Hallo meine lieben Leser!
Hui, dieses Mal sieht man sich also im Profibereich wieder. Danke an Buxi, welcher mich vorgeschlagen hat; ich hätte echt nicht damit gerechnet. ♥
Für dieses Update habe ich euch zwei etwas ältere Kurzgeschichten rausgesucht (damit ein bisschen was in meinem Topic passiert - ich mag es nämlich nicht, wenn es hier so lange ruhig ist...), da meine aktuellen Werke wohl noch etwas Zeit beanspruchen werden. Aber ich denke die beiden Kurzgeschichten hier verschönern das Warten ein wenig. Zumindest hoffe ich das! :3
Carpe diem lehnt sich an den Film ''Dead poets society'' (= Club der toten Dichter) an und erzählt aus dem Leben von Neil, einem Jungen im Alter von 16/17 Jahren. Auch wenn der Titel recht freundlich formuliert ist, handelt es sich bei der Geschichte um eine etwas härtere, tiefgründigere und aussagekräftigere Geschichte, für die man sich einen Augenblick Zeit nehmen sollte, da sie einiges aussagt. Als Autor möchte ich da nicht allzu viel vorschreiben; ich möchte lediglich anmerken, dass es nicht wirklich einfach war, eine solche Erzählung zu beschreiben.
The day after tomorrow lehnt sich im Übrigen ebenfalls an einen Film an, der in diesem Fall den selben Titel trägt (dem ein oder anderen wird demnach vlt. auch das Bild etwas sagen, haha). Hier handelt es sich um... ja, gute Frage, haha. Die Geschichte ist auch relativ aussagekräftig - erst recht, wenn man die Zitate am Ende beachtet (die absichtlich so eingebaut wurden; ich wollte damit den Leser im Nachhinein noch mehr zum Nachdenken anregen).
Alles in allem sind es dieses mal wirklich Geschichten, über die man sich einige Gedanken machen kann, wenn man es denn will. Aus diesem Grund wünsche ich euch auch viel Spaß beim Lesen & ich würde mich natürlich über Rückmeldungen von euch freuen! ♥
~ Liz
Huhu Kleines :3
Ich finde es richtig toll, dass du mein Nebenprojekt mit jedem neuen Kapitel kommentierst! Ich hatte am Anfang nämlich schon Sorge, dass dies gar nicht kommentiert wird. :/ Aber die Sorgen waren ja dank dir vollkommen umsonst, vielen lieben Dank dafür! Die Geschichte ist mir nämlich unglaublich wichtig und deswegen bedeutet es mir auch so viel, dass du immer mit dabei bist. ♥
Die Rückblenden von Lin sind im Übrigen wirklich passiert; ich hab irgendwie gar nicht daran gedacht, dass man es auch als normalen Traum abstempeln kann, hu. xD Aber an sich finde ich es gar nicht mal so schlimm, dass man das als Leser nicht 100% weiß, da wird nämlich ein Umstand wesentlich interessanter in der späteren Handlung, hehe. Aber dazu sage ich natürlich noch nichts.
Nun ja, es kam vielleicht nicht ganz so deutlich rüber, aber Obito und Kakashi schreien sich gerade zu an und Rin ist eben auch anwesend, weswegen es komisch gewesen wäre, hätte Kakashi nur mit Obito geredet. Aber ich verstehe deinen Kritikpunkt nach erneutem Lesen, haha. Hätte ich vlt. wirklich irgendwie anders machen müssen. Aber im Prinzip ist es gar nicht mal so unendlich wichtig in der Situation, imo. ^^ Man weiß ja trotzdem um was es geht.
Ich danke dir wieder für das Lob - es ist mir bei Geschichten wirklich unglaublich wichtig, dass die Charaktere echt wirken und nicht einfach nur in der Geschichte vorkommen. Wenn mir das auch gelingt, bin ich als Autor natürlich umso glücklicher und freue mich demnach über dieses Lob von dir, danke!
Allgemein wieder Liebe an dich für dein Kommi. ♥
Huhu Du! :3
Ein neuer Leser, das freut mich ja jetzt richtig! Ich habe irgendwie auch gar nicht so wirklich damit gerechnet, weswegen ich mich noch umso mehr freue, vielen lieben Dank (ich werd dir sicherlich noch x mal in dem Rekommi danken, lol, einfach hinnehmen bitte x)). Darf man fragen, wie du auf mein Topic aufmerksam geworden bist? Und nun ja, mit dem Kommentieren ist das manchmal so eine Sache, haha, ich zwinge ja niemanden dazu; freuen tut man sich doch dann aber schon immer und eben umso mehr, wenn jemand Neues mit dabei ist, hehew.
