Hallo^^
Ich werd mal schnell unter den Tisch kehren, wie lange ich gebraucht habe, aber dafür wird das Kapitel auch etwas länger, 3600 hoffentlich nicht abschreckende Wörter^^ Ich werde die Kommentare mal lieber morgen beantworten, da sonst nicht viel gutes bei rum kommen wird^^
Aber ich bedanke mich schon mal ganz herzlich an meinen ja schon Stammleser chess, der sich immer die tolle Mühe macht und meine Kapitel in Stücke zerlegt und sie analysiert^^ Und natürlich Cassia, mit der ich anscheinend einen sehr begeisterten Fan gefunden habe^^ Hoffentlich gefällt euch das Kapitel auch so gut^^
LG, Raichu-chan
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#4 Großstadtdschungel
If I could, then I would
I'll go wherever you will go
Way, way up high or down low
I'll go wherever you will go
Tha Calling - Wherever you will go
Gigantische Hochhäuser reckten sich gegen Himmel, kaum dass wir ein paar Meter in Richtung Stadtinneres gelaufen waren. Ich hatte schon in einer Broschüre von der modernsten Stadt Einalls gelesen, doch jetzt, wo ich den Kopf in den Nacken legen musste um ansatzweise die oberste Etage zu sehen, fühlte ich ihre ganze imposante Ausstrahlung. Im Vergleich zu dem Dorf, in dem ich aufgewachsen war… Nun ja, es gab keinen. Die Stadt wirkte fremd auf mich mit all ihren neumodischen Gebäuden und den Reklametafeln, die an ihnen angebracht waren. Hier ein Restaurant, da eine Karaoke-Bar und sogar Werbung für den neuen Zeichentrickfilm mit einem Felilou in der Hauptrolle. Um uns herum herrschte reges Treiben und es gab eine Masse von Menschen auf den Straßen, die ihres gleichen suchte, sodass ich mehrmals Angst haben musste, Zoey im Gedrängel zu verlieren.
„Wow“, hörte ich meine Freundin sagen. Sie schien mit dem ungewohnten Gebiet keine Probleme zu haben, denn fast schon fasziniert besah sie sich jedes der Gebäude, als wären wir gerade bei einem Schaufensterbummel. Soweit ich mich erinnerte, war Blizzach trotz seiner großen Fläche ein eher beschauliches Dorf, was an den Massen an Schnee und den kleinen und eher weit voneinander entfernten Häusern lag. Es passte perfekt in die ländliche Umgebung, als hätte man hier und da ein paar Häuser hin gebaut und nicht jeden Zentimeter, der nicht für eine Straße gebraucht wurde, für die Hochhäuser verwendet. Wieso also um alles in der Welt konnte sich meine Freundin dafür begeistern?
„Ist das nicht toll?“, fragte sie mich und drehte sich mit leicht strahlenden Augen zu mir um. Ich hingegen schaute noch einmal auf den großen Klotz zu meiner Linken und fand, dass „toll“ nicht wirklich ein gutes Wort war, um ihn zu beschreiben. Mir hätte „Schandfleck in der Landschaft“ besser gefallen. Aber ich beschloss, meine Freundin nicht zu kränken und nickte brav. Ich musste gestehen, einen gewissen Reiz hatte die Stadt. So viele verschiedene Leute und Pokémon auf einem Fleck. Und von den Einkaufsmöglichkeiten ganz zu schweigen. Aber wie sollte ich zwischen hunderten von Menschen nur den einen ausmachen, den ich unbedingt finden wollte? Am besten Zoey und ich würden uns erst einmal auf den Weg zum Pokémon-Center machen, vielleicht hatte Ash sich ja dort ein Zimmer gemietet oder ließ eines seiner Pokémon versorgen. So oft, wie er sich in Kämpfe verwickeln ließ, konnte das durchaus sein. Doch die Stadt machte uns einen Strich durch die Rechnung. Die grauen Riesen schienen sich immer mehr zu ähneln, je länger wir durch die unzähligen Straßen irrten. Die meisten der Passanten hatten es eilig und wollten uns deshalb keine Wegbeschreibung liefern, weshalb wir auf uns allein gestellt waren. Auch allgemein war die Stadt sehr hektisch, fast als wäre die Bevölkerung auf der Flucht und suchte sich wie bei Regen den schnellsten Weg zu ihrem Ziel. Ich merkte, wie ich immer ungeduldiger wurde und verfluchte die Tatsache, dass ich mir keinen Stadtplan besorgt hatte. Auch Zoey schien mit der vorher so gelobten Stadt überfordert zu sein und lief planlos neben mir her.
