Jetzt hat mich Shiralyas Kommentar neugierig gemacht, lol. Spontaner Vote also. Ich habe die Gedichte heute bzw. jetzt zum ersten Mal gelesen und schreibe also eher den Ersteindruck nieder. Sorry also, wenn ich mal was super Ersichtliches übersehe oder nicht auf Details eingehe (sowas tut mir immer sehr Leid, weil gerade bei Gedichten vieles im Detail liegt :( )
Abgabe 01 - Tagedieb
Ich mag hier die Metapher mit der Zeit und wie das mit dem Titel und dem Ende des Gedichtes zusammenspielt. Jedoch verwirrt mich die zeitliche Abfolge des Zustands etwas. Am Ende spricht das Lyrische Ich davon, dass es eine Beziehung mal gab, aber von dieser Beziehung wird die Strophen vorher nie gesprochen. Stattdessen wird eigentlich von Anfang an klar gemacht, dass es sich nur noch um eine einseitige Liebe handelt. Ansonsten aber schöne Bilder, die die Wahl der Metaphern weckt. Strophe zwei, drei und vier gefallen mir da außerordentlich gut. Die Wanderer haben etwas romantisches, verträumt naives an sich, was natürlich zu den Wünschen passt, die achtlos weggeworfen wurden. Die Ironie mit den Kämpfen und wie man sich am Ende selbst verletzte, kann vielfach ausgelegt werden. Mein spontaner Gedanke war jetzt, dass man gegen gemeinsame Probleme in der Beziehung gekämpft hat und dabei die Kompromisse zu stark einen selbst eingezäunt haben oder gar verletzt. Zuletzt die vierte Strophe, die zeigt, wie das Lyrische Ich für den Partner da war, geduldig zuhörte, ihn ermunterte. Zum Schluss das schwindende "wir", das in den Strophen immer wieder vorkam. Die Unregelmäßigkeit im Metrum empfinde ich hier nicht als ganz passend bzw. ich sehe nicht wirklich, wieso es mal flüssig ist, mal nicht. Inhaltlich existieren keine Unterschiede(?).
Abgabe 02 - Freundschaftspflichten
Schönes Thema, mal von der anderen Seite der unerwiderten Liebe (sonst ist das Lyrische Ich ja meist die Person, die liebt). Das Gedicht liest sich schön flüssig und bricht nur zum Schluss, wo es aber sehr gut passt, weil die "Pointe" erfolgt. Mir gefällt persönlich die Wiederholung des Verbes "wünschen" und wie es am Ende von den Wünschen des Lyrischen Ich zu dem unerfüllbaren Wunsch des Lyrischen Du wechselt. Selbiges gilt für das "Es tut mir Leid", das sehr schön die Hilflosigkeit und Trauer des Lyrischen Ich unterstreicht. Ich weiß grad auch nicht warum genau, aber die indirekte Rede der zweiten Strophe macht auf mich einen überzeugenden Eindruck. Ich glaub, es klingt ein wenig nach einem indirekten "Vorwurf". So nach dem Motto "aber du hast doch gesagt [...] und jetzt ist es doch nicht so und ich weiß nicht, was ich tun soll". Der Titel macht den Inhalt nochmal etwas belastender, weil es auch darauf anspielt, dass jemand aus freundschaftlichem Pflichtgefühl in diesem Dilemma steckt (und es ist ja wirklich ein Dilemma. Man liebt den menschen, aber eben nicht so, wie der andere es möchte. Heißt, man will ihn nicht verletzten, aber gleichzeitig tut man das auch, wenn man weiterhin schauspielert).
Abgabe 03 - Vollmond
Ich habe die ersten drei Strophen noch gedacht, dass es sich um eine große Metapher handelt, die häusliche Gewalt umschreiben soll ... Irgendwie erwartet man nicht unbedingt eine kleine Werwolf-Geschichte, wenn man ein Gedicht liest. Das ist aber keine Kritik, sondern soll nur schildern, wie das Gedicht wirken kann. Jedenfalls mag ich so kleine Geschichten, da sie auch gar nicht so einfach in Reime und Metrum zu verpacken sind. Das ist hier definitiv gelungen; kein Reim klingt irgendwie an den Haaren herbeigezogen und das Metrum ist richtig fließend, was die Anspannung im Gedicht unterstützt. Ich mag besonders den letzten Satz in der zweiten Strophe, weil er mit so wenigen Worten ein so starkes Bild erzeugt. Was ich hier außerdem am Titel mag ist, dass er Hintergrundinformationen liefert ohne wirklich inhaltlich vorzugreifen. Ein Gedicht hat meist nicht viel Platz für Erklärungen und der Titel wurde hier super genutzt.
