Kapitel 11: Donnerschweif und Schimmerfell
Daniel machte einen Rückwärtssalto und landete sanft auf dem blutgetränkten Erdboden.
Das Sengo ging auf ihn zu und ergriff das Wort.
"Sei gegrüßt Daniel Donnerschweif, es freut mich, dich endlich kennen zu lernen, wenn auch die Umstände nicht die besten sind"
Daniel nickte "Ihr seid gerade noch rechtzeitig gekommen, alleine wäre ich mit denen nie fertig geworden"
"Wir hatten zu tun, aber das ist eine andere Geschichte. Wenn ich mich nun vorstellen dürfte…"
Das Sengo verbeugte sich "Ich bin Tieridal Eisenklaue, ehemals Truppenführer während des Krieges gegen die schwarze Armee"
Später an diesem Tag, als die Sonne langsam unterging saßen die 7 Pokemon im Kreis um ein Lagerfeuer und erzählten Geschichten aus ihrer Vergangenheit.
"Waren harte Zeiten damals, egal wo wir hinkamen, unser Ruf eilte uns sprichwörtlich voraus"
Tieridal hatte eine Flasche Sinelschnaps dabei, die er herumreichte bevor er weitererzählte.
"Die Bewohner der Dörfer wollten uns schon nicht mehr in der Nähe Lagern lassen, weil am Morgen immer alle Vögel weg waren"
"Warum denn das?" Daniel war von dem Alkohol etwas schwindelig.
"Nun, unser lieber Knuddeluff hat ja immer seine Schleuder dabei…" er wurde unterbrochen, als Knuddeluff und Reptain in ein wildes Gelächter ausbrachen.
"Jaa, das war unser Markenzeichen und unser Motto: Die Vögel müssen zuerst dran glauben!"
Nun mischte sich das Glaziola ein "So lustig war das gar nicht, wegen diesem Idioten haben wir schon mehr als einmal unser Überraschungsmoment verschenkt…"
"Genau" gab Knuddeluff zurück "Sogar unsere Feinde haben mit der Zeit angefangen nach den Vögeln Ausschau zu halten"
"…und einmal sogar mein Leben aufs Spiel gesetzt" Daniel konnte den zornigen Unterton aus ihrer Stimme heraushören und Knuddeluff machte einen hoffnungslosen Versuch sie zu beruhigen.
"Ach Glaz mach dir doch nicht gleich ins Hemd, wir hatten alles unter…" mit diesen Worten kippte er nach hinten und begann laut zu schnarchen.
Dieser Anblick belustigte Daniel, doch er war offenbar der Einzige.
Das Mädchen stand von seinem Platz am Feuer auf, murmelte etwas, das sehr nach "…Jungs…" klang und stolzierte erhobenen Hauptes in die Nach hinein.
Daniel wollte ihr nachgehen, doch Reptain hielt ihn zurück "Lass sie, die kommt zurück. So sind Mädchen nun mal"
Er war ohnehin schon sehr müde und machte es sich auf dem harten Boden so bequem wie möglich um zu schlafen.
In seinem Traum jagte Daniel einem goldenen Licht hinterher. Es war dunkel, er rannte über Wiesen und Felder, stolperte über Wurzeln und Erdlöcher.
Er wusste nicht, was dieses goldene Leuchten verursachte aber er wollte es unbedingt haben.
Doch egal, wie schnell er lief, er konnte die mysteriöse Lichtquelle nicht einholen.
Da blieb er mit einem Mal stehen und rief etwas den Sternen über ihm etwas zu.
"Genug, ich kann nicht mehr. Ihr habt gewonnen. Nennt mir den Preis und ich werde ihn zahlen, denn ich will endlich wieder glücklich sein"
Da stoppte das Licht, drehte um und kam langsam auf den verdutzten Daniel zu.
Plötzlich erkannte er, dass seine Frage falsch war.
