@MarieAntoinette @Sheogorath @Paya @Rusalka @southheart
19:
Der lodernde Kommandanten
„Eines
noch, bevor du gehst.“
Eine
wichtige Sache musste Sigurd noch klären, ehe der neue Ritter
wegtrat.
„Nun
wüsste ich gerne, was es mit dem auf sich hat, was zu vorhin gesagt
hast. Du sprachst von einer Karte der Schattenkrieger, wenn ich mich
nicht irre.“
Man
konnte die Neugierde deutlich aus seiner Stimme heraushören, doch
das war nur allzu verständlich.
„Ich
hatte noch nicht vor zu gehen.“, erwiderte Cedric den Vorwurf, sich
aus dem Staub zu machen, ohne sein Wort zu halten.
„Dann
sag, wo befindet sich eine solche Karte.“
Cedric
schaffte es gerade so, sein Grinsen zu kontrollieren.
„In
meiner Tasche.“, triumphierte er und sah Sigurds Augen aufleuchten,
als er kurz darauf das zusammengerollte Pergament hervor holte.
„Ich
habe sie einem jungen Schattenkrieger abgenommen, den ich auf seinem
Fluchtweg abfangen konnte. Sie wollten sie vor dem Orden in
Sicherheit bringen.“
„Zeig
her.“, forderte er mit ausgestrecktem Arm.
Cedric
wartete geduldig ab, während Sigurds Augen sorgfältig das Pergament
inspizierten und dabei langsam größer und größer wurden. Mit
aufgewühltem Blick sah er schließlich auf.
„Deine
erste Tat als Ritter kann sich wahrlich sehen lassen. Wenn die
Informationen dieser Karte stimmen, dann haben wir einen enormen
Vorteil gegen unseren Feind. Dass wir diese Karte in die Hände
kriegen, war definitiv das letzte, was die Schattenkrieger gewollt
hätten.“
Cedric
lächelte Stolz.
„Wie
wirst du diesen Vorteil ausnutzen?“
Grübelnd
kratzte sich der Anführer am Kinn und schien sich dessen noch nicht
wirklich sicher zu sein.
„Das
werde ich noch entscheiden. Ich treffe keine voreiligen
Entscheidungen.“
„Wir
warten also zunächst ab?“
Cedric
war nicht wirklich erfreut über diese Passivität, doch Sigurd
belehrte ihn prompt.
„Ein
gelungener Zug muss wohl überlegt sein. Unser Problem im Kampf gegen
die Schattenkrieger besteht aus zwei Hälften. Nummer eins: wir
kennen ihren Standort nicht. Hier zumindest werden uns diese
Informationen von Nutzen sein.“
Erst
jetzt blicke er von der Karte auf und sah Cedric eindringlich an.
„Nummer
zwei: wir wissen noch nicht, welche Waffe sie noch in der Hinterhand
versteckt halten. Ein zu ungestümes Vorgehen kann meine Männer
leicht ins offene Messer laufen lassen.“
Dem
hatte Cedric nichts entgegenzusetzen. Genau genommen war dies auch
nicht seine Absicht. Er sah schnell ein, dass Sigurd sein Handwerk
als Anführer und Stratege sicherlich exzellent beherrschte. Aber
eine Sache machte ihn Neugierig.
„Welche
Waffe? Was meinst du damit?“, fragte er mit erhobener Augenbraue.
Er
war sich nicht sicher, ob Sigurd das beabsichtigt hatte, aber Cedric
hatte herausgehört, dass der oberste Ritter noch mehr wusste. Doch
der winkte ab.
„Du
erfährst alles wichtige noch. Geh nun, ich habe mich jetzt um einige
Dinge zu kümmern. Wende dich an Kecigor, um dich in der Burg zurecht
zu finden.“
Mit
einem gehorsamen Nicken wandte Cedric sich ab, schulterte sein
Schwert und bedeutete Komura, der still neben ihm stand, mit einer
kurzen Handbewegung, ihm zu folgen. Sigurd widmete sich sogleich
wieder einigen Schriften auf seinem Arbeitstisch. Erst als sein neuer
Ritter das untere Ende Ende der Treppe erreicht hatte und Richtung
Tor nach draußen ging, erlaubte er sich, ihm nachdenklich hinterher
zu sehen.
