Wie bereits erwähnt, habe ich mir einen Traum erfüllt und bin – zum ersten Mal seit über zehn Jahren und damit zum ersten Mal als „Orni“ und Hobby-Naturfotograf – auf Helgoland gewesen. „Deutschlands einzige Hochseeinsel“ stimmt wohl nicht ganz, da es sich per definitionem tatsächlich nicht um eine solche handelt. Dennoch ist sie mit Abstand am weitesten vom Festland entfernt. Der Anreiz für Leute wie mich liegt zusätzlich (neben der Tatsache, dass es eine wunderschöne Insel in einem wunderschönen Meer ist, die ich auch so besuchen würde) darin, dass man hier extrem nahe an diverse Tiere herankommt, darunter einige Arten, die man nirgendwo sonst in Deutschland regelmäßig beobachten kann. Besonders bekannt ist der „Lummenfelsen“, an dessen Steilwand hunderte und Tausende von Hochseevögeln auf engstem Raum brüten:
Seit einigen Jahrzehnten gehören nun auch Basstölpel (Morus bassanus) zu den Brutvögeln. Und die waren der HAMMER! Die Brutplätze sind nicht nur am Felsen, sondern auch oben an der Kante, wo man bis auf weniger Meter herankommt, zu finden. Die Tölpel selbst trauen sich zum Teil sogar auf fünfzig Zentimeter an den Zaun und die Menschen heran. Und es sind so schöne Tiere:
Da man so nahe an die Basstölpel herankam, konnte ich die Gelegenheit zu einem Experiment nutzen, das ich schon seit über einem Jahr ausprobieren wollte: Mit Weitwinkel Nahaufnahmen machen, um ein Gefühl von der Umgebung mit ins Bild zu bekommen. @Godfrey hat das ja schon mehrfach, nicht zuletzt mit Freddy im neusten Update auf großartige Weise gemacht. Ich selbst musste leider größtenteils etwas schnippeln, weil die Vögel dann doch nicht nahe genug waren und es war halt auch mein allererster Versuch in der Richtung. Gerne irgendwann noch mal!
Natürlich kamen die 400 mm trotzdem zum Einsatz :).
Bei dem braun gescheckten Exemplar handelt es sich um einen nicht adulten Vogel, aber nicht aus diesem Jahr (Basstölpel erreichen das Erwachsenenkleid erst im Alter von etwa fünf Jahren; die Jungvögel haben eine zunächst komplett braune Färbung, in die sich Stück für Stück das Weiß des Alterskleids einmischt).
Natürlich gibt es am Felsen auch noch andere Brutvogelarten, die jedoch allesamt nicht auf der Kante, sondern weiter unten brüten.
Zu diesen Arten gehört die Trottellumme (Uria aalge), die dort der häufigste Brutvogel ist. Dabei gibt es zwei verschiedene Varianten der Art – zum einen die „normale“ Form, die hier deutlich in der Überzahl ist, zum anderen die sogenannte „Ringellumme“, deren Auge weiß umrandet ist – zu sehen im dritten Bild. Dabei handelt es sich um eine eher nordische Variante, nach der man auf Helgoland etwas genauer Ausschau halten muss, bis man eine entdeckt.
Eine weitere, verwandte Art ist der Tordalk (Alca torda). Leider im Vergleich zu den Trottellummen nur in geringer Zahl vertreten, sodass ich keine guten Fotos machen konnte, aber ein Bild möchte ich trotzdem zeigen. Einfach nur, weil diese Vögel so wunderschön sind.
Auch Silber- und Dreizehenmöwen (Larus argentatus und Rissa tridactyla) gibt es dort, von ersterer Art hier ein Küken beim „Yoga“:
Und für mich ein ganz besonderes Highlight waren dann noch die Eissturmvögel (Fulmarus glacialis) – zusammen mit Sumpfohreulen meine /absoluten/ Lieblingsvögel! Ich habe mich riesig gefreut, sie so schön beobachten zu können! Fotos zwar eher mäßig, aber:
Zu Helgoland gehört noch eine zweite Insel, die ihrem Namen „Düne“ durchaus gerecht wird. Dort kommt man zu Zugzeiten (also nicht gerade im Juni, als ich da war) gut an diverse Limikolen (Watvögel) heran, aber das eigentliche Highlight sind Säugetiere: Seehunde und Kegelrobben. Bemerkenswert ist, dass man sich bis auf dreißig Meter nähern darf (anderswo an der Küste sind es normalerweise bestenfalls hundert bis zweihundert Meter) und die Tiere, anscheindend das Theater gewohnt, lassen sich davon kein bisschen stören!
