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[tab=Vorwörtchen~]
Nach einer wieder etwas längeren Pause gibt es auch von mir wieder ein Kapitel. Wobei ich jetzt schon sagen kann, dass das nächste Kapitel wohl ebenso lang auf sich warten lässt, denn ich habe im Moment Schulstress, die gesamten Arbeiten auf einmal, innerhalb weniger Wochen *seufz* Von daher, so gerne ich es anders hätte, muss ich das Schreiben ein wenig hinten anstellen, ich entschuldige mich schon im Voraus. Dafür ist dieses Kapitel ungeplant ein wenig länger geworden, doch ich habe mich entschieden, das Kapitel nicht zu teilen, eben wegen dieser ungeplanten Verlängerung.
Und außerdem, im Bezug auf das letzte Kapitel, da habe ich im Startpost einige Informationen hinzugefügt. Es wird aufgefallen sein, dass das Parasek eine andere Farbe hatte, als normal und auch, dass es kein Shiny ist. Wen es interessiert und wer sich spoilern lassen möchte, der kann natürlich hineinschauen, ich werde aber in der Story an sich noch einmal darauf eingehen. Die Informationen zu den einzelnen Pokemon selbst sind dabei eher weniger der Spoiler, sondern die allgemeinen Informationen über... dieses Thema an sich ^^
Was jetzt das neue Kapitel angeht, darin kommt ein Flashback vor. Ich erwähne das jetzt nur, damit es nicht zu Verwirrungen aufkommt x) Der Flashback ist nämlich kursiv geschrieben, also nicht dass jetzt jemand denkt, es würde sich um einen Codingfehler oder einen riesigen, merkwürdigen Dialog handeln :D Der Flashback ist aber auch durch einen etwas größeren Abstand als zwischen den sonstigen Abschnitten erkennbar, erwähnt wollte ich es trotzdem haben :)
[tab=Danni]Deinen Kommentar mach ich noch, keine Sorge ;D
[tab= Firefly]
Dafür dass das letzte Kapitel vergleichsweise scnell war, hat dieses hier wieder auf sich warten lassen xD
Und ich denke mir, wenn Lissi Umiko durch die Ohrfeige gleich wach gerüttelt hätte, wäre es zu einfach gewesen. Außerdem zu klischeebehaftet, da das diesem typischen "Held bekommt eine gewatscht und kommt wieder zur Vernunft" Kram dann ähneln würde, was nicht in meiner Absicht liegt. Die gute Umiko ist übrigens wirklich zu nett, für die Zeit, in der die FF spielt, was ihr wohl noch öfter zusetzen wird... aber naja. Da ich vorher übrigens noch über Klischees geredet habe, dafür hat Alec wohl eines an sich haften und zwar die Tatsache, dass es nicht bei diesem einen Mal bleiben wird, dass er doof Kommentare von sich gibt x)
Die einzelnen Fähigkeiten werden später zu noch größere Rollen spielen, vor allem, da sie sich immer anders entwickeln. Aber bevor ich darüber zuviel verrate, lasse ich es lieber sein, ich kann nur schon mal sagen, dass das nicht die einzige Kraft ist, die man sehen wird ^^
Was das Parasek angeht, da habe ich im Statrpost etwas hinzugefügt, unter dem Subtab Pokemon. Da wirst du alles nachlesen können, sollte es dich schon interessieren. In der Story werde ich nämlich trotzdem noch darauf eingehen, nur zu einem späteren Zeitpunkt.[/tabmenu]
Unmenschliche Praktiken
„Ihr habt ziemlich lange gebraucht“, sagte Alecchius mürrisch, als er die Schritte der beiden Mädchen näher kommen hörte. Gegen Arkani gelehnt saß er da, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und öffnete eines seiner Augen leicht, um sie, fast beleidigt, anzusehen. Lissianna bedachte ihn nur mit einem verächtlichen Blick – sie hatte ihm die Szene am Lagerfeuer nicht so ganz vergeben – während Umiko ihn entschuldigend anlächelte. Während er auf die beiden jungen Frauen hatte warten müssen, blickte er sich ein wenig in dem kleinen Unterschlupf um. Aufgrund der bisherigen Ereignisse waren sie alle noch nicht wirklich dazu gekommen. Außerdem gab es für ihn sowieso nichts Besseres zu erledigen, war er nach dieser durchaus langen Nacht doch erst vor kurzem mit schmerzenden Knochen aufgewacht. Die Höhlenwände wiesen einige Risse auf, welche er lange genug betrachten konnte, nachdem er aufgewacht war. Der Wechsel zwischen der kühlfeuchten Luft aus dem Inneren der Höhle und die Hitze, die von der Steppe heraus eindrang, ließen das Gestein porös werden. Durch die Temperaturwechsel wurden die Wände zu sehr beansprucht, das wahrscheinlich schon viele Jahre lang und irgendwann zeigte sich der Zahn der Zeit, denn alles ging irgendwann zugrunde. Der Eingang der Höhle war außerdem recht groß, zumindest konnte Arkani, der bei weitem kein kleines Pokémon war sich frei darin bewegen. Was den Neunzehnjährigen jedoch am meisten interessiert hatte, waren einige Krallenspuren oder ähnliches gewesen, die sich auf den Wänden und auch auf dem unebenen Boden aufwiesen.
„Das war meine Schuld. Irgendetwas, ich hatte es in der Dunkelheit nicht genau erkennen können, hat mein Bein ein wenig malträtiert. Außerdem macht mein Arm mir ein wenig zu schaffen“, erklärte sie und zeigte kurz auf ihr Bein. Erst jetzt entdeckte der Beigehaarige, dass der rote Stoff ihrer Hose ein wenig zerrissen war und die Haut, die er darunter entdecken konnte, war ein wenig gerötet, mit einem gewissen Blaustich.
„Was, bei Arceus, läuft denn in diesen Höhlen hier rum?“, wollte er entsetzt wissen und richtete sich ein wenig auf. Arkani nutzte diesen Moment, um aufzustehen und sein Fell zu schütteln, außerdem streckte sich der gestreifte Wolf ausgiebig.