Er
hatte einen jungen, vielversprechenden Mann für seinen Orden
gewonnen. Die wenigsten hatten ihn gleich bei ihrer Aufnahme so
beeindrucken können. Zudem schien er von seiner Persönlichkeit sehr
vielschichtig zu sein. Er war sehr interessiert, zu sehen, wie er
sich machen würde. Vielleicht würde er ihm für seine erste
Trainingseinheit jemand besonderen zuordnen. Keine schlechte Idee,
wie er so darüber nachdachte. Davon würde er sich einiges
Versprechen.
Wieder
von warmen Sonnenstrahlen empfangen traten Cedric und Komura ins
Freie. Sich genüsslich streckend passierte er die Torwache und ging
entspannt die Treppe hinab. Während er dabei erneut das Innere der
Burg betrachtete, merkte er, wie er diese Plötzlich ganz anders war
nahm. Verständlich, wie ihm klar wurde. Immerhin war dies ab sofort
ihr zu Hause. Das erste Heim seit Jahren.
Wie
ihm geraten wurde, würde er sehr zeitnahe die Schmiede aufsuchen, um
sich um seine Rüstung zu kümmern. Da er aber drüben bei den
Pokémon ein Lohgock und direkt darauf Kecigor aus der Ferne erkennen
konnte, stellte er dieses Vorhaben an zweite Stelle und ging
stattdessen zu ihnen rüber.
Razton
bemerkte ihn zuerst, da sie in seiner Blickrichtung auf ihn zukamen.
Kecigor bemerkte die Beiden etwas später, strahlte aber übers ganze
Gesicht, als er sie erblickte.
„Hey.“,
rief er erfreut.
„Da
wären wir wieder.“, verkündete Cedric.
Kecigor
betrachtete die Waffe auf Cedrics Schulter. Kombinierte man diesen
Anblick mit seinem zufriedenen Ausdruck, kam man schnell zu einem
Schluss. Ähnlich wie neulich in Toldus, als sie sich das erste Mal
begegneten, straffte er seine Haltung und legte die Faust auf den
Brustkorb.
„Willkommen
in unseren Reihen, Kamerad.“
Auch
Razton vollführte die Geste und knurrte freundlich.
Cedric
winkte lächelnd ab.
„Können
wir einfach so miteinander reden wie bisher? Das fühlt sich
irgendwie komisch an.“
„Du
wirst dich dran gewöhnen. Solche Kleinigkeiten bringt der Rang mit
sich, besonders wenn du in fremden Städten bist.“
Cedric
dachte an den Moment zurück, als sie sich in Toldus begegnet waren.
Künftig würde seine Erscheinung wohl ähnlich viel Aufmerksamkeit
bekommen. Allerdings nur wenn...
„Ich
werde erstmal zum Schmied gehen, wegen einer Rüstung für mich.“
„Mhm.“,
nickte Kecigor prompt.
„Hättest
du danach etwas Zeit, mir alles in der Burg hier zu zeigen?“
„Können
wir machen.“
Ein
dankendes Lächeln. Dann wandte er sich zu Komura.
„Was
meinst du, willst du erstmal hier bleiben? Dich mich den anderen
Pokémon bekannt machen?“
Das
angesprochene Feuerpokémon sah sich einen Moment um und Cedric
könnte schwören, dass sein Blick einen Moment lang an einem
ruhenden Vulnona hängen geblieben wäre. Komura stimmte ein.
Die
Pokémonstation hatte selbstverständlich auch einen Betreuer,
Bertram war sein Name. Eine entspannt wirkende Person
fortgeschrittenen Alters. Cedric übergab Komura in seine Obhut und
marschierte mit Kecigor zur Schmiede hinüber.
„Und
wie findest du deine neue Waffe?“
Ohne
zu stoppen nahm Cedric sein Schwert von der Schulter und streckte es
empor, gestattete sich, die Eleganz dieser Klinge ein weiteres Mal zu
bewundern.
„Es
übertrifft alle meine Erwartungen.“
„So
soll es auch sein.“, sagte Kecigor und lächelte.
„Was
es mit der Schmiede auf sich hat, weißt du bereits, oder?“
Er
fuhr sogleich fort, als Cedric nickte.
„Jeder
von uns erhält von unserem Gott ein Schwert, dass perfekt zu ihm und
seinem Kampfstil passt. Dafür sorgt die Magie in Ho-oh's Flamme. Das
besondere ist, dass niemand sonst, diese Waffen benutzen kann.“
Ein
verdutzter Blick.
