Name: Raelene K. Royer; kurz Rae
Geschlecht: weiblich
Alter: 19 Jahre
Geburtstag: 2.August
Wunschregion: Kanto
Aussehen:
Spricht man das erste Wort aus, das einem beim Anblick des 1,68 Metern großen Mädchens in den Sinn kommt, handelt es sich meist um Ausdrücke wie wild oder rebellisch. Wo man den Blick auch hinschweifen lässt, sieht man Fetzen und Risse in der Kleidung, Edelstahlschmuck, Piercings an den unterschiedlichsten Stellen – von Ohren bis Bauchnabel, Nähte und auch das ein oder andere in die Haut gestochene Kunstwerk. Selbst nach ausgiebigem Mustern gibt es immer wieder kleine Details, die einem erst im Nachhinein ins Auge stechen. Dieses wandelnde Chaos, das Rae als sich selbst bezeichnet, wird von ihr auch stetig abgeändert und durch die seltsamesten Accessoires erweitert. Für sie ist ihr Körper nicht mehr als eine experimentelle Leinwand. Quasi „Kunst auf Beinen“.
Beginnt man mit der Erkundung ganz oben, sieht man zunächst den wilden, aschblonden Schopf, dessen Kürze zwischen Kinn und Schultern hängt und meist in irgendeiner Form hochgesteckt oder –gebunden ist. Entweder als improvisierter Dutt, aus dem kurze Strähnen widerspenstig abstehen oder achtlos zu einem zerzausten Zopf gemacht. Häufig kann man auch seltsame, von Haarspangen gespickte Mischformen sehen, die irgendwo dazwischen liegen, und in ihrer ganzen Ungekämmtheit von Rae stolz als Frisur bezeichnet werden. Gekrönt wird das Ganze stets durch einen willkürlichen Seitenpony, der aus unterschiedlich langen, eigenwilligen Strähnen besteht.
Sind die Haare einmal offen, so umrahmen sie in leicht wirren Strähnen locker das Gesicht der Jugendlichen. Dieses ziert eine schlanke Nase, markante Wangenknochen und eher schmale Lippen. Alles nichts, was einem bewusst auffällt, bleibt jeder Blick auf Wanderung doch bei Raes Augen stehen. Sie sind von blauer Färbung, teilen sich jedoch nicht denselben Farbton. Während das eine in einem von weißlichen Flecken durchsetztem Eisblau strahlt, glimmt das Gegenstück in einem tiefen Dunkelblau. Ob das Mädchen nun an Heterochromie leidet oder schlichtweg sich einen Spaß mit Kontaktlinsen erlaubt, um umso mehr aufzufallen, weiß man nicht. Aber seineWirkung verfehlt es definitiv nicht. Selbst die schwarzen Kreuznähte, die ihr Gesicht unter dem linken Auge und an der Unterlippe zieren und für die sie häufig seltsam angeschaut wird, fallen vielen deswegen erst beim zweiten Blick auf.
Nicht weniger unordentlich geht es bei Raes Kleidung zu. So ziemlich alles, was sie trägt, ist irgendwo gerissen, zerfetzt, hat Löcher oder ist mindestens stellenweise leicht verschlissen. Ihre beiden Tanktops sind ein recht hübsches Beispiel dafür. Während das ehemals schwarze, dank der Sonne nun anthrazitfarbene, engere Top noch gut davongekommen ist und nur kleine Maschen aufweist, ist es um das, das sie oben drüber trägt, deutlich schlechter bestellt. Früher mal weiß und im Schnitt viel lockerer als das Untere, zieren mehrere Risse und Nähte das Oberteil. Die Träger sind ihr schon manches Mal gerissen, wie man gut sichtbar am schwarzen Garn erkennt, das sie zum Flicken gewählt hat. Irgendwann hat sie in die aus Langeweile zwei kleine Metallringe auf Schulterhöhe eingearbeitet, um es etwas hübscher zu gestalten. Immerhin hat sie da saubere Arbeit geleistet, da man auch genauso gut davon ausgehen könnte, dass sie das Top so gekauft hat. Der Ausschnitt ist stellenweise eingerissen, jedoch nur bedingt mit kleinen Sicherheitsnadeln notdürftig repariert. (Nein, man sieht dennoch nichts ;p Nicht dass es bei ihrer eher knabenhaften Figur viel zu sehen gäbe) Der Saum existiert übrigens auch nicht mehr. An seiner Stelle ist der Stoff verschlissen und zerfetzt. Für den Einen ein Zeichen, das Teil endlich fortzschmeißen, für Rae ein nettes Mittel zur Individualisierung.
