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    [tab=Charakter]
    Name: Adrìen „Nirâv“ Khalin
    Geschlecht: männlich
    Alter: 19 Jahre
    Herkunft: Asaeg, Kkamagwi
    Affinität: Wasser


    Aussehen
    [Bild folgt evtl.]
    Das Erscheinungsbild Adrìens wirkt auf manche sicherlich etwas ungewöhnlich, vielleicht auch ein wenig abstrus. Grundsätzlich hat der junge Mann einen eher ruhigen und unbeteiligt scheinenden Blick, aus dem dennoch, wenn man nur etwas genauer hinschaut, wachsame Aufmerksamkeit spricht. Schmale kobaltblaue Augen, deren Farbton sich zur Mitte hin fließend in helleren Nuancen verliert, bis er schließlich in einen weißen Kranz um die Pupille mündet, zieren gemeinsam mit hohen Wangenknochen und einer schlanken Nase die fein geschnittenen Züge seines Gesichtes, welches von einem leicht zerzausten Schopf hellen Silberblondes, das je nach Lichteinfall auch weiß erscheinen kann, umrahmt wird. Sicht auf die dünnen Lippen seines Mundes bleibt fremden Iriden gewöhnlich verwehrt, da ein bereits älterer, gräulich cremefarbener Schal sich auf dieser Höhe locker mehrfach um Hals und Schultern schlingt.
    Ähnlich verhält es sich mit seinem Körper. Adrìen besitzt neben seinem seltsamen Hang zu schlichten Kleinodien die Neigung, ihn zuweilen nahezu gänzlich zu verhüllen. Bevorzugt in leichtere, dunkle Stoffe, da dies in seinen Augen einen dezenten Kontrast zu den tropfenförmigen Silberohrringen, die sein rechtes Ohr schmücken, gibt.
    Sieht man einmal unter die Kleidung, erkennt man die zahlreichen Narben, die seine blasse Haut trägt. Man findet sie über den gesamten Leib verteilt, besonders betroffen sind der Hals, der Rücken und die Arme. Letztere stark genug, dass er sie bis zu den Schulteransätzen mit Bandagen verdeckt, manche Stellen lösen sich allerdings gelegentlich, sodass man durch die entstandene Schlaufe einen Blick auf das gerötete Gewebe erhaschen kann.
    Das Gesicht hat er bisher weitgehend schützen können, was allerdings nicht bedeutet, dass er nicht auch dort gezeichnet ist. Eine einzelne Narbe zieht sich in Form einer breiten Scharte leicht geneigt über sein rechtes Auge, welches dank einem Unfall fast vollständig erblindete und seither optisch durch einen weißlichen Schleier getrübt wird. Aus diesem Grund hält er es meist geschlossen.


    Eigenschaften
    Im Allgemeinen, wenn Adrìen nach dem ersten Eindruck beschrieben wird, fallen stets Eigenschaften wie ruhig, leicht kühl, verhalten, vor allem aber sehr schwer einschätzbar. Sein Auftreten wirkt auf manch einen zwielichtig, sein Verhalten folgt keinem erkennbaren Muster, seine Reaktionen fallen zuweilen äußerst knapp aus. Für viele erscheint der Junge wie ein Buch mit sieben Siegeln.
    Tatsächlich gibt sein Benehmen Außenstehenden häufig Rätsel auf, denn es scheint stets gleich zu bleiben. Bei ihm lassen sich auf den ersten Blick keinerlei Gefühlsregungen oder ausdrucksstarke Gestiken beobachten, was ihn für andere unberechenbar macht. Seine Mimik verweilt in nichts preisgebenden Zügen, in den dunklen Augen ruht ein scheinbar nie ersterbendes, gedämpftes Glimmen. Er strahlt dennoch kaum Kälte oder anderes Abweisendes aus, ihn scheint vielmehr eine Art ungewöhnliche, isolierende Ruhe zu umgeben.
    „Ruhe“ ist ein gutes Stichwort, denn es gibt etwas, dass die meisten Menschen an Adrìen entweder verwirrt oder innerlich beunruhigt: Er spricht nicht. Adrìens Stimme zu hören, ist eine gewisse Seltenheit, ergreift er doch nur das Wort, wenn er wirklich etwas zu sagen hat. Auf Fragen und dergleichen folgt in der Regel eine Antwort durch Gesten und Körpersprache. Ist eine mündliche jedoch unausweichlich, spricht er zumeist kurz angebunden und leiser, sodass nur der Gesprächspartner sie vernehmen kann.
    Aufgrund dieser Eigenart denken viele, dass der junge Mann stumm ist. Umso erstaunter reagieren sie schließlich, wenn er unvorhergesehen sein eigenes Schweigen bricht. Adrìens stilles Wesen ist allerdings nichts, was auf besondere Gründe wie gravierende Erlebnisse in der Kindheit oder der Scheu gegenüber verbalen Kontakts zurückzuführen ist. Ganz im Gegenteil. Dem liegt absolut nichts zugrunde, es handelt sich einfach um einen Charakterzug Adrìens, den er schon von klein auf besessen hat.
    Wider Erwarten ist der ernste Naturliebhaber auch Kontakt keineswegs abgeneigt, er freut sich sogar, sollte jemand eine Konversation mit ihm beginnen, diskutiert er doch insgeheim sehr gern. Er wird kaum eine Person abweisen, wenn sie ihn anspricht, solange sie nur einen entsprechend höflichen Ton zu verwenden weiß. Es bedarf lediglich eines kleinen Anstoßes von außerhalb, da er selbst nicht den ersten Schritt zu zwischenmenschlichen Beziehungen geht. Hat man aber erst einmal sein Vertrauen gewonnen, offenbart sich ein sehr treues Gemüt, das einem gern kulant entgegentritt.
    Man darf nur nicht in Versuchung geraten, seine Gutmütigkeit auszunutzen oder ihn zu reizen. In der Regel prallen Provokationen an ihm ab, in Folge dessen, weiß auch niemand, wie Adrìen in wütendem Zustand agiert, da er stets seine Fassung zu wahren scheint. Möglich ist es trotzdessen durchaus, ihn zornig zu machen. Man muss nur tief genug bohren.
    An sich kann man über den jungen Mann sagen, dass er im Grunde vor allem ein recht vielschichtiger Mensch ist. Wo bei manchen schon nach 'harte Schale, weicher Kern' Schluss ist, beginnt bei ihm ein Verwirrspiel mit Prinzipien, die vorhanden sind und andererseits auch wieder nicht. Blickt man einmal unter die, zugegebenermaßen nicht unbedingt immer gänzlich neutral erscheinende Fassade, so entdeckt man eine Persönlichkeit, die von Widersprüchen und Gegensätzen durchzogen ist. Seine Handlungen sind deshalb von einer vielfältigen Wechselhaftigkeit geprägt und können sich durchaus ineinander widersprechen, ebenso wie seine Worte und Gedanken. Adrìen ist ein wandelndes Paradoxon, ein stiller Eremit, der in freiwilliger Dämmung lebt, wenn man so will, aus dem man, selbst wenn man ihn gut kennt, nie ganz schlau werden kann.


    Geschichte
    Über Adrìens Leben lässt sich eigentlich nichts Spannendes oder gar Außergewöhnliches berichten. Er wurde wahrscheinlich in Asaeg selbst geboren, als Jüngerer eines zweieiigen Zwillingspaars. Über seine Eltern weiß er nichts, er vermutet jedoch, dass sie für die Aussetzung ihrer Söhne gute Gründe hatten.
    Seine Kindheit verbrachte er jedenfalls glücklich in einem kleinen, fast schon idyllischen Dorf nahe der Stadt, das aufgrund seiner Größe vielleicht auch als Siedlung bezeichnen werden könnte. Ziehvater der Brüder war der Priester der dortigen Kirche. Ein verwitweter Mann mittleren Alters, kinderlos, aber von sehr friedsamen Gemüt. Er zog beide in dem Wissen auf, dass sie nicht seine leiblichen Sprösslinge waren. Wirklich gestört hat das aber weder Adrìen noch David.
    Der Ort, in dem der Junge aufwuchs, gehörte zu den Gemeinden, in der jeder jeden schon seit langer Zeit kennt und irgendwie auch befreundet und/oder über zig Ecken verwandt ist. Trotz der Tatsache, dass er fremde Wurzeln hat, fühlte er sich nie ausgeschlossen oder abgesondert. Eher im Gegenteil. Viele hatten den Kleinen schon zu Beginn ins Herz geschlossen, Adrìen als auch David wurden stets mit offenen Armen empfangen. Die schweigsame Art brachte ihm recht früh den Spitznamen „Nirâv“ bei, „der Stille/Ruhige“ bedeutend.
    Während sein Bruder gern im Dorf spielte, sich bei den älteren Damen Unmengen an Naschwerk abholte und von Zeit zu Zeit auch mal Unsinn trieb, zog es Adrìen mehr in das unweit gelegene Waldstück, in dem er häufig Stunden damit zubrachte, die dort wachsenden Pflanzen genauestens unter die Lupe zu nehmen oder einfach die wilden Tiere zu beobachten, deren Anwesenheit er der anderer Kinder sichtlich vorzuziehen schien. Nicht selten versuchte er ebenso, Elementargeister zu finden. Immerhin lag die Siedlung ja nahe an der Landesgrenze. Da er aber nie Erfolg hatte, scheinbar nicht nah genug.
    So zogen sich die Jahre hin und der stille Hobbyabenteurer wuchs in dem friedlichen Umfeld zu einem lebensfrohen, wenn auch weiterhin sehr ruhigen Jungen heran. Mit der Zeit brachte ihm sein Vater neben den grundliegenden Dingen wie Lesen und Schreiben einiges über die Welt da draußen bei. Er erzählte ihm von den anderen Ländern, den Elementen, den Raben und deren Tempel in der Hauptstadt. Besonders dieser Teil faszinierte Adrìen so sehr, dass er seinen kindlichen Wunsch, einmal „Heilige“ zu sehen, ersetzte durch das Vorhaben, später einmal nach Jayuuisawon zu reisen. Er war im Gegensatz zu seinem Bruder, bei dem die fromme Erziehung deutlichere Spuren hinterlassen hatte, nicht so streng gläubig, viel mehr weckten die Geschichten des Priesters unstillbare Neugier in ihm.
    Mit fast fünfzehn beschloss Adrìen, ganz nach dem Vorbild seines großen Bruders, dass es endlich an der Zeit war, seine Wasseraffinität zu trainieren. Zwar teilte der Pater nicht dasselbe Element wie sein jüngerer Ziehsohn, brachte ihm aber dennoch Grundlagen und manchen Trick bei. Von ihm hat der Blondhaarige auch den Anstoß bekommen, sich ursprüngliche Techniken zur Selbstverteidigung anzueignen, was aber damit endete, dass David ihm den Umgang mit Messern und die Basen des Kämpfens zeigte. Das Gelernte vertiefte und erweiterte er dann von allein.
    Ein knappes Jahr später trat der Ältere der Geschwister ganz überraschend eine Ausbildung zum Soldaten an und ließ damit Adrìen geknickt und zutiefst bedrückt bei ihrem Vater zurück. Wie es bei Zwillingen üblich ist, stehen sich die beiden sehr nahe und dementsprechend lang hat es gedauert, dass der Junge über das jähe Verschwinden seines „Spiegelbilds“ aus dem Alltagsleben hinwegkam.
    Die Monate vergingen, Adrìen trainierte aus Frust und Langeweile unnatürlich viel. Der Priester war inzwischen fortgeschrittenen Alters und seine Gesundheit schwer angeschlagen. Trotz vielversprechender, medizinischer Behandlung kam schließlich das, was irgendwann einmal kommen muss, auch wenn es stets niemand wahrhaben will: Er starb mit „jungen“ 65 Jahren, unterlag nach einem langen Kampf schlussendlich seiner Krankheit. Adrìen wurde mit diesem Zeitpunkt gewissermaßen stumm, er fraß die Trauer in sich hinein, schottete sich noch mehr von seinem Umfeld ab, ließ nicht einmal seinen Bruder zu sich und versuchte allein, den Verlust zu verarbeiten. Ohne Erfolg. Letztlich verdrängte er ihn vollständig und meidet seither jeden Gedanken an seinen Ziehvater, aus Angst, alles könnte wieder hochkommen.
    Nach nunmehr siebzehn Jahren verließ er sein Heimatdorf, führte eine Zeitlang ein ruheloses Leben, in dem er von Ort zu Ort pilgerte. Bis David ihm schließlich anbot, es ihm gleich zu tun und Soldat zu werden. Da seine Kampffertigkeiten keineswegs schlecht waren und er ohnehin nicht wusste, wohin, willigte er ein.


    Ausbildung/ Fähigkeiten
    Adrìen besuchte nie eine Schule. Er wurde von seinem Ziehvater unterrichtet, der ihm alles Notwendige sowie einiges über Religion beibrachte. Dennoch besitzt er ein sehr großes Allgemeinwissen, was unter anderem auf seine regelrechte Vernarrtheit in Bücher jeglicher Art zurückzuführen ist. Adrìen ist für sein Alter recht belesen, was sich teilweise in seiner Sprechweise widerspiegelt, da er gelegentlich etwas gehobener redet.
    Anderweitig ist der Neunzehnjährige sehr geübt im Umgang mit Messern und anderen kurzen Stichwaffen. Er hat zudem ein sehr gutes Sehvermögen.
    Dank seiner regelmäßigen Ausflüge in den Wald, kennt er sich ein Stück weit mit Botanik aus.


    Besonderheiten
    Er besitzt die Angewohnheit ein Set von Tarotkarten bei sich zu tragen. Das hat keine wirklich spirituellen Ursachen, viel eher liegt es daran, dass dies ein Geschenk seines Ziehvaters an ihn war. Man kann ihn gelegentlich dabei beobachten, wie er mit einzelnen herumspielt oder den Stapel willkürlich mischt, manchmal um sie anschließend in ungewöhnlichen Legesystemen auszubreiten. Ob es sich dabei nur um einen Zeitvertreib handelt oder er dies aus speziellen Gründen macht, lässt sich nicht sagen.


    Waffe
    Adrìens Spezialgebiet sind Wurfwaffen. Er besitzt ein sehr scharfes und treffsicheres Auge, weswegen die meisten seiner Würfe auch ins Schwarze treffen. Umgehen scheint er nach etwas Eingewöhnung mit nahezu jeder Waffe dieser Gattung zu können, doch beschränkt er sich hauptsächlich auf Messer. Ein kleiner Satz bestehend aus fünf schmalen Exemplaren befindet sich in seinem Besitz, sicher, aber griffbereit verwahrt unter seiner Kleidung. Da er keine weiteren Messer neben diesen hat, achtet er stets darauf, keines zu verlieren oder zu beschädigen.
    Für Notlagen trägt er, ebenfalls am Körper versteckt, ein silbernes Chakram bei sich.


    Kampfstil
    Sein Kampfstil ist eher passiv und auf Distanz ausgelegt. Zwar weiß er sich auch im Nahkampf zu verteidigen, Adrìen benötigt jedoch genügend Bewegungsfreiheit, zumal seine Waffen hauptsächlich auf Entfernung verwendbar sind. Er ist recht flink und achtet möglichst darauf, seinem Gegner keine Möglichkeit zu geben, eventuelle Schwächen zu erkennen. Sein Element findet hauptsächlich als Unterstützung, vorwiegend Heilung, Gebrauch.


    Angriffe

    • Mittels einer knappen Formel kann Adrìen einen Schutzwall aus Wasser oder dünnem Eis beschwören, der ihn vor Wurfgeschossen und kleinen Fernangriffen schützt.

    • Zudem ist es ihm möglich, durch einen dünnen, glitschigen Film, den er unter seinen Füßen entstehen lässt, zu rutschen und so schneller voranzukommen oder auszuweichen. Dies funktioniert allerdings nur auf entsprechendem Grund.

    • Gelegentlich verstärkt Adrìen seine geworfenen Messer mit druckintensiven Wasserstrahlen oder nutzt sie als direkten Angriff.

    • Außerdem ist er in der Lage, Wunden zu säubern/desinfizieren sowie leichtere heilen zu lassen.



    [tab=Rabe]
    Name: Hugin
    Geschlecht: männlich


    Aussehen
    Hugin unterscheidet sich bis auf wenige Merkmale kaum von seinen Artgenossen. Er besitzt wie sie ein tiefschwarzes Gefieder, das bei Lichteinfall zuweilen in bläulich violetten Schattierungen schimmert. Stellenweise wirken die Federn ein wenig zerrupft, am Schwanz und zu den Flügelspitzen hin verlaufen sie in ein helleres Anthrazit.
    Sein gleichfarbiger Schnabel ist von feinen, weißen Rissen und einzelnen Kerben gezeichnet.
    Was ihn von gewöhnlichen Kolkraben geringfügig abhebt, sind seine Statur und die Farbe seiner Augen. Er ist etwas größer, als für diese Gattung üblich ist und die Spannweite seiner Flügel kürzer.
    Seine Iriden sind von einem klaren Sturmgrau, das sich zum Rand hin aufhellt. Im Licht glänzen sie zumeist silbern.


    Eigenschaften
    Man kann das stolze Rabenmännchen wohl getrost als einen etwas raueren Zeitgenossen bezeichnen. Zwar erscheint er anfangs nicht minder schweigsam wie Adrìen, da er mit diesem überwiegend telepathischen Kontakt hält, allerdings hört man ihn wesentlich öfter sprechen als seinen Partner. Was nicht immer etwas Positives ist, da Hugin gerne redet, wie ihm gerade der Schnabel gewachsen ist. Seine Worte sind durchweg sehr schonungslos. Auch scheut er nicht davor zurück, Andere verbal anzugreifen oder jede ihm bekannte Information mit schadender Absicht auszuspielen. Ihm etwas Vertrauliches zu verraten, ist unklug und kann böse enden. Er macht seinem Namen (Hugin = der Gedanke) alle Ehre, vergisst er doch nahezu nichts, was je Nützliches sein bildliches Ohr erreicht hat.
    Der Rabe neigt dazu, von Zeit zu Zeit äußerst spontan zu reagieren und scheut grundliegend nicht davor zurück, seine Empfindungen offen zum Ausdruck zu bringen, insbesondere sind sie negativ. Er macht sicher kein Geheimnis daraus, wenn er genervt ist, ihm etwas nicht passt oder er ernsthaft gekränkt bzw. verletzt ist. Ebenso verschont er sein Umfeld in den seltensten Fällen mit der Wahrheit, ganz egal wie diese auch aussehen mag. Ehrlichkeit ist ihm wichtig, weswegen sie dem Verantwortlichen unverblümt wie ein nasses Handtuch um die Ohren gehauen wird. Feingefühl sucht man bei ihm vergeblich.
    Gewöhnlich erlebt man bei ihm eine neutrale Stimmung, die jedoch relativ leicht umschwenken kann. Trägt man daran die Schuld, wäre es ratsam, Hugin möglichst in Ruhe zu lassen und ihn zu meiden. Er kann im Gegensatz zu Adrìen recht schnell aus seinem Gefieder fahren. Und dann lässt er freiwillig von dem Schuldigen nich mehr ab. Seinem Partner gegenüber verhält er sich seltsamerweise ruhiger, die Beiden scheinen sich recht gut zu verstehen. Adrìen, auf dessen Schulter er gewöhnlich sitzt, nennt er bei seinem alten Beinamen „Nirâv“.
    Im Grunde lässt sich über ihn sagen, dass er durchaus ein ganz angenehmer Kamerad sein kann, wenn er nur den Schnabel hält.


    Affinität: Feuer


    Angriffe

    • Hugin kann die Klingen von Adrìens Messern erhitzen, sodass bei Berührung Verbrennungen bis zu zweiten Grades entstehen können.

    • Da er es hasst, in (Nah-)Kämpfe verwickelt zu werden, hält er Gegner gern mit kleineren Flammenböen entweder auf gewisser Distanz oder gleich ganz fern. Er nutzt sie öfter auch zum Angriff.

    • Durch Kombination mit Adrìens Element entsteht eine große 'Wand' aus dichtem Nebel, die vor Blicken schützt. Mit ihr kann man Gegner kurzzeitig verwirren, überraschen oder die Chance zur Flucht ergreifen. In jedem Fall ist Schnelligkeit geboten, da sie nicht allzu lange bestehen bleibt bzw. relativ leicht zu zerstören ist.


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    Der Spott wich recht schnell einem gereizten, von baldigem Unheil kündenden Lächeln, als der grell gekleidete Knabe sich mit einem vermeintlich entschuldigenden Ausdruck im Zimmer gegenüber verkrümelte und Blaine somit mehr oder minder die Tür vor der Nase zuschlug. So viel Geistlosigkeit schrie regelrecht nach einer entsprechenden Reaktion, aber fein. Der Gute würde schon noch sehen, was er von solch einem kopfscheuen Verhalten hatte. Immerhin hatte er dem Halbalbino dadurch indirekt offenbart, dass ihm seine Anwesenheit nicht behagte. Wissen, das ihm künftig vielleicht den einen oder anderen Augenblick der Langeweile vertreiben konnte.
    Mit einem lauten Seufzer, der jedoch rasch in ein ausgiebiges Gähnen überging, streckte der Jugendliche sich einmal kräftig, um die ermüdeten Muskeln wieder halbwegs zu wecken. Die Lust auf einen nächtlichen Spaziergang war ihm soeben gründlich vergangen.
    Allmählich begannen seine Augen zu brennen und die Übermüdung legte einen dämmrigen Schleier über seine Sinne, weswegen er den Jungen, der mit einer angedeuteten Verbeugung sowie einem flüchtigen „Verzeihung“ an ihm vorbei huschte, nur am Rande wahrnahm. Er blieb noch einen kurzen Moment im Flur stehen, ehe er sich grummelnd in den Raum zurückzog, den er keine Minute zuvor verlassen hatte. Drinnen riss er eines der Gardinen verhangenen Fenster auf, um wenigstens ein bisschen frische Luft in die mehr oder weniger eigenen vier Wände zu bringen. Die Ellbogen auf das Fensterbrett und den Kopf in eine Hand gestützt, starrte er so nach draußen. Seine Gedanken drifteten Stück für Stück ab ins Nichts – keine komplizierten Überlegungen bezüglich der gegenwärtigen Situation, kein wirklicher Denkvorgang irgendeiner Art und vor allem kein Nerven zerreißendes Gerede von Seiten eines gewissen Quälgeistes. Lediglich Stille. Zugegebenermaßen etwas, was er zumindest in diesem Moment genoss. Gesellschaft hatte er heute immerhin zu genüge gehabt.
    Lange währte seine Einsamkeit allerdings nicht, denn plötzlich wurde etwas ruppig die Tür geöffnet und ein leicht zerstreut wirkender Mann brachte Roe ins Zimmer, um sie kurzerhand auf ihr Bett zu legen. Ihr schien es nicht sonderlich gut zu gehen, sogar aus der Distanz konnte Blaine erkennen, dass sie nicht nur blass, sondern regelrecht weiß erschien. Unwillkürlich zog er die Augenbrauen zusammen. Was hatte sie nur angestellt?
    Er beobachtete die Aktionen des jähen Besuchers mit Argwohn. Bonbons, Wasser – es dauerte ein paar Sekunden, bis sich im Kopf des Jungen ein Verdacht regte, der ihn leise grinsen ließ. Na, wer hätte gedacht, dass die Kleine am selben Problem litt wie er? Der Mann erkundigte sich, ob Aurore noch etwas brauchte. Es wurden kurz Worte getauscht und schon war er wieder verschwunden.
    Blaine unterdessen stand weiterhin am Fenster und schaute seine Zimmergenossin auch noch einige Minuten an, nachdem Artemis, wie der Kerl offenbar hieß, gegangen war. Schließlich unterbrach er die Stille, das Feixen war wieder erloschen und sein Ton wie üblich kühl und gelangweilt: „Lass mich raten, du verträgst Hitze nicht allzu gut, hast heute übertrieben und bist in Folge dessen zusammengeklappt?“, erkundigte er sich.


    Roe wunderte es nicht sonderlich, dass Blaine nichts sagte. Er schien nicht der Typ für übermäßige Sorgen zu sein. Das war natürlich... aber auch ernüchternd. Nicht weil er es war, der sich keine Sorgen machte, sondern weil niemand sich je um sie Sorgen gemacht hatte. Schon damals in Fortland hatten die Menschen eher Angst vor ihr oder wollten Dinge mit ihr machen, die sie sich gar nicht vorstellen wollte. Ihr Vater sah sie mehr als Sohn, sie übernahm schließlich auch seine Aufgaben. Ihre Schwestern plauderten munter untereinander, so, wie Geschwister das taten, aber kaum kam Aurore in den Raum, senkten sie ihre Stimmen, wohlwissend, dass Roe Lärm nicht vertrug. Ihre Mutter rang sich nur selten dazu durch, Körperkontakt mit ihr zu haben.
    Aurore störte es damals wie heute nicht. Nur zog sich ihr Magen jedes Mal dann zusammen, wenn die Schwestern sich in die Arme der Mutter kuschelten, wenn sie miteinander lachten und spielten. Aber das war okay. Sie hatte sich daran gewöhnt.
    Sie war anders. Dieses Mal machte sie anders. Es brachte sie dazu, allen zu misstrauen, niemals eine richtige Beziehung zu ihrer Familie auf bauen zu können.
    Aber es gab ihr auch die Kraft, für dieses Misstrauen gegenüber ihren Eltern aufzukommen. Mit der Fähigkeit, die das Licht ihr verlieh, fiel es ihr einfach zu jagen. So lebte ihre Familie besser, als wenn sie ein normaler Mensch wäre.
    Aurore hielt ihre Augen geschlossen und fuhr mit der Zunge über die süßen Bonbons in ihrem Mund. Sie hörte das leise Rauschen der Klimaanlage und merkte, wie der Schwindel langsam nachließ. Das Pochen in ihrer Brust wurde seltsam dumpf, ganz regelmäßig und leicht, für einen Moment dachte sie, dass es ganz aufgehört hätte zu schlagen. Aber es war noch intakt.
    Natürlich war es das. Weder die Scham über ihre Schwäche noch die Angst vor der Umgebung noch Wut über sich selbst oder sonst etwas konnten dafür sorgen, dass ein Herz aufhörte zu schlagen. Aber selbst wenn, was würde das schon machen? Vieles vielleicht einfacher.
    Leicht schüttelte sie den Kopf. Fing sie schon wieder mit diesen deprimierenden Gedanken an. Vielleicht sollte sie mal zum Arzt und sich Pillen verschreiben lassen. Schlimmer ging es ja eh nimmer.
    Als Blaine dann doch den Mund aufmachte, war Roes einzige Reaktion fürs erste ein leiser Seufzer. Als sie die Augen aufschlug, merkte sie, dass Blaine sie wohl die ganze Zeit beobachtet hatte.
    Erst überlegte sie, ihm eine Retourkutsche zu verpassen, nur tat ihr das Denken noch immer weh. Sowieso hatte er ohnehin schon gesehen, wie schwach sie war (sie biss sich etwas frustriert auf die Lippen, bis sie merkte, dass auch das nichts brachte und es wieder sein ließ), da würde ein Leugnen die Sache nur noch schlimmer machen. Also beließ sie es bei einem einfachen "Kreislaufkollaps. Die Caféteria... Ist für mich schlimmer als die tiefste Eiswüste." Richtig. Bei der wusste sie zumindest, was sie zu tun hatte, um zu überleben.


    Die Antwort wurde mit einem kurzen „Hm“ zur Kenntnis genommen. Es herrschte einige Sekunden lang Stille, in denen Blaine gedanklich mit sich rang, ob er seine Fragen nun äußern sollte. Ein lang gezogener Seufzer erklang, kurz bevor er wieder das Wort ergriff. „Verstehe. Kenn ich. Ich vertrag auch keine Hitze, schlägt mir auf den Kreislauf“, erklärte er knapp, fügte dann jedoch noch sarkastisch hinzu: „Aus genau diesem Grund hab ich vorhin auch versucht, ‘ne Runde zu schlafen. Mehrere Stunden kontinuierlich in der Sonne zu sitzen, hat mit der Zeit auch Auswirkungen. Nur leider hat mich dann so ‘ne kleine Göre hinterlistig überfallen.“ Er starrte Roe giftig an, ehe er sich abrupt umdrehte und wieder aus dem Fenster blickte. Kühle Nachtluft wehte ihm entgegen. Draußen ragten Schatten aus der Dunkelheit empor, die sich mit zunehmender Distanz jedoch in der Schwärze verloren, bis sie schließlich ganz von ihr verschluckt wurden.
    Unwillkürlich wanderten seine Gedanken zurück zu dem, was Alicia ihnen vor wenigen Stunden offenbart hatte. Ob sie wirklich die Wahrheit gesagt hatte? Waren wirklich nur eine Handvoll fremder Menschen daran schuld, dass er als Kind nachts so oft zu jeder ihm bekannten höheren Macht gebetet hatte, sie möge ihm wenigstens ein Mal in seinem Leben hold sein? Dass er seine Hände so oft gegen die Wand geschlagen hatte, bis die Haut aufplatzte, die Finger brannten und bluteten, nur weil er wieder enttäuscht worden war? Dass er so oft im Stillen geweint hatte, bis er glaubte, zu vertrocknen, weil er keinen Ausweg aus dieser Hölle sah, die ihm mit dem Zeitpunkt seiner Geburt auferlegt worden war? Waren daran wirklich nur ein paar Männer schuld, die ihrer Paranoia gegen möglicherweise gar nicht Existierendes nicht Herr werden konnten? Der Gedanke daran, dass dies hingegen jeder Vernunft und Rationalität tatsächlich der Realität entsprechen könnte, ließ in Blaine Hass, Zorn und Übelkeit auflodern. Harsch schüttelte er den Kopf, um das aufsteigende Gefühlschaos und dessen Ursache daraus zu verbannen.
    Er starrte eine Weile stumm in die Nacht hinaus, den Blick in die schwarze Ferne gerichtet. Die Worte rutschten ihm heraus, bevor er darüber nachdenken konnte. „Sag mal, Roe... Glaubst du das Ganze, das über uns als vermeintlich Erleuchtete erzählt wurde, eigentlich…?“


    Erst überlegte sie, ihm eine patzige Antwort zu geben, schwieg dann aber doch lieber. Es hatte keinen Sinn zu bestreiten, dass ihre Attacke... überzogen war, aber ihr Jagdinstinkt und die Tatsache, dass das nun einmal bisher ihr Zimmer gewesen war, rechtfertigten den Angriff. Außerdem war bis auf einen kleinen Kratzer (den er im übrig selbst zu verschulden hatte) nichts passiert. Kein Grund sie eine Göre zu nennen. Also presste Roe die Lippen zusammen und gab einen nichtssagenden Blick auf seinen giftigen zurück. Blaine drehte sich um und starrte aus dem Fenster, wohin ihr Blick nun auch wanderte. Es war eine schöne Nacht, nicht zu bewölkt, sodass man ein paar Sterne sehen konnte.
    Als Blaine sich dann wieder an sie richtet, konnte sie ihre Überraschung nicht ganz verbergen. Sie blinzelte etwas verwirrt und richtete sich auf. Ja.. Glaubte sie denn eigentlich daran?
    "Warum willst du das ausgerechnet von der kleinen Göre wissen?", fragte sie beiläufig. Bevor er jedoch antworten konnte, stand sie auf und stellte sich neben ihn ans Fenster. Sie sah in den Himmel und versuchte, einige Sternenbilder zu erkennen, die es auch in ihrer Heimat gab, aber da war keines, das ihr bekannt vorkam. Selbst die Sterne waren hier anders als zu Hause.
    "Ich glaube prinzipiell an nichts, das sich nicht wissenschaftlich beweisen lässt", fuhr sie fort. "Deswegen glaube ich auch nicht, dass es einen rationalen Grund für diese Male und unsere Fähigkeiten gibt. Fakt ist nun mal aber auch, dass wir beides besitzen." Sie beugte sich durch das geöffnete Fenster und streckte sich, dass ihre Knochen knackten.
    "Wir sind besonders", murmelte Aurore eher missmutig. "Das können wir kaum leugnen. Ich habe in keinem meiner Bücher – und ich habe sehr viele Bücher – jemals über jemanden gelesen, der eine Wärmesicht hat. Nur... Ob wir das", sie setzte ein fortlandisches Schimpfwort ein, "Priestern zu verdanken haben..."
    Sie gähnte und seufzte gleichzeitig, weil die Müdigkeit ihre Kopfschmerzen wieder zurückrief, riss sich dann aber doch noch am Riemen und beendete ihren kleinen Redeschwall mit den Worten:
    "Wenn sie uns Erleuchtete nennen wollen, sollen sie das tun. Wenn es hier sicherer für mich-" und meine Familie "-ist, dann bleibe ich hier. Ich muss nicht unbedingt allem Glauben schenken, was sie mir hier erzählen." Roe sah ihn aus dem Augenwinkel an.


    Blaine hatte weder mit einer ausführlichen Antwort gerechnet noch – und erst recht nicht – damit, dass Aurore sich zu ihm gesellen würde. Die Verwunderung darüber ließ einen schwachen Rotschimmer auf seinen Wangen erscheinen. Er erwiderte ihren Blick und ließ ein leises Räuspern hören, das allerdings in ein unterdrücktes Gähnen überging. Erneut drohte Erschöpfung ihn zu übermannen.
    „Du hast schon Recht“, begann er in neutralem Ton. „Wir sind wohl oder übel das, was allgemeinhin als ‚besonders‘ bekannt ist... Obwohl ‚absonderlich‘ es wohl eher trifft.“ Der Sarkasmus in den letzten Worten war fast schon greifbar, so spitz klangen sie. „Die Menschen überschütten uns ja nur so mit Liebe und wir sollen sie zum Dank dafür, vor widerlichen Missgeburten schützen. Meinetwegen können diese Höllenviecher sie alle samt und sonders zerreißen!“ Es herrschte einige Minuten Stille, bis er fortfuhr, nun merklich ruhiger. „Aber es stimmt. Weder unsere Male noch vermeintlichen Fähigkeiten lassen sich leugnen, obwohl es dafür eigentlich keine rationale Erklärung gibt. Im Endeffekt sind wir dazu gezwungen, das Ganze zu akzeptieren, schätze ich. Es nicht wahrhaben wollen oder alles als Schwindel und Lüge abzutun, macht es ja auch nicht rückgängig.“ Seine Stimme glitt mit jedem Wort mehr in ein halbes Flüstern über. Seine Hand wanderte, ohne dass er es wirklich merkte, zu seinem Hals. Dort, wo ihn das anthrazitfarbene Pentagramm als Ausgestoßenen, als Erleuchteten, brandmarkte. Ein finsterer Schatten legte sich über sein Gesicht und erneut wallten Groll und tiefe Abscheu in ihm auf. Sollten sie ihre Finger nur nach ihm oder anderen ausstrecken…
    Mit einer abrupten Bewegung drehte der Jugendliche sich um und erstickte seinen düsteren Gedankengang somit im Keim. Er schritt auf den Schrank zu, in dem ‚seine‘ Klamotten achtlos rumlagen, griff sich ein weißes Muskelshirt und zog sein dreckiges mit einer etwas ruppigen Geste aus, um es lieblos auf den Boden neben seine Kapuzenjacke zu werfen. Den gänzlich von Narbengewerbe überzogenen Rücken Roe zugewandt, streckte er sich einmal ausgiebig, ehe er sich das helle Oberteil überzog.
    „Du hast eben Wärmesicht erwähnt. Liege ich richtig mit der Annahme, dass es sich dabei um deine Fähigkeit handelt?“


    Roe folgte Blaines Bewegungen nur kurz aus dem Blickwinkel, als er aus dem Sichtfeld verschwand, legte sie ihr Kinn in die Hände und starrte weiter nach draußen. Er sah es also genauso wie sie, hm?
    Aurore hörte das Rascheln von Kleidung und seine Frage drang irgendwann an ihr Ohr.
    "Ja. Das war ziemlich nützlich bei der Jagd." Sie rieb sich mit einer Hand die Schläfen. "Für mich war die Eiswüste nicht weiß. Für mich war sie violett und blau. Und die Beutetiere strahlten Rot." Das taten sie später auch in normaler Sicht, wenn sie eine Arterie traf.
    "Und du?"


    „Ich weiß es nicht“, antwortete er ehrlich. „Aber es ist höchstwahrscheinlich nichts gutes.“ – „Wahrscheinlich irgendetwas, das Schaden anrichtet oder mir noch mehr Glück beschert“, fügte er in Gedanken trocken hinzu.
    Ein weiteres Gähnen unterdrückend, gesellte er sich wieder zu Aurore, die nach wie vor ihren Blick der nächtlichen Schönheit zugewandt hatte. Er tat es ihr gleich und stützte seinen Kopf auf eine Hand, während die hellen Iriden im Dunkeln umherschweiften, die schwachen Silhouetten flüchtig musternd. Die Stille sorgte dafür, dass es für Blaine zunehmend schwieriger wurde, die Augen offen zu halten. Sie brannten ihm allmählich, sein Körper fühlte sich matt und ausgelaugt an, die Gliedmaßen glichen Bleigewichten. Erschöpfung und Müdigkeit trübten seinen Verstand, erschwerten ihm das Denken. Die kühle Nachtluft förderte das Ganze, weswegen sich ein lauter Gähner letztendlich nicht mehr vermeiden ließ. Die entstandenen Tränchen wurden mit dem Finger achtlos weggewischt.
    „Wie lange bist du eigentlich schon hier, wenn man fragen darf, und wie ist das Leben in dieser Irrenanstalt so?“ Leichte Neugier schwang in den Worten mit und Blaine sah seine Zimmergenossin aus dem Augenwinkel an.


    Blaine tauchte neben ihr auf, er schien Mühe zu haben, noch länger wach zu bleiben, aber wirklich verübeln konnte sie ihm das nicht. Ihr ging es schließlich auch nicht besser. Ihre Lider fielen immer mal wieder zu, sie kniff sich leicht in die Wange, damit sie nicht einschlief. Kopfschmerzen pochten in ihrem Schädel wie das Dröhnen der Autos, von denen sie bisher so wenige gesehen hatte.
    "Heute ist... der fünfzigste Tag", antwortete sie, nachdem Aurore kurz nachgedacht hatte. Es war eine lange Zeit und trotzdem hörte es sich an, als wären es nur ein paar Stunden gewesen. Die Tage verschwammen ineinander, weil sie immer und immer wieder die gleichen Dinge tat. Morgens stand sie auf, frühstückte, ging zu Pool, ging aufs Zimmer, las oder ging zum Unterricht. Abends kühlte sie sich noch einmal ab, dann ging sie ins Bett. Großartige Konversationen hatte sie bis dato nie gehalten. Ihr kam es reichlich komisch vor, sich ein Zimmer mit jemandem zu teilen, und dass sie plötzlich so redselig wurde, war ihr ebenfalls ein Rätsel.
    "Es ist okay", ging sie dann auf seine zweite Frage ein. "Nicht zu gut, nicht zu schlecht. Allerdings kann man sich ja bekanntlich an alles gewöhnen."


    Blaine verzog leicht die Mundwinkel, als er hörte, wie viele Tage Aurore hier schon wohnte. So lange gedachte er nicht zu bleiben, er würde dieses unkoordinierte Chaos gar nicht aushalten. Für seinen Geschmack lebten zu viele Leute an diesem Ort, der Lärm bei deren Zusammenkunft war grauenerregend und den viel zu hohen Temperaturen fühlte er sich hier schutzlos ausgeliefert. Die einzig kühle Zufluchtsstelle schien das Zimmer zu sein, das er sich wohl letzten Endes doch mit Roe teilen musste, und der Pool war ohnehin keine wirkliche Option für ihn. Er hasste es, seine Narben offen zur Schau zur stellen, weswegen er dem Mädchen auch in gewisser Weise dankbar war, das es sich vorhin nicht umgedreht hatte.
    „Ich würd’s wahrscheinlich nicht mal ‘ne Woche aushalten. Das Ganze hier kommt mir nicht geheuer vor, vor allem diese Alicia nicht…“ Den letzten Satz flüsterte er halb, mehr zu sich selbst als zu seinem Gesprächspartner. „Wer so viel preisgibt, hat meistens etwas zu verbergen“, drang es schwach aus seinen Gedanken, jedoch war Blaine im Moment zu sehr mit eigenen Überlegungen beschäftigt, um darauf zu achten. In seinem Kopf begann es wieder zu rotieren. Die Erinnerungen an die vergangenen Stunden und Tage sowie das Wissen, das die Direktorin ihnen vermittelt hatte, wurden noch einmal durchgegangen, im Versuch ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Nach einigen Minuten gab Blaine allerdings auf, er war einfach zu müde, um heute noch zu einem Ergebnis zu kommen. Das Einzige, was er davon hatte, waren stärkere Kopfschmerzen.
    Ein resignierender Seufzer entwich seiner Kehle, dem fast sofort ein ausgiebiger Gähner folgte. Der Neunzehnjährige schloss die Augen, um das stechende Brennen etwas zu mildern, kniff sich aber gleichzeitig fest in den Unterarm, um wachzubleiben.
    „Weshalb bist du eigentlich hier, wenn man fragen darf? Ich meine, uns steht es ja frei, zu kommen und zu gehen. Wir werden eingesammelt wie umherstreunende Tiere, mit der Begründung, hier seien wir sicher vor dieser Bruderschaft und diesen Bestien.“ Er machte eine kurze Pause und öffnete ein Auge leicht, mit dem er Roe fixierte. „Aber wenn ich ehrlich bin, traue ich dieser Frau kein Stück über den Weg und nachdem, was ich heute gesehen hab, bezweifle ich sehr stark, dass die Mauer diese Biester abhalten kann.“


    Blaine hatte also starke Zweifel, hm? Aurore seufzte und erwiderte das Gähnen dann. Sie war müde und kraftlos, und irgendwie verging ihr langsam die Lust, noch großartig Reden zu schwingen. Aber selbst sie wusste, dass es unhöflich war, Blaine einfach so stehen zu lassen. Und um ehrlich zu sein, hatte sie das Gefühl, dass es sozusagen ihre Pflicht war, ihm ein paar Informationen zu geben. Ihr hatte man diesen Gefallen nicht getan, sie hatte sich vieles selbst zusammenreimen müssen und das war keine sonderlich berauschende Aufgabe gewesen.
    "Alicia hat mich in Fortland abgeholt. Ich wusste sofort, dass sie kein normaler Mensch war. Die gingen mir bisher nämlich sonst immer aus dem Weg..." Oder haben mich in Gedanken schon entführt... oder schlimmeres. "Ich weiß nicht warum, aber ich traue ihr. Wieder so etwas, dass ich nicht erklären kann", meinte sie mit eine schwachen Lächeln. Je länger sie darüber nachdachte, desto dummer kam sie sich vor, tatsächlich von zu Hause weggegangen zu sein.
    "Fortland ist nicht gerade das, was du als interessant bezeichnen kannst. Ich habe viel gelesen und gelernt über die Welt, aber in Fortland konnte ich das alles nie sehen. Und auch jetzt kann ich nicht alles sehen, was ich sehen wollte... Aber hier gibt es so viele Dinge, die ganz anders sind als in Fortland..." Aurore hatte einen leichten, träumerischen Unterton. Ihr Blick lag auf dem Sternenhimmel. Ja, die Sterne hier waren anders, aber war das eigentlich so schlimm? Nein, eigentlich ja nicht. Sie dachte noch kurz über diese fremde Welt nach, dann registrierte sie Blaines letzten Satz. Ihre Augen weiteten sich und urplötzlich sprang sie aufgeregt vom Fenster weg, drehte sich zu ihm.
    "Heißt das, du hast die Viecher gesehen?!", stieß sie halb schockiert, halb begeistert aus. "Wie sahen sie aus? Wie kämpfen sie? Hatten sie Fell, oder doch eher Schuppen?!" Ihre Augen glänzten von wissenschaftlicher Neugierde.