Der Titel... also ich hab festgestellt, dass es ein Lied gibt (von Justin Bieber lol), was so heißt. Aber im Grunde habe ich den englischen Titel nur gewählt, weil es sich im Deutschen nicht so aussagekräftig anhört. Außerdem ist 'bodenständig' bzw. 'rational' auch nicht so die direkte Übersetzung, die mir hierbei in den Sinn kam. Von da an kam mir der englische Titel mehr als nur gelegen, dadurch, dass man sich da eben meist auch mehr Gedanken zu machen kann und ich finde, dieses Beispiel zeigt das mehr als nur gut. ^^
Ich danke dir erst einmal für das viele Lob, dass du mir gegeben hast. Es macht mich schon verlegen, wenn du so was wie im letzten Absatz schreibst (^^) aber gleichzeitig freue ich mich auch ungemein darüber, da ich ja genau das bei meinen Lesern erreichen möchte - schließlich hat ja jeder so sein Ziel beim Schreiben; meines ist es eben, bei dem Leser etwas auszulösen und aus deinem Lob entnehme ich, dass mir dies teilweise gelingt. Danke. ♥
Ich habe btw. mit Absicht keine genauen Figuren weiter in der KG erläutert, weil das für mich irgendwie nicht ganz gepasst hätte. Aber anscheinend ist das wohl Geschmackssache, haha, jedoch danke für den Hinweis! Ich denke mal, dass ich schon versuchen werde, dass bei anderen Werken zu berücksichtigen. x) Und jap: das Zitat ist Original.
Vielen lieben Dank für die Fehlersuche (gott, ich sollte keine Texte mehr mitten in der Nacht schreiben, lel x.x). Ist ja schon fast peinlich, haha, was ich da teilweise so geschrieben habe.
Abschließend kann ich dir auch nur nochmals Danke sagen! Ich habe mich echt riesig über deinen Kommentar gefreut. ♥
~ Liz
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[tab=Carpe diem]
Gather ye rosebuds while ye may,
Old time is still a flying,
And this same flower that smiles today,
Tomorrow will be dying.
Robert Herrick
Verstohlen blitzte der Schnee in der Dunkelheit auf. Seine bloße Erscheinung ließ jedes Lebewesen frösteln oder gar vor Kälte erstarren, auch wenn er so samtig weich im Schein der Laternen glitzerte. Das Himmelszelt ruhte grau und von Wolken bedeckt über der bereits schlummernden Welt. Weder der Mond, noch die funkelnden Sterne vermochten durch das undurchdringliche Kleid der Nacht zu blicken. Ein eiskalter Wind rüttelte an den blattlosen Bäumen. Dieses schonungslose Naturschauspiel zerrte die frostigen Kristalle von den Ästen der schweren Bäume, sodass es den Anschein erregte, als würde Schnee zu Boden rieseln.
Doch er spürte die Kälte nicht. Er spürte den beißenden Wind auf seinem bloßen Oberkörper nicht, der durch das geöffnete Fenster stürmte. Die Hände des Braunhaarigen lagen auf dem Fenstersims, die Fingerspitzen berührten die gefrorene Substanz aus Wasser. Seine Seelenspiegel waren geschlossen, lautlos sog er die kühle Luft ein; füllte seine Lungen mit dem lebenswichtigen Stoff. Langsam, fast in Zeitlupe, neigte er sein Haupt nach unten und kniff die Augen zusammen. Noch vor wenigen Minuten hatte man ihm applaudiert, ja, hatte ihn für seine großartige Leistung anerkannt. Er war gut. Sehr gut. Doch sein Vater würde es niemals akzeptieren - und so auch nicht ihn, seinen eigenen Sohn.
Die braunen Augen des Jungen öffneten sich und blickten ausdruckslos auf die Straße. Sie wollten jedoch nichts sehen, er nahm seine Umgebung nicht wahr - wie in einer Trance, blendete er alles aus. Zweifel nagten an seinem Verstand, unterdrückten ihn unter einer Welle von Hoffnungslosigkeit und brachten ihn beinahe dazu, aufzuschreien. Doch er blieb stumm, er presste sogar die Lippen aufeinander und wandte sich vom Fenster ab. Es würde ihm nichts nützen, wenn er seine Familie an seinem Befinden teilhaben ließ. Nein, sie schrieben ihm noch mehr Ungehorsam und Intoleranz zu. Leise rann eine Träne seine Wange hinunter, sein Traum; sein Leben - alles lag in anderen Händen, wurde von seinem Vater bestimmt. Was war falsch daran, für das zu kämpfen, was man selbst als richtig erachtete?