Abgabe 04 - Verhaltensorientiertes Handlungskonzept
Der Titel hat mich erstmal davon abgehalten das Gedicht zu lesen, weil ich angefangen habe nachzudenken, wie sich Handlungen äußern, deren Konzept auf Verhalten anderer basiert. Weit bin ich nicht gekommen, aber das Gedicht hat dann den Titel perfekt erklärt. Ich mag das zerrissene Metrum und die äußere Form, weil es einfach perfekt zum Inhalt passt. Allerdings hat das Gedicht für mich ein Manko: Ich finde, es wird zu viel gesagt/umschrieben. Strophe vier, fünf, sechs und sieben erzählen von dem Zustand, Emotionen und Gedanken des Lyrischen Ich und ich finde, das ist zu viel und interferiert mit den entstehenden Emotionen des Lesers. Die Atmosphäre, die mit solchen Metaphern wie in Strophe drei gebildet wird (btw. tolle Metapher ♥), geht wieder etwas verloren. Ich hätte diese vier Strophen etwas zusammengefasst um mit wenigen Worten einprägender zu sein. Einen ähnlichen Eindruck hatte ich bei der letzten Strophe; ich fand die vorletzte als Ende fast besser. Allerdings ist das jetzt eher Gemecker nach persönlichem Geschmack. Mir hätte es recht gut gefallen, wenn das Gedicht mit der Frage endet und den Leser somit mit offenen Gedanken stehen lässt.
Abgabe 05 - Traumhafte Aussicht
"Sie nannten es dreist Scherz" - diese Stelle drückt mit so wenigen Worten ein so unglaublich großes Problem aus. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber eben sowas regt mich im Leben sehr auf. Wenn menschen alles als Humor abstempeln, um sich für nichts zu verantworten. Ich glaub, ich hätte ein Gedicht mit diesem Inhalt eher unregelmäßig gemacht, aber ich muss sagen, dass mir das schnelle Metrum zusagt. Liegt womöglich an der ersten Strophe, die eben dieses Tempo setzt und davon spricht, dass der Suizid schnell geschieht, anstatt ewig in Gedanken zu verweilen. Die Brüche in den Reimen wirken nicht störend, weil das Versmaß selber noch stimmig ist. Was mich ein wenig stört ist aber das Wort "Beschützer". Nicht nur, dass es den Bruder als eine wichtige Person ins Spiel bringt, ohne dass er sonst je eine Rolle gespielt hat, es bricht den Lesefluss zu sehr. Ich hätte eher von der Familie allgemein oder von einem unbestimmten Lyrischen Du gesprochen, damit es für den Leser frei interpretierbar ist. Wenn man unbedingt den Bruder rein nimmt, dann wäre es imo nicht schlecht gewesen, wenn der vorher auch schon erwähnt worden wäre. Ansonsten toller Titel, der Zynismus ist fast schon schmerzhaft, wenn man darüber länger nachdenkt.
Abgabe 06 - Schattengefängnis
So, die Abgabe wegen der ich hier gehighlightet wurde, lol. Hat mein Ehrgeiz geweckt, aber ich bin wie immer natürlich völlig unsicher mit irgendwelchen Interpretationen. Dennoch erinnert mich der Inhalt und die Atmosphäre an ein anderes Gedicht - "Seltsam im Nebel zu wandern" (von Hesse). Und da es das tut, hat es Einfluss auf meine Interpretation; der Titel im Zusammenspiel mit den Strophen lässt mich an pessimistische/depressive Gedanken denken. Es ist einfach manchmal wie ein Gefängnis in das man sich selber manövriert und dann wie tot lebt (also eher vor sich hinvegetiert), was die Sarg-Metapher unterstützen würde. Was ich an dem Gedicht aber viel interessanter finde, sind die Wortwiederholungen und die Wortspielerei in der letzten Strophe. Die Wiederholung von "dunkel" und "grau" am Anfang bringt diese Monotonie zum Ausdruck, die einen begleitet, wenn man an nichts mehr Freude hat. Wie erwähnt, gefällt mir in er letzten Strophe das Wortspiel "Doch Dunkelheit ist oft nur Schein"; auch wenn "Schein" hier etwas anderes meint, so kann man es doch mit dem Lichtschein in Zusammenhang bringen, was einem Raum für die Interpretation gibt, dass das Lyrische Ich selbst gute Dinge (also Lichtschein) als negativ interpretiert, obwohl sie es gar nicht sind. Also ist sogar die Dunkelheit in Wahrheit gar nicht so dunkel. Aber ich schweif wohl arg in meine Gedanken ab. Jedenfalls schönes Gedicht, dass gerade auch mit der Kürze punktet, weil es nicht zu viel sagt und Gedanken anregt.
