Beiträge von Ayu

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
    Zitat

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    lol'd


    Gratz, besonders an Jez und Levi. d: Guineas Sieg hat mich zwar überrascht, aber irgendwie war es auch zu erwarten. ;>

    OH MEIN HEILIGER VERFICKTER BEHINDERTER ACH SO TOLLER GOTT O___O WIESO WEISS ICH VON DEINEM GEBURSTAG NEN SCHEISSDRECK UM JETZT MAL EHRLICH ZU SEIN?! Was bin ich denn für ne schlechte superbeste Freundin auf der ganzen Welt forever and never and forever?! O:


    Also, meine superbeste Freundin auf der ganzen Welt, alles Gute zum Geburtstag. Bleib so wie du bist ... ach quatsch! Werd noch besser! Obwohl du mich oft genug gedisst hast bis jetzt in Skype, haben wir doch schon so einige Male Tränen gelacht (oder in meinem Fall geweint ..). Mit dir kann man super rumalbern, und Chinesenwitze reißen. <3 Ich hab dich lieb. x)


    Geiler Startpost, Cass. :D




    PS: Er ist die Beste. :*

    *husthust* Mit etwas Verspätung teile ich nun auch meine Meinung mit. (btw, seid ihr leicht vom Thema abgeschweift ..?)


    Meiner Meinung nach ist die Jugend nicht dumm, sondern unreif geworden. Ich sehe es besonders bei meiner jüngeren Schwester; sie ist mit ihrem jetzigen Alter ganz anders als ich es damals war. Meine Interessen lagen wo ganz anders und selbst meine Nachbarin (Volksschullehrerin) sagt, dass die Kinder immer jünger im Kopf werden. - natürlich, nicht alle, Ausnahmen bestätigen die Regeln. Aber hier stellt sich die Frage; Warum ist das so? Früher (und zwar sehr viel früher) wurde man mit 16 erwachsen, heiratete und bekam Kinder. Und heute? Man geht in die Schule/fängt ne Lehre an. Dieses "Jüngerwerden" war schon immer und wird auch fortsetzen.
    Was natürlich noch zu einer "dümmeren" Jugend führt, ist wohl, dass sie immer alles kriegen. Nicht selten sehe ich einen 10-12jährigen mit einem iPhone herumrennen oder 11jährige mit einem supertollen Handy ... in diesem Alter hatte ich noch nicht mal ein Handy. Die Kinder heutzutage lernen nicht zu sparen, so einfach ist das. Man schiebt einen einfach alles in den Arsch nach dem Motto: "Solange du ruhig bist, ist alles gut. Kannst ruhig den ganzen Tag drinnen hocken und Computer spielen und Fernsehen." Schlechte Noten? Werden locker weggsteckt. Meine Eltern sind noch immer sehr streng mit mir, wenn ich den ganzen Tag vor dem Computer sitze, heißt es, dass ich die nächsten paar Tage nicht darf - sinnvoll ... was aber nicht heißt, dass ich mich daran halte, lal.


    Und zum Thema aus der Geschichte lernen; Geschichte ist enorm wichtig. Eigentlich sollte die Menschheit soweit sein, keine Kriege mehr führen zu müssen, da man weiß, dass es keine Gewinner dabei gibt und dass sie einfach unnötig sind. Aber wer hört denn schon auf Vergangenes ..?

    Vocaloid ist in der Tat eine sehr interessante Musikrichtung, da sie fast ganz ohne den Menschen entsteht (der ja Wörter eingibt und die Lieder produziert), aber ansonsten sieht man ja nur die Animefiguren, die auch desöfteren selbst erstellt sind. Ich höre zwar fast keine Vocaloidlieder, da das nicht meine Richtung ist, aber manchmal höre ich mir den einen oder anderne Song von Hatsune Mika an - der wohl bekanntesten Vocaloid überhaupt. (Besonders toll finde ich es, dass sie im Anime Lucky Star einen Kurzauftritt hat.).
    Was ich sehr schade finde, ist, dass die Vocaloids außerhalb des japanischen Raumes kaum/fast nicht bekannt sind, da sie ja meistens japanisch singen (was ja nerdmäßig wäre, obwohl ich das eher als Otaku betrachten würde, da Nerds wieder etwas anderes sind) - und japanisch wird im westlichen Raum gar nicht mal so gerne gesehen (soviel zur Individualität des einzelnen) - und da es sie ausschließlich nur auf YouTube/im Internet gibt, soweit ich weiß. In Japan werden die bekannteren Vocaloids wie Hatsune Mika, Rin und Len Kagami gerne auf Autos gedruckt bzw. sehr groß vermarktet - die Japaner stehen auf solche Sachen einfach.


    Vocaloid ist in der Tat etwas sehr interessantes und wohl auch etwas anspruchvolleres. Ich mag es. :3

    Davon ausgehend, dass die meisten User hier Kinder oder Jugendliche sind, ist dieses Thema fast schon sinnlos. Mit dem Alter ändert sich auch die Lebenseinstellung, natürlich wollen Kinder keine Kinder haben, Jugendliche wahrscheinlich auch nicht. Wenn man älter ist, denkt man anders.


    Dem kann ich jetzt nur zusprechen. ;) Die meisten User hier sind zwischen zehn und sechzehn Jahren alt - noch kann es sich keiner vorstellen, jemals Kinder zu kriegen. Noch sind sie kleine, nervende und sabbernde Dinger, die kotzen und kleinen Attention whores sind. Ich denke da nicht anders, um ehrlich zu sein. Aber ich denke, sobald es mal passiert ist (--> ne stabile Beziehung hat, etc.), dann wünscht man sich einfach Kinder. Mag jetzt nicht bei jedem so sein, aber bei der Mehrheit (hoffentlich) schon.

    Gruppe 1
    Jezryk - auch wenn er ein Arschloch ist und mich gerne mal verarscht, er ist aktiv und desöfteren ziemlich witzig in Skype. Außerdem hätten wir ohne ihn nicht so oft was zu lachen. & er ist meine superbeste Freundin. AUF DER GANZEN WELT (das darf man nicht vergessen!) ♥♥
    Orestes - freundlich, witzig, höflich, aktiv. Noch mehr? d:


    Gruppe 2
    Leviator - cooler Österreicher und mit ihm kann man gut reden. Außerdem ist er aktiv. d:

    Gruppe 1
    sasu --> netter Gesprächspartner, und nicht umsonst S-Mod, denke ich mal.


    Gruppe 2
    miese Gruppe, srsly.
    Compicat --> ebenfalls nicht umsonst S-Mod und ein sehr fröhlicher Mensch.
    Strict --> steiler Aufstieg 2010 und hält den Spriterbereich am Laufen, außerdem hat er immer ein offenes Ohr und ist freundlich. <3


    Gruppe 3
    Akatsuki --> ohne sie wäre das FS-Komitee verloren, srsly. Außerdem badet sie immer meine dummen Fehler aus ~
    airwaves --> guter Kaugummi, wobei 5gum noch besser ist. Aktives Bürschchen, nett und man hört seine Nationalität raus. ftw.


    Gruppe 4
    miese Gruppe, ich mag alle. :(
    /Tim(m(i|y))?/i --> wegen Chat, hat es auch imo als einziger so richtig, richtig verdient, MdJ zu werden.

    Ergebnisse
    Wettbewerb Nr. 02: Überschriften
    Information|Vote


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    Scissorhand


    Der letzte Tag der Sonne #4


    „Unsere Herrscherin ist schwach…“ Besorgt blickt Gevatter Mond in die unendlich weite Ferne des Universums, wo die Sonne ihre Strahlen nur noch schwächlich versprüht. Ihr weises, altes Gesicht ist angestrengt und schmerzverzerrt. Des Mondes tausend Gefährten, die Sterne, können sich mit der Wahrheit kaum abfinden. Dass so etwas geschehen sollte, hätten sie niemals erwartet.
    „Wie nur konnte so etwas geschehen, Bruder?“, fragt einer davon den Mond, welcher seine Stirn in Falten gelegt hat.
    „Seit Anbeginn der Zeiten wacht sie über uns. Schien sie auch unverwundbar, von ewigem Leben zu sein, so läuft auch ihr die Zeit langsam davon… Ist sie auch stark, so wird sie es nicht mehr lange durchhalten. Unsere Welt, wie wir sie kennen, wird es bald nicht mehr geben. Denn Mutter Sonne hält uns alle zusammen, und wenn sie jemals aufgeben müsste, so müssten auch wir es ihr gleich tun.“ Traurig schliesst der Gevatter seine Augen. „Sie ist älter als die Erde, älter als wir alle zusammen. Treu hat sie uns alle geschützt und uns vor Unheil bewahrt. Indem sie ihre Herzenswärme in Flammen umwandelte und damit die Galaxie in Licht tauchte, konnte sie Geschöpfe erschaffen, welche glücklich den Planeten eroberten und sich dort einen Ort schufen, an dem sie ihr Leben verbringen konnten. Das ist der Sinn ihres Daseins, dass sie uns alle am Leben hält. Sowohl wir Himmelskörper als auch die Wesen auf der Erde verdanken ihr unsere Seele. Und jetzt soll alles vorbei sein…“
    „Doch was ist mit der Sonne los, mein Bruder? Sie ist alt, gewiss, doch einige Jahre mehr oder weniger sollten ihr doch…“
    „Ach, du naiver Tor, hast du denn wirklich keine Ahnung, was ihr zugestossen sein mag? Ihre Seele ist erkrankt, törichte Laune der Natur! All die Jahre, Millionen um Millionen… Täglich dasselbe, immer am Himmel stehen, der Welt das Licht einflüstern und pausenlos die Strahlen verschicken, damit die anderen sich daran erfreuen… Sicher, ihr ist gewiss, dass ohne das Licht ihres Herzens kein Wesen überleben kann. Und das ist auch das einzige, was ihr noch übrig bleibt. Dazu ist sie geboren, dies ist ihr Schicksal – und das ist ein enormer Druck. Ihr altes Herz hält es einfach nicht mehr aus. Irgendwann muss schliesslich das Ende eintreffen, und sie spürt, dass sie im Geiste schon lange verloren hat.“ Verängstigt blickt der kleine Stern zu dem wutverzerrten Gesicht des alten Mondes hinauf. So hat er den sonst so friedliebenden Gevatter seit Anbeginn seiner Existenz noch niemals erlebt. Vorsichtig fragt ein anderer Stern:
    „Können wir denn gar nichts dagegen tun?“ Die Gesichtszüge des Mondes besänftigen ein bisschen, die Wut in seinen funkelnden Augen verwandelt sich in Trauer.
    „Nein, gar nichts. Eine höhere Macht hat es so vorgesehen, dass das Leben schon bald für immer ausgelöscht werden soll. Die Sonne wird sterben, und das Universum wird gemeinsam mit ihr untergehen. Und auch sie wird froh darüber sein, ihren Lebenssinn bis an diese Stelle erfüllt zu haben. Es ist das Schicksal der Sonne, der Welt, jeglicher Existenz. Der letzte Tag der Sonne wird schon bald anbrechen, und keiner kann es verhindern.“


    Der Teil der Erdbevölkerung, welcher zu dieser Zeit der Tag anbricht, blickt verwundert zum Himmel. Keine einzige Wolke zeigt sich, klarer könnte das Wetter nicht sein. Trotzdem ist es für diese Tageszeit erstaunlich dunkel. Im Winter wäre dies normal, doch es ist mitten im Sommer. Es scheint beinahe so, als habe die Sonne ihre Kräfte verloren, könne sie nur noch schwach ihre Strahlen an die Lebewesen der Erde weiterreichen. Man kann direkt in ihr Antlitz blicken, ohne geblendet zu werden. Ihre sonst so kraftvollen Flammen zucken nur schwach, schaffen es kaum, die Erde überhaupt zu erreichen. Die Menschen fragen sich, was das wohl sein könnte. Die meisten von ihnen winken ab. Man solle sich keine Sorgen machen, teilen sie den anderen mit, dies sei nur eine Laune der Natur. Bald schon wäre alles wieder normal… Ach, wüssten sie nur, was in wenigen Tagen schon auf sie zukommt... Doch was würde das nützen? Vor dem drohenden Unheil, was ihnen bevorsteht, können sie sich nicht schützen – keiner kann das. Niemand. Diese Macht liegt über dem Verstand der Menschen, sie haben keinen Einfluss darauf. Hilflos sind sie der Zukunft ausgeliefert, dem Ende der Welt. Und keiner von ihnen hat überhaupt eine Ahnung. In genau zwei Tagen wird der letzte Tag der Sonne anbrechen, und mit ihm der letzte Tag der Menschheit.