„Ich hasse diese Stadt. Jetzt sind wir schon so lange gelaufen und finden dieses dämliche Pokémon-Center nicht. Ich kann nicht mehr, meine Füße tun mir weh“, sagte ich genervt. Es war zwar nicht besonders hilfreich in der Situation, aber so konnte ich meinem Ärger über die Stadt endlich Luft machen. Eins stand fest, Stratos City müsste sich morgen mindestens mit einem neuen Kleid und ein paar Schuhen bei mir entschuldigen. Wobei ich mich bei meinem heutigen Glück sicherlich erneut verlaufen würde und der ganze Plan somit hinfällig war. Aber egal, neue Klamotten waren das wert.
Ich hörte ein verhaltenes Kichern, das von meiner Begleiterin stammte. „Mach dir nichts draus, Lucia, lange kann es ja nicht mehr dauern, wir haben ja schon fast die ganze Stadt gesehen. Außerdem ist da vorne ein Eisstand, was hältst du davon, wenn wir uns was für unterwegs mitnehmen?“, fragte sie und deutete mit einem Kopfnicken die Straße herunter.
„Au ja, davon wurde sogar in der Broschüre geschrieben, es soll das leckerste Eis von ganz Einall sein“. Ohne es zu wollen wurde meine Stimme um ein paar Töne höher, wie immer, wenn ich meine Vorfreude nicht zu bändigen wusste. Selbst meine Füße schienen sich zu freuen, denn fitter als zuvor gingen sie nun zielstrebig auf den kleinen Laden an der Ecke zu. Wie bei den meisten Eisdielen gab es vorne eine Theke für das Eis zum Mitnehmen, um die Passanten zu locken. Anscheinend hatte der Reiseführer nicht gelogen, es gab tatsächlich eine breite Auswahl an Sorten, die meinen Blick sofort gefangen hielten. Es waren normale Sorten wie Joghurt, Sinel- oder Pirsifbeeren dabei, aber auch ausgefalleneres wie scharfe Amrenabeeren oder bittere Fragiabeeren. Solche Sorten Eis hatte ich noch nie probiert, aber ehrlich gesagt hatte ich auch keine Lust, Mein Geld für eine Sorte des weltbesten Eis auszugeben, die ich am Ende nicht einmal mochte. Ich entschied mich also für zwei Kugeln Joghurt mit Pirsifbeeren, Zoey wagte sich an Amrena und ebenfalls Pirsif. Ich setzte meinen Rucksack ab und wühlte darin herum, mit der einen Hand das Eis haltend. Irgendwo musste das blöde Portemonnaie doch sein!
„Keine Panik Lucia, ich zahl schon, du kannst es mir dann im Pokémon-Center zurück geben“, bat Zoey freundlich an. Ich entschied, dass eine weitere einarmige Suchaktion keinen Zweck mehr hatte und schleckte genüsslich an meinem Eis weiter. Das Eis wirkte wahre Wunder, zumindest tröstete es uns darüber hinweg, dass wir immer noch nicht das Center gefunden hatten und weiterhin durch die Stadt irrten. Allerdings schien es endlich ein Licht am Ende des Tunnels zu geben, denn Zoey hatte den Ladenbesitzer nach dem Weg gefragt und der hatte ihnen, vielleicht auch wegen dem vorherigen Kauf, den kürzesten Weg erklärt.
