Ich versteh echt nicht, wieso nicht jedes solcher Spiele auch einen leichteren Modus haben können... außer dass Hardcore-Gamer*innen halt angeben können. Aber die können immer noch angeben, wenn sie auf dem schwierigsten Grad spielen.
Sicherlich können Entwickler*innen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade programmieren und in ihr Game implementieren, die Kernfrage ist dann aber: Funktioniert mein Game auf unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden dann eigentlich immer noch so, wie es eigentlich funktionieren soll? Kann das Game in seiner Form eigentlich noch positiv stimulieren oder wird es einfach nur nervig, wenn ich das Game schwerer einstelle. Genauso ist es umgekehrt: Wird das Spielerlebnis nicht für die Gamer*in unbefriedigender, wenn ich das Game leichter mache?
Letztendlich hängt das Funktionieren eines Schwierigkeitsgrades davon ab, welches Kernelement man als Designer für sein Spiel gewählt hat und inwiefern sich die anderen Elemente diesem Kernelement unterzuordnen haben. Um das zu erklären, was ich meine, nehme ich mal ein Beispiel: Call of Duty 4: Modern Warfare und eben die vielen anderen Vertreter danach. Kernelement des Singleplayers sind packend inszenierte Kämpfe, die einen dauerhaften Adrenalinrausch auslösen sollen. Dazu nimmt dich das Game sehr stark an die Hand und führt Dich durch schlauchförmige Level, die mit allerhand Skript-Sequenzen versehen sind und mit möglichst viel Kaboom-Momenten aufwarten wollen. Die Kämpfe sind nur Mittel zum Zweck, um den Weg zum nächsten Wow Effekt interaktiv zu gestalten. Damit das ganze seine volle Wirkung entfalten kann, ist ein kontinuierlicher Spielfluss notwendig und eben eine gewisse Daueraction. Das Game ist folglich so gestaltet, dass Du Dich immer vorwärtsbewegen musst, was bedeutet, dass Du als Spieler*in nicht selten durch den Feindbeschuss durchrennen musst, um überhaupt vorwärtszukommen.
Kommen wir nun einem wichtigen Aspekt: Dieses Actionfeuerwerk funktioniert nur auf einem niedrigen Schwierigkeitsgrad wirklich gut. Stelle ich den Schwierigkeitsgrad hoch, so erhöht sich nur der Schaden, den die Gegner bei der Spieler*in anrichten und evtl. noch deren Treffsicherheit. Da ich keine Medikits habe und auch das Leveldesign meist nur eine Strategie zulässt, verbringt man dank HP-Regeneration bei höheren Schwierigkeitsgraden einfach nur mehr Zeit in der Deckung, um seine HP wiederherzustellen, wodurch sich das Spiel einfach nur in die Länge zieht, sprich nicht fordernder, sondern mühseeliger wird. Dadurch kann allerdings das actiongeladene Gameplay nicht mehr zum Vorschein kommen, weil das Regenerieren auf Kosten des Spielflusses geht. Gleichzeitig verkommt das Spiel zum reinen Geduldsspiel, was mich als Spieler*in aber nie dazu bringt, mein Verhalten zu optimieren oder anzupassen, was das Leveldesign auch gar nicht zulässt. Zudem kommt eben zum Vorschein, wie dumm die gegnerische KI oder eben wie schlecht das eigentliche Gameplay und Leveldesign sind. Die Gegnerische KI bleibt stumpf in der eigenen Position und flankiert die Spieler*in nicht und das Leveldesign erlaubt es der Spieler*in auch nicht, die Gegner zu flankieren, um sich bspw. durch geschicktes Ausnutzen der Map einen Vorteil zu verschaffen. Die Folge ist immer derselbe Ablauf:
- Spieler*in liegt im Dreck
- Spieler*in streck hin und wieder die Rübe raus und schaltet ein paar Gegner aus
- Spieler*in wird getroffen
- Spieler*in geht in Deckung
- Spieler*in regeneriert die HP
- Spieler*in fängt wieder bei Punkt 1 an
Auf höheren Schwierigkeitsgraden testet das Game weder meine Fähigkeiten als Spieler*in mit dem Gameplay umzugehen, noch zwingt es mich, mich mehr mit dem Game auseinanderzusetzen, um mir bspw. eine andere Taktik zu überlegen. Kurzum: Das Game testet auf höheren Schwierigkeitsgraden nicht meine Fähigkeiten als Spieler*in, sondern eigentlich nur meine Leidensfähigkeit bzgl. eines nicht in seiner Gesamtheit durchdachten Gameplays. Lange rede kurzer Sinn: Das Gameplay funktioniert auf höheren Schwierigkeitsgraden einfach nicht, da das Game nicht in seiner Gänze dafür designt worden ist. Demnach zeigt dieses Beispiel eben sehr gut, dass sich Schwierigkeitsgrade eben nicht leicht in Game implementieren lassen, sondern dass sie ein fester Teil des Entwicklungsprozesses sein müssen, in die auch Ressourcen reingesteckt werden müssen. Ich muss allerdings fair sein: Leute die eben auf anspruchsvolles, gut balanciertes FPS Gameplay stehen, sind nicht die Zielgruppe der Entwickler*innen von CoD. Zielgruppe waren damals vor allem eher Casual-Gamer*innen, die das Game sowieso nicht auf höheren Schwierigkeitsgraden anpacken werden, also warum sollte man sich auch Zeit und Mühe machen, um ein Leveldesign und Gameplay zu entwickeln was eben auch auf höheren Schwierigkeitsgraden für den Core oder den Hardcore-Gamer gut funktioniert? Sie werden es eh nicht in Scharen kaufen, bzw. den Single Player links liegen lassen und sich dem MP widmen, auf dem sowieso mehr der Fokus des Entwicklerteams lag.