Kurz blickte sich der Braunhaarige noch in seinem Zimmer um - alles stand ordentlich an Ort und Stelle; seine Schlafsachen warteten zusammengelegt, darauf von ihm angezogen zu werden - bevor er seinen Raum verließ. Er würde sie nicht anziehen und sich schlafen legen, um am morgigen Tag festzustellen, dass sein trübseliges Dasein weiter voranschritt. Lautlos stieg er die Treppen hinab, wohl darauf bedacht keinen Laut von sich zu geben, um ein Aufwachen seines Vaters zu vermeiden. Das Haus lag dunkel vor ihm, alles brachte gespenstische Schemen hervor und lud dazu ein, sich die gruseligsten Gestalten vorzustellen. Doch das interessierte den Jungen nicht, unbeeindruckt schlich er in das Arbeitszimmer seines Vaters.
Im Schein der Laternen glitzerte der kleine Schlüssel für das Schubfach des Schrankes. Er hatte seinen Vater oft genug gesehen, als er den silbernen Identifikator aus seinen Versteck geholt und etwas in der Schublade verstaut hatte. Wahrscheinlich war es ungewollt geschehen aber immerhin bereitete ihm das Suchen nun keine Schwierigkeiten. Vorsichtig zog er an dem goldenen Griff. Es hakte ein wenig, was wohl ein Zeichen für seltenes Benutzen war. Die braunen Seelenfenster sahen angestrengt hinein, die Dunkelheit gestaltete es schwierig, etwas zu erkennen. Als er gefunden, was gesucht, hob er es hoch und nahm es in die Hand, das Schubfach ließ er einfach offen stehen, als er an den Schreibtisch ging. Auf dem Weg entschied sich der Junge allerdings noch dazu die Stehlampe einzuschalten. Er mochte die Dunkelheit nicht. Normalerweise hätte es ihm einen Schauer über den Rücken gejagt oder mindestens eine Gänsehaut, wenn er sich einfach so an das kühle Leder des Schreibtischstuhles gelehnt hätte. Doch nun? Nein, es interessierte ihn genauso wenig wie der beißende Wind - die Kälte existierte anscheinend gar nicht. Oder war es ganz einfach nur die elementare Kälte, die er ausblendete?
Sacht legte er das eingewickelte Objekt auf den Tisch und betrachtete es für einen Moment, dabei glitten seine Gedanken zu seinen Freunden, zu den letzten Tagen, zu dem, was ihm gesagt worden war - er solle den Tag nutzen, für das kämpfen, was ihm wichtig war. Doch wie sollte er für etwas kämpfen, was man ihm untersagte? Wie sollte er sich gegen den eisernen Willen seines Vaters wiedersetzen, wenn dieser ihm nun mitgeteilt hatte, er würde seinen Sohn auf eine Militärschule schicken, weil er sich als ungehorsam entpuppte? Er wollte doch nur schauspielern, wollte nur das tun, was er wirklich gut konnte. Wieso verbot man es ihm? Er hatte nur Einsen in der Schule, doch nicht einmal das schien seinen Vater stolz zu machen. Wieder rann eine Träne stumm die Wange hinunter und landete im Schoß des Jungen. Er sah einfach keinen Sinn mehr darin. Er sollte den Tag nutzen? Nun, einmal würde er ihn noch nutzen. Ein letztes Mal.
Das trübe Licht einer alten Stehlampe flackerte in einer Ecke vor sich hin. Sie warf lange, verzerrte Schatten auf den Boden und an die Wände. Alles wurde von einer erdrückenden Stille heimgesucht, nur das monotone Ticken einer antiken Uhr war zu vernehmen. Der Schreibtisch ragte inmitten des Raumes empor, flankiert von einer gelben, fast verwelkten Stechpalme. Der Stuhl stand ungewöhnlich weit weg vom Tisch, als hätte ihn jemand beiseite geschoben. Auf der gegenüber liegenden Seite thronte ein großer Schrank, dessen Schubfach geöffnet den Weg zur Tür versperrte. Dies war ebenso ungewöhnlich. Normalerweise achtete man in diesem Haus strikt auf Ordnung und eine geöffnete Schublade zählte definitiv zu den Dingen der Unordung. Warum jedoch die anmutige Stechpalme bei der ganzen Systematik einging, war schleierhaft - oder etwa doch nicht?
