Aber mir geht es nicht besser und ich bin in meiner Situation komplett gefangen. Ich leide jeden Augenblick total unter meinen Symptomen. Ich habe keine Hoffnung dass es besser wird. Es ist kaum auszuhalten.
Ich weiß nicht, ob ich dir damit helfen kann, weil ich nicht unter der Art von Dissoziation leide, die du erlebst, aber zumindest dieser Absatz beschreibt sehr gut, was ich die letzten sieben Jahre meines Lebens erlebt habe. Bei mir ist es aber eher ein Wechsel zwischen einem Zustand, in dem ich positiv empfinden kann, einem, in dem ich dauerhaft sehr negativ empfinde und einem, in dem ich mir nur noch Frieden wünsche. In den letzten beiden Zuständen befand ich mich etwa 30-40% der Zeit. Vor fünf Jahren wurde bei mir ein Antidepressivum angesetzt, durch das ich mich in dieser Lage eingependelt hatte. Obwohl mein Leidensdruck hoch war und ich eigentlich durchgängig auf dem Zahnfleisch gekrochen bin, habe ich weitergemacht, ich hab es geschafft, Vollzeit zu arbeiten, in anderen Bereichen musste ich aber sehr große Abstriche machen. Es war mir nicht möglich, Sport zu machen, meinen Hobbies nachzugehen, etc., mein Leben ist quasi stillgestanden. Ich würde in deiner Situation also wahrscheinlich weitermachen, wie ich es auch die letzten sieben Jahre getan habe. Wenn dich interessiert, was mich antreibt, kannst du mich gerne fragen.
Ich habe außerdem deinen Beitrag im Thema zu psychischen Krankheiten gelesen, wir beide haben ein ähnliches Verständnis dessen, wie unser Universum funktioniert. Vielleicht gerade deshalb, weil ich aber im Laufe meines Lebens wieder und wieder und wieder unter externen Faktoren leiden musste, bin ich motiviert, anderen um mich herum Leid zu ersparen und sehe es gewissermaßen als Herausforderung. Ich habe auch ein anderes Menschenverständnis, weil ich glaube, dass wir das Potenzial haben, diesen Kreislauf des Leids zu unterbrechen, aber während ich früher überzeugt war, dass wir uns der Realisierung dieses Potenzials immer weiter nähern, glaube ich aktuell nicht mehr daran, dass hier genug Menschen an einem Strang ziehen, damit wir das erreichen können.
Ich weiß, dass es schwer ist und wahnsinnig an dem restlichen bisschen an Kraft zehren kann, wenn man immer wieder erfolglos Medikamente durchprobiert, aber ich kann dir von mir selbst berichten, dass das richtige Unterschied dich in einen Zustand zurückbringen kann, den du dir jetzt vielleicht nicht mal mehr vorstellen kannst. Auf mein Drängen hin hat mein Psychiater vor einiger Zeit wieder eines der ersten Medikamente, die wir angesetzt hatten, auf das ich leider mit starker Nesselsucht allergisch reagiere, angesetzt. Trotz der allergischen Reaktion und der Antihistaminika, die ich nehme, um sie zu unterdrücken, geht es mir mit diesem Medikament deutlich besser, ich kann endlich auch wieder außerhalb der Arbeit aktiv sein, ich kann Sport machen, ich kann Kuchen backen, ich kann (komplexere) Videospiele spielen, ich kann wieder öfter was mit anderen unternehmen. Mein emotionaler Zustand ist aber leider unverändert, die Tiefs kommen also immer noch. Ich kann dir nicht sagen, ob du auch so ein Medikament finden wirst, aber zumindest kann ich dir sagen, dass die Möglichkeit besteht. Ob du die Chance, die Frage, ob es existiert, zu beantworten, nutzen möchtest und ob es dir die Strapazen, die du bis dahin auf dich nehmen musst, wert sind, kannst nur du entscheiden.