    „Endlich wird mein Leiden ein Ende haben. Schon so lange, so lange warte ich auf diesen Tag, diesen einen Tag, der mich erlöst. Ich sollte mich freuen, doch ich kann es nicht. Die Menschen, ich sehe sie, sie blicken mich an… Ich blicke zurück und weiss, dass sie es nicht bemerken. Sie, für die ich meine Strahlen auf die Erde sandte, meine Boten des Lebens… Ich werde sie vermissen. Und dort drüben, der Mond und seine Gefährten… Mein lieber Mond, welcher mir als Berater immer so gut zur Seite gestanden ist… Besonders er wird mir fehlen, so sehr… Hach, wäre dies doch nur nicht mein Schicksal. Könnte ich doch auch dort auf der Erde leben und ein normales Dasein führen, ein Mensch ohne wichtige Aufgabe… Könnte ich doch ein Wesen sein, gleich wie jedes andere, unauffällig und von kaum jemandem beachtet… Das hört sich schön an. Und wer weiss, vielleicht werde auch ich einmal als Mensch wiedergeboren in einer neuen Welt, nach all diesen Strapazen, nach unserem Untergang. Ach, könnte ich mir nur gewiss sein, könnte mir nur jemand garantieren, dass ich jemals normal sein könnte, eine von vielen, von niemandem beachtet. Ich will doch nur meine Ruhe haben und nicht diese schreckliche Verantwortung, welche ein Fluch meiner Seele ist… Wieso nur, wieso ich? Weshalb wurde ich auserwählt, ich kann doch nichts dafür, schon seit Jahrmillionen auf die Erde mit all seinen Geschöpfen aufpassen zu müssen… Doch jetzt bringt alles nichts mehr. Ich spüre, ich habe keine Kraft mehr. Meine Gedanken sind das einzige, was mir noch bleibt, meine Strahlen hören auf zu leuchten, mein Gesicht wird ruhiger werden. Ich spüre, alles wird besser werden, wenn das alles vorbei ist. Lange werde ich nicht mehr durchhalten. Mich plagen keine Schmerzen, ich bin nur schwach. In all den Jahren habe ich nicht geschlafen, kein einziges Mal habe ich meine Augen geschlossen, um mich auszuruhen. Tags und nachts wachte ich über die Erde, Ruhe war für mich ein Fremdwort. Ich fasse meinen Entschluss: Morgen werde ich aufgeben. Morgen werde ich mein Schicksal besiegeln. Ich werde Gevatter Mond meine Entscheidung nicht mitteilen, das fiele mir zu schwer. Ich werde still und leise einschlafen. Einschlafen für immer. Morgen wird mein letzter Tag sein. Mein letzter Tag als Sonne. Und wer weiss, vielleicht werde ich ja jemals wiedergeboren in einer neuen Welt, in der meine Wünsche in Erfüllung gehen. Nach meinem Tode wird noch etwas kommen – Das spüre ich."

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    Gargoyle


    Der letzte Tag der Sonne #3


    Traurig blickte Ra über die smaragdgrüne Oase, die am glitzernden Flusslauf entstanden war. Die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte in ihrer sengenden Hitze auf seinen gefiederten Kopf hinab. Wie können sie mir das nur antun, nach allem, was ich für sie getan habe?, dachte er.
    Plötzlich landete ein Falke neben ihm, geschmückt mit Gold und Edelsteinen.
    „Was ist los, Ra?“
    Er schreckte aus seinen Gedanken auf und schaute zum kleinen Falken hinab. „Sie vergessen mich, Horus“, flüsterte er.
    „Ja“, antwortete Horus, „Ja, sie vergessen dich. Aber an uns andere Götter denkt auch niemand mehr.“
    „Hmm...“ Ra blickte zu der Sonne auf, ihre Strahlen funkelten golden in seinen Adleraugen. Dann sah er an sich hinab, auf die Brust, wo die Greifvogelfedern in den muskulösen Männerkörper übergingen. „Aber sie brauchen uns... Ich bin ihr Sonnengott, ohne mich würde ewige Finsternis im Nilland herrschen!“
    Der Falke blickte ihn mit dunklen Augen an, dann wechselte er die Gestalt und wurde zu einem Falkenköpfigen Mann. Stumm stellte er sich auf die Klippe neben den Sonnengott und blickte über die Ebene, wo die Ägypter vor der Mittagshitze in ihre Häuser geflohen waren, ohne auch nur einen Gedanken an ihre alten Götter zu verschwenden. Niemand wusste mehr, wen die Statuen in den halb zerstörten Tempeln darstellten. Viele beteten schon längst einen einzigen Gott an. Lächerlich, denn wo war er, dieser Gott?
    „Glaubst du, ich werde sterben, wenn sie mich vollständig vergessen haben?“, murmelte Ra.
    „Nein“, meinte Horus. „Dann wärest du schon längst tot...“
    Von einer plötzlichen, verzweifelten Wut gepackt, stieß der Sonnengott einen gellenden Adlerschrei aus. „Dann sollen sie sich jetzt wieder erinnern!“ Zornig streckte er einen Arm aus, brüllte in den Himmel: „Heute wird der letzte Tag der Sonne sein!“ Mit kräftigen Handbewegungen zog er den Mond, der wie ein schwacher weißer Teller am Himmel hing, vor die Sonne. Langsam, ganz langsam wurde es dunkler. Doch mit jedem Zentimeter, den die Sonne verdeckt wurde, schwand seine Macht. Die helle Kugel war die Quelle seiner Stärke, aber das war ihm jetzt egal. Die Menschen sollten büßen, dass sie ihn vergessen hatten! Aber der Mond schien sich regelrecht zu wehren, bäumte sich in seinem Griff auf. Ra, auf dem Tiefpunkt seiner Macht, konnte ihn nicht länger halten. Seufzend zog der helle Teller an der Sonne vorbei, und das Licht kehrte zögernd zurück, gemeinsam mit der Macht des Sonnengottes. Ein Augenblick zorniger Stille.
    Dann senkte Ra den Arm, erschöpft, aber dennoch mit neuer Kraft erfüllt. Als er schweigend fortging, blitzte eine solch aggressive Wut in seinen Augen, dass jedem, der ihn gesehen hätte, ein eisiger Schauer über den Rücken gelaufen wäre.
    Horus blickte ihm nach.
    Die Menschheit hatte den Zorn der Götter auf sich gezogen, könnte man jetzt denken, bald würde die Welt untergehen, mag man nun fürchten. Aber dem war nicht so. Es war ein ganz normaler Tag für die Götter, Ra hatte oft solche Wutanfälle.
    Horus lächelte in sich hinein. Wie merkwürdig das wohl auf seinem Falkengesicht anmutete?
    Ra hatte immer noch nicht gemerkt, dass der Falkenköpfige es war, der am Mond zerrte, der ihn so widerspenstig gegenüber dem Sonnengott machte. Aber es war besser so, irgendwann würden sich die Leute schon wieder an die Götter erinnern... Irgendwann...
    Aber noch machte sich niemand Gedanken um sie. Die Menschen begannen, wissenschaftliche Begründungen für solch eine Sonnenfinsternis zu finden.
    Horus wandte sich wieder dem Fluss Nil zu und erwartete gelangweilt die nächste Handlung des Sonnengottes...

    erreichte 15 Punkte von insgesamt 130 vergebenen


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    Cáithlyn


    Der letzte Tag der Sonne #1


    „Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen. Im Jahre 2496, zwei Jahrhunderte nach dem apokalyptischen Ende der Fabriken, der Kriege, dem Großteil der Menschheit, ist es nun geschehen. Der ’letzte Tag der Sonne’ ist eingetroffen. Im wissenschaftlichen Sinne ist es nicht der letzte Tag der Sonne, es ist nur der letzte Tag, an dem der klägliche Rest, der von uns noch übrig geblieben ist, den Stern ‚Sonne’ sehen kann. Die zahlreichen Abgase haben unsere Ozonschicht schon vor Jahrhunderten so zerstört, dass wir kurzerhand eine neue, künstliche erschaffen mussten. Dies geschah im Jahre 2258. Etwas später erschufen wir uns eine eigene Sonne, die so eingestellt wurden, dass sie perfekt die Jahreszeiten nachahmt...nachahmt… nachahmt…“