    Blaine starrte seine Zimmergenossin entgeistert an, vollkommen überrumpelt von der jähen impulsiven Reaktion. „Dir geht’s schon noch gut, oder?“ Seine Worte hatten den typischen herablassenden Tonfall, dennoch hörte man ebenso eindeutige Verwirrung heraus.
    Es herrschte einige Momente Stille, in denen Blaine seine Fassung wieder aufbaute und mit einem genervten, resignierenden Seufzen schlussendlich nachgab. Roes stierender Blick war auf die Dauer recht unangenehm..
    „Ich hab nur eins von diesen Viechern gesehen. Allerdings reicht mir das vollkommen. Das Biest ist regelrecht Amok gelaufen, hat alles, was ihm grad vor die widerliche Schnauze kam, angegriffen und es ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel, wie wir das weitgehend heil überstehen konnten. Mich hat das Vieh zwar nicht wirklich fixiert, aber den ein oder anderen hat’s schon erwischt.“ Er machte eine kurze Pause und erwiderte Aurores wissbegierigen Blick, der an Intensität nichts zu verlieren schien. „Glaub mir, so ‘nem Ungeheuer willst du nicht begegnen. Dagegen sind deine Eisbären putzig. Von der Größe her stimmen sie zwar in etwa überein, aber das war’s auch schon wieder. Das Vieh sah aus wie ‘ne abartige Chimäre. Stark bemuskelt, kugelsichere Lederhaut, äußere Rippen am Brustkorb, eine Art Dinoschwanz ohne Schuppen und ein gehörnter Kopf, der an einen Löwen oder ‘ne andre Raubkatze erinnert, mit, nicht zu vergessen, ‘nem Maul voller klassischer, rasiermesserscharfer Zähnchen. Landest du da drin, zerreißt’s deinen kleinen Körper. Diese Missgeburt war keine schöne Begegnung, da würdest du, und viele andere wahrscheinlich auch, mit deiner Fähigkeit nicht weg kommen. Viel eher würdest du einfach dein Leben wegschmeißen.“ Sein Unterton war deutlich kühler geworden als sonst und in den hellen Iriden lag blanke Abscheu, jedoch nicht gegen Roe gerichtet. „Und damit du gegen solche Höllenbastarde kämpfst, damit du geradewegs in den Tod rennst, wurde dein Leben schon zerstört, bevor es überhaupt anfangen konnte.“ Der letzte Satz war eher geflüstert und regelrecht durchtränkt von Hass, der Verachtung in den Augen hatte sich dieser kleine Funken Wahnsinn beigemischt, der nur dann auftrat, wenn Blaine innerlich wirklich aufgewühlt war. Immerhin war ihm heute nach über zehn Jahren die Existenz seines persönlichen Teufels offenbart worden..


    Blaines schlechte Laune konnte Aurore nicht einmal ansatzweise beeindrucken. Sie folgte seinen Ausführungen über die Viecher, die ihn und ein paar andere Erleuchtete wohl angegriffen hatten, mit riesigem Enthusiasmus und saugte jedes Detail auf wie ein Schwamm. Unglaublich! Sonderbar! Interessant! Diese Wesen waren anders als alles, was sie bisher in Büchern gesehen hatte, sie schienen unglaublich! Wie gerne hätte sie eines davon gesehen! Dass die Ungetüme gefährlich waren... Naja, und wenn schon! Roes Augen strahlten, als sie sich von Blaine abwandte und eine Mappe mit Blättern herausholte, in denen sie die Beschreibung kurz festhielt. Munter vor sich hin murmelnd, um ja nichts zu vergessen, schmiss sie sich auf ihr Bett und schrieb schnell drauf los. Als sie Notizen sich dem Ende neigten, schwand die Euphorie auch schon wieder und zurück blieb eine etwas peinlich berührte Roe.
    "Tut mir Leid", wandte sie sich mit einem Seitenblick an Blaine, fuhr sich etwas zerstreut durch die Haare. "Das war... dumm."
    Sie verstaute den Ordner vorsichtig in ihren Nachttisch, dann schwang sie ihre Beine über die Bettkante.
    "Diesen Wesen zu begegnen" sie konnte die Begeisterung dafür noch immer nicht ganz aus ihrer Stimme verbannen. "muss sehr... schrecklich gewesen sein." Sie beobachtete ihn noch eine Weile, bis ihr, aufmerksam wie sie war, auffiel: "Du siehst müde aus. Für Fragen ist auch morgen noch Zeit, oder?"


    Aufwallender Groll wurde augenblicklich von einer erneuten Welle an Fassungslosigkeit überrollt. Aurore schien voller Euphorie über die neugewonnenen Informationen zu sein oder zumindest begeistert genug, um sich augenblicklich voller Elan an das Aufzeichnen dieser zu machen.
    Während seine Zimmergenossin vollkommen ins Schreiben vertieft war, schloss Blaine das Fenster, zog die Gardine vor und ging mit einem mehr als ausgiebigen Gähnen Richtung Bett, wo sich die alte Jeans zu den bereits am Boden liegenden Klamotten gesellte, ehe der Neunzehnjährige, nun mehr in Shirt und Boxershorts, sich auf die Matratze hockte, in einer halb sitzenden, halb liegenden Position.
    Aurore hatte ihre Tätigkeit unterdessen beendet und schaute ihn nach wie vor an, ihr Blick wurde unverwandt erwidert. „Ich sehe nicht nur so aus, Kleine, ich bin es“, erwiderte er ein wenig patzig. Er war allmählich in dem Stadium der Müdigkeit angekommen, in dem er die Augen kaum noch offen halten konnte und auf nahezu alles unfreundlich oder gar gereizt reagierte. „Ich bin knapp eine Woche ohne viel Schlaf auf Achse gewesen, demnach würde ich auch mal sagen, für heute ist Schluss.“ Er streckte sich ein letztes Mal, bevor er sich schließlich hinlegte. Sofort brachen Erschöpfung und Mattigkeit über ihn herein, alles, was er die vergangenen Tage weitgehend unterdrückt hatte.
    „Und ich hab schon weit aus schrecklicheres als diese Biester gesehen. Sie sind keine nette Bekanntschaft, aber auf dieser Welt gibt es eindeutig grausameres“, erklärte er knapp, die Stimme merklich ruhiger. Ein weiterer, lauter Gähner, der ihm genug Tränen in die Augen trieb, um sein Sichtfeld verschwimmen zu lassen, entwich ihm. Die Lider fielen zu und ehe man sich versah, war Blaine in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefallen.


    Roe starrte Blaine noch eine kurze Weile an, dann griff sie zum Tisch und hob ihre Tüte mit den Süßigkeiten darin hoch. Sie war bis auf ein letztes Himbeerbonbon restlos ausgeschöpft. Etwas seufzten, fischte sie dieses dann auch noch hervor und ließ es in ihrem Mund verschwinden, dann knüllte sie die Papiertüte zusammen und warf sie in den Korb in der Ecke des Zimmers. Aurore stand auf, nahm ihren Pyjama und verschwand damit für eine Weile im Bad, wo sie sich noch die Haare kämmte, die Zähne putzte und sich umzog. Als sie sich schließlich gähnend aufs Bett fallen ließ, sah sie noch einmal kurz zu ihrem Zimmernachbarn herüber und murmelte, auch wenn ihr klar war, dass er längst schlief "Gute Nacht, Blaine". Dann löschte sie auch ihre Lampe und legte sich schlafen.


    *


    Dumpfe Geräusche und ein drückendes Gefühl in der unteren Bauch- und Leistengegend weckten Blaine aus seinem Tiefschlaf. Die Sinne von Müdigkeit benebelt, aber gerade wach genug, um die fremden Klänge zu vernehmen, griff er aus einem instinktiven Impuls unter das Kissen, fand dort aber zu seiner Irritierung kein Messer vor wie sonst auch. Die Hand wanderte in Sekundenschnelle an die Hüfte, nach den Schlagstöcken tastend, als dem Jungen siedend heiß einfiel, dass diese ja an seiner Hose hingen. Und die lag auf dem Boden außer Reichweite.
    Ein leiser Fluch entglitt ihm. Es dauerte einige Momente, bis er soweit in die Realität zurückgefunden hatte, um sich zu erinnern, wo er war und dass von diesem Ort bisher keine Gefahr ausging. Ein grummelndes Stöhnen über eigene Dummheit erklang unter dem Bettzeug.
    Mit einem trägen Kopfschütteln richtete der Jugendliche sich auf. Sein Blick fiel zum Fenster. Draußen zeichneten sich die ersten schwachen Schatten des Sonnenaufgangs ab. Es war also noch viel zu früh.
    Die Decke wurde zurückgeschlagen, kalte Füße berührten eisigen Grund, der Druck im Unterleib nahm augenblicklich zu. Wüste Schimpfereien in seiner Muttersprache ausstoßend, tastete Blaine sich durch die Dunkelheit Richtung Tür.
    Schließlich trat er auf den leeren Gang hinaus, tapste schlaftrunken nach links, wo er den nächsten Sanitärraum vermutete. Die Augen drohten ihm mit jedem Schritt wieder zuzufallen. Der Weg war nicht weit, für geschundene, bleierne Gliedmaßen nichtsdestotrotz eine kleine Herausforderung.
    Vermutlich wäre er im Flur wieder eingenickt, hätte eine jähe Regung im Dämmerlicht ihn nicht erschreckt, dass er leicht zusammenzuckte und den Halbalbino unbewusst in Alarmbereitschaft fallen ließ. Seine Muskeln spannten sich an, die Haltung wurde gerade, der Blick unter den zusammengekniffenen, schweren Lidern lauernd. Lautlos ging er noch etwas voran, um besser erkennen zu können, was die Ursache der sprunghaften Bewegung war.
    Eine wohl männliche Gestalt in Unterhosen stand mit ausgestreckten Armen da, mit beiden Händen etwas ergriffen, was wie ein Schießeisen aussah. Mit der Waffe zunächst in seine Richtung gewandt, drehte er sich rasch, um wohl die andere Seite des Ganges zu bedrohen, ehe er nach einem Moment die Stellung wieder entspannte, irgendeine Geste im Gesicht vollführte und anschließend einfach im Zimmer verschwand.
    Blaine indes starrte mit weiterhin verkrampfter Haltung den Fleck an, an dem eben noch der Andere gestanden hatte, vollkommen konsterniert über das plötzliche Geschehnis und unfähig, sich die aufkommende Frage zu beantworten, was zur Hölle das eben eigentlich gewesen sein sollte. Er runzelte die Stirn, sein müder Blick unter zusammengezogenen Augenbrauen bekam einen düsteren Ausdruck. Missmut über den erlittenen Schreck sowie Zweifel am Verstand des fremden Jungen machten sich in ihm breit. „Hat der Kerl zu viel getrunken oder Paranoia-Anfälle, dass er gleich ‘ne Wand erschießen will?“, erklang es unwillkürlich ungedämpft. „Was ein Glück für ihn, dass die Wand schon tot ist.“ Er ließ ein abfälliges Schnauben hören. Selbst im Halbschlaf ließen sich die bissigen Kommentare nicht unterdrücken.
    Nun mehr mürrisch darüber wach zu sein, setzte er seinen Weg fort, die Müdigkeit übermannte ihn jedoch recht schnell wieder. Die Aufmerksamkeit war einzig darauf fixiert, nicht sofort einzuschlafen, weswegen es ihm auch entging, dass die Toilette, die er betrat, eigentlich für Frauen vorgesehen war.
    Kurze Zeit später öffnete sich die Tür wieder und eine verschlafene Gestalt torkelte zurück zu Zimmer 13, wo sie sich gähnend ins Bett fallen ließ, um den wohl verdienten Schlaf der Erschöpfung weiterzuführen.


    Als fahle Strahlen durch die Vorhänge drangen, stieß Roe ein genervtes Knurren aus. Sie war doch gerade erst eingeschlafen! Aurore versuchte verzweifelt, das nervige Licht mit ihrer Decke abzuschirmen, bemerkte aber schnell, dass da keine Decke mehr über ihr lag, die sie benutzen konnte. In einem letzten Verzweiflungsversuch bedeckte sie ihre Augen mit den Händen, aber auch das funktionierte eher weniger. Grummelig richtete sie sich auf, tastete blindlings nach der Decke auf dem Boden und rieb sich parallel übers Gesicht. Sie hörte leises Atmen, was sie erst einmal so erschreckte, dass sie aus dem Bett sprang, bis sie bemerkte, dass es nur Blaine war, der da in ihrem Zimmer schlief. An einen Mitbewohner würde sie sich wohl erst noch gewöhnen müssen.
    Etwas schwerfällig schleppte sie Roe mit ihren Klamotten ins Bad, wo sie sich nur notdürftig zurechtmachte. Demnächst würde sie Alicia um dickere Vorhänge bitten müssen, sonst würde sie immer so früh aufwachen müssen.
    Nur dass es nicht früh war. Mit einem kurzen Blick auf die Uhr stellte Aurore fest, dass das Frühstück in fünf Minuten beginnen würde, was auch die hastigen Schritte draußen erklärte.
    "Blaine!", rief sie ihren neuen Zimmernachbar, während sie sich hektisch die Haare kämmte. Aber dieser zeigte keine Reaktion. "Blai-haine!", versuchte sie es noch einmal etwas gereizter, bis ihr aufging, dass er so wohl nicht aufwachen würde. Roe eilte ans Bett und schüttelte ihn gut durch. "Blaine, wach auf! Wir haben verschlafen! In fünf Minuten gibt es Frühstück!"


    Dumpf drang der Klang einer fremden Stimme an sein Ohr. „Blaine!" In der Hoffnung, dem Schlaf nicht endgültig entrissen zu werden, zog er die Decke höher über seinen Kopf. Tatsächlich herrschte einige Sekunden lang Ruhe, ehe der Wüstling es erneut versuchte. "Blai-haine!" Zu der Hektik gesellte sich ein unwirscher Unterton. "Blaine, wach auf!" Er hörte sich selbst etwas Unverständliches ins Laken nuscheln. Plötzlich griffen zwei Hände nach ihm und begannen seinen trägen Körper kräftig zu rütteln. Am liebsten hätte er irgendetwas nach dem Sprecher geworfen, eines seiner Taschenmesser zum Beispiel, damit diese Störung endlich ein Ende fand.
    „Wir haben verschlafen! In fünf Minuten gibt es Frühstück!" Nur widerwillig drehte Blaine sich auf den Rücken, die Augen fest zusammengekniffen. Er blieb einen Moment in dieser Position liegen, ehe er ebenso zögernd ein Lider einen Spalt breit öffnete, um zu sehen, wer sich überhaupt erdreistete und so lebensmüde war, ihn zu wecken. Aurores Gesicht starrte ihn nicht gerade mit der besten Laune an. Er knurrte etwas in seiner Heimatsprache, hob aber schließlich seine Hand und versuchte sich die Müdigkeit aus den Augen zu reiben, ehe er diese, von einem lauten Gähner und halbherzigen Strecken begleitet, vollends aufschlug – und augenblicklich die erste Ladung des Tages abbekam. Sofort verfinsterte sich Blaines Mimik.
    "Guten Morgen, du alter-“ – „Verdammt, halt die Fresse!!“
    Innerlich und leise vor sich hin fluchend, schob er den Störenfried grob mit einem murrenden Laut soweit es ging von sich weg, bevor er die Decke zurückschlug und die Beine aus dem Bett schwang. Leichter Schwindel überkam ihn im selben Moment, in dem seine Füße den kühlen Boden berührten. Der Weißhaarige stieß ein kaum hörbares Geräusch aus, das wie ein Grunzen klang und presste eine Hand gegen die pochenden Schläfen, während er mit torkelnden Schritten zum Schrank ging, sich die erstbeste Jeans – ein graues Modell – raus fischte und sie mit einer harschen Bewegung anzog. Der Gürtel wurde von der alten entfernt und angelegt. Die Schlagstöcke klapperten dabei dumpf in der Halterung.
    Mit einem ausgiebigen Gähnen fuhr er sich mit beiden Händen grob durch die Haare und streckte sich danach einmal, dass die Knochen knackten. „Was meinst du, wie egal mir das ist, Kleine. Wir könnten auch ‘ne Viertelstunde zu spät sein“, bemerkte er trocken, die Stimme klang rau und schlaftrunken. Der Blick, mit dem er Roe bedachte, sprach nicht gerade von einer sonnenscheingleichen Stimmung.

    Roe verengte ihre Augen. Wundervoll, jetzt war er also auch noch ein Morgenmuffel. Als ob die beiden nicht schon genug Probleme miteinander hatten.
    "Oh, tut mir leid", fauchte sie gereizt, mit einem Hang ins hysterische, riss die Decke vom Bett und schüttelte sie einmal kräftig aus, ehe Roe sie unwirsch und vor allem unordentlich faltete, dann zum Schrank herüber wanderte und sich einen dünnen Pullover überzog. "Wenn du willst, kannst du ja gerne noch fünfzehn Minuten weiter schlafen, dann kannst du dich aber auch darauf einrichten, dass du bis heute Abend nichts vernünftiges mehr zu essen kriegst!" Aurore nahm sich den Stuhl und schaltete sie Klimaanlage wieder etwas höher.
    "Ich für meinen Teil habe jedenfalls Hunger", grummelte sie synchron mit ihrem Magen. Gestern hatte sie selbst für ihre Verhältnisse wenig gegessen, weil der blöde Schwindelanfall ihr in die Quere gekommen war, dementsprechend hungrig war sie nun auch. "Kommst du nun, oder nicht? Entscheid dich!" Vollidiot!


    „Entschuldigung ausnahmsweise angenommen“, entgegnete er mit einem spöttischen Lächeln, sein Unterton klang amüsiert. Den Rest der halb gefauchten Tirade ignorierte er gekonnt. Lust, dass ihm die Laune gleich so früh am Morgen wieder vollends versaut wurde, empfand er keine. Das würde im Laufe des Tages schon ein anderer Quälgeist übernehmen.
    Während Roe also munter vor sich hin schimpfte und sonst noch was trieb, zog Blaine sich seine Schuhe an und sammelte seine paar Habseligkeiten zusammen, die er anschließend in den Hosentaschen verstaute. Es war durchaus von Vorteil, wenn man nicht so viel Unnötiges mit sich rumschleppte wie manch Anderer. Man ersparte sich somit einen dieser nervigen Rucksäcke und es fiel deutlich weniger auf.
    Ein lautes Grummeln in der Magengegend erinnerte ihn daran, dass es Zeit für neuen Nachschub war. Mit einem schwachen Seufzer verließ er das Zimmer. Ein dumpfer Knall ertönte, als die Tür ins Schloss fiel und Aurore einfach zurückgelassen wurde.


    OT: Erster Teil des Gemeinschaftspost mit Cáithlyn
    Sheewa: Hoffe doch, die Umsetzung deiner Idee ist nicht allzu grausig geworden ^__^

    Kurze Zeit später stand der Halbalbino bereits in der Duschkabine und das Wasser lief in breiten Rinnsalen heiß seinen blassen Körper hinab. Einige Augenblicke verharrte er einfach in seiner Position, den Kopf leicht gen Strahl geneigt und die Lider geschlossen. Ein wildes Chaos an wirr umher spukenden Gedanken jagte durch sein Gedächtnis. Die Geschehnisse der vergangenen Stunden passierten immer wieder Revue – von der Ankunft auf dem Feld außerhalb der Stadt, über den Kampf mit dieser seltsamen Höllenausgeburt bis hin zum jähen Auftauchen des erstaunlicherweise ebenfalls weißhaarigen Mädchens, das ihm einen so überaus netten Empfang beschert hatte. Erstmals seit dem gestrigen Abend hatte Blaine die nötige Ruhe und Geistesgegenwart, um über die gesamte Situation nachzudenken, sie richtig zu verarbeiten.
    Bis vor kurzem war sein Alltag noch von makabrer Monotonie geprägt gewesen – ein konstanter Kreislauf, bestehend aus Einbrüchen, Diebstählen, Raubzügen und dem Verkehren mit den finstersten Gestalten der Gegend, wo nicht selten jemand sein Leben aufs Spiel setzte und verlor. Das alles hatte hauptsächlich seinem eigenen Vorteil und Überleben gedient, allerdings auch manches Mal nur seinem Spaß gegolten. Der Junge war nicht fähig, ein normales Leben zu führen. Ein fester Wohnsitz, Freunde, Familie und eventuell sogar ein Job. Ein geordnetes, an Regeln gebundenes Dasein. Es war ihm von Anfang an verwehrt gewesen. Und so sicherte er seine Existenz eben, indem er sich hingegen seines eigentlichen Willens auf dem Abgrund der Gesellschaft bewegte. Ein verzwickter Teufelskreis, der ihn Jahre lang festhielt.
    Dann hatten jäh seltsame Träume angefangen ihn heimzusuchen und er war ihnen aus unerklärlichen Gründen gefolgt. Quer durch Wejau, bis er schließlich Oscuras erreicht hatte und mit dieser wild zusammengewürfelten Gruppe konfrontiert worden war, die sich nun auch größtenteils hier in der Anstalt befand. Hergeführt von dubios wirkenden Gestalten, die von Auserwählten, leuchtenden Sternen und abstrusen Bruderschaften erzählten. Und ausgerechnet in diesem Ort sollte er nun – von heute auf morgen – ein Zuhause finden.
    Je länger der Neunzehnjährige darüber nachdachte, desto stärker wurden seine Kopfschmerzen und verworrener seine Gedanken. Egal wie er es auch betrachtete, welchen Blickwinkel er auch wählte, ihm erschien das Ganze vollkommen irreal. Sollte ein Sinn hinter alldem liegen, so entzog er sich ihm gänzlich. Weshalb war er überhaupt in den Bus gestiegen und mit den anderen hierher gefahren? Er hätte genauso gut wieder verschwinden und sein altes Leben einfach weiterführen können. Ohne weiter über das Geschehnis nachzudenken. Die wachsende Unruhe in ihm weiterhin ignorierend. Gab es denn überhaupt einen Grund, dass er all seine Feindlichkeiten und Kontaktscheue übergangen und den riskanten Sprung ins Ungewisse getan hatte? Ja, gab es – auch wenn der Junge es sich nicht eingestehen wollte. Er verspürte keinerlei Hass, nicht einmal Abneigung in der Nähe dieser Jugendlichen. Sie tolerierten ihn. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, existierte ein winzigster, fast verkommener Funken des Gefühls, das er bisher nur bei einer einzigen Person verspürt hatte...
    Mit einem so eindringlichen Kopfschütteln, dass sein Nacken schmerzte und das Pochen hinter seiner Stirn gewaltige Ausmaße annahm, versuchte er die Gedanken zu verdrängen. Er wollte nicht mehr darüber nachdenken! Es brachte ohnehin nichts als weitere Verwirrung. Das Ganze war es einfach nicht wert..


    Als er nach einer geschätzten halben Stunde schließlich aus der Dusche trat, war die Müdigkeit zwar halbwegs verflogen, er fühlte sich aber dennoch erschöpft, ja, beinahe zermartert. Seine Glieder waren noch schwerer, als hätte jemand seine Muskeln durch Blei ersetzt; der Kopf pochte heftig, wenn auch etwas schwächer als zuvor und die Schmerzen in seinem Oberarm waren seltsamerweise noch nicht vollständig verebbt.
    Als seine steifen Finger nach einem Handtuch griffen, fiel sein Blick in den großen Spiegel an der Wand gegenüber. Ein hochgewachsener junger Mann mit kurzen, schneeweißen Haaren schaute ihm aus schmalen, kalt wirkenden Augen eisblauer Färbung entgegen. Der gesamte Körper war von Narben in den unterschiedlichsten Formen und Größen übersät. Manche von ihnen sah man deutlich, andere wiederum waren mit der Zeit ein wenig verblasst. Ansätze der auffälligsten, die fast seinen ganzen Rücken bedeckte, konnte man an den Schultern erkennen.
    Ein abfälliges Schnauben über das eigene Spiegelbild erklang. Der Blick wurde kopfschüttelnd abgewandt, sich rasch abgetrocknet, die Kleidung wieder angezogen und der Raum mit schnellen, harten Schritten verlassen.


    Keine Minute später stand Blaine schon vor der Zimmertür, die Hand unschlüssig auf die Klinke gelegt. Von der anderen Seite drang kein einziges Geräusch zu ihm, was ihn misstrauisch machte. Hatte dieser Giftzwerg einen weiteren Anschlag auf seine körperliche Unversehrtheit vor? Lauerte sie mit ihrem scharfen Spielzeug darauf, dass er unachtsam eintrat? Zugegebenermaßen klangen diese Spekulationen vielleicht etwas lächerlich, aber der Junge traute diesem Individuum so ziemlich alles zu – vorallem nach einem solchen ersten Eindruck. Andererseits würde sie ihm ohnehin nicht allzu viel anhaben können.
    Entschlossen öffnete er die Tür und trat ein. Vollkommene Stille empfing ihn augenblicklich und Blaine starrte ehrlich überrascht den Anblick an, der sich ihm soeben bot. Die Kleine lag auf ihrem 'neuen' Bett, die Augen geschlossen, leise und regelmäßig atmend. Sie schlief seelenruhig. Neugierde über die ungewohnte Situation keimte jäh in dem Jugendlichen auf. Darauf bedacht sie unter keinen Umständen zu wecken, schlich er zu ihrem Schlafplatz und hockte sich mit etwas Abstand davor, ihr Gesicht neugierig musternd. Jegliche Feindseligkeit war aus ihrer Mimik gewichen. Ihre Position zeugte von einem ruhigen Schlummer. Sie wirkte so ungewöhnlich friedlich. Irgendwie verwundbar.
    Blaine befand sich zum ersten Mal in einer solchen Lage und war dementsprechend überrascht und etwas ratlos. Sollte er sie vielleicht wecken? Immerhin hatte auch er so einige Fragen an sie. Sein Blick fiel auf das alte Buch neben ihr. Es war geschlossen, ein einzelner Finger als Lesezeichen zwischen die Seiten geklemmt. Was hatte sie während seiner Abwesenheit gelesen? Leichte Skepsis mischte sich den befremdlichen Empfindungen zu. Vorsichtig griff er nach dem Einband. Mit einer kurzen Bewegung war das Buch aufgeschlagen und die fleckige Seite, wo das Mädchen zuletzt aufgehört hatte, offen zu sehen. Flüchtig huschten seine Augen über die Buchstaben. Es ging um Ardona – seinen Heimatskontinent. Was hatte sie wohl damit gewollt?, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf, als plötzlich ein gellender Gong ertönte und den erschreckten Jungen sichtlich zusammenzucken ließ.


    *


    Es war noch nicht viel Zeit vergangen, seit die süße Bewusstlosigkeit sie eingelullt hatte, da tönte schon der Gong durch die Gänge. Roes Augen zuckten kurz, und genervt murmelnd zog sie sich das Kissen über den Kopf, aber das schrillende Geräusch ließ nicht nach.
    "Warum ausgerechnet jetzt?", jammerte sie in ihrer Heimatsprache. Dabei hätte ein wenig Ruhe ihr sicherlich nicht geschadet. Diese Hitze machte sie noch immer fertig, obwohl man meinen sollte, dass man so etwas nach über einem Monat eigentlich gewöhnt sein müsste. Aurore grummelte noch etwas vor sich hin, warf das Kissen gegen die Wand und öffnete die Augen. Sie hatte den Kopf in Richtung Blaine gedreht, der wohl vom Dong erschreckt worden war. Sein verwirrter Gesichtsausdruck ließ es zumindest so wirken. Roe hievte sich hoch und setzte sich erst einmal auf, rieb sich die goldenen Augen und strich die weißen Strähnen aus dem Gesicht. Wie lange hatte sie eigentlich geschlafen? Naja, er war auf jeden Fall vom Duschen zurück, es musste also schon eine Weile gewesen sein.
    Roe gähnte noch einmal herzhaft, bevor ihr das Buch in Blaines Händen auffiel. Sofort war sie hellwach. Mit einer schnellen Bewegung riss sie es zurück an sich, presste es mit einem fast schon panischen Blick an ihre Brust und sah dann nach, ob es unbeschadet war. Sie seufzte erleichtert aus, als dem so war. Erst überlegte sie, ihn zurechtzuweisen, einfach so an andere Leute Dinge zu gehen. Aber sie hatte sich noch vor dem Einschlafen vorgenommen, ihm gegenüber nicht mehr feindselig zu sein. Jedenfalls so lange er sich benahm.
    "Nicht nehmen", wandte sie sich leise an Blaine, der sie ansah. "Es ist mir sehr wichtig." Dieses Buch war das erste gewesen, dass man ihr geschenkt hatte. Nur deswegen wusste sie überhaupt so viel, nur deswegen bestand ihr Leben nicht nur aus Schnee und Tieren und Blut.


    *


    Erneut zuckte der Jugendliche leicht zusammen, als das Mädchen ihm mit einer hastigen Bewegung das Buch entriss und ihn auf diese Weise überraschte. Sie presste es sich an die Brust, fast als hätte der Junge die Absicht gehegt, es in unzählige Fetzen zu zerreißen. In ihren bernsteinfarbenen Augen glimmte ein panisch wirkender Ausdruck. Deutliche Verwirrung zeichnete sich auf Blaines Gesicht ab. Hatte er irgendetwas Falsches gemacht? Ungewollt durch missverständliche Gestiken zu verstehen gegeben, dass er gezielte Beschädigungen an diesem Stapel bedruckten Papiers plante? Offenbar ja, zumindest machte die Reaktion seines Gegenübers den Anschein, was die knappen Worte ihrerseits nur noch zusätzlich unterstrichen.
    Ein müde klingender Seufzer entwich seiner Kehle, als er beschwichtigend die Hände hob, im halbherzigen Versuch die Kleine zu beruhigen. "Ganz ruhig, okay? Ich hatte keineswegs die Absicht dir dein wertvolles Buch wegzunehmen. Ich war nur neugierig, was du da gelesen hast, das ist alles. Also kein Grund die Nerven zu verlieren." Er war darum bemüht, einen entspannten Tonfall anzuschlagen, es ließ sich jedoch nicht verhindern, dass seine Worte leicht genervt klangen. Zwischenmenschliche Dinge waren nahezu unerforschtes Gebiet für ihn. Wurde er damit konfrontiert, fühlte er sich in kürzester Zeit vollkommen überfordert. Was hier allmählich der Fall war.
    Er holte einmal tief Luft, bevor er fortfuhr. "Du hast dich über Ardona informiert, wenn ich das richtig gesehen hab'. Darf man fragen, wieso?" Der Grund interessierte ihn etwas weniger, viel mehr versuchte er irgendwie das Ganze in eine willkürliche Richtung zu wenden, war ihm die Situation doch zunehmend unangenehm. "Im Übrigen schuldest du mir noch eine Vorstellung. Und was war das eben für ein Gong?"


    *


    Roe stand vorsichtig auf und stellte das Buch zurück an seinen Platz im Regal. Sie strich mit den Fingern über den Einband und lächelte leicht.
    "Bin jemandem begegnet, der aus Ardona kommt. Wollte mehr darüber wissen", wandte sie sich an Blaine.
    "Der Gong bedeutet Mittagessen. Wir sollen in die Cafeteria", klärte sie ihn dann noch auf. Schnell ging sie zum Kleiderschrank, wo sie ja immer noch nicht sonderlich viel trug. Die anderen waren nicht sonderlich begeistert gewesen, als sie das letzte mal nur im Bikini gekleidet zum Essen gegangen war, das hatte selbst Roe erkannt. Sie nahm sich ein Shirt und ein Hose, schlüpfte hinein und nickte zur Tür.
    "Komm mit", wies sie ihren Zimmerpartner an und verließ das Zimmer. Als sie sich umsah und merkte, dass er folgte, ging sie neben ihm.
    "Aurore Leilani Sajai. Aus Fortland", stellte sie sich vor, als ihr bewusst wurde, dass er nach ihrem Namen gefragt hatte. Roe rang sich sogar zu einem kleinen Lächeln durch.


    *


    Wenn Blaine dachte, seine Verwirrung, ausgelöst durch Roes Verhalten, könne sich nicht mehr steigern, so hatte er sich deutlich geirrt. Ihr offenes, wenn auch kleines Lächeln überraschte ihn weit mehr als die hektische Rettungsaktion ihres so heißgeliebten Buches. Noch nie hatte ihn jemand angelächelt, geschweige denn ihm gegenüber die Nerven behalten. Was war nur mit ihr los? Dieses Mädchen entpuppte sich zunehmend als wandelndes Rätsel.
    Als er nun neben ihr hergehend die Gänge durchquerte, bemerkte er wie sich allmählich Unbehagen in ihm breitzumachen begann, das mit jedem zurückgelegten Schritt noch zusätzlich wuchs. Wie sollte er sich nun verhalten? Ebenfalls lächeln? Sich noch einmal, diesmal gescheiter, vorstellen? Blaine spürte, wie erdrückende Überforderung ihn übermannte. Er atmete mehrmals tief durch. Man durfte ihm seine Irritation unter keinen Umständen ansehen! Was für ein Bild würde das von ihm übermitteln? Sicherlich nicht das gewünschte.
    Der Junge räusperte sich hörbar, ehe er sich schließlich zu einer etwas besseren Vorstellung durchrang. "Blaine Grynder. Aus...Ardona..", erklärte er knapp, wobei sein Ton leicht schwankte. Der Versuch, die Stille zwischen ihnen, die ihm so schwer auf die Nerven schlug, zu unterbrechen, ohne dass man ihm etwas von seinem konfusen Gemütszustand anmerkte, war somit offiziell und kläglich gescheitert.
    Doch Zeit sich darüber großartige Gedanken zu machen, hatte der Jugendliche nicht, da sich plötzlich lautstark jemand meldete, der die vergangene Stunde so verdächtig ruhig gewesen war..


    *


    Roe war ein wenig verwundert darüber, dass Blaine auf ihre kurze Vorstellung so ruhig wurde und hartnäckig ihren Blick vermied. Sie hatte eigentlich erwartet, dass er sich über den dämlichen Namen lustig machte, oder zumindest anfing sie damit aufzuziehen, dass sie tatsächlich gelächelt hatte, aber nichts davon. Tatsächlich blieb er eine Weile lang still, in der Roe versuchte, seine Körpersprache zu deuten. Augen, die durch die Gegend huschten, Finger die an seiner Kleidung spielten. Das waren normalerweise Zeichen für Nervosität. Aber so wie Roe ihn einschätzte, musste sie sich irren.
    Schließlich unterbrach er die Stille. Die anderen waren wohl schon vorgeeilt, zumindest begegnete sie keinem anderen Bewohner. Aurore hatte sich auch ziemlich viel Zeit beim Aufwachen gelassen, schließlich aß sie ohnehin nicht sonderlich viel, wenn überhaupt. Er kam also auch aus Ardona. Merkwürdig. Hong und er hatten gar keine Ähnlichkeit. Um ehrlich zu sein sahen sich Roe und Blaine wesentlich ähnlicher. Beide hatten weißes Haar, waren blass und dünn... Und scheinbar mochten beide es nicht, unter Leuten zu sein. Sie nahm die Information mit einem Nicken und einem "Hm" zur Kenntnis.


    ***


    „Jetzt komm schon! Klär mich auf, weshalb du dich bei der Kleinen so dämlich anstellst, Blainy! Verschlägt‘s dir etwa den Atem, dass sich ‘n Schnittchen wie sie nicht schreiend davon rennt~?“
    Der süffisant gewählte Tonfall entfaltete allmählich die gewünschte Wirkung. Die Verstimmung Blaines war mittlerweile tief verwurzelt und das innige Verlangen, mental Gift und Galle zu spucken, ließ sich kaum noch unterdrücken. Zumal es ihm zunehmend schwerer fiel, die Fassade kompletter Ignoranz aufrechtzuerhalten, an der die provokativen Kommentare Zeros abprallten. Schon seit geraumer Zeit seichte dieser dort oben munter vor sich hin und mindestens genauso lang war sein Gegenpart auch schon versucht, der aufkeimenden Auseinandersetzung Paroli zu bieten, indem er sich zu keinerlei Reaktionen zwang.
    Der Junge atmete mehrmals tief durch. Er durfte unter keinen Umständen die Nerven verlieren. Sich ausgerechnet jetzt die Blöße zu geben, konnte gravierende Nachwirkungen mit sich bringen, auf die er auch gut und gerne verzichten konnte. Allein der Gedanke an Aurores Gesicht, wenn er plötzlich die Kontrolle verlor, reichte vollkommen aus, ihn erschaudern zu lassen. Also hielt er den Angriffen weiterhin tapfer stand, während er gleichzeitig darum bemüht war, sich nichts anmerken zu lassen.
    Inzwischen hatten sie die Caféteria betreten und der intensive Geruch von Tomatensoße empfing sie. Über den gesamten Raum verteilt standen zahlreiche Tische, an denen es nur so von Jugendlichen wimmelte. Lautes Stimmengewirr, gelegentlich von einem Lachen begleitet, drang aus allen Ecken. Skepsis machte sich augenblicklich in dem Neunzehnjährigen breit. Hier würden sie also künftig zum Essen zusammenkommen? Keine besonders reizvolle Aussicht. Für seinen Geschmack war es hier eindeutig zu voll. Wohin man auch schaute, erblickte man Leute. Genug Platz war zwar vorhanden, das änderte jedoch nichts daran, dass er große Massen absolut nicht ausstehen konnte. Vom schwankenden Geräuschpegel ganz zu schweigen.
    Ein hörbarer, genervt klingender Seufzer entglitt ihm, als er Roe durch die Kantine folgte. Das konnte sicherlich noch lustig werden...


    *


    Als sie die Türen zur Cafeteria aufstieß, drang Lärm an Roes Ohren, der sie augenblicklich etwas zurückweichen ließ. Obwohl sie schon eine geraume Weile mit den anderen Erleuchteten zusammen aß, konnte sie sich immer noch nicht an die fürchterliche Lautstärke gewöhnen, die ihren Kopf zum Schwirren brachte.
    Die einzigen lauten Geräusche, die sie gewohnt war, waren die Schüsse ihres Gewehrs und hin und wieder ein lautes Jaulen eines Beutetieres, wenn sie daneben getroffen hatte.
    Hier allerdings, wo sie sich nicht vom Lärm zurückziehen konnte, wo sie dazu gezwungen wurde hier zu bleiben, wenn sie tatsächlich etwas nahrhaftes essen wollte (Süßigkeiten zählten zu ihrem Leidwesen nicht dazu) fühlte sie sich sofort unwohl. Roe wählte für sich und Blaine, der ihr bereitwillig folgte, einen Platz fernab von den lautesten Geräuschquellen. Sie nickte Alicia kurz zu, als sie ihren Tisch passierten. Das blasse Mädchen legte die Jacke, die sie aus obligatorischen Gründen mit sich durch die Gegend trug auf eine Bank ganz weit hinten und wandte sich dann an Blaine.
    "Heute gibt es Pasta. Stell dich einfach an die Theke und halte den Teller hin." Aurore wartete einen kurzen Augenblick auf Fragen, als die dann allerdings nicht mehr kamen, drehte sie sich schließlich selbst um und drängte sich durch die anderen Erleuchteten vorbei zur Ausgabestelle. Sie schaute der grimmigen Köchin nicht in die Augen, die ihr bewusst eine kleinere Portion gab, als die der anderen. Roe aß nicht viel, weil ihr Körper immer noch auf Sparmodus eingestellt war. Außerdem sorgte das fremdartige Fleisch, zumindest wenn sie es in größeren Mengen aß, bei ihr für Übelkeit. Mit einem leisen Dank drehte sie sich wieder um und suchte sich dann ihren Weg zurück zum Tisch, wo sie dann auf Blaine wartete.