Betrachtete man den Schreibtisch genauer, so fiel einem das chaotische Durcheinander auf; jemand musste den Papierstapel umgestoßen haben, der auf der linken Seite neben den Akten gelegen hatte, denn die einzelnen Bätter lagen kreuz und quer verteilt auf der Oberfläche; einige waren sogar bis auf den Boden gesegelt. Inmitten der Blätter lag ein seidenes Tuch. Etwas war darin eingewickelt gewesen, etwas, was viel wert gewesen sein musste, denn mit solch einen Textil schütze man Dinge vor Beschädigungen. Doch von dem Gegenstand fehlte jede Spur.
In der Luft schwebte eine graue, fast durchsichtige Nebelschwade - unheimlich. Kam man dieser näher, roch es nach Schrot. Niemand hätte die Frage nach dem 'Warum?' beantworten können, hätte man nicht den leblosen Körper des 17jährigen auf dem Boden gefunden...
[tab=The day after tomorrow]
„Retten Sie soviele wie Sie können!“
Panisch weiteten sich die Augen eines Mannes in dickem Schneeanzug, als er zum Horizont blickte. Eine riesige weiße Wand türmte sich vor ihm auf. Kein Wind zerrte mehr an seiner Kleidung und auch kein Schnee trübte seine Sicht. Binnen weniger Sekunden klarte sich die Luft auf und gab dem Wissenschaftler die Gewissheit, sich im Auge des Hurrikans zu befinden. Über ihm offenbarte sich ein eisblauer Himmel. Lange Zeit hatte er jenen nicht mehr erblicken können. Man könnte meinen, er habe vergessen wie das Himmelszelt aussah, zu fasziniert starrte er in die Höhe. Eingesäumt von Säulen, die sich flauschig und lieblich in die Höhe rankten. Es ähnelte einem Vulkankrater, nur aus Wolken. Doch so friedlich es auch aussehen mochte, es war das Todesurteil - sein Todesurteil, sollte er noch weitere Sekunden verschwenden und zum Himmel empor sehen. Schneller als er jemals in seinem Leben gerannt war, versuchte er einen Unterschlupf zu finden. Ihm blieben nur noch wenige Sekunden, bis die alles vernichtende Kälte ihre eisigen Hände nach ihm ausstrecken würde. Nun, es wäre wahrscheinlich auch erheblich leichter, für das eigene Überleben zu sorgen, wenn man nicht einen bewusstlosen Kameraden im Schlepptau hatte. Doch würde er ihn niemals zurück lassen; er war nicht nur ein Kamerad, sondern auch ein guter Freund, den er nun schon seit mehr als 15 Jahren kannte. Auch wenn viele Menschen in Zeiten der größten Not egoistisch wurden und nur noch an sich selber dachten, so gab es auch noch ein Hand voll, die für das Überleben eines jeden anderen kämpften. Bis zum letzten Tag, der ihnen bleiben würde.
Verzweifelt zerrte der Mann am Saum der Jacke des anderen. Verdammt! Sie hatten keine Zeit mehr, das Auge des Hurrikans war bereits direkt über ihnen. Unsanft und fast schon störrisch schleppte er sich und seinen Freund voran. Es war nicht leicht, denn die schwere Ausrüstung, die sie trugen, hatte einiges an Masse, was das Voranschreiten als sehr schwer gestaltete. Doch konnte man zu dieser Zeit nicht ohne warme und dicke Kleidung im Freien überleben, schließlich suchte die Welt eine neue Eiszeit heim. Und eben diese kalte Naturerscheinung löste der Hurrikan aus. Schier unglaublich kalte Luft gefrierte in Sekundenschnelle alles ein – man hatte keine Chance, es zu überleben.