Wie ich eben erläutert habe, bricht das eigentliche Gameplay eines CoDs mit höheren Schwierigkeitsgraden wie Kartenhaus ein. Dasselbe kann aber auch umgekehrt passieren, sprich wenn ich ein Game eben durch verschiedene Einstellungsmöglichkeiten leichter mache, und hier kommen wir zu einem Dark Souls oder einem Elden Ring. Dort ist das eigentliche Kernelement der hohe Schwierigkeitsgrad, auf dem sich das gesamte Gameplay stützt. Machst Du das Spiel leichter, riskierst Du es als Entwickler, dass die dein gesamtes Spielerlebnis einkracht, was negative Auswirkungen auf das Spielerlebnis deiner Zielgruppe, dem Meta-Score oder eben die Verkaufszahlen haben kann.
Elden Ring hat sich bis zum September 2022 über 17,5 Mio. mal verkauft und wurde von der Spielerschaft als auch der Presse besonders positiv aufgenommen. Der Metascore rangiert für die Presserezensionen bei 96 von 100 Punkten und auch der User-Score ist bei der PS5 mit einem Score von 7,7 sehr hoch. Bei Steam bewerteten 91% der Spieler (basierend auf über 460 000 Nutzerwertungen) das Spiel als positiv. Treibende Kraft von dem Game ist vor allem sein Gameplay, die Story wird in meinen Augen eher kryptisch erzählt und mich persönlich motiviert sie jetzt nicht wirklich. Gleichzeitig zeigen die hohen Verkaufzahlen, dass das Game eben nicht nur bei den absoluten Hardcore-Gamern gut angekommen zu sein scheint, sondern eben auch bei Spieler*innen, die jetzt nicht dafür bekannt sind, sich Stundenlang durch ein Spiel zu quälen.
Dreh- und Angelpunkt dieses Games ist das Gameplay mit dem eher hohen Schwierigkeitsgrad. Der Entwickler möchte hierbei vor Allem durch das Stellen von anspruchsvollen Herausforderungen motivieren, anstatt der Spieler*in einfach eine Geschichte vorzusetzen, die er genießen kann. Das bedeutet auch, dass man als Spieler*in bei Spielen wie Elden Ring oder halt auch Dark Souls akzeptiert, dass man in dem Spiel häufig sterben muss und man von den Endbossen gehörig auf die Fresse kriegen wird. Die Entwickler wollen die Spieler*in fordern und eben durch das nach und nach stetige besser werden der Spieler*in Glücksgefühle hervorrufen. Dieser hohe Schwierigkeitsgrad zusammen auch mit der Tatsache, dass der eigene Tod auch durch das Spiel bestraft wird, führt auch in der Spielwelt zu einer besonderen Atmosphäre: Dungeons wirken bedrohlicher, weil man nicht weiß, was einem da drin erwartet und Unvorsicht zum Tod führen kann, der eben auch bestraft wird.
Bevor jetzt einer ankommt, dass Scheitern ja keinen Spaß macht, so muss ich widersprechen: Natürlich macht Scheitern Spaß und ist motivierend, es kommt eben auf die Rahmenbedingungen an, oder habt ihr schonmal ein Kleinkind gesehen, was gerade Laufen lernen will, und beim dritten mal auf die Nase fliegen sich denkt, dass es lieber liegen bleibt, da laufen anscheinend nichts für es ist? Natürlich ist dem nicht der Fall. Das Kind ist bei jedem Versuch motiviert es nochmal zu probieren, eben weil es selber merkt, dass es mit jedem Tag etwas besser geht und die Eltern sind bei jedem Schritt natürlich auch Stolz wie Oskar.