    *


    Während seine Zimmergenossin sich wacker durch die Menge schlug, stand Blaine etwas abseits des Geschehens und wägte ab, ob er ebenfalls etwas zu sich nehmen sollte. Ein anormal lautes Knurren aus der Magengegend schaffte der Entscheidung jedoch recht schnell Abhilfe. Wortlos reihte er sich an der Theke an, um kurz darauf mit einem voll beladenen Teller zum Tisch zurückzukehren. Aurore saß bereits auf ihrem Platz und widmete sich still ihrer kleinen Portion. Der Jugendliche ließ sich mit etwas Abstand neben ihr nieder und begann, zunächst zögernd, schließlich an Tempo gewinnend, Gabel für Gabel die Nudeln zu vernichten.
    Unterdessen hatte die augenscheinliche Herrin dieses Hauses das Wort ergriffen, in der verkündeten Absicht, den Neuankömmlingen „eine kleine Einführung“ zu geben. Was sie allerdings zu erzählen hatte, klang nach weit aus mehr.
    Während Blaine der Ansprache nun mit voller Aufmerksamkeit folgte, zogen sich mit jedem Wort preisgegebener Informationen die Augenbrauen ein Stückchen weiter zusammen, bis die gesamte Mimik des Jungen schlussendlich von entgeisterter Ungläubigkeit gekennzeichnet war, als Alicia geendet hatte. Das Besteck ruhte mittlerweile wieder auf dem fast leeren Teller. Der Appetit war vollends verflogen. Zu groß war die Irritierung, um dem aufkeimenden Chaos in ihm jetzt noch rechtzeitig Herr zu werden. Gedanken und verdrängte Erinnerungen jagten wild durch seinen Kopf, schrien alle gleichzeitig nach seiner Aufmerksamkeit.
    Plötzlich machten erschreckend viele Dinge in seinem Leben, die zuvor wie ein Buch mit sieben Siegeln erschienen waren, einen, wenn auch schwer verständlichen Sinn. Der Zusammenhang war vollkommen abstrus, in gewisser Weise fast schon lächerlich und Blaine war durchaus dazu verleitet, das Ganze kopfschüttelnd als billiges Märchen abzutun. Diese Versammlung suspekter Gestalten, insbesondere die junge Frau, schlichtweg des Lügens zu bezichtigen. Ihre Worte wirkten ohnehin nicht wirklich realitätsnah.
    Er glaubte es gern, dass andere Menschen die Schuld am Verlauf seines bisherigen Daseins trugen. Immerhin verfolgte das verheerende Unglück ihn gewissermaßen seit dem Zeitpunkt seiner Geburt, ohne dass er auch nur im Ansatz etwas dafür getan hatte. Allerdings kam er mit der vermeintlichen Ursache, der Quelle des Ganzen, nicht zurecht. Irgendwelche verrannten Sektenbrüder, die sich selbst wohl als Herren der Welt ansahen, hatten in ihrer Paranoia also etwas heraufbeschworen, was ihn zu dem machte, was er heute war. In der Absicht humane Waffen gegen diese widerwärtigen Ungeheuer in der Hand zu haben, hatten sie nach Alicias Worten nicht einmal davor zurückgeschreckt, den ausgewählten Opfern ihres perversen Spiels etwas so Essentielles wie die vertraute Bindung zu anderen Menschen wegzunehmen. Das, was im Endeffekt die Grundlage seiner persönlichen Hölle bildete…
    Das erste Mal nach langer Zeit brach der so tief in ihm verwurzelte Hass auf diese ignoranten Kreaturen wieder durch, die es allen Ernstes wagten, sich selbst homo sapiens zu nennen. „Der weise Mensch“ – Blaine liebte die unglaubliche Ironie hinter jenem Namen, der von der Selbstgefälligkeit dieser verdorbenen Spezies, der selbsternannten Krönung der Schöpfung, nur so troff. Dank ihnen war er nun also – zumindest in den Augen der Bruderschaft – zu einer menschenähnlichen Vernichtungsmaschine degradiert worden, die keine Rechte besaß? Alicia hatte zwar beteuert, dass hier niemand die machtgierigen Finger nach ihnen ausstrecken konnte, wirklich Glauben schenkte er ihr jedoch nicht. Zu verworren und irreal erschien ihm das zunehmende Ausmaß des Ganzen. Außerdem wollte er es weder wahrhaben noch akzeptieren…


    Während Blaine gedanklich beschäftigt gewesen war, hatten die Anderen begonnen Fragen zu stellen, deren Antworten die Direktorin lieferte. Nur mit halbem Ohr verfolgte er das Geschehen, so manche Auskunft war zwar informativ, über die Maße interessant allerdings nicht. Seine Aufmerksamkeit wandte sich schließlich ganz ab, als die blonde Scheinsoldatin und irgendein anderer Kerl einen Streit vom Zaun brachen, in dem auch sogleich die Schießeisen gezückt wurden. Sollten sie sich doch gegenseitig die Schädel einschlagen, wenn ihnen danach war. Blaine würde sie jedenfalls nicht daran hindern, das überließ er den Jugendlichen, die tollkühn genug waren, sich, mit dem Vorhaben zu schlichten, einfach einmischten.
    Darauf fixiert den steigenden Lautstärkepegel auszublenden und seine mittlerweile erneut aufgekratzten Nerven – „hat man hier eigentlich auch mal irgendwann seine gottverdammte Ruhe?!“ – zu behalten, fokussierte er seine Aufmerksamkeit auf seine Gedanken. Oder versuchte es, um genauer zu sein. Denn Konzentration bei solch einem Lärm aufzubauen, erwies sich als äußerst schwere Aufgabe.
    Allmählich brodelte die Wut von gestern Nacht wieder in ihm auf. Der Kopf dröhnte inzwischen wesentlich heftiger als zuvor, das Pochen hinter der Stirn hatte noch gewaltigere Ausmaße angenommen. Herrschte nicht bald Stille, würde er verschwinden, bevor er die Beherrschung verlor. Das Chaos, das im Moment die Kantine heimsuchte, war nicht gerade förderlich für die schlechte Laune eines übermüdeten Jungen, dessen Selbstbeherrschung ohnehin eine recht niedrige Schwelle innehatte und der in den unangenehmsten Fällen auch zu eigenen Maßnahmen griff.
    Bevor es allerdings dazu kommen konnte, sorgte Alicia schon auf energische Weise für Ruhe und Ordnung, wofür Blaine ihr doch tatsächlich dankbar war. Sie stauchte die Gruppe wegen mangelnder Rücksicht zusammen, was bei Vielen schuldige Mimiken hervorrief. Es folgten die letzten Antworten und kurze allgemeine Infos, ehe sie kurz darauf mit der aufgelösten Mumie auf dem Arm die Caféteria verließ.


    Endlich konnte er hier raus. Regungslosen Ausdrucks nahm er kurzerhand seinen Teller und stellte ihn auf einen metallenen Servierwagen. Im Vorbeigehen nickte er Roe kurz zu und setzte sie mit einem knappen „Bin weg“ in Kenntnis über seinen Abgang. Keinen Moment später war er auch schon aus der Mensa verschwunden.


    Laut Alicia befand sich das „Textillager“ im Erdgeschoss, Zimmer sieben. Er würde diesem einen kurzen Besuch abstatten, um sich das Nötigste zu holen, danach konnte ihn der Rest bis zum nächsten Morgen mal kreuzweise. Draußen war es inzwischen dunkel geworden und Blaines Kampf gegen die wachsende Müdigkeit wurde langsam aber sicher schwerer. Ein lautes Gähnen entfuhr ihm, als nun durch das untere Stockwerk des Wohnhauses geisterte. Der gesuchte Raum war recht schnell gefunden, die Tür stand sperrangelweit offen und Licht durchflutete die nahe Umgebung des Flures. Drinnen empfingen ihn lieblos durchwühlte Haufen bunten Stoffes. Immerhin lagen Kleidungsstücke und Bettwäsche der Übersicht halber separat, sodass er sich rasch bedienen konnte, ohne unnötig Zeit zu verlieren. Einige Handgriffe genügten und es dauerte keine fünf Minuten, bis er mit einigen Muskelshirts, Jeans und T-Shirts unter dem einen Arm und dunklen Bezügen unter dem anderen wieder Richtung Treppe marschierte.


    Der Weg zu seinem und Roes Zimmer verlief ereignislos. Niemand begegnete ihm, da er praktisch sofort aus der Caféteria gestürmt war, kaum dass Alicia sie offiziell entlassen hatte. So erreichte er also allein den Raum und widmete sich ebenso für sich dem Beziehen des Bettes.
    Ihm war es nur recht, er hatte für heute mehr als genug Gesellschaft gehabt. Zumal er somit endlich die nötige Ruhe hatte, alles richtig zu verarbeiten. Der Schock, den er vorhin – ausgelöst durch Alicias Rede – erlitten hatte, saß ihm noch immer tief in den Knochen. Er wollte das Ganze einfach nicht hinnehmen. Seine Daseinsberechtigung bestand in den Augen dieser (pardon) Bastarde also nur darin, dass er, wie so viele andere unglückliche Seelen scheinbar auch, als lebende Waffe gegen jene blutgierigen Bestien fungierte? Dass er still Folge zu leisten hatte, wenn ihm befohlen wurde, sein Leben wegzuwerfen und blindlings in den Tod zu rennen? Ganz sicher nicht! Mochten diese Geisteskranken doch ihr perfides Spielchen treiben, wenn sie wollten. Er kannte sich bestens mit Spielen aus, befand er sich doch seit knapp fünfzehn Jahren in einem gegen die gesamte Welt. Wagten sie es jemals ihre schmierigen Finger nach ihm auszustrecken, würde er sie das gesamte Ausmaß dessen spüren lassen, was sich all die Jahre über in ihm aufgestaut hatte. Dank ihnen hatte er dem Teufel die Hand geschüttelt. Dank ihnen war er mit dem alles verzehrenden Gefühl des Hasses nur allzu vertraut. Dank ihnen war aus dieser bodenlosen Tiefe Zero geboren worden. Und genau jener würde sicherlich mit allergrößter Freude seinen indirekten Erschaffern auf seine ganz persönliche Weise danken..


    Schließlich war das Bett bezogen und die Kleidung achtlos in einen Schrank gepfeffert. Die Erschöpfung drohte wieder Blaine wie eine Sintflut zu übermannen, die Gedanken, die ihn seit dem Essen heimsuchten, ließen ihm jedoch keine Ruhe. Er würde nicht einschlafen können, solange sie unstet durch seinen Kopf jagten. Allerdings war er bereits zu müde, um sich jetzt noch aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen. Eine Ablenkung war nötig. Kurzerhand entschied sich der Jugendliche für einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft. Draußen war es sicherlich angenehm kühl und er zog die Nacht dem Tag ohnehin vor. Zumal Aurore bisher noch nicht zurückgekehrt war.
    Entschlossen steuerte Blaine den Zimmereingang an und drückte das kalte Metall der Klinke runter. Die Tür öffnete sich und der Anblick, der sich ihm im selben Moment bot, ließ ein gehässiges Grinsen auf seinem Gesicht erscheinen. Ein lautes Räuspern seinerseits erklang, ehe er Laverne mit einem süffisanten Tonfall ansprach.
    „Sieh an, wenn das nicht unser zu klein geratener Clown ist~ Was treibt dich denn hierher? Sag bloß, wir sind ab heute Nachbarn~“


    OT: Und Teil 2 des Gemeinschaftspostes mit Cáithlyn.
    @TheSnob: Ich hoffe, das stört dich jetzt nicht, aber ich konnte einfach nicht widerstehen xD.

    Ein unangenehmes Gefühl weckte Blaine. Noch ehe er aus seinem traumlosen Schlaf gänzlich in die Realität zurückgekehrt war, streckte er die langen, erstaunlich schlanken Finger nach dem Gegenstand auf seinem Schoß aus und umschloss diesen intuitiv. Eine Rückwirkung seines Daseins als Delinquent, wo die Gefahr zum stetigen Verfolger wurde, den man an fast jedem Winkel eines Ortes anzutreffen vermochte.
    Das Metall, das er zu fassen bekam, fühlte sich kühl und glatt auf seiner Haut an und löste ein leichtes Empfinden von Sicherheit in ihm aus. Mit einem raschen Handgriff schnellte die Klinge aus ihrem matt schimmernden Gehäuse hervor und der Junge nahm das gestrige Spiel wieder auf, während sein noch von Müdigkeit getrübter Blick aus dem Fenster starrte, ohne das Vorüberziehende wirklich wahrzunehmen.
    Erst als die Geschehnisse des vergangenen Abends ihn wieder einzuholen begannen, erinnerte Blaine sich daran, wo er sich überhaupt befand und weshalb er hier war. Er verfluchte sich innerlich. Was zur Hölle war in ihn gefahren, dass er so unvorsichtig geworden war? Mochte er die letzten Nächte auch hauptsächlich durchgemacht haben und sein Körper vor Erschöpfung schreien, er hätte niemals tiefer als in einen schwachen Dämmerzustand fallen dürfen! Wusste der Teufel mit was für fragwürdigen Gestalten er hier durch die Gegend fuhr, geschweige denn, was in deren Köpfen alles rumspukte!
    Manch einem wäre das Misstrauen des Weißhaarigen wohl äußerst seltsam vorgekommen, wenn man bedachte, dass ein Großteil seines Umfeldes spontan zusammengewürfelte Jugendliche bildeten, die sich mehr oder weniger in derselben ratlosen Position befanden wie er. In seinen Augen jedoch gab es allen Grund stets auf der Hut zu sein und niemandem voreilig ohne Argwohn zu begegnen. Zu oft hatte ihn solche blinde Naivität früher schon in den Abgrund gestoßen. Viel zu oft. Zugegebenermaßen verhielt er sich gelegentlich vielleicht etwas paranoid, sich dies aber selbst einzugestehen, dafür war er schlichtweg viel zu stolz.
    Mit einem genervten Seufzer ließ der Jugendliche sich in seinem Sitz zurücksinken, nachdem sein Körper zuvor unbewusst in eine angespannt verkrampfte Haltung gefallen war, die er nun wieder löste. Während seines mehr oder weniger ungewollten Ruhezustandes hatte sich anscheinend nichts ereignet, was wirklich von Bedeutung wäre beziehungsweise ihn direkt betroffen hätte. Es bestand also offensichtlich kein Grund zur Alarmbereitschaft. Bisher jedenfalls.
    Er ließ das Taschenmesser – mittlerweile gelangweilt davon – kurzerhand wieder zuschnappen und in seiner Hosentasche verschwinden, ehe sein Blick müde zum Fenster zurückkehrte.


    Die Zeit verstrich, ohne dass Blaine sich wirklich rührte. Den Kopf auf die linke Handfläche gestützt und den Arm teils gegen das Glas gelehnt, starrte er nahezu apathisch die vorbeiziehende Landschaft an. Mit jedem Kilometer, der sie näher zum Ziel brachte, wurde er allerdings zunehmend unruhiger. Nicht nur die steigende Hitze störte ihn, sodass er sich mittlerweile seiner Kapuzenjacke entledigt hatte, die achtlos hingeworfen auf dem leeren Sitz neben ihm lag. Nein, der Umfang des Businneren war es, was ihm eher zu schaffen machte. Der Bus war lang, aber – und das war entscheidender – eng und er musste sich diesen Platz mit einer Menge weiterer Menschen teilen. Eine Situation, die ihm alles andere als passte. Er mochte es nicht, wenn zu viele Leute um ihn herum waren. Schon gar nicht, wenn für ihn dann nicht mehr der Freiraum vorhanden war, den er brauchte, um sich nicht völlig eingeengt zu fühlen. Aus diesem Grund mied er auch öffentliche Orte, Verkehrsmittel und reges Treiben generell. Es machte ihn nervös, solchen Dingen ausgesetzt zu sein. Über einen längeren Zeitraum hinweg, mit etwas Pech sogar aggressiv und aufbrausend. Und konnte er dem nicht entkommen, bestand ein durchaus hohes Risiko, dass er komplett aus der Haut fuhr.
    In diesem Falle blieb die Überreizung seltsamerweise jedoch aus. Blaine behagte die Gegenwart so vieler Personen nicht sehr, allerdings verspürte er weder den intensiven Drang sofort das Fahrzeug zu verlassen, noch erregten Kleinigkeiten seine Ärger.
    Doch ehe der Weißhaarige sich nähere Gedanken dazu machen konnte, zog etwas vollkommen anderes seine Aufmerksamkeit auf sich. Sie waren mittlerweile auf einem abgelegenen Feldweg angelangt und meilenweit ließ sich nichts sehen, was auf nahgelegene Zivilisation hindeutete – außer einem merkwürdigen Bau, der sich in keinster Weise in das Landschaftsbild einfügen wollte. Schon beim ersten Blick erweckte es bei dem Jugendlichen einen eher plumpen Eindruck. Einladend war eindeutig etwas anderes. Eine meterhohe Mauer, gekrönt von schmerzhaft anzusehendem Stacheldraht, umgab den riesigen Betonklotz und erinnerte stark an den abschreckenden Anblick eines Gefängnisses. Sofort keimte neues, tieferes Misstrauen in ihm auf.
    Wo zur Hölle war er diesmal gelandet? Trotz der verdächtigen Architektur glaubte er nicht so recht, eine Haftanstalt vor sich zu haben. Dennoch – worum auch immer es sich hier handeln mochte, er würde achtsam bleiben.


    Ein übergroßes Tor öffnete sich und ließ den Bus in den Innenhof vor, auf dem sich keine fünf Minuten später sämtliche Insassen, zu einer kleinen Gruppe zusammengeschlossen, versammelt hatten. Begrüßt wurden sie von einer jungen Frau in sportlicher Kleidung. Sie war zugegebenermaßen recht hübsch (was Zero, bizarrerweise der Anhänger weiblicher Schönheit schlechthin, auch augenblicklich mit einem gedanklichen Pfiff kommentierte) und schien ein herzliches Gemüt zu haben, von ihr ging jedoch nicht diese typische Ausstrahlung aus, die Blaine normalerweise dazu veranlasste, andere Menschen mit seiner tiefsten Abneigung zu bedenken. Ein Faktum, das ihn noch um einiges mehr irritierte, als der Mangel an Antipathie gegenüber seinen vermeintlichen Gleichgesinnten es schon tat.
    Es folgte eine kurze Vorstellung und Erklärung zum Gebäudekomplex von Seiten der Brünette, die sich zu Blaines wachsender Verwunderung als besagte Alicia herausstellte.
    Der Inhalt ihrer Einführung trug sein Übriges dazu bei, die Skepsis des Neunzehnjährigen auf ein vollkommen neues Niveau zu heben, sodass dieser es sich erst gründlichst überlegen musste, ob er den Anderen überhaupt folgen sollte, als sie nach und nach im Haus verschwanden. Privatschule, getarnt als Anstalt für die schweren Fälle der Gesellschaft; rotäugige Mädchen, die angeblich eine Person waren und Jugendliche mit außergewöhnlichen Fähigkeiten – das gab für Blaine durchaus alles einen Sinn, wenn man es durch einen speziellen Blickwinkel betrachtete: Zwerg Simon war hier offenbar bei weitem nicht der Einzige, der leichte Probleme mit seinem Verstand zu haben schien…
    Trotzdessen schloss er sich der restlichen Gruppe nach einigen Minuten Bedenkzeit an, wenn auch mit deutlichen Zweifeln im Hinterkopf. Wer wusste, was ihn hier noch alles erwarten würde?


    Alicia führte sie ohne irgendwelche Worte zu verlieren geradewegs in den ersten Stock, um genauer zu sein in eine beinahe riesig anmutende Bibliothek, wo sich die Truppe erneut an einem Punkt konzentrierte – diesmal in der Nähe eines Lesetisches, auf dem die angebliche Direktorin ihr (Zeros Meinung nach wohlgeformtes) Gesäß platziert hatte. Während ein Großteil der Jugendlichen ihrer Ansprache samt knapper Regelerläuterung zuhörte, die er selbst nur mit einem Ohr verfolgte, zog es ihn an die helle Fensterfront. Er mochte es nicht, mitten in der Menge zu stehen. Waren es nun Menschen, die er allgemein hasste oder wenige Individuen, deren Anwesenheit ihm im Grunde vollkommen gleich war, wenn er sie nicht unmittelbar ertragen musste. Lieber verfolgte er die Situation aus einer halbwegs sicheren Entfernung.
    Mit einigen schnellen Handgriffen saß er schließlich auf einem der Fensterbretter und wandte einen Teil seiner Aufmerksamkeit dem Geschehen zu. Der Rest wurde in seinem Oberstübchen gebraucht, wo einiges bereits auf Hochtouren lief. Schon seit geraumer Zeit versuchte ein furchtbarer Quälgeist lautstark auf sich aufmerksam zu machen, bisher ohne jeglichen Erfolg. Blaine hatte mittlerweile ziemliche Übung darin, Zero einfach vollkommen aus seinen Gedanken auszublenden und sein ewiges Gerede geflissentlich zu ignorieren (zumal sonst sämtliche Post nur ihn, ihn und nochmals ihn beinhalten würden). Da seine Nerven allerdings nicht die Härte eines Diamanten besaßen, wurde es auch ihm irgendwann einmal zu viel. Es waren gut ganze Stunden ins Land gegangen, seit der Weißhaarige aufgewacht und sofort von seinem "Körpergenossen" zugetextet worden war. Im Augenblick beschwerte dieser sich in unüberhörbarer Lautstärke wieder einmal darüber, dass Blaine auf seine Worte keinerlei Reaktion zeigte.
    "Hörst du geistig beschränkter Vollspacko einem wenigstens mal fünf Minuten zu oder hat's dir das letzte bisschen Hirn auch noch eingefroren?!"
    Mehr aus Langeweile als aus Erbarmen keimte der Entschluss auf, dem Schreihals zumindest für eine kurze Weile zuzuhören. Vielleicht hatte er ausnahmsweise mal etwas zu sagen, anstatt den üblichen sinnlosen Wortschwall loszulassen.
    "Was willst du, hn? Gleich vorweg: Wenn du nichts zu sagen hast, tu mir 'nen Gefallen und sei wenigstens mal für 'ne verfluchte Stunde still. Dein Geplärre hält ja kein Mensch auf Dauer aus~ Ansonsten: Fass dich kurz..."
    Der Tonfall war genervt, was an sich keine Seltenheit darstellte, jedoch enthielt seine Antwort erstaunlicherweise keinen noch so kleinen Funken Aggression. Eine Tatsache, die selbst Zero ein wenig zu erschüttern schien – allerdings hatte der Weißhaarige ihm soeben ungewollt Angriffsfläche geboten, die er auf keinen Fall ungenutzt lassen wollte.
    "Dir geht's schon gut, oder? Und mal abgesehen davon, seit wann bist du 'n Mensch?" Die letzte Frage betonte er absichtlich mit einer Spur Unglauben und der üblichen Portion Spott, was sein 'Partner' mit einem sarkastischen "Wenigstens bin ich kein dummes Hirngespinst mit Laberdurchfall" quittierte.
    Gut, dieser Provokationsversuch war nach hinten losgegangen. Zugegebenermaßen bereitete es ihm wirkliche Freude, einen Streit vom Zaun zu brechen, am besten einen der heftigeren Sorte, weswegen er auch sogleich den nächsten Versuch startete und diesmal zu einem Mittel griff, das immer Wirkung zeigte...
    "Nein, du hast ja Recht. Tut mir Leid, mein Fehler. Ich vergaß, dass du jemand bist, der nicht einmal ein dummes Hirngespinst unter Kontrolle halten kann~"
    Die Worte waren wohl gewählt und von ihnen trof der Hohn nur so. Zero liebte es, den Jungen zur Weißglut zu treiben und dazu war ihm absolut alles recht – selbst wenn er in die tiefste Wunde des Jugendlichen stechen musste, um seinen Spaß zu kriegen. Und dieser trat auch augenblicklich in die bereit gestellte Falle. Blaine spürte wie eisige Kälte ihn plötzlich übermannte, ehe sie von seinem Furor wieder gänzlich verdrängt wurde. Seine Aufmerksamkeit galt nun vollends dem, der seine Wut heraufbeschworen und somit seinen Willen ein weiteres Mal bekommen hatte...


    Eine ziemlich lange, von mittlerweile abgeklungener Erregung beherrschte Auseinandersetzung nahe der vollständigen Eskalation später, saß Blaine noch immer auf dem Fensterbrett, den Kopf träge gegen das kühle Glas gelehnt, durch das die Sonne erbarmungslos auf ihn herab glühte. Seine Haut schien blasser als sonst und die Erschöpfung hatte ihn wesentlich stärker gekennzeichnet. Die leichten Ringe unter seinen Augen waren etwas deutlicher zu sehen, die Arme lagen müde auf den Knien der angewinkelten Beine und die Finger hatten noch weitere oberflächliche Schnittwunden abbekommen, da er wieder das Taschenmesser in der Hand hielt und gedankenverloren mit ihm rumspielte. Sein ganzes Erscheinungsbild schrie regelrecht den zermarterten Zustand seines Körpers hinaus, was den Neunzehnjährigen allerdings nicht zu interessieren schien. Der Blick war starr nach draußen gerichtet, während der Verlauf des Konflikts in ihm noch allgegenwärtig war. Das erste Mal nach knapp einem halben Jahr hatte Zero gegen ihn wieder haushoch gewonnen. Ihm war nur zu bewusst, dass dieser Psychopath ihn stets auf's Neue damit zu ködern versuchte. Manchmal gelang es ihm, die Provokation einfach zu ignorieren, auch wenn es ihn viel Selbstbeherrschung kostete – und manchmal gelang es ihm eben nicht. So wie heute...
    Energisch versuchte er die Gedanken daran kopfschüttelnd zu verdrängen, ehe er ruckartig von der Fensterbank stieg und die Tür ansteuerte. Inzwischen war die Bibliothek so gut wie leer, Alicia war mit Simon irgendwohin verschwunden und die Anderen waren wohl Zimmer inspizieren. Ob sich hier noch irgendjemand aufhielt, juckte ihn im Moment herzlich wenig.


    Sein Ziel war das Wohnhaus. Er hatte beschlossen, sich für eine Zeitlang hier einzuquartieren. Zumindest bis er den Schlafmangel vollständig ausgeglichen und ein erstes richtiges Bild davon bekommen hatte, um was für einen Ort es sich hier genau nun eigentlich handelte. Je nachdem wie dann die Gesamtsituation aussah, konnte er seinen Aufenthalt noch verlängern oder augenblicklich verschwinden. Meterhohe Mauern und riesige Tore würden ihn davon jedenfalls nicht abhalten, zumal diese Alicia ausdrücklich betont hatte, dass jeder kommen und gehen konnte, wie es ihm beliebte.
    So führte ihn sein Weg also in das nächste Gebäude. Sein Schritttempo war trotz der zunehmenden Mattigkeit rasch, während er den gläsernen Gang hinter sich ließ und ohne großartig zu überlegen einfach den Korridor im Haus entlangmarschierte. Er wollte im Moment einfach nur seine Ruhe. Die durchwachten Nächte; die ewigen Zankereien mit diesem elenden Quälteufel – insbesondere die letzte – und die sengende Hitze machten ihm zu schaffen. Mochte er auch noch so viel aushalten können, irgendwann hatte sein Körper das eigene Limit erreicht. Und das war jetzt der Fall. Erschöpfung zerrte schwer an seinen Gliedern, die Augen taten ihm weh, die Sonne brannte kontinuierlich auf seine empfindliche, blasse Haut und löste in ihm das Gefühl aus, innerlich zu kochen. Er vertrug hohe Temperaturen nur in gewissen Mengen und ohne regelmäßige Abkühlung klappte er irgendwann zusammen.
    Seine höchste Priorität war demzufolge im Moment, einen kühlen bis kalten Ort zu finden, an dem er weitgehend von den Strahlen des Himmelsgestirns geschützt war. Sein Blick glitt suchend durch den Flur. Eventuell bot eines der Zimmer die Voraussetzungen, die er gerade so dringlich brauchte, um nicht den Kopf zu verlieren. Auch wenn die Chance in seinen Augen lächerlich gering war, einen Versuch kostete nichts.
    Ironischerweise war es ausgerechnet die Nummer Dreizehn, die am nächsten lag. Unwillkürlich musste der Jugendliche daran denken, dass ihn die Zahl irgendwie zu verfolgen schien. Sein Geburtstag, die Narbe an seinem Bauch... Vielleicht würde sie ihm dieses Mal ja ein klein wenig Glück bringen. Und selbst wenn nicht, es war nur ein schlichter Raum – wirklich gravierendes konnte da unmöglich geschehen.
    Er drückte die metallene Klinge herunter, wobei seine mittlerweile verschwitzten Finger fast abrutschten, und riskierte einen Blick durch den Türspalt. Das Zimmer schien leer, allerdings nicht unbewohnt. Die Vorhänge waren zugezogen und ein angenehm kühler Luftzug kam ihm entgegen. Besser hätte es nicht sein können.
    Vollkommen ungeachtet, ob er den Bewohner dieses Raumes eventuell später damit stören könnte, trat er ein. Mit einem Mal übermannte ihn die Erschöpfung der vergangenen Tage vollends. Sein Körper wirkte noch schwerer als zuvor und er konnte einen lauten Gähner nicht unterdrücken. Erholung war plötzlich wichtiger als alles andere, der Rest konnte seinetwegen warten, bis er schwarz wurde. Der Halbalbino steuerte geradewegs eines der beiden Betten an und schmieß sich achtlos darauf, die Kapuzenjacke glitt daneben zu Boden.
    Und keine paar Minuten später war er, der stets misstrauische und unnahbare Malefizbube, doch tatsächlich in einen ruhigen und traumlosen Schlaf gefallen...


    OT: Nach Monaten mal wieder ein Lebenszeichen von mir ^^"
    @Caith: Dann sind unsere zwei 'Halbalbinos' ab jetzt wohl Zimmergenossen c:

    Manch einer schien der Ansicht, sich einmischen zu müssen wie beispielsweise das brünette Mädchen, welches vorhin die Glaswände errichtet hatte. “Aber es würde eine ziemliche Sauerei geben”, erklärte sie vorsichtig und ihre Hände schossen in abwehrender Haltung in die Höhe, als der Weißhaarige sich ihr zuwandte. Das Messer war nach wie vor auf die Kehle des Clowns gerichtet. "Mag sein, das macht bei dem Massaker hier aber auch keinen allzu großen Unterschied mehr. Ein bisschen Blut mehr oder weniger interessiert mich nicht", war das Einzige, was er in gelangweiltem Ton entgegnete, ehe seine Aufmerksamkeit wieder dem Knilch galt. Dieser starrte ihn fassungslos an, Angstschweiß stand ihm auf der Stirn und blanker Schock sprach aus seinem Blick – und noch etwas. Etwas, das Blaine keineswegs gefiel. Faszination. Der Schwarzhaarige stierte ihm direkt in die Augen, ohne Anstalten zu machen, den Blickkontakt zu meiden. Das irritierte ihn. Bisher war jeder dem Ausdruck seiner Iriden ausgewichen, niemand hatte ihn länger als nur für einen kurzen Moment anschauen können. Und selbst dann hatte soviel Entsetzen und Angst in den Mimiken gelegen, als stünde einem nichts Menschliches gegenüber. In dieser Hinsicht unterschied sich der Snob kein Stück vom Rest. Einzig und allein dieser kleine Funken Interesse störte den Neunzehnjährigen, er passte einfach nicht. Er verengte die Augen und bohrte seinen Blick tiefer in den des Jugendlichen, der inzwischen angefangen hatte wie ein zappelnder Fisch den Mund zu öffnen und zu schließen, wobei ihm ein heiseres Quieken entwich, ehe er jäh hastig begann, irgendetwas vor sich hin zu stammeln. Er schloss mit einem nervösen Lachen, während er zurückwich und zu einer anderen Gruppe floh. Vermutlich um sich auszuheulen, wie durchgeknallt und krank hier doch alle seien.
    Die Reaktion dieses Clowns sorgten lediglich dafür, dass Blaine ein lautes, abfälliges 'Tze' hören ließ, bevor er das Messer zuklappte und in seine Hosentasche schob. "Erbärmlich! Einfach nur erbärmlich! Genau deshalb verabscheue ich diesen Abschaum von Ratten!" Er zischte die Worte, ja, spie sie regelrecht aus, als hätten sie einen absolut widerwärtigen Nachgeschmack. Er warf ihm einen letzten Blick voller Verachtung hinterher. Leider musste der Pimpf genau in diesem Moment in die Richtung des Weißhaarigen zeigen und den anderen Jugendlichen mit einer Geste klarmachen, dass er nicht mehr alle Latten am Zaun hatte. Eine rasche Bewegung genügte und sein stumpfes Spielzeug lag wieder aufgeschnappt in der Hand. Die Distanz war verhältnismäßig gering und würde demnach kein großes Problem darstellen. Mit voller Kraft warf er das Taschenmesser gen "Flummy", wie die blonde Frau den Knirps betitelt hatte – allerdings so, dass es ihn absichtlich mit einigen Zentimetern Abstand verfehlte. Die Aktion sollte als kleine Warnung dienen, Absicht den Schwarzhaarigen zu verletzen bestand keine. Er war es nicht mal Wert, sich an ihm die Finger schmutzig zu machen.
    Ohne möglichen Reaktionen Beachtung zu schenken, wandte Blaine sich wieder dem eigentlichen Geschehen zu. Ein junger Mann mit Sonnenbrille hatte sich zu ihnen gesellt und hielt gerade eine Moralpredigt oder Ähnliches, der Junge hörte ihm nicht wirklich zu. Lediglich der letzte Satz ließ ihn kurz aufhorchen. "Ob Sie es nun ernst meinten oder nicht mit ihrer Drohung. Ein Gespräch könnte in den meisten Fällen durchaus zu einer schnelleren Lösung des Problems führen, als wenn man mit Gewalt droht." Der Schwarzhaarige fixierte ihn, er schien die Worte tatsächlich ernst gemeint zu haben. Der Neunzehnjährige stieß ein raues Lachen aus, das in einem breiten, spöttischen Grinsen endete. "Ist das dein Ernst? Weißt du, ich kann Gutmenschen wirklich nicht ausstehen. In der Welt, in der ich aufgewachsen bin, überlebst du nur auf diese Weise. Alles andere kostet dich dein verdammtes Leben. Sinnloses Geschwafel wie deins führt da nur zu schnellerem Verrecken. Ein freundliches Wort ist viel effektiver mit einem Finger am Abzug, verstehst du? Also spar dir deine Predigten für jemand anderen auf, Pazifist." Das letzte Wort spuckte er regelrecht aus, das Feixen war verschwunden. Der Jugendliche stand inzwischen auf Hundertachzig. Aus einfacher Misslaune war schwerer Jähzorn geworden. Und der hatte schon so manchen ins Jenseits befördert, wenn ein driftiger Grund vorlag – auch wenn dieser oftmals eher banal veranlagt war.
    Unterdessen hatte die augenscheinliche Soldatin den Anderen erklärt, was es mit der Bestie auf sich hatte. Ihr hatte in den vergangenen Minuten Blaines Aufmerksamkeit haupsächlich gegolten, da es ihn doch sehr interessierte, was ihm den Abend und die Laune so gründlich verdorben hatte. Manche äußerten sich zu den neu gewonnenen Informationen in Form von Fragen oder Kommentaren, der Kuttenträger fing sogar damit an, eine viel zu lange und in den Augen des Tattoowierten vollkommen unnötige Rede zu halten, die er nur mit halbem Ohr verfolgte. Es wurden Antworten versprochen und eine indirekte Aufforderung weitergegeben, diesem dubiosen Haufen, der Blaines volles Misstrauen genoss, irgendwohin zu folgen, wo die bereits mehrmals genannte 'Alicia' alle auf sie warte. Besonderes Interesse schien der Trupp an der Besitzerin der Desert Eagle zu hegen, wie eine heisere Stimme erklärte. Sie gehörte einer ziemlich grotesk anzusehenden Gestalt, die, wie der kleine Schatten von vorhin, vollständig verhüllt war. Scheinbar hatten viele hier großen Spaß daran, einen auf geheimnisvoll zu machen. Dies bestätigte allerdings nur die Vermutung des Weißhaarigen, dass die gesamte versammelte Mannschaft offenbar doch einen gehörig an der Klatsche hatte. Der durchgeknallte Winzling namens Simon bildete demnach keine Ausnahme.
    Gevatter Tod zog noch eine billige Zaubershow ab, bevor er sich samt seiner eigentlich ganz niedlichen, im bunten Licht des Sterns aber zugleich lächerlich wirkenden Sense endlich daran machte, abzuhauen. Blaine schenkte dem ganzen Geschehen außerhalb der kleinen Gruppe, in der er sich befand, keinerlei Beachtung, sein Augenmerk ruhte weiterhin auf der Scheinsoldatin, die doch mehr deutlich mehr wusste, als er bisher angenommen hatte.


    OT: Und da ist sie wieder, die Post-Flut...~ Da kommt man ja wirklich kaum hinterher, wenn man tagsüber mal beschäftigt ist.. Mein Post hat qualitativ etwas (sehr) unter dem Zeitdruck gelitten, aber ich hoffe, er ist trotzdem okay soweit.
    Cheshire: Blaine hat seine Fähigkeit gar nicht benutzt. Nur weil er jemanden anstarrt, heißt das nicht, dass er ihn gleich psychisch zu Hackfleisch verarbeiten will^^. Eine Verwendung wird sowieso selten zu Stande kommen, und ohne Einwilligung und Besprechung mit dem Betroffenen werde ich ohnehin nichts dergleichen tun^^.
    Ich hoffe, dich stört der kleine Messerwurf nicht'. Anderweitig kann ich es auch ändern. Aber bitte nichts mehr unternehmen, was Blaine weiter reizen könnte. Der Gute steht im Moment wirklich an seinen Grenzen^^'.
    Auf die Annährung gehe ich später ein, da der Jähzorn aktuell zu hoch ist, als dass Zero wirklich Beachtung käme^^.

    Ein schwarzhaariger Junge in ziemlich seltsamen und in Blaines Augen geschmacklosen Klamotten platzte plötzlich dazwischen und baute sich vor der blonden Scheinsoldatin und einem Jugendlichen mit kastanienbraunem Schopf auf. Sein Gesichtsausdruck missfiel dem Weißhaarigen schon beim ersten kurzen Blick. Er zeugte von einer gewissen Hochnäsigkeit, die seine schlechte Laune erheblich ansteigen ließ. Was sich auch nicht besserte, als er seinen Mund öffnete und ein Schwall an Worten herausbrach. Mit einer fast anomalen Geschwindigkeit begann er auf seinen Geschlechtsgenossen einzureden, wobei er das Gesagte mit hektischen Gesten untermalte. Mit jeder Silbe wurde seine Stimme schriller und sogar ein schmieriges, selbstgefälliges Grinsen wagte er allen Ernstes zu zeigen, bevor er sich abrupt der Blutverschmierten sowie kurz darauf den Anderen zuwandte und seine lästigen Bemerkungen auf "Abfällig" umschaltete. Ein letzter Kommentar an den komischen Kerl von vorhin brachte das Fass schließlich zum Überlaufen. Dahin war seine ohnehin niedrige Selbstbeherrschung, seine Misslaune erreichte die Grenze. Mit festen Schritten näherte Blaine sich dem Snob, der eine allmähliche Beruhigung seiner Nerven soeben verhindert hatte. Seine eisblauen Augen fixierten die seines Gegenübers. In ihnen lag ein Blick, in dem seine gesamte Wut aufblitzte. Kaum einer schaffte es dem Neunzehnjährigen auch nur länger als Sekundenbruchteile in die leblosen Iriden zu schauen, weil sie auf Viele einschüchternd und nicht selten verängstigend wirkten. In diesem Falle begann sogar der kleine Funke Wahnsinn aufzuleuchten, was meist nur dann geschah, wenn er wirklich, wirklich gereizt war.
    Blaine hob die Hand mit dem Taschenmesser, die Klinge in einigen Zentimetern Entfernung auf den Jungen gerichtet. "Jetzt hör mir mal gut zu, du zu klein geratener Knilch... Ich bin gerade ziemlich angepisst. Das ganze Theater hier zerrt erheblich an meinen Nerven und es kostet mich ein unmenschlichs Maß an Kontrolle, nicht einfach auszurasten.. Geht das soweit in dein winziges, verweichlichtes Spatzenhirn? Ich würde dir raten, dich augenblicklich zu verpissen und jemand anderem mit deinen hysterischen Scheißerein auf die Nerven zu gehen! Anderweitig unterhalten wir uns mal – allerdings kann ich dir dann nicht garantieren, dass du den morgigen Tag noch erlebst, mein Freund!" Er erhob die Stimme nicht, jedoch wohnte in ihr immernoch der knurrende Unterton inne. Die Mimik des Jugendlichen war angespannt und zeigte, dass er sich kaum beherrschen konnte, dem Knirps nicht einfach an die magere Gurgel zu springen. Das Messer war während des Monologs etwas näher an die Kehle des Schwarzhaarigen gerückt. "Ich hab keine Probleme damit, dich hier und jetzt aufzuschlitzen..." Der ernste Ausdruck in seinen Augen zeigte, dass diese Worte der bitteren Wahrheit entsprachen...