„Wahrscheinlich werden Pokémon in dieser Höhle leben“, meinte er dazu überflüssigerweise. Den Einwurf seines Partners ignorierend, sprang Alec auf und marschierte zu den beiden jungen Frauen. Fast unmerklich wich Lissianna zurück, was jedoch nur ihm auffiel – und ihm ein unwohles Gefühl bereitete. Es war mehr als nur hinderlich, wenn das Vertrauen zwischen den Gefährten anfing zu bröckeln. Wobei es auch seine Schuld war, wenn er seine Kräfte nicht kontrollieren konnte. „Aber bedenke, wie solltest du auch? Du hast sie doch in diesem Moment erst entdeckt“, erwiderte Arkani daraufhin und trabte dann aus der Höhle raus. „In diesem eklig feuchten Ort will ich nicht länger bleiben, als nötig.“
„Ist auch wirklich alles in Ordnung, Umiko?“, wollte Alec in Erfahrung bringen und sah bedenklich den Flecken an ihrem Bein an. Die Angesprochene stapfte mit ihrem Fuß mehrmals auf den Boden und lächelte dann.
„Es könnte weitaus schlimmer sein, ihr braucht euch keine Gedanken zu machen.“ Lissianna verschränkte währenddessen nur ihre Arme und ein ungläubiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Alec verstand ihren genauen Wortlaut nicht genau, dennoch konnte er sich sehr wohl zusammenreimen, was die Schwarzhaarige vor sich hinmurmelte.
„Für mich sah es aber eher so aus, als hätte Lissi dich tragen müssen, bist du sicher, dass du laufen kannst?“
„Alles in bester Ordnung und wenn etwas nicht klappen sollte, dann wird Latias mir helfen“, antwortete sie selbstsicher und lief ihren beiden Freunden davon, aus der Höhle hinaus. Ihre Partnerin schwebte ihr hinterher und war mehr als erleichtert, dass es ihrer Freundin so gut ging. Alecchius sah zu Lissi hinüber, die ihrer Freundin hinterher sah. Luxtra und Arkani warteten außerhalb des Unterschlupfs auf ihre beiden Partner, deswegen standen die beiden alleine nebeneinander. Der Arkanipokémoid sah der Schwarzhaarigen an, wie unwohl sie sich fühlte.
„Hör mal, Lissi… wegen der Sache am Lagerfeuer…“, fing er an und machte einen Schritt auf sie zu. „Das tut mir wirklich leid, ehrlich.“
Trotz seiner Beteuerungen glaubte sie ihm nicht wirklich und trat von ihm zurück. Erleichtert stellte der Neunzehnjährige fest, dass sie zumindest keine Angst vor ihm hatte, auch wenn besagtes Ereignis eine eher negative Auswirkung auf ihre Freundschaft zu haben schien. Unwohl betrachtete sie ihn und er konnte ihr ansehen, dass sie angestrengt darüber nachdachte, wie sie ihm gegenüber auftreten sollte. Einerseits konnte er ihre Bedenken verstehen, hätte ihn beinahe jemand abgefackelt, würde er sich ebenso verhalten. Andererseits waren sie ja befreundet, wenn auch nicht lange und sie könnte es sich daher denken, er hätte ihr niemals absichtlich wehgetan. Resignierend zuckte sie mit den Schultern.
„Was geschehen ist, ist geschehen.“ Ihr Blick streifte ihn nur unmerklich, als sie aus der Höhle trat und Umiko folgte. Alec indes stand noch einen Moment niedergeschlagen in dem natürlichen Unterschlupf und lauschte dem monotonen Tropfen des Wassers, das auf das raue Gestein aufkam, bevor er den beiden jungen Frauen nachging.
Umiko ging ihren beiden Kameraden voraus, wieder zurück zu dem Trampelpfad, dem sie am vorigen Tag noch gefolgt waren. Quer durch das kniehohe Gras liefen die drei und ihre Partner, in tiefes Schweigen gehüllt. Kurz blickte sie über ihre Schulter zurück und sah mit an, wie Alec leise auf die Schwarzhaarige einzureden schien, während diese genervt in eine andere Richtung schaute. Arkani und Luxtra hielten sich gezielt aus dieser Diskussion heraus, sie wussten höchstwahrscheinlich auch, worum es ging, die Rothaarige wurde ja völlig außen vor gelassen. Leicht spürte sie, wie Latias Geist den ihren berührte und sah zu ihrer Partnerin hinauf. Die Hand hob sie über ihre Augen, denn die Sonne strahlte unbarmherzig auf die kleine Gruppe hinab, vor allem im Kontrast zur Dunkelheit der Höhle, der sie vor wenigen Minuten noch ausgesetzt waren, stach das grelle Licht nun in ihre Iriden. Neben dem grellen Licht war auch der Wärmeunterschied alles andere als angenehm. Nach der feuchten Atmosphäre war die trockenwarme Luft ein starker und unangenehmer Kontrast. Nicht einmal ein laues Lüftchen wehte, meist zogen die Luftmassen erst gegen Abend über die Steppe und brachten die gelblichen Gräser zum Tanzen.
„Was gibt es Latias?“, fragte sie die Drächin und beschloss, nicht mehr nach oben zu sehen, zumindest nicht, bis sie sich nicht wieder mehr an das Licht gewöhnt hätte. Latias schwebte ein wenig näher zu ihr heran und senkte den Kopf zu ihrer Partnerin herunter.
„Du scheinst ziemlich in Gedanken versunken zu sein, wegen Lissianna und Alecchius, liege ich da richtig?“, wollte sie wissen und Umiko nickte einfach als Antwort. „Ich kann dir sagen, was gestern geschehen ist. Falls es dich interessiert“, fügte sie noch hinzu, als sie sah, wie die Rothaarige zögerte. Es reizte sie wirklich sehr, zu wissen was vorgefallen war und natürlich wusste ihre Partnerin davon, war sie zu dieser Zeit noch bei Lissi und Alec gewesen. Die Achtzehnjährige entdeckte den kleinen Trampelpfad, lief auf diesen zu und sah in beide Richtungen, in die er führte. Sie versuchte ihre Gedanken bezüglich ihrer Freunde für einen Moment zu verdrängen und stellte sich lieber die Frage, aus welcher Richtung sie gekommen waren, bevor die Räuber ihren Weg unterbrochen hatten und ebenfalls, wie weit sie sich von besagter Stelle entfernt befanden. Nirgends konnte sie einen Anhaltspunkt auf den gestrigen Kampf entdecken. Kein platt getretenes Gras, die liegen gelassenen Schwerter, oder eben die Toten. Letzterer Gedanken bereitete ihr wieder ein wenig Übelkeit, auch wenn sie die Schuldgefühle des vorigen Tages nicht mehr so sehr belasteten. Dafür plagten sie die Gedanken um ihre Kameraden, was ebenfalls nicht allzu angenehm war. Verwirrt blieb sie stehen und wartete auf ihre beiden Gefährten, bis diese sie erreichten – trotzig schweigend.