„Also nur durch diese Straße und schon sind wir da“, murmelte Zoey vor sich hin. „Da ist man so nah dran und trotzdem ist es unauffindbar.“ Sie lächelte, wahrscheinlich nur über unsere Blödheit. Auch ich musste lächeln, als wir uns einen Weg durch die Massen auf die andere Straßenseite bahnten.
Jedenfalls solange, bis Zoey schlagartig stehen bleib. „Bist du dir sicher, dass wir dort durchgehen sollten?“, fragte sie mit einem zweifelnden Blick in meine Richtung. Es handelte sich um eine leere Seitenstraße, die sich zwischen den grauen Häusern hindurch schlängelte und zu beiden Seiten mit Müllcontainern gesäumt war. Es roch nach Abfällen und sah wirklich nicht besonders einladend aus. Hinter uns hörten wir die raschen Schritte der Passanten und lauten Stimmen der Verkäuferinnen, die fern zu klingen begannen, als wir in der Gasse standen. Zoey hatte Recht, sie sah nicht besonders einladend aus, aber das hatte sicher nichts zu bedeuten. Sie war nicht gruseliger als ein Wald bei Nacht und ich hatte schon oft in einem übernachtet.
„Ach komm, uns passiert schon nichts, zur Not haben wir doch unsere Pokémon dabei“ Ich wartete nicht auf ein Nicken oder ein sonstiges Zeichen der Zustimmung, sondern ging ganz normal weiter. Der Klang ihrer Schritte versicherte mir, dass Zoey mir folgte. Wenn man erst einmal mit dem Laufen angefangen hatte, legten sich die Befürchtungen. Eigentlich war die Gasse nichts schlimmes, wieso um alles in der Welt mussten die Leute so einen Aufstand darum machen und sie in jedem Film als Schauplatz eines Verbrechens hinstellen? Klar, sie waren meistens verlassen und es gab auch keinen Sinn, in einer so verlassenen Gegend Laternen zu installieren, aber musste das denn wirklich bedeuten…
Ein Knacken. Plastik unter meinen Füßen. Lautes Knurren. Hunduster, die nur von Leinen zurückgehalten wurden. Zwei Männer mit den Körpermaßen von Bären standen vor uns und blickten voller Wut auf uns herab, die Gesichter vor Abscheu verzerrt. Eingeschüchtert stolperte ich einen Schritt zurück und spürte Zoeys Körper an meiner Schulter. Mein Blick war auf die Riesen gerichtet und die Höllenhunde zu ihren Füßen, was mich unfähig machte, mich zu bewegen. Keiner rührte sich, mit Ausnahme der Hunduster, die knurrend ihre Fangzähne zur Schau stellten. Anscheinend überlegten die Fremden, ob es sich lohnen würde, zwei Unschuldige umzubringen. Allein schon der Gedanke daran ließ mein Blut schneller durch meinen Körper fließen und am liebsten wäre ich weggerannt. Aber wozu, die Pokémon waren uns überlegen, ich wusste, dass sie keine Gnade walten lassen würden. Voller Panik schaute ich in die blutroten Augen der Hunde und auf ihre Mäuler, die knurrend und schnappend meinen Tod einläuteten. Der improvisierte Strick, der den Männern als Leine diente, sah nicht sehr haltbar aus und ich vertraute nicht darauf, dass er wild gewordene Pokémon vom Morden abhalten könnte.
Tränen stiegen mir in die Augen, als ich daran dachte, dass dies mein letzter Moment auf Erden sein könnte. Und das ohne dass ich Ash meine Liebe gestanden hatte! So durfte das doch nicht enden.
Das Bellen der Hunde wurde immer ungehaltener und so langsam mischte sich auch das wütende Brummen der Männer dazwischen, weil wir immer noch da waren. Die Situation wurde immer angespannter und schien einen ewig dauernden Moment zu bilden, der mich in einer Starre von Angst festhielt und nie wieder loslassen würde.