Es hieß nicht 'WAS verursacht das Leuchten', sonder 'WER'
Doch bevor Daniel erkennen konnte, wer vor ihm stand, erwachte er.
Er sah sich um. Es war noch dunkel, doch das Feuer war längst ausgegangen und glühte nur noch ein wenig.
Daniel drehte sich auf die Seite und schloss die Augen, doch da er jetzt einmal wach war, konnte er nicht mehr einschlafen, also, blickte er sich erst einmal um.
Vier der Sechs Pokemon schliefen im schwachen Schein der Glut, Tieridal saß in der Nähe auf einem Baum. Das Glaziola war noch nicht wiedergekommen.
"Warum sitzt du da oben?"
"Ich passe auf, dass Glaz nichts dummes anstellt" Tieridal zeigte auf einen großen weißen Felsen in einiger Entfernung.
Daniel überlegte kurz und beschloss dann zu ihr zu gehen.
Mit einem Satz landete er auf dem Felsen und setzte sich neben das Glaziola.
Das Mädchen lag auf dem Bauch, die Schultern hochgezogen, der Kopf lag auf den Pfoten und der Schweif peitschte hin und her.
Daniel folgte ihrem Blick und sah die hellen Lichter von Clearance Falls.
Dahinter erhoben sich die Berge, die das Frostflockental vom Rest des Kontinents abtrennten und etwas östlich von der Stadt konnte Daniel die riesige Staumauer ausmachen, die den Clearance River zurückhielt.
"Wunderschön, nicht wahr?"
"Was, du oder die Landschaft?" Diese Gegenfrage war Daniel einfach rausgerutscht.
Ein verlegenes Kichern war die Antwort.
"Daniel…du kennst noch nicht mal meinen Namen, aber schaffst es jetzt schon, mich rot werden zu lassen"
"Nun, dann sag mir doch deinen Namen"
Eine Zeit lang herrschte Schweigen.
"Niemand kennt meinen Namen, denn bis jetzt hat noch niemand danach gefragt. Aber du…na gut, Mein Name ist Mira Schimmerfell aber verrate ihn niemanden."
Mira…der Name jagte Daniel einen wohligen Schauer über den Rücken.
Er wandte den Blick von den entfernten Lichtern ab und ließ ihn stattdessen auf Miras goldenem Fell ruhen.
In diesem Moment verspürte er einen starken Drang, ihr schimmerndes Haar zu berühren.
Daniel streckte eine Hand aus und strich über Miras Rücken.
Sie zuckte bei der Berührung zusammen, ließ ihn jedoch gewähren.
Eine Zeit lang saßen sie nur da, ließen den Blick in die Ferne schweifen, doch plötzlich erschauderte Mira.
"Mir ist kalt Daniel…" es war fast schon ein Flüstern, so leise sprach sie, um den Moment nicht zu zerstören.
Sie rückten näher zusammen und als sich ihre Seiten berührten, breitete sich ein Kribbeln in Daniels Körper aus und drang bis in die kleinsten Zellen.
Ein tiefes Glücksgefühl überkam Daniel und ließ ihn für einen Moment alle Sorgen vergessen.
Mira schmiegte sich noch enger an ihn und Daniel drückte sanft dagegen.
Er beugte sich zu ihr hinunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
"Ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun, dass dieser Moment ewig dauert."
Mira schenkte ihm ein Lächeln "Daniel, niemand kann die Zeit festhalten…"
Sie wandte sich ab "…aber ich kann dir helfen, dass diese Nacht für dich unvergesslich wird…"
Kapitel 12: Die brennende Stadt
"Aufgewacht, Daniel, Glaz!" Tieridals Stimme schallte vom Lagerplatz zu ihnen herüber.
"Ich störe euch ja nur ungern, aber wir müssen bald weiter"
In einem peinlichen Augenblick wurde Daniel bewusst, dass er Mira im Arm hielt.
