[tabmenu]
[tab= Vorwort]
Da ich mich freue, dass es wiedermal einen Wettbewerb in Gedichtform gibt, kann ich mir natürlich einen Vote nicht entgehen lassen. Aufgrund von Zeitmangel werde ich leider nicht so intensiv auf einzelne Gedichte eingehen.
Nach welchem Prinzip vote ich hier?
Bei einem Gedicht ist es mir generell wichtig, dass die Form und Struktur einen Zusammenhang zum Inhalt aufweist. Ich muss einen Sinn darin erkennen, warum ein Gedicht so aufgebaut ist, wie es aufgebaut ist.
Desweiteren ist die Wortwahl ein relevanter Punkt in der Lyrik. Passen die gewählten Begriffe zum Gedicht bzw. Inhalt? Drücken sie was aus, haben sie eine Wirkung? Das zieht natürlich auch Stilmittel mit sich, wobei ich zugeben muss, dass ich diese aktuell nicht so intensiv beachtet habe und kaum auf welche direkt eingehen werde.
Im Hinblick auf die Themenvorgabe sollte ein Gedicht natürlich nicht zu weit von der Pflanze abweichen, auch wenn es manche Mythologie oder Namensbedeutung verführerisch macht. Da der Name im Titel Pflicht war, ist es auch ausschlaggebend wie diese Vorgabe genutzt wurde. Wurde der Titel einfach "hingeklatscht" oder hat man sich im Endeffekt auch dazu Gedanken gemacht?
Zuallerletzt sollte ein Gedicht auch etwas für mich ausdrücken, Gedanken hinterlassen oder Bilder wecken.
[tab= Kommentare]
Aquilegia, die Diebin
Dieses Gedicht ist für mich in vielerlei Hinsicht in sich stimmig, aber nicht zu extrem "typisch" aufgebaut. Es weist beim Lesen ein angenehmes Metrum auf, liest sich also insgesamt flüssig und klangvoll. Aufgefallen ist mir hier das Reimschema, da ich das doch interessant finde. Wir haben hier unregelmäßige Kreuzreime, die sich plötzlich immer wieder verlieren. Irgendwie drückt es für mich auch diesen Kampf der Rose aus, weil sie auf der einen Seite doch versucht gefasst zu bleiben, aber dann immer wieder sich über die Akeleie erbost. Dazu gefällt mir auch, wie das Gedicht in Abschnitte unterteilt ist, die sich durch die einversigen Strophen herausbilden.
Das ganze Gedicht lebt durch Personifikationen, die gut eingesetzt werden und dem Leser gut helfen sich in die Situation einzuleben, auch wenn es sich hier um Pflanzen handelt. Insgesamt hat das Gedicht schöne Formulierungen, z. B. in Strophe acht die mit dem Wurzelsystem. Es werden teilweise schöne Bilder geweckt.
Das Ende wird ein wenig durch das Auftauchen eines Menschen durchbrochen, aber führt zu einem traurigen und doch "würdigem" Abschluss des Gedichts.
Einzig was mir nicht so gefallen hat, war der Vers "Nimm an, was ich dir verkünde.", weil ich drumherum keine explizite Botschaft von der Rose an die Akeleie bemerkt habe. Da klang der Satz für mich etwas unpassend. Und ganz nebenbei, eigentlich vertragen sich Rosen und Akeleien sehr gut, weil sie verschiedene Blütezeiten haben, lol.
Narzisse
Eine Abgabe, die durchaus hervorsticht, da sich wenige an Kurzgedichte wie Haikus wagen. Ob man ANgst hat dadurch eine schlechte Beurteilung zu kriegen?
Jedenfalls haben wir hier eigentlich ein recht gelungenes Gedicht. Die Form ist richtig, zumindest wenn man von der 7-5-7 Silbenvorgabe ausgeht. Das muss man aber auch erstmal hinkriegen. Der Moment des Frühligns wurde hier schön erfasst und durch das Blühen der Narzisse, das wir jedes Jahr vom Neuen erleben, angekündigt. Was mir nicht so gut gefällt ist die Metapher, da ich finde, dass man mit diesen in Haikus vorsichtig sein sollte. "Leuten ein" und "Lied des Frühlings" sind Formulierungen, die eigentlich schon zu viel für ein Haiku sind.
Trotzdem fand ich, dass das Gedicht einen schönen gedanklichen Nachklang hat.
Belladonna, küss die Tollkirsche
Das Gedicht hat mir gut gefallen, weil ich finde, dass hier die Wirkung der pflanze äußerst gut umschrieben wurde und in eine lyrische Form gepackt.
Was man nicht immer hinkriegt und ich hier dementsprechend loben muss, ist das durchgehende Reimschema. Es wirkt an keiner Stelle erzwungen oder "lächerlich", sondern die verwendeten Begriffe passen sehr gut zum Kontext.