„Die beiden verhalten sich wie kleine Kinder“, meinte Umiko daraufhin zu Latias, woraufhin sich auf dem Gesicht der Drächin ein kleines Lächeln zeigte. Unmerklich nickte sie zustimmend und betrachtete ihre Umgebung ein wenig genauer. Viel zu sehen gab es nicht, zumindest nicht, wenn man etwas anderes als Gras entdecken wollte. Vereinzelt wuchsen schmächtige Bäume, mit knorrigen, dünnen Ästen, die an die trockenen Verhältnisse gewohnt waren und einige Büsche wuchsen in ihrer Nähe. Vorzugsweise handelte es sich um Tamotbeeren, von denen Latias lieber Abstand hielt. Dass sie einmal den Fehler begangen und von einer der stacheligen, roten Beeren abgebissen hatte, genügte ihr vollends. Der brennende Geschmack auf der Zunge war nur für Feuerpokémon ein willkommenes Geschenk, andere Typen konnten die Stoffe in der Beere nicht vertragen. Was meist zu einer Schwellung der Zunge führte - äußerst unangenehm. Aufmerksam sah sie zu ihrer Partnerin und entdeckte wieder den nachdenklichen Ausdruck darauf. Sie schien sich immer noch Gedanken darum zu machen, warum ihre beiden Freunde sie nicht in die Geschehnisse des vergangenen Abends einweihten. Es war natürlich verständlich, dass sie dies unbedingt von ihnen hören wollte und nicht von ihrer Partnerin. So gesehen würden Lissi und Alecchius sie ja immer noch anschweigen. Wüsste sie jedoch davon, dann könnte sie sich seelisch wohl etwas mehr Ruhe gönnen. Die Psychodrächin beschloss, bei der nächsten Rast mit Luxtra und Arkani zu reden, vielleicht konnten die beiden ihre Partner davon überzeugen, Umiko endlich zu sagen, was vorgefallen war. Genau genommen war es noch nicht einmal von großer Relevanz, befand zumindest Latias, doch als Pokémon dachte sie einfach anders als ihre menschlichen Gefährten. Dies fiel ihr oft genug auf.
„Wisst ihr, aus welcher Richtung wir gekommen sind?“, fragte die Rothaarige ihre Kumpanen, woraufhin sich Alec erst richtig umsah. Verwirrt kratzte er sich am Hinterkopf, während er fragend nach links und rechts schaute. Bevor er seine Meinung dazu geben konnte, zeigte Lissianna mit ihrem Finger nach rechts und meinte, sie müssten in diese Richtung gehen, um zum Lager zu gelangen. Luxtra und sie setzten sich schweigend in Bewegung, woraufhin Umiko und Alec ihr wortlos folgten, immerhin schien sich die Schwarzhaarige dabei ziemlich sicher zu sein. Außerdem vertraute Latias‘ Partnerin ihr vollkommen, wie der Beigehaarige bemerkte, als er die Achtzehnjährige aus dem Augenwinkel heraus beobachtete. Sein Blick glitt ihren Körper entlang, der so zerbrechlich wirkte. Ein schmaler Körperbau, ausgeprägte Taille, schlanke Arme. Die schulterlangen Haare schwangen bei ihren energischen Schritten immer ein wenig mit, ihre beiden Hände hatte sie auf den Schwertknäufen liegen, nach dem letzten Vorfall hatten sie beschlossen, zumindest ihre Waffen nun mit sich zu tragen. Die Rüstungen wären nun doch zu auffällig und bis auf den Spähertrupp, der vor Jahren die Akademie überfallen hatte, würden ihnen keine bluetianischen Soldaten begegnen. Bei seiner kleinen Beobachtung fiel ihm auf, dass Umikos Beine einen großen Teil zu ihrer Größe beitrugen, er hatte von seinen Freunden aufgeschnappt, wie sehr ihre langen Beine sie doch reizten, ebenso ihre ansprechende Oberweite, doch ihr rebellischer Charakter hatte die meisten von ihnen auf Abstand gehalten. Er musste aber durchaus zugeben dass ihr oberer Körperumfang wirklich einen Blickfang darstellte, zumindest für die männlichen Wesen. Alec konnte sich zumindest nicht vorstellen, dass Frauen sich gegenseitig nach solchen Dingen begutachteten.
„Dabei kannten sie sie einfach nicht genug. Nun gut, gegen mich scheint sie eine gewisse Abneigung zu hegen, dennoch war sie noch nie gemein oder herablassend. Ich spekuliere dabei zwar, doch ich denke, sie verhält sich nur Autoritätspersonen gegenüber so“, schlussfolgerte er gedanklich, woraufhin Arkani noch schelmisch meinte, dass sie vor allem in Casius‘ Nähe sehr störrisch wäre. Ein Lächeln glitt dem Pokémoiden dabei über das Gesicht, bis er das schwache Humpeln Umikos bemerkte. Die Verletzung an ihrem Bein schien ihr keine großen Schmerzen zu bereiten, ihr Bein konnte sie dennoch nicht so belasten, wie zuvor. Erst jetzt schien sie zu bemerken, wie er sie beobachtete und er sah ihr in die Augen. Ihre goldenen Iriden zeigten ihre Verwirrung und ebenso ihr Missfallen darüber, dass er sie so unverhohlen angestarrt hatte.
„Ist irgendetwas?“, wollte sie daraufhin von ihm wissen und verlangsamte ihre Schritte ein wenig. In der Steppe würden sie Lissianna keineswegs aus den Augen verlieren, von daher konnten sie genauso gut auch langsamer laufen. Zuerst schüttelte er einfach nur den Kopf, dachte jedoch einen Moment nach und seufzte dann.
„Ich mache mir eben Sorgen um dich“, meinte er und zeigte auf ihr Bein und dann ihren Arm. Verwundert blieb sie still und schaute hinauf zu Latias, die wie eine Wächterin über ihr schwebte. Umiko zuckte mit den Schultern.