    OT: Vielleicht etwas heftig, aber so ist Blaine nun mal.
    Entstand auf Wunsch von Sheewa und DestinyMoon ^__^.
    Sheewa: Thx für's Löschen, war ja etwas zu schnell ;3

    "Hab' ich dir nicht gesagt, dass deine Aktion vollkommen sinnlos sein wird? Hab ich. Aber hören wir auf den guten Zero? Nein, wir ziehen es trotzdem durch, tun so, als hätten wir niiieee~ etwas gehört und stehen nun da wie der letzte Depp. Außerdem, seit wann spielst du den großen Helfer für diese niedere Spezies, hn?", erklang es laut im Kopf des Neunzehnjährigen, als eine Antwort seitens der restlichen Gruppe ausblieb, was diesen allerdings auch nicht wirklich störte. Er hatte seine Unterstützung nicht mal absichtlich angeboten, die Worte waren ihm einfach so über die Lippen gekommen. Demnach war es ihm nur recht, wenn niemand auf darauf einging.
    "Was geht dich das an, huh?! Seit dieses Biest aufgetaucht ist, hast du nicht einen gottverdammten Laut von dir gegeben! Also halt gefälligst die Fresse, wenn nur großmäulige Scheiße bei raus kommt!" Inzwischen beherrschte nur noch blanke Misslaune den Jugendlichen. Er war gereizt und das spiegelte sich auch in seiner Mimik wider. Ausnahmslos jeder wurde angriffslustig angefunkelt, wenn ein fremder Blick ihn auch nur kurz streifte; sein Tonfall war knurrend und klang als wolle er versammelter Mannschaft am liebsten sofort an die Kehle springen; die Anspannung zeichnete deutliche Spuren in sein Gesicht. Das Taschenmesser in seiner Hand glitt wieder durch seine Finger, diesmal rascher und aggressiver als zuvor. Er war bereit, es augenblicklich auf irgendetwas Lebendes zu werfen, wenn es sein musste. Trotz der halbstumpfen Klinge konnte es mit der richtigen Dosis an Kraft durchaus noch Schaden anrichten.
    "Ich mach' mir aber wirklich Sorgen um deine geistige Gesundheit, Blainy~" Zero Stimme hatte einen spöttischen Unterton. Blaine zu provozieren, gehörte zu seinen liebsten Tätigkeiten, was man unter anderem daran erkannte, dass er ihn mit dummen und verhassten Spitznamen wie eben genanntem betitelte.
    "Allein die Tatsache, dass du existierst und mit mir redest – in meinem Kopf! –, zeigt an, dass mit mir unmöglich alles in Ordnung sein kann – falls es dir noch nicht aufgefallen ist, du blutgeiler Klugscheißer!"
    Er fixierte seine Aufmerksamkeit wieder auf das Kampfgeschehen, um Zeros Versuche einen Streit heraufzubeschwören, auszublenden. Der Anblick, der sich ihm soeben bot, ließ seine Augenbrauen nach oben wandern. Die blonde Frau mit der Desert Eagle rannte geradewegs auf das Monstrum zu, unter dessen riesigen Pranken der geflügelte Teufel begraben lag. Die Waffe knallte kurzerhand auf den Schädel der Bestie, wobei die vermeintliche Soldaten irgendein wirr klingenden Wortlaut von sich gab. Die Reaktion war ein raues Brüllen, das dem Jungtier zum Verhängnis wurde. Das Schießeisen fand mit einer raschen Bewegung seinen Weg ins Maul und mit dem Kommentar "Enttäuschend, ich hatte mehr erwartet“, der ein amüsiertes Grinsen auf Blaines Lippen erscheinen ließ, schallte der Knall des Schusses über das Feld. Blut ergoss sich in rauen Mengen über das nahe Umfeld, was die Grünäugige mit einbezog, bevor das Ungetüm reglos zusammensackte. Augenblicklich wuchs das Feixen des Weißhaarigen, während Zero seine krankhafte Freude an der Szene lauthals kundtat. "Das Mädel gefällt mir, muss ich schon sagen. Sie scheut sich nicht davor die Gegend neu zu streichen – ganz im Gegensatz zu einem gewissen Kerl, der einfach keinen Sinn für Ästhetik besitzt."
    "Fein, wenn du meinst, dass so eine Sauerei immer sein muss. Ich überlass' sowas lieber dem kranken Vollidioten, der glaubt, in Massakern seinen Lebenssinn gefunden zu haben", war die einzige, trockene Antwort, die er zu hören bekam, ehe Blaines Aufmerksamkeit ihm auch schon wieder entzogen wurde.
    Mit einem kräftigen Tritt in die Brust des nun toten Untiers wandte die Blonde sich der Gruppe zu. „Lasst uns hier verschwinden. Sie haben ein erstaunliches Gespür dafür, wenn ein Artgenosse abkratzt. Und wir wollen ja nicht, dass sie unsre Witterung aufnehmen können und ich brauch 'ne Wäsche, Blut wittern sie über viele Kilometer." Das Grinsen gewann noch ein kleines Stück an Breite, als sie die Anderen gereizt anblaffte. "Ihre kaltblütige Art macht sie doch glatt sympathisch", meinte er leise lachend zu sich selbst.
    Der komisch gekleidete Jugendliche von vorhin verlor keine Zeit, die junge Frau mit Fragen zu löchern. Seine Wortwahl dabei war etwas gewöhnungsbedürftig, allerdings sprach er Dinge an, die den Neunzehnjährigen ebenfalls nicht unbedingt wenig interessierten. Er trat etwas näher an die Angesprochene heran. "Ich schließe mich dem Jungen da an. Mich würde es ebenfalls doch sehr interessieren, was zur Hölle das eben für 'n Vieh war und welche billige Schmierenkomödie hier eigentlich gespielt wird?", erkundigte er sich in leicht harschem Ton. Seine Gereiztheit war noch nicht verebbt, dementsprechend unfreundlich klangen seine Worte. Das Grinsen war verschwunden.

    "Wir sind hier, weil der Stern des ewigen Lichts uns gerufen hat.“
    "Ach, was du nich' sagst, Knirps." Die Überzeugung in der Stimme des Jungen sorgte nur dafür, dass Blaines Grinsen ein gutes Stück wuchs. Der folgende Erklärungsversuch verbesserte daran ebenso wenig. "Wir sind keine Menschen, sollen aber ihre Helden spielen und sie vor irgendwas retten, ja? Höchst interessant. Ich weiß ja nicht, was du geraucht hast, Kleiner, aber du solltest weniger davon nehmen – sehr viel weniger." Er ließ ein abfälliges Schnauben hören, auch wenn seine Worte trotz der ungedämpften Lautstärke wohl kaum vernommen worden waren, da ein durchaus merkwürdig anzusehendes Wesen, das verblüffende Ähnlichkeit mit einem brünetten Mädchen hatte, die Aufmerksamkeit auf sich zog. Wie man von ihr erfuhr, war der Name des durchgeknallten Pimpfs scheinbar Simon und es sei höchste Zeit abzuhauen, weil irgendeine Alicia es so wollte. "Mal im Ernst, was für 'ne billige Schmierenkömodie wird hier eigentlich gespielt?" Allmählich zerrte die Situation an den Nerven des Neunzehnjährigen, der ohnehin über keine besonders ausgeprägte Selbstkontrolle verfügte. Lebende Scheinwerfer, seltsame Phänomene, verdächtige Leute einer vermeintlichen Bruderschaft, deren geistiges Wohlbefinden mehr als fragwürdig erschien, wenn alle so tickten wie der kleine Knirps. Es bestand allen Grund nicht nur den eigenen Verstand anzuzweifeln.
    Die Realität schien sich wirklich verabschiedet zu haben, denn es wurde noch schöner. Eine junge Frau in aggressiv wirkender Kleidung, die ihr ein wenig das Erscheinungsbild einer Soldatin gaben, machte sich mit einem dezenten "Zu spät" zum neuen Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit, während sie rasch eine Desert Eagle zu Tage beförderte und damit angespannt den Waldrand bedrohte. "Und wenn man glaubt, dass es kranker gar nicht mehr geht...", ging es dem Jugendlichen gereizt durch den Kopf. Er fühlte sich langsam wie in einem grottenschlechten Science Fiction Film. Auf was die Blondhaarige auch immer zielte, er konnte beim besten Willen nichts erkennen, so sehr er seine Augen auch anstrengte. Der nächste Satz ("Na komm schon, du elendes Drecksvieh") glich einer Art Startsignal, denn noch im selben Moment erschallte ein grollendes Brüllen über das Feld und das 'Drecksvieh' brach mit beinahe anomaler Geschwindigkeit aus dem Unterholz hervor. "Bestie" traf es vielleicht eher, denn auch wenn der Körperbau im Ansatz eine animalische Struktur erkennen ließ, so wirkte dieses Geschöpf doch eher wie eine surreale Laune der Natur, die völlig fehl am Platz schien. Viel Zeit verlor es auch nicht. Ein schriller Schrei tat das erste Opfer des Wesens kund. Mit einem kraftvollen Prankenhieb schleuderte es ein schwarzhaariges Mädchen einige Meter weit von sich. Blaine erwartete den Anblick von Blut und losen Gliedmaßen oder einem vollkommen zerrissenen Leib. Sehr zu seiner Verwirrung wie Überraschung stand sie jedoch wieder auf, ohne eine sichtbare Verletzung. Dass ihre Konturen dabei kurzzeitig unscharf aussahen, machte es nicht besser. Der Jugendliche glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Für einen Moment stand er einfach da, irritiert den Blick zwischen der gerade Zerfetzten und dem Biest hin und her gleitend, bevor die nicht unbedingt kleine Gefahr, in der sich aktuell jeder hier Anwesende befand, ihn in die doch recht verdrehte Realität zurückholte.
    Die augenscheinliche Soldatin von vorhin brüllte erneut etwas – und dann brach das Chaos aus. Manche zogen wie die Blonde Schießeisen hervor, andere, was einen Großteil dieser vermeintlichen Gruppe ausmachte, zeigten schon jetzt erste Anzeichen für vollkommene Überforderung. Der Kuttenträger beschwor mittels Karten etwas, das an einen Teufel erinnerte, jemand anderes einen übergroßen Falken, der immer wieder versuchte, die Aufmerksamkeit des "Tiers" zu erregen. Binnen Sekunden geschah so viel, dass der Neunzehnjährige den Überblick über das Kampfgeschehen nahezu vollständig verlor. Schüsse hämmerten in unregelmäßigem Abstand auf die knochengeschützte Lederhaut ein, verschiedene Wurfgeschosse visierten den riesigen Körper an, irgendetwas setzte die Brust des Monstrums in Brand. Die Art, wie das Vieh den Flammen Herr wurde, zeigte, dass es nicht nur von einem rohen Instinkt geleitet wurde. Dies an sich war ein Faktum, das den Weißhaarigen und wohl einige andere auch noch zusätzlich beunruhigte, viel besorgniserregender war allerdings die Tatsache, dass absolut nichts eine Wirkung zeigte. Die Angriffe sorgten lediglich dafür, dass stets ein neues Opfer fixiert und teils für eine kurze Zeitspanne gejagt wurde. So mancher trug ebenfalls die ein oder andere Verletzung davon. Blaine wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte. Wenn Feuerwaffen nichts brachten, würden seine Tonfas erst recht nichts ausrichten können. Zumal die dafür benötigte Nähe glatter Selbstmord war, und Sehnsucht nach dem Tod verspürte er keineswegs. Also blieb als einzige Option Deckung – fragte sich nur, wo man die finden konnte, ohne dass das Biest einen letzten Endes doch erwischte. Die Versammlung von Bruderschaftsmitgliedern schien der einzig halbwegs sichere Fleck zu sein, dorthin gehen würde er jedoch sicherlich nicht. Zu groß war das Misstrauen, das er diesen ominösen Gestalten gegenüber hegte.
    Unterdessen gab die Besitzerin der Desert Eagle ein paar Informationen über den wütenden Albtraum heraus, der wild über das Feld stürmte, wie z.B. dass es sich um ein Jungtier handle und die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein unter Umständen schlecht gelaunter Elternteil in der Nähe befand, gar nicht mal so gering war. "Ihr wollt mich doch allen Ernstes verarschen, oder? In was zur Hölle bin ich hier eigentlich reingeraten?!" Der Beunruhigung und Irritierung mischte sich allmählich wachsender Frust hinzu. Blaines Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, es kostete ihn einiges an Mühe nicht einfach die Kontrolle zu verlieren, was gleichzeitig bedeutet hätte, dass Zero die Chance versuchen würde zu nutzen. Dass dieser so still war, verhieß ohnehin nichts gutes.
    Die blonde Frau fuhr fort und riss den Jungen so aus seinen Gedanken. Sie sollten dieses Monstrum irgendwie zum Stillstand bringen, damit sie anschließend dem Ganzen ein Ende setzen konnte. Leichter gesagt, als getan. "Das Vieh hat 'n enormes Tempo, attackiert alles, was sich ihm nähert und du willst, dass wir's aufhalten? Gute Idee, wirklich gute Idee! Wenn du schon so große Töne spuckst, dann sag uns doch auch gleich, wie wir's stilllegen können!!", kommentierte er leise knurrend, sein Tonfall war bissig.
    Der Kuttenträger ergriff auch sogleich die Initiative und ließ seinen Teufel angreifen. Es dauerte auch nicht lang, bis der Nächste sich traute. Ein Jugendlicher vollführte eine mehr als wahnsinnige Aktion. Mit einem Schrei näherte er sich wie von der Tarantel gestochen dem Wesen und schleuderte ihm seinen Mantel entgegen, der im Gesicht des Biests hängen blieb. Während es brüllend versuchte, sich der halben Sichtbehinderung zu entledigen, knallte es erneut gegen einige der durchsichtigen Wände, die – erschaffen von einem Mädchen mit rötlich braunem Haar – scheinbar den Hoffnungsträger der Anderen darstellten. Lange blieb das Kleidungsstück allerdings nicht an seinem Platz. Sowohl Aufprall als auch die Bewegungen lösten es und das riesige Geschöpf hatte wieder freies Blickfeld. Blaine unterdessen hatte sich ein Stückchen näher Richtung der anderen sogenannten Erleuchteten begeben, da es dort zumindest sicherer war, als weiterhin auf dem Felsen sitzen zu bleiben. Das negative Gefühlschaos, das in ihm tobte, versuchte der Neunzehnjährige vorläufig zu ignorieren. Sein Blick glitt schnell durch die Umgebung. Das Chaos nahm ungehindert seinen Lauf. Das dämonenartige Wesen des Kartenspielers bearbeitete das "Tier" fortlaufend, die Brünette baute offenbar weitere Glasmauern um es, während ein junger Mann mit Schießeisen irgendwas von einkreisen und Ablenkungen rief und die kleine bandagierte Gestalt von Person zu Person hastete, um sie scheinbar zu verarzten. Eine schwarzhaarige Frau im Anzug schrie einen weggetretenen Jungen auf recht unangenehme Art an, eine winzige Truppe von Mädchen stand tatenlos in der Gegend herum. Alle drei schienen von der Situation mitgenommen, eine besonders. Der Junge, der den Mantel geworfen hatte, wagte sich erneut ein Stückchen dichter an das Untier heran, seine Hände waren krampfhaft um sein Schwert geschlossen, ehe er sich jäh zu Wort meldete: "Wenn- wenn ihr noch weitere Ratschläge habt, wäre ich euch sehr d-d-dankbar. I-ich bin mit meinem Latein- v-völlig am Ende." Der zittrige Klang seiner Stimme ließ den Weißhaarigen seltsamerweise nicht gänzlich kalt, nein, tatsächlich keimte so etwas wie der verkümmerte Ansatz von Mitgefühl in seinem sonst so harten Inneren auf. Ein regelrecht beängstigender Umstand, wenn man bedachte, dass er sonst keinerlei Probleme damit hatte, jemandes Licht einfach auszuknipsen. "Tut mir der Kleine gerade wirklich ein wenig leid? Geht's mir eigentlich noch gut? Gibt mein Verstand den Geist auf oder dreh ich jetzt vollends durch?!" Doch ehe er sich versah, hörte er sich selbst etwas sagen – laut genug, dass theoretisch jeder es hören konnte – obwohl er selbst kleinste Gespräche normalerweise vermied, geschweige denn irgendwelche fremden Leute einfach anquatschte. "Ich weiß zwar nicht, ob meine Hilfe überhaupt von Nöten ist, da ihr ja mit den Glaswänden dieses Mädchens", er wies mit einem Zeigefinger auf die Braunhaarige, "im Grunde doch gar nicht so schlecht bedient seid, um dieses Viech da zumindest halbwegs ruhig zu kriegen. Aber ich könnte das Biest unter Umständen zumindest für wenige Minuten ablenken, damit ihr's anhalten oder was auch immer könnt, ohne dass es einen von euch ins Visier nimmt. Stillhalten wirds wohl nicht. Versprechen tu ich nichts, aber mir soll's ja letzten Endes egal sein, wie ihr dieses Biest ruhigstellen wollt." Seine Worte hatten den üblichen gelangweilten Tonfall, was angesichts der Tatsache, dass er innerlich regelrecht brannte, doch recht ungewöhnlich war. Die Lage begann ihn zu überfordern. Er wollte schleunigst eine Erklärung für das Ganze, sonst würden hier Köpfe rollen, das war sicher.


    OT: Himmel, ihr habt ein Tempo, da kommt man ja kaum hinterher oo. Ist jetzt etwas schnell schnell geworden und ich bin nicht auf jedes Detail eingegangen, aber sonst hätte ich den Anschluss verloren.

    Ein lauter, langgezogener Gähner durchbrach die angespannte Stille, die schon seit einiger Zeit über dem weiten Feld an Wiesen lag. Die Quelle des Geräusches, welches in der Regel von Müdigkeit oder Langeweile zeugte, war ein junger Mann, der ungeduldig mit einem Bein wippend auf einem der kalten Felsen saß und die nahe Umgebung mit einem mürrischen Blick bedachte. Seit einer gefühlten Ewigkeit harrte er hier, fror sich seinen Allerwertesten ab, während ihm die Frage, was zur Hölle er hier eigentlich tue, fast schon auf penetrante Weise im Kopf rumspukte.
    Gelangweilt ließ er das alte Taschenmesser in seiner Hand aufschnappen, spielte abwesend mit der teils abgestumpften Klinge zwischen seinen Fingern, bevor er es wieder schloss und das Spiel von vorn begann, wie die vergangenen Stunden auch schon. Da die Schneide trotz der deutlichen Gebrauchsspuren noch nicht vollends abgewetzt war, hatte er die ein oder andere oberflächliche Schnittwunde abbekommen, die nun in der abendlichen Kühle brannten. Wirklich Beachtung schenkte er dem allerdings nicht, seine Aufmerksamkeit war auf einen ganz anderen, im Moment viel wichtigeren Punkt fixiert. Auf seine Gedanken. Ein gewisser Jemand plärrte seinen fassungslosen Frust gerade nach allen Regeln der Kunst hinaus, ungeachtet, ob er den Eigentümer des Körpers damit belästigte.
    "Bist du jetzt vollkommen hirnverbrannt oder was?! Noch was zu retten da oben?! Wie hohl muss man sein, um irgendwelchen dahergelaufenen Hirngespinsten durch die halbe Welt zu folgen, nur weil sie einen angeblich rufen!? Sag mir das mal! Wie-hohl-muss-man-sein, huh?!"
    So und ähnlich ging es schon seit Stunden, wenn nicht sogar Tagen – nein, wenn man ehrlich war, durfte er sich solche Brüllereien anhören, seit er beschlossen hatte, der Aufforderung in diesen seltsamen Träumen zu folgen. Und hier saß er nun, wartete schlecht gelaunt auf irgendein vermeintliches Geschehnis, das höchstwahrscheinlich ohnehin nie eintreten würde, während ihn Zero vollquängelte; hergeführt von einem unbestimmten Gefühl, das mit jedem zurückgelegten Schritt mehr von ihm Besitz ergriffen hatte. Letzten Endes erschien ihm die gesamte Situation surreal. Angefangen mit seiner Reise hierher. Vor mehreren Wochen hatten plötzlich bizarre Träume begonnen ihn zu plagen, bald darauf gefolgt von dem intensiven Wunsch sich in den Osten des Kontinents zu begeben. Um der grotesken Monotonie in seinem Alltag zu entfliehen, hatte er sich kurzerhand von dem Drang führen lassen, obwohl dies eigentlich nicht seiner Art entsprach und ihm bei dem Bevorstehenden ein abstoßendes Gefühl von bösen Vorahnungen im Bauch lag. Aber was hatte er schon großartig zu verlieren? Den Weg überbrückte er größtenteils zu Fuß. Die Anziehungskraft wurde größer, was schließlich sogar damit endete, dass er nachts gar nicht oder nur wenige Stunden schlief, um schneller voranzukommen, je nachdem wie sehr die Erschöpfung seinen Körper belastete. Dementsprechend heiter war seine Laune nun.
    Ein weiterer Gähner unterbrach seinen kurzen Gedankengang. Der Schlafmangel stand Blaine deutlich ins Gesicht geschrieben. Dunkle Augenringe zeichneten sich ab, er wirkte enerviert und funkelte jeden angriffslustig an, der ihn auch nur flüchtig musterte – was überwiegend die letzten, entsetzt oder misstrauisch blickenden Passanten waren, die hastig versuchten, von hier fortzukommen, während sie einen fast schon übertriebenen Bogen um die anderen hier Anwesenden machten. Die Anderen. Ein weiteres Faktum, das ihm nicht ganz geheuer vorkam. So gern er hier oben auch allein gewesen wäre, wenn er schon stundenlang auf irgendetwas Unbekanntes warten musste, er befand sich in Gesellschaft weiterer Menschen. Jugendliche, die weitgehend alle jünger zu sein schienen als er selbst. Ihre bloße Anwesenheit störte ihn nicht mal. Und genau da lag das Problem! Es interessierte ihn – der auf dieser Welt kaum etwas mehr hasste als Menschen – kein Stück, dass Personen in seinem unmittelbaren Umfeld waren. Nein, zu allem Unglück empfand er ihre Nähe nicht mal als wirklich lästig. Spielte sein Verstand jetzt vollends verrückt?
    Blaine schüttelte energisch den Kopf, um die wirren Gedanken loszuwerden. Es würde sich schon eine Erklärung bieten, weshalb das Ganze so verdreht wirkte – früher oder später. Die Situation gefiel ihm nicht, wirklich etwas daran ändern konnte er allerdings genauso wenig. Mit einem leisen Grummeln schloss er den Reißverschluss seiner dunkelblauen, abgewetzten Kapuzenjacke, die er sich vor einiger Zeit gekauft (man kann es ruhig glauben, auch er eignet sich gelegentlich Dinge auf ehrliche Weise an) hatte. Die Sonne verschmolz mit dem Horizont und mit ihr sanken auch die Temperaturen allmählich, während der Wind weiterhin stramm seine kalten Luftzüge über die Wiesen schickte. Es musste jedoch noch eine knappe Stunde verstreichen, bis das letzte Licht endlich verschwand und die Nacht ihren Dienst antreten konnte. Das schimmernde Antlitz der Sterne war durchaus ein schöner und irgendwie beruhigender Anblick, für den Weißhaarigen aber völlig belanglos. Noch immer saß er auf dem Felsen und ließ die halb stumpfe Messerklinge zwischen seinen Fingern hindurchgleiten. Die Müdigkeit drohte ihn zu übermannen, er wollte diese Sache hinter sich bringen und dann in einem sicheren Winkel der Stadt seinen wohlverdienten Schlaf nachholen. Was exakt 'diese Sache' war, vermochte er zwar nach wie vor nicht zu sagen, aus unerklärlichen Gründen wusste er allerdings, dass es von großer Wichtigkeit war. Ein Umstand, der auf jemanden, der sein eigenes Leben als das einzig Wichtige ansah, nicht unbedingt positiv erschien. Er wollte langsam aber sicher eine Antwort – und die bekam er auf höchst bizarre Weise, denn im selben Moment explodierte der Himmel. Plötzlich stand er einfach in einem Meer aus Flammen, dessen Farbvielfalt alles in den Schatten zu stellen schien. Im Zentrum prangte ein Stern, der die Umgebung mit dämmrigem Licht überflutete. Irgendjemand ließ den Namen Rosetta Liuroum fallen. Der Stern des ewigen Lichts. Blaine hatte schon von ihm gehört, er war eines von Reas liebsten Erzählungsthemen gewesen. Doch wirkliches Interesse verspürte er an dem Schauspiel nicht. Die Anderen reagierten größtenteils irritiert oder verwundert, in manchen Fällen vielleicht sogar entzückt, er hingegen stützte gähnend seinen Kopf in die freie Hand, während die zweite das Taschenmesser fortlaufend auf- und zuschnappte. Mit einem gleichgültigen Ausdruck schweifte sein Blick kurz durch die Menge. Nicht nur das Gestirn strahlte wie ein alter Scheinwerfer, nein, jeder tat es. An verschiedenen Stellen, in verschiedenen Formen, in verschiedenen Farben, wobei Graunuancen und Weiß mit leichtem Übergang zu einer anderen Färbung dominierten. Selbst er blieb davon nicht verschont. Das antrathzitfarbene, fast schwarze Pentagramm auf seinem Hals leuchtete mit den anderen Malen um die Wette, was sicherlich einen seltsamen Anblick bot, da es nahtlos in ein großes Tattoo eingefasst war, dessen Muster genau auf den fünfzackigen Stern abgestimmt war. Doch anstatt den Versuch zu starten, es irgendwie zu verbergen, nahm er die Tatsache schlichtweg zur Kenntnis und ließ sie auf sich beruhen. Es störte ihn nicht, weder schämte er sich für das Zeichen, noch war er sonderlich stolz darauf oder fühlte sich deswegen besonders. Es war einfach seit er denken konnte ein Teil von ihm, mehr nicht. Dass andere sich deswegen verrückt machten, zählte zu ihren Problemen. Ein Mädchen schrie deswegen sogar – weil das kleine Symbol in ihrem Gesicht Licht produzierte. Der Jugendliche hatte dafür nur ein müdes Grinsen übrig. Der Schein tat ihm nicht weh, also konnte es bei ihr wohl kaum anders sein. Weshalb brüllte sie sich dann die Seele aus dem Leib? Kopfschüttelnd wandte er den Blick ab und sich wieder seinem abgestumpften Spielzeug zu, als plötzlich die Stimme eines Kindes erklang: "Der Stern des ewigen Lichtes hat uns gerufen."
    Dem Sprecher galt augenblicklich Blaines volle Aufmerksamkeit. Ein kleiner, schmächtiger Junge mit goldbraunem Haar schien die Quelle zu sein. Hinter ihm stand eine Ansammlung seltsam anzusehender Gestalten, unter ihnen ein Kuttenträger und weiter hinten ein Schatten, verhüllt in Mantel und Bandagen. Von ihnen beiden ging ebenfalls ein Leuchten aus – nicht das ihn das wirklich interessierte, aber im Vergleich zu der wild zusammengewürfelten Gruppe hier wirkten sie gefasster und autoritärer. Einer der Jugendlichen – ein Gesell in doch recht interessant anzusehender Kleidung, wenn es nach dem Geschmack des Neunzehnjährigen ging – nutzte auch sogleich die Gelegenheit, um sich scheinbar über die Lage zu erkunden. Bald darauf gefolgt von einem weiteren Jungen, dessen Fragen gar nicht mal so uninteressant klangen. Besonders der Teil mit der Bruderschaft ließ ihn aufhorchen. Sie wussten etwas, daran gab es keinerlei Zweifel. Angespannt begann er erneut mit einem Bein zu wippen, während er leise grinsend wartete, wie die Antwort lauten würde.


    OT: Etwas verspätet und mehr schlecht als recht, aber ich denke, das sei mir verziehen.
    Nachträglich, auf ein gutes und langes RPG!
    Btw, um Zero und Blaine auseinanderhalten zu können, werden Zeros Worte fett geschrieben

    Angenommen


    Name: Blaine Grynder // Zero (sprich: ßero)
    Geschlecht: männlich
    Alter: 19 Jahre
    Geburtstag: 13. Dezember
    Lichtfarbe: ein an Schwarz grenzendes Anthrazit
    Lichtstärke: mittel


    »Ich leide nicht an Wahnsinn...Ich genieße jede Sekunde davon!«


    Aussehen:
    Kann man es einem Irren ansehen, wie viele Tassen er noch im Schrank hat? Nun, das ist eine gute Frage. Es mag vielleicht nicht auf alle zutreffen, aber Blaine strahlt geradezu aus, dass mit dem Jungen etwas nicht in Ordnung ist. Schaut man ihn nämlich an, so fällt als erstes schon einmal auf, dass etwas fehlt. Etwas Essentielles. Er wirkt nicht unbedingt wie ein Mensch, nein, seine Ausstrahlung gleicht mehr dem eines Dämons, vielleicht sogar Teufels.
    Blickt man ihm ins Gesicht, so lässt sich sogleich der Glanz seiner gletscherblauen, leblosen Iriden einfangen, die den Gegenüber ständig abschätzend zu mustern scheinen. Was sie wohl kalkulieren? Will man es überhaupt wissen? Auf eine abstruse Art scheint es wunderbar zu passen, dass in ihnen gelegentlich ein Funken Wahnsinn aufblitzt, sonst würde man vermutlich denken, sie seien einfach aufgemalt, weil sie so gut wie nie zu blinzeln scheinen, sollte man doch das Glück haben und zu denen gehören, die es länger als wenige Momente aushalten, sie in Augenschein zu nehmen. Es ist jedoch auch überhaupt nicht nötig, sich auf die starren Sehorgane zu versteifen, denn das Erscheinungsbild von Blaine bietet zahllose andere Dinge, gegen die dieses Faktum geradezu harmlos wirkt. So zum Beispiel sein leichenblasser Teint, der sich über den ganzen, etwas dürr wirkenden Körper zieht und ihm gruseliger- wie paradoxerweise die Ähnlichkeit eines lebenden Skelettes verleiht, dem man Haut übergezogen hat. Na gut, so schlimm ist es am Ende nun nicht, denn die siebzig Kilogramm Körpergewicht müssen bei der knapp Eins-Fünfundachtzig-Marke ja auch irgendwo versteckt sein. Trotzdem erweckt er bei manchen Menschen, so merkwürdig es auch klingt, den Eindruck, als könne man etwas an ihm abbrechen, wenn man allzu grob damit umzugehen gedenkt, obwohl sich unter der bleichen Haut gut trainierte Muskeln verstecken. Wenn man ehrlich ist, haben diese Leute höchstwahrscheinlich eher gehörig einen an der Klatsche oder einen gewaltigen Knick in der Optik. Wobei sich die Frage stellt, ob man ihn überhaupt anfassen will...tut man es, so wird man feststellen, dass er nicht nur den Hauttyp, sondern auch die Körpertemperatur einer Leiche besitzt. Möglicherweise lässt sich das ja auf mangelnde Durchblutung zurückführen und hat keinen besonders spektakulären Grund, aber die 'Eiszapfenartigkeit' seiner Hände ist von jenen gefürchtet, die er anfasst – welche man übrigens meist an einer Hand abzählen kann. Und der unverbesserliche Rest, der es wagt, ihn ohne seine Erlaubnis anzutatschen, kann sich auf eine unter Umständen äußerst unangenehme Lektion gefasst machen.
    Zumindest eine Person lässt er wohl gewähren, wenn sie sich an ihm zu schaffen macht: Den Tätowierer und Piercer seines Vertrauens. Ganz nach dem Motto 'Wo Haut ist, da steche ich rein', lassen sich an seinem kräftigen Körper einige Ringe und Stecker an den unterschiedlichsten Körperstellen finden, wie z.B. am Bauchnabel oder den Ohren, sogar an der Zunge. Hierbei scheint er jedoch sein Gesicht mit Ausnahme der rechten Augenbraue weitgehend außen vor gelassen zu haben. Jedenfalls ist er ganz offenbar künstlerischer Körperbestechung auch nicht abgeneigt, denn das Muster um sein Zeichen ist nicht das einzige Tattoo, das seinen Weg auf Blaines Haut gefunden hat. Diese Malereien befinden sich allerdings an Stellen, die normalerweise von Kleidung verdeckt werden und belaufen sich auf kleinere Dinge.
    Eine ganz andere Sparte in Sachen Körperkunst bildet hier wohl die schockierend gut erhaltene Narbe auf seinem Bauch, die bei näherer Betrachtung ganz danach aussieht, als hätte man etwas hineingebrannt. Die römische Zahl Dreizehn (XIII
    ), waagrecht von einer weiteren Narbe durchzogen, als wäre sie durchgestrichen – was sie wohl zu bedeuten hat?
    Wer nun denkt, dass bei der eigentümlichen Anatomie und der in Frage zu stellenden Unversehrtheit der Körperfunktionen die Dinge aufhören, die den Gegenüber dazu anhalten, seine Augenbrauen nach oben wandern zu lassen, so hat man sich geirrt. Es fängt gerade erst an, merkwürdig zu werden, wenn man den Blick über seine Kleidung schweifen lässt. Okay, diese ist an sich wohl nicht sehr ungewöhnlich, wenn auch häufig schwarzlastig und nicht selten etwas mitgenommen, bestehend aus einem schwarzen Unterhemd, über das gelegentlich ein weiteres Oberteil gestreift wird und verwaschenen, etwas ausgebleichten meist dunklen Jeans samt relativ breitem Gürtel, der sich mehrfach locker um seine Hüften windet.
    Das Eigenartige beginnt erst dann, wenn man erkennt, dass Blaine scheinbar nicht nur eine ausgeprägte Vorliebe für Ringe besitzt, sondern auch ein seltsam anzusehendes, schmales Band aus einem robusten, schwarzen Material – nicht selten mit einer schieren Ansammlung an Ketten und grotesken Anhängern gepaart – seinen vielleicht etwas dürren Hals ziert. Ebenso sorgen seine Haare für den einen oder anderen verwunderten Blick. Sie besitzen einen normalen Kurzschnitt und scheinen aufgrund ihrer unnatürlichen Eigenwilligkeit fast schon ein Eigenleben zu führen, das ist es allerdings nicht, was sie so sonderbar macht. Nein, es ist ihre Farbe. Sie strahlen regelrecht in einem auffälligen Weiß, das im Laufe seiner verhältnismäßig frühen Lebensjahre entstand. Weshalb der ehemals pechschwarze Schopf jedoch gänzlich 'erbleichte', ist nicht ganz geklärt.


    Zeichen:
    Blaines Zeichen prangt auf der rechten Halsseite, wobei es knapp den Nacken berührt. Die Spitzen reichen fast bis zum Kopfansatz und der Schulter.
    Es ist in ein großflächiges Tattoo eingefasst, das sich über die gesamte Gesichtshälfte erstreckt. An den Enden mündet das anthrazitfarbene Muster der Malerei allmählich in ein dunkleres Silber.



    »Lasst uns doch erst ein bisschen zugucken, bevor wir eingreifen...~«


    Persönlichkeit:
    Nun hat man Blaine also wahrgenommen, ist entweder entsetzt oder vielleicht sogar von der eigenen Angst bedrängt, aber in den meisten Fällen wohl zumindest unterschwellig beunruhigt, denn welcher Charakter vermag in dieser Hülle zu schlummern? Eines ist schon nach einer kurzen Auseinandersetzung mit ihm klar: Es besteht durchaus der berechtigte Grund zur Beunruhigung. Man hat es hier mit einem Soziopathen zu tun, wie er im Buche steht. Er mag zwar einen makabren Sinn für Humor haben, ebenso eine gewaltige Ladung Sadismus, aber nichtsdestotrotz ist er kein hirnloser Irrer. Meistens. Natürlich beginnt er mindestens zu grinsen, wenn sich jemand direkt vor seinen Augen aus reiner Dummheit verletzt, außerdem bereitet ihm das Leid anderer nicht selten Freude, was allerdings noch lange nicht heißt, dass er Ernst und Spaß nicht voneinander trennt.
    Seine Blicke haben stets etwas Berechnendes, seine Antworten und Reaktionen auf die Aktionen seiner Mitmenschen sind wohl durchdacht, wenn auch häufig provokant. So würde er beispielsweise auf ernst gemeinte Fragen durchaus antworten, hängt jedoch immer wieder eine Bemerkung über die fehlende Intelligenz des Fragenden hinten an oder schießt, was häufiger der Fall ist, mit sarkastischen Kommentaren um sich, falls er den Eindruck hat, dass sich Jemand ganz besonders dumm anstellt.
    Er kann Gut von Böse unterscheiden. In Ordnung, oftmals läuft Gut gerne ein bisschen über die Grenze von Böse, aber bis jetzt sind noch keine Schäden durch ein wenig Grau entstanden. Man sollte eher sagen, er ist sehr...tolerant...diesbezüglich. Andere nennen ihn skrupellos, da er schlicht keine Probleme damit hat, jemanden zu töten, wenn es erforderlich ist. Für ihn ist Kämpfen eine Arbeit, wie für andere tagtäglich im Büro zu sitzen und er fragt sich erst gar nicht, ob die Person, die er gerade verletzt, Gefühle und Empfindungen hat. Es ist ihm schlichtweg egal. Seine fragwürdigen Moralvorstellungen werden spätestens dann deutlich, wenn er zwischen sich selbst und einem zeitweiligen Genossen oder einem Mitmenschen wählen soll – hierbei entscheidet er sich stets für sich selbst. Dies hat nicht einmal etwas mit einem großen Ego zu tun, nein, gar nicht, aber wenn einer sterben muss, dann wäre es doch dumm, wenn das er wäre, wo er doch im Gegensatz zu den Meisten einen weitaus klareren Blick auf die Welt hat. Seine Mentalität ist zudem ganz klar: Jeder, der in eine Falle tappt, ist selbst dafür verantwortlich, dort wieder herauszukommen und er ist gewiss der Letzte, der dabei helfen würde. Man muss bei ihm ganz genau auf sich selbst aufpassen, denn er erwartet keine Hilfe von anderen und wird sie deshalb auch nicht leichtfertig verteilen.
    Seine Persönlichkeit ist also nichts, was man gerne vor, hinter, neben, unter oder über sich hätte. Diejenigen, die sich trotz seiner Ausstrahlung über längere Zeit in Blaines Nähe begeben, sind weithin als Masochisten bekannt, denn es grenzt schon an Selbstmord, zuzulassen, dass man die verdorbene Quelle an Psychopathie genauer erkunden will. Schon viele sind in das undurchdringliche, pechschwarze Moor gewatet und nicht mehr ganz normal daraus hervorgekommen – das heißt, wenn überhaupt. Wie bereits erwähnt, besitzt er eine sadistische Ader und schreckt grundsätzlich nicht davor zurück, Gewalt sprechen zu lassen, wenn es freiwillig nicht so ganz klappen sollte. Wer ihm also dumm kommt oder meint, ihn von der Seite anmachen zu müssen, der hat statt einer gepfefferten Antwort schnell mal einen Fuß im Gesicht, oder wird je nach Situation auch mal von Zero so lange mit Psychoterror und Demütigungen beharkt, bis man seine Aussage noch einmal revidiert. Sobald Blaine erst einmal fein säuberlich alle Schlösser, die den inneren Schweinehund umschließen, gelöst hat – was seltener passiert – so blickt man in den Abgrund. Und wenn man lange genug in den Abgrund blickt, dann blickt er bekanntlich auch zurück. Und verschluckt. Übernimmt Zero dann die Kontrolle, sollte man um der eigenen Existenz willen fliehen, besonders, wenn er einem als Feind gegenübersteht. Aber warte...Zero? Hieß der Junge nicht eben noch Blaine? Nun, Zero ist, wenn man so will, die andere Seite von Blaine. Im Grunde handelt es sich bei ihm mehr oder minder um die grausame, blutrüstige Ader des Neunzehnjährigen. Eiskalt und nur auf sich selbst bedacht, kreisen seine Gedanken nur noch um eines – das eigene Überleben und viel wichtiger: Spaß haben. Was das bei jemandem wie ihm bedeutet, dürfte wohl verständlich sein...Es bereitet ihm eine krankhafte Freude, wenn Blut vorallem in rauen Mengen seinen Weg aus dem Organismus findet und nach den lauten Schreien des Kampfes, die schwere Stille des Sieges oder gar des Todes eintritt. Für ihn gibt es kaum schöneres auf der Welt, als Andere körperlich die Schmerzen spüren zu lassen, die Blaine und somit auch er still ertragen mussten. Anfangs war er lediglich eine unbekannte Stimme in Blaines Bewusstsein; das Hirngespinst eines psychisch kranken Kindes, das nach Gründen suchte, weshalb es willkürlich quälte. Doch im Laufe der Zeit entwickelte sich aus ihm mehr und mehr eine eigene Persönlichkeit, die jedoch nicht im Stande ist, Blaines Verhalten großartig zu beeinflussen. Lediglich wenn die Beiden sich wieder mal streiten, kann das ein etwas konfuses Handeln auslösen, was für Unwissende durchaus irritierend, vielleicht sogar amüsant sein kann.
    Tja, woran erkennt man aber eigentlich, dass Zero gerade das Kommando hat? Nun, wirklich übersehen kann man die Veränderungen nicht. Denn sie bilden einen deutlichen Kontrast zu Blaines üblichem Auftreten. In den sonst so kühlen Augen funkelt mühsam unterdrückter Wahnsinn und nicht selten ziert ein von Ohr zu Ohr reichendes, sadistisches Grinsen die schmalen Lippen. Auch klingt die Stimme anders und in den Worten schwingt meist eine gehörige Portion Spott mit.
    Hat Zero das Sagen, ist es keineswegs so, dass Blaine von seinem Handeln nichts mitbekäme. Ganz im Gegenteil, er ist zwar in fast allen Fällen mit den Aktionen weitgehend einverstanden, nichtsdestotrotz sorgt er dafür, dass Zero nicht außer Kontrolle gerät. Von seiner zweiten Persönlichkeit geht eine nicht zu unterschätzende Gefahr aus, weshalb der Junge ihn stets mit aller Macht an der kurzen Leine hält. Aber nicht dass man jetzt denkt, der gute Zero sei nur eine herzlose Killermaschine. Oh nein, keineswegs. Tatsächlich besitzt auch er so etwas wie Menschlichkeit. Sein Charakter stellt in etwa eine gegensätzliche Version von Blaine dar – bis auf ein paar Kleinigkeiten teilen sich die Beiden nur den Sadismus und den makabren Humor. Alles in allem kann er sogar ein durchaus akzeptables Kerlchen sein, fähig sich halbwegs normal unter anderen Menschen zu benehmen, wenn Blaine ihn entsprechend zurechtweist. Nur sobald eine Möglichkeit besteht, seiner psychopathischen Art freien Lauf zu lassen, ist das Aufsuchen seiner Nähe glatter Selbstmord...