„Wie
meinst du das?“
Kecigor
packte den Griff seines eigenen Schwertes, welches er nach wie vor am
Rücken trug, zog es aber nicht.
„Du
hast gesehen, dass es mir trotz der Größe keine Probleme bereitet,
diese Klinge führen. Jeder andere Mensch würde sich nur beim
Versuch, es zu stemmen, einen Bruch heben.“
Verblüfft
hob Cedric eine Augenbraue. Natürlich erinnerte er sich gut daran,
wie eindrucksvoll Kecigor dieses Schwert umhergewirbelt hatte. Damals
hatte er es auf eine Kombination von leichtem Material und gutem
Training geschoben. Diese neue Information war er bereit zu testen.
„Hier.“,
sagte er und streckte ihm seinen Griff entgegen.
„Das
würde ich gerne sehen.“
Kecigor
presste die Lippen aufeinander.
„Wenn
es sein muss, dann quäle ich mich halt kurz für deine Neugier.“
So
nahm er es entgegen. Überraschenderweise konnte er es ohne Probleme
stemmen, lies es jedoch schon eine Sekunde später wieder panisch
los.
„Ah,
verdammt!“
Mit
dumpfen Ton fiel die Waffe auf den Erdboden.
„Was
ist?“
„Glaub
mir oder nicht, aber das Ding ist glühend heiß.“
„Heiß?“,
fragte er skeptisch.
„Hab
ich gestottert?“
Cedric
hob es auf und tastete Griff, Parierstange und Klinge ab. Es war ganz
kühl.
„Und
wie war das jetzt mit dem Gewicht?“
Kecigor
zog den Handschuh, den er unter seiner Rüstung trug, von den Fingern
und pustete sachte auf seine Hand.
„Was
weiß ich. Es ist ja nicht so, als würden wir alle die Schwerter des
anderen nehmen, um zu schauen was passiert.“, erwiderte er leicht
genervt. Offenbar hatte das wirklich weh getan, immerhin, hatte er
bislang immer sehr souverän gewirkt. Mit einem Male kam ihm in den
Sinn, dass Sigurd zuvor das Schwert nicht ein einziges Mal direkt
berührt hatte. Nun war klar, aus welchem Grund.
„Okay,
tut mir leid. Geht es?“
Kecigor
bewegte seine Finger ein bisschen.
„Ja,
alles in Ordnung.“
Nach
dieser kurzen Einlage steuerten sie ihr eigentliches Ziel an.
Figrolf
war ein Schmied, wie man sich ihn vom Erscheinungsbild vorstellte.
Fortgeschrittenes Alter – Cedric schätzte ihn auf etwa fünfzig,
kaum noch Haar auf dem Haupt, dafür ein Vollbart in Braun und Grau.
Sein Blick wirkte recht grimmig, vielleicht waren es aber auch
einfach die Falten in seinem Gesicht, die ihn so erscheinen ließen.
Wie bei jedem Schmied bestand die Arbeitskleidung aus einem leichten
Hemd, welches ordentlich Schmutz aufgefangen hatte und einer dicken
grauen Schürze. Die beiden Besucher stimmten ihn offenbar mürrisch.
„Ah,
schon wieder ein paar Jungspunde, die einem geschundenen Mann harte
Arbeit abverlangen müssen.“, maulte er und blickte dann auf
Cedric.
„Dich
hab ich hier allerdings noch nie gesehen.“ und trat an ihn heran.
Seine Körperhaltung war straff und gerade, dennoch war er gut einen
halben Kopf kleiner als Cedric. Auch wenn sein Körperbau kräftig
war, einen imposanten Eindruck machte er trotzdem nicht.
„Bin
auch gerade erst angekommen.“, sagte er.
„Mein
Name ist Cedric. Ich wurde eben in den Orden aufgenommen.“
Er
erhielt nur ein eher gelangweiltes Nicken.
„Verstehe,
wieder einer mehr, der ausgerüstet werden darf. Ich bin ja froh,
dass ich mich nur um eure Rüstungen kümmern muss. Kämen noch die
Schwerter hinzu, wäre dieser Körper schon vor Jahren
zusammengeklappt.“
Er
schien das Nörgeln fast schon zu genießen, während er sich an
einem Wassereimer die Hände säuberte und anschließend auf Cedric
zukam. Er war überraschend klein, etwa einen halben Kopf tiefer,
obwohl Cedric Normalgröße hatte.