Die Einleitung spricht mich auch an, weil sie erst so allgemein beginnt und Referenzen zu bestimmten Legenden und historischen Hintergründen behandelt, bevor sich das lyrische Ich dann der Tollkirsche an sich und seiner Beziehung zur Pflanze widmet. Auch dass in der zweiten Strophe das Unscheinbare Aussehen dieses Gewächses angesprochen wird, fand ich gut. Schließlich ist die Blüte ja wirklich eher kümmerlich, während die meisten andere Gedichte prachtvolle Blüten behandeln.
Insgesamt hat es mir wirklich gut gefallen, wie die Wirkung der Tollkirsche als Droge beschrieben wurde. Auch das Ende schließt die Beschreibung sehr schön ab mit ihrer endgültigen Konsequenz.
Gras
Ich hatte wirklich gehofft, dass sich jemand an dieses simple Gewächs herantraut. Lob an den Autor also, dass er nicht auch irgendetwas "hervorstechendes" aus der Pflanzenwelt genommen hat.
Das Gedicht ist wie die Pflanze, die es behandelt, recht simpel gehalten, aber durchaus schön. Es liest sich ganz gut und die Wiederholung des Ortes in jeder Strophe rundet es in sich ab.
Sehr schön finde ich auch die geweckten Bilder durch die Formulierungen "große Wellen" und "leichter Hauch", da es wunderbar das Gras beschreibt, aber gleichzeitig auch Emotionen weckt. Die große Wellen assoziiere ich mit Stärke, wie sie z. B. eine Wasserwelle hat, während ein Hauch eher sanft ist. Beides Eigenschaften von Gras, da es doch ein recht kräftiges Gewächs ist, aber gleichzeitig auch fragil.
Eine Kleinigkeit stört mich aber; nämlich das Wort "Zephyre". Finde es zwar schön, dass der Wind durch einen interessanteren Begriff benannt wird, aber das Gedicht punktet dadurch, dass es eher simpel im Wortgebrauch ist, wie die Pflanze, die es umschreibt. Plötzlich einen mythologischen Begriff reinzunehmen, scheint mir etwas unpassend.
Trauerweiden weinen nicht
Eine schöne Pflanze ♥ Und ich fidne, das Gedicht wird ihr durchaus gerecht.
Sehr gelungen ist hier die äußere Form, die super zum Inhalt passt. Dadurch, dass hier nicht gereimt wird und das Metrum leicht "abgehackt" wird, wird das Gefühl von den inhaltlichen Gedanken besser vermittelt. Trauer ist nicht chaotisch hier, sondern ruhig, kurz und wird nicht in ausformulierten Sätzen gedacht. Das ist wohl die Phase in der man schon zu erschöpft ist für aufbrausende Emotionen.
Sehr schön finde ich das Bild in der zweiten Strophe, mit der Träne. Die Assoziation ist wirklich gelungen und wirkt sogar leicht ... friedlich.
Die Hauptaussage des Gedichtes findet sich dann in der vierten, abschließenden Strophe. Hier finde ich den Parallelismus gut eingesetzt und auch gut wieder aufgelöst durch den vierten Vers. Es drückt für mich genau diese Phase der Trauer aus, wo man nicht mehr weinen kann. Stumm ist, weil man zu viel leid ertragen hat. Die Trauerweide wird wahrlich viel gesehen haben während ihrer Existenz; so einige Menschen unter sich trauern gesehen. Schließlich lädt dieses Gewächs einen förmlich dazu ein dort in schmerzvolle Gedanken zu versinken.
Insgesamt finde ich es unglaublich schön, wie hier die Pflanze mit menschlichen Emotionen so verstrickt wurde, dass es sowohl die pflanze beschreibt, als auch Trauer wiedergibt.
[tab= Vote]
Die 10 Punkte verteile ich wie folgt:
Aquilegia, die Diebin - 1 Punkt(e)
Narzisse - 1 Punkt(e)
Belladonna, küss die Tollkirsche - 3 Punkt(e)
Gras - 2 Punkt(e)
Trauerweiden weinen nicht - 3 Punkt(e)
Allgemein:
Was mich etwas geärgert hat, war die Tatsache, dass hier durch die Bank lateinische Termini verwendet wurden. Bei 1-2 Gedichten war das inhaltlich gesehen auch passend, aber meistens gab es keinen triftigen Grund dafür. Mag sein, dass einem der lateinische Name "schöner" erscheint, weil er so besonders klingt, aber auch der Titel gehört zum Gedicht. Dementsprechend sollte man mehr Gedanken reinstecken als nur "Solang es die richtige Pflanze ist".
Einige Gedichte wirken auch etwas wie eine Abhandlung des dazugehörigen Wikipedia-Eintrages. Selbst wenn das Reimschema passt und die Form; es ist einfach nicht wirklich aussagekräftig für ein Gedicht, wenn es nur Fakten aufzählt, ohne diesen eine besondere Bedeutung oder Botschaft zusprechen. Teils sind mir auch Gedichte mit "Zwangreimen" aufgefallen, also Wörter, die nur dastanden damit es sich reimt, obwohl es inhaltlich nicht wirklich passend war. Auch das find ich schade, weil so 1-2 Zwangreime ein ganzes Gedicht kaputt machen können in seinem Klang.
[/tabmenu]