Er weckte sie mit einem geflüsterten "danke" und ging zu den anderen, um sich reisefertig zu machen.
"Daniel, du wolltest in die Stadt, um nach den Freunden deines Vaters zu suchen. Das geht in Ordnung, aber du wirst nicht alleine gehen." Tieridal duldete in dieser Sache keine Widerrede.
"Ich werde mit Donnerschweif gehen"
"Gut, dann geht Glaz mit Daniel nach Clearance Falls, Mag und Galade beziehen an der östlichen Grenze Stellung und ich gehe mit Knuddel und Reptain nach Westen in das Dorf Alledra, wo wir hoffentlich den Rest unserer Truppe treffen werden. Also Abmarsch, wenn wir Glück haben zieht die schwarze Armee zuerst nach Süden"
"Schwarze Armee? Also stimmt es, was erzählt wird?" Knuddeluff sah ungläubig zu seinem Anführer.
Tieridal senkte den Blick "Darkrai hat das Portal zur Chaosdimension wieder geöffnet und holt sich nun scharenweise Dämonen in diese Welt. Wir werden alle Hilfe brauchen, die wir kriegen"
"Spätestens übermorgen Mittag treffen wir uns alle in Linus Ninor an der östlichen Grenze, von wo aus wir nach Novilunien castle weiterziehen"
Mira ging voran. Sie warf Daniel immer wieder Blicke zu, er jedoch blickte nur stur geradeaus.
Nach etwa zwei Stunden waren sie auf der nördlichen Seite des Lucarios Peak, von wo aus man die Stadt sehen konnte, doch etwas stimmte nicht.
Daniel sah genauer hin und bemerkte dichte Rauchfahnen, die von den hohen Gebäuden aufstiegen.
Schließlich bekamen es die beiden mit der Angst zu tun.
Was wenn sie zu spät kommen würden? Hatte die schwarze Armee bereits die Stadt erreicht?
10km vor der Stadt mussten Daniel und Mira schließlich ihr Lager aufschlagen, als es dunkel wurde.
Als die beiden Pokemon zu Mittag des nächsten Tages die Stadt erreichten, wurde ihnen klar, dass sie tatsächlich zu spät gekommen waren.
"Was, verdammt noch mal ist denn hier passiert…"
Daniel wollte seinen Augen nicht trauen, als er mit Mira im Schlepptau durch die zerstörten Straßen wanderte.
Die meisten hohen Gebäude waren eingestürzt oder standen in Flammen, doch vor allem viele der kleineren Häuser in den Gartensiedlungen im südlichen viertel waren glatt weggesprengt worden.
Bei jedem Schritt spürte Daniel das schwache Glühen einer Aura, die schließlich erlosch, als ihr Besitzer sein Leben in den Trümmern verlor.
Und jedes Mal, wenn eines der Lebenslichter für immer verschwand, brach ein Teil aus Daniels Seele heraus, der das allgegenwärtige Leiden eines jeden Lebewesens in der Stadt wahrnehmen konnte.
Als sie die Hauptstraße nahe dem Zentrum betraten, bot sich ihnen ein Anblick, der das Feuer des Hasses in Daniel erneut entfachte.
Der riesige Marktplatz von Clearance Falls war besetzt von schwarz gekleideten Gestalten, dem bestialischen Gestank nach zu urteilen, handelte es sich dabei um Dämonen.
Inmitten der schwarzen Armee, an der Stelle wo früher ein riesiges Suicune aus Stein gewesen war, standen nun die drei Raichu-Brüder Hand in Hand und ließen einen beständigen Schauer von Blitzen auf die Feinde niedergehen.
Daniel reagierte sofort. Alle Muskeln seines Körpers zogen sich gleichzeitig zusammen, als er die Energie aus den Stromleitungen im Boden absorbierte und in Form einer magnetischen Schockwelle auf den Marktplatz losließ.
