Mondschwinge schien plötzlich müde geworden zu sein, jedenfalls begann sie abzustürzen. Marius, der sich bisher verzweifelt an ihr festgeklammert hatte, verlor nun den Halt und fiel mit Geschrei in die Tiefe. Nach einer sehr unsanften Landung spürte er, wie ihm langsam aber sicher übel wurde. Jedes einzelne Glied tat ihm weh und ihm wurde auch wieder klar, weshalb er so große Angst vor der Höhe hatte: Man konnte abstürzen. Dennoch war er noch nicht endgültig erledigt und er hörte eine wunderschöne Stimme, die anscheinend Mondschwinges war. Schließlich hörte er ein Geräusch das so klang als wäre jemand umgefallen. Entgegen des Schmerzes, der die Gelenke des Magiers durchzuckte, richtete er sich wieder auf und sah die blutende Vogeldame auf dem Boden liegen, neben ihr der verwundete Gardist. "Oh mein Gott..." war das bisher erste, was Marius bei dem Anblick herausbringen konnte. Die anderen schienen auch fertig gekämpft zu haben, jedenfalls drang ein "Raus hier! Durch den Dienstboteneingang! Gleich gibt es eine Tür zu sprengen." von Jeron an die Ohren des Brillenträgers. Der Wolfsmensch begann wegzurennen und die anderen folgten ihm, aber Marius konnte die verletzte Mondschwinge nicht einfach dort liegen lassen, immerhin hatte sie ihm auch das Leben gerettet und sie hatten Seite an Seite gekämpft. Also griff er ihr unter die Oberarme und versuchte die Vogeldame Huckepack zu nehmen, aber durch ihre metallenen Federn war sie sehr schwer und der Magier geriet ins Taumeln. Aber er konnte sich wieder fangen und blickte den anderen hinterher. "Warum immer ich...", murmelte er tief und genervt, als er die Ohnmächtige langsam hinter sich her schleifte.
Sie hatte furchtbare Kopfschmerzen, um genau zu sein konnte sie sich nicht einmal erinnern jemals solche Kopfschmerzen verspürt zu haben. Und sie war gewiss oft und tief gefallen, gerade in ihren Anfängen als Magieblut. Nun, jetzt brummte ihr Schädel noch schlimmer als nach einem durchzechten Tag mit Mondwein und Menschenfleisch mit den Mondkindern ihres Zyklus. Marius' "Warum immer ich" kam ihr da geradewegs wie ein Donnerschlag vor. Glücklicherweise hatte dieses Gemurmel den Vorteil, dass Mondschwinge wieder aufwachte und schnell merkte von wem und weswegen sie durch die Gegend gezerrt wurde. Nach einigen Sekunden der Verwunderung riss sie sich von ihrem Träger bzw. Retter los und murmelte ein hastiges "Danke, aber ich kann das alleine." Alle waren in heller Aufruhr und rannten oder eilten nach draußen. Sie schienen alle die Gardisten besiegt zu habe und waren nun auf der Flucht. Schnell überprüfte die Vogelfrau, ob sie noch in der Lage war zu fliegen - es schmerzte, doch es ging - und stieg etwa einen Meter über Marius in die Luft.
Der Magier erschrak, als sich Mondschwinge plötzlich von ihm losriss und begann wegzufliegen. "Und das ist der Dank?!?", rief er ihr verärgert hinterher. Aber dafür respektierte er sie auch ein wenig. Trotz aller Schmerzen schaffte sie es noch zu fliegen. Als Marius den anderen hinterherrannte bemerkte er, wie sich sein Gewand durch das Blut der Vogeldame rot gefärbt hatte. Doch es war nicht nur ihres, an seiner linken Hüftseite und seinem rechten Ellenbogen gab es auch einige größere Schürfwunden. Mit den Schmerzen kämpfend folgte der Brillenträger schließlich den anderen hinaus und den Hügel hinab, wo er sich erst einmal auf seine
Knie fallen ließ und röchelte, was schließlich in ein Husten überging. "Ich hätte Mondschwinge wohl nicht tragen sollen...", murmelte er vor sich hin, als er seinen geschundenen Rücken rieb. Daraufhin musste er aber kurz auflachen. Das war das erste mal, dass er
einem nicht menschlichen Wesen geholfen hatte.
Sie hatte sich nicht allzu weit von Marius entfernt. Irgendwie fühlte sie sich dem Menschlein nun ein wenig verbunden und da Sayun ihre Hilfe momentan nicht zu brauchen schien, blieb sie über dem Magier in der Luft. Dieser schien auch ziemlich angeschlagen zu sein, hatte selbst Verletzungen und sich zudem bei dem Versuch sie zu tragen etwas verausgabt. Doch noch machte sie sich keine ernsthaften Sorgen. So wichtig ist er mir nun wirklich noch nicht redete sie sich selbst ein. Außerdem habe ich genug Probleme mit mir selbst. Ich hoffe mal, dass wir eine gute Heilerin bei uns haben, sonst bekomme ich Probleme. Um sich von den Schmerzen ein wenig abzulenken, sprach sie ihren Kameraden an: "Hey Menschlein. Ich will dich ab jetzt wirklich bei deinem Namen nennen, aber nur, wenn du mir erklärst, was er bedeutet. Für mich ist es sonst nicht nachvollziehbar dich so anzusprechen. In meinen Völkern ist der Name auch immer mit Attributen des Wesens verknüpft."
Als Marius plötzlich von Mondschwinge angesprochen wurde hob er überrascht den Kopf und blickte sie an. Danach stand er auf. "Ach ja, mein Name..." er verschränkte seine Arme und dachte kurz nach. Danach errötete er ein wenig und rieb sich den Hinterkopf. Seine Mutter war wirklich eine gewesen. "Tja, also... Er setzt sich aus ein paar lateinischen Worten zusammen. Die Kurzform 'Marius' stammt laut meinem Vater von 'Mare'. Laut meiner Mutter stammt es jedoch von 'Maritus'. Und jetzt frage mich bloß nicht, was das bedeutet!" Die Bedeutung seines Namens war ihm durchaus ein wenig peinlich. Besonders die Bedeutung seines vollen Namens.
OT: In Zusammenarbeit mit Karasu entstanden!^^ Wer keine Ahnung von Latein hat, darf mich ruhig fragen...