    Kraft:
    Menschen, die mit Blaines Fähigkeit in Kontakt kamen, behaupten häufig, in die Abgründe der Hölle geblickt und dort eine Begegnung mit dem Teufel selbst gehabt zu haben...
    Tatsächlich bedarf es einer äußerst starken Psyche, um eine Konfrontation gänzlich ohne Schäden zu überstehen. Denn Blaine ist im Stande jemanden in einer Illusionswelt gefangen zu halten, die vollkommen seinem Willen unterliegt. Um diese allerdings überhaupt errichten zu können, muss etwas näherer Augenkontakt zu dem Betroffenen hergestellt werden.
    Befindet man sich erst einmal in der Illusion, beginnt Blaine damit, sein ausgewähltes Opfer psychisch zu foltern. In Form von grausamen, wenn auch nicht immer realistischen Halluzinationen oder auch durch das langsame Zurichten des Körpers auf groteske, perverse Art, wobei dies mehr von Zero als von Blaine selbst genutzt wird. Nicht selten produziert der Verstand des Betroffenen eigenständig Bilder von eigenen Traumen, schlimmsten Ängsten oder ähnlichem, was die Person seelisch angreift.
    Die Trugbilder sind aufgrund dessen, dass sie in einer 'falschen Welt' erschaffen werden, dort Realität. Was bedeutet, das Opfer kann in dieser mentalen Zone wirklich sterben, schwer verletzt werden und dergleichen. Die Schmerzempfindung bleibt ebenso im gleichen Maße erhalten. Allerdings nimmt der tatsächliche Körper keinerlei Schäden.
    Geschwächt oder gar gebrochen kann die Illusion hauptsächlich durch stärkere, äußere Einflüsse.
    Länger als fünf Minuten kann Blaine seine Fähigkeit zurzeit nicht nutzen, da ihn dies mental erschöpft und einer – ohnehin nicht gerade häufigen – Verwendung meist höllische Kopfschmerzen folgen.


    »Wer stirbt, hat es nicht anders verdient!«


    Geschichte:
    (wird editiert)


    Waffe:
    Blaine trägt zwei aus schwarzeloxiertem Duraluminium gefertigte Teleskop-Tonfas mit sich herum. Sowohl der untere Griffbereich als auch der seitliche Griff sind gerillt und am Ende mit einem flachen Knauf versehen, um ein Abrutschen/Fallenlassen und Herausreißen zu verhindern.
    Die Gesamtlänge dieser Schlagstöcke beträgt im zusammengeschobenen Zustand achtunddreißig Zentimeter, im ausgezogenen einundsechzig. Die Arretierung lässt sich durch einen Sicherungsknopf lösen.
    Aufbewahrt werden die Schlagwaffen in einem Lederholster, das an Blaines Gürtel befestigt ist. Den Umgang mit ihnen hat er sich in den vergangenen Jahren selbstständig antrainiert.
    In seinen Besitz kamen sie auf die gleiche Weise, wie so ziemlich alles, was der Junge heute besitzt – durch Diebstahl.


    Besonderheiten/Trivia:
    – Blaine leidet an einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung, wobei die Psychater, die er irgendwann aufsuchte, sich nicht einig sind, ob es 'nur' das ist oder ob es sich doch um Psychopathie handelt.
    – Da ein Radiusbruch an seinem linken Handgelenk vor Jahren nicht richtig verheilt ist, kann Blaine die Hand je nach Situation nur noch begrenzt einsetzen. Eine geringe Belastbarkeit besteht ausschließlich bei stärkeren Wetterveränderungen (Wetterempfindlichkeit), da in diesen Fällen schon kleine Dinge wie leichter Druckaufbau Schmerzen mit sich bringen. Die Motorik seiner Finger ist eingeschränkt. Trotz dessen verzichtet der Junge nicht auf die Verwendung seines zweiten Tonfas.
    – Bei dem silbernen Anhänger, den er von Rea geschenkt bekam, handelt es sich um ein kleines, schlichtes Amulett, das er unter seiner Kleidung verborgen trägt. Das Foto im Inneren schaut er sich recht oft an, weswegen es mittlerweile ziemlich abgegriffen ist. Blaine kam über ihren Tod nie wirklich hinweg.
    – Blaine fühlt sich in engeren Räumen äußerst unwohl und ist, wenn er nicht sie nicht verlassen kann, ziemlich schnell gereizt. Grund dafür sind die winzigen Zimmern, in denen er leben musste.


    OT: Sry, dass die Anmeldung ab den letzten zwei, drei Absätzen der Geschichte so miserabel und schnell schnell wirkt, aber Zeitdruck ist wirklich keine Quelle für qualitativ gute Posts...

    "Warte, jetzt mach doch mal halblang! Hey! Hey, ich sagte, warte! Leeeoon!" Wie von der Tarantel gestochen, raste der Blondschopf durch die unzähligen Gassen und Straßen. Den Blick starr nach vorn gerichtet, näherte er sich in rascher Geschwindigkeit der beinahe winzigen Innenstadt Clovers. An seine unfreiwillige Begleiterin, die er hinter sich herschleifte, schien er nicht mehr zu denken. Auch hörte er deren Protestrufe nicht. Yukira konnte schreien und zerren, so viel sie wollte, weder sein stählerner Griff löste sich, noch schenkte er ihrem genervten Gezeter Aufmerksamkeit. Der Junge hatte nur den Vorfall im Sinn – oder besser gesagt, seinen Verdacht, dass etwas geschehen war.
    "Leon! Verdammt nochmal, jetzt renn nicht wie ein Irrer! Es ist doch garantiert sowieso wieder nichts passiert!" Der Ärger in ihrer Stimme schwoll allmählich an. Mit jedem Meter, den sie zurücklegten, erhöhte Leon das Tempo um ein kleines Stück, sodass mittlerweile sogar Kira Probleme hatte, Schritt zu halten. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Die Ereignisse des heutigen Tages hatten aus ihr eine wandelnde Zeitbombe gemacht – es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Funke fiel, der zur unweigerlichen Explosion führte.
    "Oh doch, es ist etwas passiert! Ich weiß es!" Zum ersten Mal, seit sie das Gildenhaus verlassen hatten, drangen Worte aus seinem Mund. Sie klangen eindringlich, unerschütterliche Entschlossenheit schwang in ihnen mit. Er würde sich von seiner Meinung nicht abbringen lassen, bis ihm das Gegenteil bewiesen worden war. Dass er Unrecht hatte und alles letztendlich doch in bester Ordnung war – wie so oft. "Ich weiß es einfach! Aus dem Haus kamen Kampfgeräusche – heftige Kampfgeräusche! Es muss etwas geschehen sein. Anders kann ich mir das Ganze nicht erklären!"
    "Uneinsichtig und stur wie immer. Und dann wundert er sich, wenn seine Anwesenheit in der Gilde keinerlei Beliebtheit genießt." Auf Yukiras Wangen trat erneut ein purpurner Schimmer, der ihrer angeknackten Laune zusätzlich Ausdruck verlieh. Sie wollte gerade zum verbalen Gegenschlag ansetzen, als ein unangenehmer Hauch ihr überempfindliches Geruchsorgan streifte. Instinktiv atmete der weibliche Dragon Slayer tief durch die Nase ein. Es roch nach... "Blut?!" Ihre zweifarbigen Augen weiteten sich überrascht. "Warum riecht es hier nach Blut? Womöglich ist nicht doch etwas passiert...oder?" Die Worte murmelte sie kaum hörbar vor sich hin, dennoch schien der Blondhaarige sie vernommen zu haben, denn er preschte nun regelrecht voran.
    Mit jedem Schritt schmolz die Distanz dahin und aus dem schwachen Ansatz wurde rasch der intensive Gestank von frischem Blut. Selbst Leon nahm ihn nun wahr. Ein angewidertes und zugleich alamiertes Zucken durchlief seinen Körper. Yukira schloss daraus, dass es nun nicht mehr weit bis zum Unfallort war.
    Die Bestätigung folgte sofort. Der Jugendliche blieb so abrupt stehen, dass sie geradewegs in ihn hineinkrachte und fast das Gleichgewicht verlor. Schon eine schroffe Predigt auf der Zunge, schaute sie an ihm vorbei, um freien Blick auf die Ursache des Stoppes zu haben. Der Kommentar blieb ihr jedoch im Hals stecken, denn was sie sah, erfüllte sie mit wirrem Entsetzen.
    Eine schmächtige Gestalt lag auf dem gepflasterten Weg. Die Kleidung war in ein helles Rot getränkt und klebte am zitternden Körper des Jungen, der anderweitig keinerlei Bewegungen erkennen ließ.
    "Er ... er ...", stotterte Leon in einem unverständlichen Ton. Blanker Schrecken zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Sein Zeigefinger wanderte in Richtung des Rotschopfes, der dort kläglich auf dem Boden lag. Seine schweren Atemzüge hingen in der angespannten Stille.
    Yukira hatte im Gegensatz zu ihrem Begleiter ihren Schreckensmoment schnell überwunden. Sie riss sich aus dem Griff und lief mit hastigen Schritten zu dem Fremden.
    Von Nahem sah das Ganze noch schrecklicher aus. Blut und Erbrochenes bedeckten den dürren Leib, der bebend auf den kalten Pflastersteinen ruhte. Die feuerroten Haare verwehrten einen Blick auf das Gesicht des Jungen, dennoch erkannte die Magierin ihn sofort wieder. "War er nicht vorhin auch auf der Lichtung und hat geholfen? Wenn ja, dann sollte ich ihn schnellstmöglich wieder auf die Beine kriegen."
    Sie griff kurzerhand nach seinen Schultern und rüttelte ihn kräftig."Hey! Wach auf! Was ist passiert? Weshalb ist hier überall Blut? Hey!" Ihre Stimme war laut und eindringlich, jedoch schien er sie nicht zu hören, denn es erfolgte keine Regung seinerseits. "Hey! Komm zu dir!" Ihr Schütteln wurde intensiver, eine Reaktion blieb allerdings aus. "Verflucht! Was mach' ich jetzt nur?"
    Es verstrichen einige Sekunden, ehe sie einen jähen Entschluss fasste. "Leon, komm her und mach dich wenigstens einmal nützlich, du Taugenichts!" Trotz des barschen Tonfalls folgte der hagere Junge ihrer Anweisung und watschelte ungeschickt zu ihr. Dass ihm diese Aktion widerstrebte, versuchte er gar nicht erst zu verbergen. "Pass auf den Kleinen hier auf. Ich seh mich mal im Haus um."
    Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, ging ein Zucken durch seine Gestalt. Panisch starrte er sie an. "D-Du willst da r-rein? I-In das Haus?! Bist du denn lebensmüde?! Da könnte weiß wer oder was lauern! Du rennst vielleicht in deinen sicheren Tod!" Er schrie fast. Seine Stimme klang schrill und aufgeregt. Die braunen Augen wurden glasig. "Du weißt nicht, was da passiert ist! Vielleicht wandelt da drin noch ein bewaffneter Einbrecher oder ein Mörder, vielleicht sogar Serienkiller, 'rum und wartet nur auf neue Opfer!" Seine Worte überschlugen sich. Hysterie drohte ihn einzunehmen. Sein schmaler Körper begann heftig zu zittern.
    "Jetzt hör mir mal gut zu, du Jammerlappen! Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass ein Verbrecher dumm genug ist, um am Tatort zu bleiben. Und selbst wenn da so eine dumpfe Trauergestalt 'rum geistert, es ist mir scheißegal! Und weißt du warum? Ich hatte heute den beschissensten Tag seit langem! Ich bin müde, fertig und hab keinen Bock mehr! Also tu mir den Gefallen und lass mich diesen verfluchten Mist erledigen, damit ich endlich nach Hause kann!" Sie erhob ihre Stimme nicht, jedoch ließ der knurrende Unterton Leon zurückschrecken. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, verschwand sie in der weit aufgerissenen Tür.


    Schon an der Schwelle empfing sie gähnende Schwärze. Kein noch so kleiner Schein erhellte den Raum und auch nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie nur schwache Silhouetten in unmittelbarer Nähe erkennen. Der Rest verlor sich in der immer finsterer werdenden Länge des Flures. Die Augen halb zusammengekniffen, im vergeblichen Versuch mehr wahrzunehmen, tastete sich Yukira durch das Zimmer. Der intensive Geruch von frischem Blut brannte mit jedem Augenblick, in dem sie sich hier aufhielt, heftiger in ihrer empfindlichen Nase. "Verdammter Shit ist das! Als ob ich nichts besseres zu tun hätte, als nach imaginären Leichen zu suchen!" In den geflüsterten Worten schwang ihre ganze Wut mit. Die gesamte Situation löste in ihr zwar eine leichte Unruhe aus, wirklich besorgt war sie deswegen jedoch nicht. Viel mehr fühlte sie sich wie in einer billigen Schmierenkomödie, wobei Leons übertriebene Paranoia nicht ganz schuldlos bei dem Ganzen war.
    "Ich fühl mich auf groteske Weise verarscht. Oh ja, verarscht trifft es nahezu perfekt...Hat diese verfluchte Bude eigentlich sowas wie 'nen Lichtschalter?!" Etwas orientierungslos irrte Kira an der Wand entlang, auf der Suche nach besagtem Schalter. Es dauerte ein wenig, doch schließlich wurde sie fündig. Ihre Finger ertasteten einen länglichen Knopf. Augenblicklich flackerte ein breiter Lichtlacrima an der Decke auf und spendete einen milden Schein. "Na also, geht doch", bemerkte sie trocken. "Dann wollen wir uns doch mal der sinnlosesten Zeitverschwendung überhaupt hingeben. Als ob–" Der restliche Satz blieb ihr im Hals stecken, denn ihr Blick haftete auf der Treppe – oder besser gesagt, auf dem, was unmittelbar vor der Treppe lag. Ein gehauchtes "Oh mein Gott" entfloh ihrer Kehle. Das Entsetzen, das soeben ihre Wut ablöste, zeichnete eine fassungslose und zugleich überraschte Miene auf ihr Gesicht.
    Der Körper eines Kindes. Umgeben von einer großflächigen Blutlache, lag er bäuchlings auf dem Boden. Eine Wunde klaffte deutlich sichtbar im Rücken. Dass dem Kleinen nicht mehr zu helfen war, wusste die Magierin sofort.
    Schockiert und angewidert von dem Anblick wie dem mittlerweile absolut unerträglichen Blutgeruch, wandte sie sich ab. Mit raschen Schritten verließ sie das Haus und knallte, kaum dass ihr Fuß wieder das Pflaster berührte, die Tür zu. Sie verharrte eine Weile in dieser Position. Der Gestank von Tod klebte noch immer an ihrer Nase.


    Was sie jedoch nicht bemerkt hatte, war, dass sich auf der Straße etwas getan hatte. Leon stand noch wie erstarrt an demselben Fleck wie zuvor und sein Körper bebte noch immer vor Schrecken. Doch der Rothaarige lag nicht mehr vor dem Jungen, wie es zuvor der Fall gewesen war. Stattdessen standen drei stämmige Männer vor ihm und versuchten auf ihn einzureden. Yukira betrachtete die Gestalten etwas genauer und kniff dabei die Augen skeptisch zusammen. Die Kerle hatten Helme auf dem Kopf, die ähnlich einer Schüssel spitz zugingen und aus mattgrauem Metall waren. Gleich war es mit der Rüstung, die ihre Brustkörbe bedeckten. Unter dieser trugen sie zudem noch ein braunes Wams, was aber nur an den Schultern ein wenig herausschaute, denn die Arme waren weitgehend auch mit reichlich Panzerung versehen. An den Hüften hatten sie breite Ledergürtel angelegt, woran jeweils eine schwere Schwertschneide hing. Ebenso fielen über die Hose, die sie am Leib trugen, weitere Lederbände, die ebenso wie der Rest dieses Krimskrams für Schutz sorgen sollten. Die Beine waren wie die Arme von Schutzpanzerungen versehen und die Füße waren mit plumpen Schuhen bestückt. Alle drei Soldaten hatten eine recht stämmige Figur und eckige Kinns, als würden für diesen Beruf gerade die grässlichsten Gestalten ausgesucht, um Angst und Schrecken zu verbreiten – zumindest bei „normalen“ Menschen. So einer war Leon, der in Gegenwart dieser drei Wachen kein Wort rausbekam. In diesem Moment schaltete sich Yukira ein, die mit zielstrebigen Schritten auf besagte Personen zumaschierte. Ihr Blick war düster und ohne jegliche Förmlichkeiten fragte sie harsch:
    „Wo ist der Rotschopf?!“ Die Wachen betrachteten sie mit Skepsis, so als wären sie von dem bissigen Ton vollkommen überrumpelt. Sie schauten einander an und schienen die Münder nicht aufzubekommen. Leon hingegen pikste Yukira unsicher in die Seite, die ihn daraufhin gefährlich anblitzte. Als er jedoch vorsichtig mit seinem Zeigefinger die Straße entlang zeigte, konnte sie mit Anstrengung zwei schemenhafte Gestalten im Dunkel erkennen. Der eine schien ein riesiges Rückgrat zu haben, wodurch sie vermutete, dass er hinter der Entführung des Jungen steckte. Vermutlich hätte sie den Geruch der Menschen auch noch wahrnehmen können, würde das Blut ihre Sinne nicht regelrecht benebeln. Sie musste sich beeilen, um die Schatten nicht aus den Augen zu verlieren.
    „Hören Sie mal, Madam“, begann einer der Männer mit einem spöttischen Klang in der Stimme, „wenn Sie nicht auch noch unter Verdacht geraten wollen, sollten Sie schleunigst das Weite suchen. So eine hübsche Dame sollte sich doch nicht bei schaurigen Taten herumtreiben, schon gar nicht des Nachts, nicht wahr? Zwar wissen wir noch nicht, was passiert ist, aber der kleine Pimpf hier sagte uns alles, was er gesehen hat.“ Mit einem dreckigen Grinsen entblößte er seine gelben Zähne und stieß ein raues Lachen aus. Seine Kameraden taten es ihm gleich. Dann legte er seine breite Hand auf ihre Schulter und setzte fort:
    „Daher, meine Liebe, können Sie sich gerne in ihr nächtliches Kämmerchen verziehen, ihren üblichen Spaß mit Männerbälgern haben und den Rotschopf sowie das, was hier geschehen ist, ganz schnell vergessen.“ Wieder schallte seine Lache durch die nächtlichen Straßen. Dann schaute er Yukira wieder eindringlich an, deren Gesicht rot vor Zorn war. Dieser Kerl hatte das Fass doch tatsächlich nun endgültig zum Überlaufen gebracht …


    "Nimm deine widerliche Pranke da weg", zischte sie. Es kostete sie ein nahezu unmenschliches Maß an Selbstherrschung, dem Kerl nicht sofort an die Kehle zu springen. Dieser hatte ihre Worte entweder nicht vernommen oder er hatte Spaß daran, ihre bodenlose Wut weiter zu schüren, denn er legte seine freie Hand gegen das Ohr und tat, als hätte er Probleme, sie richtig zu verstehen. "Haben Sie was gesagt?" Sein Lachen wurde lauter. "Ich kann Sie nicht hören."
    Da war er. Der Funken, der die Bombe nun schlussendlich zum Explodieren brachte. Ehe der Hüne sich versah, donnerte Yukiras Fuß geradewegs in sein unförmiges Gesicht hinein und schleuderte ihn mit dem Kopf voran gegen die nächstbeste, nahegelegene Steinmauer, wo er mit einem unangenehm knackenden Geräusch zusammensackte. Perplex starrten seine gepanzerten Kollegen sie einige Sekunden lang an, bevor wilder Jähzorn in ihren Augen aufflammte. Raue, fast schon animalische Schreie erfüllten mit einem Mal die Nacht. Die Magierin hatte dafür nur ein müdes Lächeln übrig.
    Schon preschte der Erste voran, kurz darauf gefolgt von seinem Kameraden. Das Scheppern und Rasseln der Rüstungen klang bedrohlich. Leon stieß dicht hinter ihr immer wieder tränenerstickte, panische Laute aus, die an das wehleidige Jammern eines kleinen Kindes erinnerten.
    "Reiß dich gefälligst mal zusammen!", fuhr sie ihn scharf an, während ihre mit Wasser umhüllte Faust sich in die Visage des einen Soldaten grub. In dem Schlag entlud sich ihre gesamte Wut. Der Kerl prallte von der Wucht mit dem Rücken kraftvoll gegen die Außenwand des Hauses, in dem sich die blutgetränkte Leiche des Jungen befand. Mit einem lauten Stöhnen rutschte er am Gestein hinab und blieb dort in halb sitzender Position liegen.
    Kaum war der Nächste aus dem Feld, da stürmte schon der letzte Berg mit hoch erhobenem Schwert heran. Die Klinge blitzte gefährlich im schwachen Mondlicht auf.
    Unbeeindruckt von der Waffe, wich Kira den leicht ungelenken Hieben aus. Diese gepanzerten Hünen waren alles andere als schwierige Gegner. Sie verstanden sich blendend auf das Einschüchtern von Zivilisten – Leon war ein gutes Beispiel dafür –, an Kampferfahrungen mangelte es ihnen jedoch offenbar gänzlich. Sie machten zu viele überflüssige Bewegungen und so unbesiegbar sie durch ihren Berg an Muskeln auch schienen, vermutlich hatten sie nie richtig gelernt, diese Kraft effektiv zu nutzen.
    Ihre Hand schoss vor und fing den kommenden Schlag ab. Ein dicker Eiskristall in der Handfläche sorgte dafür, dass die Schneide sie nicht verletzte. Das Schwert war zweifelsohne scharf genug, um tiefe Wunden zu hinterlassen. Das Eis wuchs und umschloss schließlich den Griff samt festhaltender Pranke. Aus geweiteten Augen starrte der Soldat sie überrascht und wütend zugleich an. Scheinbar hatte er nicht mit Magie gerechnet.
    "Hör mir mal gut zu, du Schießbudenfigur...Ich hab beim besten Willen keine Ahnung, was ihr hier wollt oder wer euch geschickt hat. Aber ich weiß, dass ich solche billigen Ritterimitationen wie euch bisher noch nie in Clover gesehen hab – und ich komme recht häufig in Kontakt mit unseren kleinen Ordnungshütern. Es ist mir im Endeffekt auch scheißegal, weshalb ihr dämlichen Trauergestalten hier 'rumspukt." Sie funkelte ihn angriffslustig an. Ihr Tonfall war knurrend und trotz der deutlichen Erschöpfung in ihrer Stimme, wich der Mann einen merklichen Schritt zurück.
    "Ich will im Moment nur wissen, was ihr von dem Rotschopf wollt beziehungsweise wo ihr ihn hinbringt. Ich bezweifle stark, dass ihr Widerlinge seit heute hier die Helden der Justiz spielt...Also, wo zerrt dein Freund den Kleinen hin?! Sag's mir oder du liegst gleich bei deinen verunstalteten Kameraden und weißt nicht mehr, wo oben und unten ist", zischte sie wutentbrannt. Geduld war im Augenblick so ziemlich das Letzte, was Kira hatte, dennoch ließ sich der Soldat einige Sekunden Zeit, ehe er eine Antwort lieferte. Eine recht karge wie dreiste noch dazu. Der gereizte Ausdruck kehrte in seinen Blick zurück. "Was geht dich das an, heh?! Steckst du mit dem elenden Pimpf unter einer Decke, oder was? Verzieh dich heim und geh deinen Spielchen nach, Kleine!" Der Druck erhöhte sich trotz der eingefrorenen Hand rapide und der Eiskristall begann zu splittern.
    "Sieh an, Arschgesicht kann ja doch was." Yukiras Augen verengten sich zu Schlitzen. Sie hob ihre andere, Wasser umhüllte Faust und setzte zum Schlag an, hielt jedoch abrupt inne. Ein scharfer Schmerz jagte plötzlich durch ihre Gliedmaßen und konzentrierte sich einseitig am Schulterbereich sowie knapp über dem rechten Fußknöchel. Die angespannte Muskulatur ihres Armes erschlaffte kurzzeitig, bevor sie sich wieder mit einer solchen Intensität verkrampfte, dass die Magierin einen Aufschrei unterdrücken musste. Die geballte Hand sackte übergangslos herunter. Ein gequältes Stöhnen glitt zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen hindurch.
    "Warum muss das ausgerechnet jetzt passieren, eh? Verdammte Scheiße nochmal! Als ob ich sowas gerade brauchen könnte!!"
    In einer raschen Bewegung löste sie den Griff um die Schwertschneide und wich einige Schritte zurück, wobei sie ihr Gewicht auf das linke Bein verlagerte. Die nun freigewordene Hand presste sie auf den brennenden Oberarm. Das intensive Pulsieren des Lacrimas unter den Stoffschichten war deutlich zu spüren. "Gottverfluchter Shit! Irgendwann reiß ich all diese verdammten Scheißdinger aus meinem Körper! Und wenn es mich das Leben kostet!"
    Dass ausgerechnet in diesem Moment ihr Körper anfing, ihr übel mitzuspielen, schien dem Hünen große Freude zu bereiten, denn seine wulstigen Lippen verzerrten sich zu einem höhnischen Grinsen. "Na, was ist los, Kleine? Aufgehört große Töne zu spucken, heh? Hast den Mund wohl zu voll genommen!" Der spöttische Tonfall in seiner rauen Stimme sorgte nicht unbedingt dafür, dass Yukiras Wut sich milderte, eher im Gegenteil. Sie konnte im Augenblick jedoch nicht viel ausrichten. Anhand der Schmerzen wusste sie nicht nur, dass sie die Kristalle zur Krafterhöhung überanstrengt hatte. Nein, auch dass die Geschwindigkeit des Zersetzungsprozesses soeben begonnen hatte, sich zu erhöhen. Was wiederum bedeutete, das kleine Maß an Magie, was sie noch übrig hatte, war relativ bald aufgebraucht. Und die Reaktionen in ihrem Körper, die dem folgen würden, kannte sie nur zu gut.
    "Gottverdammt! Ich muss auf der Stelle hier weg und dem Rotschopf hinterher! Diese dummdreiste Schießbudenfigur knöpf ich mir ein anderes Mal vor, ungeschoren kommst du mir nicht davon!"
    Sie verzog das Gesicht, als sie ihr Gewicht zurück auf das geschwächte Bein verlagerte. Mit Mühe sammelte sie den letzten Rest Magie, den sie noch verwenden konnte, ohne sofort Blut spuckend zusammenzusacken, im linken Fuß und trat in einer schnellen Bewegung dem Soldaten die Beine weg, sodass dieser haltlos der Länge nach hinkrachte. Seine Rüstung schepperte dabei ohrenbetäubend laut in der Stille.
    "Ich hab grad keine Zeit, weiter mit dir zu spielen. Man sieht sich noch", knurrte sie und machte sich augenblicklich daran, den vierten Kerl zu verfolgen. Den gänzlich aufgelösten Leon ließ sie einfach zurück.


    So schnell es ihre erschöpfte Muskulatur zuließ, stürmte Yukira durch die Straßen. Den scharfen Schmerz, der an ihren Gliedmaßen fraß, versuchte sie dabei so gut es ging auszublenden. Der Hüne, der, wie sie vermutete, hinter der Entführung des schmächtigen Kerlchens steckte, hatte in den wenigen Minuten, die sie benötigt hatte, um den Weg freizuräumen, offenbar ein ordentlichen Tempo an den Tag gelegt, denn nirgendwo war auch nur eine Spur von den Beiden zu erkennen, egal wie viele Gassen sie auch durchsuchte. Da der Geruch von Blut noch immer ihre Sinne benebelte, konnte sie sich in dieser Situation auch nicht auf ihre empfindliche Nase verlassen. Die Magierin tappte also vollkommen im Dunkeln.
    "Mist, verdammter! Was mach' ich jetzt? Die können wohl kaum vom Erdboden verschluckt worden sein!" Kira biss sich unbewusst auf die Unterlippe. Der Wut mengte sich nun wachsende Sorge und steigendes Unbehagen bei. Eine Mischung, die nicht gerade zur Beruhigung der eigenen Nerven beitrug, wenn man ehrlich war. Sie hatte nicht wirklich einen Anhaltspunkt, wohin der Kleine verschleppt werden konnte, da sie diese gepanzerten Muskelberge, die scheinbar vorgaben, fortan die Rolle der Justizhelden zu spielen, bis vor wenigen Augenblicken noch nie in Clover gesichtet hatte. Umso mehr beunruhigte sie es nun, dass der Soldat den Rotschopf einfach mitgenommen hatte. Jeder Blinde hätte erkannt, dass der Junge als Verdächtiger für einen Mord wohl kaum in Frage kam. Dafür war er zu aufgelöst gewesen, und ein solch hohes Schauspieltalent, einen Schock so realitätsgetreu vorzuspielen, traute sie ihm beim besten Willen nicht zu. Entweder erlaubten sich diese Ritterimitationen also einen äußerst miesen Scherz oder ihnen mangelte es an wesentlich mehr Erfahrung, als sie angenommen hatte. Irgendetwas stimmte hier ohnehin nicht. Wo kamen die Hünen überhaupt her? Die Kleinstadt hatte mehr als genug Ordnungshüter, die ihrer Arbeit pflichtbewusst und effizient nachgingen – davon konnte die Neunzehnjährige ein ganzes Album singen. Einen Grund zur Verstärkung, geschweige denn Auswechslung gab es demnach nicht. Weshalb kreuzten also so plötzlich irgendwelche vor Testosteron strotzenden Kerle auf, die sich aufführten, als wären sie der (neue) Arm des Gesetzes? "Das Ganze stinkt doch bis zum Himmel! Wegen den heutigen Vorkommnissen kann das unmöglich passiert sein...Ich hoffe es nicht, aber vielleicht hatte Cassy mit ihren Befürchtungen doch recht...Wenn das tatsächlich der Fall ist, dann stehen wir vor einem wirklich riesigen Problem..."
    Während sie ihren Gedanken nachging, hatte der Himmel seine Schleusen geöffnet und ein starker Platzregen benetzte die Erde. Die kalten Tropfen, die an ihr hinabrannen, waren nicht nur Balsam für ihre leicht fiebrige Haut, sondern sie sorgten auch dafür, dass Yukiras Jähzorn sich allmählich linderte und ihr Magievorrat langsam aber stetig wieder anstieg. Sicherlich, so mancher hätte ihr irritiert oder Kopf schüttelnd, vielleicht sogar vollkommen entgeistert hinterhergesehen, wenn man sie so, mit weit ausgestreckter Zunge und etwas erhobenem Kopf, grimmig und gedankenversunken vor sich hin starrend, an sich vorbei hetzen sah, aber eine bessere Möglichkeit, das Wasser schnellstmöglich in ihren geöffneten Mund zu befördern, fiel ihr spontan nicht ein. Es war ohnehin ein kleines Wunder, dass sie dabei nicht über ihre eigenen Füße stolperte, war ihre Geschwindigkeit doch nicht unbedingt gering. Man konnte wohl eher von Glück sprechen, dass keine Menschensseele hier draußen umherlief. Wer weiß, ob die Magierin sie in ihrer Hast nicht eventuell umgerannt hätte?
    Der Regen füllte sie nicht nur mit neuer Energie, er wusch auch den benebelnden Blutgeruch fort, sodass Kira ihre empfindliche Nase nun für die Suche verwenden konnte. Es war nicht unbedingt ein leichtes, bei dem Guss, der nicht nur diesen Gestank vertrieb, etwas wahrnehmen zu können, und es kostete einiges an Konzentration, doch schließlich hatte sie eine, wenn auch schwache Spur.
    Die gesamte Aufmerksamkeit darauf fixiert, dem schon schwindenden Hauch zu folgen, erhöhte die Schwarzhaarige noch einmal ihr Tempo und preschte nun regelrecht voran. Das Stechen in ihren Gliedern, besonders in ihrem Bein, wurde augenblicklich schärfer und sie verzog unwillkürlich das Gesicht vor Schmerzen. Sobald diese Verfolgungsjagd vorbei war – und das war sicher – würde sich ihr Körper für die Strapazen bedanken. In Form eines herrlich langen Muskelkaters, der von der Grausamkeit sogar Cassandras Zorn in den Schatten stellte. Daran hatte der weibliche Dragon Slayer keinerlei Zweifel.


    Die Straßen mündeten allmählich in schmalere Gassen, was bedeutete, das man die winzige Innenstadt hinter sich gelassen hatte. Der leichte Geruch war mittlerweile trotz des Platzregens wesentlich stärker geworden. Die Beiden konnten also nicht mehr allzu weit entfernt sein, es war nur noch eine Frage der Zeit. Wie zur Bestätigung tauchten auch schon nach wenigen Minuten verschwommene Silhouetten im Dunkeln auf, die mit etwas Anstrengung sogar recht gut erkennbar waren. Es hätten durchaus auch normale Zivilisten sein können, die sich trotz des schlechten Wetters draußen aufhielten. Da dies aber zum Einen mehr als unwahrscheinlich war und zum Anderen einer der Schatten ein verräterisch breites Rückrat besaß, bestand kein Zweifel. Bereit zum Endspurt, steigerte Yukira ein letztes Mal ihr Tempo und die Distanz zwischen ihnen schmolz in Windeseile dahin. Sie hatte inzwischen wieder genug Magie gesammelt, um sich auf einen Kampf einlassen zu können – wenn auch nur auf einen äußerst kurzen. Das Ganze musste ein schnelles Ende finden, sonst sah es mehr als schlecht für sie aus. Der Regen hatte zwar einiges wiederhergestellt, durch die große Belastung der angegriffenen Muskulatur hatte sich jedoch auch der Schwund erhöht. Somit würde ihre Magie auch nicht mehr allzu lange ausreichen.
    "Dann wollen wir mal auf ins Gefecht!" Die Hände leicht erhoben, entglitt ein leises "Kairyuu Senbi" ihrer Kehle. Augenblicklich schossen mehrere peitschenartige Gebilde aus Wasser auf den Soldaten zu und schlangen sich um die stämmige Gestalt. Die letzten Meter waren rasch überbrückt und die flüssigen Stränge hinderten den Hünen gleichzeitig daran, sich weiter fortzubewegen, sodass dieser wie sein gepanzerter Freund zuvor der Länge nach fiel. Der Rotschopf, der auf seiner Schulter ruhte, rutschte ab und wurde in letzter Sekunde von zwei vor Schmerzen zitternden Armen knapp über dem Boden aufgefangen, ehe er auf die nassen Pflastersteine knallen konnte.
    "Verdammtes Gör! Was soll das, eh?!" Die raue Stimme des Mannes dröhnte laut in der schweren Nachtstille, was sie umso bedrohlicher klingen ließ. Kiras überraschter Blick wechselte übergangslos zu einer perplexen Mimik, den Sturz hatte er einfach einhändig abgefangen. Das an sich war nicht wirklich eine Meisterleistung, aber was dem folgte, löste in der Schwarzhaarigen leichtes Unbehagen aus. Als gäbe es keine Stränge, die sich mit immer weiter wachsendem Druck um seinen Körper wanden, stand er kurzerhand auf. Zeitgleich zersprangen die Fesseln und der Soldat hatte wieder volle Bewegungsfreiheit. Ihre Angriffskraft schien offenbar doch mehr gelitten zu haben, als sie geahnt hatte. Die grauen Augen jähzornig auf Yuki gerichtet, stieß er ein animalisches Knurren aus, ehe seine geballte Pranke vorschoss – Yukiras Gesicht als Ziel.
    Diese wich dem Schlag ungelenk aus, indem sie sich ein wenig nach hinten warf und so außer Reichweite schlitterte, wobei sie mit dem Gleichgewicht zu kämpfen hatte. Das Gewicht des Jungen war erstaunlich leicht, dennoch reichte es aus, um das Brennen in ihren Armen zu vervielfachen. Normalerweise wäre dieser wandelnde Muskelberg kein Gegner für sie, doch sah die Situation derzeit vollkommen anders aus. Die Lacrima hatten begonnen, ihren Körper innerlich anzugreifen und ihre Magie war unter die Grenze gesunken, in der sie die Wirkung der Kristalle noch neutralisieren konnte. Mit jedem Augenblick stieg die Intensität der Schäden ein kleines Stück mehr und ihre Muskulatur wurde schwächer, während die Schmerzen wuchsen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Folgen dessen einsetzten.
    Zeit, den Rotschopf aus der unmittelbaren Gefahrenzone zu bringen, blieb ihr nicht, denn der Hüne stürmte bereits voran. Zu schnell, als das ihr von Erschöpfung getrübter Verstand rechtzeitig reagieren konnte. Die Faust traf sie knapp neben dem Sonnengeflecht, stark genug, um sie gegen die nächste Mauer zu schleudern. Die Wucht des Aufpralls sorgte dafür, dass ihre verkrampften Finger sich lösten und der Junge aus ihrem Griff fiel. Reflexartig fing die Magierin zumindest den Oberkörper notdürftig ab, ehe sie ihn vorsichtig auf den Boden legte.
    "In meinem jetzigen Zustand komm ich unmöglich gegen ihn an...Ich muss versuchen, ihn wenigstens irgendwie zurückzutreiben, sonst kommen wir hier nicht weg. Er dürfte momentan wohl sowieso schneller sein als ich..." Ein Hustenanfall unterbrach ihre Gedanken. Augenblicklich jagte eine sengende Welle durch ihre Brust. Einzelne Tropfen fielen auf das nasse Pflaster, wo ihre dunkle Farbe das Regenwasser leicht rötlich färbte. "Verfluchter Shit! Sinkt meine Magie etwa schneller, als vermutet? Wenn das wirklich der Fall ist, muss ich mich schleunigst beeilen!" Wie auf's Stichwort verschwand plötzlich links die Umgebung hinter einem schwarzen, blickdichten Schleier. Die Magie reichte nicht mehr aus, um den Zauber aufrechtzuerhalten, sodass anstelle ihres grünen Auges nun ein helltürkisfarbener Kristall sichtbar wurde. Ihr Blick glitt zu dem Soldaten, auf dessen Lippen ein breites, sadistisches Grinsen lag. Er hatte die Veränderung offenbar nicht bemerkt. "Was denn, sowas kleines macht dich schon fertig? Wie langweilig." Der triefende Spott in seiner Stimme ließ Kiras Wut erneut aufflammen. Am liebsten hätte sie ihn nach allen Regeln der Kunst eines besseren belehrt, jedoch war das in der momentanen Lage alles andere als möglich. Würde sie nun auf ihn losgehen, wäre der Kleine verloren und sie am kommenden Morgen des Todes. So sehr es ihr auch missfiel, es blieb nur eine einzige zwangsläufige Option: Flucht. Sie musste sich den Rotschopf packen und das Weite suchen.
    Ein weiterer Hustenanfall entfuhr ihrer Kehle. Diesmal fand eine wesentlich größere Menge Blut seinen Weg aus ihrem Körper. Was ihren Gegenüber scheinbar prächtig amüsierte, denn mit einem Mal erfüllte sein widerliches, von Grunzlauten dominiertes Lachen die Nacht. "Jetzt schon am Arsch, wie erbärmlich! Hast dir wohl zu viel zugemutet, heh? Verdammtes Drecksgör!"
    Yukira ignorierte die Worte weitgehend und sammelte so viel Magie wie noch entbehrlich war, um eine letzte Gegenwehr zu starten."Das ist doch glatter Selbstmord...Irgendwann brech ich unter dem Scheiß noch zusammen..." Sie biss sich unbewusst auf die Unterlippe bei dem Gedanken. Es stimmte, irgendwann würden diese inneren Angriffe sie das Leben kosten. Und da bisher keiner der unzähligen Ärzte, an die sie sich schon gewandt hatte, egal ob normal oder Magier, ihr hatte helfen können, war eine Aussicht auf Heilung nahezu aussichtslos. Was es nicht eine seltsame Ironie, dass die Magie ihres künstlichen Herzens, die ihr Überleben sicherte, gleichzeitig auch den Beschleuniger für ihren eigenen Tod darstellte?
    Kira schüttelte energisch den Kopf, um die finsteren Gedanken loszuwerden. "Konzentrier dich! Es gibt jetzt wesentlich wichtigeres, als dein mögliches Ableben in ferner Zeit!" Sie hob die Hand und im selben Moment wurde die Menge gebündelter Magie in H2O verwandelt, das sich blitzartig um den Soldaten schloss und ihn so in einer verhältnismäßig kleinen Kugel aus Wasser einsperrte. Um ein schnelles Entkommen zu verhindern, überzog sie das provisorische Gefängnis sofort mit einer dicken Eisschicht.
    Kaum war der runde Käfig vollendet, machte sich unmittelbar der hohe Magieverlust bemerkbar. Eine weitere Schmerzenswelle zwang die Neunzehnjährige zu Boden, wo sie einen regelrechten Schwall an Blut erbrach. Schwindel überkam sie und winzige schwarze Punkte tanzten schwach vor ihren Augen. Das kraftvolle Hämmern des Hünen drang dumpf an ihre Ohren. "Reiß dich zusammen! Schnapp dir den Kleinen und hau ab! Selbst mit seinen Muskeln wird der Kerl 'ne Weile brauchen, um da rauszukommen! Nutz die Chance und mach, dass du hier wegkommst!", schrie eine Stimme in ihr. Der aufgebrachte, energische Klang sorgte dafür, dass Yukira sich wieder fing. Sie richtete sich, wenn auch mit großer Mühe wieder auf und hastete schwankenden Schrittes zu dem Jungen. Dieser hatte sich in der kurzen Zeit kein Stück weit von seinem Platz entfernt. Offenbar stand ihm der Schock doch wesentlich tiefer in den Gliedern, als sie vermutet hatte.
    Ein paar ungelenke Handgriffe und er lag schließlich auf Kiras Rücken, wobei der Halt mehr improvisiert als sicher schien. Mit einem letzten raschen Blick zu dem Gepanzerten, der noch immer wild gegen das Eis schlug, welches bereits Riss bekam, wie die Magierin zu sehen glaubte, lief sie so schnell es ihr mit den Belastungen möglich war los. Der Hüne starrte zornig brüllend hinterher, wie die Beiden zwischen den Häusern verschwanden.