Die meisten Dämonen wurden von der Druckwelle niedergeworfen, doch die wenigen die stehen geblieben waren, gingen auf die ungebetenen Gäste los.
Da versagten Daniels Beine ihm den Dienst und er fiel unsanft auf den Hintern.
Dieser Angriff hatte ihn wieder einmal zuviel Energie gekostet.
Plötzlich spürte er eine ihm wohlbekannte Aura, als sein bester Freund Adrian an ihm vorbeistürmte und den Dämon, der ihm am nächsten war niederschlug.
"Wage es ja nicht…" knurrte Adrian, während er den Schlackenstreifer verprügelte
"…Daniel etwas anzutun!"
Mira wollte gerade eingreifen und das Elekid unterstützen, als ihr plötzlich ein anderer, viel gefährlicherer Gegner gegenüberstand.
Daniel fixierte das Pokemon, das soeben aus einer Seitengasse getreten war und erkannte niemand anderen als…
"Ivengard Schattenkralle!" Mira war wie versteinert und hatte einen Blick, als würde ihr der Leibhaftige gegenüberstehen. "DU?!"
Das Gengar musterte das Mädchen interessiert.
"Hey, du kommst mir bekannt vor…"
Daniel spürte Miras Aura wachsen, sah Zorn und Hass in ihren Augen. Ein Bild wie in einem Traum zuckte durch seinen Geist.
Mira war total außer Atem. Als sie gespürt hatte, dass ihren Leuten etwas zugestoßen war, war sie sofort ins Dorf zurückgelaufen
"Moment, dieses goldene Fell…" Das Gengar kratzte sich am Kopf
Durch den Regen konnte sie erkennen, dass das Dorf total verwüstet war. Wer oder was um alles in der Welt hatte dieses Chaos angerichtet?
"Ich glaube, ich hab's gleich…" Ivengards meckerndes Lachen hallte zwischen den zerstörten Wänden.
Das Mädchen eilte durch den Regen und suchte nach seiner Familie, doch es fand nur ein einziges Pokemon
Die Luft um Mira begann zu flimmern, als sie ihre Kraft bündelte.
Das Gengar lachte und sagte, sie würde ihre Leute nie wieder sehen, dann übertönte ein Schnalzen das Prasseln des Regens und die Schattenkralle war verschwunden
In diesem Moment wusste Daniel, er sah Bruchstücke von Miras Erinnerungen an ihre alte Heimat.
"Jetzt hab ichs, du bist doch dieses kleine Mädchen aus dem Dorf!" Ivengards Lächeln gefror, als ihm das goldene Glaziola einen Satz zurief, den Daniel gleichzeitig mit seinen Ohren und seinem Geist hören konnte.
"Du…wirst zahlen für das, was du meiner Familie angetan hast!"
Mira holte tief Luft und schickte dem Gengar einen Strahl aus Feuer und Eis entgegen.
Diese beiden grundverschiedenen Elemente befanden sich während dieser Attacke in einem Zustand derartiger nie da gewesener Harmonie, dass die gewaltige Energie selbst Daniel vor Angst erzittern ließ.
Bevor die Schattenkralle reagieren konnte, wurde Darkrais treuster Diener von goldenen, eiskalten Flammen verbrannt.
Das Geräusch, das Ivengard von sich gab, während er von Mira gebraten wurde, erinnerte Daniel an das Kratzen einer Kreide auf einer Schultafel und er musste sich die Ohren zuhalten.
Als der Flammenstrom schließlich versiegte, war von Everdin Schattenkralle nichts mehr übrig, doch Miras Aura war so schwach geworden, dass Daniel fürchtete, es wäre auch ihr Ende.
Plötzlich brach sie zusammen und blieb reglos liegen.
Daniel hob die bewusstlose Mira vorsichtig auf und trug sie aus der Gefahrenzone, bevor er sich mit Adrian und den Raichu-Brüdern wieder in den Kampf gegen die Dämonen stürzte.