„Hey, was soll das?“, zerriss die tiefe Stimme eines der Männer meine Betäubung. Ich sah in seine Blickrichtung, hinter mich und sah nur das verschmitzt Lächeln von Zoey. Ihr herausfordernder Blick galt unseren Gegnern, die erzürnt und ungehalten reagierten und die Hand mit den Leinen drohend erhoben. Ich verstand gar nichts mehr. Dann mischte sich unter den penetranten Gestank des Mülls noch etwas anderes, fast noch beißender als das erste. Rauch stieg blitzschnell aus dem Boden hervor, genauer gesagt aus dem Pokéball, der dazwischen kurz hervor blitze.
‚Eine Ballkapsel?‘, ging es mir durch den Kopf. Zoey hatte sie auch schon bei unserem ersten Wettbewerb eingesetzt, als kurzzeitiges Versteck für ihr Traunfugil. Auch dieses Mal erhob sich das inzwischen weiterentwickelte Pokémon über dem Rauch. Wie sein Trainer blickte es kampfbereit wie immer in die Richtung der Feinde. Aber wie wollte Zoey denn gewinnen, vom Typ her war Traunmagil den anderen doch unterlegen!
Der Rauch wurde immer stärker, breitete sich in alle Richtungen aus. An den Seiten wurde er von den Mauern der Hochhäuser gestoppt und war deshalb um uns herum am stärksten konzentriert. Ich atmete ihn ein und das Beißen in meiner Lunge ließ mich husten. Auch meiner Freundin ging es nicht besser, doch zwischen ihrem leisen Fluchen hörte ich ganz klar eine Attacke. Ruckartig blickte ich zu Traunmagil hoch und seine dunkelrot leuchtenden Augen waren genau auf die Hunde gerichtet. Ich stieß einen Schrei aus, als ich merkte, dass sie sich losgerissen hatten und wild auf uns zustürmten. Traunmagil flog ihnen entgegen, von Rauch umfasst. Es würde zum Kampf kommen.
Kurz bevor die Hunduster es mit ihren Fangzähnen erreichen konnten, feuerte Traunmagil die Strahlen mit seinen Augen ab, drei Mal so groß waren wie es selbst und die Hunde ohne Ausweichmöglichkeiten trafen. Sie jaulten kurz auf, dann war es still und sie bewegten sich nicht mir. Versteinert standen sie da, als wären sie Spielzeuge, ungefährlich und keine Gefahr mehr. Bis auf ihre Gesichter, die waren immer noch hassverzerrt. Es musste sich um Horrorblick handeln, eine Attacke, die die Pokémon für ein paar Sekunden bewegungsunfähig machte.
„Komm schon“, schrie Zoey und zog mich an der Hand. Halb stolpernd folgte ich ihr durch den Rauch, der die dunkle Gasse immer noch ausfüllte. So ging es durch die belebte Straße voller Passanten weiter, durch die wir uns schlängelten und Leute anrannten. Ich fühlte nichts von ihnen, taub lief ich hinter Zoey her und ließ mich wie eine Puppe mitziehen, weg von der Gefahr. Die folgenden Sekunden vergingen schnell, bis wir die nächste Kreuzung erreichten.
Zoey zog mich hinter eine Ecke und blieb dort stehen. Vorsichtig lugte sie zurück in die Straße und lehnte sich nach ein paar Sekunden angestrengt atmend an die Wand. Auch ich merkte nun, wie die Anspannung in meinem Körper nachließ und ließ mich auf die Knie fallen. Zu Atem zu kommen hörte sich als Plan schon ganz gut an, doch die Erinnerung an die Geschehnisse ließ die Panik immer wieder zurückkommen. Immer wieder hatte ich das Gefühl, noch verfolgt zu werden und die schlimmsten Gedanken liefen durch meinen Kopf, spannten ihre Fäden weiter, wuchsen und verschnürten sich zu dem einzigen Bild, das meine inneren Augen noch sahen: uns beide und die Angreifer, die uns eingeholt hatten.