    Yukira hätte hinterher nicht sagen können, wie viel Zeit verstrichen war, während sie sich mit ihrem ohnmächtigen Begleiter durch die dunklen Gassen von Clover bewegte. Angst, dass der Soldat sie verfolgen könnte, verspürte sie nicht, denn ihr Weg führte durch die verlasseneren Viertel der Kleinstadt. Auf diese Weise kostete es zwar wesentlich mehr Zeit, aber wenigstens konnte sie so sicher sein, dass weder der Kerl sie aufspüren noch irgendwelche Passanten sie entdecken konnten. Wie eine Reaktion von Seiten eines Zivilisten ausfiel, wenn letzteres eintrat, kann man sich wohl vorstellen. Hier spukte eine Gestalt durch die Gegend, die optisch mehr einem Poltergeist als einem erschöpften Menschen glich. Blasse Haut, auf der das verlaufene Blut in ihrem Gesicht besonders gut zu Geltung kam; leicht unterlaufene Augen, von denen eines im schwachen Mondlicht in einem unheimlichen, fast schon gespenstischen Grün leuchtete und auf dem Rücken ein regloser Körper, vollständig in Rot und Erbrochenes getränkt – aus Yukiras Sicht hatte das bei sensiblen Personen durchaus Traumapotential. So konnte man nur hoffen, dass sich unter den neuen Mitgliedern kein empfindliches Gemüt befand, denn allzu lang dauern würde es nicht mehr, bis sie das Gildenhaus erreichten. Der Kleine war dort am besten aufgehoben. Damien würde sich seiner annehmen. Der Anblick der Kinderleiche war sicherlich nicht spurlos an der Psyche des Rotschopfes vorbeigegangen. Um ehrlich zu sein, traute sie ihm auch nicht wirklich zu, einen solchen Mord gefasst aufzunehmen – so wie sie. Aus irgendeinem unbekannten Grund schien ihr der Tod des Jungen nicht wirklich nahezugehen. Es war einfach eine unschön anzusehende und entsetzliche Tat, mehr nicht. Sie fühlte keinen schweren Schock wie der Kleine auf ihrem Rücken, keine Trauer, dass einem Kind die Opferrolle zuteil war – nur Bedauern. Bedauern darüber, dass jemand sich das Recht herausgenommen hatte, ein Leben leichtfertig zu beenden.
    "Was zur Hölle ist eigentlich los mit mir? Ich hab da drinnen einen ermordeten Jungen gesehen! Jeder normale Mensch würde in einem Chaos von Empfindungen regelrecht untergehen, würde panisch abhauen oder versuchen, den Kleinen zu reanimieren, die Polizei verständigen und sonst noch was – und ich? Was mach ich? Ich verzieh mich nur, weil mich der Anblick hauptsächlich anwidert und ich den Blutgeruch nicht ertragen kann! Das Kind an sich war mir doch scheißegal, machen wir uns nichts vor!" Ein düsterer Schatten huschte über ihr Gesicht. "...Was zur Hölle stimmt mit mit nicht...?"
    Je intensiver sie über den Vorfall nachdachte, desto heftiger wurden ihre Kopfschmerzen, bis sie es schließlich nicht mehr aushielt. Sie verbannte das Thema aus ihrem Gedächtnis, der Rotschopf hatte momentan Vorrang! Zeit, weiter darüber zu grübeln, hatte sie ohnehin nicht, denn sie hatten inzwischen die östliche Stadtgrenze und somit auch fast das Gildenhaus erreicht.
    Den Rest des kurzen Weges überlegte Yukira, ob und wie viel sie dem Heilmagier eigentlich erzählen sollte. Er würde sicherlich nachfragen und daraus konnte sich rasch ein Verhör entwickeln. Da sie allerdings schnellstmöglich nach Hause wollte, war es wohl besser, wenn sie das Ganze nur oberflächlich anschnitt – zumindest die Ursache für ihr geisterhaftes Erscheinungsbild.


    Mit einem Tritt schwang die breite Doppeltür auf und Yuki betrat schleppenden Schrittes die Halle. Damien, der wie so oft hinter der Theke stand und seiner Arbeit nachging, begrüßte sie ohne aufzublicken mit einer trockenen Bemerkung: "Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du die Tür nicht auch noch beschädigen würdest, Kira." Diese hatte dafür nicht mal ein müdes Lächeln übrig. Sie war erschöpft, alles in ihr schrie vor Schmerzen und es kostete sie ein nahezu unmenschliches Maß an Beherrschung, nicht einfach zusammenzusacken und das immer wieder hochkommende Blut auszuspucken. "Spar dir deine Kommentare und mach dich nützlich, ich hab hier ein kleines Problem." Ihre Stimme klang leicht brüchig, was den Schwarzhaarigen dazu veranlasste, den Kopf zu heben. Der fragende Ausdruck wich jedoch sofort verwirrtem Entsetzen, als er Yukira flüchtig musterte. Seine Augen weiteten sich, Skepsis und Sorge zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. "Bei allen guten Geistern, was ist denn wieder mit dir passiert?! Du siehst aus, als wärst du dem Grab entstiegen!"
    Ihre Lippen verzogen sich zu einem Schatten ihres üblichen, frechen Grinsens. "Mach dir mal um mich keine Sorgen. Nur eine kleine Auseinandersetzung auf dem Rückweg, nicht der Rede wert. Das Hauptproblem liegt auf meinem Rücken." Sie drehte sich ein wenig, sodass Damien den ohnmächtigen Rotschopf sehen konnte. Augenblicklich eilte der Heilmagier zu ihr, um den Jungen genauer in Augenschein zu nehmen. Von Nahem schien ihn das Ganze noch mehr zu beunruhigen. "Yuki, bring ihn bitte ins Krankenzimmer, ich komme gleich nach", war allerdings das Einzige, was er dazu sagte. Sein Tonfall war dabei nicht unbedingt herzlich. Dem Drang widerstehend, ihn zurechtzuweisen, weil er sie "Yuki" genannt hatte, nickte sie nur knapp und folgte leise vor sich hin murrend seiner Anweisung.


    Schließlich war der Weg bezwungen, die Schmerzen in ihren Beine geschürt und der Kleine in eines der Betten gelegt, als Damien auch schon hereinschneite. Seine Miene war düster. Scheinbar missfiel es ihm, dass nach heute Nachmittag noch ein weiterer Patient aufgetaucht war, den es zu versorgen galt. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, marschierte Yukira geradewegs Richtung Tür. Sie wollte schnellstens hier weg, bevor ein gewisser Jemand ihr Löcher in den Bauch fragen konnte. Ihr Plan wurde allerdings sofort zunichte gemacht, denn seine Hand schloss sich plötzlich um ihr Handgelenk. "Sag mir, was passiert ist, Kira. Du weißt genau, dass ich mich mit so einer schlechten Notlüge nicht zufrieden gebe. Also, was ist passiert? Du kannst dich doch kaum noch auf den Beinen halten. Erzähl mir nicht, dass so etwas wegen einer kleinen Auseinandersetzung zustande kam." Während er sprach, klang seine Stimme noch kühler als sonst und Yukira konnte den intensiven Blick, mit dem er sie bedachte, deutlich spüren. Das war Damiens ganz eigene Art, seine Sorge auszudrücken. Nicht unbedingt leicht verständlich, aber er war noch nie ein Mann großer Gefühlsregungen gewesen.
    Ein lauter Seufzer entglitt ihrer Kehle. Über die rechte Schulter hinweg blickte Kira ihn an, sodass er ihr anderes, geschlossenes Auge nicht sah. Auf ihrem Gesicht lag ein düsterer Schatten. "Hör zu, Damien...Das Haus, in dem Leon Kampfgeräusche gehört hat – in dem Haus ist ein Mord geschehen. Jemand hat dort einen kleinen Jungen kaltblütig umgebracht...Der Rotschopf lag draußen vor der Tür, blutverschmiert und bis ins Mark unter Schock stehend. Ich kenne keine Details, aber ich weiß, der Kleine hat damit nichts zu tun. Ich vermute eher, die Familie, die da lebt – oder gelebt hat – hat ihm angeboten, bei ihnen die Nacht zu verbringen. Dank des Festes sind ja nahezu alle Übernachtungsmöglichkeiten hier belegt.
    Jedenfalls würde ich dich bitten, dass du dich um ihn kümmerst. Der Anblick der Kinderleiche ist sicher nicht einfach so an ihm vorübergegangen...Wer weiß, ob ihn das nicht traumatisiert hat. Mich würde es nicht wundern...
    Was mich betrifft...Ich hatte eine kleine Prügelei mit ein paar dummdreisten Idioten, nichts weiter. Es ist nichts ernstes, mach dir deswegen keinen Kopf. Ich halt schon was aus."
    Sie löste sich mit sanfter Gewalt aus seinem Griff und schritt auf die geöffnete Tür zu. "Außerdem...Ich glaube nicht, dass du mir bei diesem Problem helfen kannst. Das hat bisher keiner geschafft...Aber ich weiß deine Mühe zu schätzen, wirklich..." Ihre letzten Worte klangen bitter und verletzlich. Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ den Raum und das Gildenhaus. Zurück blieb ein fassungsloser Damien, der sich zwischen Entsetzen, Wut und Sorge hin und her gerissen fühlte.


    Der Heimweg erschien Yukira wie eine Ewigkeit. Unermüdlich spukten die Geschehnisse des heutigen Tages in ihrem Kopf herum und schrien nach ihrer Aufmerksamkeit, welche ihnen auch voll und ganz gewidmet wurde. Mehr apathisch als bewusst bewegte sie sich durch die Straßen. Ihre mittlerweile tauben Füße trugen sie von allein nach Hause, weswegen die Schwarzhaarige sich vollkommen auf das Verbannen der wild umher tanzenden Gedanken konzentrieren konnte, die sehr zum Leidwesen Kiras die Kopfschmerzen weiter schürten. So fiel ihr die Ankunft an dem kleinen Haus, in dem Kaelie und sie zusammen wohnten, auch erst auf, als sie unmittelbar vor der Eingangstür stand und automatisch nach dem Schlüssel in ihren Hosentaschen suchte.
    Mit leicht bebenden Fingern schloss sie auf und trat ein. Geistig noch immer ganz wo anders, entledigte sie sich der Schuhe sowie ihrer Jacke. Beides warf sie achtlos auf den Boden. Erst als sie den Blick hob, wurde sie in die harte Realität zurückgeschleudert. Wie eiskaltes Wasser wirkte der Anblick, der sich ihr bot. Vor ihr, vielleicht einen knappen Meter entfernt, stand ihre Mitbewohnerin breitbeinig, ein pechschwarzes Gewehr im Anschlag, dessen Lauf direkt auf sie zielte. Augenblicklich wich Yukira einige Schritte zurück, ihre Augen weiteten sich überrascht. Hatte sie etwa wieder irgendwas verbrochen, was Kaelies missgelaunte Art geweckt hatte?
    "Ähm...Dürfte man erfahren, weshalb ich einen so herzlichen Empfang bekomme?", versuchte sie sich vorsichtig zu erkundigen. Der Tag war schon bis zum Exzess scheiße gelaufen, um es unverblümt auf den Punkt zu bringen. Da konnte sie auf eine Moralpredigt à la "Mach sowas nochmal und ich bring dir tanzen bei" auch gerne verzichten.
    Ihr Grund zur Sorge war allerdings unnötig, wie sich schon im nächsten Moment herausstellte. Kaelie starrte sie nämlich nicht viel weniger perplex an. So verstrichen Sekunden, ehe die Hobbymechanikerin plötzlich das Wort ergriff. "Ach, du bist's, Yuki" kam als doch recht lahme Entgegnung. "Ich dachte, es kreuzt schon wieder einer dieser Ritterimitationen auf, die vorhin hier reingeschneit sind." Ihre Wangen schimmerten rötlich, was darauf schließen ließ, dass dieses Missgeschick ihr furchtbar peinlich war.
    Kira hingegen glaubte, sich verhört zu haben. "Ritterimitationen? Wer war wann hier und weshalb?" Sie selbst klang verwirrt, doch alles in ihr schrie Alarm und sie machte sich die Antwort gefasst, die sie unter keinen Umständen hören wollte.
    "Ach, so ein Haufen Deppen in Rüstungen. Ziemlich grobschlächtig, 'ne Menge Muskeln, aber offenbar kein Hirn. Haben sich nach jemandem erkundigt, der dir ziemlich ähnlich schien...Hast du etwa wieder was angestellt?" Ihr Blick wurde skeptisch, als sie bemerkte, wie die Magierin sichtlich zusammenzuckte.
    Diese versuchte ihren Schock weitgehend zu verbergen, indem sie eine genervte, entrüstete Miene aufsetzte. "Ist ja wirklich nett von dir, dass du mir ständig Zerstörungswahn anredest, werte Frau "Ich verschanz mich und spiel Kellerassel mit meinen Autos"." Der patzige Ton sorgte schließlich dafür, dass Kaelies Mimik ins Beleidigte wechselte.
    "Ich sorg dafür, dass du deine miesen Fahrkünste auf dem Motorrad ausleben kannst, du undankbares Weib! Aber viel wichtiger, was ist eigentlich mit dir passiert? Du siehst aus, als wärst 'n Zombie!" Sie senkte die Schusswaffe und stemmte fragend die Hände in die Hüften – den Finger noch immer am Abzug.
    "Danke für die Blumen, das Gleiche hat Damien auch gesagt. Ich hatte heute nur den mit Abstand beschissensten Tag meines Lebens." Sie gab der Blondhaarigen eine kurze Zusammenfassung der letzten Stunden, wobei sie die Rettungsaktion des Rotschopfes nur als "kleine Prügelei" anschnitt. "Du darfst dich morgen also schön brav mit ins Gildenhaus bewegen und Cass Rede und Antwort stehen, weshalb du heute gekniffen hast", schloss sie mit einem schadenfrohen Lächeln.
    Kaelie blickte sie nur finster wie irritiert an, sagte aber nichts. Das Verlangen endlich dem Schmerzorchester in ihrem Körper zu entfliehen, ließ sich mittlerweile kaum noch zügeln. Eine lockere Laune vorzuspielen, hielt sie auch nicht mehr lange aus. Es wurde also Zeit, Madam Immerfröhlich abzuhängen.
    "Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich bin dem Tode momentan näher, als mir lieb ist. Ich brauch 'ne gehörige Portion Matratzenhorchdienst." Mit einem letzten "Bis morgen" verabschiedete sie sich und verkroch sich nach oben.


    Der erste Halt galt ihrem Zimmer. Schwungvoll wurde die Tür geöffnet, ehe sie kurz darauf krachend wieder zufiel. Yukira torkelte zu ihrem Nachttisch, riss sämtliche Wasserflaschen, die sie dort für 'Notfälle' – sprich die Faulheit, sich wegen Durst aus dem Raum zu begeben – gelagert hatte, an sich und machte sich in Rekordzeit darüber her. Die leeren Plastikbehälter ließ sie einfach auf den Boden fallen, ehe sie, nun da es ihr wesentlich besser ging, ihre Tour fortsetzte in Richtung Badezimmer.
    Während sie den gefliesten Raum in gemächlichem Tempo durchquerte, zog sie die mittlerweile verdreckten Kleidungstücke aus und warf sie achtlos auf den Rand der Badewanne, wo noch immer ihr 'Pyjama' von heute morgen lag. Wenige Augenblicke später lief das Wasser bereits in breiten Rinnsalen heiß ihren geschundenen Körper hinab und Yukira gab sich endlich den Gedanken hin, die ihr schon die ganze Zeit wirr im Kopf herumspukten und ihr Gemüt immer weiter aufwühlten.
    Woher wussten diese Soldaten, wo sie wohnte und weshalb waren sie hierher gekommen? Wegen dem Rotschopf? Weil sie sich in ihre vermeintliche Arbeit eingemischt hatte? Waren sie etwa mit dem Rat im Bunde? Wurden sie in Clover stationiert, weil man herausgefunden hatte, dass sie sich hier seit geraumer Zeit versteckt hielt?
    Bei dem Gedanken stieg Kiras Entsetzen. Erst gestern war sie den Lakaien des Rates geradewegs in die Arme gelaufen – und so intelligent wie sie natürlich war, hatte sie sofort die Flucht ergriffen, als der Leiter der kleinen Truppe Anstalten gemacht hatte, sie erkannt zu haben. Ihre Reaktion war alles andere als unverdächtig gewesen, da gab es durchaus Sinn, dass ein Teil augenblicklich die Verfolgung aufgenommen hatte. Zwar hatte sie es nach Stunden irgendwie geschafft, zu entkommen, aber was war, wenn man sie letzten Endes wirklich erkannte hatte? Der Rat würde die Suche selbstverständlich noch intensiver durchführen als zuvor.
    Seit knapp fünf Jahren lebte sie nun als Gejagte. Die Angst, ihnen schließlich doch in die Hände zu fallen, war ihr stetiger Begleiter. Auf wundersame Weise war es ihnen bisher jedoch nie gelungen, ihren Aufenthaltsort rechtzeitig ausfindig zu machen. Kurz nach ihrem Ausbruch aus dem Forschungslabor war sie in Magnolia untergetaucht und erst nach drei Jahren hatte der Rat ihre Spur wieder aufnehmen können. Der Hauptgrund ihrer Reise durch Fiore war nie spontane Lust gewesen, nein, sie war geflohen, weil sie all die Unwissenden in der Gilde nicht mit hineinziehen wollte. Ihnen hätte sonst das gleiche Schicksal gedroht wie ihr, daran hatte Yukira keinerlei Zweifel.
    So diente Clover ihr also seit fast einem halben Jahr als neuer Zufluchtsort und nun bestand die Gefahr, dass sie auch hier gefunden wurde. Wenn diese Soldaten wirklich damit in Zusammenhang standen, war es besser, Vorkehrungen für eine mögliche Flucht zu treffen. Sie würde morgen Cassandras Rat einholen, denn sie und Makarov wussten als Einzige um Kiras vollständige Vergangenheit. Die Gildenmeisterin war es auch, die stets dafür sorgte, dass der durch die Lacrima ausgelöste Zersetzungsprozess so weit wie möglich unterdrückt wurde. Sie würde demnach sicherlich wissen, was im Moment zu tun war...


    Als sie nach geschätzten dreißig Minuten schließlich aus der Dusche trat, waren ihre Gedanken zwar wieder halbwegs klar, sie fühlte sich aber dennoch matt, ja, regelrecht zermartert. Ihre Glieder waren schwer, als hätte jemand ihre Muskeln durch Blei ersetzt; der Kopf pochte noch immer, wenn auch ein klein wenig schwächer als zuvor und die Schmerzen, die die Kristalle verursacht hatten, waren noch nicht vollständig verebbt. Der morgige Tag würde für sie mit einem wunderschönen Kater beginnen, da war sich die Neunzehnjährige sicher.
    Als ihre steifen Finger nach einem Handtuch griffen, fiel ihr Blick in den großen Spiegel an der Wand gegenüber. Kaelie und Damien hatten Recht, sie sah aus, als wäre sie geradewegs dem Grabe entstiegen. Ihr Gesicht war beinahe totenblass und unter den Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Die zahllosen Narben auf ihrem Körper unterstrichen das geisterhafte Erscheinungsbild auf groteske Weise.
    Yukira bedachte die unerwünschten Andenken mit einem letzten Blick, ehe sie sich kopfschüttelnd abwandte, bevor erneut irgendwelche erdrückenden Gedanken ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten.
    Sie trocknete sich notdürftig ab, schlüpfte in ihren zweiteiligen Pyjama und kehrte mit schnellen Schritten in ihr Zimmer zurück.
    Nun, da sie nicht mehr kurz vor dem Zusammenbruch stand, spürte sie die Müdigkeit umso deutlicher. Mit einem lauten Gähner knallte sie die Tür zu und schlenderte zum Bett, wo sie sich auf die Matratze fallen ließ, als plötzlich eine schläfrige, kindlich helle Stimme ertönte. "Yuki...? Wo warst du heute..? Ich hab dich überall gesucht..." Ihr Blick glitt zu der kleinen, cremefarbenen Exceedkatze, die zusammen gerollt neben ihrem Kopfkissen ruhte und sich schlaftrunken die Augen mit einer Pfote rieb.
    "Lass dich nicht stören. Schlaf ruhig weiter." Sie strich mit der Hand sanft über Mikis zierlichen Rücken, während sie, die andere unter ihren Kopf gelegt, rücklings da lag und die weiße Decke anstarrte. "Ob ich wirklich wieder ein rastloses Leben als Gejagte führen muss...?" Weiter darüber nachdenken konnte sie nicht mehr, denn die Erschöpfung überkam sie erneut wie eine Welle und ehe man sich versah, war sie in einen unruhigen Schlaf geglitten. Dass ihre Befürchtungen nicht unbegründet waren, würde der kommende Tag beweisen...


    OT: Nach einer Ewigkeit auch mal wieder fertig geworden. Die Quantität scheint bei mir irgendwie immer wegen Nichtigkeiten den Rahmen bis zum Exzess zu sprengen..Beim nächsten Handlungsschritt geht es endlich weiter.
    Entstand in Absprache mit Noxa...Und Himmel, ich muss wirklich mal mein Tempo steigern .__:

    "Tze, 'Viel Spaß Yuki'! Was bildet der sich eigentlich ein?! Als ob ich gern den Laufburschen spiele, weil Madame keine Zeit hat! Der wird noch sein blaues Wunder erleben, dieser Weiberheld!" Gereizt ballte die Magierin ihre rechte Hand zur Faust. Ein leicht purpurner Schimmer hatte sich auf ihre Wangen geschlichen, welcher ihrer am Tiefpunkt liegenden Laune zusätzlich Ausdruck verlieh. "Nun darf ich mich um alles Langwierige kümmern, nur weil Cass besseres zu tun hat! Sowas wie Gerechtigkeit kennt sie vermutlich gar nicht! Vielleicht hatte ich heute abend auch noch etwas vor? Vor Einbruch der Nacht vielleicht? Aber nein, das interessiert uns nicht. Wir nehmen auf grausame Art Rache, weil ein gewisser Jemand schon lang nicht mehr für seine Dummheiten zur Rechenschaft gezogen wurde..." Ein lauter Seufzer entglitt ihrer Kehle. Im Grunde hatte es keinen Sinn, sich darüber aufzuregen. Das Ganze war genau genommen ja nicht mal wirklich ein Zeit fressendes Unterfangen. Zum Gildenhaus marschieren, Stempel verpassen, etwas einführen - fertig. Mehr nicht. Aber irgendwie musste sie ihrem ganzen Ärger einfach Luft machen. Der Tag hatte schon schlecht begonnen, da sie nicht hatte ausschlafen können, was ihr morgen vermutlich auch verwehrt wurde. Hinzu kam eine verdächtige Mumie, die ihre ohnehin schon angeknackte Laune mit unnötiger Geheimnistuerei nur weiter schürte, und zur Krönung des Gesamten durfte sie die letzten Stunden damit zubringen, eine Panik zu unterdrücken, während hysterische Passanten dieses Vorhaben durch ihren instiktiven Fluchtdrang in immensem Maß hemmten.
    "Sobald ich das alles hinter mich gebracht habe, verdufte ich nach Hause. Dann könnt ihr mich für heute alle mal. Ich brauche jetzt dringend ein heißes Bad und ein gutes Buch, sonst reißen meine Nerven..." Ihre Gedanken wanderten zu dem dicken Wälzer, der auf ihrem kleinen weiß lackierten Nachttisch ruhte. Das verheißungsvolle Rascheln der alten, vergilbten Seiten hallte in ihren Ohren. Rief das Verlangen in ihr wach, den schweren, Leder beschlagenen Deckel aufzuschlagen und dem leisen Flüstern von Worten aus längst vergangenen Zeiten zu lauschen, das sie beim Lesen in seinen faszinierenden Bann schlug. Wie gern würde sie nun in dieser Wissensquelle schmökern, die sie sich aus dem Archiv des Gildenhauses geborgt hatte. Sie mochte die gedruckten Antiquitäten dort wahnsinnig gern. Den meisten von ihnen sah man ihr hohes Alter an, das von unzähligen Geschichten geprägt war, von denen sie in teils altertümlicher Sprache verfasst, erzählten.
    Der große Raum im Keller des Hauses war entdeckt worden, als Cassandra das damals vollkommen heruntergekommene Gebäude neu aufgebaut hatte. Der Zugang war in der Wand versiegelt gewesen. Er war vollgestellt mit bis an die Decke reichenden Regalen, deren Bretter sich unter dem Gewicht zahlreicher Bücher bogen. Ein Großteil davon stammte offenbar aus einem Zeitraum von wenigen Jahrzehnten bis hin zu dem einen oder anderen Jahrhundert. Da diese kleine Bibliothek aufgrund ihres scheinbar recht hohen Alters einen gewissen historischen Wert barg, hielt die Gildenmeisterin den Fund weitgehend vor der Öffentlichkeit unter Verschluss. Hauptsächlich aus dem schlichten Grund, weil ihre Neugier auf die Inhalte überwog. Bei der Neununddreißigjährigen handelte es sich nämlich, wie bei dem weiblichen Dragon Slayer, um eine leidenschaftliche Leserin, die stets auf der Suche nach seltenen Werken war.
    "Oh, ich will jetzt nach Hause..." Ihre fassungslose Wut war inzwischen beinahe vollständig verebbt. Yukira fühlte sich nur noch müde. Die Erschöpfung lag schwer auf ihrem Körper und zerrte an ihren Gliedern. Der Muskelkater, den sie heute morgen verspürt hatte, kehrte nun in verstärktem Maße wieder. Ihr Kopf pochte unaufhörlich, der Lacrima in ihrem Arm schien ein ganzes Orchester an Schmerzen zu spielen, da sie bei der Evakuierung mehrfach hatte Gebrauch von ihm machen müssen."Warum kann ich das Ding nicht einfach rausreißen? Das würde mir eine Menge Stress ersparen...", murmelte sie vor sich hin und erschrak sichtlich, als jemand sie plötzlich ansprach. Mit der Befürchtung, dass diese Person sie gehört haben könnte, trotz der geringen Lautstärke, fuhr sie herum. Vor ihr stand ein athletisch gebauter Mann mit millimeterkurzem Haar in Braun. "Ich war bis anhin Reisender und habe nicht wirklich 'nen Ort, an dem ich schlafen könnte, also...", fuhr er gerade fort, wobei in Kira die Frage aufkeimte, weshalb er dies mit schuldbewusster Miene tat. Da er ihre Worte jedoch nicht zu vernommen haben schien, atmete sie erleichtert auf. Doch ehe sie zur Antwort ansetzten konnte, gesellte sich eine weitere männliche Person hinzu. "Yo, ich heiße Malzahar und möchte, wie der Kollege neben mir, das Angebot auch direkt annehmen." Die Schwarzhaarige musterte den Ankömmling unauffällig. Es verstrichen einige Augenblicke, bevor der Magierin wieder der Grund für den jähen 'Besuch' einfiel. [color=#0a1da]"Oh...ja...geht klar, sobald die Anderen sich ebenfalls entschieden haben, gehen wir",[/color]meinte sie nur; darum bemüht, ihre Verlegenheit über die eigene Vergesslichkeit zu verbergen.
    Es verging noch eine Weile, in der Yuki geduldig auf weitere Entscheidungen wartete, ehe sie sich mit der kleinen Truppe schlussendlich auf den Weg machte.


    Die Wanderung beanspruchte etwas mehr Zeit als gedacht, aber schließlich erreichten sie den östlichen Stadtrand und somit auch das Gildenhaus. Das Gebäude stand auf einem schwachen Hügel abseits der weiteren Bauten, die, wie die meisten hier in Clover, eine weiße oder cremefarbene Fassade trugen. Allerdings war es im Gegensatz zu den anderen Häusern nicht hoch und schmal, sondern eher breiter gebaut. An manchen Stellen der hellgrauen Steinmauer konnte man die Spuren der Zeit deutlich sichtbar erkennen. Die ehemalige Lagerstätte hatte schon das ein oder andere harte Jahrzehnt hinter sich, dementsprechend wiesen einzelne Steine trotz des eigentlich geringen Alters schon feine Risse oder unterschiedlich große Abbröckelungen an der Oberfläche auf. Über dem Eingang prangte ein kunstvoller Schriftzug, der den Namen "Fairy Rose" darstellte sowie das Symbol der Gilde. Eine Fee, die der Fairy Tails glich, jedoch bog sich ihr schmaler Schweif geschwungen nach außen. Eine mit spitzen Dornen gespickte Rosenranke wand sich halsabwärts um den Körper des Fabelwesens. Und in der Mitte, direkt unter den Flügeln, schmückte eine einzelne Blüte das Zeichen mit ihrem vollends erblühten Antlitz.
    Trat man durch die große Holztür unter dem Signum, so wurde man von einer Halle empfangen, die für eine solch kleine Gilde doch recht großzügig bemessen war. Der Boden war mit hellen Holzdielen ausgelegt und die raue Steinwand zierten hölzerne Sprossen. Eckleisten, die sowohl oben als auch unten an den Wandkanten befestigt waren und von weiteren Leisten, die in gleichmäßigem Abstand an der Mauer hingen, in mehreren großen V-förmigen Mustern miteinander verbunden wurden. Gegenüber dem Eingang nahm eine Art Galerie die Wände auf halber Höhe ein. Eine schmale Treppe nahe der Ostwand führte zu ihr hinauf. In der linken Ecke des Raumes stand unter der relativ breiten Plattform die Bar. Sie war aus schlichtem, etwas dunklerem Holz gefertigt und bot von der Länge her sieben Erwachsenen Platz, um sich bequem hinsetzen zu können. Hinter der mit Hockern versehenen Theke befanden sich zwei breite, mit Flaschen gefüllte Regale, welche die Tür, die zur geräumigen Küche führte, umrahmten. Drei dicke Balken, einer von ihnen stand am rechten Ende des Tresens, stützten die improvisierte Überdachung.
    Damit für den nötigen Komfort gesorgt war, standen mehrere breite Tische, jeweils mit zwei Sitzbänken bestückt, in der Halle verteilt. Ein paar Leute saßen mit zufriedenen Gesichtern auf den Sitzgelegenheiten und plauderten ausgelassen, was den weiten Raum mit einem leichten Raunen füllte.
    Doch als Yukira mit der Gruppe eintrat, machte sich plötzlich eine kalte, ja fast eisige Stille im gesamten Raum breit. Nur leises Flüstern war hier und da zu vernehmen, ansonsten hätte man wohl selbst eine Nadel gehört, wäre sie auf den Boden gefallen.
    Der gesamte Barbereich wurde von Cassandra manchmal als Taverne zur Verfügung gestellt, wenn die finanzielle Lage der Gilde wieder mal weit unter dem Tiefpunkt lag - was aktuell leider der Fall war. Viele nahmen das Angebot besonders gerne spät abends wahr, da sich außer Damien dann meist niemand mehr im Haus befand. Dank der Reizbarkeit gewisser Mitglieder, die nicht selten in völligem Zerstörungswahn endete, scheuten sich zahlreiche Menschen davor, tagsüber auch nur in die Nähe der Gilde zu kommen.
    Offenbar gehörte die kleine Trinkgemeinschaft zu jenen Personen dazu, denn beim Anblick des erschöpften Dragon Slayers suchten sie nahezu fluchtartig das Weite. Kira genoss unter den Bürgern Clovers kein besonders gutes Ansehen, was wohl unter anderem daran lag, das auch schon so manches Wohnhaus Opfer ihrer Ragegleichen Wut geworden war.
    Die Magierin würdigte die Flüchtenden keines Blicks, als sie, bemüht einen großen Abstand zwischen sich und die Gruppe zu bringen, das Haus verließen. "Was zur Hölle war bitte mit denen los?" Yukira stieß laut den Atem aus, sie klang ein wenig genervt. Auf dem Absatz drehte sie sich zu ihren Begleitern um und meinte nur in relativ freundlichem Ton: "Ich hole rasch den Stempel, ihr könnt euch unterdessen hinsetzen oder ein wenig umschauen, wenn ihr wollt."
    Mit einem kaum hörbaren Seufzer verschwand sie im improvisierten oberen Stockwerk, um nach einigen Minuten mit besagtem Gegenstand in der Hand wieder zurückzukehren. "So, wohin hätten wir's denn gern?"


    Schnell hatte jeder das Abzeichen auf dem Körper und Yukira wollte gerade zu einer Art kleinen Einführung ansetzen, als sich eine Hand plötzlich in ihren Oberkörper krallte. Überrascht und entsetzt zugleich über die Stelle wie die Berührung selbst, wirbelte sie augenblicklich herum. Die Arme schützend vor der Brust verschränkt, starrte sie ihren Gegenüber mit glühenden Wangen an, ihre zweifarbigen Augen funkelten sauer. Shira hingegen lächelte nur verlegen, während seine Hand hinter den Kopf wanderte. "Tut mir leid, Yuki, war keine Absicht." Die Magierin sagte sekundenlang kein Wort, so perplex war sie über die Dreistigkeit des Schwarzhaarigen. Am liebsten hätte sie ihm ihre Meinung direkt um die Ohren gehauen wie ein nasses Handtuch."Was willst du?", war schließlich jedoch das Einzige, dass sie hervorbrachte, ohne die Fassung zu verlieren. Dass sie alles andere als begeistert von der Aktion war, hörte man mehr als deutlich heraus.


    Eine so feminine Reaktion hatte Shira von Kira sicherlich als letztes erwartet, so wirbelte sie mit vor der Brust verschränkten Armen herum und an den rötlichen Wangen konnte man erkennen, dass in ihr doch noch eine Frau steckte, obwohl sie ihn zunächst nur anstarrte und dann nach seiner Entschuldigung keinen Ton herausbrachte. Warum war ihm nicht ganz klar, immerhin war es ein Versehen gewesen und auch wenn ihre Oberweite nicht viel kleiner als die von Cass war, so war sie immer noch kleiner und Yuki war aber bei weitem weniger alt. Weshalb sie also so perplex war, war nun wirklich unverständlich für ihn, aber wer kann schon von sich behaupten, die Frauen zu verstehen?
    Nachdem die ersten Schrecksekunden vergangen zu sein schienen, war Kira offensichtlich endlich wieder in der Lage die Worte in der richtigen Reihenfolge zu ordnen. "Was willst du?" waren die ersten knappen Worte und der Ton hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem von Cass, wenn sie sauer war, und das gefiel ihm ganz und gar nicht. "Naja, eigentlich wollte ich nur kurz vorbeischauen, Hallo sagen und dich bitten, mir morgen einen kleinen Rotschopf, der meines Wissens Fio heißt und ziemlich schwächlich wirkt, zu mir zu schicken. Ich muss noch etwas mit ihm besprechen." Mit diesen Worten drehte er sich zu den Anderen. "Einen schönen Abend noch zusammen und kümmert euch gut um Kira." Mit einem Zwinkern verabschiedete er sich und ging denselben Weg, den er auch genommen hatte, als er gekommen war.
    Kira ließ er einfach stehen, bis er schon fast durch die Türe geschritten war, dann drehte er sich nochmal um "Yuki, mach nicht so ein Gesicht, du weißt genau, dass du einen bewundernswerten Vorbau hast, den du, nur so nebenbei, nicht immer verstecken müsstest. Also hör auf, so perplex zu sein, es war ein gutes Gefühl." Während er diese Worte aussprach, trat wieder ein neckisches Lächeln auf seine Lippen. Jetzt musste er nur noch schnell genug verschwinden. Zum Glück war es nicht weit bis zum Quad. Der morgige Tag würde mit Sicherheit lustig werden, vor allem wenn man bedachte, wenn Yuki ihn nicht jetzt erwischen würde, gäbe es morgen eine schöne Begrüßung für ihn. Hoffentlich war er dann genug ausgeruht. Dann würden die Neuen zum ersten Mal die Atmosphäre spüren. Jetzt aber zuerst mal zurück nach Hause.


    Das Entsetzen verwandelte sich augenblicklich in fassungslose Wut. Der Schimmer auf ihren Wangen wurde intensiver. Das Grinsen, das Shira ihr schenkte, als er sich wieder abwandte, schürte die Aufregung weiter. "Was bildet dieser Macho sich ein?! Ich bin nicht einer seiner notgeilen Weiber!" Ihr Gesicht begann purpurn zu glühen. Shiras Dreistigkeit trieb ihren Jähzorn zur Spitze. Viel Magie hatte der weibliche Dragon Slayer nicht mehr, für eine kleine Warnung würde es jedoch sicherlich noch reichen.
    Eine schmale Klinge aus Eis bildete sich in Yukiras Hand. Sie war zwar relativ dünn, dafür aber umso schärfer. Trotz der Schmerzen machte sie ein weiteres Mal von dem Lacrima Gebrauch und warf dem Frauenheld das Geschoss mit dem größtmöglichen Kraftaufwand hinterher. Den Kommentar, der ihr auf der Zunge lag, verbiss sie sich. Es kostete Kira einiges an Mühe, nicht vollständig die Fassung zu verlieren.
    Ohne die Klinge, die geradwegs auf Shira zuschoss, eines Blickes zu würdigen, wandte sie sich ab. Die Augen halb geschlossen, atmete sie mehrmals tief durch, damit ihre Nerven sich wieder halbwegs beruhigten.
    Es verstrich eine ganze Weile, ehe die Zornesröte ein Stück weit aus Yukis Gesicht verschwunden war. "Was denkt dieser perverse Kerl sich nur dabei?" Sie schüttelte den Kopf, um die aufkeimenden Gedanken loszuwerden. Es gab nun wichtigeres. Ihr Blick glitt zu den neuen Mitgliedern. Was sie wohl über die Situation dachten? Die Magierin stieß einen Seufzer aus. Es war vielleicht besser, wenn sie es nicht wusste.
    "Entschuldigt diesen unschönen Zwischenfall, aber so etwas in der Richtung ist bei uns leider nicht wirklich selten. Dieser anstandslose Kerl von eben ist (leider) ein Mitglied unserer Gilde und hier eine regelrechte Berühmtheit, was seine Belästigungen und vergeblichen Aufreißversuche an Frauen angeht. Das Beste ist, ihr ignoriert ihn einfach. Er hat die ein oder andere Schraube locker." Yukiras Stimme klang weitgehend neutral, während sie sprach, ein leiser Anflug von Schadenfreude ließ sich jedoch nicht unterdrücken."Genieß deinen letzten Tag auf Erden, Shiralein." Ein kaum merkliches Lächeln trat auf ihre Lippen. Der kommende Tag würde mit Sicherheit einiges an Spaß mit sich bringen.