„Dann
lass mich mal sehen, was du brauchst.“, murmelte er und zog Cedrics
Arm zu sich, sodass dieser gerade vom Körper weg zeigte.
Anschließend tastete er mit flachen Händen seinen Torso ab, als
wolle er prüfen, ob er Schmuggelware oder so in der Kleidung
versteckt hat.
„Was
wird das, wenn's fertig ist?“, fragte er gereizt. Dass man ihn so
plötzlich anfasste, mochte er gar nicht.
„Quatsch
nicht, Bursche. Wenn ich dir schon die beste Rüstung deines Lebens
schmiede, lass mich wenigstens dafür sorgen, dass sie dir perfekt
passt.“
Cedric
sah hilfesuchend zu Kecigor.
„Ist
das normal?“
„Glaubs
oder nicht, aber das reicht ihm schon, um abzuschätzen, welche Größen er für deine Rüstung braucht. Du kannst darauf
vertrauen, dass sie wie angegossen passen wird.“
Der
Schmied fixierte Cedric wieder direkt, nach wie vor grimmig blickend.
„Das
will ich meinen. Schließlich rüste ich diese Truppe schon lange
genug aus und beherrschte mein Handwerk bestens.“
Nicht
lange dauerte es, bis er wieder von ihm ab lies.
„Alles
klar, du kannst dir deine Rüstung in zwei Tagen abholen.“, sagte
er, während er den beiden schon wieder den Rücken gekehrt hatte und
nahm seine Arbeit wieder auf.
Cedirc
torkelte leicht irritiert zu Kecigor zurück.
„Habt
ihr das alle über euch ergehen lassen?“
Er
schwieg und mied mit kapitulierendem Gesichtsausdruck den
Blickkontakt.
„Immer
wenn man denkt, man hat schon einige komische Vögel gesehen...“
Vielleicht
hätte Cedric etwas ruhiger sprechen sollen. Zwar hatte Figrolf ihn
nicht gehört, dafür machte sich jemand anders mit tiefer, lauter
Stimme bemerkbar.
„Beurteile
Menschen nicht wegen ihres Verhaltens, sondern wegen ihrer
Fertigkeiten.“
Sowohl
Cedric als auch Kecigor drehten sich in Richtung der Person, die
gesprochen hatte und die keiner von beiden bemerkt hatte.
Sie
erblickten einen groß gewachsenen Mann mit gebräunter Haut und
rauen Gesichtszügen. Sein tiefbraunes Haar war stand ziemlich wild,
war aber zu kurz um ihm Sicht zu nehmen und seine dunklen Augen
blickten sehr durchdringend. Vor allem aber fiel Cedric auf, dass die
Rüstung, die der Mann trug, sich von denen der anderen Ritter
unterschied. An manchen Stellen war sie stärker gepanzert und
prunkvolle Details in Rot-Orange. Cedric realisierte schnell, dass es
sich um genau die gleiche Rüstung handelte, die Sigurd trug.
Folglich war er kaum überraschend, dass Kecigor seine Haltung
straffte, was Cedric ihm sicherheitshalber nach tat. Es stand keine
einfacher Ritter vor ihnen.
„Thorien.“,
sprach Kecigor. „Sei gegrüßt.“
Der
angesprochene schaute nicht sehr zufrieden zu ihm rüber.
„Ich
hätte es begrüßt, als Erster von deiner Rückkehr zu erfahren,
Kecigor.“
Der
gab sich leicht schuldbewusst, lächelte aber.
„Entschuldige,
aber mein Bericht für Lord Sigurd konnte nicht warten.“
Er
nickte.
„Da
muss ich dir allerdings Recht geben. Er hat es mir schon erzählt.
Das war gute Arbeit.“
Dann
wandte er sich Cedric zu, der sich in Schweigen gehüllt hatte. Aus
irgendeinen Grund wirkte etwas an dieser Person vertraut. Doch es war
unmöglich, dass er ihn schonmal irgendwo gesehen hatte. Wie hatte
Kecigor ihn angesprochen? Thorien...
„Moment,
dann ist das der Mann von dem du erzählt hast?“, spielte er auf
Kecigors Geschichte an, als er von seinem Beitritt in den Orden
sprach.
