Nach einer kleinen Pause meinerseits, kommt hier das neue Kapitel^^ Aber dafür ist es auch ein wenig länger geworden:D
Ach und ich möchte mich noch einmal für eure Kommentare bedanken, Fehler habe ich verbessert und an manchen Stellen noch etwas hinzugefügt, damit einige Stellen nicht mehr so verwirrend sind^^
Umiko sah kurz zu ihrer Freundin und bemerkte wieder den Schnitt an ihrer Wange, an der das Blut immer noch hinunterlief. Besorgt nahm sie ihren Kopf von Lissiannas Schulter und fragte: „Sag mal, wo warst du eigentlich? Ich dachte du würdest hier bleiben und dann warst du weg, als ich wieder aufgewacht bin.“
Die Schwarzhaarige bemerkte, dass Umiko den Schnitt auf ihrer Wange betrachtete und fuhr mit ihrer Hand darüber, um die Flüssigkeit wegzuwischen.
„Naja…“, fing sie an und wandte den Blick ab. „Ich wollte nicht, dass dir und Rue etwas passiert, also hatte ich beschlossen, nach draußen zu gehen und mir eine Waffe zu suchen…“ Jetzt erst sah die Rothaarige den Bogen, der neben Lissianna lag und ihr Blick ging von der Waffe wieder zu ihrer Freundin.
„Woher weißt du, wie du einen Bogen benutzt? Du wurdest doch gar nicht dazu ausgebildet…“
Ein trauriges Lächeln stahl sich auf Lissiannas Gesicht und Luxtras Blick wurde bei dieser Frage ebenfalls bedrückt. Ihre Freundin hob ihre Hand und strich durch die dunkle Mähne ihres treuen Partners.
„Weißt du, ich wurde schon ausgebildet, aber nicht hier“, begann sie und sah Umiko durchdringend an. „Ich lebte vorher nicht hier in eurem Land, sondern in Yelida. Als ich noch dort lebte, beteiligte sich unser Land an dem Dreiländerkrieg. Meine Eltern hatten mich auf die Akademie in der Nähe unserer Stadt geschickt. Ich habe noch drei ältere Geschwister, weißt du und naja, ich bin die einzige Pokémoidin in der Familie gewesen, da haben sie mich sozusagen abgeschoben. Damals dachte ich mir nichts dabei, ich liebte meine Eltern abgöttisch und sie hatten gesagt, es wäre nur zu meinem Besten. Ich ging also freiwillig zur Akademie, weil ich meine Eltern stolz machen wollte, aber meine Zeit dort war keine schöne, ich nehme mal an, dass es dir hier auch nicht besser ging bisher?“, fragte Lissianna zwischen ihrer Erzählung und betrachtete ihre Freundin nachdenklich. Umiko wandte ihren Blick ab und umschloss mit den Armen ihre Knie, um sie näher an sich zu ziehen. Sie stützte ihr Kinn auf ihren Armen ab und sagte: „Ich würde die ganzen Jahre hier am Liebsten rückgängig machen. Weißt du, ich wurde nicht von meinen Eltern hierher geschickt und ich ging auch nicht freiwillig sondern wurde als kleines Kind entführt. Ich frage mich immer wieder, wer damals zu dem Akademie-Leiter ging und mich verriet. Aber diese Frage wird mir wohl nie beantwortet werden… Aber um noch einmal auf deine Frage zurückzukommen, meine Zeit hier war auch nicht schön. Die „normalen“ Schüler möchten mit einem Pokémoiden nichts zu tun haben und die anderen Pokémoiden, die meisten von ihnen haben zu viel Angst um sich mit anderen abzugeben, also hatte ich auch keine Freunde…“ Latias stupste ihre Parterin sanft an, drückte sich an sie und fiepte leise. Eine Hand löste Umiko von ihren Knien und streichelte ihrer Seelenvertrauten über die Wange und die feinen Federn kitzelten sie leicht. Die Schwarzhaarige seufzte und fuhr dann mit ihrer Erzählung fort.