Er wusste, nur eine der beiden Parteien würde diese Stadt heute lebend verlassen und es würden auf keinen Fall die Dämonen sein…
Kapitel 13: Der Schlüssel zur Macht
Der Kampf dauerte Daniel entschieden zu lange.
Seit 2 Stunden stand er Rücken an Rücken mit Adrian und tötete einen Dämon nach dem anderen, doch sie schienen einfach nicht weniger zu werden.
Gerade wollte er seitlich zuschlagen, als ihm etwas auffiel.
Der Schlackenstreifer, der Daniel gegenüberstand hatte auf der Schulter eine Stichwunde, ebenso einige Zentimeter darüber, unter dem Kinn.
Die schimmernde Klinge fuhr durch das Schlüsselbein, wie ein heißer Draht durch Butter, kam knapp neben dem Hals wieder heraus, nur um sofort wieder im vermoderten Fleisch zu verschwinden und den Kopf des Dämonen vom Kinn aus zu durchbohren.
"Den da hab ich schon mal getötet!" Jetzt wusste Daniel, warum die Dämonen nicht weniger wurden.
Er konnte sie so oft erledigen, wie er wollte. Solange der Kopf auf den Schultern blieb, standen sie nach einiger Zeit einfach wieder auf um weiterzukämpfen.
Inzwischen regte sich Mira, und kam langsam und zitternd auf die Beine.
Einige Dämonen wurden auf sie aufmerksam und griffen das verwirrte Pokemon an.
Mira wollte sie mit einem Flammenwurf zurückschlagen, doch das Glaziola brachte nur eine kleine Rauchwolke zustande.
Daniel entledigte sich mit einem einzigen Streich seiner Gegner und wollte zu Mira um sie zu unterstützen, doch es war zu spät.
Mira lag auf dem Rücken. Zwei Dämonen hielten ihre Beine fest, ein dritter stand über ihr und hielt ein langes dünnes Schwert hoch, bereit sofort zuzustechen.
Der Dämon mit dem Schwert sprach Daniel an. "Nun ist es soweit und du stehst wieder vor einer Entscheidung"
"Ihr könnt mich mal!" Daniel wollte einfach zuschlagen, doch der Dämon hielt das Schwert nur noch ein wenig höher und lachte.
"Ich warne dich, mach denselben Fehler nicht noch mal. Komm mit uns und sie überlebt, widersetze dich und sie stirbt."
"Daniel…" Miras Blick war traurig. Daniel konnte in ihren Augen sehen, dass sie mit dem Leben bereits abgeschlossen hatte.
"Vielleicht wäre es besser, zu gehorchen" Er konnte nicht glauben, dass er das gerade gesagt hatte.
Aus den Augenwinkeln sah er, wie sein Freund Adrian zu Boden ging und aus der anschließenden Stille konnte er schließen, dass es den Brüdern nicht anders ergangen war.
Der Dämon mit dem Schwert lachte erneut. "Tja, so ist das. Liebe…sie ist der Schlüssel zur Macht."
Daniel spürte einen Schlag auf den Kopf und verlor das Bewusstsein.
Kapitel 14: Bekenntnisse und eine unverhoffte Rettung
Finsternis. Ein einzelner Wassertropfen fiel auf den kalten Stein.
Das Platschen war wie ein Paukenschlag in der absoluten Stille.
"…Zweitausendeinhunderteinundvierzig…"
Stille.
Ein weiterer Wassertropfen zerplatzte auf dem Boden.
"…Zweitausendeinhundertzweiundvierzig…"
Daniel war wütend auf sich selbst.
"…Zweitausendeinhundertdreiundvierzig…"
Er hatte in dem finsteren Verlies jedes Zeitgefühl verloren, hatte schließlich aufgegeben, einen Weg nach draußen zu suchen.
Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als jeden gottverdammten Wassertropfen zu zählen, der auf den viel zu harten Boden fiel.
"…Zweitausendeinhundertvierundvierzig…"
Wenn er so darüber nachdachte, war sein Schicksal gar nicht so schlimm.
Inzwischen konnte er zumindest 20 verschiedene Arten von Wassertropfen am Geräusch des Aufpralls erkennen.
"…Zweitausendeinhundertfünfundvierzig…"
"Könntest du mal endlich die Klappe halten?!"
"Mira?" Daniel tastete sich an der Wand entlang, in die Richtung aus der die Stimme gekommen war.
"Natürlich…du Vollidiot"
"Warum bist du hier, ich hab gedacht, die lassen dich wirklich frei, wenn ich gehe"
"Du bist so naiv…denkst du wirklich, dass diese Mistviecher auch nur einen Funken Anstand haben?"
Miras Stimme klang enttäuscht und auch ein bisschen traurig.
"Ich war bereit zu sterben. Mein ganzes Leben war auf das Ziel ausgerichtet, Ivengard Schattenkralle zu vernichten, was mir ja schließlich auch gelungen ist. Ich dachte, jetzt ist es eben zu Ende, es gibt hier sowieso nichts mehr, was mich hält. Und dann mischst du dich ein und lässt dich in diesem gottverdammten Loch einsperren, damit dieser Dämon mich nicht killt"
Sie wurde hysterisch während Daniel stotternd nach Worten suchte.
"Es…Es tut…Du kannst doch nicht einfach…ich will nicht…ich meine…"
"Stotter hier nicht rum, sondern sag es endlich, damit…"
"ICH WILL DICH NICHT VERLIEREN!"
Stille. Etwas regte sich.
Mira war aufgestanden und ging langsam auf das Raichu zu. "Ja? Sprich weiter."
"Ich habe meine Familie verloren, dann hat dieses verfluchte Gengar Katharina entführt. Sie ist wie eine Schwester, obwohl sie ein Mensch ist und trotzdem habe ich zugelassen, dass er sie mir wegnimmt."
Daniel musste gegen Tränen ankämpfen, während er weitererzählte.
"Dann habe ich dich getroffen und in deiner Nähe hab ich mich wieder geborgen gefühlt. Ich kann einfach nicht zulassen, dass du gehst und mich alleine lässt…"
"Halt, Stopp! Das…war genau das, was ich hören wollte."
Daniel blinzelte, wessen Stimme sprach da in der Dunkelheit?
"Mira, ich glaube Daniel hat in den letzten Wochen genug durchgemacht."
"Ja Luca, das sehe ich auch so."
In einiger Entfernung flammte ein blaues Licht auf und beleuchtete Lucarios Gesicht.
"Na Donnerschweif, hast du etwa gedacht, die alte Feuerpfote lässt dich einfach so im Stich?"
"Lucario! Was machst du denn hier, hast du nicht gesagt, der Krieg wäre nichts mehr für dich?"
Er lächelte. "Um ehrlich zu sein, habe ich nur auf den richtigen Augenblick gewartet, endlich mal wieder rauszukommen und irgendwelchen finsteren Typen eins auszuwischen."
Lucario zog ein Stück Draht aus seinem Ledergürtel und stocherte damit im Schloss der Gittertür herum.
"Harhar, das habe ich ewig nicht mehr gemacht!"
Ein mehrfaches Klicken später und die Tür war offen.
Kapitel 15: Die Schlacht um Novilunien castle
"Daniel, kannst du etwas erkennen?"
"Ich glaub ich sehe sie!"
Daniel, Mira und Lucario waren auf den höchsten Turm der riesigen Festung Novilunien castle geklettert und suchten nun die Umgebung nach ihren Freunden ab.
"Dort drüben Luca! Dort auf dem Hügel"
Etwa zwei Kilometer entfernt auf einem kleinen Buckel lagerten Mag und Gallade in den Ruinen eines alten Wachturmes.