Ein
nicken bestätigte stumm, Thorien selbst ergriff erneut das Wort.
„Ich
bin Lord Thorien, Vize-Oberhaupt des Ordens der Flamme. Und auch in
meinem Namen heiße ich dich bei uns willkommen.“
Den
angebotenen Händedruck erwiderte Cedric selbstverständlich.
„Lord
Thorien ist die rechte Hand unseres Anführers. Er wird wie für uns
alle dein Ausbilder sein.“
„Wie
gesagte habe ich bereits erfahren, dass du dich bewehrt gemacht hast
und den Segen des Phönix trägst.“
„Dieses
hier habe ich offenbar nur ihm zu verdanken.“, antwortete er und
präsentierte seine Waffe. Wirklich beeindruckt sah Thorien aber
nicht aus.
„Dann
zeige mir doch mal, wie du damit umzugehen weißt.“
Cedirc
war verdutzt.
„Also
wir...“
„Wir
tragen einen Kampf aus. Ich will deine Fähigkeiten sehen.“
Cedric
stand ein wenig irritiert auf der freien Grasfläche im Schatten des
Hauptgebäudes der Burg. Obwohl sie sich zwischen selbigem und der
Mauer befand, kam man sich hier nicht eingeengt vor und hatte
ausreichend Platz. Zudem gab es hier hinten keine Zuschauer. Kecigor
wurde angewiesen, seine Ausrüstung prüfen zu lassen, obwohl er
versichert hatte, dass diese in Ordnung sei. Somit befanden sich er
und Thorien allein und ungestört auf diesem abgelegenen Übungsplatz.
Der Vizekommandant zog bereits sein Schwert vom Rücken.
„Ich
kämpfe nicht direkt mit voller Kraft. Ich will sehen, auf welchem
Stand sich seine Schwertkunst befindet, also halte so gut es geht
dagegen.“
Cedric
nickte und betrachtete kurz die Waffe, die Kecigor in seiner
Geschichte schon beschrieben hatte. Ein Zweihandschwert mit nach
vorne gerichteter Parierstange, fast komplett von dunkelroter Farbe,
nur die Klinge selbst glänzte metallisch. Der Ausdruck
Dämonenschwert kam unweigerlich in den Sinn. Fast schon unpassend
für einen Ritter des Phönix.
Eine
gewisse Nervosität konnte Cedric nicht leugnen, als er seine eigene
Waffe zog. Kecigors Kampfkünste hatten ihn bereits enorm
beeindruckt. Thorien hatte definitiv noch mehr zu bieten.
Gleichzeitig war er neugierig diese heilige Klinge zum ersten Mal zu
testen.
„Bereit?
Gib dein Bestes.“, sagte er und kam mit dem Schwert im Anschlag auf
ihn zugestürmt.
Der
erste Angriff war ein kräftiger Schlag von oben. Der Schwung des
kurzen Sprints verstärkte die Wucht des Aufpralls, als Cedric sich
dem Angriff entgegenstellte. Seine Parade wurde einfach hinweggefegt
und er selbst zurückgestoßen. Es folgte eine Schlagkombination aus
schnellen Hieben, die abwechselnd von links und rechts einprasselten.
Cedric hielt jeden Angriff auf, musste aber um einen festen Stand
kämpfen. Wenn man im Zweikampf des Halt verlor, war es aus und auch
wenn dies ein Übungskampf war, wollte er sich gut präsentieren.
Also hielt er nach Kräften stand und beobachtete die Bewegungen
seines Gegenübers.
Thorien
strengte sich augenscheinlich noch nicht sonderlich an. Selbst
Angriffe die ihn noch nicht ins Schwitzen zu bringen schienen,
verlangten schon einiges ab. Vielleicht konnte Cedric es ausnutzen,
wenn er zu lässig werden würde. Einen weiteren Angriff zur Seite
abwehrend vollführte er einen Ausweichschritt und brachte ein wenig
Abstand zwischen die beiden. Ein paar wenige Sekunden wollte er
haben, bevor er etwas versuchte.
„Das
war noch nicht alles.“, warnte Thorien und kam wieder mit schnellen
Schritten.
Ein
wuchtiger Stoß mit der Schwertspitze war seine nächste Aktion.