Da! Ein kleiner Schacht, der zu einem ehemaligen Haus führte. Man konnte nicht erkennen, was genau es für einen Unterschlupf darstellte, da Tonnen von Schnee überall in der Gegend auf dem Boden, auf Hausdächern – ja, auf all erdenklichen Gegenständen – lag. Nichts war so, wie es einst ausgesehen hatte. Die Landschaft war lediglich eine weiße Ebene. Doch sollte der Schacht die Rettung sein? Es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Schnell trat er das Gitter ein, welches zum Schutz diente. Grob packte er seinen Freund und schmiss in regelrecht hinunter in den schützenden Raum. Mit einem Seitenblick registrierte er, dass eine im Wind wehende, amerikanische Flagge zu Eis erstarrte. Mitten in der Bewegung fror sie ein. Mit vor Schreck geweiteten Augen sprang er ebenfalls hinunter in den Raum. Ein helles und knirschendes Geräusch erklang, als die Eiseskälte immer weiter vordrang und alles zu Eis erstarren ließ. Die Wände des Unterschlupfes wurden stahlhart, viele kristallartige Muster bildeten sich und die Temperatur sank drastisch. Der Mann versuchte, ein Feuer zu entfachen. Die winzige Flamme züngelte gen Decke. Würde sie den Kampf gegen die Kälte verlieren? Er spürte, wie der eiskalte Tod nach ihm zu greifen versuchte. Er würde nicht aufgeben! Immer wieder fächerte der Mann dem Feuer Luft zu. Doch mit zunehmender Zeit, wurde es immer kleiner …
Zurückgeblieben. Das waren lediglich sechs Menschen und ein Hund. Der Rest war hinaus gegangen, in den sicheren Tod gestürmt. Und jener hatte sie auch mit offenen Armen empfangen. Aber war es nicht ihre eigene Schuld? Sie wurden doch gewarnt. Man wollte sie vor der Eiseskälte schützen! Allerdings waren sie zu ängstlich und unvorsichtig, um auf die wahren Worte eines jungen Mannes zu hören. Er hatte ihnen darüber berichtet, was der Eishurrikan anrichtete. Er hatte versucht, sie vor dem Tod zu bewahren. Erfolglos. Sie waren gegangen.
Nun saßen nur noch die sechs Menschen in der alten Bibliothek und versuchten ihr Überleben zu sichern. Im Kamin flackerte ein schwaches Feuer, was mit Stühlen, Büchern – natürlich das Steuerrechtgesetz gleich als Erstes – und mit all erdenklichem Material, was gut brannte, gefüttert wurde. Sie selbst waren eingewickelt in warmen Decken und ihre Kleidung hatten sie mit Zeitungspapier, sowie Buchseiten ausgestopft. „Es hält die Wärme direkt am Körper. Es lässt die Wärme demnach auch nicht entweichen. Ich muss es schließlich wissen, ich habe mehrere Jahre auf den Straßen New York’s gelebt!“, meinte ein Mann mittleren Altes, als er gefragt wurde, weswegen er dies tat. Kurze Zeit später beschäftigte sich auch jeder andere mit dem Vorhaben, seine Kleidung auszustopfen.
Mittlerweile waren alle zur Ruhe gekommen. Sie saßen oder lagen auf den vorhandenen Sesseln und hörten der Stille zu. Welch Ironie sich doch dahinter verbarg. Würden sie sich nicht in dieser Lage befinden, dann hätten sie es auch nie verstanden, wie man der Stille zuhören konnte. Allerdings wurde eben diese Ruhephase abrupt unterbrochen.
„Sie hat hohes Fieber und sie ist heute Morgen auch nicht aufgewacht!“, die panische Stimme einer Frau ertönte. Sofort standen alle Anwesenden besorgt um das junge Mädchen, welches angespannt in einer Decke eingewickelt auf der Couch lag.
„Gestern ging es ihr doch noch gut?“
„Ja, gestern haben wir auch noch ein normales Leben geführt. Man sieht ja, was innerhalb von einem Tag passieren kann!“, entgegnete ein etwas älterer Herr.
„Ich verstehe das nicht. Sie meinte nur, dass sie sich die Tage irgendwie am Bein verletzt hat“, sprach die blonde Frau weiter, ohne auf die sarkastische Äußerung des Mannes einzugehen. Just in diesem Moment sahen sich Sam und die Frau in die Augen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schlugen sie die Decke beiseite und krempelten die Hose hoch. Was sie erblickten, ließ sie erstarren. Die vermutet ‚kleine‘ Verletzung wurde von schwarzen Blutlinien umrandet.
„Eine Blutvergiftung.“ Die Äußerung blieb offen im Raum stehen.