Schaut man sich ihre verwaschenen, kurzen Jeansshorts an, findet man verblüffende Ähnlichkeiten mit dem Topsaum. Zerfranste Hosenbeine und Risse im Stoff ergänzen hier das Bild. So in etwa verhält es sich auch mit ihrem Schuhwerk – ausgetretene, knöchelhohe, dunkle Schnürstiefel dienen ihr als besohlter Untersatz. Die einzigen Kleidungsstücke, die sich in einwandfreiem Zustand befinden, sind ihre Kapuzenjacke und die Gürtel, die sie trägt.
Ausrüstung:
Raelene schleppt zwei Taschen mit sich herum. Eine ist an einem der beiden Gürtel befestigt, der sich locker um ihre Hüften legt. In diesem kleinen Ding befinden sich ihre Pokébälle, benutzte wie unbenutzte, sowie ihr Geldbeutel, schwarzer Pokédex, silberner PokéCom und einige Stifte.
In der großen Umhängetasche verwahrt sie die für sie wesentlicheren Dinge wie ihre Kamera, einen alten, abgegriffenen Zeichenblock, ein selbst gebundenes und illustriertes Buch über allerlei Pflanzen und ihre medizinische Wirkung, ein dazu passendes Lehrbuch sowie einige Beeren, Arzneien und Ersatzklamotten (die, oh Wunder, in keinster Weise kaputt sind). Und natürlich ihr wichtigster und heiligster Besitz – ihr geliebtes Plüsch-Dragoran Akio, das sie mit drei Jahren von ihrer Mutter geschenkt bekam.
Charakter:
Zugegebenermaßen wirkt Rae auf viele einschüchternd, gerade wenn es um Kinder geht. Sie scheint nicht die Art Person zu sein, in dessen Nähe man sich leichtfertig wagt, aus Angst, sie könnte, weiß Gott noch was mit einem tun. Ihr raues Äußeres hat schon so Manchen abgeschreckt oder gar dazu veranlasst, die Straßenseite zu wechseln, wenn sie entgegen kam.
Ganz unschuldig ist sie an diesen Reaktionen nicht, denn wer mit einer Grimasse durch die Gegend zieht, braucht sich nicht wundern, wenn die Leute verunsichert das Weite suchen. Sie ist sich durchaus bewusst, dass sie anderen mit ihrem Auftreten meist Unbehagen bereitet, schließlich macht sie das die meiste Zeit auch mit Absicht. Raelene findet großen Spaß daran, die Blicke anderer Leute zu spüren und deren Reaktionen zu beobachten. Wenn sie es darauf anlegt, kann sie sogar recht bedrohlich wirken, frei nach dem Motto, guck mich schief an und du beziehst Prügel, Junge. Dass ihre Augen dank der ungewöhnlichen Färbung dabei gerade zu eisig wirken können, macht es nicht unbedingt besser.
Ja, Rae hat reichlich Freude daran, unschuldigen Seelen zu ihrem Vergnügen Angst einzujagen und zu ärgern. Ist eben ein gut bewährtes Mittel gegen Langeweile.
Man weiß nun, dass Rae gern Schabernack auf Kosten anderer treibt und dabei ziemlich böse vorgehen kann. Aber ist sie genauso hart, wie sie sich gern aufspielt, zu sein? Nein, ganz und gar nicht. Raelene ist beileibe keiner, vor dem man sich fürchten müsste. Zwar scheut sie vor einer saftigen Backpfeife nicht zurück, wenn ihr Worte nicht aussagekräftig genug sind, an sich jedoch ist die Jugendliche ganz anders. Hinter der unnahbar scheinenden Fassade verbirgt sich ein derart facettenreicher Charakter, das er in seiner Gesamtheit schon beinahe für zwei Personen reichen würde.