Cedric meinte den Angriff schon spüren zu können, bevor er ihn
überhaupt erreicht hatte. Von diesem Mann ging eine wahnsinns Kraft
aus. Dennoch gelang es erneut, ihn abzuwehren, indem er Thoriens Schwert
mit dem seinen abdrängen konnte und die Klingen kreischend
aneinander schabten. Nun schnellte sein Körper nach vorne und ging
in einer fließenden Bewegung von Abwehr auf Angriff. Ein gezielter
Angriff auf die Kopfregion fand jedoch kein Ziel, da Thorien
rechtzeitig zurück zog und sich unter der nahenden Klinge hinweg
ducken konnte.
„Oho,
nicht schlecht.“, lobte er kurz und entlockte Cedric so den Drang
nach mehr Initiative.
Leichter
und wendiger gerüstet versuchte er, Thorien mit permanenten Attacken
aus verschiedenen Richtungen in die Defensive zu bringen. Thorien aber hatte die Arme schnell
erhoben und seine Klinge nach unten gerichtet. Arme und Körper
benötigten nur einen minimalen Bewegungsaufwand, um die Hiebe links
wie rechts abprallen zu lassen.
Cedric
hatte nicht direkt erwartet, ihn einfach überwältigen zu können,
doch er war sich sicher, dass hier etwas nicht stimmte. Während die
Klingen weiter aufeinanderprallten, klirrten und unter der Wucht des
Aufpralls vereinzelte Funken versprühten, fühlte er sich mit jeder
Sekunde schwächer. Nicht nur, dass er immer mehr dass Gefühl bekam,
seine Angriffe würden zunehmend an Kraft verlieren, schien es, als
wäre bei Thorien mit jedem Schwung das genaue Gegenteil der Fall.
Verliesen ihn etwa so schnell schon die Kräfte?
Er
machte einen Ausweichschritt nach hinten und lies das dämonisch
wirkende Schwert in Leere gehen. Thorien gab ihm offenbar einen
kurzen Moment zum Durchatmen, denn er griff nicht sofort wieder an.
Cedric sah die Waffe seines Gegenüber an und kam gleich zum
Entschluss, dass hier etwas nicht normal verlief.
Thoriens
Schwert war umgeben von einem seltsamen Flimmern, ähnlich wie man es
bei großer Hitze kannte. Die Klinge gab eine pulsierende Energie von
sich, die ihn einschüchterte. Hier musste wieder Magie im Spiel
sein, anders konnte er sich das nicht erklären.
Thorien
grinste einmal kurz, kam dann wieder mit Schwung angerannte, ähnlich
seinem allerersten Angriff. Cedric hatte keine Idee, war zu sehr von
seinen Gedanken abgelenkt und versuchte, wie zuvor zu blocken.
Der
kraftvolle Schlag war kein Vergleich zu dem von vorhin. Nicht nur die
Wucht des Metalls, sondern etwas anderes gingen damit einher. Etwas,
das Cedric zwar nicht sehen, aber definitiv spüren konnte, lies ihm
keine Chance, standzuhalten.
Die
Kraft des Angriffes riss ihn um und warf ihn schmerzhaft zu Boden.
Sein ganzer Leib bebte und ehrfürchtig blickte er auf.
Thorien
verharrte kurz in seiner Kampfstellung und musterte Cedric. Dann
entspannte er mit einem tiefen Ausatmen seinen Körper und steckte
seine Waffe weg.
„Okay,
das reicht.“, verkündete er das offensichtliche Kampfende und half
Cedric auf die Beine.
„Du
bist in Ordnung?“
Cedric
musste sich einmal schütteln, bestätigte aber.
„Ja,
es geht. Aber das hat mich echt umgehauen.“
Er
klopfte sich den Staub von den Klamotten und hob sein Schwert vom
Boden.
„Was
zur Hölle ist da gerade passiert? Ist das Schwert magisch?“
Er
verschränkte die Arme und starrte auf ihn herab.
„Ja
und Nein. Magie war am Werk, doch sie kam nicht von der Waffe.“
Cedric
schaute auf Thoriens Schwert, von dem er nur den Griff sehen konnte,
da es sich wieder in der Halterung am Rücken befand.
„Du
warst das also.“
„Korrekt,
du solltest nämlich wissen, dass Magie nicht immer gleich Magie
ist.“
Daraus
wurde er wenig schlau.
„Was
soll das bedeuten?“
Thorien
stemmte die Arme in die Hüfte und holte zu einer Erklärung aus.