Abgabe 07 - Ailuropoda melanoleuca
Mein allererster Eindruck: Bitte nutzt nicht das Wort "Niedlichkeit" in einem so ernsten und eher düsterem Gedicht. Das zerschlägt die Stimmung, lol. Aber das nur am Rande, weil es mir wirklich stark aufgefallen ist. Generell sehr schön erzählt, ich kann mir so richtig vorstellen, wie der Panda unruhig hin und her tapst und diese Gedanken hegt. Bei diesem Gedicht fühle ich mich von der Thematik und wegen der Perspektive an "Der Panther" von Rilke erinnert (und das erinnert mich wiederum an Narime, lol, aber eigentlich das ganze Gedicht wegen Wortwahl und dem Titel) und mir hat es schon da gefallen, dass die Perspektive es einem so einfach erlaubt, sich selber wie das gefangene Tier zu fühlen. Tolle Reime im Übrigen; sehr schöne Wortwahl, die wirklich nicht simpel ist, aber super rein passt. Und am Ende schlägt natürlich die vorletzte Strophe nochmal die Kurve zum Titel und gibt insgesamt dem Gedicht auch nochmal einen vorwurfsvollen Unterton, der aussagt, dass wir als Menschen das Leben des Tieres nicht wirklich sehen, sondern objektivieren.
Abgabe 08 - Kerosin
Das Gedicht find ich grad etwas heftig (was ich natürlich niemandem zum Vorwurf machen will). Womöglich liegt eben darin die Stärke, dass hier sehr bildhaft und teilweise malerisch etwas gefährliches, todbringendes geschildert wird. Hat etwas von Zynismus, vor allem mit dem Titel kombiniert. Ähnlich wie beim Vollmond-Gedicht finde ich den Titel hier auch sehr geschickt und informationsreich eingebaut. Das Metrum ist sehr regemäßig, was dem ganzen etwas "Singsang"-Charakter verleiht. Es bricht nur am Ende, weil Aschenregen anders betont wird, aber generell stört es selten, wenn ein Gedicht etwas anders betont abschließt.
Abgabe 09 - Traum
Ich habe ja eine Schwäche für solche Wiederholungen in Gedichten ♥ Dementsprechend liebe ich es, wie Wiederholungen und Parallelismen hier in jeder Strophe vorkommen, aber den Inhalt weiterentwickeln und eben nicht wiederholen. Inhaltlich das Gedicht imo sehr stark; sowas wie der letzte Satz, der die Entwicklung von Hoffnung und Weltanschauung so simpel darstellt. Zuerst als Kind war das Lyrische Ich noch munter damit einverstanden, dass ihm die Träume gehören, dann kommt langsam die Zeit der Identitätsfindung, wo das infrage gestellt wird, weil man noch daran festhält. Zuletzt und traurigerweise die Resignation eines Erwachsenen, der sich dem Alltag hingibt und den Verpflichtungen, weil seine Träume anscheinend keinen Platz haben und den Erwartungen der Gesellschaft weichen müssen. Das "Ich wollte" drückt nochmal stärker aus, dass das nun Vergangenheit ist und die Hoffnung somit aufgegeben. Ein Gedicht, das eigentlich schwer im Magen liegt, wenn man sich über die Aussagen in der dritten Strophe richtig Gedanken macht. Es hätte theoretisch auch anders enden können (oder könnte sogar, wenn man aus Optimismus heraus eine vierte Strophe ergänzt, haha). Ich rede btw. grad nur wirres Zeug und meine Extrawünsche gehen natürlich nicht in die Bewertung rein. Sehr solides und mit einfachen Worten starkes Gedicht.