    Das laute Knarzen der schweren Holztür kündigte die Ankunft einer weiteren Person an. Überrascht von dem unerwarteten Besuch drehte Kira - die soeben erneut an ihrem Vorhaben, das zuvor schon Shira durchkreuzt hatte, gehindert wurde - sich zu dem Ankömmling um. Eine hagere Gestalt stand im Eingang, einen Arm Halt suchend gegen den Rahmen gestützt, schnappte der Blondschopf in nach vorn gebeugter Haltung keuchend nach Luft. Offenbar war er den Weg hierher gerannt wie ein Irrer, denn ein dünner Schweißfilm glänzte matt auf seiner blassen Haut, obwohl es draußen bereits recht kühl war.
    Als der plötzliche Besucher sich aufrichtete, konnte man in sein rot angelaufenes Gesicht blicken, das irgendwo zwischen Jugendlicher und Mann lag. Seine Augen funkelten panisch, doch bewegte er sich nicht von der Stelle. Seine Brust hob und senkte sich in rasantem Tempo, er schien wirklich am Ende seiner Kondition.
    "Was ist denn diesmal vorgefallen, dass du so aufgebracht bist?", erkundigte sich Yukira frostig. Sie kannte den Jungen - so ziemlich jeder aus der Gilde tat das. Leon, so sein Name, kam recht oft vorbei, allerdings immer aus einem einzigen Grund: Irgendwo war irgendwas meist irgendwem geschehen, dass so schrecklich war, dass man sofort jemanden aus der ortsansässigen Magiergilde alarmieren musste. Mittlerweile kam man in einer Woche auf rund vier bis fünf Verdachtsmeldungen, die der Blondschopf hektisch überbrachte, weil sein Verstand schlichtweg von einer zu gesunden Portion Paranoia beherrscht wurde. Hinter jedem noch so kleinen Geschehnis, und sei es noch so banal, witterte er gleich ein Schwerverbrechen oder gar schlimmeres.
    "Kampfgeräusche!", platzte er heraus. "Aus einem Haus in unserer Nachbarschaft kamen Kampfgeräusche!" Seine Stimme überschlug sich fast, so hastig sprach er, wobei die Lautstärke mit jeder Silbe zunahm. "Aha, und was vermuten wir diesmal?" Die Magierin hatte einen sarkastischen, leicht bissigen Ton angeschlagen, doch den schien Leon entweder nicht zu bemerken oder er ignorierte ihn einfach.
    "I-Ich...Du kennst doch Pietro, oder? Der kleine immerfröhliche Junge, der zwei Häuser neben mir wohnt. Dieses Kerlchen, dass..." - "Nein, ich kenne ihn nicht!", unterbrach sie ihn barsch. Weshalb sollte sie auch? Sie mied die Gegend, in der dieser hyperaktive Spinner lebte, so weit es möglich war. Da kannte sie sicherlich nicht all die armen Geschöpfe, die seine verschrobene Art tagtäglich aushalten mussten und ihr vielleicht sogar schon zum Opfer gefallen waren.
    "Fass dich kurz, Leon, ich hab nicht ewig-" Diesmal war es Kira, der das Wort abgeschnitten wurde. Mit einem Mal hallte ein lautes Knarren im Raum und eine allzu vertraute Stimme erklang. "Darf ich fragen, was das hier für ein Lärm ist?" Damien trat soeben aus dem Kücheneingang und betrachtete erst sie und dann den Blondhaarigen mit hochgezogener Augenbraue. Die Arme vor der Brust verschränkt und ein Geschirrtuch über der Schulter, lehnte er am Türrahmen.
    Sichtlich überrascht vor der Anwesenheit des Heilmagiers, verstrichen erst einige Sekunden, ehe die Neunzehnjährige mit einer Gegenfrage antwortete. "Was machst du hier, wenn ich fragen darf? Und...seit wann bist du überhaupt hier?" Ihr Unterton trug die offenbar recht große Verwirrung offen zur Schau. "Ich bin schon seit geraumer Zeit hier. Um genau zu sein, bin ich sogar ein Weilchen vor euch eingetroffen. Es gibt noch einiges, um das ich mich kümmern muss und das keinen Aufschub duldet", erklärte der Schwarzhaarige mit dem kühl angehauchten Tonfall, der immer in seiner Stimme lag. Bevor Yukira etwas entgegnen konnte, fuhr er auch schon fort. "Wie ich sehe, haben wir wieder Besuch bekommen." Seine türkisfarbenen Augen glitten kurz rüber zu Leon, ehe sie wieder die Wassermagierin fixierten, der das Missfallen mittlerweile wieder deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Sie ahnte, was nun kommen würde. "Tu ihm den Gefallen, Kira." Seine Worte hatten denselben Nachdruck, den auch Cassandra verwendete, wenn sie keinen Widerspruch duldete. Zwar machte Damien einen recht entspannten Eindruck, jedoch wusste sie, dass er nach wie vor sauer wegen der Streiterei von heute Mittag war. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass er sie auf diese Weise sacht aus seinem Umfeld bat. Damien war im Grunde ein sehr friedliebender Mensch, jeglichen Konflikten vollkommen abgeneigt. Doch brach man in seiner Gegenwart den Frieden, so konnte er unglaublich schnell die Geduld verlieren. Sehr zum Leidwesen einiger stand er seiner Mutter da in nichts nach. Nein, er konnte sogar härter durchgreifen als sie, was nicht wenige dazu veranlasste, sich am Riemen zu reißen, wenn er in der Nähe war.
    "Meinetwegen." Yukira stieß einen genervten Seufzer aus und hob resignierend die Hände. Das Letzte, was sie nun gebrauchen konnte, war eine Auseinandersetzung mit ihm. Sie war froh darüber, Cassandras Wut entkommen zu sein, da konnte sie erst recht darauf verzichten, dem Teufel geradwegs in die Hände zu fallen. Jeder gestartete Versuch damals, Damien in irgendeiner Art zu bezwingen, war kläglich gescheitert. Seit einer Folge von verheerenden Niederlagen aus nicht allzu ferner Zeit hegte sie einen großen Respekt ihm gegenüber. Es schien schlichtweg unmöglich, diesen Kerl zu Fall zu bringen.
    "Dafür kümmerst du dich um den Rest", verlangte sie wütend. "Wer Fragen hat oder ähnliches, kann sich an Damien wenden. Ich muss mich zwangsläufig um Leons Problem kümmern." Die Worte waren an die neuen Mitglieder gerichtet. Mit einem letzten anklagenden Blick in die Richtung des Magiers wandte sich an Leon, auf dessen Gesicht ein erleichtertes Lächeln regelreicht strahlte. Ein leuchtender Scheinwerfer glich dagegen einem mageren Funken. Augenblicklich griff er nach ihrem Handgelenk und bohrte seine dürren Finger tief in die Haut. Ehe man sich versah, waren beide draußen in der Dunkelheit verschwunden.


    OT: Ja, ich lebe auch noch. Der Prüfungsstress ist weitgehend vorbei, was bedeutet, dass ich auch wieder mehr Zeit habe.
    Ein kleiner Zwischenschritt, bevor es bald mit dem Wesentlichen losgeht. Diejenigen, die im Gildenhaus sind, können wie gesagt, sich Infos über die Gilde holen bei Damien oder sich im Gildenhaus umschauen. Bei letzterem dann bitte eine PN an mich für mehr Infos zum Innenleben.
    Entstand mit zeev.

    #009999

    Ein lauter Knall riss Alec aus seiner Starre. Inzwischen hatte sich aus den einzelnen Tropfen ein klebriger Schweißfilm gebildet, der seine Haut bedeckte. Sein Herz pochte noch immer deutlich spürbar in der Brust, die sich in ungewöhnlich schnellem Tempo hob und senkte. Darum bemüht die Nerven zu bewahren, versuchte er seine Atmung wieder zu verlangsamen. Hyperventilieren würde ihm gar nichts bringen, außer das Verschlimmern der Symptome. Während der Jugendliche nun mit sich selbst rang, nicht seine Phobie Herr über seine Sinne werden zu lassen, saß die Ursache des Ganzen noch immer auf seinem Eierschalen bedeckten Schoß und blickte ihn sichtlich verwirrt an. Das kleine Pokémon verstand die Welt nicht mehr. Verständlich. Von einer Sekunde zur anderen hatte sich sein Trainer scheinbar grundlos vollkommen verändert.
    Das Explodieren eines Feuerwerkkörpers, der für die Länge eines Herzschlages alles in gleißend weißes Licht zu tauchen schien, war es schließlich, was den Botaniker wieder halbwegs zur Besinnung kommen ließ. Das Schwindelgefühl, das ihn im selben Moment überkam, rüttelte ihn zusätzlich etwas wacher.
    "Nun reiß dich zusammen! Du kannst dich doch nicht so dem Kleinen gegenüber verhalten, er ist ab jetzt dein Partner!" Alec schalt sich innerlich einen Idioten. Ja, er hatte seit damals eine äußerst tiefe Angst vor Feuern und er besaß auch mehr oder weniger eine Art Phobie, was Pokémon dieses Types betraf. Das war seiner Ansicht nach allerdings keine Rechtfertigung, sich dem Neugeborenen gegenüber so zu verhalten. Es konnte dafür immerhin ja nichts. Er war es, der das Ei ausgesucht hatte. Also hatte er sich nun auch dieser Angst zu stellen. Daran führte kein Weg vorbei. "Tut mir Leid, falls ich dich eben erschreckt habe", meinte er mit einem entschuldigenden Lächeln zu dem kleinen Feurigel, ehe er es kurzerhand auf den Arm nahm und entschlossen aufstand. Er würde nicht mehr davonlaufen, es wurde Zeit, dieses Hindernis zu überwinden! Koste es auch, was es wolle!
    Plötzliche Schreie und laute Rufe ließen seine Festigkeit jedoch augenblicklich bröckeln. Verwirrt hob der Junge den Blick - und erstarrte! Vergessen war der Vorsatz, endlich mit dem Trauma abzuschließen. Das Zittern kehrte jäh verstärkt in seinen Körper zurück, die lichtblauen Augen weiteten sich vor Schreck. Seine Kehle schien mit einem Mal wie zugeschnürt. Er bekam kaum noch Luft.
    Das Firmament flackerte in einem intensiven Rot, riesige Flammenzungen zerrten gierig an dem Turm, der in dieses emporragte. Dicker Rauch streckte seine aschfarbenen Finger gen Himmel aus und verschlang das weiße Angesicht des silbrig schimmernden Mondes. Die zahlreichen Orange-, Kupfer- und Rottöne, in denen die Blätter des herbstlichen Waldes leuchteten, unterstrichen das Lichtspiel auf eine bizarre Art und Weise. Überall eilten Menschen hektisch mit Wasser gefüllten Eimern zu dem brennenden Gebäude, um dem gefräßigen Feuer so gut es ging Einhalt zu gebieten, als plötzlich ein markerschütternder Schrei das Treiben zum Stillstand brachte.
    Doch all das nahm der junge Botaniker nur am Rande wahr. Sein Blick war fest auf die riesigen Flammen gerichtet. Er fühlte sich mit einem Mal benommen. In seinem Kopf begann es wild zu pochen. Sein Umfeld drohte mehrmals hinter einem dunklen Schleier zu verschwinden. Die unerwartete Szenerie stand kurz davor, etwas längst Vergangenes wieder in ihm freizulegen. Für den Bruchteil einer Sekunde erschienen Bilder vor seinem inneren Auge. Alec erkannte sie sofort wieder. Verdrängte, erbarmungslose Bilder aus frühester Kindheit…
    Kaum war ihm bewusst geworden, was da über ihn hereinbrach, zersplitterte die grausame Sintflut plötzlich so schnell, wie sie gekommen war. Eine eindringliche Stimme in seiner unmittelbaren Nähe holte ihn zurück in die Realität. Die unheilvolle Schwärze verschwand nahezu gänzlich aus seinem Blickfeld und der Junge fand sich in der heillosen Hektik wieder, die das von ihm so verhasste Antlitz ausgelöst hatte. Noch immer zitterte er wie Espenlaub, in seinen Augen funkelte eine seltsame Mischung aus Erkennen und Angst. "Ich will hier weg...Ich will hier weg. Ich will hier weg!" Immer wieder ertönte dieser Ausruf in seinem Kopf, wobei er mit jeder Wiederholung an Lautstärke gewann. "Was soll das?! Wo kommt das Feuer so plötzlich her?! Ich will hier weg! Das kann nicht real sein! Ich will hier weg!!" Erneut tauchten die erbarmungslosen Zerrbilder auf. Sie tanzten wild durch seine Gedanken, schienen ihm vollkommen den Verstand rauben zu wollen. Alec musste gegen den Impuls ankämpfen, laut aufzuschreien. Am liebsten hätte er sich all den brennenden Schmerz, der ihn nun aus längst vergangener Zeit wieder einholte, von der Seele gebrüllt, bis seine Stimme versagte. "Das ist alles nicht real, das ist alles unwirklich!", wisperte er unverständlich, im vergeblichen Versuch sich selbst falsche Hoffnungen zu machen. "Das ist nur einer dieser Albträume, die..." Er verstummte. Tränen sammelten sich in den Augenwinkeln, das Beben seines Körpers wurde stärker. Der Neunzehnjährige war mit der gesamten Situation vollkommen überfordert. Das Ganze war einfach zu viel für ihn. Ihn, der schon sein halbes Leben lang vor der inakzeptablen Wahrheit floh und die nun gewaltsam versuchte, sich Einlass in sein Bewusstsein zu verschaffen.
    "Ich will hier weg...Einfach weg...Irgendwohin..." Seine sonst so kräftige Stimme war kaum vernehmbar, so dünn war ihr bebender Klang. "Ich will hier weg! Weg von dieser Hölle! Weg! Einfach weg! Irgendwohin, wo ich nicht diese Flammen sehen muss...Wo-" Sein Sichtfeld verschwamm hinter dem Tränenschleier. "Was soll das alles? Ich will nicht! Es soll aufhören..." Etwas Warmes rann sanft seine Wangen hinab. Alecs Brust hob und senkte sich stockend. Seine Atmung ging stoßweise. "Es soll aufhören...Ich will das alles nicht sehen!" Sein Wunsch wurde ihm gewährt. Denn kaum verließ das letzte Wort seine Lippen, verschwand die Welt erneut hinter einem schwarzen Schleier. Aus einem unbekannten Grund wusste der Junge augenblicklich, was nun auf ihn zukommen würde. Er versuchte verzweifelt dagegen anzukämpfen, doch vergeblich...
    Der trübe Nebel, der ihm die klare Sicht auf die Umgebung raubte, wich schlagartig einer vollkommenen Dunkelheit, die nur Sekunden später von Zerrbildern zerstört wurde. Erst verschwommen, kaum zu entziffern - dann deutlich zu erkennende Bilder. Motive formten sich, die Alec innerlich das Herz zu zerreißen schienen. Der Drang laut aufzuschreien, um all die verbannten Erinnerungen und Emotionen, die nun in der verletzten Seele brannten, auszulöschen, war kaum noch zu unterdrücken.
    Was sich um ihn herum zutrug, das nahm er nicht mehr wahr. Weder die hektischen Aktionen der Menschen noch das schnelle Knirschen hastig näher kommender Schritte, als sich eine kleine Gruppe von Männern geradewegs auf ihn zu bewegte. Die grausamen Gedanken hatten ihn schon zu fest in ihren Krallen, hatten ihn zu tief in die Finsternis gezerrt.
    Die Geister der Vergangenheit hatten die verbotene Tür aufgestoßen…


    Feuer. Gierige Flammenzungen, die nach ihm zu fassen versuchten. Jeder Atemzug jagte einen sengenden Schmerz durch die Brust. Beißender Qualm, der ihn zu ersticken drohte. Unerträgliche Hitze, die scharf auf der Haut brannte. Die Kehle war trocken und glühend. Sein kleines Herz, das vor Panik unaufhörlich pochte. Sein schmächtiger Körper, der unentwegt bebte. Die lichtblauen Augen vollkommen vertränt von Angst und Rauch. Die dünnen Gliedmaßen kraftlos, kaum mehr im Stande ihn aufrecht zu halten.
    Orientierungslos suchte er mit den Händen nach etwas, an dem er sich entlangtasten konnte. Die schmalen Beine weigerten sich, ihn weiter zu tragen, doch er zwang sie mit dem letzten Bruchstück an Willenskraft, das er noch besaß, immer wieder in den Gehorsam. Seine zittrigen Finger ertasteten etwas Robustes, Großflächiges - eine Wand. Die Arme Halt suchend gegen sie gelehnt, schleppte er sich schleifenden Schrittes vorwärts. Rauer Husten entfloh seiner Kehle. "Ich muss sie finden", diesen Satz wiederholte er fortlaufend wie ein leises Mantra, seine Stimme klang dabei dünn und krächzend, vom Rauch gezeichnet.
    So bahnte sich der Junge einen Weg durch das Flammenmeer, das um ihn herum wütete und tobte. Es fraß hungrig an allem, was es fassen konnte. Schlug seine glühenden Fänge in Möbel, Fassaden und leblose Körper, die nun irgendwo im Haus lagen. Dem Blick des Siebenjährigen entzogen, der durch die künftige Brandruine irrte, innerlich zerfressen von der stummen Angst, seine Familie lebend nie wiederzusehen.
    Ein lodernder Schmerz flammte jäh in seiner Hand auf. In seiner trüben Unachtsamkeit hatte er geradewegs in eine kleine Flamme gefasst, die gefräßig am verkohlten Holz der Seitenverkleidung nagte. Augenblicklich zuckte er zurück und begutachtete für wenige Sekunden die heißen Finger. Das leuchtend helle Rot stach deutlich sichtbar aus dem schwach bläulichen Schimmer, den seine Haut trug, heraus. So winzig und nichtig diese kleine Verletzung Außenstehenden im Normalfall vielleicht erschienen wäre, ihr Anblick raubte dem jungen Alec auch den letzten Funken Mut. Tränen, die zuvor für einen Moment versiegt waren, sammelten sich in den Augenwinkeln, ehe sie in schmalen Rinnsalen sein purpurnes Gesicht herunter rannen. Ihre Berührungen mit der fiebrigen Haut glichen unzähligen, glühenden Nadelstichen. Die Welt begann sich erneut zu drehen, als sein Rücken an der halb verzehrten Wand hinab rutschte und er sich auf dem Boden zusammenkauerte. Die Knie eng angezogen, den schweren Kopf in ihnen vergraben, saß er da. Weinte in stiller Verzweiflung, während die Schmerzen in seinem, von Schwindel heimgesuchten Körper immer unerträglicher wurden. Er fühlte sich matt, die Erschöpfung und Müdigkeit drohten ihn mehrmals gänzlich zu übermannen. Schweißgetränkt klebten ihm Kleidung und das blonde Haar am Leib. Sein Kopf pochte mit einer solchen Intensität, als wollte er zerbersten. Die leichten Verbrennungen, mit denen das Feuer ihn gebranntmarkt hatte, glichen beißender Säure.
    "Ich will nicht mehr..." Zum ersten Mal seit er diese Flammenhölle betreten hatte, unterbrach er seinen gewisperten Sprechgesang. "Ich hab Angst...Ich will hier weg...Mama...Papa..." Krächzend kamen die Worte aus seinem Mund. Sofort folgte ein heftiges Husten, das dank der trockenen Kehle jedoch in einem unangenehmen Röcheln endete. "I-ich will weg...von hier.." Seine schmächtige Brust hob und senkte sich stockend. Das Atmen fiel ihm schwerer, je mehr Qualm seine Lungen füllte. "Mama, Papa, wo seid ihr?" Er versuchte den Satz zu rufen, doch vergebens. Seine Stimme blieb dünn und leise. "I-ich muss sie finden. Sie können nicht...tot sein. Ich..muss sie finden..." Es kostete ihn Mühe, zu sprechen. Nur keuchend drangen die Laute aus dem brennenden Hals. 'Ich muss sie finden...Mama und Papa...Ich muss sie finden...Sie können mich nicht alleine lassen...Ich muss sie finden...'
    So kauerte der kleine Alec dort, umgeben von wild tanzenden Lohen, die sein vertrautes Zuhause verschlangen. Er wiegte sich sacht vor und zurück, das Gesicht noch immer im Schoß verborgen, während er wieder in seinen monotonen Sprechgesang verfiel und die Tränen auf seiner Haut so intensiv brannten wie das Feuer selbst...


    Die Szenerie riss ebenso abrupt ab, wie sie gekommen war. Die Finsternis verschwand und machte der kalten Realität Platz. Alec war zu benommen, um einen klaren Gedanken fassen zu können. In seinem Kopf spielte ein wahres Orchester an Schmerzen. Seine Wangen waren feucht von den Tränen, die noch immer sein Blickfeld verschleierten. Vor seinen Augen tanzten unzählige schwarze Punkte.
    Es verstrich eine kleine Ewigkeit, ehe der Botaniker wieder halbwegs bei Sinnen war. Er atmete mehrmals tief durch. Sein Brustkorb fühlte sich an wie ein klaffendes Loch. "Was ist eben passiert?" Bei dem Versuch nachzudenken, verstärkten sich die Kopfschmerzen. "W-Weshalb musste ausgerechnet ein Teil dieser Erinnerung hochkommen? Ich-" Seine Gedanken setzten aus. Eine Flut von Bilderbruchstücken überströmte ihn plötzlich und ließen das Flashback vor seinem inneren Auge noch einmal aufleben. Augenblicklich versteifte sich sein Körper. Die noch immer Schock geweiteten Augen rissen weiter auf. Dass zwei Hände nach ihm griffen und kräftig an ihm rüttelten, bekam er nicht mit. Erneute Panik lähmte seinen Verstand. Stumm stand er da, starrte mit einem Blick zu Boden, aus dem blanke Angst sprach. Wieder drohten die Tränen zu fließen, als jäh ein brennender Schmerz auf seiner Wange aufflammte und dafür sorgte, dass seine Verkrampfung sich einigermaßen löste.
    Halb apathisch hob Alec den Kopf. Vor ihm stand ein Mädchen mit schwarzblauen Haaren, ihr Blick ruhte auf ihm. Perplex schaute der Neunzehnjährige sie an, während seine Hand zittrig den Weg zu der heißen Stelle in seinem Gesicht fand. Worte fand er im Moment keine.


    "Hey, was ist mit dir los? Komm wieder zu dir!", verlangte das Stuntgirl energisch. Der eindringliche Klang ihrer Stimme überraschte den Jungen ein wenig. Es dauerte einige Sekunden, ehe er zur Antwort ansetzte. "W-Was ist passiert? Wo kommt der Brand so plötzlich her?", war das Einzige, was er hervorbrachte. Seine Stimme klang rau, die Verwirrung war deutlich herauszuhören. "Warst wohl nicht so ganz hier. Keiner von uns weiß, was los ist und wo das Feuer oder der Turm plötzlich herkommen, aber diese Männer hier haben noch Freunde im Feuer und offensichtlich hat hier niemand außer uns Pokémon, weshalb sie uns bitten, ihre Freunde da rauszuholen", erklärte Serena und kratze sich am Kopf. Sie schien ebenso irritiert wie er selbst, doch gleichzeitig erweckte es den Eindruck, als hätte sie nicht wirklich ein Problem damit, ihrem möglichen Feuertod entgegen zu gehen. Alec hingegen behangte das Vorhaben ganz und gar nicht. Er wurde mit einem Mal aschfahl. "W-w-wir sollen d-da rein?! I-in den Turm? Ins Feuer?!" Die Bestürzung stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Ich geh da niemals rein! Ich bin doch nicht lebensmüde! Ich renne nicht blindlings in mein Verderben, vergiss es!" Die Worte klangen aufgebracht, Panik schwang im Unterton mit.
    Die Vorstellung sich geradewegs in diese Flammenhölle zu begeben, löste bei ihm Übelkeit aus. "Ich will da nicht rein! Nein, ich gehe nicht mit! Ich will da nicht rein!!" Er begann wieder zu zittern, seine Hand glitt von der Wange und begab sich zurück in ihre Ursprungsposition - den Oberkörper umschlingend. Mitten im Griff wand sich das kleine Feurigel unter dem Druck, was Alec jedoch nur am Rande wahrnahm.
    „Wenn du nicht mitkommen willst, zwingt dich keiner dazu“, meinte die Blauhaarige und betrachtete den Jungen, ehe sie nach seinen Händen griff und diese mit sanfter Gewalt löste, damit das junge Pokémon nicht zerquetscht wurde. „Klar, Feuer ist nicht jedermanns Sache, aber es ist eigentlich überhaupt nichts dabei. Du glaubst gar nicht, wie oft ich so Zeug mache, einmal im Monat ist bei meinem Job 'nen brennendes Haus aber auf jeden Fall Pflicht, manchmal muss ich auch mehrere Tage hintereinander in sowas rein, also was macht schon einmal mehr aus?“, erklärte sie beiläufig und ein aufgeregtes Grinsen trat auf ihr Gesicht. „Keine Angst, da ist nix bei, außer, dass man hinterher was Cooles zu erzählen hat.“


    Alec glaubte sich verhört zu haben. Nichts dabei?! War dieses Mädchen denn noch bei Trost? Der Bestürzung mischte sich fassungslose Wut bei. Es musste selbst in einer solchen Situation schon einiges geschehen, damit jemand wie er die Nerven verlor. "'Es ist eigentlich überhaupt nichts dabei'?! Das hier ist die Realität und nicht irgendein Actionfilm oder sonst was! Ich weiß nicht, was du in deinem Job so alles anstellen musst, aber ich glaube kaum, dass jemand so wahnsinnig ist und seine Leute ungesichert in ein Feuer rennen lässt! Hast du eine Ahnung, wie leicht du den Flammen zum Opfer fallen kannst?! Ich-" Er brach abrupt ab. Die letzte Begegnung mit seinen Eltern erhob sich plötzlich wieder in seinem Bewusstsein. Wie sie auf dem Boden lagen; die blassen Körper gebranntmarkt und angefressen; die riesigen Flammenzungen, die gierig an ihnen zerrten; ihre Gesichter, eine Maske des Entsetzens.
    Augenblicklich verkrampfte sich sein Körper. Tränen rannen erneut seine Wangen hinab. "Nein", wisperte er kaum hörbar. "Nein!" Der Jugendliche schüttelte energisch den Kopf, um das Bild loszuwerden. Doch vergeblich. Es schien sich dort oben festgebrannt zu haben. Unauslöschlich flackerte es vor seinem inneren Auge.
    Alec stolperte unwillkürlich wenige Schritte zurück. Die Hände gegen die Schläfen gepresst, starrte er auf die Erde vor Serenas Füßen. Sogar ein Blinder hätte die Schmerzen auf seinem Gesicht erkannt, gegen die der Junge innerlich anzukämpfen versuchte.


    Das Mädchen betrachtet ihren Gegenüber, der scheinbar heftige Schmerzen hatte. „Klar ist es gefährlich, das ist jedes Abenteuer“, meinte sie, wobei sie nun plötzlich ernst wirkte. „Aber weißt du was? Es geht hier um Menschenleben. Und wenn wir nichts unternehmen, werden die Leute und Pokémon, die noch in diesem Turm sind, es vielleicht nicht herausschaffen. Ich habe genug Vertrauen in mich, um zu wissen, was ich kann und wie lang ich sie suchen kann. Wenn du es vor dir verantworten kannst, Leute dem Feuertod zu überlassen, obwohl du ihnen hättest helfen können, ist das deine Sache, ich kann es nicht. Also werde ich auch alles daran setzen, um sie zu retten.“
    Die letzten Sätze der Blauhaarigen bohrten sich wie glühende Nadeln in das Herz des Jungen. Es fühlte sich an, als klaffte dort mit einem Mal ein großes Loch, das seinen Körper mit eisiger Kälte erfüllte. "Du hättest sie retten können. Wie konntest du sie ihrem eigenen Verderben überlassen?", flüsterte eine Stimme vorwurfsvoll in seinem Kopf. "Du hättest sie retten können, Alec, du hättest sie retten können. Warum hast du es nicht getan? Warum hast du sie elending in den Flammen sterben lassen?" - "Aufhören! Sei still! Ich hab sie nicht sterben lassen! I-ich hab doch versucht, sie zu retten! Ich kann nichts dafür, dass sie gestorben sind..." Er wisperte die Worte nahezu. Ob Serena sie vernahm, war ihm gleich. "Belüg dich doch nicht selbst. Du hast sie sterben lassen. Du hast sie getötet, Alec, getötet!"
    "Nein, ich-" Übergangslos ertönte ein klatschendes Geräusch und die andere Wange begann intensiv zu brennen. Sofort verstummte die fremde Stimme. Irritiert, nun aber wieder halbwegs bei Sinnen blickte der Botaniker auf. "W-Was war das denn?" Die Frage entwich ihm, obwohl er wusste, weshalb sein Gegenüber ihm eine Ohrfeige verpasst hatte - oder zumindest glaubte er dies. Es verstrich eine kleine Ewigkeit, in der Stille herrschte. Nach und nach gelang es dem Neunzehnjährigen wieder, mehr oder minder klare Gedanken zu fassen. Die letzte Backpfeife hatte wohl die nötige Intensität gehabt, um ihn zurück in die Realität zu holen.
    Alec atmete mehrmals tief durch, ehe er zu einer Antwort ansetzte. Noch immer bebte seine Stimme, jedoch klang sie wesentlich fester als zuvor. "I-Ich denke, du hast Recht. Ich könnte mich nie wieder ansehen, wenn ich noch einmal jemanden den Feuertod sterben lassen würde...Es bleibt mir wohl n-nichts anderes übrig, als mich diesem Albtraum zu stellen..." Der Gedanke daran ließ seine unsichere Entscheidung allerdings bröckeln. Sollte er seiner tiefsten Angst ins Gesicht sehen oder nicht?
    "Wenn du Angst hast, bleib einfach bei mir, ich werde dich schon beschützen", versprach das Stuntgirl dem Jungen. "Ich bin übrigens Serena."
    Der Blondhaarige errötete leicht bei den Worten der Jungtrainerin. Noch nie hatte ein Mädchen ihm ein solches Versprechen gegeben. Dementsprechend wusste er nicht ganz damit umzugehen. Ein kleinlautes "D-Danke" war das Einzige, was er hervorbrachte. Wie sollte er sich nun verhalten? Der Schimmer auf seinen ohnehin geröteten Wangen wurde stärker. "I-Ich heiße Alec", erklärte er nach einigen Sekunden schließlich.


    Erneute Stille trat zwischen die Beiden, die jedoch bereits nach wenigen Augenblicken von einem Ausruf seitens seiner neuen Bekanntschaft wieder zerrissen wurde. "Dann ist ja alles geklärt. Hol dir 'ne Maske, dann geht's los!" Alec, sichtlich verwirrt von dem scheinbaren Tatendrang Serenas, blickte sie für einen Sekundenbruchteil verständnislos an, ehe ihm dämmerte, dass ein Atemschutz gegen den Qualm ja nicht das Verkehrteste war, wollte man nicht, wie er in jungen Jahren, eine Rauchvergiftung erleiden.
    Unsicher ließ er nun erstmals, seit er aus seiner Starre 'erwacht' war, seinen Blick über das nahe Umfeld schweifen, das sehr zu seiner Überraschung nicht nur aus der Blauhaarigen und ihm bestand. Sämtliche Jugendliche, denen ebenfalls ein junges Pokémonleben anvertraut worden war, standen hier versammelt. Bei ihnen ein kleiner Trupp nicht gerade schwächlich aussehender Männer. "Sind das die Kerle, von denen Serena vorhin gesprochen hat?" Der Botaniker schüttelte den Kopf, um die unangenehmen Gedanken, die in ihm aufzukeimen begannen, loszuwerden. Für so etwas war jetzt nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt.
    Ein wenig unbeholfen schritt er auf einen der Männer zu, in dessen Händen ein Korb mit altertümlichen Masken ruhte. Die Frau neben ihm trug einige Tücher. Nur zögernd griff er nach beidem, Zweifel nagten an ihm. Sollte er sich wirklich in die Höhle des Löwen wagen? Am liebsten wäre er seinem Fluchtdrang gefolgt und einfach irgendwohin verschwunden, irgendetwas hinderte in allerdings daran. "S-Soll ich wirklich? Was ist, wenn es schief läuft? Wenn sich eine solche Tragödie noch einmal wiederholt?"


    Alec war im Begriff, die Utensilien zurückzulegen, als ein schrilles Quietschen ertönte. Perplex zuckte er zusammen, es war direkt neben seinem rechten Ohr erklungen. Das Feurigel saß auf seiner Schulter - es musste wohl dort hinauf geklettert sein, ohne dass er es mitbekommen hatte - und gab eine Reihe entrüstet klingender Laute von sich, die allesamt in einer beachtlichen Lautstärke den kleinen Mund verließen. "I-Ist ja gut, i-ich gehe j-ja!", stieß der Junge nach einer gefühlten Ewigkeit mit schwankender Stimme hervor. Nur widerstrebend band Alec dem Feuerpokémon das Tuch um die Schnauze, während er stockend zu Serena zurückkehrte. "I-Ich hab mir eine M-Maske geholt", verkündete er widerwillig. Ihm graute es bei der Vorstellung, was ihm nun bevorstand. Sein Körper begann erneut zu zittern.
    "M-Muss das w-wirklich -", setzte er an, brach jedoch ab. Sein Blick ruhte auf dem brennenden Turm. In unmittelbarer Nähe befand sich die Feuerhölle, die möglicherweise sein Verhängnis bedeutete. Er könnte wie seine Eltern den Flammen erliegen. Vielleicht brach ein großer Balken ab und begrub ihn unter sich. Vielleicht zerfraß das Feuer gerade die stützenden Holzsäulen dieses riesigen Bauwerks und es würde direkt über ihnen einstürzen, sie unter den Trümmern einschließen, bis sie erstickten - falls sie nicht schon vorher zerquetscht wurden. Vielleicht starb er auch an einer Rauchvergiftung, wie sie ihn damals beinahe das Leben gekostet hatte.
    Je länger Alec das brennende Gebäude anstarrte, desto intensiver und qualvoller wurden die Varianten, wie bei diesem Rettungsversuch sein Ableben aussehen könnte.
    Unwillkürlich wich er einige Schritte zurück. "Ich gehe da nicht rein! Nein, ich werde -" Der plötzliche Klang von Serenas Stimme zerriss seine erdrückenden Gedanken. "Geh'n wir!", verkündete sie entschlossen und packte den aufgebrachten Jungen am Arm. "Nein!" Alec versuchte den Griff zu lösen, doch seine Finger zitterten zu sehr, als dass sie etwas bewirken konnten. Ein resigniertes Stöhnen gab schließlich seine Aufgabe bekannt. Widerstrebend setzte er sich die Maske auf, ehe sie den Turm betraten.

    Im Eingangsbereich erwartete ihn nicht das riesige Flammenmeer, das er befürchtet hatte. Sehr zu seiner Beruhigung stellte er fest, dass in diesem Raum bereits ein Großteil des Feuers gelöscht worden war. Es hatten nur einige, kleinere Flammen überlebt, die ihr glühenden Fänge in die verwüsteten Reste schlugen, die einmal einen prächtigen Anblick geboten hatten. Die Hitze hier drinnen brannte auf seiner teils freigelegten Haut, doch das störte ihn überraschender Weise nicht allzu viel. Die Masken ermöglichten eine weitgehend normale Atmung, was bedeutete, er würde zumindest dem Tod durch eine Atem- oder Kreislauflähmung entgehen. Er musste nur dafür sorgen, dass er dieses alt wirkende Ding nicht verlor.
    Die leichte Entspannung währte jedoch nicht lang, denn sein Körper verkrampfte sich erneut, als ein Mann erklärte, sie müssten ein Stockwerk höher. Der grelle Schein des Feuers, der sie an der Treppe empfing, raubte Alec das winzige Fünkchen Mut, das Serena ihm auf unschöne Weise zugeredet hatte. Er fühlte seinen eigenen Herzschlag nicht mehr. Fortgelaufen wäre er, würde ihre Hand seinen Arm nicht so eisern umklammern. "Ich will hier raus!" Seine Augen brannten, als er sie zukneifte. Er wollte die tobenden Flammen nicht sehen, die ihnen entgegen schlugen. Er wollte die Zerstörung nicht sehen, die sie angerichtet hatten. Er wollte die Menschen nicht sehen, die hier oben festsaßen und eine Angst durchlitten, wie er sie selbst nur zu gut kannte. Er wollte seinem größten Kindheitsalbtraum nicht noch einmal ins Antlitz blicken müssen.
    Die Hitze wurde augenblicklich beißend und ihre Berührungen mit der Haut schärfer. Er hörte, wie sie von den Männern gedrängt wurden und wie eine Wand krachend einstürzte. Ein Ausruf von Seiten Serenas, sie sollten die Leute hier herausholen und dann abhauen, ließ den Botaniker seine Augen schlussendlich wieder öffnen. Der Anblick des Feuers schürte seine Unruhe jedoch und er stolperte einige Schritte zurück. Serena ließ ihn los, um scheinbar zu einem jungen Mädchen, welches unter einem großen Balken begraben lag, zu eilen. Unsicher blickte Alec ihr hinterher. Was sollte er tun? Aus dem Turm fliehen? Den Anderen helfen? Still dastehen und warten? Er wusste es nicht. Sein Körper bebte stärker denn je. Immer wieder versuchten Zerrbilder seine Aufmerksamkeit zu erregen und es kostete ihn mehr Kraft als er besaß, um sie zu verdrängen.
    Ein Mädchen half der Blauhaarigen beim Hochheben des Balkens. Ein wenig Erfolg schienen sie zu haben, denn er bewegte sich ein nahezu winziges Stück nach oben. Lange halten würden sie dieses Gewicht allerdings nicht können, was ein Ruf aus ihrer Richtung bestätigte. Der Neunzehnjährige fühlte sich hin und her gerissen. Sollte er helfen oder verschwinden? Würde er es überhaupt mit seinem Gewissen vereinbaren können, erneut Menschen dem Feuertod zu überlassen? Wohl kaum...
    Es verstrichen einige Sekunden, ehe Alec einen unsicheren Entschluss fasste. Vorsichtig bahnte er sich einen Weg zu der Unfallstelle, wohl darauf bedacht, keiner noch so kleinen Flamme zu nahe zu kommen. Schließlich hatte er sie erreicht. Er atmete mehrmals sehr tief durch, um seine Nerven so gut es ging zu beruhigen, wobei die Hitze nicht sehr förderlich war. Die Aktion würde ihn jedoch einiges an Kraft kosten, zitternde Gliedmaßen halfen dementsprechend wenig.
    In einem Zug griff er nach dem sperrigen Holzklotz und spannte unter großer Mühe die Muskulatur an. Tatsächlich hob sich der Balken ein weiteres Stück, gerade hoch genug, um das Mädchen hervorzuziehen. Auch er merkte, dass er diese Prozedur nicht lange durchhalten würde. Sein Körper begann stärker zu zittern, diesmal allerdings wegen der Anstrengung. "Wir brauchen hier Verstärkung! Jemand muss sie da rausziehen!", rief er der Truppe zu. Das Feurigel unterdessen saß noch immer auf seiner Schulter und blickte ihn verwirrt wie ängstlich an, während es sich Schutz suchend gegen ihn drückte.


    OT: Nach über zwei Monaten auch mal wieder ein Lebenszeichen von mir ^^". Der Post ist wahres Monster geworden - ein in meinen Augen teils unrealistisches noch dazu..Aber der Arme wird gerade so durch die Mangel gedreht Ôo
    Entstand zusammen mit Sheewa

    Ich bin ab morgen (02.05) bis einschließlich Freitag (04.05) auf Klassenfahrt und werde höchstwahrscheinlich nicht on kommen können.


    Betroffen sind:
    - Fairy Tail
    - Johto
    - Kademes-Turnier

    So, meld ich mich nach einer Ewigkeit auch mal an. Falls etwas nicht passt, einfach eine PN schicken.


    [tabmenu]
    [tab=Rasse]

    Name: Excetra (Singular als auch Plural; sprich c wie s)
    Wesensform: Humanoid


    Körperbau:
    Auf den ersten Blick könnte man einen Angehörigen dieser Rasse glatt mit einem Menschen verwechseln, gäbe es da nicht ein Merkmal, das deutlich sichtbar heraussticht. Kleine, meist glatte oder gekielte Schuppen bedecken in Längsreihen angeordnet den gesamten Körper. An Gesicht und Hals als auch an den Gliedmaßen gehen sie in etwas größere über, wobei an letzterer Stelle ihre Größe ein wenig geringer ist. Die Musterungen des Schuppenkleides verfügen über eine schier unendliche Zahl von Farb- und Zeichnungsvarianten. Sie umfassen beinahe alle Farben des Spektrums und können einfarbig, mit wenig gefärbten Schuppen über Streifen-, Leiter- und Karomuster bis hin zu komplexen Kombinationen reichen. Auch können besondere Pigmentierungen wie Albinismus und Melanismus auftreten.


    Das Gesicht eines Excetras wirkt ebenfalls recht menschlich. Allerdings sind die Züge meist feiner geschnitten und die Rundungen ein wenig weicher. Die Augen sind in den meisten Fällen in den unterschiedlichsten Brauntönen- und mischungen gehalten, jedoch treten auch Grün und Grau gelegentlich auf. In diesen dunklen Seelenspiegeln sitzen etwas größere Pupillen, die senkrecht geschlitzt sind. Die Nase samt den Nasenlöchern ist etwas kleiner, da sie im Grunde genommen kaum benutzt wird. Gerüche nehmen die Excetra hauptsächlich über ihre schmale gespaltene Zunge auf, deren Spitzen in eine Art Tasche, die vom Dach der Mundhöhle abgeht, geschoben werden. Dort liegt ein Organ, das die Geruchsstoffe analysiert. Der Schädel an sich ist sehr beweglich konstruiert. Da die Kiefer- und Gaumenknochen wie bei Schlangen nicht miteinander verwachsen, sondern nur durch Bänder verbunden und relativ stark verschiebbar sind, können sie ihren Mund weiter als gewöhnlich öffnen. Hierbei handelt es sich mehr um ein Überbleibsel vergangener Zeiten, wirklich Verwendung findet dies heutzutage nämlich nicht mehr. Unter anderem, weil die Beutetiere nur noch selten im Ganzen verschlungen werden. Es ist zur Gewohnheit der Rasse geworden, das Fleisch mit ihren scharfen Zähnen direkt in mundgerechte Stücke zu reißen, nachdem sie das oder die Opfer mittels ihres Giftes getötet haben. Jenes wird durch die Eckzähne in den fremden Körper gespritzt. Sie sind im Durchschnitt zirka drei bis vier Zentimeter lang und innen von einer Röhre durchzogen, durch die die tödliche Substanz geleitet wird. Aufgrund ihrer unter Umständen problematischen Länge liegen die, nicht fest im Kiefer verankerten Fänge eingeklappt in einer Bindegewebsfalte. Setzt ein Excetra zum Biss an oder Ähnliches, klappen sie beim Öffnen des Mundes um knapp neunzig Grad nach vorne. Seitlich am Kopf liegen für gewöhnlich zwei Höröffnungen. Allerdings gibt es auch seltene Fälle, in denen Excetra mit spitzen menschlichen Ohren auf die Welt kommen. Woher dies kommt, ist unbekannt. Forscher vermuten jedoch, dass sich vor Generationen Kreuzungen zwischen diesen beiden Rassen ereignet haben könnten und somit das Blut teils vermischt wurde.


    Anderweitig ist der Körperbau mit dem eines Menschen identisch. Die durchschnittliche Größe beträgt bei Weibchen 1,70 Meter, bei männlichen Exemplaren 1,85 bis 1,90.


    Nahrung:
    Excetra sind Jäger, dementsprechend handelt es sich bei ihrer Hauptmahlzeit um Fleisch. Zwar können sie sich notfalls auch sehr beschränkt mit pflanzlicher Nahrung erhalten, dies allerdings nur zeitlich begrenzt, da ihr Körper nichts in der Art dauerhaft verträgt. Bevorzugt füllen sie ihre Mägen mit frisch erlegter, gelegentlich sogar noch lebender Beute - wichtig ist, es muss blutig und roh sein. Je nach Größe der Stücke schlucken sie diese nur herunter oder zerkauen sie. Gebratenes oder gar gekochtes Fleisch verachten sie.


    Lebensspanne: Sie werden durchschnittlich hundertfünfzig bis hundertsechzig Jahre alt, wobei gesagt sei, dass Excetra aus Silvas häufiger diese Grenze erreichen als ihre Artgenossen aus der Wüste und dem Gebirge.


    Geistesstärke:
    Die Intelligenz dieser gerissenen Rasse übersteigt die der Menschen ein wenig, dementsprechend hoch sind auch ihre Magiefertigkeiten. Allerdings macht sich kaum einer unter ihnen die Mühe, Magie zu studieren, was wohl unter anderem mit ihrer Abneigung gegenüber Städten zusammenhängt. Diejenigen, die solche Fähigkeiten dennoch ihr Eigen nennen können, genießen bei ihren Artgenossen etwas mehr Respekt.