„Freunde hatte ich auch nicht wirklich, bei uns war es nicht viel anders als bei euch, fällt mir gerade auf. Aber naja, ich wurde dort im Bogenschießen ausgebildet, nachdem sie bemerkten wie gut ich mit ihm umgehen konnte und sie dachten sich, dass die Tatsache, dass Luxtra mein Partner ist, meine Pfeile noch gefährlicher machen könnte. Man müsste sie aus Strom leitendem Material herstellen und ich würde dann Handschuhe bekommen, die mich vor elektrischen Schlägen schützten und meine Pfeile könnten die Gegner dann immer noch lähmen, selbst wenn sie nicht treffen würden… aber ich schweife wieder ein wenig ab. Man lehrte mich also das Bogenschießen und nach einiger Zeit, gab es bei uns auch einen Überfall auf unsere Akademie, dieser war aber in der Nähe meiner Heimatstadt und wir waren doch alle noch in unserer Ausbildung und die Generäle und bereits ausgebildeten Soldaten konnten dem Angriff nicht standhalten… Es waren ebenfalls Soldaten aus Bluetia und alle anderen Pokémoiden wurden von ihnen mitgenommen, diejenigen die sich zu sehr wehrten wurden auf der Stelle hingerichtet… ich hatte mich versteckt und musste alles mitansehen. Umiko, sie wurden nicht einfach nur getötet, sondern hingerichtet. Ich... ich konnte nichts machen ich war nutzlos… und dann sind sie mit den Gefangenen weitergezogen, in meine Heimatstadt.“
Umikos Augen weiteten sich vor Schock, als sie verstand, was das für Lissianna hieß.
„D-du meinst, dass deine Familie…“, stotterte sie, brachte es aber nicht fertig, den Satz zu Ende zu sprechen, als sie sah, wie Luxtra und seine Partnerin immer deprimierter wurden. „Es tut mir leid, ich wollte nicht-“
„Das macht nichts“, winkte die Schwarzhaarige ab. „Ich hätte sowieso gleich weitererzählt, da hätte ich es dir unweigerlich erzählen müssen. Jetzt habe ich angefangen dich über meine Vergangenheit aufzuklären, da werde ich auch noch den Rest schaffen… Ich wartete einige Zeit, in meinem Versteck, bevor ich mich leise hinaus schlich, da sah ich wie Rauchwolken in den Himmel stiegen. So schnell mich meine Beine trugen, rannte ich los, doch ich wusste schon, dass es zu spät war, natürlich verdrängte ich den Gedanken, aber ich wusste es… Umso näher ich kam, desto wärmer wurde es und dann sah ich schon die ersten brennenden Dächer. Unser Haus stand in der Nähe des Marktplatzes, eine große Fläche, auf der an Sonntagen immer die Stände aufgebaut wurden. Im Boden sah man jedes Mal die Löcher, die die Pfähle der Läden in der Erde hinterließen. Der Rauch erschwerte mir die Sicht und ich war die ganze Zeit m Husten, aber in diesem Moment dachte ich nur an meine Familie und nicht an mich. Ich erreichte schwer atmend den Platz und sah unser Haus in Flammen stehen, obwohl Luxtra mich davon abhalten wollte, lief ich zu den brennenden Überresten und suchte in den Trümmern nach meinen Geschwistern und Eltern, doch ich fand nur Vater und Mutter… meine zwei älteren Brüder und meine Schwester konnte ich nicht finden. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt und meine Eltern waren… sie…“ Lissianna stoppte, Tränen liefen ihre Wangen hinunter und tropften zum Teil auf ihre Arme und auf den Holzboden. Sobald die Tropfen aufkamen, wurde ihre Kleidung dort dunkler und sie schluchzte leise. Der Elektroluchs schmuste sich an sie und brummte tröstlich, zumindest hörte es sich für Umiko wie ein Brummen an.
