und seufzte in übertrieben gespielter Verliebtheit: „Ach, Sie Charmeur!“
    „Aber wo bleiben denn meine Manieren?“, rief der charismatische, junge Mann jetzt aus und ergriff Kleos grazile Hand, wobei er das Knie beugte, fast als wollte er ihr einen Heiratsantrag machen. „Ich habe mich doch glatt vergessen vorzustellen! Mein Name ist Damian und ich bin Abenteurer.“
    Marie schnaubte. Abenteurer, das sie nicht lachte. Ein Landstreicher war er, der ein wenig Magie erlernte, mehr nicht. Aber er hatte schon immer einen Hang zur Dramatik und Übertreibung gehabt, das hatte sich augenscheinlich ebenfalls nicht verändert. Aus dem Augenwinkel konnte sie erkennen, dass auch Elias nicht erfreut über dieses Süßholzgeraspel war, ja, aus seinem Blick sprach sogar etwas, das man durchaus als Hass kategorisieren konnte.
    „Abenteuer und dazu noch so jung und gutaussehend“, schmachtete Kleo nun weiter und kam dem Jungen mit ihrem Gesicht nun immer näher. „Könnten Sie mich nicht auf eine kleine abenteuerliche Reise mitnehmen“, hauchte sie und rückte immer dichter an ihn heran, fast als wollte sie ihn küssen. „Ein ganz besonderes Abenteuer…“
    „Kleo!“, kam es nun aufgebracht von Elias, der die beiden Liebäugelnden sofort auseinanderdrängte und Damian einen Blick voll tiefer Verachtung schenkte. „Du willst doch nicht etwa mit diesem schmierigen…“
    „Verzeihen Sie!“, wurde er von seiner Schwester unterbrochen, die ihm nun einen Blick der ganz tödlichen Sorte zuwarf und ihm gleichzeitig einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf versetzte. „Kleine Brüder können manchmal echt eine Plage sein. Er ist so ein böser Junge!“
    „Ach was“, lachte der Zauberschüler nun kurz auf. „Er ist sicher ein sehr braver, junger Mann. Vorausgesetzt…“, fügte Damian belustigt hinzu während er den Silberling mit einem arroganten Blick musterte, „…man bezeichnet das feige Verstecken hinter seinem Cousin, während die eigene Schwester bedroht wird, als brav!“
    Elias‘ blasses Gesicht ließ das Rot aus und färbte sich sofort purpurfarben, während er seinem neuen Objekt des uneingeschränkten Hasses einen vor Feindseligkeit übersprudelnden Blick entgegen schleuderte, es aber nicht für nötig hielt, auf die dargebrachten Anschuldigungen einzugehen. Stattdessen knirschte er nur hinter zusammengebissenen Zähnen hervor: „Kleo! Wir werden uns nicht mit einer solchen Sorte Mensch abgeben!“
    „Seit wann hast du denn das Sagen in unserer Familie, Giftzwerg?“, erboste sich die Blondine und gab ihm einen weiteren Schlag auf den Hinterkopf, sodass Marie schon fast so etwas wie Mitleid für ihn empfand. Als Bruder eines solchen Biestes hatte man es vermutlich überhaupt nicht leicht. „Außerdem hat Damian völlig recht, du feiger Idiot! Du hättest ruhig…“
    „In diesem Fall hat Elias ausnahmsweise mal das Recht“, meldete sich Adrian mit seiner unglaublich näselnden Stimme zu Wort, wobei er seine Cousine unverfroren unterbrach, während er auf die Gruppe zuging und sich wieder in seinem goldenen Spiegel besah. Offenbar hatte seine Tolle unter all der Aufregung gelitten.
    „Wir müssen uns wirklich nicht mit jedem Abschaum aus der Gosse beschäftigen!“, meinte er nun abfällig, ohne von seinem Spiegelbild aufzusehen. „Und nebenbei bemerkt sieht er…“ Doch bevor er mit seiner Parade an Beleidigungen erst richtig loslegen konnte, fiel der junge Edelmann unter dem schallenden Gelächter der Anwesenden auf die Nase, da Damian ihm ein Bein gestellt hatte. Zu allem Überfluss landete er auch noch in einer dreckige Pfütze, sodass sein goldenes Kostüm vollkommen durchnässt war, dazu noch vor Schlamm triefte und als wäre dies noch nicht genug der Bestrafung gewesen, zerbrach auch noch sein goldener Spiegel in viele tausend Scherben, die sich klirrend über den Boden verteilten, als jener auf einen der Pflastersteine traf.