Ob eine Herausforderung motivierend ist hängt eigentlich maßgeblich davon ab, ob der umliegende Rahmen jetzt nun fair ist oder nicht. Habe ich also das Gefühl, dass ich durch Üben besser werden kann oder nicht und zeigt mir die Herausforderung dies auch, da ich während meines Handelns ständig Feedback bekomme. Und da kommen wir nun zu einem Elden Ring oder einem Dark Souls: Ja die Games sind schwer aber niemals wirklich unfair. Die Bosse haben ein festgelegtes Set an Bewegungen und Angriffen, welche sich immer ankündigen, eben weil sie auch eine gewisse Zeit zum Ausführen brauchen. Das eigentliche Gameplay ist mit Schlagen, Blocken, Ausweichen und Springen zudem sehr überschaubar. Man muss demnach entscheiden, ob man eine gegnerische Attacke blocken oder ihr ausweichen will und eben, wie man seine Angriffe dosieren muss, damit man eben beim Angriff nicht selbst eine gewischt bekommt. Da sich Attacken ankündigen, kommt es beim Kampf weniger auf Blitzschnelle Reflexe an, sondern viel wichtiger ist eben das Timing, ein gewisses Rhythmusgefühl und ein Verständnis für die Angriffe des Gegners. All dies kann man auch als körperlich gesunde Spieler*in tatsächlich lernen und das Spiel zeigt es einem auch immer wieder, da man mit jedem Kampf die Angriffsmuster des Gegners immer besser erkennt, man das Timing besser hinbekommt und man folglich immer mehr Schaden macht, bis man stirbt. Generell wird man hierdurch auch nie eine übermächtige Kampfmaschine, sondern es geht bei Kämpfen eher darum, ob nun der Boss oder die Spieler*in den längeren Atem hat, was sich in seiner Gesamtheit einfach gut anfühlt, zumal es eben niemals wirklich unfair ist. Hinzu kommen eben zahlreiche andere Hilfen, wie bspw. das Erkunden der Welt, um neue Gegenstände zu finden, die einem im Bosskampf unterstützen (der hohe Schwierigkeitsgrad ist somit auch ein Motivator sich die Spielwelt anzusehen) oder sich Hilfe in Form von NPCs oder anderen Mitspielern zu suchen. Elden Ring ist eben vor allem so beliebt, weil die Balance im Schwierigkeitsgrad sehr ausgeklügelt ist, es ist schwer genug um einen richtig zu fordern und ins Schwitzen zu bringen, aber wiederum leicht genug um nicht gleich bei der ersten Niederlage das Handtuch zu werfen, es wird einem quasi immer vor Augen gehalten: Bei dem Boss/Gegner geht was.
Letztendlich funktioniert dies auch nur so gut, weil eben der Hohe Schwierigkeitsgrad Teil des gesamten Entwicklungsprozesses ist und man dies permanent auf seine Zielgruppe zugeschnitten hat, die sich durch Alter, Interessen und eben auch einem Grundsatz an körperlichen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften auszeichnet. Wer keine Geduld hat und auch bei einem Videospiel nicht bereit ist, sein Scheitern zu analysieren und aus den eigenen Fehlern zu lernen, der wird mit dem Spiel an sich kaum Spaß haben. Und sowas zu entwickeln ist eben auch zeitaufwendig. da es viel Testen im Laufe der Entwicklung erfordert und man dies auch nicht unbedingt durch mehr Programmierer signifikant beschleunigen kann, hierzu braucht es eben vor allem kreative Köpfe, die eben verstehen, wie ihre Zielgruppe tickt und wie man die eigene Idee von einer Herausforderung mit den Anforderungen der Zielgruppe in Einklang bringt.