Sie hob schon ihre Hand, um sie auf Lissis Schulter zu legen und wollte gerade etwas sagen, da gab Luxtra ein maunzendes Geräusch von sich und auf einmal sagte Latias: „Warte Umiko, lass sie zu Ende erzählen…“
Überrascht zog die Angesprochene ihre Hand zurück und sah ihrer Partnerin in die gelbbraunen Augen. Im Gesicht einen fragenden Ausdruck, wollte sie wissen: „Aber es geht ihr doch gerade so schlecht und das nur, weil sie mir davon erzählt hat. Ich möchte doch nur, dass sie eine Pause macht, sie ist völlig fertig.“
„Luxtra hat gesagt, dass sie es so wollte. Sie möchte dir unbedingt alles erzählen“, erklärte ihr die Psychodrachin und sah ihr ernst in die Augen. „Bevor du fragst warum, es liegt daran, dass du ihre Freundin bist und deswegen möchte sie es dir sagen, würde sie jetzt aufhören, hätte sie nicht mehr die Kraft dazu es dir zu Ende zu erzählen… hat Luxtra gesagt.“
„Es tut mir leid Umiko, ich wollte dir keine Sorgen bereiten…“, flüsterte sie aufgelöst und hob ihren Blick. Ihre Augen waren leicht gerötet und die Tränenspuren auf ihren Wangen glänzten.
Umiko legte ihren Arm um Lissiannas Schultern und zog sie tröstend an sich.
„Mach dir keine Gedanken wegen mir, wenn es dir hilft, dann erzähl weiter, Freunde sind doch da, damit man sich ihnen anvertrauen kann.“
„Okay… ich fand nur meine Eltern, hatte ich dir ja gesagt, aber hätte ich nicht gewusst, dass es unser Haus war, ich hätte sie nicht erkannt… sie waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Meine Geschwister oder eher gesagt, alle Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt waren verschwunden, ich nehme an, dass sie alle mitgenommen wurden. Die Jungen werden höchstwahrscheinlich zu Soldaten ausgebildet und die Mädchen… darüber möchte ich nicht wirklich nachdenken…“
Umiko ahnte Schlimmes, doch sie ging nicht näher darauf ein, um ihre Freundin nicht zu sehr aufzuwühlen. Sie drückte die Schwarzhaarige noch einmal, meinte dann, dass sie sich auf ihr Zimmer begeben sollten und half ihr auf. Die Dielen knarrten, als sie sich erhoben und Luxtras Krallen erzeugten ein Klicken, immer wenn seine Pfoten den Boden berührten. Geschwächt liefen sie ins Freie und wurden von einem Soldaten aufgehalten, der ihnen befahl, sich zum General zu begeben.
„Kannst du nicht sehen, dass wir kaum noch Kraft haben, wie kannst du da verlangen, dass wir jetzt zu ihm gehen sollen!“, fauchte Umiko den braunhaarigen Mann an, welcher zurückzuckte, aber mit fester Stimme antwortete: „Aber es ist ein Befehl von General Casius, also müsst ihr ihn sofort befolgen! Und wenn ich euch mit Gewalt-“ Er stoppte mitten im Satz, als Luxtra vorsprang, wütend fauchte und Latias ihn durchdringend ansah. Er schluckte und man konnte ihm seine Anspannung ansehen, doch er wiederholte erneut den Befehl und bat sie sogar darum, auch wenn er einen grimmigen Ausdruck im Gesicht hatte.
„Aber ich habe doch schon gesagt-“, fing die Rothaarige wieder an, wurde aber selbst unterbrochen.
„Wir gehen einfach zu ihm, wir können uns keinen Ärger erlauben, nicht in unserer jetzigen Verfassung.“ Lissianna hatte dies gesagt und richtete sich bei ihren Worten ein wenig auf, stützte sich nicht mehr so sehr bei ihrer Freundin ab. Ein wenig zittrig lief sie los, aber nach ein paar Schritten war sie wieder sicherer und sah kurz über die Schulter, um zu sehen ob Umiko ihr auch folgte.