„Magie
einzusetzen ist nicht für jeden Menschen möglich. Und selbst bei
denen, die sie beherrschen, kann sie auf unterschiedliche Weise
wirken. Ich selbst war mein Leben lang ein Schwertkämpfer, habe aber
dennoch den Segen des Phönix erhalten. Wenn ich meine Waffe ziehe,
verspüre ich in meinem Inneren eine Flamme, die mit jedem Schlag und
jedem Atemzug stärker wird, wie ein Brand, der sich ausbreitet.
Diese Energie pulsiert in meinem Körper und überträgt sich auf
mein Schwert, auf das meine Feinde davon überwältigt werden.“
Dann
trat er an Cedric heran und legte eine Hand auf seine Schulter.
„Und
so wie ich, wirst auch du deine ganz eigene Art finden, Magie in
deinen Kampfstil einzubinden.“
Cedric
blickte mit großen Augen zu ihm empor. Noch immer außer Atem
wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
„Einfach
ausgedrückt wirst du stärker, je länger der Kampf dauert. Kann man
dich dann überhaupt schlagen?“, fragte er fast schon in
sarkastischem Tonfall.
„Auf
jeden Fall.“
Die
Antwort kam schnell und Thoriens Ausdruck wurde streng, was ihn
leicht überraschte.
„Ich
hörte bereits, dass du ein Tornupto deinen Partner nennst. Meine
Fähigkeit ist für Duelle prädestiniert, doch wärst du gemeinsam
mit ihm gegen mich angetreten, hätte ich Probleme bekommen.“
„Dann
hast du also kein Pokémon als Partner?“
Als
Antwort gab es ein betrübtes Kopfschütteln.
„Mein
Partner ist vor etwa einem Jahr gestorben, er hat seine Pflicht
erfüllt. An mir liegt es nun, alles dafür zu tun, dass den Rittern
diese Erfahrung erspart bleibt. Seither kümmere ich mich um die
Ausbildung und die Truppenführung bei den Einsätzen.“, erklärte
er.
„Sigurd
hat mich gleich nach deiner Aufnahme rufen lassen und mich gebeten,
dein Können zu testen.“
Damit
war auch Cedrics noch ausstehende Fragen geklärt, warum er ihn
überhaupt mit diesem Duell überrascht hatte.
„Und
welches Fazit kannst du mir geben?“
Thorien
fasste sich grübelnd ans Kinn, als hätte er nicht mit einer solchen
Frage gerechnet.
„Du
hast gute Reflexe und Instinkte. Für den Anfang gebe ich dir drei
Ratschläge, die du für deinen Kampfstil verinnerlichen solltest.“,
setzte er an.
„Ein
Ritter setzt beim Kampf nicht nur sein Schwert ein, sondern auch den
Verstand. Achte genau darauf, bis zu welchem Punkt du zurückweichen
darfst, ohne dich in Bedrängnis bringen zu lassen. Und bedenke, du
kämpfst gut, wenn du den Gegner steuerst und ihm dadurch keine
Möglichkeit gibst, sich selbst zu steuern.“
Cedric
lies die Worte einen Moment auf sich wirken, vermied aber weitere
Fragen. Wie ihm gesagt wurde, würde er versuchen, diese Anweisungen zu
verinnerlichen, also nickte er nur stumm.
„Dann
wäre das fürs Erste alles, Ritter Cedric.“, sagte er und lächelte
erbauend.
„Sobald
Figrolf deine Rüstung fertig gestellt hat, wirst du zu unserem
Training dazustoßen. Die individuellen Fertigkeiten von dir und
deinem Partner werden wir dann gemeinsam verbessern. Wir werden schon
dafür sorgen, dass sich das Potential, das Sigurd in euch gesehen
hat, entfalten wird und ihr zu wahren Streitern der heiligen Flamme
werdet.“
Cerdic
konnte den Ausdruck der Euphorie in seinem Gesicht nicht
unterdrücken. Dieser Mann, der ihn gerade in vielerlei Hinsicht
beeindruckt hatte, würde ihn tatsächlich trainieren. Es würde
sicher hart werden, sehr hart. Aber die Voraussicht, von einem solch
starken Kämpfer unterrichtet zu werden, war einfach so
vielversprechend, dass er die Fäuste ballte.
„Ich
freue mich schon drauf.“