„Das brauchst du gewiss nicht. Das mit meinem Bein war nun wirklich keine schwere Verletzung, sondern ist beim Laufen nur ein wenig unangenehm. Mein Arm hingegen… schlimm ist es wohl ebenfalls nicht, dennoch schmerzt er mehr als mein Bein – bei weitem.“ Zur Demonstration ließ sie ihren Arm ein wenig kreisen und verzog das Gesicht. So geringfügig ihre Verletzung an sich gewesen war, die Entzündung half ihr in diesen Zeiten überhaupt nicht weiter. Die beiden verfielen in eine unangenehme Stille. Nach Jahren, in denen man kaum einen Moment Ruhe hatte, war es komisch, wenn alles um einen herum schwieg. Nicht einmal ein Vogelpokémon war zu hören, kein Wind wehte und auch keine der kleineren Pokémon, wie Rattfratz schienen sich in der Nähe aufzuhalten. Alecchius kam dies auf unangenehme Weise bekannt vor - nur fiel ihm nicht mehr ein, warum. Er spürte jedoch, wie das gelbe Augenpaar seiner Reisegefährtin immer wieder zu ihm huschte. Latias hatte sich von den beiden entfernt, schien sie doch zu ahnen, was ihre Partnerin belastete.
„Alec, was genau ist gestern eigentlich vorgefallen?“, fasste sie sich ein Herz und befragte ihn über die Zeit ihrer Abwesenheit. Er ahnte, dass sie die Zeit meinte, die er alleine mit Lissianna verbracht hatte und damit ebenfalls, dass sie der Grund für die Meinungsverschiedenheit ihrer beiden Begleiter interessierte. Eigentlich hatte er nicht einmal vorgehabt, etwas vor Umiko geheim zu halten, dennoch schien es ihm angebracht, ihr nichts davon zu erzählen. Ebenfalls war er sich unsicher, wie sie auf die Tatsache reagieren würde, dass seine Kräfte erwacht waren und er sich ihrer bewusst wurde. Vor allem, da er noch nicht die Kontrolle über diese besaß. Umiko war ihm ohnehin noch nicht gänzlich positiv eingestellt, sie hegte immer noch ihre Zweifel bezüglich seiner Ernsthaftigkeit, das merkte er ihr an. Man konnte es ihr aber auch nicht verdenken, immerhin war er nicht wirklich oft seriös, sondern eher ein unbekümmerter Zeitgenosse, der viele Dinge auf die leichte Schulter nahm - wenn auch nicht alle. Wenn er sich vorstellte, wie sie möglicherweise reagieren würde, wenn er ihr von seinen Kräften erzählte, sie wäre höchstwahrscheinlich geschockt. Jemand so sorgloses wie er, gesegnet mit einer derartig zerstörerischen Kraft wie dem Feuer, noch dazu ohne gänzliche Kontrolle darüber? Da hielt man sich lieber fern von ihm. Sein Blick schweifte zu Lissi, die vorauslief und an ihrer Seite Luxtra, der sich mittlerweile immer wieder dazu entschloss, in das Gras zu springen.
Auf Umikos Frage hin schweig er einfach und starrte mehrere Augenblicke vor seine Füße bis er, weiterhin wortlos, seine Schritte beschleunigte. Verdutzt blieb sie einen Augenblick stehen, bevor sie ihren beiden Kameraden schleichend folgte. Die Augen senkte sie zu Boden und fragte sich, warum er ihr keine Antwort geben konnte, oder eher wollte. Fast schüchtern ob sie ihren Blick wieder und richtete ihn auf den Beigehaarigen. Es verletzte sie, dass ihre Freunde Geheimnisse vor ihr hatten, immerhin sollten sie doch auf das Vertrauen der anderen bauen können, dass sie diese bewahren würden. Bei Alecchius konnte sie es ja noch nachvollziehen, aber warum Lissi schwieg, verstand sie keineswegs. Nach all den Jahren, die sie sich kannten und nach allem, was sie durchstanden hatten, was konnte es geben, dass verschwiegen werden musste? Wenn sie ehrlich zu sich war, fühlte sie sich von Lissianna hintergangen. Vor allem war es nicht möglich, dass es sich um etwas Derartiges handeln konnte, wie die vergangenen Ereignisse, die sie beide aus ihrem bisherigen Leben gerissen hatten. An der Rothaarigen zerrten die Zweifel. Schon so kurz nach ihrem Verlassen der Akademie, schien sich ihr gesamtes Leben vollends zu verändern, erneut und ebenso wenig in gutem Maße, wie zuvor. Wobei sie die Sache vielleicht auch falsch interpretierte und ihr mehr Bedeutung schenkte, als es eigentlich nötig war, doch dann wäre es ja auch kein großer Akt gewesen, sie kurz darüber zu unterrichten.
Alecs Hand strich durch die Mähne seines Partners, der neben ihm einherging und dann zeigte er zu Luxtra. Arkanis Schweif peitschte umher und der große Wolf blieb einen Moment stehen, bevor er mit einem großen Satz ebenfalls in dem Steppengras landete. Das prächtige, beigefarbene Fell stach aus dem Gras nicht allzu sehr heraus, anders, als Umiko es erwartet hätte, doch die leicht gelbliche Färbung der Halme war in diesem Falle für den Feuerwolf von Vorteil, ganz im Gegensatz zu Luxtra, der mit seinem schwarzen Fell gut zu sehen war.
„Für euch ist das auch etwas Neues, nicht wahr, Latias?“, fragte Umiko und warf ihr einen Blick zu. Die Drächin nickte und schwebte zu ihrer Partnerin zurück.