Diese stand aber immer noch wie angewurzelt da und verschränkte widerwillig ihre Arme.
„Ich gehe nicht zu ihm, ich hasse diesen Mann und er kann mich genauso wenig leiden. Ich wüsste nicht, wozu er uns zu sich holen wollte, sofern er uns nicht eine Strafe erteilen möchte.“
„Was haben sie gesagt!?“, rief Umiko und klatschte ihre Hände auf seinen Tisch.
Casius saß gelangweilt auf seinem Stuhl, die Beine überschlagen und seufzte. „Ich habe es doch gerade eben gesagt… Ich habe euch kämpfen sehen, deswegen werde ich euch ab sofort unterrichten, aber und ich sage dass jetzt nur einmal, ich werde es euch nicht so leicht machen, wie eure bisherigen Trainer. Bei mir wird das etwas ganz anderes werden.“ Die Rothaarige schnaubte, ihr passte das ganz und gar nicht. Jetzt sollte sie auch noch von dem Mann unterrichtet werden, den sie am meisten hasste, schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Aber wie es immer war, kam es doch noch schlimmer.
„Aber, wie ihr euch denken könnt, habe ich auch nicht Zeit und Geduld, euch gleichzeitig zu trainieren, da ihr völlig andere Kampffertigkeiten besitzt, von daher werdet ihr getrennt von mir ausgebildet. Während eine von euch bei mir trainiert wird die andere am normalen Training teilnehmen. Also kann man sagen, dass ihr nun das doppelte Trainingspensum erfüllen müsst. Bei mir und bei euren vorigen Ausbildern.“ Umiko klappte die Kinnlade hinunter und Lissianna sah den Mann vor ihr entgeistert an.
„Und wann beginnt unser doppeltes Training?“, fragte sie und Casius gab ihr selbstgefällig die Antwort: „Morgen schon, wann denn sonst?“
„Aber wir sind vom Überfall noch-“, fing die Rothaarige an, wurde aber von ihrem neuen Ausbilder unterbrochen. Kühl sah er sie an, faltete seine Hände und das Kramshef, sein ständiger Begleiter, schien zu grinsen. Und wieder einmal fiel der Rothaarigen auf, wie sehr sie diesen Vogel hasste, nach dem Vorfall mit ihrer fehlgeschlagenen Flucht erst recht. Der Akademie–Leiter erhob sich, ging um den Tisch herum, heute lagen ausnahmsweise keine Blätter oder sonstiges darauf, er war schön gesäubert und der Schwarzhaarige lehnte sich dagegen.
„Denkt ihr etwa, dass ihr im Krieg geschont werdet? Dass eure Gegner warten, bis ihr euch wieder ausgeruht habt? Wenn ja, dann seid ihr ja noch naiver, als ich erwartet hatte. Morgen beginnt das Training, verstanden.“ Er drehte ihnen den Rücken zu und beide begriffen, dass sie lieber gehen sollten. „Ach ja, eine Sache noch“, erwähnte er und die zwei Mädchen drehten sich noch einmal zu ihm um. „Einmal in der Woche werde ich euch beide im Schwertkampf unterrichten, ich werde euch vorher Bescheid sagen, damit ihr auch beide auftaucht.“ Umiko seufzte, nickte und ging Richtung Tür, während ihre Freundin irritiert stehen blieb.
„A-aber warum soll ich im Schwertkampf unterrichtet werden? Ich benutze doch Pfeil und Bogen“, stotterte sie, nachdem sich der Leiter umdrehte und sie kühl anblickte.
„Ihr denkt aber auch nie im Voraus nach oder? Was würdest du denn tun, wenn dir dein Bogen abhandenkommt? Dann braucht man eine Zweitwaffe, ein Schwert am besten, deswegen auch für dich Training mit dem Schwert! Oder versteckst du dich lieber feige?“
„N-nein, Sir. Entschuldigt, dass ich eure Zeit verschwendete!“, erwiderte sie, den Blick starr zu Boden gerichtet. Dann wandte sie sich um und raste regelrecht aus dem Raum, Umiko sah ihr schweigend hinterher.