    Metallisches Klirren erfüllte die Luft, Zischen und Fauchen schallte in dem heruntergekommenen Labor wieder. Auf dem Tisch stand ein kleines Gerät, flach wie ein Teller, mit einem kleinen, blauen Sensor, der nur einen Meter weiter entfernt in einer Person endete. Ein junger Mann in einem weißen Kittel und mit drei Tage Bart, angespannt bis auf den letzten Muskel, las von einer weiteren Tafel ab, von der er scheinbar seine Informationen erhielt. Er wiederholte immer dasselbe Wort, verschwamm nach einer Weile jedoch. Ein Klicklaut ertönte, dann hatte der Akku des Hologrammprojektors seinen Geist aufgegeben. Eine Faust prallte auf den Tisch, dutzende elektronische Geräte fanden durch die Erdanziehung zum Boden, wo sie klirrend liegen blieben. Der Mann hatte seiner Wut freien Lauf gelassen. Er war es gewesen, der die Aufzeichnung für die Nachwelt hatte machen wollen. Vielleicht würden die restlichen Lebewesen sich ja evolutionieren und sich den aktuellen Lebensbedingungen anpassen. Vielleicht gäbe es ja eine zweite Menschheit, wenn die erste erst einmal ausgestorben war. Der junge Mann war ein hoch anerkannter Professor und einer der letzten fünf Tausend Menschen. Der Rest war qualvoll an den Auswirkungen der letzten Atomrakete gestorben, die das ehemalige Amerika auf Japan hatte losgelassen. Nur war die Intensität der Raketen um ein Vielfaches erhöht worden, als man es sich vorgestellt hatte. Lediglich ein kleiner Fleck auf der Erde hatte den Angriff unbeschadet überlebt, doch auch diese Zone würde schon bald menschenleer sein, da sie ihn ja nicht verlassen konnten. Der Ort war nur eine kleine Stadt, da gab es diese speziellen Anzüge nicht, die einen vor radioaktiver Strahlung schützte. Also waren sie verdammt, auf ihr Ende zu warten.
    „ Was machst du hier, Frederic?“ Der Angesprochene drehte sich mit wütender Miene um und entdeckte seine Frau.
    „ Arbeiten, Louise. Arbeiten.“ -„ Für wen?“ -„ Für die zweite Menschheit!“
    Eine Weile lang herrschte Schweigen, dann setzte sich Louise in Bewegung. Sie umarmte ihren Mann fest, bittere Tränen rollten ihre Wange herunter. „ Wir haben keine Vorräte mehr. Die Strahlung ist immer noch nicht verschwunden, Frederic. Wir sind verloren und du träumst immer noch von einer zweiten Menschheit.“ Frederic seufzte. Sie hatte ja Recht. Die wenigen Tiere, die ihren Weg hierher gefunden hatten und verschont geblieben waren sollten eine neue Rasse erschaffen? Das war biologisch unmöglich, und doch war es etwas, was sich der junge Mann von Herzen wünschte. Und falls es passieren würde, würde er sie vorwarnen, ihnen den aktuellen Stand des menschlichen Wissens vermitteln und sie davor warnen, was passieren könnte. Ja, und dann würde wenigstens diese Rasse überleben. Überleben und erfolgreicher werden als es für die Menschheit je möglich war.
    „ Komm mit, der letzte Sonnenuntergang ist gleich. Das wollen wir doch nicht verpassen, oder?“ Louises versöhnliche Stimme rief ihn aus seinen Gedanken zurück, er nickte leicht und ließ sich von seiner Frau zu dem Hügel führen, an dem sich ein Jeder von ihnen versammelt hatte. Sie entdeckten Freunde der Familie, machten sich auf den Weg zu ihnen. Die Frau sah bekümmert aus, das junge Mädchen hatte rot verquollene Augen. Sie stellten sich nebeneinander, es brauchte keine Blicke, keine Begrüßung.
    „ Jerry ist tot. Die Strahlung.“
    Die Worte waren langsam und schleppend, erschöpft und tief traurig.
    „ Das tut mir Leid, Mary.“
    Frederic hatte geantwortet, Louise fand nie Worte für Todesfälle. Die Braunhaarige war zu sentimental, um einen vernünftigen Satz zu formulieren, der ihre tatsächlichen Gefühle vermitteln konnte. Stattdessen nickte sie immer nur. Mary hatte ihre Tochter von hinten in die Arme geschlossen, das heutige Ereignis war zu wichtig, um es zu verpassen.
    Bürgermeister Foahn trat aus der Menge heraus. Er stellte sich mit dem Rücken zum Licht, auf einen Hügel in der Nähe des Abgrundes, räusperte sich und verlangte somit alle Aufmerksamkeit.
    „ Wir beklagen heute den Tod der folgenden Personen: Jerry Southern, geliebter Vater und Chemiker, Zaid, Biologe und Witwer, das Neugeborene des Ehepaares Brucewick und zuletzt auch Christina Herriette. Sie alle hatten diesen frühen Tod nicht verdient. Lasst uns für sie beten, dass sie den Weg ins Paradies finden mögen und nicht für die Taten ihrer Vorfahren bestraft werden.“ Zustimmendes Gemurmel fuhr durch die Menge, Victoria, die Tochter Jerrys, war auf die Knie gesunken und hatte die Arme um ihren dünnen Körper geschlungen. Sie wurde von heftigen Krämpfen durchgeschüttelt, das leise Wimmern schien niemanden zu stören. Ihre Mutter versuchte, sie mit leisen Lauten und Gesang zu beruhigen.
    Foahn war wieder in die Menge zurück getreten und unterhielt sich gedämpft mit einigen weiteren Personen. Also waren es nur noch 4956 Personen, die verblieben.
    Frederic und Louise waren ein kinderloses Paar, sie wollten erst in den dreißiger Jahren Kinder bekommen. Doch nun war es zu spät. Ohne die Wirkung der Sonne würde die Welt von einer zweiten Eiszeit heimgesucht werden. Die künstlich erschaffene Sonne war bei dem Atomaustausch zerstört worden, das Ende war also heute gekommen. Wer nicht vorher Suizid begang, würde in der Nacht erfrieren.
    Das war jedem hier klar. Lediglich die Kinder unter ihnen liefen immer noch dem Glauben hinterher, es würde ein „Morgen“ für sie geben. Das tat es nicht. Man wollte ihnen nicht den kläglichen Rest ihres Lebens verderben. Sie sollten unschuldig spielen, tollen, so, wie man es vor fünf Jahrhunderten gemacht hatte. So sollte ihr Leben aussehen.
    In Frederic wuchs eine ungemeine Wut auf seine Vorfahren, auf die Führer der Nationen, die für diese Misere verantwortlich waren. Sie hatten alles zerstört, ihre Schuld war es, dass ihr Leben heute endete.
    Louise stellte sich vor ihn. Sie war einen Kopf kleiner, schlang die Arme ihres Ehemanns um sich und suchte Schutz bei ihm. Ein Jeder tat dies jetzt. Die Sonne hatte begonnen, im Weltall zu verschwinden, sie war nicht mehr als ein kleiner Punkt. Gerade genug um die Durchschnittstemperatur von minus fünfzig Grad aufrecht zu erhalten. Um sie herum war alles abgestorben. Keine Pflanzen, die Tiere hatten sich in unterirdischen Kanälen ihren Weg zum warmen Erdkern gesucht, die heruntergekommenen Buden machten den Eindruck, als würde nur das Eis sie zusammen halten.
    Der kleine, gelbe Punkt wanderte weiter zum Horizont. Langsam näherte er sich der Linie ein letztes Mal. Louise rollten Tränen über die Wange, viele Menschen in der Menge begannen zu schluchzen. Andere zählten von einhundert herunter, einige blieben stumm und starrten ihn einfach nur an. Alle hatten jedoch etwas gemeinsam. Sie nahmen sich ihre Jacken und zogen sie enger um ihre Körper, um zumindest eine kurze Zeit der tödlichen Kälte zu entgehen. Das Schnaufen und Schluchzen wurde lauter, je näher die Sonne dem Abgrund kam, und erreichte seinen Höhepunkt, als er von der Klippe zwei geteilt wurde. Der obere Teil war noch sichtbar, der untere bereits zum letzten Mal verschwunden.
    „ Dies ist der letzte Tag der Sonne. Lasst ihr uns danken, dafür, dass sie ganze 2496 Jahre auf uns aufgepasst hat. Lasst uns das Lied der Sonne singen!“, rief Foahn laut. Er zählte bis drei, dann stimmten alle, ob Kinder, Eltern, Greise, in ein Lied der Trauer und Fröhlichkeit zugleich ein. Mit dem letzten Takt, den Worten, „ And now the sun is gone.“, endete es. Das Lied und das Leben der 4956 restlichen Personen, denn die Sonne war zum letzten Mal verschwunden.

    erreichte 13 Punkte von insgesamt 130 vergebenen


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    Mightyena-Lucario


    Der letzte Tag der Sonne #5


    Eine schwache, aber kalte Brise erhob sich und zog über das Eis. Vereinzelte Schneeflocken wirbelten auf und stachen winzigen Nadeln gleich in meine unbedeckte Gesichtshaut. Leise plätscherten die Wellen gegen das gefrorene Land, strahlend schimmerte das rötliche Licht der untergehenden Sonne in ihnen. Ich hob die Hand vor die Augen, einerseits um mich vor den Eiskristallen zu schützen, andererseits um mich vor dem gleißenden Sonnenlicht abzuschirmen. Dem letzten Sonnenlicht für die nächsten Monate.
    Wehmütig senkte ich den Blick. Ich hasste diese Zeit der nicht endenden Finsternis, wenn das einzige Licht in der Welt das der Straßenlaternen war. Jetzt schon vermisste ich die Sonne. Wie ihre sanften Strahlen zärtlich mein Gesicht liebkosten, wie ihr wärmendes Licht all meine Sorgen und Zweifel einfach hinwegspülte. Wie gern ich jeden Abend in der Zeit der Tagundnachtgleiche zur Küste ging, um zu bewundern, wie sie unterging. Dieses majestätische Schauspiel bewegte mich jedes Mal aufs Neue…
    Aber das würde ich heute zum letzten Mal für lange Zeit sehen. Heute verschwand die Sonne zum letzten Mal hinter dem Horizont und tauchte die nächsten sechs Monate nicht mehr auf. Der arktische Winter begann. Jene Zeit des Trübsals und der Verbitterung, der Trauer und Dunkelheit…
    Der Wind frischte auf und zerrte an der Kapuze meines Anoraks. Mit einer Hand hielt ich sie fest, den Blick noch immer gesenkt. Ich meinte bereits zu spüren, wie es immer kälter und kälter wurde…und das hatte nichts mit dem Wetter zu tun. Diese Kälte kroch aus dem Schatten der Nacht über die Welt und verdunkelte die Herzen aller Menschen in dieser gottverlassenen Eiswüste. Gnadenlos vernichtete sie Träume, Hoffnungen, Wünsche, ließ nichts als Verzweiflung und Angst zurück, raubte allen ihre –
    „Sayan?“
    Bei der Erwähnung meines Namens drehte ich mich überrascht um und blickte in Kayras wunderschönes Gesicht. Sie war mir tatsächlich den ganzen Weg hierher gefolgt, und das, obwohl unser Heimatort eine gute Stunde Fußmarsch entfernt lag. Meine Geliebte trat die letzten Schritte zu mir heran und sah mir direkt in die Augen. Sie lächelte.
    „Ich wusste, ich würde dich hier finden…“, flüsterte sie und küsste mich liebevoll. Ich erwiderte den Kuss zärtlich und legte die Arme um sie. Ihre Nähe vertrieb mit einem Schlag all meine finsteren Gedanken und erfüllte mich mit Glück und Freude. Ich liebte sie für diese besondere Gabe.
    „Du weißt, ich verpasse ihn nie…den letzten Tag der Sonne.“
    „Ich weiß, ja. Seit zwanzig Jahren kommst du immer zur Tagundnachtgleiche hierher, um dir den Sonnenuntergang anzusehen. Ich weiß, was es dir bedeutet.“ Sie legte eine Hand auf meine Brust, direkt über meinem Herzen. „Und ich weiß, wie weh dir der Anblick des letzten Sonnenuntergangs vor dem Winter tut. Ich kenne deinen Schmerz…aber du musst ihn nicht alleine durchstehen. Ich werde immer bei dir sein, Sayan.“ Sie küsste mich erneut.
    Mein Herz wollte schier überfließen vor Liebe. Seit vier Jahren waren Kayra und ich nun zusammen, und vom ersten Augenblick an war mir klar gewesen, dass sie die Richtige für mich war. Ihre sanfte, liebevolle Art hatte mich regelrecht verzaubert, und ihr Lächeln konnte selbst dem Trübsinnigsten wieder Freude schenken. Doch was sie so besonders machte, war ihre Gabe, mich allen Schmerz und alle Verzweiflung einfach vergessen zu lassen. Die schrecklichste Erinnerung und der grausamste Zorn verblassten einfach in ihrer Nähe. Sie strahlte eine solch starke Zuversicht und Lebensfreude aus, dass es ganz unmöglich war, von schlechten Gefühlen geplagt zu werden. Sie machte mich ein weiteres Mal den bohrenden Schmerz der nahenden Finsternis vergessen.
    Nach einer wunderbaren Ewigkeit lösten sich ihre Lippen von meinen. Kayra fasste meine Hände und lächelte mir voller Wärme entgegen.
    „Kehren wir nach Hause zurück, Sayan. Lyna wartet schon auf uns.“
    Der Gedanke an meine Tochter beflügelte mich und verbannte endgültig jegliche Unsicherheit aus meinem Herzen. Auch wenn es die nächsten Monate dunkel sein würde, das Licht, das meine Familie mir schenkte, strahlte heller als tausend Sonnen. Nichts und niemand vermochte mir mehr Zuversicht zu schenken.
    Gemeinsam schritten wir in Richtung unserer Heimatstadt. Unsere Bindung hätte nicht stärker sein können als in diesem Moment, als wir der verlöschenden Sonne den Rücken zuwandten und unserem Glück entgegengingen. Und in genau diesem Augenblick wurde mir eines klar…