„In der Akademie war alles immer so drückend. Die ständigen Blicke der anderen Menschen dort, keineswegs etwas, das man unbedingt erleben möchte.“ Leicht fiepte sie und flog um Umiko herum. „In der freien Natur müssen wir uns so etwas zumindest nicht zumuten. Dennoch kann ich dir nicht sagen, wie das bei Luxtra und Arkani war, oder zumindest bei Arkani, ihn kenne ich ja noch nicht lange genug…“, fuhr sie fort und hielt einen Moment inne. „Von Luxtra und Lissi wissen wir ja einiges über ihre Vergangenheit, bei Alec und seinem Partner ist dies ja nicht der Fall“, endete sie und sah nachdenklich zu den beiden. Die Gedanken ihrer Freundin erratend, schmiegte sie ihre Wange an die der Rothaarigen und leckte kurz darüber. „Wenn du unbedingt wissen willst, was gestern geschehen ist, kann ich es dir auch verraten, immerhin war ich dabei.“
Umiko lächelte kurz und strich über den schlanken Hals Latias‘, genoss das Gefühl der weichen Federn auf ihrer Haut. „Danke, aber… ich würde es lieber von Lissi oder Alec erfahren. Wobei ich dennoch nicht verstehen kann, warum sie es noch nicht einmal erwähnen. Als ob es mir nicht auffallen würde, dass zwischen ihnen etwas vorgefallen ist.“ Sie seufzte. „Aber was nicht sein soll, soll nicht sein.“ Niedergeschlagen trat sie gegen einen Kieselstein, der in hohem Bogen davon flog. Mit einem dumpfen Geräusch kam er auf dem Boden auf und ruckartig bewegten sich vier Köpfe in die Richtung, aus der der unerwartete Laut kam. In diesem Moment wurde Umiko bewusst, wie angespannt ihre Freunde waren, während sie sich ihren eigenen, in dieser Situation unwichtig erscheinenden Gedanken hingegeben hatte und sofort bekam sie ein schlechtes Gewissen. Wenn ihnen etwas passieren sollte, nur weil sie nicht aufgepasst hatte, das könnte sie sich nie vergeben. Ein Vorfall in kurzer Zeit würde ihnen allen reichen und man müsste es nicht zu einem weiteren kommen lassen. Außerdem wollte sie sich nicht noch einmal diesem Zwiespalt hingeben, der sie befallen hatte, nachdem sie die Räuber in die Flucht geschlagen hatten. Es war ja nicht so, als hätte sie nicht gewusst, dass sie keine andere Wahl gehabt hatte, doch ein besseres Gewissen verlieh ihr diese Tatsache bei weitem nicht. Schnell versicherte sie den anderen, dass keine Gefahr in der Nähe sei, da sie gegen den Stein getreten hatte - aus Frust und einfacher Unbedachtheit. Alec lächelte sie daraufhin erleichtert an, immerhin musste er sich nicht mehr um einen weiteren Angriff Gedanken machen, zumindest für den Moment nicht. Lissianna hingegen besah Umiko eher missbilligend, ihre Nerven schienen sehr strapaziert zu sein, was aber nicht verwunderlich war. In einem Anflug von Müdigkeit presste sie Zeige- und Mittelfinger gegen ihren Nasenrücken, schloss ihre Augen einen kurzen Moment und seufzte. Eine Hand stemmte sie gegen ihre Hüfte, dann sah sie Umiko halb entschuldigend und halb ermüdet an.
„Erschreck uns doch nicht so, Umiko. Einfach so gegen einen Stein treten, dir hätte ich mehr Verstand zugedacht“, sagte sie und wandte sich um, ohne den empörten Ausruf ihrer Freundin zu beachten. Luxtra zeigte in einem Anflug von Belustigung seine Zähne und streifte danach wieder durch das Gras, die anderen vier folgten der Schwarzhaarigen und ihrem Partner in einträchtigem Schweigen. Alecchius Blick schweifte zu Umiko hinüber, die nach dem fast halbherzigen Versuch seitens Lissianna, den Moment ein wenig aufzulockern, einen recht deprimierten Gesichtsausdruck aufgelegt hatte. Er spielte schon mit dem Gedanken, seine vorigen Befürchtungen einfach nicht zu beachten und sie über alles aufzuklären, was nun wirklich alle Ungereimtheiten aus dem Weg räumen und ebenfalls Lissis Gereiztheit erklären sollte. Außerdem missfiel es ihm generell, Umiko auf gewisse Weise anzulügen, das hatte er eigentlich nie gewollt. Bevor er jedoch nur ansatzweise einen Fuß in ihre Richtung setzen konnte, stieß Arkanis Kopf gegen ihn und er stolperte leicht nach rechts.
„Was gibt es denn?“, fragte er verwundert, da sein Partner durchaus besorgt zu sein schien. Arkanis braune Augen waren auf ein Objekt geheftet, das auf ihrem Wege lag, genauer gesagt, auf einem Ort. Alec verlangsamte seine Schritte ein wenig, als seine Erinnerungen klarer wurden. Auf ihrem Weg lag ein kleines Dorf, man konnte seine Silhouette bereits erkennen, doch anstatt wie seine beiden Begleiterinnen und ihre Partner ein erleichtertes Seufzen zu äußern, lief es ihm eiskalt den Rücken hinunter.
„Wir kennen diesen Ort…“, fügte Arkani hinzu, obwohl er bereits bemerkt hatte, dass sein Freund verstanden hatte. Wohlweißlich hatten die beiden mit Absicht ihre Erinnerungen an dieses Dorf versucht auszuradieren, doch es würde ihnen noch zugutekommen, dass es den beiden nicht gelang. Alec beschleunigte seine Schritte, ergriff Umikos Arm und schüttelte seinen Kopf. Verwirrt stoppte die Rothaarige, Latias ließ ein Fiepen von sich hören, woraufhin Lissianna und Luxtra ebenfalls innehielten.
„Was gibt es denn?“, fragte Lissi, als sie zu ihren beiden Freunden zurückgelaufen kam und Umikos verwirrten Blick bemerkte. Vor allem die Tatsache, dass Alecchius den Arm der Siebzehnjährigen fast krampfhaft festhielt, verursachte ihr Unbehagen.
„Das kann er uns ja gleich sagen, wenn er meinen Arm loslässt. Er fängt an, zu schmerzen“, stieß Umiko aus zusammengebissenen Zähnen hervor. Eine Entschuldigung aussprechend, ließ der Beigehaarige los, wobei seine Bewegung sehr fahrig wirkte.
„Vertraut mir einfach“, meinte er nur und lief ein wenig in die Steppe hinein, in wie es ihm schien, sicherer Entfernung zum Weg. Lissianna verzog unmerklich ihr Gesicht, als er von Vertrauen sprach, sagte aber nichts Weiteres dazu. Der Siebzehnjährigen fiel dieser Augenblick jedoch auf und erneut fragte sie sich, was denn genau vorgefallen war.
„Lissi…“, fing sie an, während sie mit ihren Partnern zu Alecchius liefen, der sich immer weiter von dem kleinen Trampelpfad entfernte, dabei immer mehr in die Knie gehend. „Warum verschwiegt ihr mir, was gestern alles passiert ist?“
Überrascht blieb die Schwarzhaarige kurz stehen. „Wieso verschweigen?“
„Naja, ihr habt mich über die Ereignisse, an die ich mich nicht erinnern kann, oder zu denen ich einfach nicht anwesend war völlig im Unklaren gelassen…“ Einen Moment schien Lissianna in Gedanken versunken, zuckte dann jedoch nur mit den Schultern.
„Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.“ Skeptisch zog Umiko eine ihrer Augenbrauen hoch und betrachtete ihre Freundin schweigend. Die grüngelben Iriden richteten sich auf sie und Lissi fuhr fort: „Hat Alec dir nichts darüber gesagt? Du bist die ganze Zeit neben ihm gelaufen und wenn es dich so sehr interessiert, wieso hast du ihn nicht gefragt?“
Latias‘ Partnerin drückte kleinlaut ihre Fingerspitzen gegeneinander, bis sie in einer Art wegwerfenden Handbewegung verkündete: „Das habe ich ja, aber er ist stummschweigend weitergelaufen und da dachte ich mir, ich frage dich eben…“ Die Schwarzhaarige drückte ihre Hand in einer nachdenklichen Geste gegen ihr Kinn. Ihre Antwort glich einem Murmeln.