Die vergehenden Sekunden brachten keine Linderung und so stand ich schließlich aufgeregt auf und schaute in die belebte Straße. Immer noch bahnten sich eine Menge Menschen einen Weg durch das Getümmel, die Männer mit ihren Hunduster waren nirgends zusehen. ‚Ein Glück‘, dachte ich und drehte mich beruhigt zu Zoey um, die gerade ihr Traunmagil für seinen Einsatz dankte. Auch ich streichelte seinen stoffartigen Körper, der unter meinen Fingern dahinglitt wie Seide. Das Geistpokémon fühlte sich an wie eine leere Hülle, zumindest sein zerschlissener Umhang. Ich verstand nichts von dem Körperaufbau eines Geistpokémons, doch Traunmagil machte dies um einiges faszinierender. Bewegungslosem Stoff Leben einzuhauchen konnten eben nur Pokémon.
Kurz darauf wurde es auch schon wieder in den Pokéball zurückgerufen. „Es mag das Tageslicht nicht besonders“, murmelte Zoey daraufhin. Wir gingen noch ein Stückchen weiter die Straße entlang und versuchten, die ungefähre Richtung des Pokémon Centers auszumachen. Immerhin hatte uns die Verfolgungsjagt aus dem Konzept gebracht und so versuchte wir nun, den Weg so gut es ging herauszufinden. Die ungefähre Richtung kannten wir ja schon, der Rest würde sicher nicht mehr lange dauern. Nach dem Sprint sehnten sich meine Beine schon danach, auf dem kuscheligen Bett ausgestreckt zu liegen und einfach zu entspannen. Vielleicht würde ich sogar ein kurzes Nickerchen halten, einfach nur um die vergangenen Stunden zu vergessen. Doch auch der Gedanke, in dieser riesigen Stadt endlich auf Ash zu treffen, war reizvoll und so beschloss ich, diesem Vorhaben als erstes nachzugehen. Vielleicht hatte Zoey ja immer noch Lust, mir dabei zu helfen, dann könnten wir gemeinsam weiter suchen. Ich sehnte mich schon so danach endlich sein vertrautes Gesicht zu sehen und das Lächeln darauf, wenn wir uns treffen würden. Allein bei der Erinnerung daran spielten die Schmetterlinge in meinem Bauch verrückt und am liebsten wäre ich noch einmal durch die ganze Stadt gelaufen. Aber meine Beine straften mich Lügen, denn schon nach den ersten Schritten wollte ich nur noch am Ziel sein.
Wir gingen weiter und in der Ferne konnte ich eine grüne Landschaft sehen. In der Betonwüste schien es doch tatsächlich eine grüne Oase zu geben. Breite Rasenflächen erstreckten sich zu allen Seiten, die von ein paar Bäumen abgegrenzt wurden und einen einladenden Park skizzierten. Ein Springbrunnen in der Mitte diente ein paar Wasserpokémon und ihren Trainern als Planschbecken, andere spielten auf dem Rasen oder trainierten. Zu allen Seiten erkannte man wildes Getümmel, Pokémon sprangen durch die Gegend und nicht immer war auszumachen, welches von ihnen zu wem gehörte. Es war genau so hektisch wie in der Stadt, doch anders als dort fühle ich mich hier zu Hause, als könnte ich ohne Weiteres abtauchen und mich unter die vielen Trainer mischen. Nicht so, als wäre ich ein Individuum, dass isoliert von allen seine einsamen Streifzüge durch die Straßen tat.
