Hallo, Bisaboard.
Eigentlich wollte ich wegen dem Thema gestern noch ins Positive-Vibes-Topic schreiben, aber meine Gemütslage lässt dies aktuell nicht zu.Zum Sachverhalt:
Ich habe es gestern endlich geschafft, über meinen Schatten zu springen und eine Psychotherapeutin anzuschreiben, um mal eine Therapie zu beginnen, die hoffentlich darin mündet, dass ich mit HRT anfangen kann.
Jetzt beginnt für mich aber gerade eine emotionale Achterfahrt, denn ich weiß momentan überhaupt nicht, wie das Ganze ablaufen soll. Man liest ja auch die unterschiedlichste Erfahrungsberichte, aber was sich so herauskristallisiert, ist, dass die meisten Leute mehr oder weniger genötigt werden, sich vor möglichst vielen Menschen zu outen, und, dass man erstmal "als das Wunschgeschlecht lebt".
Das gibt mir als Wechselbad Zorn, Angst und Ohnmacht. Denn am Ende des Tages ist es halt so, dass mir die Meinung der Gesellschaft weitestgehend egal ist, vor allem in ihrer Vorstellung, was denn nun "typisch weiblich" ist - oder überhaupt weiblich genug, um als trans diagnostiziert zu werden. Es muss mich niemand mit "sie" anreden (auch wenn toll) und ich überleb es auch, wenn ich auf unbestimmte Zeit keine Personenstands-/Namensänderung sehe (wobei ich da einfach in Österreich was drehen würde, wenn Deutschland es nicht bald mal hinkriegt, ein einigermaßen vernünftiges Selbstbestimmungsgesetz zu erlassen). Wenn es nach mir ginge, würde ich eine HRT beginnen und schauen, wie weit mich Hormone bringen. Besseres Hautbild, kein Haarausfall (dass der gerade bei mir beginnt, war überhaupt der Anlass, nach einem Jahrzehnt überhaupt noch in ärztliche Behandlung zu gehen), idealerweise eine vorteilhaftere Körperfettverteilung, femininere Gesichtszüge und Boobs. Das wäre ja theoretisch alles im Rahmen des Möglichen. Ich will aber nicht als "Mann im Kleid" rumrennen und mich gekünstelt hyperfem geben (auch wenn ich natürlich gerne hyperfem wäre), nur damit mir irgendwas (hoffentlich) bewilligt wird.
Angst habe ich vor allem davor, mich jetzt im Arbeitsumfeld zwangsouten zu müssen, nur um dann - falls die Ergebnisse so unbefriedigend sind (und finanziell eben FFS und sonstige OPs nicht möglich sind) - in der körperlichen Veränderung dann in einer solchen Sackgasse zu stecken, dass ich wieder der Meinung wäre, es eh nicht zu verdienen, dass man mich als Frau behandelt. Hinzu kommt, dass mir in zwei Jahren eine Verbeamtung auf Lebenszeit in Aussicht stünde, die natürlich perfekt wäre, um nie wieder in die Verlegenheit zu kommen, in finanzieller Sorge (zumindest wegen Jobverlust) leben zu müssen. Wenn jetzt aber noch eine Menge Medikamente auf die Liste kommen und ich der Amtsärztin bei der Gesundheitsüberprüfung dann offensichtlich mitteilen müsste, dass ich in Therapie bin/war, dann gefährde ich diese Chance. Vermutlich lässt sich zwar gerichtlich einiges erstreiten, weil es wohl fur eine Verbeamtung in der Verwaltung so gut wie keine gesundheitlichen K.O.-Kriterien geben dürfte (kenn mich da mit der Urteilslage nicht so genau aus), aber das bedeutet auch wieder viel Stress und Unsicherheit, wenn da irgendwo Transphobie im Spiel ist.
Ich warte nun auf meinen ersten Termin, der in 3 Wochen oder 9 Monaten sein könnte, und diese Ungewissheit, überhaupt nicht einschätzen zu können, was genau dann von Seite der Therapeutin auf mich zukommt, macht mich dezent fertig. Denn ich bin psychisch komplett stabil, habe keine Depressionen, knechte meine 40 Wochenstunden als produktives Mitglied der Gesellschaft ab - also so produktiv, wie man als Beamtin eben sein kann. Meine Dysphorie kommt nur in vereinzelten Schüben und ist selbst dann nur für wenige Tage so maßgeblich, dass sie mir in gröberem Maße auf die Psyche schlägt. Das sind dann auch wieder die Momente, wo man an sich selbst zu zweifeln beginnt, weil es einem ja nicht so schlecht mit der Situation geht wie anderen.
Vent over.