    Das Licht der Liebe bezwingt selbst den dunkelsten Schatten.

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    Soul&Crystal


    Unendlich #2


    Zurückhaltend und mit einem Kloß im Hals tippte sie die letzten Sätze in ihre alte Schreibmaschine. Bannte das Werk von über zehn Jahren harten Schreibens auf die noch schneeweißen Papierbögen, die sich langsam, aber stetig mit Druckerschwärze füllten.
    Ihre Geschichte.
    Zwei Wörter nur, für viele Menschen bedeutungslos.
    Doch für die mittlerweile dreißigjährige Frau waren es mehr als bloße Worte oder sinnlos klingende Sätze. Wie lange schon besaßen Bücher für sie den Klang von Freiheit, Freude und Abenteuer? In ihnen fand man ein ganzes Leben, eine eigene Welt voller Geheimnisse.
    Und manchmal, da entdeckte man sich selbst wieder; da las man von einer Person, von der man immer geglaubt hatte, es könne man unmöglich man selbst sein. Aber man war es, das Abbild einer Romanfigur, für die Nachwelt festgehalten auf einigen hundert Bögen Papiers.
    Sie seufzte und strich sich eine Strähne weizenblonden Haares aus der Stirn, doch der frische Wind blies es ihr abermals ins Gesicht. Das Papier knisterte, so als könne es kaum mehr erwarten, weiter mit Ideen und fantastischen Ereignissen beschrieben zu werden.
    Doch sie zögerte es hinaus, blickte stattdessen lieber auf das kristallklare Wasser des Sees.
    Seit Beginn des Schreibens, ihrer Karriere, saß sie nun schon hier, Tag für Tag. Immer bepackt mit der klapprigen Schreibmaschine, die ihr einst von ihrer Uroma vermacht worden war und mit der die Frau am liebsten schrieb. Im Zeitalter der kompakten Laptops und hochmoderner Computer rief diese Eigenart stets ein ungläubiges Kopfschütteln bei ihren Mitmenschen hervor. Doch die junge Frau interessierte es nicht.
    Ein paar Seemöven flogen mit lautem Kreischen in den blauen Sommerhimmel, während sie nachdenklich zu ihnen aufblickte.
    Der Schmerz über den Verlust, der sie vor kurzer Zeit heimgesucht hatte, war unbeschreiblich intensiv. Obwohl sie doch alles versucht hatte, um ihn zu bekämpfen, hatte sie die Erinnerungen nicht auslöschen können. Sie schmeckten bittersüß, lieblich und doch wie ein Dolchstoß mitten ins Herz, das ein so verwundbares Ding war. Nachts wachte sie auf, weinte vor lauter Verzweiflung und dass sie es nicht hatte aufhalten können.
    Krebs.
    Eine Krankheit, die bis zu jenem Tag nicht in ihr Leben getreten war, ihr Leben war bis dahin so behütet gewesen. Friedlich. Immer noch sah sie das müde, von Erschöpfung und selbstlosen Kämpfen gezeichnete Gesicht ihrer Freundin. Und doch hatte sie verloren, obwohl sie so lange Zeit hatte standhalten können.
    Sie konnte es nicht verarbeiten. Wenn sie anrief, aus Gewohnheit, fiel ihr nach einigen Sekunden ein, dass niemand ihr antworten würde. Ihr war nichts geblieben außer Erinnerungen und ein mit weißen Blumen geschmücktes Grab, in dem ein toter Körper lag.
    Doch wo war ihre Seele?
    Sie zog den Brief unter ihrer Kleidung hervor, wo sie ihn Tag und Nacht bei sich trug. Der Platz bei ihrem Herzen, wie es sich ihre Seelenverwandte immer gewünscht hatte.
    Die Zeilen wirkten hastig hingeschrieben, an manchen Stellen waren Tränenspuren zu entdecken, von ihr selbst und von ihrer Verfasserin. Es hatte sie viel Kraft gekostet, doch sie hatte es geschafft.


    Liebste Felicitas,
    dies ist das Ende. Oder vielleicht ein neuer Anfang?
    Ich weiß es nicht; das Einzige, was mir deutlich bewusst ist, ist die Erleichterung, dass mein Kampf nun endlich ein Ende hat. Viel länger hätte ich nicht mehr durchgehalten, obwohl du dir sicher warst, ich könnte alles wegstecken.
    Aber es ist nun nicht länger. Traurig, dass man mir nicht mehr Zeit auf dieser Welt zusprach, aber das Schicksal muss einen anderen Weg für mich zugeteilt haben.
    Gräme dich nicht- es ist nicht deine Schuld. Dank dir habe ich gelernt, mir selbst zu vertrauen, konnte kämpfen und auch manches Mal gewinnen. Aber entscheidend ist doch, dass ich auf eine Art und Weise weiterlebe, die niemals vergehen wird.
    In deinem Herzen, in den Seelen der Menschen, die mir so viel bedeutet haben. Und in deinen Geschichten, in den Bänden deiner Trilogie, werde ich nie versinken im Nichts. Dort wird Victoria vielleicht ihr eigenes Ende schreiben, über die Worte hinausleben und unendlich bleiben. Kein Platz wäre ein Besserer.
    Ich liebe dich wie eine Schwester. Niemals, ich bitte dich, niemals zweifle an dir selbst. Denn du bist dazu geboren worden, Geschichten wie diese niederzuschreiben für all die Menschen da draußen, für die ihre Fantasie das Einzige ist, was sie vor der niederschmetternden Realität beschützt.
    Geschichten sind unendlich, wie Erinnerungen. Doch im Gegensatz zu ihnen enden sie nie mit der letzten Seite eines Buches, genauso wenig, wie sie mit der ersten beginnen. Auch, wenn manche Autoren uns genau das vorgaukeln wollen. Niemand wird deine Welt, deine Charaktere und ihr Ziel vergessen können, wenn sie sich erst einmal in ihren Bann befinden.
    Ich wünschte, ich könnte dich ein letztes Mal noch sehen wie früher: Das Gesicht verdeckt von einem Schleier blonder Haare, tief vornüber gebeugt über deine Schreibmaschine und in den Ohren das beständige Klappern der Tasten. Gelegentlich dein Fluchen, wenn du dich vertippst. Es ist ein Bild des Friedens, der Beständigkeit. Ein Bild, welches für immer in mir bleiben wird, selbst, wenn ich nicht länger hier verweile.
    Lebe weiter, Felicitas. Schreibe deine Geschichte zu Ende, beginne eine Neue und wenn du willst, dann erschaffe wieder ein Abbild von mir. Wenn dich der Schmerz nicht in Besitz nimmt. Bleibe unendlich.
    Meine Hand schmerzt und ich weine, obwohl es doch kein Abschied für ewig sein wird. Wir werden uns wiedersehen, dass verspreche ich dir.
    Vergiss mich nicht.
    In ewiger Erinnerung an dich, deine Victoria.


    Tränen liefen über ihr Gesicht, obwohl sie doch geglaubt hatte, dass sie alle aufgebraucht waren. An dem Tag, an dem sich ihre Augen für immer geschlossen und ihr Herz nicht mehr geschlagen hatte.
    Sie fehlte ihr, mehr noch als in den ersten Tagen, wo der Schock alles überschattet hatte. Nun jedoch war dieser verschwunden, doch die Traurigkeit und Leere in ihr blieb. Die Geschichte war das Einzige, was ihr noch aus glücklicheren Zeiten geblieben war und so schrieb sie daran weiter, ohne Unterbrechungen. Damit sie noch etwas von ihrer Freundin hatte.
    Doch auch die Geschichte nahm nun ihr Ende und sie hatte Angst vor weiteren Schmerzen. Dem Gefühl, allein zurückgelassen zu werden.
    Dennoch starrte sie auf ihre Schreibmaschine, die auf dem nassen Holz des Steges stand und scheinbar auf sie wartete. Behutsam steckte sie den Brief zurück unter ihre Kleidung und legte die Fingerspitzen auf die Tasten. Erst nach einigem Zögern begann sie, mit dem Schreiben fortzufahren.
    Ihre Freundin hatte Recht gehabt: Geschichten waren unendlich, ebenso wie die Erinnerungen an andere, zurückliegende Tage.
    Sie hörten niemals auf zu existieren.

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    ηιgнтωιѕн~


    Der Klang der Stille #1


    Es nieselte draußen. Die Straßen waren düstern - alle Straßenlampen waren schon ausgegangen. Eine irreale Stille verbreitete ihre Klänge - in den Straßen und den leeren Lagerhäusern. Um diese Zeit regte sich nichts mehr. Nicht die Katzen, die in den Mülltonnen scharrten, um etwas Essbares ausfindig zu machen - keine Wagen auf den abgenutzen Straßen - nicht ein einziger Ton war nun mehr in dieser verfallenen Stadt zu höre, nur die Klänge der Stille.


    ~



    Vor etwa zwei Monaten war die junge Elise Landon verschwunden. Man hatte herausgefunden, sie hätte einer Freundin nach der Schule noch einen Besuch abgestattet, doch als sie am Abend noch nicht zu Hause war und die Landons schon bei allen Freunden angerufen hatten, schlich sich eine Spur von Verzweiflung an. Die Polizei war verständigt worden und als sie ängstlichen Mutter versichert hatte, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun würde, um sie zu finden, brach sie aus der Fassung.