Sofort ergriff ich die Initiative und lotste Zoey zu dem Springbrunnen. Die weißen Steine waren von der Sonne aufgeheizt und trotz deren Härte war es bequem, auf ihnen zu sitzen und den Blick über das Treiben der Menschen und Pokémon schweifen zu lassen. Immer wieder probierte ich, einzelne Gruppen zu erkennen, doch es dauerte lange, bis ich mir dabei wirklich sicher war. Im Moment galt meine Aufmerksamkeit zwei Jungen, die sich gegenüber standen und ihren Pokémon Befehle entgegen brüllten. Es musste sich wohl um einen Kampf handeln, denn immer wieder prallten die beiden Wesen aufeinander und versuchten sich gegenseitig größtmöglichen Schaden zuzufügen. Soweit ich das erkennen konnte, stammten beide aus Regionen, die ich noch nie besucht hatte. Das eine stand mit dem Rücken zu mir und ähnelte einem Chelast, doch anstatt des charakteristischen Zweiges hatte es zwei ovale Ohren auf dem Kopf und einen geringelten Schwanz, ähnlich einem Spoink. Die rote Körperfarbe ließ mich annehmen, dass es sich um ein Feuerpokémon handeln musste. Auch den Namen hatte ich noch nicht gehört, genau so wenig wie die Attacke. Es sprintete auf seinen Kontrahenten zu, den Körper mit roten Flammen umhüllt. Sein Gegner, ein einem Geradachs ähnlich sehendes braunes Pokémon mit ekligen roten Augen, stand bereit vor ihm und wartete auf den Befehl seines Trainers. Bevor es aber einen sicheren Treffer landen konnte, sprang sein Gegner zur Seite und ließ das Erste ins Leere laufen.
„Okay Nagelotz, setz jetzt den Biss ein.“ Das eklige Wiesel tat, wie ihm geheißen und lief mit offenem Maul auf das Schweinchen zu.
„Floink, noch einmal die Nitroladung“, kam es von Gegenüber und mit einem hohen Sprung klappte auch das gegnerische Ausweichmanöver. Nagelotz schaute sich verwirrt um, doch seinen Widersacher bemerkte es erst, als dieser ihn mit brennendem Körper von hinten rammte und es daraufhin einige Meter weit vor die Füße seines Trainers flog. Dieser entschied es für kampfunfähig und holte es in den sicheren Ball zurück. Der Kampf war beendet und wie Freunde gingen die beiden aufeinander zu und gaben sich ganz selbstverständlich die Hand. Ein paar Worte wurden gewechselt, bevor der Verlierer sich auf den Weg machte, wahrscheinlich um sein Pokémon versorgen zu lassen. Der Gewinner machte kehrt und ging nun in unsere Richtung. Ein zufriedenes Lächeln zierte sein Gesicht, als er die Cappy kurz abnahm und sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn wischte. Kurze, schwarze Haare kamen darunter zum Vorschein und wurden im nächsten Moment wieder zum Großteil versteckt.
„Gut gemacht Floink, das war richtig heiß“, lobte der Trainer und streichelte seinen Kampfgefährten. Aber Moment mal, diese Stimme kam mir irgendwie bekannt vor. Prüfend musterte ich sein Gesicht genauer und hätte mich im nächsten Moment ohrfeigen können. Ohne Vorwarnung lief ich los und sprintete auf ihn zu. Sekunden später schlossen sich meine Arme um seinen warmen Körper und ich hielt meinen alten Freund in meinen Armen. Vor lauter Glück konnte ich nicht mehr aufhören zu lachen und die ersten Freudentränen bahnten sich ihren Weg mein Gesicht runter. Wahrscheinlich brach ich ihm mit meiner festen Umarmung gerade das Rückgrat, aber das war mir gerade herzlich egal. Ich war am Ziel meiner kurzen Reise angekommen.
Überrascht begann Ash sich jedoch kurz darauf, mich wegzudrücken, als hätte mein Körper ihn mit Rankenhieb gefesselt. Er hielt mich zuerst auf Abstand, dann hellte sich sein verdutztes Gesicht merklich auf.
„Mensch Maike, hast du dich aber verändert.“ Moment mal, was? Ich war doch nicht…was dachte er denn…
„Ich…ich bin nicht…“, stammelte ich erklärungssuchend vor mich hin, doch ich wurde von einem schallenden Lachen abgebrochen.