Letztendlich ist es schon für eine genau definierte, körperlich gesunde Zielgruppe schwer ein Game zu designen, was eben herausfordernd ist und die Spieler eben genau durch das Meistern von Herausforderungen motiviert, ohne dabei unfair zu werden. Das macht Inklusion, also die Zugänglichkeit des Spiels für Alle, neben Menschen mit vlt. einer schlechteren Hand-Augen Koordination oder eben auch für Menschen mit körperlichen Behinderungen schwierig, da sich dies nicht unbedingt einfach für jeden im Rahmen eines normalen Entwicklungsprozesses entwickeln lässt. Nehmen wir bspw. mal wieder Elden Ring und eben das Problem mit der Hand-Augen Koordination. Ein gewisses Maß an Hand-Augen-Koordination ist bei einem Game, wo es beim Kampf ums Schlagen, Ausweichen und Blocken geht und wo es eben auch auf das Timing ankommt, wichtig, gerade auch weil man Bewegungsmuster einschätzen können muss. Klar kann man dem Boss mit weniger HP segnen und dafür sorgen, dass seine Angriffe weniger Schaden anrichten, allerdings wird einem das auch nicht weiterhelfen, weil man eben auch Treffer landen muss, was eben durch den Rückstoß, den man erleidet, sobald einem das Schwert des Bosses erwischt, erschwert wird. Klar könnte man den Rückstoß herausnehmen, allerdings würde dies dann wiederum jegliche Immersion zerstören, weil es eben unnatürlich ist, dass die eigene Spielfigur noch angreifen kann, als wäre nix gewesen, obwohl sie gerade mit voller Kanne von einem 4 Meter langen Schwert erwischt wurde. Auch ist es für Menschen mit motorischen Einschränkungen evtl. nicht vorteilhaft, wenn der Boss Angriffe ausführt, denen man dreimal hintereinander ausweichen müsste. Ich kann allerdings diese Angriffe nicht einfach plump herausnehmen, weil Kämpfe dann weniger abwechslungsreich sind und man wiederum dem motorisch Eingeschränkten etwas vorenthält. Die Geschwindigkeit der Bosskämpfe zu reduzieren wäre zwar auch eine Möglichkeit, kann die Kämpfe aber undynamischer und damit weniger episch wirken lassen, was der Spieler*in immer das Gefühl vermittelt, irgendetwas fehle oder sei nicht so ganz ausgegoren.
Man wird wahrscheinlich, wenn man das Game mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden auch für motorisch eingeschränkte Personen zugänglich machen will, nicht umhinkommen, Bosse für genau diese Schwierigkeitsgrade anders zu designen und speziell zu entwickeln. Das bedeutet natürlich: Neues Movement, evtl. eine veränderte KI und andere Animationen und natürlich muss das mit Vertretern der Zielgruppe auch getestet werden. Das verschlingt Zeit und Ressourcen und hier ist die Frage: macht dies als Entwickler*in wirtschaftlich Sinn, also kann man sich diesen Aufwand leisten ohne, dass es zulasten von anderen Elementen geht?
Vor allem muss man eins verstehen: Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, die es auf allen Stufen schaffen ein gleichbleibendes Spielgefühl zu vermitteln, sind nicht einfach zu entwickeln. Ich kann es mir als Entwickler*in aber einfach machen, indem ich einen Easy Mode mit einem Gott-Modus, wo ich unsterblich bin, einführe. Nur wieviel Sinn macht das Spielen eines Elden Rings dann bspw. noch, denn:
- Die Bosskämpfe sind nicht mehr episch und der Sieg fühlt sich nicht befriedigend an.
- Das Absuchen der Welt nach Items, die dich im Kampf unterstützen, ist obsolet, weil Du sie nicht mehr brauchst.
- Die Story ist wie gesagt sehr kryptisch, wird also vermutlich allein auch nicht motivieren.
- Die Spielwelt ist zwar an sich sehr gut gestaltet, ist aber wiederum nicht so beeindruckend, dass sie allein unterhalten kann.
Das Game lebt von dem Gefühl, dass im Laufe des Spieles nicht deine Spielfigur, sondern die Spieler*in selbst immer besser wird und das Spiel immer besser beherrscht. Es zeigt auf beachtliche Art und Weise, dass Lernen durch Scheitern wahnsinnig motivierend sein kann und dass Scheitern nicht zwangsläufig etwas Schlechtes ist. Das macht Games wie Elden Ring bzw. allgemein Games von From Software so Bemerkenswert: Sie vermitteln permanent, dass man die Herausforderung meistern kann, solange man nur mit genügend Geduld und Lernbereitschaft an die Sache herangeht. Ein Easy Mode oder generell die Möglichkeit den Schwierigkeitsgrad nach Belieben anzupassen würde diese Erfahrung allerdings komplett zerstören. Und wenn man es mal genau nimmt, sind Spiele wie Elden Ring sogar dem echten Leben sehr nahe: Im echten Leben gibt es bei schweren Herausforderungen auch keinen Easy Mode, sondern ich muss mich einer Herausforderung stellen und bereit sein aus meinen Fehlern zu lernen. Wenn man allerdings als Spieler*in diese Erfahrung nicht machen will, einfach weil man sich beim Spielen eher entspannen will, dann ist nicht der Hardcore-Gamer, der angeblich mit dem Durchspielen des Games vor seinen Freunden angeben will, das Problem, sondern dann ist man einfach nicht Teil der Zielgruppe (ka. warum man immer, nur weil man das Handeln und den Spaß anderer Menschen nicht nachvollziehen kann, diesen gleich negative Charaktereigenschaften andichten muss. )