Gibt man Rae nur keinen Grund, einen nicht zu mögen oder macht sie wütend, ist sie ein sehr umgänglicher Zeitgenosse. Wenn ihr nicht danach ist, andere zu ärgern, trifft man sie in der Regel gut gelaunt und mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen an. Rae ist sehr stimmungsbezogen und agiert ihrer aktuellen Laune entsprechend. Passt ihr etwas nicht, hält sie damit nicht hinterm Berg, und wenn sie es hinaus posaunen muss, damit es Gehör findet. Dass das nicht jedem gefällt, ist klar. Dass das Rae aber vollkommen egal ist, auch. Sie kann eben manchmal ein echtes Temperamentbündel sein.
Eigentlich ist das Mädchen ein sehr fröhliches Gemüt. Sie lacht viel, redet gern und klopft so manchen unsinnigen Spruch, wo sich manche Leute nur an den Kopf fassen können. Ihr Mundwerk ist groß, und so ziemlich alles, was da rauskommt auch verdammt frech.
Für Raelene steht Spaß, Ungezwungenheit und Individualität im Vordergrund. Etwas, dass sie sich niemals nehmen lassen würde und was sie vehement beschützt. Daraus resultiert übrigens auch ihr Problem mit Autoritäten. Es gibt keine Person, der sie sich freiwillig unterordnen würde. Außer man hat sich ihren Respekt verdient, was keineswegs so leicht ist, die Mühe aber alle Mal wert.
Sie liebt das Leben und für sie scheint nichts mehr zu zählen, als dieses in vollen, ungehemmten Zügen zu genießen. Das wahre Glück fängt schließlich da an, wo man ein Stück Freiheit zu fassen bekommt. Warum sich also übermäßig an Fremde binden und selbst einschränken?
Zu dem Ganzen kommt noch, dass Rae ein Ego hat, das ungefähr so groß ist wie ganz Kanto. Selbstzweifel plagen sie nur bei einer Sache – kleinen Kindern. Diese verunsichern sie sehr, und bringen sämtliche Erinnerungen zurück, die sie erfolgreich verdrängt hat, im Glauben, damit abgeschlossen zu haben. Dasselbe gilt, wenn Leute sie an einen Fluss bringen. So glücklich, wie sie immer ist, so stürmisch kann ihr Geist seinen Ketten entrissen werden... Besonders schlimm ist es, wenn man sie auf ihren kleinen Bruder anspricht oder gar versucht sie zu überzeugen, dass sein Tod nicht ihre Schuld war. Ihr Geist ist darauf festgefahren, sie habe ihn indirekt umgebracht und nichts kann sie davon abbringen... Es ist nun einmal ihre Bürde, die man nicht erleichtern kann. Der Einzige, der das fertig bringen kann, ist sie selbst.
Geschichte:
Raes Geschichte beginnt in einer für die Jahreszeit erstaunlich kühlen Nacht. Es war Hochsommer, als sie das Licht der Welt erblickte – Anfang August. Die Geburt war schnell und komplikationslos. Beide Eltern freuten sich, eine gesunde, kleine Tochter zu haben. Damals war ihr Vater noch zu jung und zu treu gewesen, um daran zu zweifeln, ob er ihre Mutter liebte. Und das war auch gut so, denn so konnte das kleine Mädchen drei Jahre voller Geborgenheit und Sicherheit in einem kleinen Haus, das in einem verschlafenen Hafenstädtchen nahe Tempera City stand, verleben. Und alles, was ihren kindlichen Schlaf störte, waren die Wellen des Hafenwassers oder die Rufe der umherziehenden Wingull-Schwärme.
Die Familie war tatsächlich glücklich, beinahe perfekt. Es gibt zahllose Babyfotos von Raelene, auf denen der Beweis eingebrannt ist, dass ihre Eltern damals zusammen waren. Und sich liebten.
Doch irgendwann innerhalb ihres vierten Lebensjahres begann der erste Streit auszubrechen: Jean hatte eine Affäre. Marianne war unglücklich, verzieh ihrem Mann aber. Sie war stets eine leichtgläubige Person, die Vergebung Wut vorzog.
Es schien, als hätte sich ihr Vater gebessert, doch in Wirklichkeit nutzte er ihre Gutmütigkeit nur aus, um sich gleichzeitig mit ihr und mehreren anderen Frauen zu vergnügen, während er seiner Tochter etwas über Gerechtigkeit und Ehre predigte. Bis sie fünf Jahre alt war, war Jean Royer Raelenes allergrößter Held und sie hätte all ihre Spielsachen – sogar ihr geliebtes Plüsch-Dragoran! – hergegeben, wenn sie doch nur so hätte sein können wie ihr Papa. Stark, gerecht, und er hatte so viele Freunde!