Hysterisch blätterte die Blondine in einem kleinen Buch rum. Woher sie das genau hatte, wusste man in diesem Moment nicht, allerdings war es allen auch herzlich egal. Wie sich herausstellte standen allerlei Krankheiten, sowie deren Gegenmittel darin beschrieben.
„Sie braucht schnellstmöglich Penizillin, sonst …“
Die Blondine brauchte nicht weiter sprechen. Alle Anwesenden verstanden diese klare Äußerung, daher versuchten sie auch fieberhaft nach einer Lösung zu suchen. Doch wo sollte man in solch einer katastrophalen Zeit Penizillin herkriegen? Und dann auch noch in einer Bibliothek? Ratlosigkeit übermahnte Sam. Sie war das Mädchen, welches er mehr als nur mochte. Er konnte es nicht mit ansehen, wie sie dort lag und fieberhaft um ihr Überleben kämpfte. Würde er nicht schnell handeln würde sie das nicht überstehen. Verzweifelt blickte er in das Kaminfeuer.
„Das Schiff…“, murmelte der Hundebesitzer in seinen Mantel. Sam’s braune Augen schossen in seine Richtung. Das war es!
Zugegeben, es war moralisch undenkbar, dass ein Schiff – genauer gesagt ein riesiger Frachter, der unter normalen Umständen nur im Ozean anzutreffen war – mitten in New York verweilte. Doch hatte das Wetter die riesige Flut, die die große Stadt erst vor kurzem überrollt hatte, zu Eis erstarren lassen. Es musste also geschehen sein, als die gewaltigen Wassermassen sich in New York verbreiteten. Und danach war es kälter geworden, so kalt, dass die Wasseroberfläche zu einem festen Untergrund erstarrte.
Sam war nicht allein zum Schiff gelaufen – nein, er hatte zwei Begleiter, über die er im Nachhinein betrachtet auch mehr als froh war. Schnell hatten sie das Arzneimittel im riesigen Frachter gefunden, doch wurden sie ebenso schnell durch ausgehungerte Wölfe überrascht. Ihnen blieb nicht die Zeit darüber nachzudenken woher genau diese Tiere eigentlich gekommen waren, denn sie griffen bereits an. In einem chaotischen Durcheinander, was zwischen Leben und Tod entscheiden würde, schafften es die Drei den ausgehungerten Tieren zu entkommen. Allerdings nicht, ohne Verluste. Sams Freund wurde dabei verletzt – die Wölfe hatten sich in seinem Bein verbissen.
Schwerfällig versuchte die Drei nun zurück in die Bibliothek zu kommen. Vor Anstrengung erschöpft liefen sie durch den hohen Schnee, bis sich ihre Sicht auf einmal aufklarte. Abrupt blieb Sam stehen. Verwirrt sah er sich nach allen Seiten um, bis er mit weit aufgerissenen Augen in den Himmel sah: riesig aufgetürmte Wolken, die einem Vulkankrater glichen, rankten sich in den Himmel empor. Ein eisblaues Himmelszelt glitzerte ihnen entgegen.
Sie befanden sich im Auge des Hurrikans.
„Lauft!“
Durch die von Angst erfüllte Aufforderung rannten sie los; Sam stützte seinen verletzten Kameraden. Zusammen humpelten sie durch den Schnee, hinein in das Haus. Um sie herum gefror alles in Sekundenschnelle zu Eis. Nie hätte Sam daran gedacht, dass die Auswirkungen des Hurrikans so schrecklich waren. Mit zusammengebissenen Zähnen schleppte er seinen Freund voran; nicht aufgeben! Nicht aufgeben. Als sie bei den anderen ankamen, konnte man in deren Augen ebenfalls Panik und Angst erkennen. Mit der letzten Kraft, die Sam aufbringen konnte, versiegelte er die Tür. Nur, damit sie nach kurzer Zeit zu einer stahlharten Eiswand wurde…
Verbissen kämpften sich die zwei Männer voran. Gerade hatten sie New York erreicht und waren nun auf der Suche nach der Bibliothek – dort wo sein Sohn, Sam, sein sollte. Nach wenigen Metern blieb einer der beiden stehen. „Jack. Ich glaube nicht, das wir Sam finden werden…“
Kopfschüttelnd lief besagter Mann weiter. Nein! Er hatte es versprochen …
„Jack… Laut des Gerätes müsste die Bibliothek genau hier sein.“
Verzweifelt blieb er stehen. Sie standen von riesigen Hochhäusern eingekesselt auf einem schneebedecktem Hügel. Sie muss genau hier sein… genau hier. Langsam schloss Jack die Augen. Bilder der Vergangenheit schoben sich in sein Gedächtnis. Sam und er im Urlaub. Sam und er bei ihrem ersten Fußballspiel. Und Sams verzweifelte Stimme am Telefon, als er seinen Sohn vor dem Hurrikan gewarnt hatte. Schlagartig sah Jack wieder nach vorn und ging weiter. Er lebt. Ich weiß es einfach!