„Wenn es so ist, wird es für ihn wohl einen Grund geben, es dir nicht zu verraten… es ist aber wirklich nichts Schlimmes, das kannst du mir glauben. Wir brauchen alle nur ein wenig Ruhe und ein bisschen Schlaf, dann regelt sich das von alleine.“ Umiko war sich dessen nicht so sicher, doch sie wollte ihrer Freundin einfach glauben. Erst da merkte sie, dass Alec nirgends zu sehen war. Ihr Blick, sowie der von Latias, Lissianna und Luxtra schweifte über das Gras. Erst als aus dem kniehohen Gras eine Hand ragte, entdeckten sie den Beigehaarigen. Mit seiner braunorangenen Jacke und an seinen Partner gedrückt, den man aufgrund der ähnlichen Fellfarben nur schwer vom Gras unterscheiden konnte, wenn er sich so zusammenrollte, war Alecchius kaum zu erkennen. Die beiden jungen Frauen und ihre Partner ließen sich neben ihm ins Gras fallen, die Bäuche auf den Boden gedrückt, damit man sie auch ja nicht entdeckte – auch wenn sie nicht genau wussten, weshalb.
„Ihr habt das Dorf gesehen, nehme ich an?“, fing Alec an und wartete darauf, dass Umiko und Lissi seine Vermutung bestätigten. Nach einem Nicken der beiden fuhr er fort: „In diesem Dorf bin ich aufgewachsen.“
„Aber warum sollen wir da nicht hin? Möchtest du deiner Familie aus dem Weg gehen?“, fragte die Rothaarige, für die diese Möglichkeit unwahrscheinlich wäre – würde es sich um sie drehen. Aber ihr war bisher nichts über Alecs Vergangenheit bekannt, was durchaus zulassen könnte, dass er seine Familie nicht mehr sehen wollte. Seinen Arm auf sein Knie gestützt saß er fast unbeweglich da und schien seine Worte abzuwägen. Latias, die sich nur ungerne auf dem Boden befand, kitzelte das Gras unangenehm an ihrer Nase, weswegen sie ein Niesen zu unterdrücken versuchte.
„Gesundheit“, sagte Umiko dennoch zu ihr, denn ihr war das unangenehme Gefühl ihrer Partnerin durchaus nicht entgangen. Ebenso wie die Nervosität der Drächin. „Beruhige dich, wir sind ja nicht lange hier.“
„Dennoch verstehe ich nicht, warum ich nicht in der Luft bleiben durfte. Ich kann mich immerhin unsichtbar machen“, erwiderte sie daraufhin nur und Umiko hörte sie grummeln.
„Es ist Alec eben zu gefährlich. Du weißt doch, die Sonne muss in einem bestimmten Winkel auf deine Federn strahlen, damit man dich nicht erkennen kann. Irgendetwas scheint ihn nervös zu machen…“
Mit seiner Hand fuhr er sich durch seine Haare, bevor der Arkanipokémoid in seiner Erklärung vorfuhr.
„Es ist nicht so, dass ich sie nicht gerne wiedersehen würde. Nur würde dieser… Ausflug kein gutes Ende für mich haben.“ Verwirrt warteten die anderen darauf, dass er sie weiter aufklärte, der Neunzehnjährige sprach für sie in Rätseln. „Menschen wie wir sind dort nicht erwünscht. Damals… wenn wir dieses Dorf betreten, wird einer von uns nicht mehr lebend herauskommen.“
Der Schock stand allen von ihnen ins Gesicht geschrieben, selbst Alec, der ihnen davon berichtete.
„Aber wieso?“, wollte Latias‘ Partnerin von ihm erfahren und robbte ein wenig vorwärts, als führte die kleine Gruppe ein geheimes Gespräch, was sogar der Wahrheit entsprach. Alecchius zuckte nur mit den Schultern.
„Den genauen Grund weiß ich nicht. Damals war ich noch zu klein, um die Umstände zu verstehen. Aber ich weiß, dass sie eine Art Opfer verlangen, sofern sich in einer Gruppe, die durch das Dorf reist, ein Pokémoid befindet. Wenn ihr wollt, ich kann euch von damals erzählen… als sie das erste Mal dieses Opfer verlangten“, erzählte er weiter, wobei er immer stockender wurde. Er hatte sich gegen seinen Partner gelehnt, eines seiner Beine angewinkelt, das andere ausgestreckt. Den Blick gen Himmel gerichtet seufzte er, als er merkte wie Umiko und Lissianna schwiegen.
„Zu der Zeit war ich ungefähr… zehn Jahre alt…“
Staunend betrachtete der kleine Junge die Gruppe Soldaten, die durch das kleine Dorf stapfte. Eine derartig große Gruppe hatte er noch nie gesehen, immer nur kleinere, maximal mit vier oder fünf Personen. Doch die Anzahl an Menschen und auch Pokémon, wie dem Jungen auffiel, war enorm. Selbst sein Spielkamerad Arkani hielt inne und betrachtete die ungewöhnliche Menschenansammlung. Auf dem Rücken des kleinen Pokémon sitzend, starrte der beigehaarige Zehnjährige die Männer und Frauen an, die in ihren Rüstungen auf der Dorfstraße standen. Unbeweglich, in Reih und Glied. Die Dorfbewohner tuschelten aufgeregt miteinander und einige zeigten auf die Pokémoiden, die hinter den normalen Soldaten standen. Einigen von ihnen sah man das Unbehagen an, so angestarrt zu werden, doch die meisten von ihnen bewahrten eine emotionslose Fassade. Der kleine Junge fragte sich durchaus, wie man so einen nichts sagenden Gesichtsausdruck haben konnte, für ihn wäre dies nicht vorstellbar. Arkani zuckte mit den Ohren und der Zehnjährige spürte das Unbehagen des jungen Pokémon. Die Blicke der Dorfbewohner hatten sich manchmal auch ihm zugewandt, einige von ihnen glaubten seinen Eltern nicht, dass er keine Verbindung mit dem Feuerwolf hatte, womit sie richtig lagen. Doch seine Eltern hatten ihm eingebläut, nichts darüber zu verraten. Auch nicht, wieso sich sein Arkani anscheinend schon so früh entwickelt hatte, weshalb es auch noch nicht die normale Größe eines Arkani erreicht hatte. Sein Partner war vielleicht ein wenig größer als ein Fukano. Ihn interessierten im Moment jedoch mehr die Pokémoiden, als der Grund für das Unwohlsein seines Freundes.