Damals wusste sie natürlich noch nicht, wer oder was diese Freunde waren und warum sie nie kamen, wenn ihre Maman* da war... Sicher war nur, sie hatten sehr viel Spaß.
(*Anmerkung: französisch; da Raelene aus Kalos stammt, hört man bei ihr trotz sehr guter Sprachkenntnisse eine gewisse Klangmelodie durch, die verrät, das sie nicht aus Kanto kommt. Wenn sie wütend oder aufgebracht ist, wird ihr Akzent hörbar. Je schlimmer die Laune ist, desto deutlicher wird er, bis sie irgendwann anfängt, in ihre Muttersprache zurückzufallen. Meist hört man aus ihrem Mund dann nur noch Flüche und wüste Schimpfereien.)
Und dann eines Tages, als ihr Vater am Esstisch saß und sie auf dem Teppich mit ihrem Stoffdrachen spielte, öffnete sich die Haustür und ihre Mutter kam mit freudestrahlendem Gesicht herein. Sie zog Raelene auf ihren Schoß und erzählte den Beiden, dass sie ein Geschwisterchen bekommen würde. Natürlich verstand die Kleine das auch nicht wirklich – ihr Vater dafür aber umso mehr. Er wurde wütend, zerschlug ein Fenster, nahm sich das angesparte Geld mit und verschwand Hals über Kopf, während seine Tochter noch immer ängstlich weinte.
Jeden Tag wartete sie auf die Rückkehr ihres Papas, wurde aber immer hoffnungsloser – und irgendwann hörte sie fast schon auf ihn zu vermissen. Es war doch viel interessanter, was mit Maman passierte. Sie hatte zwar mehrfach versucht, Raelene davon zu überzeugen, dass sie nicht zuviel aß, doch die Kleine beharrte darauf, schließlich hatten sie in der Vorschule gelernt, dass man dick wurde, wenn man zu viel Schokolade aß. Umso erstaunter war sie natürlich, als die vermeintliche Schokolade anfing, sie zu stupsen, wenn sie mit ihrer Mutter knuddeln wollte. Und auf den Gipfel kam sie nach weiteren Monaten, während denen sie ihren sechsten Geburtstag feierte – als die Schokolade verschwand und stattdessen in den Armen ihrer Maman ein kleines Baby war. So klein und schwach, dass es dauernd weinen musste. Marianne lachte immer, wenn sie das sagte. Sie lachte nur selten.
Sehr schnell schloss Raelene, mittlerweile auf acht Jahre zugehend und verstehend, dass das Baby ihr Bruder war, und sie seine große Schwester, Alan ins Herz. Und da ihr Vater immernoch nicht zurück war und ihre Mutter anfing, zu arbeiten, damit sie genug Geld hatten, entschied sie sich, weil schließlich jedes Kind einen Papa braucht, diese Rolle zu übernehmen. Auch wenn sie ein Mädchen war! Sie würde der beste Papa überhaupt sein!
Bei ihr machte Alan seinen ersten Schritt, sagte sein erstes Wort und versteckte sich hinter ihren Beinen, als ihr Vater wiederkam. Seltsamerweise hatte die Anbetung sehr gelitten; Jean war nur noch irgendein Mann, der ihrer Maman sehr wehtat und es nicht einmal bemerkte. Und da war auch keine väterliche Liebe mehr, die er ihr früher gezeigt hatte, in seinen Augen stand nichts als Ekel und Verachtung. Vielleicht war es Alkohol, vielleicht die Frauen, die ihn verändert hatten. Jedenfalls ignorierte er seine Kinder und nahm sie nur noch wahr, wenn er ihnen scheinbar tolle Lebensratschläge gab. Wieder einmal nutzte er, den Reuevollen vorspielend, das gute Herz ihrer Mutter aus und zog ein – ohne Arbeit, ohne Geld. Er aß und aß und schlief beinahe den ganzen Tag, wenn er nicht bei seinen Frauen hing. Raelene wusste nicht mehr wann, doch irgendwann hörte ihre Mutter ganz auf, zu lachen. Nicht einmal mehr ein Lächeln war zu sehen, wenn sie Alan huckepack durch das Haus trug oder ihn ins Bett brachte, wo sie doch sonst immer gemurmelt hatte, was für eine gute Schwester sie doch war.