Abgabe 10 - Zersplittert
Hier ein großes Lob für die durchdachte Form, die den Inhalt wider spiegelt und vor allem auch den Titel. Vor allem das alleinstehende "nichts" am Ende, das auch als letzter übriger Splitter gesehen werden kann (und beim Lesen auch einen tollen Effekt hat, weil man automatisch eine Pause macht, bevor man es liest). Die bruchstückhafte Ausdrucksform passt sehr gut, um Gedanken auszudrücken. Die ganzen Alliterationen (schrei-stumm-stille, zerfressen-zerissen, vollkommen-verschwommen usw.) hämmern ein wenig diese Gedanken auf den Leser ein, was mich bei dieser Art von Gedichten auch das einen erhöhten Herzschlag erinnert (lest mal so, als ob jede Alliteration der Moment ist, wenn das Herz schlägt. Macht mich voll nervös beim Lesen, lol). Also alles in sich stimmig; wenn ich meckern will, könnte ich höchstens erwähnen, dass es schön wäre, wenn das Thema nicht immer Herzschmerz ist.
Abgabe 11 - Das Ende des Regenbogens
Am Anfang dachte ich, dass die Farben noch eher eine kleinere Spielerei sind, aber mit jeder Strophe war ich mehr und mehr begeistert davon, wie die Farben hier verwendet wurden. Die Farb-Anaphern und -Alliterationen haben hier auch eine etwas einhämmernde Wirkung, was aber in dem Fall wohl eher anfangs die Wut(ausbrüche) und gegen Ende die Verzweiflung (und die daran gekoppelte Wut) ausdrückt. Das Farbspektrum deckt einfach wunderbar viele Phasen ab, die man durchmacht nach einer Trennung (oder einem Verlust). Die Leere am Anfang, dann die Wut und die Trauer und am Ende diese andere Art von Leere, die sich mehr nach Ausgelaugtheit anfühlt. Ich mag das Ende hier, dieses Weiß (was eben sehr schön diese ermüdende Leere ausdrückt), das eigentlich die Dunkelheit einführt. Das kann man wohl als den Moment sehen, wo man endgültig abschließt und weiß, dass es wirklich vorbei ist. Ansonsten ist noch die äußere Form zu erwähne, weil die sehr regelmäßig zwischen zwei Strophen mit wenigen Silben und einer mit mehr Silben wechselt und immer wieder kleine Pausen in das Gefühlschaos bringt, aber gleichzeitig eben die neue Emotion ankündigt. Schön mit Worten gespielt, da kann man nicht meckern (außer wie immer am Thema Liebe!).
Abgabe 12 - Malen
Wenn du Bilder malen wolltest, dann ist das wohl sehr gut gelungen. Zum einen kommen hier sehr viele Farben vor; selbst wenn sie nicht direkt erwähnt werden, so entstehen durch bestimmte Signalwörter Farben (Sonne-gelb/rot, Himmer-blau, Dunkelheit-schwarz, Meer-blau, und selbst bei "querfeldein" muss ich an braun denken, lol). Ansonsten muss ich zugeben, dass ich mich inhaltlich etwas schwer tue. Das Gedicht drückt für mich etwas Lebensfreude aus, trotz der auch negativ behafteten Stellen. Aber ich habe eben einen durch die Gegend tanzenden Menschen im Kopf, der alles mögliche erfährt und alles eben auch als Teil davon annimmt. Die letzte Strophe kann allerdings auch auf einen Autor deuten, der eben ganze Lebensgeschichten mit Worten malen kann, wo Gutes und Schlechtes passiert und eigentlich die ganze Welt immer wider neu erfinden. Metrum regelmäßig, Reime passen - hat was von einem Gedicht der Romantik, was ich persönlich durchaus mag.
VOTE:
1 Punkt(e) an Abgabe 02
1 Punkt(e) an Abgabe 07
1 Punkt(e) an Abgabe 09
1 Punkt(e) an Abgabe 11
2 Punkt(e) an Abgabe 06
2 Punkt(e) an Abgabe 10
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Gesamt = 8 Punkte
ID: 52833