„Warte einen Moment, bevor du hinaus gehst, Umiko“, befahl Casius und sie wandte sich ihm noch einmal zu. „Ihr werdet morgen beide auf dem Trainingsplatz erscheinen, ich habe beschlossen, euch zuerst einmal gemeinsam trainieren zu lassen, um eure Fähigkeiten genauer beobachten zu können. Sag dies auch deiner kleinen Freundin.“ Das letzte Wort spie er verächtlich aus und die Rothaarige kniff ihre Augen wütend zusammen. Widerstrebend nickte sie aber, sie hatte für einen Tag schon genug Stress gehabt. Da sie nicht vorhatte, länger als nötig bei dem General zubleiben, folgte sie ihrer Freundin hinaus. Diese hatte aber nicht daran gedacht, auf Umiko zu warten und war schon vorausgegangen.
Ihre Partnerin erschien neben ihr und sah besorgt in die Richtung, in die die Schwarzhaarige geflohen war. „Lissianna sah ziemlich verstört aus, was ist da drin geschehen?“
Das Mädchen lief erst ein paar Schritte, bevor sie antwortete, der General sollte ihr Gespräch lieber nicht belauschen.
„Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke es lag daran, dass er sie so zusammengestaucht hat. Oder vielleicht eher wie er sich währenddessen ausdrückte“, erklärte sie und trat mit ihrem Fuß gegen einen kleinen Kieselstein, der über den ausgetrockneten Boden flog und beim Aufprall ein wenig Staub aufwirbelte. Die Rothaarige richtete ihren Blick gen Himmel, der heiße Feuerball stand hoch am Firmament, würde bald den Zenit erreichen, die heißeste Phase des Tages, wie es schon seit einiger Zeit war. Keine Wolken waren am Himmel zu sehen, also strahlte die Sonne unbarmherzig auf die ohnehin schon trockene Erde. Latias schwebte neben ihr her, den Blick zu Boden gerichtet, anscheinend nachdenklich, aber Umiko konnte ihren schnellen Gedanken nicht recht folgen und ließ es bleiben.
Mittlerweile befanden sie sich in dem Flur, der sie zu ihrem Raum führte. Umiko hielt vor der Tür inne, als sie jemanden schluchzen hörte. Es war eindeutig Lissianna, aber die Rothaarige war sich nicht sicher, ob sie ihre Freundin jetzt in der Nähe haben wollte. Vielleicht wollte sie ja lieber alleine sein. Die rote Drächin stupste sie an der Schulter und nickte mit dem Kopf auffordernd Richtung Zimmer. Umiko öffnete die Tür und sah ihre Freundin zusammengekauert auf deren Bett sitzen.
Schnell eilte sie zu ihr und ließ sich neben die Schwarzhaarige sinken, währenddessen flog Latias zu Luxtra und beruhigte den Löwen, der vor Anspannung seine Krallen in den Holzboden geschlagen hatte.
„Hey, was ist denn auf einmal los?“, wollte die Unwissende von ihrer Freundin erfahren.
Diese hob ihren Kopf und aus ihren grüngelben Augen perlten Tränen, liefen ihre Wangen hinunter und tropften auf das Bett und ihre Kleidung.