Er lief den Hügel hinunter und drehte sich nach seinem Freund um, der direkt hinter ihm stand und einen mitleidigen Blick durch die dicke Schneebrille äußerte. „Sieh doch!“ – er drehte sich ebenfalls um. Sie muss genau hier sein. Ja, natürlich. Sie ist ja auch hier!
Vollkommen im Schnee versunken stand die Bibliothek da. Jack und sein Begleiter waren über das Dach des Gebäudes gelaufen, kein Wunder, das sie die Bibliothek nicht erblicken konnten!
Im Inneren war alles vereist. Mit einer Taschenlampe bewaffnet schritten die beiden Männer durch die Gänge. Unter ihren Füßen knirschte es leise, die einzige Geräuschquelle. Es war vollkommen ruhig um sie geworden, gespenstisch und verlassen wirkte das Innenleben der einstigen Bibliothek. Jacks Mut sank mit jedem Schritt den er nach vorn tätigte. Kam er zu spät? Hatte er sein Versprechen, seinen Sohn hier rauszuholen, nicht einhalten können?
Plötzlich versperrte eine dicke vereiste Tür ihnen den Weg. Man konnte ein schwaches Licht durch den winzigen Spalt am Boden erkennen. Vorsichtig stieß Jack die Tür auf. Ein schwaches Kaminfeuer knisterte vor sich hin. Auf dem Mobiliar saßen und lagen einige Menschen. Ihre Augen waren geschlossen. Mit der Taschenlampe beleuchtete Jack jedes ihrer Gesichter, bis er schließlich bei einem vertrauten hängen blieb.
Durch das plötzliche grelle Licht blinzelten einige der Personen. Der alte Mann sah verwundert zur Tür. „Wer – Wer ist das?“
Sam, der in einer Decke eingekuschelt an der Wand gelehnt saß, sah ebenfalls auf. Ein erleichtertes und frohes Lächeln umspielte seine Lippen, ehe er antwortete.
„Mein Vater.“
„In den letzten Tagen mussten wir mit ansehen, wie hunderte Menschen auf Grund der neuen Eiszeit ihr Leben verloren haben. Und das nur, weil wir Menschen immer der Überzeugung waren, wir könnten die Welt nach unserem Willen formen – doch das war ein riskanter Fehler. Mutter Natur hat uns gezeigt, dass die Erde vollkommen unberührt von unserem Denken und Handeln existiert. Wir müssen uns ihrem Willen und ihrer zerstörerischer Kraft beugen. Nicht der Planet muss mit uns leben, nein, wir müssen mit all den Wundern und Problemen auf dieser einzigartigen Welt klar kommen – denn wir haben nur diese Eine.“ – unbekannt (ich)
„Es gibt Überlebende.“ – „Danke, das … ist eine gute Nachricht.“ – Präsident zum Vorsitzenden des Natur- und Wissenschaftsrates
„Die zerstörerische Gewalt der Natur, die wir in den vergangenen Wochen miterleben mussten, hat uns alle mit tiefer Demut erfüllt. Viele Jahre haben wir geglaubt, uns der natürlichen Ressourcen unseres Planeten uneingeschränkt zu bedienen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Wir haben uns geirrt. Ich habe mich geirrt.
Die Tatsache, dass ich hier auf ausländischem Bode zu Ihnen spreche, ist Zeugnis unserer veränderten Realität. Nicht nur wir Amerikaner, sondern auch viel andere Menschen auf der Erde sind nun Gäste in den Ländern, die wir einst als Dritte Welt bezeichnet haben. Sie nahmen uns in Zeiten der Not bei sich auf und gewährten uns Schutz.
Und ich empfinde tiefe Dankbarkeit für ihre Gastfreundschaft.“ – Präsident in der Rede an die Bevölkerung
„Sieh dir das an!“ – „Was?“ – „Die Luft war noch nie so klar…“ – Astronauten im Spaceshuttle
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