„Das war doch nur Spaß, natürlich erkenne ich Lucia, wenn ich sie sehe.“ Erleichtert seufzte ich aus. Dem kleinen Chaoten hätte ich das glatt abgekauft. „Wow, bist du extra den ganzen Weg von Hoenn nach hier her gekommen? Das muss doch eine total lange Reise gewesen sein. Aber danke, das ist echt toll, dass wir uns mal wieder sehen. Ich muss dir unbedingt meine neuen Pokémon zeigen.“
Bevor ich etwas sagen konnte, hatte er drei Pokébälle in der Hand und ließ sie frei. Ganz Rechts stand nun das Schwein von eben, das sich sogleich hinter Ashs Beinen versteckte und mich mit einer Mischung aus Misstrauen und Schüchternheit anschaute. Eigentlich war es ganz süß und mein erster Impuls war, es zu streicheln, doch bevor meine Hand es auch nur berühren konnte, lief es auf Ashs andere Seite. Es war wahrscheinlich besser, ihm erst Zeit zum Gewöhnen zu geben und so besah ich mir lieber die anderen Pokémon.
„Floink ist etwas schüchtern, aber wenn es dich erst mal kennen gelernt hat, werdet ihr bestimmt gute Freunde.“ Besonders erpicht darauf, meine Bekanntschaft zu machen, sah es ja nicht aus, aber mal schauen, was die Zukunft bringen würde.
Das nächste von seinen Gefährten hatte die Form eines Wiesels, jedoch wies das Blatt am Ende seines Schwanzes es als Pflanzenpokémon aus. Die Augen waren noch halb geschlossen und so blickte es müde oder gelangweilt durch die Gegend. Auf mich machte es einen sehr hochnäsigen Eindruck, da es mich nicht groß zu beachten schien und vermutlich lieber zurück in seinen Pokéball wollte. Irgendwie war es mir unsympathisch, weshalb ich mich schnell dem Letzten zuwendete.
„Oh, wie süß!“, rief ich sofort, nahm es auf den Arm und knuddelte es ausgiebig. Das weiß-blaue Pokémon, das meinem Plinfa ähnelte, fühlte sich auch genau so an.
„Lucia, du solltest Ottaro lieber loslassen, solange es noch atmen kann“, sagte Ash und wollte schon eingreifen, als ich das Pokémon auf Armlänge von sich weghielt, um es genauer zu betrachten. Ottaro blickte glücklich zurück, offensichtlich freute es sich, besondere Aufmerksamkeit von mir zu bekommen. Ich hatte es sofort lieb gewonnen und so behielt ich es auf ihrem Arm. Sehr zum Ärger des eifersüchtig schauenden Plinfa, das sich soeben aus dem Pokéball befreit hatte, dem Ottaro jedoch nur seine Zunge herausstreckte. Aber mein Plinfa würde bestimmt darüber hinwegkommen, es wusste ja, dass es mein Lieblingspartner war. Bevor es einen wütenden Blubbstrahl starten konnte, gesellte sich Pikachu zu ihm und begrüßte den alten Freund fröhlich.
„Schön, dass ihr euch so gut versteht. Hättest du was dagegen, wenn wir erst einmal ins Pokémon-Center gehen? Floink sieht etwas erschöpft aus.“ Ash kramte auch schon sogleich seinen Pokéball aus der Tasche und holte das Feuerschwein und die Grasschlange zurück. Ottaro durfte ich bis dahin auf dem Arm behalten.
„Kein Problem, ich wollte eh gerade mit Zoey dorthin.“ Ich fühlte mich ein bisschen schuldig, weil ich meine Freundin nicht sofort dazu geholt hatte, aber diese schien voller Interesse einen anderen Pokémonkampf zu verfolgen.
„Oh, Zoey ist auch hier? Ich hab sie schon lange nicht mehr gesehen“
Wir machten sich auf den Weg zu Lucias Freundin. Wie auf Kommando sah diese genau in dem Moment zu uns, erhob sich und schlenderte auf uns zu, ein freundliches Lächeln auf den Lippen. „Hey Ash“, sagte sie ihm die Hand hinhaltend. Er erwiderte den Handschlag und so machten wir drei uns auf den Weg zum Pokémon Center.