    „Oh, das tut mir leid!“, meinte der Magieschüler grinsend und half dem Adelssohn grob auf die Beine. „Ich hoffe du bist nicht abergläubisch…“
    Bevor der wütende Adrian jedoch antworten konnte, tätschelte ihm der Wanderer zur Entschuldigung den Kopf, wobei er die von dem blonden Jungen so gepflegte Tolle völlig zerstörte, was jenen wie seinen silberhaarigen Cousin zum Rand der Weißglut trieb. „Du wagst es, Straßenköter…!“
    „Wie bitte?“, fragte Damian mit einer gespielten Unschuld in der Stimme, während er lässig mit dem goldenen Stab in seiner Hand herumspielte. Der Blick Adrians blieb an jenem haften und er fing auf einmal an zu stammeln, als habe er seine Zunge verschluckt, während er sich langsam rückwärts zu seinen Verwandten bewegte. Dann schien er den Entschluss gefasst zu haben, seine Rache auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, denn er wandte sich an Elias und Kleo und rief mit leicht brüchiger Stimme: „Wir gehen!“
    „Was? Aber ich will nicht…“, protestierte die Blondine, doch ihre männlichen Begleiter setzten, offenbar zum ersten Mal einer Meinung, ihren Willen durch, indem je einer an ihren rechten und linken Arm gingen, ihn packte und den Körper daran mitzogen als wäre er ein Sack Kartoffeln. Kleo versuchte sich zu wehren, doch sie hatte keine Chance. So flötete sie während ihres Abtransportes noch: „Warte auf mich, mein holder Prinz!“, und verschwand langsam in der Menschenmasse.
    Damian blickte ihr selbstzufrieden hinterher, fast als würde er sie gedanklich abhaken, was in Marie den Wunsch aufkommen ließ, ihm einen gehörigen Schlag auf den Kopf zu verpassen. Doch als sie nach vorne trat, um sich ihm zu offenbaren, bemerkte sie die Gefahr, die alle anderen vernachlässigt hatten. Während Damian noch selbstverliebt im Glück schwelgte, war der Ninja zu Bewusstsein gekommen und hatte seinen Dolch wieder in die Hände bekommen, mit dem er soeben auf den Sieger des Kampfes zustürmte. Dem rothaarigen Mädchen war klar, dass der Bandit vermutlich keine guten Absichten hegte, weswegen sie jetzt Handlungsspielraum für sich sah.
    Bevor der Räuber die Klinge in das Fleisch des unachtsamen Magieschülers bohren konnte, sprintete Marie zu dem Vermummten und holte mit ihrem Arm aus. Sie ballte die Hand zur Faust und sammelte alle geistige und physische Energie aus ihrem gesamten Körper in diesem einen Punkt, fast als würde sie einen Ball oder ähnliches festhalten. Genauso hatte es ihre Großmutter ihr beigebracht. Dann schlug sie mit voller Wucht und einer leichten Drehung im Arm zu. Sie spürte wie ihre Faust seinen Brustkorb berührte und fühlte wie er von ihr weggestoßen wurde. Seine hellgrünen, eiskalten Augen traten aus ihren Höhlen als würden sie gleich herausspringen, während er nach hinten flog, sich einmal überschlug und dann mit einem lauten Krachen auf dem Boden aufkam.
    Durch den Lärm aufmerksam geworden, drehte Damian sich um und seine Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er den wehenden, feuerroten Schopf Maries erblickte. Jene warf ihm einen gespielt neckischen Blick aus ihren leuchtendblauen Seelenfenstern zu und meinte mit einer gewissen Ironie in der Stimme: „Musst du dich auch ständig mit jedem anlegen?“
    „Marie!“, rief der junge Mann freudig aus und eilte mit seinem typischen, einnehmenden Lächeln auf sie zu. „Genauso resolut wie früher“, bemerkte er grinsend als er neben ihr zum stehen kam und sie betrachtete. Marie zog eine Augenbraue hoch. „Genauso eitel wie früher“, entgegnete sie.
    Er blickte kurz an ihr herunter und sein Blick blieb an ihrer Brust hängen. „Genauso…“, begann er mit einem frechen Grinsen auf den Lippen, doch bevor er die unliebsame Wahrheit aussprechen konnte, wurde er schon durch einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf zum Schweigen gebracht. Das Gesicht des Mädchens hatte inzwischen die Farbe ihres Haares angenommen und ihre Augen verrieten mörderische Absichten, sodass der vorlaute Junge sich mit der Äußerung, die ihm schon auf der Zunge lag zurückhielt. Vorerst zumindest.
    Während die beiden Kindheitsfreunde dort standen und sich so benahmen, als wären die fünf Jahre, die sie getrennt gewesen waren, ein Augenschlag gewesen, bemerkten sie nicht, wie der Raubninja langsam und offenbar vollkommen verängstigt zurückkroch. Auf einen weiteren Kampf mit diesen Verrückten wollte er es offensichtlich nicht ankommen lassen. Vorerst zumindest.