„Weißt du, der General sagte gerade etwas, das mich an damals erinnerte und da ich dir vorhin erst alles erzählt hatte, ist das Geschehene wieder frisch in meinem Gedächtnis und es schmerzt wieder. Der Verlust meiner Familie, meine Feigheit damals, alles ist wieder da! Und der Leiter in meiner ehemaligen Akademie wies mich daraufhin, wie lausig ich mich verhielt. Anstatt zu kämpfen, habe ich mich versteckt wie ein Kleinkind. Heute fühle ich mich durch Casius' Worte daran erinnert“, klärte Lissianna auf und lehnte sich gegen die Wand. Mit tränenverhangenem Blick starrte sie an die Decke und Umiko saß schweigend neben ihr, suchte nach den richtigen Worten. Die grüngelben Augen ihrer Freundin blitzten auf und sie sah zu ihrem Partner, ein Lächeln umspielte ihr Gesicht. Sie beugte sich nach vorne und nahm ihr Pokemon, welches geschmeidig auf das Bett sprang, in den Arm. Verwirrt saß Umiko daneben, hatte Luxtra das Mädchen aufgemuntert? Fragend warf sie einen Blick zu ihrer Partnerin, doch diese schüttelte ihren Kopf und sagte: „Seine Worte waren nur für Lissianna bestimmt, nicht für uns. Er hat mir auch nichts verraten.“
„Ach so, verstehe. Dann werde ich auch nicht nachfragen, auch wenn es mich wirklich interessieren würde…“
Die Rothaarige sprang vom Bett ihrer Freundin und legte sich stattdessen auf ihr eigenes. Sie streckte sich ein wenig, zuckte aber wegen der Schmerzen in ihrem Körper zusammen. Der Aufprall war schlimmer gewesen, als sie dachte. Nachdem ihr Körper auf den Stuhl geknallt war, war dieser in seine Einzelteile zerbrochen, er war aber auch schon ziemlich alt und das Holz nicht mehr so stabil und es hatten sich außerdem noch Splitter in ihren Rücken gegraben. Latias hatte diese zwar mithilfe ihrer Psychokinese entfernt, aber es tat ihr immer noch höllisch weh.
„Wir sollten uns ein wenig hinlegen, der Tag war doch sehr erschöpfend, ich kann mich kaum mehr auf den Beinen halten“, sagte sie und ihre Freundin nickte zustimmend. Die beiden Mädchen machten es sich einigermaßen bequem, schlossen ihre Augen und schliefen ein.
Am nächsten Tag schoss Umiko plötzlich aus ihrem Bett hoch. Hektisch sprang sie hinaus und überrascht fiel Latias zu Boden. Mit einem wütenden Fiepen gab diese ihren Unmut kund und erhob sich in die Lüfte. Über den Bodendielen schwebend, sah das Pokemon ihrer Partnerin dabei zu, wie diese versuchte die Schwarzhaarige zu wecken. Quengelnd schlug diese erst mal nach der Ursache des Lärms, aber Umiko wich dem Schlag aus und zog dem Mädchen die Decke weg. Raschelnd fiel der Stoff zu Boden und Lissianna, sowie Luxtra hoben mühsam ihre Köpfe.
„Was ist los?“, murmelte Luxtras Partnerin und rieb sich über die Augen. Die Rothaarige hatte sich schon zur Tür begeben, riss diese auf und rief der anderen über die Schulter zu: „Casius hatte gestern verlangt, dass wir uns auf dem Trainingsplatz treffen. Wir sollten uns lieber nicht verspäten, ich will nicht wissen, was er dann mit uns macht, also beeil dich!“ Mit diesen Worten verschwand die Rothaarige, Latias folgte ihr und die beiden ließen eine verdutzte Lissianna und ihren Partner zurück.
„Warte Mal!“, rief diese und stolperte ihrer Freundin hinterher.
Quer rannten die zwei Mädchen über das Gelände und kamen dann leicht schnaufend am Trainingsplatz an. Sofort ließ sich Umiko zu Boden sinken und grinste erleichtert.