Anhaltender Nieselregen und Sandflug in der Nähe der Meeressäuger haben es mir leider nahezu unmöglich gemacht, etwas Vernünftiges zustande zu bringen, deshalb nur, von links nach rechts, eine Kegelrobbe und ein Seehund vor Kegelrobben:
Mit Vögeln hat es dort irgendwie wieder besser geklappt. Auch, weil ich die an Stellen ohne Sandflug aufnehmen konnte. Hier ein Steinwälzer (Arenaria interpres) und ein Austernfischer (Haematopus ostralegus):
Zurück zum Vogelfelsen. So begeistert ich hier auch berichte, kann man auf Helgoland auch auf sehr... beeindruckende Weise eine der vielen Auswirkungen eines sehr aktuellen Problems beobachten: Die Vermüllung der Meere. Was habe ich während des BFD nicht alles im Spülsaum gefunden – das ging von Autoreifen und Leitpfosten über Schuhe und Handschuhe bis hin zu einem alten Fernseher. Was jedoch am auffälligsten war und auch eines der größten Probleme darstellt, sind herrenlos treibende Fischernetze. Tiere verheddern sich darin und sterben auf qualvolle Weise. Wie weit das geht, zeigt sich an den Brutvögeln auf Helgoland:
Was früher natürliches Nistmaterial war, ist heute größtenteils Müll – Reste von Fischernetzen, alte Leinen. Während Seetang und anderes Getreibsel ein ziemlich geringes Risiko darstellt, werden die Leinen sowohl für Jung- als auch Altvögel zur Gefahr.
Diese Art des Mülltods ist natürlich nur ein kleiner Anteil der Probleme, die durch den Müll im Meer verursacht werden. Ich würde es an dieser Stelle aber gerne beenden, weil ich für den Fotografie-Bereich jetzt wahrscheinlich genug Moralapostel gespielt habe. Sorry deswegen, aber wenigstens diesen Abschnitt zu Fischernetzen musste ich einfach los werden, da es zu meinen Erfahrungen auf Helgoland und an der See generell dazugehört. Ich hätte noch viel, viel mehr zu diesem Thema zu sagen, aber das gehört dann wohl doch woanders hin. Nur soviel: Bitte, bitte achtet auf euren Müll. Egal, wo ihr seid, er gehört nicht in die Natur.
Und als kleiner Lichtblick: Mittlerweile gibt es einige – wenn auch nicht genug – Projekte, die den Müll zu bekämpfen versuchen. Ein schönes Beispiel ist etwa „Fishing for Litter“, bei dem Fischer dabei unterstützt werden, den Müll, den sie aus dem Meer holen, zu entsorgen, statt ihn zurückzuwerfen.
Wer selber helfen will, könnte meines Erachtens schon damit anfangen, keine Luftballon-Fliegen mehr zu unterstützen ;). Diese Aktionen, wo Gasluftballons mit oder ohne Kärtchen steigen gelassen werden. Ratet mal, wo das alles landet. Von den Dingern haben wir während des BFD Massen im Spülsaum gehabt.
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Leider, leider waren drei Tage (bzw. zwei halbe und ein ganzer), von denen die Hälfte auch noch düster und regnerisch war, nicht annähernd genug Zeit, um alles in Ruhe anzuschauen und auch zum Fotografieren hätte ich mir wenigstens eine Woche gewünscht, um z.B. auch Chancen auf besondere Lichtsituationen (Sonnenauf- und Untergang etc.) zu haben. Das ging im trüben Grau alles unter. Auch konnte ich vom Ort und der Gegend nur wenig aufnehmen, weil mir die Vögel dann doch wichtiger waren und ich mich wegen der knappen Zeit entscheiden musste.
Dennoch oder gerade wegen des schlechten Wetters habe ich mich aber auch wieder daran erinnert, wie verdammt extrem ich das Meer vermisse. Die Reise war es absolut wert und ich werde definitiv eines Tages wiederkommen! Eine raue See ist einfach am schönsten.