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Plötzlich bleibt ein Judge an unserem Tisch stehen, sieht das etwas schräg liegende Deck von Akcan und spricht dafür sofort ein Priceloss aus (er hatte in einer anderen Runde schon ein Warning bekommen)! Hallo, muss das echt sein?
Kurze Antwort: Leider ja.
Als der "böse Masters-Judge", als den mich offenbar viele erlebt haben, möcht ich die Gelegenheit nutzen, hier mal die andere Sichtweise anzusprechen.
Mir ist bewusst, dass einige Spieler uns Schiedsrichter hauptsächlich als wandelnde Regelwerke verstehen, die bitte alle Regelfragen korrekt beantworten und einen ansonsten in Frieden lassen sollen; aber Regelwissen ist eben nur ein Teil der Aufgabe. Viel weiter oben in der Jobbeschreibung steht nämlich "Sorgt für ein Turnier, das so fair wie möglich abläuft": damit tragen wir einen großen Teil der Verantwortung dafür, dass ihr mit dem Gefühl nach Hause gehen könnt, dass der Spieler mit dem meisten Skill (und/oder Glück) das Turnier gewinnt. Entsprechend müssen wir auch ein Auge darauf haben, potentielle Probleme möglichst von vornherein auszuschalten - umso mehr natürlich in meinem undankbaren Schwellenbereich zwischen Tops und nicht Tops.
Gerade bei scheinbar nebensächlichen Dingen wie chaotischem Spielfeld, Deckausrichtung oder (Hand-)Karten außerhalb des einsehbaren Bereichs müssen wir also fürchterlich lästig sein, damit es einerseits zu möglichst wenig Missverständnissen kommt (die in ganz blöden Fällen direkt die härtesten Strafen nach sich ziehen können) und andererseits nicht zum Beispiel Karten auf die eine oder andere Hand wandern, die dort eigentlich nichts zu suchen hätten. Und ja, genügend Gegner lassen die haarsträubendsten Sachen einfach passieren und beklagen sich dann bestenfalls darüber, wenn es längst zu spät ist - entsprechend können wir die Spiele nicht einfach sich selbst überlassen und darauf vertrauen, dass schon überall alles richtig ablaufen wird.
Natürlich müssen wir da auch immer wieder Spielern auf die Zehen steigen, die eigentlich ehrlich sind, es aber einfach nicht besser wissen bzw. sich irgendetwas so angewöhnt haben, dass sie es kaum noch loswerden. Allerdings gibts da immer mehrere Erinnerungen (mündlicher Hinweis und/oder Gesten) und mindestens ein Warning, die übrigens bei fast allen vollauf ausgereicht haben. Zum Glück, möchte ich sagen, denn ein guter Judge gibt ungern Strafen; aber er muss, um die Integrität des Turniers zu wahren.
Davon abgesehen (was auf Turnieren wohl auch nur wenige wahrzunehmen scheinen) ist es mir auch immer ein Anliegen, das Spiel möglichst wenig zu stören. Soll heißen, dass ich in weniger dringenden Fällen auch mal kurz in der Nähe eines Tisches stehenbleib und warte, bis ein Denkprozess abgeschlossen ist, bevor ich was sag. Oder nochmal neben ein Deck tippe, obwohl eigentlich (per genereller Anweisung von oben) schon eine Strafe fällig wäre, gerade in den Tops.
Außerdem versuch ich auch, diese "kleinlichen" Hinweise wenn möglich zu begründen, damit nachvollziehbarer wird, warum wir darauf achten. Geht halt leider nicht immer, etwa wenn die Begründung gleichzeitig eine Anregung zum Cheaten sein könnte, aber es gibt definitiv immer einen guten Grund, wenn wir auf so etwas so vehement beharren. Und das kommt im Endeffekt immer dem Spieler selbst und/oder seinem Gegner zugute, indem etwas verhindert werden soll, gegen das die Spielstrafe ein sehr kleines Übel ist.
Ansonsten Gratulation zum super Ergebnis und der starken Saison! :)