    ~



    Man konnte Ratten überall herumwuseln hören. Sie strömten durch diese leeren Hallen - überall nur vör Nässe triefende Säulen - rostende Stahlträger - durch die Kanalisation. Da schon vor einigen Monaten der Betrieb in diesem Lagerhaus eingestellt wurde, war hier kaum noch etwas. Ein paar Tonnen, die noch verwarlost irgendwo herum standen, doch sonst nichts. Dieser einst belebte Betrieb, in welchem vor einiger Zeit die Lastwagen nur so ein- und ausgefahren waren, war nun nichts mehr als eine leblose Hülle aus Beton - und die Stille begann wieder mit ihrem Konzert.


    ~


    Elise' Vorlieben in der Schule waren schon immer Kunst und Musik gewesen. Im Kunst Unterricht konnte sie wahrlich fabelhaft mit den Farben umgehen. Am liebsten malte sie Landschaften, die sie in Büchern oder im Fernsehen gesehen hatte: Die kalte und doch glitzernde Bretagne, die grünen Wiesen und Hügel Irlands, aber auch Landschaften, die weit, weit weg waren, wie sie immer zu ihren Freunden zu sagen pflegte.
    Aber am begabtesten war sie in der Musik. Erst 10 Jahre alt und doch konnte sie schon die Tonleitern in allen Variationen, hörte Töne mit spielerischer Leichtigkeit aus Stücken heraus und zeigte sich auch als talentierte Pianistin. Ihre Musiklehrerin meinte, sie würde sie schon in ein paar Jahren übertreffen und sie hätte keinen Zweifel daran, dass sie einmal zu einer berühmten Komponistin werden würde.


    ~



    Es regnete. Der Niesel hatte in den letzten Stunden zu Regen umgeschlagen. Gewiß, in den Novembertagen in Bristol. Der Winter zog heran und die Nächte würden kälter werden, wenn es auch nur beim Regen bleiben würde, welcher nun unaufhörlich auf die metallenen Dächer der Fabriken preschte und dabei ein dumpfes, hohles Geräusch von sich gab: Eine Symphonie des Wassers...


    ~


    Sie solle sich mal ein wenig beeilen! rief ihr ihre Freundin von draußen auf dem Schulhof zu. Hastig packte Elise Hefte, Bücher und Stifte in ihre kleine maronfarbene Tasche und begab sich sogleich durch die Türe des Klassenzimmers ins Freie. Der kühle Herbstwind strich ihr durch das helle, blonde Haar und sie spürte, wie sehr sie sich um diese Jahreszeit wohlfühlte. Es war erst November geworden, dachte sie als sie die goldbraunen Blätter beobachtete, welche sich mühelos vom Wind durch die Luft tragen ließen.


    ~



    Die Dunkelheit begann sich in den Hallen auszubreiten. Sie schlängelte sich durch jeden Winkel dieser verlassenen Katakomben und drohte auch noch das letzte bisschen Mondlicht in dieser kalten Nacht zu verschlingen. Doch durch die Dunkelheit hindurch drang etwas: Ein Geräusch. Nein - es hörte sich eher wie ein Winseln an - es drang durch die Stille - das Weinen, es unterbrach die bizarre, stille Atmosphäre. Die Tränen platschten ganz sanft auf dem Boden auf. Ein leiser Rhytmus aus Tränen.


    ~



    Sie waren gerade die Avens Street hinunter gelaufen und befanden sich nun an der Jason's Main Street. Sie müssten nicht mehr so weit laufen bis sie bei der Kreuzung sein würden, an der sich Elise wie jeden Tag nach der Schule von ihrer Freundin verabschiedete. Es begann ein wenig zu nieseln und schon bald zogen düstere Wolken am Himmel auf. Da es nun schon anfing stärker zu regnen, einigten sie sich darauf, ihren Gang zu beschleunigen.
    Die Lagerhallen im Industriegebiet hatten vor kurzer Zeit ihren Betrieb eingestellt, worauf viele der ohnehin schon armen Männer ihre Anstellung verloren hatten. Viele waren sehr orientierungslos und die Kriminalrate schien zu steigen.


    Sie waren nun schon fast da. Sie könnten von weitem die Kreuzung sehen. Dann müsste Elise nur noch drei Straßen weiter laufen, bis sie zu Hause sein würde. Als sie schließlich an der Kreuzung waren, sah sie einen herabgekommenes Auto, welches anscheinend schon an den Stoßstangen rostete, sehen. Es fing an stärker zu regnen. So trennte sie sich von ihrer Freundin und trat das letzte Stückchen Heimweg an, als der Wagen neben ihr ein Stückchen vorfuhr. Die Scheibe wurde hinuntergekurbelt und ein freundlich aussehendes, gut gepflegtes Gesicht schaute durch das Fenster hinaus. Die sich im Auto befindende Person meinte, sie würde Elise mit nach Haus nehmen. Er sei in guter Bekannter ihrer Eltern - und da Elise dem grauen Unwetter entkommen und aufgrund dessen auch nicht nach Hause laufen wollte, betrat sie das Auto durch die Wagentür.


    ~



    Der schwarze Himmel weinte immer weiter und die Erde schreiten die wolen an und der Regen fiel immer weiter - Tropfen für Tropfen - gen Boden. Und in das Trauerlied von Mutter Erde stimmte der Strom der Tränen mit ein. Da lag er nun - die leere Hülle eines Körpers - in einer Ecke, das Herz gestohlen und die Wärme für immer verloren, die Tränen über die blassen Wangen kullernd - un der Kimmel hörte nicht auch zu klagen. Die Wunden der Kälte fingen an zu schmerzen. Die Haare waren schmutzig und von Nässe getränkt. Und der Regen spielte wieder die Hymne des Leidens.


    ~



    Doch das Elternhaus entfernte sich und das licht schwand - und der Wagen fuhr weiter - und die Schatten warfen ihre Dunkelheit auf das Gesicht.


    Bewußtlosigkeit. Sie spürtte Schmerzen an den Handgelenken; wurden wund - und ihre Augen verloren sich in diesem Alptraum als ob die Realität nicht mehr da sein würde, nur dass der Alptraum echt war und das kleine, pochende Herz seine Wärme verlor. Sie spürte rauen Griffe des Räubers. Er hatte gestohlen - nur konnte dies nicht wiederkommen, wie die Wärme und Geborgenheit vergangen waren, konnte der Diebstahl nicht wieder rückgängig gemacht werrden.
    Das Leiden schien endlos zu sein, als der bittere Atem, wie sich der Winter am Verwelken der jungen Blüte labe, doch dass der Frühling nie wieder komme und man sich nur noch wünsche, dass die Jahreszeiten still stehen und ma an einem anderen, besseren Orte sei.


    ~



    Sie lag da - vewarlost: Die Haare zerzaust, die Glieder müde, die Kälte schmerzend, die Dunkelheit den Körper verschlingend, die Füße schmutzig, die Gedanken eingefroren, der Himmel weinend, die Erde klagend - die Augenlieder schlossen sich. Und es waren nur noch die Klänge der Stille.


    ~



    Kleine Augen,
    die Welt, sie sehen,
    doch nur kurze Sicht,
    und nichts verstehen,
    erstes Tageslicht


    Kleine Füße,
    schreiten in die Welt,
    sie nun erkunden,
    sich der Weg erhellt,
    zu Mittagsstunden


    Kleine Hände,
    geht fort, erstasten,
    Leid und Menschens Tod,
    der Straßen Pflasten,
    bis zum Abendrot
    _________

    Leandy


    Die andere Seite #5


    In einem Moment änderte sich alles.
    “Warum?”
    Das Wort hallte in der unangenehmen Stille nach und brachte mit zwei Silben all die Verzweiflung und Fassungslosigkeit zum Ausdruck, die sich in Katsumi angestaut hatte. Er ballte die Hände zu Fäusten und fragte wieder, diesmal lauter: “Warum?”
    Niemand sah ihn an. Die wie gesichtslos erscheinenden anderen Kinder eilten an ihm vorbei und warfen ihm keinen einzigen Blick zu, als ob er ihnen peinlich wäre.
    “Wa-” Katsumis Stimme brach, und er wankte zu einem der hölzernen Tische, um sich an dessen Kante festzuhalten. Eine gähnende Leere schien sich in ihm aufzutun und sein Dasein zu verschlucken,. Es schien, als wäre sein Leben nur auf diesen einen Moment zugesteuert worden und würde mit ihm auch enden. Der Junge starrte an den Reihen der Bücherregale entlang und sah, dass zwei Ordensschwestern mit aufgesetzter Mitleidsmiene zu ihm herabschauten, doch seine Augen nahmen nichts davon wahr. Durch die hohen, schmalen Fenster des altehrwürdigen Gebäudes fielen Sonnenstrahlen in den holzgetäfelten Raum und zeichneten Streifen auf den Laminatboden. Der Geruch von Bohnerwachs, Staub und alten Büchern stieg Katsumi in die Nase, doch er fühlte nur das schwarze Loch in seinem Magen, das sich in seine Eingeweide zu fressen drohte. Nie hatte er gedacht, dass dieser Augenblick käme. Hatte gehofft, dass dieser Kelch an ihm vorbeigehe, darauf gezählt, dass ihm in diesem Leben wenigstens eins der schlimmsten Dinge entgehen würde, die er sich ausmalen konnte: Seinen engsten Freund zu verlieren. Für immer. Katsumi wiederholte die Worte stumm in seinen Gedanken, doch immer wieder tauchte nur eine Frage in ihnen auf: Warum?
    Er hatte all die Widernisse, die ihm auf seinem Weg aufgelauert hatten, mit Sturheit und Trotz ertragen, hatte den Preis gezahlt, der für seinen nie erstickten Widerstand gefordert wurde, und hatte mit angesehen, wie alle, die ihm etwas wert gewesen waren, sich von ihm abgewandt hatten. Bis auf Takeru. Und nun…
    “Nein…”, hauchte Katsumi und glitt neben dem Tisch zu Boden. Die rechte der nahebei stehenden Schwestern reichte ihm die Hand, wie um ihm wieder hochzuhelfen, aber er beachtete sie nicht.
    “Steh auf, Tsumi”, sagte die junge Frau mit monotoner Stimme. Es machte ihn wütend, dass sie wie selbstverständlich seinen Spitznamen benutzte, und er würdigte sie keines Blickes.
    “Du kannst nichts daran ändern. Takeru ist gegangen.”
    “Sagt das nicht”, flüsterte Katsumi und merkte plötzlich, dass Tränen seine blicklosen Augen füllten. “Ich werde Euch nicht verzeihen.”