Lucario holte tief Luft, steckte sich zwei Finger in den Mund und stieß ein schrilles Pfeifen aus, das einige Kramurx in der Nähe aufscheuchte und was noch wichtiger war, die beiden schlafenden Pokemon weckte.
Minuten später trafen sich die fünf Krieger an einem Hinterausgang der Burgmauer.
"Hi Luca, es tut gut, dich mal wieder zu sehen, alter Freund."
"Gleichfalls. Was neues von den anderen?"
"Tieridal, Knuddel und Reptain müssten bald aus Alledra zurück sein, hoffentlich mit Unterstützung. Die Raichu-Brüder haben die Runde gemacht und viele der ehemaligen Widerstandskämpfer für unsere kleine Armee eingespannt"
Mira setzte einen skeptischen Blick auf. "Wenn du 'klein' sagst, wie klein meinst du dann?"
"Ähm, ich denke so um die fünfzig oder sechzig…"
"Und ich denke, das wird reichen" meinte Lucario zuversichtlich "Wir sind in jedem Fall im Vorteil, denn Darkrai rechnet nicht damit, dass zwischen den Pokemon überhaupt noch genug Einigkeit herrscht, um eine Armee gegen einen so umstrittenen Gegner wie ihn zu bilden"
Die Gruppe wartete noch mehrere Stunden im Schatten des höchsten Turmes auf ein Zeichen ihrer Armee.
Daniel hatte inzwischen erkannt, dass es an diesem Ort wohl nie Tag werden würde und er gab es auf, auf den Sonnenaufgang zu warten
Schließlich bewegte sich etwas in der Dunkelheit und ließ Daniel aufspringen.
"Psst, ich bin's! Keine Sorge!" Das grüne Sengo trat in den blassen Schein von Lucarios blauem Feuer.
"Tieridal! Wir wussten, dass du kommst"
"Ja, und ratet mal, wer noch da ist…"
Hinter ihm trat ein Scherox durch den Torbogen.
"Das ist Meister Scherox Silberklinge von der Blutschlitzer-Gilde"
Lucario schlich zum Bogen und spähte mit einem verschwörerischen Grinsen über die Hügelketten.
"Wie viele sind es?"
Tieridal blickte kurz zum Himmel und rechnete.
"Also, bevor ich zu euch gekommen bin, waren es genau 83, aber vielleicht sind inzwischen noch welche dazugekommen"
"Tieridal, auf dich kann man sich wirklich verlassen" er blickte ihm direkt in die Augen "Du bist unverbesserlich"
Lucario wandte sich an Daniel "Meiner Meinung nach sind wir bereit die Burg hochzunehmen, was meinst du?"
Alle anderen starrten Daniel erwartungsvoll an. "Hmm, ich meine…ziehen wir's durch!"
Nach einer kurzen Vereinbarung, machten sich die 90 Pokemon in Gruppen auf den Weg durch die riesige Festung.
So leise und unauffällig, wie möglich schlichen Daniel, Mira, Lucario, Tieridal, Knuddel, Mag, Reptain und Galade im Schatten der hohen Burgmauer vorwärts.
Sie waren keine 50 Schritte weit gekommen, da hörte Daniel einen Ruf von oben und sah, wie eine Gestalt in einem schwarzen Kapuzenumhang von der Mauer fiel.
"Diese verdammten Dämonen!"
Der Wächter, der nun vor ihnen am Boden lag wollte um Hilfe rufen, aber Lucario rannte zu ihm und brach ihm mit einem schnellen Griff das Genick.
Plötzlich brach im westlichen Hof der Festung Kampfeslärm aus und im nu war die ganze Burg auf den Beinen.
Überall wurde Alarm geschlagen und die Pokemon um Daniel machten sich kampfbereit.
"Auf diese Idioten kann man sich einfach nicht verlassen" knurrte Lucario.