„Alec, Alec, wo bist du?“, hörte er seine Mutter aufgeregt nach ihm rufen und er wandte sich auf seinem Partner ein wenig um, um nach ihr Ausschau zu halten. Er reckte seinen Arm in die Höhe und winkte ihr zu, als er sie entdeckte. Hastig lief sie über den gepflasterten Boden zu ihm und kniete sich neben ihn. Ihr altes, blaues Kleid strich sie glatt, was sie eigentlich nur tat, wenn sie nervös war. Als Frau eines Mannes, der auf dem Feld arbeitete und jede Hilfe brauchte, die er bekommen konnte, konnte sie sich die gewissen Eitelkeiten einer Frau nicht leisten. Würde sie sich immer Gedanken um ihr Aussehen machen, käme sie nicht zur Ruhe.
„Was ist denn, Mum?“, fragte er abwesend. Seine Gedanken hingen immer noch bei den Soldaten, die ihn stark beeindruckten. Vor allem die Pokémoiden, mit ihren eigenen Rüstungen, die immer anders aussahen. Im Gegensatz zu den schützenden Lederharnischen, oder den leichten Metallplatten, die die normalen Soldaten schützten, trugen sie gefärbte Rüstungen, die ansatzweise an ihren Partner erinnerten. Sofern er das beurteilen konnte, er kannte in seinem Alter noch nicht viele Pokémon und die der Pokémoiden konnte er in der Menge nicht alle ausmachen. Zu viele unterschiedliche Wesen auf einem Fleck und dann nicht ganz so reglos wie ihre menschlichen Gegenstücke.
„Alecchius, du solltest nicht hier sein, zumindest nicht jetzt… Lass uns nach Hause gehen“, sagte sie einfach zu ihm, was ihn die Stirn runzeln ließ.
„Aber ich will nicht! Ich will noch weiter zusehen. So viele waren noch nie auf einmal hier!“, erwiderte er, leicht schnippisch. Er wollte nicht einsehen, dass er gehen musste, wenn einmal etwas Spannendes in seinem Dorf passierte. Seine Worte missachtend, nahm seine Mutter ihn auf ihre Arme und trug ihn fort, Arkani trottete ihnen gehorsam hinterher. Quengelnd hing er in der Umarmung seiner Mutter, ihre braunen Haare verdeckten teils seine Sicht, als er bemerkte, wie der Dorfvorsteher und einer der Soldaten etwas verkündeten. Den genauen Wortlaut konnte er nicht verstehen, aber er sah die entsetzten Gesichter der Pokémoiden. Die Schritte seiner Mutter wurden schneller, rauschten regelrecht über die plattgetretene Erde, die somit geschaffenen Wege waren mehr als genug, um gut durch das Dorf zu kommen. Sie wollte ihn vor den Ereignissen schützen, doch der Junge hatte schon einen Entschluss gefasst, der sich ihrer Meinung widersetzte. Er sah noch, wie eine junge Pokémoidin aus der Gruppe gestoßen wurde und sie fast panisch zurückwich, als einige Männer aus dem Dorf auf sie zukamen. Ein anderer Soldat, ebenfalls Partner eines Pokémons, trat aus der Menge heraus und schob das Mädchen hinter sich. Anstatt ihr wurde nun er abgeführt, Alec sah nur noch, wie sie auf ihre Knie fiel und die Hände vor ihr Gesicht warf.
Später saß er in seinem Zimmer und starrte aus der Öffnung in seiner Wand, ein einfaches Gebilde aus Brettern, die es ihm ermöglichte nach draußen zu sehen. Das Dorf in dem er lebte hatte eine lange Aufbauphase und war genaugenommen noch immer nicht fertig. Aufgrund des Mangels an Baumaterialien, waren sie gezwungen den Aufbau immer weiter hinauszuzögern. Viele der Häuser bestanden aus einer Mischung von Steinen, Brettern und Lehm, der alles mehr oder weniger gut zusammenhalten sollte. Das Zimmer, das er sein Reich nannte, war ebenfalls diesem Mischbau zum Opfer gefallen, zumindest wie er fand. Der Boden bestand aus den roten Steinen, die man überall in Retardia finden konnte, einfach auf dem Boden oder man schlug sie von den Wänden der Höhlen, diese wurden ein wenig geschliffen und dann verbaut. Schon öfter hatte er seinem Vater dabei zugesehen, wie er die festen Steine in Form brachte und Arkani und er durften ihm manchmal sogar dabei helfen. Seufzend legte Alec seine Arme auf den Rand der Öffnung und starrte gedankenverloren nach draußen. Seine Mutter hatte ihn eingeschlossen, als hätte er etwas Verbotenes getan, dabei verstand er nicht einmal, was genau das gewesen sein könnte. Völlig aufgelöst war sie mit ihm Zuhause angekommen, gleich darauf mit ihm die Treppe zu seinem Zimmer hochgerauscht und hatte ihn auf seinem Bett abgesetzt. Entgegen ihres sonstigen Verhaltens blieb sie still, erklärte ihm rein gar nichts, von wegen, was sein Fehler gewesen war und warum er das nicht hätte tun sollen – doch dieses Mal schwieg sie und verschloss die Tür. Arkani saß neben ihm auf seinem Strohbett, den Kopf auf die Beine des Jungen gelegt. Im Moment war er sauer auf seine Mutter, hatte sie ihm doch nicht erlaubt, sich die Pokémoiden anzugucken, dabei waren sie doch gerade für ihn interessant. Seine Eltern sagten immer, er könne stolz sein, dass er ein Pokémoid war. Egal was andere Menschen darüber dachten. Aber dann durfte er sie sich nicht ansehen, für ihn einfach unfair, wenn er wenigstens wüsste warum. Aber sein Vater war noch auf dem abgelegenen Feld, da konnte dieser seinem Sohn nur wenig helfen. Er könnte sich wohl schon damit zufrieden geben, wenigstens aus seinem kargen Zimmer zu entfliehen. Seine Familie konnte sich nicht viel leisten, gerade mal ein Strohbett stand in seinem Zimmer und ein aus Voltilamm-Wolle geflochtener Teppich, den sie von Freunden aus Yelida geschenkt bekommen hatten. Oftmals schlief er lieber auf dem weichen, gelben Teppich, als auf seinem Strohbett. Da entdeckte Alecchius, wie einige der Dorfbewohner aus dem Ort gingen, gefesselt folgte ihnen der junge Soldat von vorhin. Ein wenig beugte sich der beigehaarige Junge aus der Zimmeröffnung, um zur Dorfstraße zu sehen und entdeckte die Gruppe der Soldaten erneut.