    Der Raum leerte sich. Wahrscheinlich hatte die nächste Unterrichtsstunde bereits angefangen, doch Katsumi verschwendete keinen Gedanken daran, während er mit dem Rücken an dem Tischbein lehnte. Er kratzte mit seinen dreckgeschwärzten Fingernägeln am Holz des Laminatbodens, und riss sich die Nagelbetten auf. Unbeteiligt beobachtete er, wie ein kleiner Blutstrom an seinem Daumen herunterlief.
    Etwas in ihm hatte sich aufgelöst, war zerbrochen. Er lauschte in der Stille auf seine Herzschläge und war überrascht, sie noch zu vernehmen.
    Takeru…
    “Wenn ich nur wüsste, was mit dir geschehen ist”, flüsterte Katsumi in die Leere und war überzeugt, dass ihn sein Freund, wo auch immer er war, hören konnte. “Warum? Es ist so sinnlos…” Er brach ab. Er war nicht einmal dagewesen.
    Vor fünf Tagen hatte er einen letzten Fluchtversuch aus dem Kloster unternommen. Vielleicht würde er es nie wieder tun, denn er war kurz vor dem Ziel geschnappt worden. Dunkle Erinnerungen fluteten über ihn herein, und Katsumi schauderte. Die Mauern dieses Gefängnisses waren zu hoch für ihn.
    Fünf Tage hatte er in einer der winzigen, vor Dreck und Unrat starrenden Zellen ausgeharrt, die man für Seinesgleichen eingerichtet hatte. Und als er wieder freikam, hatte man ihm diese Nachricht überbracht. Schwindsucht. Wie, verdammt noch mal, konnte Takeru an Schwindsucht sterben? Katsumi hätte es eher für glaubhaft gehalten, dass sein Freund bei einem Aufstand von den Hunden des Abtes zerfleischt wurde. “Warum…”, flüsterte er wieder, doch diesmal schien ihm sein Herz eine Antwort zu geben.
    Katsumi holte tief Luft und spürte erneut die Verzweiflung, die ihm den Hals zuzuschnüren drohte. Hatten die Schwestern nicht mit Vergnügen beobachtet, wie ihn die grausame Wahrheit erreichte? War die von ihnen gereichte Hand nicht ein hinterhältiger Versuch gewesen, ihn in seinem schwächsten Augenblick auf ihre Seite zu ziehen?
    Es war Zeit, hier herauszukommen. Der zusammengekauerte Junge wiegte hin und her und betrachtete seine rechte Hand, die mit Narben übersäht war. Jede davon stand für einen Versuch, sich der Fesseln dieses Ortes zu entledigen, und verpflichtete ihn auf diese Weise, seiner Gesinnung treu zu bleiben. ‘Takeru ist hinter den Schleier getreten’, dachte er grimmig, ‘doch ich würde ihn verraten, wenn ich meinen Widerstand aufgeben würde. Ich will die andere Seite dieser Mauern sehen, und nicht nur aus fernen Geschichten und einer mehr und mehr verblassenden Erinnerung davon träumen.’
    Katsumi stand auf. Wieder betrachtete er die hässlichen weißen Streifen auf seinem Handrücken, und ihm wurde bewusst, dass Narben ein Anzeichen dafür waren, dass die Wunden verheilten. Nun wollte er die Risse in seiner Seele endgültig verschließen. Mit einem bitteren Geschmack im Mund dachte er an Takeru, der ein Jahr älter gewesen war als er und keine Gelegenheit ausgelassen hatte, den Schwestern zu zeigen, dass er nicht eine ihrer Marionetten war. ‘Ich folge ihm, doch nicht in den Tod’, schoss es Katsumi durch den Kopf, den eine eiserne Entschlossenheit gepackt hatte. ‘Alles, was er für mich getan hat - doch ich will nicht daran denken. Takeru hat sie nie gesehen, die Welt hinter diesen Mauern, und jetzt gibt es für mich kein Zurück mehr.’
    Der letzte, endgültige Schritt wartete auf ihn.


    Eine Stunde später hatte er all seine Habseligkeiten aus dem Schlafsaal mitgenommen und in seiner abgenutzten Tasche verstaut. Niemand war auf den Fluren zu sehen, es war Zeit für die Mittagsgebete. Man würde ihn sicher nicht vermissen, so selten, wie er sich dort freiwillig blicken ließ. Dennoch, das wichtigste war, dass sich der Abt nun ebenfalls dort befinden musste, weshalb sein Raum unbewacht sein würde.
    Katsumi schlich durch die wohlbekannten Gänge, und spürte, dass es heute vielleicht das letzte Mal sein würde. Er war bereit, alles dafür zu geben. Vielleicht war er im Begriff, etwas unglaublich Dummes zu tun, doch nun, da Takeru tot war, hielt ihn nichts mehr hier. Der Gedanke versetzte seinem Herzen einen heftigen Stich.
    Es war Zeit für ihn, die andere Seite zu sehen. Etwas zu hören und zu fühlen, das nicht durch die Ordensschwestern und ihr Credo vorgegeben war.


    Der schön eingerichtete Raum war tatsächlich offen. Katsumi überlief eine Welle freudiger Erregung, die er nicht erwartet hatte, und er wich auf seinem Weg zum Nachttisch, in dem der Abt seinen eigenen Torschlüssel aufbewahrte, den anderen, ausladenden Möbelstücken aus. Wie ein Mensch, der so viel auf Enthaltsamkeit und Buße gab, in solchem Luxus leben konnte, war Katsumi schleierhaft. ‘Heuchler’, dachte er, ‘lässt die ihm Anvertrauten auf Strohbetten schlafen…’
    Der Junge riss mit klopfendem Herzen die Schublade auf - und da waren sie, säuberlich aneinandergereiht. Er griff sich den Größten und verschwand, ohne eine Spur zu hinterlassen.


    Wissend, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, schlich Katsumi umsichtig durch die Gänge, die wie die Eingeweide eines Riesen völlig ausgestorben dalagen. Er blendete alle störenden Gedanken aus und konzentrierte sich auf das Geräusch der leise schlurfenden Füße der Mönche oder das Staksen der Nonnen, doch nichts war zu hören.
    Allein, aus dem Gebäude zu kommen, war schwierig. Wie er schließlich noch das riesige Gelände unbemerkt überqueren sollte, war ihm ein Rätsel, doch er spürte, dass Takeru seinen Weg begleitete. Heute, wenn auch sonst niemals hatte er einen Schutzengel.


    Und dann war der Moment gekommen. Katsumi stand in der winterlichen Kälte draußen vor dem hohen Eisentor, das hinaus auf die Welt führte. Der Schlüssel in seiner Hand zitterte, und der Junge wusste kaum, wie er atmen sollte. Die Mauer, die ihn sein ganzes Leben begleitet hatte, würde fallen. Entschlossen steckte er den kleinen Schatz in seiner Hand in das schwarze Schloss und drehte ihn um. Mit einem verräterischen Knirschen, das Katsumis Herz beinahe zum Stillstand brachte, schwang die Pforte auf. Was dahinter wartete? Er wusste es nicht.
    Der eine Schritt hinaus auf den kiesgestreuten Weg, der von den altehrwürdigen Klostergebäuden wegführte, kostete ihn mehr Kraft als alles andere. Er spürte, dass er Takeru und seine gesamte Vergangenheit verließ.
    Katsumi schob den Riemen seiner Umhängetasche höher und dachte: ‘Auch wenn ich dir nicht auf die andere Seite des Todesschleiers folgen kann, mein Freund, so werde ich die Erinnerung an dich hinaus in die Welt tragen.’
    Es war dieser Moment, den er als einzigen in seinem bisherigen Leben nicht bereute.
    _________

    Shinxy


    Die andere Seite #1


    „Leben und Tod. Schwarz und Weiss. Liebe und Hass. Es gibt immer zwei Seiten, mein Sohn… Merke dir das gut! Es ist immer lohnend, beide Seiten einer Sache zu kennen. Kennst du nur eine, dann ziehe los, und suche die andere Seite“ Diese Worte kamen Fàramir wieder in den Sinn, als er nach einer gewonnenen Schlacht über dem letzten Überlebenden stand und auf ihn hinunter blickte. Sein Vater hatte sie ihm gesagt, kurz bevor er von den Schergen des Herrschers entführt wurde und zum Krieger ausgebildet wurde. Seinen Vater hatte er seither nie mehr gesehen.


    Vom Zeitpunkt seiner Entführung an bestand sein Leben aus Schlafen, Essen und Kämpfen. Zusammen mit anderen Knaben wurde er zum Mitglied der Elite-Einheit „Ràk Ra Stèr“ ausgebildet, was so viel wie „Die Rache des Unsterblichen“ bedeutete. Der Unsterbliche war der Herrscher seines Königreiches. Er war ein guter, gerechter Herrscher, doch Verrat, Mord und Diebstahl standen unter Todesstrafe. Er war sehr machthungrig und stand deshalb ständig im Krieg mit anderen Königreichen, um sein Königreich zu vergrössern. Er herrschte seit Anbeginn der Zeit in diesem Land, niemand kannte es anders. Ebenfalls unbekannt war, warum er unsterblich war. Manche munkelten, er habe das Rezept des ewigen Lebens entdeckt, wiederum andere behaupteten, er hätte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.
    Die Aufgabe der „Ràk Ra Stér“ war es, Verräter, Diebe, Mörder und gegnerische Krieger kaltblütig umzubringen. Sie hatten kein Gewissen, führten den Befehl ihres Herrschers ohne mit der Wimper zu zucken aus. Sie wussten, wie man schnell und effektiv tötete, denn ihre Ausbildung dauerte zehn Jahre, und nicht wenige kamen während dieser Zeit um. Diejenigen, die es schafften, die Ausbildung zu beenden, gehörten zu den besten Kriegern des Landes. Sie unterstanden nur dem Herrscher selbst. Fàramir selbst hatte die Ausbildung ohne Mühe bestanden, war einer der besten, die es je gegeben hatte. Er war kaltblütig, gerissen und führte jeden Befehl ohne nachzufragen aus, auch wenn er fragwürdiger Natur war.


    Bis jetzt. Etwas war anders. Etwas hatte sich geändert. Doch was? Fàramir war sich nicht ganz sicher. Doch jetzt stand er da, nach einer gewonnen Schlacht, vor dem letzten Überlebenden, und zögerte. Er hatte ganz klar den Befehl, alle Überlebenden umzubringen. Doch dieser Krieger war anders. Er hatte eine Aura, wie Fàramir sie bei keinem anderen je gespürt hatte. Er strahlte Stolz und Kraft aus. Was wäre, wenn er ihn nicht töten würde? Er könnte ihn einfach gehen lassen, die anderen würden es nie erfahren, denn alle waren bereits wieder zurück ins Lager gegangen. Sie vertrauten Fàramir, dass er alle Überlebenden umbringen würde, sie wenn nötig verfolgen und dann langsam und qualvoll töten würde.
    Sie waren allein auf dem riesigen Schlachtfeld, nur einige Geier kreisten über ihren Köpfen und warteten darauf, dass sie den unzähligen Toten, welche überall um die zwei Krieger herum lagen, die Augen auspicken konnten. Meilenweit war keine andere Menschenseele. Die Sonne war gerade untergegangen und die Dunkelheit legte sich langsam über das Schlachtfeld. Bisher war es ihm immer gleichgültig gewesen, was seine Opfer fühlten, er tötete sie und fertig. Er hatte nie ein schlechtes Gewissen, es war ihm egal.