Knuddel schwang seine Schleuder über dem Kopf und schoss der Reihe nach die Wächter von den Türmen.
Daniel, der sich erst jetzt bewusst war, was von ihm erwartet wurde, begann seine Energie zu sammeln, während die Achtergruppe immer tiefer in den Komplex vordrang.
Als sie gerade einen schmalen Korridor zwischen zwei Türmen durchquerten, landete plötzlich ein schwarzes Glurak vor ihnen und schleuderte den Pokemon eine mächtige Flammenwelle entgegen.
In dem Moment kam ein Turtok der Rebellen um die Ecke und rief "HIER KOMMT DIE FEUERWEHR!" bevor es das Feuer-Pokemon mit zwei baumdicken Wasserstrahlen aus dem Weg räumte.
Ein Panzaeron flog niedrig über ihre Köpfe und hackte mit seinem spitzen Schnabel, doch als es wieder hochzog und eine Rückwärtsrolle machte, fiel es Daniels Donnerblitz zum Opfer.
An einer Kreuzung begegneten sie einer anderen Gruppe kämpfender Rebellen, die Mühe hatte, sich einige Dämonen vom Hals zu halten.
Eines der maskierten Wesen ließ unter seiner Kapuze eine meterlange, armdicke und schleimbedeckte Zunge hervorschnellen, doch im selben Moment stießen Tieridals Krallen herab und schnitten den Tentakel einfach ab, bevor sich der Traufenzungen-Dämon auch noch von seinem Kopf verabschieden konnte.
Von allen Seiten kamen nun Dämonen den gepflasterten Weg entlang, doch sie hatten keine Chance gegen die zwanzig Pokemon, die Seite an Seite auf der Kreuzung kämpften.
Als Daniel sein Schwert aus Vollmondstahl durch die Luft fahren ließ und einen Feind nach dem anderen fällte, bekam er allmählich ein Gefühl dafür, wovon Tieridal damals am Lagerfeuer gesprochen hatte.
'So fühlt sich also der Krieg an. Ein Krieger benützt seine Waffen, wie ein Handwerker seine Werkzeuge, um so schnell und effizient wie möglich zu arbeiten'
Seine Bewegungen wurden immer fließender und geschmeidiger, bald wurde aus jedem Schwerthieb ein kunstvoller Schnitt, und er fühlte sich wie ein Künstler, der an einem grauenvollem Werk arbeitete, während er mit seiner scheinbar federleichten Klinge über das Schlachtfeld tanzte.
Wie ein Wirbelwind fuhr Daniel zwischen den Kämpfenden hindurch, trennte hier einen Arm von einer Schulter, da ein Unter von einem Oberschenkel.
Das Blut rauschte in seinen Ohren, die Welt verschwamm zu einem Teppich bunter Farben, die vor seinen Augen vorbeizogen ohne einen Eindruck zu hinterlassen und in seinem Kopf ertönte eine wunderschöne Melodie, von einer Harfe gespielt, die allen Bewegungen in Daniels Blickfeld ihren Rhythmus aufzwang.
Alles in allem, überlegte Daniel, gefiel ihm der Krieg.
Er glaubte, sich durchaus daran gewöhnen zu können, doch dann veränderte sich die ganze Szene.
Die fließenden Farben wurden immer kontrastreicher und die Harmonie spielte bald nur noch eine Nebenrolle.
Die Harfenmelodie wurde immer lauter und dissonanter und erinnerte mit der Zeit mehr, an das Kratzen von Fingernägeln auf einer Glasplatte.
Mit einem Mal kamen all die unangenehmen Empfindungen zurück, Schmerz, Angst, Erschöpfung, um nur ein paar zu nennen.
Daniels Bewegungen erlahmten und er stolperte über seine eigenen Füße.
Immerhin befand er sich inmitten von Freunden, also in potentieller Sicherheit.
Vorerst.