„Los Arkani, wir folgen ihnen!“, rief er aus und sprang von seinem Stuhl. Sein Partner hob noch rechtzeitig seinen Kopf, bevor sein lebendes Kissen einfach unter ihm verschwand. Der kleine Feuerwolf stupste mit seiner Nase gegen seine Hand, also wollte er ihn fragen, ob sein Vorhaben wirklich in Ordnung sei. „Aber klar doch! Wir… beobachten ja nur, ich möchte bei meinen Freunden prahlen, dass ich etwas weiß, was sie nicht wissen!“, grinste er vor sich hin und sprang aufgeregt in seinem Zimmer umher. Arkani legte seinen Kopf schief, als wäre er nicht überzeugt, aber kam seinem Freund zuvor und hüpfte aus der Öffnung seines Zimmers. Die weichen Pfoten federten seinen Aufprall ab und der Heuballen genau unter dem Fenster tat sein Übriges. Alec folgte seinem Partner schnell und gemeinsam rannten sie vorsichtig den Erwachsenen hinterher. Ihre Größe und auch der rege Wachstum des Steppengrases half ihnen dabei, nicht entdeckt zu werden. Während der Junge und Arkani der kleinen Karawane geschmeidig folgten, klopfte ihnen das Herz bis zum Hals. Insgeheim hatte Alecchius das Gefühl als sollte er nicht hier sein, nein, eigentlich wollte er es gar nicht. Doch sein Entschluss war gefasst und er würde sich nicht um entscheiden. Der kleine Feuerwolf warf dem jungen aus den gleichen, braunen Augen einen sorgenvollen Blick zu und sie wussten, dass sie beide dasselbe dachten.
Als die kleine Gruppe Erwachsener stehen blieb, waren sie an einer Art Lichtung angekommen. Drei Steine befanden sich darauf, hinter ihnen ein Baum und vor diesem befand sich ein einfacher Hocker, wie man ihn in jedem Hause finden konnte. Der Dorfvorsteher legte ein Seil auf einen der Steine und wandte sich den anderen zu. Alec und Arkani beobachteten mit rasendem Herzen das Geschehen, denn als der junge Soldat auf den Hocker trat und sein Partner, ein kleines Evoli, panisch aufschrie, wussten sie beide, dass sie nicht hier sein sollten.
Ganz leicht rutschte Alec ein wenig weiter von der Lichtung weg, Zentimeter für Zentimeter schob er sich zurück, in der Hoffnung, es würde doch nichts Schlimmes geschehen und es würde sich für ihn lohnen, dem Verbot seiner Mutter nicht gefolgt zu sein. Zitternd presste Arkani sich an den kleinen Jungen und beide stützten sich gegenseitig. Keiner von ihnen wusste genau, was geschah und doch ahnten sie, dass es bei weitem nichts Gutes war.
„Vollstreckt das Urteil!“, rief der Vorsteher. Dem Soldaten wurde eine Schlinge um seinen Hals gelegt und das Seil dann behelfsmäßig am kräftigsten Ast des Baumes befestigt. „Jetzt!“, schrie er erneut und die anderen beiden Dorfbewohner, die dabei waren, traten den Hocker beiseite.
Alecs Augen weiteten sich und er fiel rücklings um, als er den Soldaten über dem Boden baumeln sah.
Als Alecchius seine Erzählung beendete, musste er schlucken. Zuerst hatte er vorgehabt, den beiden die genaue Todesart des Soldaten nicht zu verraten, doch er sah den Sinn darin nicht. Er beugte sich nach vorne.
„Versteht ihr jetzt? Wir dürfen das Dorf nicht betreten.“ Ernst sah er ihnen in die Augen und er wusste, dass es keiner weiteren Erklärungen und Überzeugungen bedurfte, damit sie auf ihn hörten. Umiko stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben und Lissianna sah man den Schock an ihrer Steifheit an. Sie wagte kaum, sich zu rühren.
„Was war nur mit seinem Partner?“, hörte er Umiko leise flüstern. Darauf könnte er ihr eine Antwort geben, doch das wollte er ihnen allen ersparen. Stumm fühlte er, wie Arkani seiner Entscheidung beipflichtete.
„Dann gehen wir einfach um das Dorf herum, es ist nicht allzu groß, viel Zeit wird es uns nicht kosten“, sprach Lissi, um sie alle auf ein anderes Thema zu bringen. Oberflächlich wirkte dies auch, doch innerlich beschäftigte jeden dieser Vorfall noch weiterhin. „Am besten wäre es, wir machen uns…“, fuhr sie fort, doch stockte, als sie alle Räder hörten. Vorsichtig erhoben sich die drei leicht und beobachteten, wie anscheinend einer der Dorfbewohner zurückkehrte. Sein schäbiger Karren wurde von einem kräftigen Tauros gezogen, welches diese Prozedur schon gewohnt war und sich ihr widerstandlos hingab.
Der braune Stier musste einiges an Kraft aufwenden, um vorwärts zu kommen, anscheinend war die Last auf dem Wagen besonders schwer.
„Pokémon lassen sie in dem Dorf leben?“, fragte Umiko und deutete auf das Stierpokémon. Wortlos nickte Alec.
„Ja, anscheinend schon, aber ich verstehe nicht warum…“
Lissianna hob ihre Hand ein wenig. Sie deutete auf die Lastfläche des Karren.
„Seht mal, ist das nicht ein Mensch, der dort liegt?“
Die anderen beiden sahen genauer hin und Latias, die kurzerhand in die Luft geschossen war und dank der Sonne unsichtbar wurde, bejahte ihre Befürchtungen.
„Es ist ein Mädchen auf dem Karren. Und ein Vulpix ebenso. Umiko, sie war mit uns auf der Akademie…“
Rasch erzählte Umiko den anderen davon und Schweigen herrschte in der Gruppe.
„Was machen wir denn jetzt?“, fragte Lissianna ahnungslos und presste sich mit den Fingerkuppen gegen ihre Schläfen. Was sollten sie tun? Würden sie dem Mädchen helfen, gerieten sie selbst nur in Gefahr.
„Wir helfen ihr“, sagte Alecchius und die beiden jungen Frauen sahen ihn geschockt an.