    Eigentlich war schon allein die Tatsache, dass er überhaupt darüber nachdachte, dass es eine andere Möglichkeit gab, als ihn zu töten, ein Verrat an seinem Herrscher. Und trotzdem liess ihn dieser Gedanke nicht los. Was wäre, wenn er ihn verschonen würde? Er sah auf den Mann hinunter, welcher ihm herausfordernd in die Augen blickte. Sie waren so blau wie das Meer. Er hatte das Meer noch nie gesehen, trotzdem stellte er sich vor, es hätte genau diese Farbe. „Eines Tages“, dachte er, „werde ich es sehen“. Fàramir erkannte keine Angst in seinen Augen.
    Das verwirrte ihn. Jeder andere Mann hätte sich vor Angst in die Hosen gemacht und starr auf den Boden geblickt. Immerhin war er Fàramir, der beste Krieger auf Seiten seines Herrschers. Und der Mann, welcher da vor ihm auf dem Boden kauerte, war nichts weiter als ein gewöhnlicher gegnerischer Krieger, der letzte Überlebende des feindlichen Heeres. Warum also, dachte er allen Ernstes darüber nach, ob es eine andere Möglichkeit gab, als ihn zu töten? Er wurde seit seiner Kindheit aufs Töten ausgerichtet. Bisher stellte er nie Fragen, tötete auf Befehl.


    Fàramir und der Krieger starrten sich noch immer an. Die braunen, fast schwarzen Augen Fàramirs bohrten sich in die meerblauen des Kriegers. Die Lippen des Kriegers verzogen sich zu einem Lächeln. „Na los! Du weisst, dass es einen anderen Weg gibt. Eine andere Seite! Trau dich!“ flüsterte er leise. Fàramirs Augen weiteten sich überrascht. Der Krieger sprach seine Sprache! Er sprach von einer anderen Seite. Doch wo? Wie sah sie aus? „Verschone mich und beginne ein neues Leben als freier Mann!“ flüsterte der Krieger immer noch lächelnd. „Ich könnte dir helfen“ fügte er nach einer kurzen Pause hinzu. Ihn verschonen und mit ihm fortgehen. Fàramir begriff, was die andere Möglichkeit, die andere Seite, war. Und trotzdem, wenn er es täte, würde er sein Königreich verraten, und mit ihm den Herrscher. Er würde verfolgt und gejagt werden, bis sie ihn zur Strecke gebracht hätten. Er hätte keine Chance. Früher oder später würden sie ihn finden und hinrichten. „Ich kann nicht“ Fàramir blickte in das Gesicht des Kriegers. Verständnisvoll nickte der Krieger. „Dann will ich dich nicht länger aufhalten. Töte mich, ich bin bereit“ antwortete der Krieger sanft.


    Fàramir ballte die linke Hand zur Faust und ergriff mit der rechten sein mit Blut besudeltes Schwert. Er hielt es dem Krieger seitlich an den Hals. Den Augenkontakt hatten sie keine einzige Sekunde lang unterbrochen. Dann holte er aus und wollte ihm schon den Kopf abschlagen, als er plötzlich innehielt und zögerte. Er zögerte sonst nie. Einfach ausholen und zuschlagen, wie er es bestimmt schon tausende Male getan hatte. Doch wieder befielen ihn diese Zweifel. Er merkte auch, dass er nicht wie sonst diese Aufregung, die Vorfreude auf das, was gleich geschehen würde, verspürte. Er fühlte nichts. Und das machte ihm Angst. Als ihm dies bewusst wurde, liess er das Schwert endgültig sinken. Er wollte nicht mehr töten. Sein Leben lang hatte er nichts anderes getan, als zu gehorchen und zu morden. Jetzt hatte er genug. Er würde diesen Krieger nicht töten, er sah keinen Grund mehr. Er wollte kein Krieger mehr sein, er wollte ein normales Leben führen, heiraten, Kinder kriegen, durch die Welt reisen und neue Orte entdecken. Auch wenn seine Entscheidung bedeutete, dass er nun ein Verräter war, war es ihm egal. Er wollte ein neues Leben beginnen, egal wie kurz es auch sein würde. Nie mehr töten.
    Fàramir begann zu lächeln und fragte „Kannst du sie mir zeigen? Die andere Seite?“
    _________

    Riako


    Die andere Seite #4


    Am Fenster lehnend starrte sie einfach nur hinab in die Tiefe. In die kahle Tiefe mit den trostlosen Ereignissen des Alltages. Nie machte jemand während ihrer Beobachtungen ihr den Gefallen, am unteren Straßenrand einen heftigen Streit mit jemand anderem zu beginnen oder einen Überfall zu starten. Die kalte Brise zog in lesen Windschnitten vom Tal herauf und brachte wieder nichts Neues.


    Es war schon spät geworden und die Nacht war bereits fortgeschritten; die Sonne ganz dunkel. Nur die Straßenlaternen und die Leuchten der Autos des Feierabend-Verkehrs erhellten das Geschehen etwas. Doch die alte Dame war so hoch oben, dass sie die Lichtspiele nur leicht erahnen konnte.


    Während sie sich vom Fenster abwenden wollte, bemerkte sie aber, dass Licht am Fenster gegenüber anging. Dieses Licht brachte die Scheme eines älteren Herren zum Vorschein, welcher sich gemütlich zum Fenster begab und der Dame scheinbar zuwinkte.


    Die ältere Frau wunderte sich, ob er nun sie meinte. Wer sonst, steht noch so spät am Fenster?, dachte sie bei sich. Das junge Glück über ihr sicher nicht und die Familie unter ihr war zu der Zeit im Urlaub, das wusste sie sicher. Tunesien. Gerne hätte sie getauscht...


    Doch während sie in ihren Gedanken an Tunesien förmlich vom Strand schwärmte, winkte der alte Herr ihr erneut zu und dieses Mal konnte sie sogar ein Lächeln erahnen. Schüchtern und zurückhaltend hob die Dame langsam die Hand und bewegte diese nur leicht von links nach rechts. Das Lächeln des Mannes wurde stärker.


    'Wieder nichts Neues, hm?', rief eine raue und sehr alte Stimme nun vom Fenster gegenüber zu der alten Dame hinüber. Was meinte er damit?, wunderte sich die alte Frau, doch wusste nichts zu antworten. Hatte er sie etwa schon öfter beobachtet? 'Einfach nichts los hier.', meinte der Mann nun und lächelte wieder kurz, 'Nichts los hier', betonte er erneut.


    Noch immer wusste die Frau nichts zu sagen. Sie schwieg und verzog verwirrt die Stirn. Sogar das ganze Gesicht ließ einen fragenden Blick aufweisen. 'Ja.', murmelte sie nur leise, um überhaupt etwas zu antworten. Doch ob es der Mann wohl gehört hatte? Sicher war sie sich nun nicht, doch der Mann schien nun zu nicken.


    Nun wandte sich der Alte endlich vom Fenster ab und ließ die Dame eine Dame sein. 'Komischer Kauz', meinte diese nun und schüttelte fragwürdig den Kopf. Doch der Schatten des Mannes verschwand nicht ganz, denn er schien nur etwas im Zimmer herumzulaufen und etwas zu suchen. Längere Zeit herrschte wieder Stille in der Höhe und die Dame beobachtete weiterhin den Mann herumirren.


    'So.', atmete der ältere Herr nun schwer und wuchtete ein etwas größeres Gerät auf das Fensterbrett und konnte sich ein breites Grinsen nicht unterdrücken. Er stellte den Phonograph vorsichtig ab und drehte etwas an dem Funkrädchen, um die Frequenz einzustellen. 'Macht er nun Musik?'. Die Frau blickte komisch drein.



    „Sag mal, Magdalena, kennst du den Herren, der direkt gegenüber von uns wohnt? Dieser alte Glatzkopf.“, fragte Ilse nebenbei, während sie am nächsten Tag einen Kuchen in einer alten Blechform in die Röhre schob. „Direkt gegenüber von uns?“, fragte Magdalena zur Bestätigung und vernahm ein kurzes Nicken ihrer Mutter. Doch die Tochter musste nur nachdenken und fasste den knappen Gedanken: „Nein, soweit ich weiß, steht die Wohnung aber auch frei, schon seit längerem. Einen älteren Herren mit Glatze habe ich hier noch nie gesehen...“


    Ilse stemmte ihre Arme in ihre Hüften und wirkte völlig überrascht. „Hm“, schmunzelte sie, lief zu ihrem Phonographen und wechselte die Frequenz. „Dann muss ich es mir wohl eingebildet haben“, summte sie.

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    Feuerdrache


    Der Klang der Stille #4


    „Kann ich Sie einen Moment sprechen?“, bat Gustavs Vorgesetzter den Computerspezialisten um ein Gespräch.
    „Kein Problem“, antwortete Gustav. „Worum geht es?“
    „Wie Sie vielleicht wissen, hat unser Firmenchef nächsten Monat einen runden Geburtstag.“
    „Ja, das ist mir bekannt. Aber was habe ich damit zu tun?“
    „Nun ja, ich habe mir gedacht, dass wir zu diesem Anlass vielleicht ein kleines Konzert aufführen können. Ich weiß, dass er sich über so etwas freuen würde, und da ich in Ihrem Lebenslauf gelesen habe, dass Sie Geige spielen, möchte ich Sie bitten, dass Sie sich daran beteiligen.“
    „Ich soll mich an dem Konzert beteiligen? Wie stellen Sie sich das vor?“, fragte Gustav. Er hatte tatsächlich bei seiner Bewerbung um einen Arbeitsplatz angegeben, dass er Geige spielt, aber das war bestenfalls übertrieben. Während seiner Schulzeit hatte er zwar Geigenunterricht gehabt, diesen aber ein Jahr vor dem Abitur aufgegeben und das Instrument danach nicht mehr in der Hand gehabt.
    „Falls Sie ein guter Kammermusiker sind“, ging der Vorgesetzte auf Gustavs Frage ein, „dann können Sie vielleicht zusammen mit ein paar Kollegen ein Streichquartett bilden. Aber wenn Sie lieber alleine musizieren, können wir sicher auch ein Stück für Solovioline mit auf das Programm setzen. Teilen Sie mir einfach in den nächsten Tagen mit, wie Sie sich entschieden haben.“