So vergingen die Jahre und sie wurde zwölf. Ihr Vater war wiedereinmal verschwunden, diesmal auf Nimmerwiedersehen. Sie hätten glücklich werden können. Marianne arbeitete immernoch hart, aber jetzt war nicht mehr diese Gefahr allgegenwärtig, dass sie ihren Mann dabei sehen konnte, wie er einer anderen zuflüsterte, was er ihr versprochen hatte. Es waren nur noch Raelene und Alan da.
Doch als hätte sich das Schicksal ein pervertiertes Drama ausgedacht, machte der weitere Verlauf von Raelenes Leben dem alle Ehre. Eines Nachts, als ihre Mutter schlief, machte sie eine heimliche Expedition mit ihrem kleinen Bruder, der unbedingt einmal den Fluss sehen wollte, in der Hoffnung, dem ein oder anderen Pokémon zu begegnen. Alan hatte bisher nie eines von nahem gesehen. Raelene auch nur wenige Male. Aber es war die Aufgabe eines Elternteils, seine Kinder glücklich zu machen, auch wenn ihre Mutter dachte, es sei zu gefährlich. Sie war immerhin schon zwölf und konnte auf ein kleines Kind aufpassen...
So dachte sie jedenfalls. Der schlimmste Tag ihres Lebens war ein Samstag, eine windige, feuchte Nacht. Es hatte erst am Abend schwer gestürmt und geregnet. Beinahe wäre sie nicht gegangen, schließlich war Alan klein und schwach, er konnte sich leicht erkälten. Doch er bettelte so sehr, dass Raelene sich überreden ließ. Sie wickelte ihn eng in ihre Jacke ein und wanderte mit ihm zum Flussufer, wo er sofort auf das im Mondlicht glitzernde Wasser zulief und kurz bevor es steil herunter ging, stehen blieb.
Ausgelassen warfen die Beiden kleine Kieselsteinchen ins Wasser, und übermütig wie Raelene war, ging sie kurz einige Meter vom Ufer fort, um größere Steine zu finden. Je mehr sie spritzten, desto besser. Ihr Bruder, immernoch fest in die Jacke gewickelt, damit er nicht fror, beugte sich währendessen tief über das Ufer, weil wohl ein Pokémon vorbeigeschwommen war. Und gerade, als Raelene sich wieder umdrehte, beide Arme vollbepackt mit Steinen, sah sie, wie seine Füße auf dem feuchten Ufergras ausrutschten. Ein lautes Platschen bestätigte ihre Befürchtung. Schreiend und weinend lief sie zu ihm, doch sie sah ihn bereits nicht mehr. Er musste untergegangen sein – also sprang sie, lebensmüde und verzweifelt wie sie war, hinterher. Beinahe die ganze Nacht schwamm sie herum, zerrte an ihren letzten Kräften, um Alan zu finden; bis am nächsten Morgen einige Fischer das treibende Mädchen aufgabelten, das sich eine ernsthafte Lungenentzündung geholt hatte.
Alan wurde nicht gefunden, auch nicht, nachdem ein Trupp aus Fischern den ganzen Fluss durchkämmte, er musste also ins Hafenbecken gespült worden sein und irgendwo im Meer dahintreiben – Ebbe konnte das durchaus bewirken. Nachdem man auch nach einer Woche keine Ergebnisse erzielte, wurde er offiziell für tot erklärt.
Und so begann die schlimmste Zeit in Raes Leben. Obwohl ihre Mutter ihr keine Schuld gab, war es ihr durchaus klar, dass sie ihn indirekt umgebracht hatte. Sie schloss sich in ihrem Zimmer ein, unfähig ihrer Mutter in das Gesicht zu schauen; zu wissen, dass sie ihr vermutlich nicht minder wehgetan hatte als ihr Vater. Nächtelang weinte sie – weinte um ihren kleinen Bruder, weinte um den Schmerz ihrer Maman, und verfluchte sich selbst, an jenem Tag zum Fluss gegangen zu sein. Es dauerte lange, eine quälend lange Zeit, bis sowohl Marianne als auch Raelene mit der Lücke in ihrer Mitte, die fortan leer bleiben würde, weiterleben konnten. Es fiel ihnen schwer, zum Alltag zurückzukehren, doch mit der Zeit fanden beide einen gewissen Trost in der stetig gleichbleibenden Routine. Wenigstens etwas war beim Alten geblieben.