    Verhalten:
    Excetra gelten als hinterhältige und besonders listige Wesen, weshalb die Meisten ihnen mit tiefem Argwohn begegnen. Jeder, der nicht ihrer Rasse angehört und sich dennoch auf einen von ihnen einlässt, so heißt es, der wird im Laufe der Zeit mit ihrer großen Selbstsucht konfrontiert, was angeblich Dinge wie rücksichtslose Ausbeutungen oder gar Verrat mit sich bringt. Kurz um, traut man jemandem dieser Humanoidengattung, so wird man früher oder später hintergangen.
    Wo diese Behauptungen ihren Ursprung haben, ist bisher nicht vollends geklärt worden. Allerdings ist bekannt, dass es sich bei vielem davon um reinen Schwindel handelt. Denn im Grunde genommen sind Excetra eher ruhige Zeitgenossen, die unnötigen Auseinandersetzungen, egal ob verbal oder körperlich, aus dem Weg gehen. Sie bevorzugen ein verträgliches Leben in vertrauter Umgebung. Fremden treten sie für gewöhnlich misstrauisch und ablehnend gegenüber, nichtsdestotrotz ist ihre Einstellung zu anderen Rassen weitgehend neutral - sofern diese sie in Ruhe ohne großartige Störungen ihr Leben leben lassen. Provoziert man sie jedoch bis zu einem gewissen Grad - sei es, aus welchem Grund auch immer -, kann es passieren, dass sie schnell die Beherrschung verlieren und sich ihre doch recht aggressive Seite offenbart. Sobald sie in einen solchen Gemütszustand verfallen, zeigt sich ihre Skrupellosigkeit. Wird ein Kampf entfacht, so lassen sie nach Möglichkeit von einem Feind nicht mehr ab, selbst wenn dieser die Flucht ergreifen sollte. Für sie findet eine körperliche Auseinandersetzung erst ein Ende, wenn einer von ihnen vollkommen kampfunfähig oder tot ist. Aufgeben kommt für sie meist nur dann in Frage, wenn zu viel auf dem Spiel steht oder sie sich eingestehen müssen, einem Gegner hoffnungslos unterlegen zu sein und nichts gegen diesen ausrichten können. Wobei sie selbst in solchen Situationen nur widerwillig den Schwanz einziehen, da es doch sehr stark am großen Stolz dieser sturen Rasse kratzt.


    Soziale Natur:
    Die Rasse der Excetra ist ein Nomadenvolk, das für gewöhnlich durch die Natur zieht ohne sesshaft zu werden. Nur die wenigsten lassen sich demnach in Siedlungen nieder. Geschieht dies jedoch, bevorzugen sie abgelegene Orte, in denen sie fremde Gesellschaft vermeiden können, da sie dieser keineswegs zugeneigt sind. Sie bevorzugen eher ihresgleichen, weswegen man sie unter anderem auch so gut wie nie an belebten Orten wie einer Stadt antrifft.
    Typisch für diese Rasse ist, dass sie meist als Einzelgänger durch die Länder streifen und ihre Einsamkeit genießen. In manchen Fällen allerdings schließen sie sich auch in kleinen Gruppen zusammen, die durchschnittlich aus fünf bis zehn Exemplaren bestehen. Auch wenn es im Grunde keine fest geregelte Rangordnung in den Gruppen gibt, so ist es doch auffällig, dass die Älteren und somit auch Erfahrenen unter ihnen den Respekt der Jüngeren genießen, wodurch gerade auch diese meist die Rolle des Anführers übernehmen. Denn jemand, der die Gruppe mit strenger Hand anleitet, ist unentbehrlich, da das von Natur aus impulsive Gemüt dieser Gattung sehr häufig zu recht heftigen Auseinandersetzungen führen kann.


    Herkunft:
    Die Wurzeln dieser Rasse liegen in den weiten Ebenen von Silvas, wo sie sich vor mehreren Jahrtausenden entwickelte. Heute sind sie mit Ausnahme der Nordlanden einzeln in allen Gebieten des Kontinents anzutreffen. Die Hauptpopulation ist allerdings in Redon vertreten, wo die Gruppenbildung sogar soweit ging, dass sich mitten in der heißen Wüste vor einiger Zeit zwei große Dörfer entwickelten. Bevorzugt leben Excetra dort, wo die Temperaturen in einem warmen Bereich liegen, da sie kaum eine Kälteresistenz besitzen. Sie frieren wesentlich schneller als andere Wesen und können dementsprechend leicht erkranken.


    Lebensraum: Hauptsächlich beheimatet ist diese stolze Gattung heutzutage in der staubigen Wüste Redons, teilweise findet man sie allerdings auch noch in ihrer Ursprungsheimat Silvas oder in Foris.


    Besonderheiten:
    Was einen Excetra in erster Linie auszeichnet, ist sein besonderer Geruchssinn. Da das Riechzentrum in der Nase über Generationen hinweg kaum genutzt wurde, ist es heutzutage verkümmert, weshalb man nur noch intensive Gerüche schwach über es wahrnehmen kann. Um feinere Duftstoffe riechen zu können, sind sie auf ihre gespaltene Zunge angewiesen. Im Inneren des Mundes führen sie die Zungenspitzen an ein spezielles Organ, in dem die Stoffe analysiert werden. Es liegt wie bei Eidechsen und Schlangen paarig in einer Art Tasche, die vom Dach der Mundhöhle abgeht. Wird die Zunge dort hinein geschoben, werden die Geruchsstoffe, die sich auf der Schleimhaut angeheftet haben, auf den Flüssigkeitsfilm des Riechzellengewebes übertragen. Mit den beiden Spitzen können sie gleichzeitig unterschiedliche Düfte wahrnehmen und daraus räumliche Informationen gewinnen. Dies ermöglicht ihnen das Aufspüren und Verfolgen von Beutetieren oder anderen Lebewesen.
    Ferner nimmt das Gehör dieser Rasse durch die Luft übertragene Schallwellen nicht ganz so gut wahr wie das der Menschen, da das Außenohr bei Excetra mit Höröffnungen nicht vollständig ausgeprägt ist. Da sie sich dadurch anderen gegenüber benachteiligt fühlen, zählt dies zu den Faktoren, weshalb sie keine fremde Gesellschaft mögen. Die wenigen, die spitze Ohren besitzen, sind von dieser Minderung allerdings nicht betroffen. Dennoch werden sie nicht von ihren Artgenossen ausgeschlossen oder schlechter behandelt.
    Anderweitig sind Excetra nicht wechselwarm, sondern verfügen dank ihres leistungsstarken Stoffwechsels über eine konstante Körpertemperatur.


    Vorlieben: milde bis warme Temperaturen; Ruhe; Einsamkeit; Jagden; Holz als Material; Kämpfe.
    Abneigungen: Kälte; Fremde; reges Treiben; Menschen (tiefer Hass); Lärm; Provokationen.

    [tab=Charakter]

    Name: Cana
    Geschlecht: weiblich
    Wesensform: Magieblut
    Rasse: Excetra, trägt allerdings auch Menschenblut in sich. Sie ist ein Mischling.
    Alter: 28 Jahre
    Königreich: Redon


    Aussehen:
    Sieht man Cana tief in das rechte Auge, so blickt man direkt in einen dunklen kupferfarbenen Spiegel ihrer Seele hinein, der erst bei genügend Licht die wenigen goldbräunlichen Punkte auf der Iris preisgibt. Ein Blick auf ihr linkes Auge bleibt jedoch verwehrt, da ein schmaler schwarzer Faden das Lid mit einer groben Naht verschließt.
    Diese leuchtenden Edelsteine schmücken ein gutaussehendes, aber nicht über die Maße hübsches Gesicht und fallen trotz der sonnengezeichneten Haut auf. Das fein geschnittene Gesicht mit den kalten, strengen Augen wird von langem dunkelbraunem, beinahe schwarzem Haar, das bei Lichtfall einen rötlichen Schimmer aufweist, umrahmt. Bis zur Mitte des Rückens reicht es ihr und ziert in Form eines seitlichen Ponys sowie eines schlichten Zopfes, welcher mit einzelnen geflochtenen Strähnen durchzogen ist, ihr Haupt. Canas Miene entnimmt man selten ein Lächeln, viel mehr bedenkt sie die Welt mit einem ernsten, nachdenklichen Ausdruck oder aber ihre Mimik verkündet von eisiger Kälte begleitete Emotionslosigkeit. Ein undefinierbares Funkeln sucht jedoch oft ihr Auge heim und lässt ihre scheinbar harte Fassade bröckeln. Denn, wenn sie auch stets darum bemüht ist, dies zu verhindern, es verleiht ihrem Blick einen traurigen Schimmer.
    Über die Maße weiblich ist Cana nicht, dennoch ist das Erste, das einem auffällt, ihre ausgeprägte Oberweite sowie die vorhandenen Rundungen. Eine gut beleibte Frau stellt die Schlangendame allerdings nicht dar, denn ihr Körperbau wird durch die zahlreichen Kämpfe, die sie aus den unterschiedlichsten Gründen regelmäßig austrägt, schlank gehalten und gestählt.
    Diese kräftige, aber schmale Statur hüllt die Humanoide gern in helle Kleidung mit schlichtem Schnitt, wobei sie Töne von cremefarben bis beige bevorzugt, obwohl gerade auf solchen Klamotten unerwünschte Dinge wie Blutflecken besonders gut zur Geltung kommen. Ihr Oberkörper wird teils von einem gewickelten, cremefarbenen Oberteil verdeckt, das ihr vom Brustansatz bis zur Taille reicht und im Rücken zugebunden wird, während eine beigefarbene Hose, die ihr einige Zentimeter übers Knie geht, als Beinbekleidung dient. Lediglich die Sandalen fallen mit ihrer dunkelbraunen Farbe aus dem Rahmen. Auf Accessoires verzichtet Cana eher ungern. Ihr Motto in dem Punkt ist »wenig, aber individuell«. So trägt sie beispielsweise einen sehr langen wie relativ breiten Schal aus dünnem, leicht gräulich hellbeigem Stoff, der zwei Mal sehr locker umschlungen ihren Hals ziert. An diesen beiden 'Säumen' hängen in regelmäßigem Abstand große wie dicke Goldringe. Die Enden des Schals reichen ihr bis zur Hüfte und sind vollkommen zerfleddert. Man sieht sie dieses zerknitterte Kleidungsstück selten abnehmen. Ob sie ihn besonders mag oder ob sie lediglich ihr physisches Merkmal als Magieblut, das er versteckt, nicht zeigen will, weiß niemand. Bei dem besagten Merkmal handelt es sich um tiefe Spalten in der Haut, die sich über ihren Hals- und Schulterbereich erstrecken. Von ihnen schimmert ein intensives Rot hoch, was ihnen das täuschend echte Aussehen von blutigen Schnittwunden verleiht.
    Ferner schmücken zwei kleine kupferfarbene Creolen ihr linkes Ohr. Einer oben, einer unten. Sie sind mit einer äußerst feinen Kette miteinander verbunden. Am Ohrläppchen hängt ein tropfenförmiger Ohrring in Gold. Zwei schmale Armreife aus demselben Edelmetall zieren das rechte Handgelenk, das mitsamt der Hand bis zu den Fingerknöcheln bandagiert ist.


    Haut:
    Canas Haut ist im Gegensatz zu der ihrer Artgenossen nicht vollständig mit Schuppen bedeckt - sehr zu ihrem Missfallen. Dank ihrem gemischten Blut besitzt sie menschliche Haut, die nur an wenigen, etwas größeren Stellen von jenem Naturschmuck geziert wird (ein solcher 'Fleck' sitzt beispielsweise direkt unter ihrem rechten Auge). In einem matten Glanz schimmern ihre Schuppen bräunlich golden, manche weisen auch schwarze Ränder auf oder sind gänzlich in dieser Farbe gehalten, was ihr mildes Leuchten unterstreicht. Man könnte es im Allgemeinen als edel bezeichnen, wären da nicht diverse Narben, die diesen Eindruck wieder zunichte machen. Fünf große sind es an der Zahl, neben zahlreichen kleineren, und sie sitzen am Rücken, der Brust, den Außenseiten der Unterarmen sowie an der linken Schläfe. Letztere besteht eigentlich aus vier etwas kleineren Narben, die eine Art mehrfaches X bilden.


    Eigenschaften:
    Ihr Auftreten nach außen hin ist meist durch eine recht kalte Verhaltensart geprägt, was sie auf viele abstrus, wenn nicht gar finster erscheinen lässt. Sie begegnet allem Fremden mit Misstrauen und äußerster Vorsicht. Man sollte sie deswegen allerdings nicht als ängstlich ansehen, denn hinter dieser Fassade verbirgt sich eine listige junge Frau, die auch nicht davor zurückschreckt, andere im großen Ausmaß zu verletzen oder gar zu töten. Nein, man könnte sie eventuell sogar, als sadistisch angehaucht bezeichnen.
    Cana ist unberechenbar. Wer glaubt, sie durchschaut zu haben, der kann bereits im nächsten Moment sein blaues Wunder erleben. Ihre Reaktionen basieren zwar größtenteils auf dem oben genannten Muster, nichtsdestotrotz können sie von einem Augenblick zum nächsten scheinbar grundlos umschlagen und so eine vollkommen neue Seite von ihr offenbaren. Die Vielfältigkeit scheint dabei so hoch, dass man meinen könnte, sie besitzt mehrere Persönlichkeiten. Einen festen Charakter kann man bei ihr aufgrund dieses Verhaltens nicht feststellen. Es lässt sich deshalb nie mit Sicherheit sagen, woran man an ihr ist.


    Geschichte:
    Informationen über Canas Vergangenheit gibt es nicht viele. Es lässt sich lediglich mit Sicherheit sagen, dass sie aus Redon stammt und von ihren Artgenossen bereits als Kind auf grausame Art vertrieben wurde. Weshalb dies der Fall war, weiß keiner außerhalb der kleinen Nomadengruppe, der sie einst angehörte. Ein Wort darüber zu verlieren, ist allerdings strengstens untersagt. Sie selbst behauptet, die Gründe ihrer Verstoßung seien zum einen das gemischte Blut, das sie in sich trägt, als auch der Mord an ihren Eltern. Ebenso erzählt sie bei Nachfrage herum, bis zum siebzehnten Lebensjahr auf den Straßen der Bücherstadt gehaust zu haben, ehe sie sich auf ziellose Reise begab. Ob dies alles jedoch auch der Wahrheit entspricht, weiß außer ihr niemand.


    Waffen:
    Da die Verwendung ihrer Magie bei jedem noch so kleinen Kampf dauerhaft an ihren Kräften zehren würde, trägt die Excetra 'Zwillingsdolche', wie sie sie nennt, mit sich herum. Bei ihnen handelt es sich, wie der vermeintliche Name vielleicht schon vermuten lässt, im Endeffekt um zwei schlichte Dolche mit exakt demselben Aussehen. Die Gesamtlänge dieser Stichwaffen beträgt zirka zwanzig Zentimeter. Die relativ langen Klingen sind zweischneidig und keilförmig. Sie sind aus etwas weicherem Metall geschmiedet, welches in einem matten Schwarz glänzt. Auf je einer Klingenseite befinden sich knapp über dem heftlosen Griff drei kleine, kobaltblaue Runen. Was diese bewirken, weiß Cana nicht, da sie von ihnen nie Gebrauch gemacht hat. Auch der Mann, dem sie die Dolche einst vor der Nase stahl, hat kein Wort über die eventuellen Effekte verloren. Die eher schmalen Griffe sind aus demselben Metall wie die Klinge, für einen besseren Halt allerdings je mit einem hellgrauen Band umwickelt.
    Aus einem unbekannten Grund scheint die Humanoide sehr an diesen Waffen zu hängen. Wer sie ohne Genehmigung nimmt oder gar beschädigt, der kann sich auf eine Schlangenfrau freuen, die mit einer geballten Ladung Wut bewaffnet, einem die Hölle mehr als heiß macht.
    Aufbewahrt werden die Dolche in seperaten Lederscheiden, die an einer Art schmalem Gürtel in einem rötlichem Braun um ihre Hüften hängen.


    Magiefähigkeit:
    Cana ernährt sich von den Schmerzen anderer. Je intensiver diese sind, desto mehr Energie kann sie aus ihnen ziehen. Meist spürt sie während der Aufnahme selbst einen Bruchteil dessen, was ihre Opfer gerade durchleiden müssen. Einer der Nebeneffekte, auf die die Schlangenfrau ihrer Ansicht nach auch gerne verzichten könnte. Ein weiterer stellt ihre Abhängigkeit von der Nähe anderer Lebewesen dar, da sie ohne das physische Leid dieser auf Dauer nicht überleben kann.
    Die Fähigkeit, die sich aus ihrer Existenz als Magieblut heraus 'entwickelt' hat, zählt wohl zu den ungewöhnlicheren ihrer Art. Es handelt sich um die Manipulation und Kontrolle ihres eigenen Blutes. Sie kann es der vorhandenen Menge entsprechend ganz nach Belieben formen. Damit dies allerdings überhaupt möglich ist, muss das Blut zuvor aus dem Körper austreten. Hierzu fügt sich die Braunhaarige mittels ihrer Dolche selbst Wunden zu. Verlässt die Flüssigkeit erst einmal die Adern, so ist sie unwiderruflich verloren.
    Blut besitzt für gewöhnlich keine wirkliche Härte, weswegen der Einsatz im Kampf im Grunde genommen sehr beschränkt ist. Cana kann ihrem jedoch bis zu einem gewissen Grad Festigkeit und in diversen Formen sogar Schärfe verschaffen als es auch wieder verflüssigen. Da allerdings nicht nur der Zustand, sondern auch die verfügbare oder benötigte Menge eine Rolle spielt, hat sich ihr Körper der Magie weitgehend angepasst. So hat er sich beispielsweise größtenteils an relativ hohen Blutverlust gewöhnt, sodass die Symptome nicht mehr allzu stark ausgeprägt sind. Ebenso hat sich die Blutgerinnung um einiges verlangsamt, während die Regeneration mehrerer Liter - unter der Voraussetzung, entsprechend viel Flüssigkeit oder Magie zu sich zu nehmen - binnen Tagen vollzogen wird (die exakte Dauer variiert mit der Höhe des Verlustes). Zudem benötigt die Heilung von Wunden mehr Zeit als bei anderen.
    Nichtsdestotrotz greift Cana äußerst ungern auf ihre Fähigkeit zurück, wenn sie bei größeren Kämpfen auch auf diese angewiesen ist, da sie ihr Dasein als Magieblut verabscheut.


    Besonderheiten:
    Sieht man einmal von der menschlichen Haut ab, so dominiert doch das Schlangenblut ihrer Rasse - zumindest optisch. Cana besitzt die seltenen spitzen Ohren, weshalb sie ebenso gut hören kann wie Menschen. Von dieser Verbesserung ist auch ihr Geruchssinn betroffen, sie kann hingegen der eigentlich schwachen Funktionsausprägung der Nase, mit dieser relativ intensive Gerüche stärker wahrnehmen. Um feinere Geruchsstoffe riechen zu können, ist sie dennoch nach wie vor auf die gespaltene Zunge angewiesen.
    Ein Gegenteil zu diesen Steigerungen stellen ihre spitzen Eckzähne dar. Sie sind, wie bei den Excetra üblich, dreieinhalb Zentimeter lang und teils hohl. Durch sie wird normalerweise tödliches Gift gespritzt, um Beute oder Feinde niederzustrecken. Die Drüsen, die diese Substanz produzieren, sind bei Cana allerdings unterentwickelt, sodass es ihr unmöglich ist, damit einem Opfer tödlichen Schaden zuzufügen.

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    Man konnte Shira deutlich ansehen, dass er von seinem zwangsläufigen Abendprogramm alles andere als begeistert war. Allerdings kümmerte dies Cassandra wenig, ihrer Ansicht nach tat etwas körperliche Ertüchtigung dem chaotischen Haufen sicherlich gut. Auch die schmeichelhaft formulierte Verabschiedung würde daran nichts ändern können.
    Sie wollte den Sandmagier noch bitten, die anderen von ihrer gemeinsamen Aufgabe in Kenntnis zu setzen, als plötzlich eine Stimme hinter ihr ertönte.
    "Ich denke, ich sollte mich auch entschuldigen. Mein Name ist Travis Grinder und ich hab' versucht, mich in den Kampf einzumischen, weil ich verhindern wollte, dass der Junge ins Kreuzfeuer gerät. Leider habe ich damit den Streit eher noch angeheizt und konnte selbst nichts unternehmen... Trotzdem wollte ich fragen, ob ich vielleicht auch der Gilde beitreten könnte." Sie drehte sich zu dem Sprecher herum und musterte ihn eingehend. Es handelte sich um einen jungen, kräftig gebauten Mann mit braunem Haar, das er im Millimeterschnitt trug. "Ich bin schon länger auf der Suche nach einer und bin wegen gewissen Gerüchten in diese Stadt gekommen. Es wäre schön, wenn sie..." Er brach mitten im Satz ab. Mit einem Mal tauchte eine unbekannte Magiepräsenz auf, deren Stärke Cassandra regelrecht in den Magen schlug. Eine solche Intensität hatte sie noch nie erlebt. "Was zur Hölle ist das?! So viel Magie kann doch unmöglich von einem Zauber kommen - nicht ohne aufsehenserregende Vorbereitungen!". Noch in derselben Sekunde erklangen die ersten aufgeregten Stimmen und es dauerte nicht lang, bis die Luft gänzlich von Schreien und lauten Rufen erfüllt war. Sie wandte sich an den Mann, der sie eben angesprochen hatte. "Ich nehme an, es ist in Ordnung, wenn wir die Besprechung führen, sobald das dort drüben ein Ende gefunden hat", meinte sie knapp - die Sorge darin war jedoch unüberhörbar -, ehe sie auch schon verschwunden war.


    Im nächsten Augenblick fand Cassandra sich in einem heillosen Chaos wieder. Auf der beinahe riesigen Lichtung herrschte Panik. Leute rannten umher oder versuchten sich einen Weg durch die drängelnde Masse zu bahnen, in der Hoffnung unbeschadet von hier fort zu kommen; gierige Flammenzungen zerrten gefräßig an zahlreichen Ständen und drohten auf die nahe gelegenen Bäume überzuspringen; dichter Rauch trübte die Umgebung und streckte seine aschgrauen Finger gleichzeitig gen Himmel aus. Cass musste sich anstrengen, um ein Husten zu unterdrücken. Ihr Blick glitt weiter. Sie erkannte mehrere Magier, die darum bemüht waren, so gut es ging, Hilfe zu leisten. Ebenso glaubte sie, Bianka und Yukira aus dem Wald hetzen zu sehen, die sich beide sofort daran machten, einen Teil des Feuers zu löschen, das sich jedoch aufgrund des großen Nahrungsvorrates hier schneller ausbreitete, als man es bekämpfen konnte.
    "Das wird so nichts. Wenn es so weitergeht, kommt es noch zu einem Waldbrand." Sie begab sich kurzerhand in die Hocke und legte ihre Hände nebeneinander auf den staubigen Boden. Augenblicklich leuchtete ein großer anthrazitfarbener Runenzirkel auf und im gleichen Moment schossen Unmengen langer wie breiter Schattenstränge aus der Erde. Sie breiteten sich mit erstaunlich schneller Geschwindigkeit über den Flammen auf dem gesamten Platz aus und erstickten diese binnen Sekunden, bevor sie sich einfach wieder in Luft auflösten. Somit war zwar rasch ein Teil des Problems aus der Welt geschafft worden, der größte allerdings bestand noch. Und er wuchs in einem rasanten Tempo.
    Die Schreie hatten mittlerweile an Lautstärke gewonnen. Die Panik der Menschen stieg unaufhörlich. Doch trotz des immensen Geräuschpegels erreichten noch einzelne Satzfetzen das Ohr der Gildenmeisterin, wenn auch kaum verständlich durch den Lärm. "Berührt es nicht!", "Diese Dinger sind gefährlich! Wenn...", "Solche Siegel....ganz Fiore...Menschen verschwinden...Werk eines Schwarzmagiers...!", all dies und ähnliche Aussagen wehten über den Platz. Auch Cassandra hatte von jener Gefahr gehört, die das Königreich angeblich bedrohte. Es handelte sich den Gerüchten nach, um siegelähnliche Abbildungen, die in den Städten und Dörfern plötzlich an Wänden, Böden, Möbeln und anderen Gegenständen auftauchten. Relativ groß und schwarz-violett schimmernd, wurden sie stets beschrieben. Von ihnen gehe eine Präsenz aus, die einem das Gefühl gebe, von innen langsam aber qualvoll verzehrt zu werden. Was von all dem stimmte, wusste die Neununddreißigjährige nicht, sehr angenehm klang das Ganze allerdings nicht. Und nun sollten diese gefürchteten Unheilbringer auch Clover erreicht haben.
    Zeit dies zu überprüfen, blieb nicht, denn es gab genug zu tun. Der Brand war zwar gelöscht, jedoch waren Einige durch die rücksichtslosen Fluchtversuche und die zusammengebrochenen Stände unterschiedlich schwer verletzt worden. Es galt, sie zu versorgen. Ebenso musste die verschreckte Menge irgendwie von der Lichtung geführt werden, am besten, ohne dass weitere Personen durch die Panikattacke großen Schaden erlitten. Ein Unterfangen, das auch schon ohne diese Zusatzaufgabe schwer genug zu bewältigen war.
    "Die Panik ist mittlerweile zu groß geworden. Eine solche Masse an Menschen kann man nicht mehr so ohne Weiteres beruhigen. Alles, was wir tun können, ist ihnen die Fluchtrichtung zu zeigen..." Cassandra gefiel die offenbar einzige Lösung nicht. Lang darüber nachdenken, ob es nicht doch noch eine andere Möglichkeit gab, konnte sie allerdings nicht. Die Lichtung musste geräumt werden, bevor die Hysteriewelle zu stark wurde.
    Ihr Blick schweifte rasch über die Umgebung, um einen groben Überblick zu gewinnen. Fast alle Magier, die sich zuvor um die Flammen gekümmert hatten, versuchten nun, der Menge so gut es ging die Richtung zur Stadt zu weisen. Die Hektik unterdessen stieg weiter an. Mitten in dem Gedränge glaubte die Braunhaarige ihren Sohn zu entdecken. Er lief geradewegs auf sie zu, auf seinem sonst so ruhigen Gesicht zeichnete sich tiefe Sorge ab. Da er sich beinahe in seinem Höchsttempo bewegte, dauerte es keine Minute, bis er sie schließlich erreichte. "Wir haben ein ziemlich großes Problem!", brach er heraus, kaum dass er gestoppt hatte. "Es ist eines dieser Siegel in der Mitte der Lichtung aufgetaucht! Die Leute wollen sich nicht beruhigen lassen, jeder will zuerst von hier weg! Es sind, soweit ich sehen konnte, schon mehrere Personen den chaotischen Fluchtversuchen zum Opfer gefallen! Ich-" Er brach ab. Seine Stimme klang hektisch und drohte mehrmals sich zu überschlagen, was doch recht ungewöhnlich für ihn war, angesichts der Lage aber verständlich. "Ganz ruhig!" Cassandra legte ihm eine Hand beschwichtigend auf die Schulter. "Ich habe bereits mitbekommen, was passiert ist. Sammel dir ein paar Leute zusammen, die noch nicht ihren Kopf verloren haben. Versorg die Verletzten und bring sie anschließend von hier weg! Ich versuche solange mit den Restlichen, die Menschen zurück nach Clover zu bringen. In Ordnung?" Der Kristallmagier nickte nur, ehe er sich abwandte, um sich an die Arbeit zu machen.


    Alles in allem beanspruchte die vollständige Evakuierung Nerven aufreibende zweieinhalb Stunden. Die Dämmerung war schon vor einiger Zeit hereingebrochen. Es würde dementsprechend nicht mehr lange dauern, bis das milde Lichtspiel des Sonnenunterganges einem schwärzlich nachtblauem Firmament wich. Während Damien mit seiner kleinen Gruppe die letzten Verwundeten fortbrachte, begann Cass Vorbereitungen für eine magische Barriere zu treffen, indem sie an verschiedenen Stellen aufwendige Runen auf den Boden und an die Stämme der Bäume schrieb. Zur selben Zeit, in der sie gerade an den letzten arbeitete, kehrte auch besagte Truppe zurück. Der Schwarzhaarige blickte seine Mutter mit fragender Miene an, als er auf ihre Tätigkeit aufmerksam wurde. Gemächlich schritt er auf sie zu, man sah ihm die Erschöpfung und den hohen Magieverlust deutlich an. Schweiß glänzte auf seiner Haut, er machte einen äußerst müden Eindruck. Verständlich nach einem solchen Tag.
    "Was machst du hier, wenn man fragen darf?", erkundigte er sich mit neutraler Stimme. "Ich bereite eine Sperre vor, damit niemand auf dumme Gedanken kommen kann. Mir reicht es schon, dass unser werter Bürgermeister allerspätestens übermorgen wutentbrannt ins Gildenhaus stürmt, weil ich meine Aufsichtspflicht nicht erfüllt habe. Du weißt doch, was für ein dünkelhafter Kerl er ist." Cassandra stieß einen lauten Seufzer aus. "Hör mal, Damy. Weshalb gehst du nicht nach Hause und ruhst dich etwas aus? Du hast in den vergangenen Tagen schon genug geschuftet. Eine Pause würde dir gut tun, vertrau deiner alten Mutter mal." Sie schenkte ihm ein leises Lächeln. Jeder, der nur ihre 'tyrannische' Seite kannte, hätte sich wohl über den sanften Unterton mehr als gewundert. Damien jedoch entlockte er ebenfalls ein schwaches Lächeln. "Tut mir Leid, aber wenn ich mir jetzt Urlaub nehme, wer repariert dann die Schäden im Haus, wenn Bianka und Yukira sich wieder bis aufs Blut bekriegen?" Er machte eine lange Pause, ehe sein Gesichtsausdruck ernst wurde und er fortfuhr. "Wie willst du eigentlich angesichts der Lage künftig vorgehen? Ich weiß, dass dir all die seltsamen Geschehnisse in Fiore tiefe Sorgen bereiten...Und nun ist eines dieser Siegel auch hier in Clover aufgetaucht. Wer weiß, vielleicht ist das alles nur der Anfang...Du hast Fairy Rose nicht nur gegründet, weil du eigenständig sein wolltest. Aber wir haben zurzeit viel zu wenig Mitglieder, um irgendetwas großartig ausrichten zu können. Gedenkst du...?" Es herrschte für eine Weile Stille, bevor die Braunhaarige zur Antwort ansetzte. Sie hatte inzwischen die letzten Runen fertiggestellt und drehte sich nun um. Ihr Blick schweifte über die verwüstete Lichtung. Sämtliche Stände waren eingestürzt und teilweise sogar größtenteils verbrannt, das Holz war geschwärzt vom Ruß. Unzählige Gegenstände, von Dekoration über Verpflegung bis hin zu Waren, alles lag beschädigt oder vollkommen zerstört quer auf dem Platz verteilt. An manchen Stellen, egal ob Stand oder Boden, klebte sogar in unterschiedlich großen Lachen Blut von den Verletzten. Und im Zentrum des Chaos ruhte das 'Siegel'. Es umfasste einen Radius von geschätzten fünf Metern und seine komplizierte Musterung schimmerte in einem unheilvollen violett angehauchten Schwarz. Ein starker Barrierezauber umgab es, der jedem, der ihm zunahe kam, einen hoch konzentrierten Magieschlag verpasste. Sicher war sicher. Die Lichtung war weitgehend menschenleer. Nur die kleine Gruppe von Magiern, die bei der Evakuierung geholfen hatte, befand sich noch hier.
    "Ja, ich denke, genau das werde ich tun. Sie haben während des Aufruhrs Selbstbeherrschung und Stärke gezeigt. Was habe ich schon zu verlieren? Schlimmeres als eine Absage kann nicht bei herauskommen. Und in unserem jetzigen Zustand können wir wirklich nichts machen, zumal uns der Rat relativ bald ins Schussfeld nehmen wird. Wir müssen zumindest eine Weile kämpfen können, bevor der Sturm losbricht." Die genaue Bedeutung der Worte ließ sie in der Luft hängen. Mit einem Nicken verabschiedete sie sich zeitweilig und machte sich kurzerhand auf den Weg zu den Übriggebliebenen.


    "Wenn ich kurz um Gehör bitten dürfte", bat sie mit lauter Stimme, um die Aufmerksamkeit der Gruppe zu erregen, was auch funktionierte. Sämtliche Augen waren binnen Sekunden auf sie gerichtet. "Zuerst einmal möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ihr das Fest nicht bis zum Ende genießen konntet. Im gleichen Zug möchte ich mich auch für eure Unterstützung in den vergangenen Stunden bedanken. Ihr alle wart eine große Hilfe." Sie machte eine kurze Pause. Die folgenden Worte waren hauptsächlich an die Fremden gerichtet. "Ich möchte ohne große Umschweife direkt den Reisenden unter euch ein Angebot unterbreiten. Es ist kein Zwang, dies anzunehmen, dennoch würde ich mich über jede Zusage freuen." Ihr Blick glitt kurz zu Travis und Fio. "Und zwar folgendes. Zunächst möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Cassandra Wildrose und ich leite die hiesige Gilde Fairy Rose. Vielleicht habt ihr schon von ihr gehört, wenn die Gründung auch erst zu Beginn dieses Jahres stattgefunden hat. Wir sind im Moment eine sehr kleine Gruppe und suchen dringendst weitere Mitglieder, was in Form von Gerüchten dem ein oder anderen eventuell schon zu Ohren gekommen ist. Der Grund dafür sind die aktuellen Geschehnisse, die sich überall in Fiore abspielen. Das Ganze ist keineswegs so harmlos und klein, wie der Rat versucht, es uns einzureden. Der Zauber beispielsweise, der seit einigen Monaten in sämtlichen Dörfern und Städten auftaucht...", sie wies mit der flachen Hand in Richtung Siegel, "...und höchstwahrscheinlich auch mit den unzähligen Vermisstenmeldungen zusammenhängt, entstammt keiner der Magien, die sich in den letzten zwei- bis dreihundert Jahren entwickelt haben. Bei ihnen handelt es sich um eine äußerst hoch konzentrierte Art aus dem Bereich der Verbotenen Künste. Sie lassen sich weder mit Magie aufheben noch anderweitig beeinflussen. Sämtliche Energie, die auf sie wirkt, absorbieren sie in großen Massen und speichern diese oder aber geben sie in gebündelter Form wieder ab, was zu weit aus mehr als immensem Schaden führen kann.
    Das Angebot bezieht sich nun auf meine Frage, ob ihr Fairy Rose beitreten möchtet. Ich werde, wie vorhin bereits erwähnt, niemanden dazu zwingen. Es bleibt euch vollkommen frei, für was ihr euch entscheidet.
    Ihr könnt es euch bis morgen überlegen. Wer Mitglied werden möchte, der kommt morgen Vormittag zum Gildenhaus. Es befindet sich nahe des östlichen Stadtrandes, man erkennt es von Weitem, da es als einziges Haus in der Umgebung etwas erhöht steht. Sollte noch jemand Fragen haben, kann er sich an Yukira wenden."
    Cassandra deutete auf den weiblichen Dragon Slayer, der alles andere als erfreut über die zwangsläufige Aufgabe schien. "Ich muss leider noch das ein oder andere erledigen, was sich leider nicht verschieben lässt. Wer im Übrigen das Bedürfnis hat, noch heute abend beizutreten, der kann Kira einfach zum Gildenhaus begleitem. Sie wird sich um alles weitere kümmern." Mit diesen Worten wandte die Gildenleiterin sich ab und verließ die Lichtung. "Das ist doch wieder typisch! Überrumpelt alle einfach mit ihrer Nachfrage und macht sich dann dezent aus dem Staub!" Die Fassungslosigkeit in Yukis Stimme war mehr als deutlich herauszuhören.


    OT: So, hier endlich der nächste, wenn auch sehr kleine Handlungsschritt, ausgeschmückt mit vielen Unnötigkeiten und etwas wirrem Inhalt. Entschuldigt die erneute Verspätung, aber ich kann, wie bereits im Diskussionstopic erklärt, mit meiner angeschlagenen Hand nicht viel schreiben. Qualitativ nicht das gerade Beste, aber das Maximum, das mit Blockade ging.


    Somit wäre die offizielle Einladung zum Beitritt nun ausgeteilt ^^. Eure Charaktere können den restlichen Abend verbringen, wie ihr möchtet~

    Danke für die Antwort, zeev ^^, allerdings bin ich für die Fragen da ;)


    Der Hauptgrund meines Postes ist jedoch ein anderer. Ich möchte mich in erster Linie bei euch entschuldigen, dass der nächste Handlungsschritt solang auf sich warten lässt. Ich hatte in den vergangenen Wochen aufgrund schulischen Stresses und einem ungewollten, etwas sehr viel längeren als gewollten Krankenhausaufenthalt kaum Zeit mich darum zu kümmern. Es geht heute im Laufe des Tages, allerspätestens übermorgen weiter im RPG. Erneut Entschuldigung für diese lange Zwangspause. Allerdings möchte ich im Voraus Bescheid geben, dass der künftige Storyverlauf eventuell etwas langsam von der Bühne gehen wird, da meine rechte Hand samt Gelenk vollständig außer Gefecht gesetzt ist und ich meine linke, ebenfalls etwas angeschlagene nicht allzu sehr belasten darf. Sprich, ich kann bzw. darf nicht viel schreiben. Es wird einige Wochen bis Monate dauern, bis das Ganze wieder wird~.
    Nichtsdestotrotz, da einige schon beim letzten Schritt nicht gepostet haben - egal weswegen -, wüsste ich gerne, wer denn alles überhaupt noch dabei ist?


    LG
    Fatalis (ehemals ~TøαsтBяøT~)

    Der laute Klang eines Gongs schallte über den beinahe leer gefegten Innenhof und riss Fallacia aus ihren tiefen Gedanken. Während all die anderen, darunter auch ihre ehemaligen Gesprächsteilnehmer, voller Freude in der Burg verschwunden waren, um ihre ausgehungerten Mägen mit irgendwelchen Speisen wieder ins Leben zu holen, war sie mit einigen wenigen Teilnehmern hier draußen zurückgeblieben. Dass ihr Körper ebenfalls Kraftnachschub in Form von Nahrung forderte, störte sie nicht im Geringsten. Sie war als Kind unter Zwang daran gewöhnt worden, dass es auch Zeitspannen gab, in denen man hungern musste, weil der Krieg die Armut mit gnadenloser Faust über das Land herrschen ließ. Dementsprechend konnte sie auch später etwas zu sich nehmen, wenn sie wollte, einen Hungertod würde sie wegen diesen paar Minuten oder Stunden schon nicht erleiden. Genug Energie für zwei bis drei stürmische Kämpfe stand ihr ohnehin noch zur Verfügung.


    Aus der schmalen Türöffnung strömte eine regelrechte Flut an Leibern. Aufgeregtes Stimmengewirr verschluckte die friedliche Stille, die zuvor in der Luft gelegen hatte. Jeder schien als Erster herausfinden zu wollen, was der nächste Programmpunkt war.
    Die rege Menge begann sich vor dem Monitor zu scharren. Augenblicklich wurde der Lärm lauter. "Wollen wir doch mal schauen, was diesmal so Aufregendes passiert ist." Mit einem Satz sprang die Elbin elegant von dem großen aber mageren Baum, auf dessen Ästen sie zuvor gesessen hatte. Einzelne Satzfetzen erreichten ihr Ohr, während sie in gemächlichem Tempo auf die Masse zuschritt. Entsetzen, Vorfreude, Gleichgültigkeit und einiges mehr sprachen aus den Stimmen. Da es jedoch offenbar nichts Interessantes zu belauschen gab, ignorierte sie den Wortschwall schlichtweg.
    Schließlich erreichte die Blauhaarige das Zentrum des Geschehens. Der Bildschirm flackerte leicht, als ihr Blick auf ihn fiel. "Vorrundenkämpfe – Paarungen, hm? Die lassen auch nichts anbrennen. Gefällt mir.“ Ein hinterhältiges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Der Kampfgeist war geweckt, eine Welle von Adrenalin schoss durch ihre Venen. Endlich ging es los!
    "Welches Wesen hat das Unglück, mein Opfer zu sein?" Ihr Blick glitt die Liste von unten herauf, Name als auch Bild von ihr standen recht weit oben. Das Foto, das ihren Gegner abbildete, zeigte einen bleichen Jungen mit wildem, schwarzem Haar und smaragdgrünen Augen. "Ashira...Wusste gar nicht, dass auch Kinder mitmachen dürfen. Stark sieht er jedenfalls nicht aus." Ihr Grinsen wurde breiter. Das Blut ihres Volkes begann in Wallungen zu geraten, das Verlangen nach einem intensiven Kampf wurde immer stärker, während sie nach der Tür mit der Aufschrift "Honiggrotte" Ausschau hielt und sie nach wenigen Minuten auch schon erspäht hatte. "Dann wollen wir uns doch mal in den Spaß stürzen!" Schnurstracks bahnte Fallacia sich einen Weg durch das erregte Getümmel geradewegs auf das schmale Tor zu, an dem ihr jugendlicher Gegner bereits wartete. Die Tür sprang klackend auf, als sie diese erreicht hatte. Mit einem kühlen "Entschuldigung für die leichte Verspätung" verschwand sie auch schon in dem kleinen Dimensionsstrudel...


    OT: Nach einer Ewigkeit hab ich diesen mikrige Etwas endlich fertig, und Gott, er ist richtig mies geworden >__<". Viel früher konnte ich aufgrund schulischen Stresses leider nicht schreiben. Wenns nach mir ginge, hätte ich Fallacia schon längst kämpfen lassen, statt diesen furchtbaren Post loszuwerden ^^". Aber nja~
    zeev: Nochmal sry für die lange Wartezeit *verbeug*