    Als Gustav nach Feierabend wieder zu Hause war, entschloss er sich, erst einmal zu sehen, wie weit er das Geigenspielen inzwischen verlernt hatte. Vielleicht würde er durch intensives Üben wieder so weit hinein kommen können, dass er sich für sein Geigenspiel nicht zu schämen brauchte. Weil die Geige nach der langen Zeit seit der Schulzeit total verstimmt war, stimmte er zunächst einmal das Instrument. Dabei riss allerdings eine der vier Saiten, so dass er an diesem Abend mit dem Üben nicht viel weiter kam.
    Am nächsten Tag fuhr er nach der Arbeit nicht sofort nach Hause, sondern lief erst einmal zu einem Musikgeschäft, um dort eine neue Geigensaite zu kaufen. Auf dem Weg kam ihm die Idee, dass er dort vielleicht auch fragen könnte, ob es vielleicht ein Musikstück gibt, bei dem er mit wenig Üben einen großen Effekt erzielen konnte. Tatsächlich hatte der Verkäufer auch ein paar Notenhefte, die vielleicht passen könnten, aber auch diese verlangten ein Mindestmaß an Können, damit die Zuhörer nicht entdeckten, dass sie einem absoluten Anfänger zuhörten. „Wenn Sie nicht sauber spielen oder einen kratzigen Ton erzeugen, hört das jeder erfahrene Zuhörer heraus“, erklärte der Händler. „Falls Sie ganz sicher gehen wollen, dann spielen Sie einfach nichts.“
    „Ich soll mich aber doch an einem Konzert zu Ehren meines Firmenchefs beteiligen. Wie soll das gehen, wenn ich nichts spiele?“
    „Haben Sie schon einmal etwas von ‚Vier Minuten Dreiunddreißig‘ von John Cage gehört?“
    „Nein. Ist das schwer zu spielen?“
    „Nun ja, es kommt darauf an, ob Sie ein guter Schauspieler sind“, erklärte der Verkäufer und begann danach, die Besonderheiten dieses Stückes zu beschreiben. Er endete mit der Feststellung: „Wie lang jeder der drei Sätze dauert, können Sie auswürfeln. Der Titel kann variieren und ist eine Angabe, wie lang das Stück insgesamt dauern soll.“
    Der Computerspezialist ließ sich die Beschreibung einen Moment lang durch den Kopf gehen und sagte dann: „Ich denke, das kann ich hin bekommen. Ein paar von den anderen Noten nehme ich aber trotzdem mit.“


    Als im nächsten Monat der große Tag gekommen war, sah sich Gustav das Konzertprogramm an und stellte fest, dass der Vorgesetzte seinem Stück den Titel „Der Klang der Stille - ein dreisätziges Stück für Solovioline“ gegeben und es im zweiten Teil des Konzertprogramms gleich nach der Pause untergebracht hatte. Im ersten Teil führten drei Kollegen einige Triosonaten für Flöte, Violoncello und Klavier auf. Da es an diesem Tag recht warm war, bat der Cellist nach jedem Satz um eine kurze Pause, um sein Instrument für den nächsten Satz erneut nachzustimmen. Nachdem sie ihr Repertoir durchgespielt hatten, betrat Gustavs Vorgesetzter die Bühne und erklärte dem Publikum, dass es jetzt eine Pause geben würde und dass es nach einer Viertelstunde mit einigen Solostücken weiter gehen würde. Die meisten Zuschauer nutzten diese Gelegenheit, um im Foyer mit etwas Sekt auf den Geburtstag des Firmenchefs anzustoßen.
    Nach der Pause betrat Gustav die Bühne, ohne vorher noch abzuwarten, ob vielleicht noch einige Nachzügler leicht verspätet zu ihren Plätzen zurück kehren wollten. Die meisten Kollegen im Publikum waren zu diesem Zeitpunkt tatsächlich schon zurück im Konzertsaal, aber sie hatten trotzdem nicht damit gerechnet, dass es nach der Pause derart pünktlich weiter gehen würde, und so unterhielten sie sich zu diesem Zeitpunkt noch mit einander. Spätestens als der Geigenspieler sich einmal kurz verbeugte, beendeten die meisten Zuschauer ihre Gespräche, und die anderen senkten ihre Stimmen, um im Flüsterton noch einige letzte Anmerkungen mit ihren Nachbarn auszutauschen.
    Weil die drei Musiker, die vor der Pause gespielt hatten, auf der Bühne nicht aufgeräumt hatten, griff der Violinist als nächstes zu den Notenständern und zu den Stühlen und stellte diese an den Rand der Bühne - er hatte sowieso vor, die drei Teile seiner Vorführung auswendig zu spielen, und da seine Vorführung vor Allem aus einer einzigen Show bestand, hatte er sich entschlossen, genau wie die großen Soloviolinisten im Stehen zu spielen. Natürlich blieben diese Handlungen dem Publikum nicht verborgen, so dass ein Raunen durch die Reihen ging: Diejenigen, die schon mehrmals in einem Konzert gewesen waren, fragten sich, ob sie vielleicht einen kleinen Meisterviolinisten unter ihren Kollegen hatten, und diejenigen, die das erste Mal in einem Konzertsaal saßen, fragten sich, wozu es gut sein sollte, die Notenständer wegzuräumen. Gustav nutzte die Gelegenheit, um erst einmal seine Geige zu stimmen. Danach schloss er seine Augen und tat so, als ob er sich konzentrieren würde, um sich in die Stimmung für das folgende Musikstück hinein zu denken, und die Zuschauer verstummten, um dem nun folgenden Geigenspiel aufmerksam zu lauschen.
    Allerdings begann Gustav jetzt noch nicht mit dem Geigenspiel, sondern er tat so, als ob er noch einige Sekunden brauchen würde, um sich an die ersten Takte des Musikstücks zu erinnern. Schließlich hob er langsam seinen Geigenbogen und ließ ihn kurz über den Geigensaiten schweben. Aber er unterbrach diese Aktion, als auf einmal die Türen des Zuschauerraumes aufgingen und ein paar Nachzügler den Saal betraten. Gustav tat so, als ob diese Störung seine Konzentration gekostet hatte: Er warf den Nachzüglern einen bitterbösen Blick zu und ließ dabei den Bogen neben der Geige sinken.
    Sobald die Nachzügler sich auf ihre Plätze gesetzt hatten, begann er die Konzentrationsübungen von Vorne. Dieses Mal ließ er sich dadurch unterbrechen, dass einer der Zuschauer einmal kurz husten musste, und als er das Ganze noch ein drittes Mal wiederholte, wurden einige Kollegen langsam ungeduldig. Sie begannen, sich leise mit einander zu unterhalten, wurden aber von dem Firmenchef ermahnt, dass sie bitte leise sein oder den Saal verlassen sollten.
    Danach verlief die Aufführung ohne große weitere Unterbrechungen, aber Gustav spielte weiter mit der Erwartungshaltung der Zuschauer, indem er so tat, als ob er sich auf das Musikstück konzentrieren würde, ohne tatsächlich einen Ton zu spielen. Bei genauem Hinhören konnte er die Geräusche der Klimaanlage wahrnehmen, die der Hausmeister in der Pause eingeschaltet hatte.
    Sobald nach dem ersten Stimmen knapp zwei Minuten vergangen waren, beendete er den ersten Satz und stimmte die Geige einmal kurz nach. Einige Zuschauer nutzten diese kurze Unterbrechung der Stille, indem sie sich einige kurze Sätze zu raunten. Weil sie dabei recht leise sprachen und die verschiedenen Aussagen durcheinander auf der Bühne ankamen, konnte Gustav allerdings nicht verstehen, was seine Kollegen miteinander flüsterten. Sobald er allerdings wieder so tat, als ob er sich auf den Notentext des zweiten Satzes konzentrieren würde, verstummte das Publikum wieder. Erneut tat Gustav so, als ob er sich auf den Notentext des zweiten Satzes konzentrieren würde, und so verstrichen auch dieses Mal die Sekunden in der Stille - oder fast in der Stille: Ein Zuhörer musste sich etwa in der Mitte des Satzes räuspern.
    Da Gustav beschlossen hatte, dass der mittlere Satz ein schnelles Tempo haben sollte, beendete er diesen bereits nach einer Minute, indem er seine Geige ein zweites Mal nachstimmte. Inzwischen hatten die meisten Zuschauer begriffen, worum es bei dem „Klang der Stille“ gehen sollte, oder sie waren einfach zu überrascht, dass sich jemand die Frechheit erlaubte, sich auf die Bühne zu stellen, ohne auch nur einen einzigen Ton zu spielen. Jedenfalls blieben sie dieses Mal während des Geigestimmens ruhig, so dass Gustav danach Mal ohne weitere Störungen so tun konnte, als würde er sich auf den Notentext des dritten Satzes konzentrieren.
    Als der Geigenspieler etwa anderthalb Minuten später auch den dritten Satz beendete, indem er das Instrument weglegte und sich vor dem Publikum verbeugte, herrschte erst einmal betretenes Schweigen. Die Kollegen wussten nicht recht, was sie von dieser Vorführung halten sollten. Aber dann stand der Firmenchef auf, klatschte ein paar Mal kurz mit den Händen und sagte dann: „Das war wirklich eine gelungene Aufführung von Vier Minuten Dreiunddreißig, vielen Dank dafür. Aber jetzt möchte ich als Zugabe gerne tatsächlich noch ein paar Takte Geigenmusik hören.“

    erreichte 7 Punkte von insgesamt 130 vergebenen


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    Ich weiß schon, wie ich gerechnet hab und ich denke nicht, dass ich irgendwas falsch gemacht hab. Vielleicht hast du mit deiner doofen Tabelle irgendwas falsch gemacht. Und ich vertraue eher mir und meinem Schmierzettel als dir und deiner Tabelle, bei der ich btw. gar nicht durchblicke.


    Also sei jetzt so freundlich und lass alles so wie es ist. Wird schon passen.

    Soa, laut meinem Schmierzettel sind das hier die Ergebnisse;




    Zehnter Platz: Der Klang der Stille #4 [Feuerdrache] mit 7 Punkten.
    Sechster Platz: Der Klang der Stille #1 [ηιgнтωιѕн~], Die andere Seite #5 [Leandy], Die andere Seite #1 [Shinxy] und Die andere Seite #4 [Riako] mit 8 Punkten.
    Fünfter Platz: Unendlich #2 [Soul&Crystal] mit 11 Punkten.


    Der vierte Platz geht an Der letzte Tag der Sonne #5 mit 12 Punkten von Mightyena-Lucario!



    Den sehr guten dritten Platz mit 13 Punkten belegt Der letzte Tag der Sonne #1, Glückwunsch an Cáithlyn!



    Den grandiosen zweiten Platz belegt Der letzte Tag der Sonne #3 mit 15 Punkten, Glückwunsch an Gargoyle!



    Den stolzen ersten Platz belegt Der letzte Tag der Sonne #4 mit 18 Punkten, Glückwunsch an Scissorhand!




    Herzlichen Glückwunsch an alle Gewinner, besonders denjenigen, die nen Stockerlplatz erhaschen konnten.
    23 Abgaben sind für einen Kurzgeschichtenwettbewerb eine stolze Anzahl von Texten und das FS-Komitee ist froh, dass ihr so fleißig an den Wettbewerben teilnehmt.

    Wenn das gescheite Geschäftleute wären, hätten sie sich einen Zeitpunkt um den B/W-Release ausgesucht, wo der Hype etwas größer ist.


    Dasselbe dachte ich auch, als ich die News gelesen habe.
    Nun ja, niemand ist so dumm und kauft den alten, schäbigen Bus für eine ungemein freche Summe von 14.000€ bzw. 25.000€. Damals wollte ihn schon niemand um 6.000€ kaufen, wieso also gerade jetzt? Es ist eine Unverschämtheit gegenüber Nintendo, da, ich vermute mal, das Geld nichtmal für nen guten Zweck gespendet werden.