Wenn es auch nahezu unbedeutend schien.
Raelene musste lernen, mit der Bürde, die sie vermutlich für den Rest ihres Daseins tragen musste, zu leben. Sie spürte das Mitleid oder die Verachtung der anderen; der Außenstehenden. Die, die davon nichts wussten und keine Ahnung hatten, wie groß das Gewicht dieser Last war. Und das machte es nur schlimmer. Sie macht sich noch heute Vorwürfe deswegen, hat Albträume und in stillen Stunden aufkommende Wellen von Trauer, in denen ungehemmt die Tränen fließen. Sie glaubt, damit abgeschlossen zu haben, doch der Schmerz sitzt noch genauso tief wie am Tag, an dem es passierte. Trotzdessen hat sie es irgendwie geschafft, ihren frohen Charakter zu bewahren. Es war sozusagen alles, woran sie sich noch klammern konnte.
Mit fünfzehn fasste Raelene schließlich den Entschluss, anderen als Ausgleich helfen zu wollen. Und das auf dem bestmöglichsten Weg. Sie stürzte sich in ein medizinisches Selbststudium, beschäftigte sich mit Arzneien, Pflanzen, ihren Wirkungen. Mit der Biologie von Mensch und Pokémon. Wie man welche Leiden am besten kurierte, was gegen welche Schmerzen half. Sie suchte sich Rat bei Apothekern und Heilkundlern, ging bei ihnen in die Lehre, und verschlang jedwede Literatur, die sie darüber nur finden konnte.
Mit der Zeit wuchs und wuchs ihr Wissen über die Kunst des Linderns und Heilens. Doch das war ihr nicht genug. Sie entschloss, die Theorie endlich in die Praxis umzusetzen, und begann mit dem Segen ihrer Mutter ihre Reise durch die Weltgeschichte. Als Abschiedgeschenk bekam sie ein kleines Dratini geschenkt, das sie eigentlich zu ihrem nahenden Geburtstag bekommen sollte. Mit ihm begann sie ihre Reise ins Ungewisse.
Pokémon:
Haku (♀), Lv.26
Fähigkeit: Expidermis
Haku ist Raelenes erstes Pokémon und ihr Partner seit Beginn der Reise. Sie ist ziemlich fröhlich und sehr anhänglich, liebt Schmuseeinheiten und den Kontakt zu anderen. Es passiert nicht selten, dass Haku sich bei jemandem, den sie für sympathisch befindet, um Bein oder Hals schlängelt und sich dann freudig quietschend an ihn schmiegt und knuddeln will. Wenn man sie für sich gewinnen will, reicht meist schon einmaliges, ausgiebiges Schmusen oder was Essbares, bevorzugt süße Beeren und Pokériegel.
Durch ihre verspielte Art hat sich Haku schon den Weg in so manches Herz geebnet. Insbesondere war der Besitzer dessen weiblich. Sie ist einfach ein niedlicher Fratz, den man gerne haben muss.
Nilima (♀), Lv.25; kurz Nila
Fähigkeit: H2O-Absorber
Nila ist die Älteste von Raes Pokémon. Sie ist quasi die einzige 'Erwachsene' in der Gruppe und gibt sich auch gern so. Sie bevorzugt es, für sich zu sein und verbringt ihre Zeit am liebsten in der Nähe von weiten Gewässern oder im Pokéball, wo sie sich ihrer liebsten Beschäftigung widmet – schlafen. Nila verbringt die meiste Zeit damit, zu dösen. Meist sieht man sie mit geschlossenen Augen im Wasser umhertreiben oder dabei den Himmel beobachten. Entspannung und Ruhe gehen ihr über alles.
Raelene traf sie kurz nach Antritt ihrer Reise in der Azurbucht, wo die junge Laprasdame gerade ein Schläfchen hielt. In ihrem Übereifer verbrauchte Rae nicht nur mehr als die Hälfte ihrer Bälle, um sie einzufangen, sondern lernte auch gleich eine wichtige Lektion für das Leben: Wecke nie ein schlafendes Lapras, es sei denn, du bist lebensmüde.