„Wir sind anscheinend noch rechtzeitig gekommen, wir waren wohl früh genug wach.“
Lissianna besah sich den Platz mal genauer, sie war, im Gegensatz zu ihrer Freundin, noch nicht hier gewesen. Am rechten äußeren Rand befanden sich die Bogenschießstände, wie es schien. Die runden Ziele standen in einiger Entfernung zu den beiden, aber die Schwarzhaarige erkannte wie abgenutzt die Ziele schon waren. Es schien hier mehr Schützen zu geben, als sie dachte, da kam ihr wieder der blonde Soldat in den Sinn, wie er mit offener Kehle vor ihr zu Boden fiel. Rasch schüttelte sie ihren Kopf und verdrängte die Gedanken an den Gestorbenen. Ein Geräusch ließ sie herumwirbeln, bevor sie sich den Rest des Platzes ansehen konnte. Sie hörte wie Umiko sich erhob und erschrocken keuchte. Wie es schien, waren die beiden doch zu spät gekommen, denn der General saß belustigt grinsend auf einem Stuhl, den er sich zwecks Trainings geholt hatte. Ohne ein Wort zu sagen, warf er ihnen zwei Schwerter zu. Umiko fing ihres leicht auf, während Lissianna lieber einen Schritt zurückging und die Klinge scheppernd auf die Erde knallte. Wütend verzog Casius das Gesicht und schnaubte, sagte aber nichts dazu, sondern ging auf die Rothaarige los. Die Schwerter der zwei knallten aufeinander, aber die Schwarzhaarige konnte sehen, dass es Umiko schwer fiel den Schlägen ihres Trainers standzuhalten. Die Kämpfenden sprangen auseinander, aber der Schwarzhaarige schoss sofort wieder auf das Mädchen zu, die Klinge raste seitlich auf deren Körper zu und die Rothaarige hob schon ihr Schwert, da drehte sich der Mann blitzschnell und äußerst gewandt um sie herum und die Waffe raste von hinten auf sie zu. Unfähig, sich zu rühren blieb die Gelbäugige stehen und Casius stoppte den Schlag kurz vor ihrem Rücken.
Er trat einen Schritt zurück, ließ die Waffe sinken und sagte: „Ich hatte besseres erwartet, aber immerhin schlägst du dich noch besser als einige der anderen Schüler. Aber wenn du eine Weile mit mir trainierst, wird sich das schon bessern, glaub mir.“ Er ging zu Lissianna, reicht ihr aber einen Bogen und kein Schwert.
„Ich will erst sehen, wie du mit deiner Hauptwaffe umgehst, bevor ich dich im Schwertkampf unterrichte.“ Mit einem Finger zeigte er auf die Ziele, die Lissianna vorhin schon entdeckt hatte. „Du wirst auf die Ziele schießen, verstanden. Aber für jeden Pfeil, der nicht trifft, wirst du eine Runde auf dem Platz laufen, hast du das verstanden!“ Das Mädchen nickte, nahm Pfeil und Bogen und schoss. Der erste Pfeil traf ins Schwarze. Mit zitternder Hand nahm sie sich den nächsten Pfeil, legte an und spannte die Sehne. Schon als sie losließ, ahnte sie, dass das Geschoss vorbeifliegen würde und genau das tat es auch. Als sie losließ, war ihr Arm ein wenig zur Seite gezuckt und die Richtung war verändert. Sie verkrampfte zu sehr, aber sie war es nicht gewohnt unter Druck zu stehen, während sie schoss. Gerade griff sie nach dem nächsten Pfeil, da zeigte Casius auf den Platz und sie schluckte, er machte ihr klar, dass sie die Runde nach jedem verschossenen Pfeil rennen musste. Natürlich wäre sie dann erschöpfter, sie würde zittern und mehr Schüsse daneben gehen. Wie viele Runden würde sie wohl heute laufen müssen?
Umiko sah zu, wie Lissianna loslief und seufzte. Vier Jahre lang müsste sie dieses Training noch ertragen und mit zunehmender Dauer, würde es auch noch schwerer werden. Aber wenn sie stark sein wollten, um zu überleben, blieb ihnen nichts anderes übrig.
„Vier Jahre noch…“, murmelte sie und erhob sich, nachdem Casius ihrer Freundin weitere Befehle zurief und sich wieder ihr zuwandte.