Alan (♂), Lv.26
Fähigkeit: Überbrückung
Alan ist ein wiederbelebtes Pokémonfossil, das Rae von einem älteren Herrn, einem Archäologen, geschenkt bekam als Dank dafür, dass sie sich um sein verletztes Pokémon gekümmert hat.
Das Koknodon ist ein recht aufgedrehter Geselle. Wie ein kleiner Junge hetzt es neugierig durch die Welt, und lässt dabei jeden hinter sich, der mit seiner fidelen Art nicht zurechtkommt. Literarische Hummeln im Hintern, will er ständig spielen oder sich mit jemandem messen. Sein Partner dafür meist ist Livius, mit dem er sich auf regelmäßiger Basis rauft.
Hat er seine ruhigen Momente, kann man ihn meist dabei beobachten, wie er faulenzt oder schläfrig in der Sonne liegt. Alan ist seiner Trainerin gar nicht so unähnlich, für beide ist Spaß und der Genuss am Leben des Wichtigste, und beide können sie mit ihrer unvergleichlichen Art so manchen zum Staunen bringen.
Livius (♂), Lv.25, reagiert eher auf Liv oder Levy
Fähigkeit: Übereifer
Livius ist das jüngste Mitglied der Gruppe und ziemlich verfressen. Da er nichts sieht, schnappt er nach allem, was sich in seiner Riechweite befindet. Und das kann bei den Beissern verdammt wehtun, wie Rae schon festgestellt hat. Daher sollte man das Kapuno nicht unüberlegt anfassen. Es sei denn, man kann den einen oder anderen Finger entbehren. Selbst seine Trainerin nähert sich ihm mit Vorsicht und kündigt etwaige Berührungsansichten vorher an. Nicht, dass Levy Spaß daran hat, andere Leute anzuknabbern; seine Bissattacken sind unabsichtlich und mehr instinktiver Natur.
Problematisch sind sie zuweilen dennoch. Besonders wenn Raelene sich wieder allerlei Blessuren annehmen muss. Denn um sich zu orientieren, nutzt der Drache nicht nur sein Gehör, er rempelt auch oft Dinge an. Und das mit nicht unbedingt wenig Kraft, weswegen Levy immer irgendwo eine Verletzung hat, die es zu versorgen gilt. Zwar macht ihn das zum super Übungsobjekt für den Ernstfall, begeistern kann sich die Neunzehnjährige dafür trotzdem nicht. So manchen Kratzer trägt er auch von seinen ständigen Raufereien mit Alan davon. Eine Pause von der Arbeit ist bei diesem kleinen Wildfang wirklich nicht in Sicht.
(Da Levy eine sehr feine Nase hat und alles, was essbar ist, kaum vor ihm sicher, hat sich Raelene das zu Nutzen gemacht und Livius darauf "abgerichtet", gewisse Beeren, Kräuter und andere Gewächse ausfindig zu machen - Voraussetzung ist jedoch, dass Levy den Geruch nicht als unangenehm oder gar unappetitlich empfindet. An sich eine wirklich sehr praktische Sache, um nicht stundenlang vergeblich durch die Botanik zu schleichen. Man braucht aber auch schnelle Reflexe, sonst wird das Suchobjekt gefressen, bevor es seinen eigentlichen Zweck erfüllen kann.)
Spezialisierung: Botaniker(Fachgebiet: Mensch)
Rae hat mit 15 Jahren angefangen, sich mit Medizin und Pflanzenheilkunde auseinanderzusetzen, mit dem Ziel vor Augen, später einmal Ärztin zu werden.
Sie studiert die Botanik der verschiedenen Regionen, macht sich dazu Notizen und fertigt entsprechende, realitätsgetreue Skizzen und Zeichnungen von den einzelnen Pflanzen wie Beeren an. Ebenso schreibt sie Rezepte, Tipps und Tricks auf, die sie von anderen auf diesem Gebiet (z.B. Apothekern) bekommt. Auch versucht sie ihr Wissen stetig zu erweitern und kauft oder leiht sich jede Literatur, die sie dazu nur finden kann. Dadurch hat sie ein enormes Wissen angesammelt; da sich Raelene aber noch mitten im Studium befindet, hat sich noch keine allzu großen, praktischen Erfahrungen gemacht und ist für jeden Rat und jede Hilfe eines Erfahreneren dankbar.